LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18.08.2011 - 22/10
Fundstelle
openJur 2013, 23678
  • Rkr:
Tenor

D i e  V e r f a s s u n g s b e s c h w e r d e  w i r d  z u r ü c k g e w i e s e n .

D i e  E n t s c h e i d u n g  e r g e h t  k o s t e n f r e i .  A u s l a g e n  w e r d e n  n i c h t  e r s t a t t e t .

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerin, eine der sechs kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern, wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die mit dem Gesetz zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Kreisstrukturgesetz) vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366) beschlossene Kreisstrukturreform, nach der sie ihre Kreisfreiheit verlieren soll. Art. 1 des Kreisstrukturgesetzes ist das Gesetz zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz - LNOG M-V), nach dem mit Ablauf des 03. September 2011 die bisherigen zwölf Landkreise aufgelöst werden (§ 1 Abs. 1 LNOG M-V). Aus ihnen werden mit Wirkung zum 04. September 2011 sechs neue Kreise gebildet (§ 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 3 bis 8 LNOG M-V), in die von den sechs kreisfreien Städten die Hansestädte Greifswald, Stralsund, Wismar und die Stadt Neubrandenburg unter Aufhebung ihrer Kreisfreiheit (§ 1 Abs. 2 Satz 1 LNOG M-V) mit dem neu geschaffenen Status als große kreisangehörige Stadt eingegliedert werden, während die Hansestadt Rostock und die Landeshauptstadt Schwerin kreisfrei bleiben (§ 1 Abs. 2 Satz 2 LNOG M-V).

Die Beschwerdeführerin greift ferner hilfsweise die Vorschriften über die Funktionsnachfolge in § 11 und über die Auseinandersetzung zwischen Landkreisen und eingekreisten Städten in § 12 LNOG M-V an.

I.

1. Die Historie der Verwaltungsstrukturen auf Kreisebene seit der Neubildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 1990 stellt sich wie folgt dar:

Nach der Wiedervereinigung 1990 blieb es zunächst bei den Kreisstrukturen der Deutschen Demokratischen Republik, nämlich den 31 Land- und sechs Stadtkreisen. Das Gesetz zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz) vom 01. Juli 1993 (GVOBl. M-V S. 631), in Kraft getreten 1994, reduzierte die Zahl der Landkreise auf zwölf; die sechs kreisfreien Städte blieben ohne Änderung ihres Gebietsbestandes erhalten. Die Reform orientierte sich an einer Regeleinwohnerzahl von mindestens 100.000; obwohl grundsätzlich nur Oberzentren ab 100.000 Einwohnern kreisfrei bleiben sollten (vgl. LT-Drs. 1/2681), behielten diesen Status auch die kreisfreien Städte mit weniger Einwohnern. Zu diesen zählt die Beschwerdeführerin.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Verwaltungsmodernisierungsgesetz) vom 23. Mai 2006 (GVOBl. M-V S. 194) sollte die Anzahl der Landkreise von zwölf auf fünf verringert werden, in welche alle sechs kreisfreien Städte eingegliedert werden sollten. Diese neuen Landkreise hätten zum Stand 30. Juni 2004 Flächenausdehnungen zwischen 3.182 und 6.997 km2 und Einwohnerzahlen zwischen 244.092 und 498.372 aufgewiesen.

Mit Urteil vom 26. Juli 2007 (- LVerfG 9/06 bis 17/06 -, LVerfGE 18, 342) erklärte das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern die Vorschriften des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes über die Kreisgebietsreform für mit Art. 72 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern - LV - unvereinbar. Maßgeblich hierfür war, dass das Gericht die Bildung von fünf Großkreisen derartigen Zuschnitts unter dem Blickwinkel der bürgerschaftlich-demokratisch geprägten Selbstverwaltung für problematisch erachtete und der Gesetzgeber keine schonenderen Alternativen in seine Abwägung einbezogen hatte.

2. Die Landesregierung nahm unmittelbar danach die Vorarbeiten für eine neue Reform auf und unterrichtete im November 2007 den Landtag über "Ziele, Leitbild und Leitlinien" für eine Kreisgebietsreform (LT-Drs. 5/1059). Der Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung" zum Leitbild der Landesregierung vom 27. März 2008 empfahl einzelne Änderungen und die Ergänzung um die Entschließung „Gesamtrahmen für die umfassende Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern" (LT-Drs. 5/1380 neu). Mit Beschluss vom 24. April 2008 machte sich der Landtag das Leitbild der Landesregierung mit den von der Enquete-Kommission vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen als „Ziele, Leitbild und Leitlinien des Landtages für eine Kreisgebietsreform" zu eigen (entsprechend LT-Drs. 5/1409).

Danach sei die Kreisgebietsreform Teil des Gesamtrahmens für eine umfassende Verwaltungsmodernisierung, die auch eine Funktionalreform sowie die Weiterentwicklung der Gemeinde- und Ämterstrukturen umfasse. Der Reformbedarf ergebe sich aus dem abzusehenden demographischen Wandel sowie der erforderlichen Konsolidierung des Landeshaushaltes und der kommunalen Haushalte. Die gesetzlichen Regelungen über die Funktionalreform und über die Kreisgebietsreform sollten zusammen erarbeitet werden und zeitgleich in Kraft treten. Mit der Kreisgebietsreform sollten Strukturen geschaffen werden, mit denen im Hinblick auf die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung die Verwaltungen auf Dauer wirtschaftlich betrieben werden könnten und die über einen räumlichen Zuschnitt verfügten, der die Ausübung eines ehrenamtlichen Mandats auch weiterhin ermögliche.

In den für die Umsetzung des Leitbildes aufgestellten Leitlinien wird zur Flächenausdehnung der zukünftigen Landkreise u.a. ausgeführt, dass sie die Zielgröße von 4.000 km in der Regel nicht überschreiten sollten, um die Überschaubarkeit und die Kenntnis der regionalen Belange zu gewährleisten. Bei diesen Festlegungen handele es sich letztlich weniger um rechnerisch-empirisch ermittelte Größen, sondern im Kern um wertende gesetzgeberische Entscheidungen.

Zur Einwohnerzahl heißt es, Untersuchungen hätten gezeigt, dass in den Landkreisen die Verwaltungskosten je Einwohner mit zunehmender Einwohnerzahl sänken. Deswegen und im Hinblick darauf, dass Mecklenburg-Vorpommern das am dünnsten besiedelte Flächenland der Bundesrepublik sei, würden als untere Zielgröße für die Landkreise 175.000 Einwohner festgelegt, bezogen auf Prognosen für das Jahr 2020.

Abweichungen von den Zielgrößen müssten in jedem Einzelfall zwar die regionalen und örtlichen Gegebenheiten berücksichtigen, jedoch den Anforderungen an die Leistungsfähigkeit eines Landkreises gerecht werden.

Zum Status der (bisher) kreisfreien Städte wurde ausgeführt (Leitlinien 5.7), es sei abzuwägen, ob dem Interesse an einer nachhaltigen Entwicklung des gesamten Landes eine Einkreisung kreisfreier Städte oder eine Aufrechterhaltung der Kreisfreiheit zweckdienlicher sei. Eine Einkreisung dürfe nicht dazu führen, dass die eingekreiste Stadt den Landkreis dominiere, was anzunehmen sei, wenn in der eingekreisten Stadt mehr als 40% der Einwohner des Landkreises lebten. Eingekreiste Städte sollten den Sonderstatus einer „großen kreisangehörigen Stadt" erhalten.

3. Im April 2008 gab der Innenminister den Landkreisen, den kreisfreien Städten, den amtsangehörigen und den amtsfreien Gemeinden sowie den Ämtern Gelegenheit, bis zum 27. Juni 2008 Vorschläge zur Umsetzung einer leitbildgerechten Reform zu unterbreiten. Nachrichtlich informierte er den Städte- und Gemeindetag und den Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern entsprechend. Am 24. Juni 2008 stellte er der Öffentlichkeit 13 verschiedene Modelle einer Kreisstrukturreform mit unterschiedlichen Gebietszuschnitten vor und gab den kommunalen Körperschaften und Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Modelle bewegten sich in einem Bereich zwischen sechs Landkreisen und einer kreisfreien Stadt (6+1) sowie acht Landkreisen und zwei kreisfreien Städten (8+2).

4. Das Innenministerium führte im Februar/März 2009 eine Anhörung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Kreisstrukturgesetz) durch. Alle Landkreise, kreisfreien Städte sowie die 34 amtsfreien Gemeinden, 79 Ämter und 807 amtsangehörigen Gemeinden erhielten ebenso wie 138 Verbände und Körperschaften Gelegenheit zur Stellungnahme. Am 8. Juli 2009 leitete die Landesregierung dem Landtag dann einen Gesetzentwurf zu (LT-Drs. 5/2683).

a) Im Rahmen der Landkreisneuordnung (Art. 1 Kreisstrukturgesetz) sahen § 1 Abs. 1 LNOG M-V die Auflösung der bisherigen Landkreise und § 2 Abs. 1 die Bildung von sechs neuen Landkreisen, teilweise unter Eingliederung von bisher kreisfreien Städten, vor. Nach § 2 Abs. 2 LNOG M-V sollten die künftigen Kreissitze durch Bürgerentscheid festgelegt werden. Der Zuschnitt der neuen Landkreise war in den §§ 3 bis 8 LNOG M-V geregelt; die die Beschwerdeführerin betreffende Vorschrift lautete

§ 6 Landkreis Südvorpommern(1) Es wird ein Landkreis mit der vorläufigen Bezeichnung Südvorpommern gebildet.(2) Ihm gehören folgende Gemeinden an:1. die Gemeinden des bisherigen Landkreises Ostvorpommern,2. die Gemeinden des bisherigen Landkreises Uecker-Randow, 3. die zum bisherigen Landkreis Demmin gehörenden Mitgliedsgemeinden der Ämter Demmin-Land, Jarmen-Tutow und Peenetal/Loitz sowie die zum bisherigen Landkreis Demmin gehörende Hansestadt Demmin,4. die bisher kreisfreie Stadt Greifswald.

Die übrigen Gemeinden des bisherigen Landkreises Demmin und die Stadt Dargun waren dem Landkreis mit der vorläufigen Bezeichnung Mecklenburgische Seenplatte zugeordnet (§ 7).

Der Gesetzentwurf ging für diese neuen Kreise von folgenden Flächenausdehnungen und - prognostiziert auf den 31. Dezember 2020 - Einwohnerzahlen aus:

 Nordwestmecklenburg        2.118 km2        158.375 EinwohnerMittleres Mecklenburg3.421 km2198.446 EinwohnerNordvorpommern3.190 km2214.408 EinwohnerSüdvorpommern4.369 km2250.051 EinwohnerMecklenburgische Seenplatte 5.028 km2221.387 EinwohnerSüdwestmecklenburg4.751 km2201.901 Einwohner§ 11 LNOG M-V regelte die Funktionsnachfolge im Verhältnis der eingekreisten Städte zu den neu gebildeten Landkreisen, § 12 LNOG M-V die Auseinandersetzung zwischen ihnen bei Vorrang einer bis spätestens 31. Dezember 2012 abzuschließenden freiwilligen Vereinbarung.

Art. 2 des Gesetzentwurfs wies unter Änderung der Kommunalverfassung - KV M-V - der Stadt Neubrandenburg und den Hansestädten Greifswald, Stralsund und Wismar den Status einer großen kreisangehörigen Stadt zu und damit neben ihren Aufgaben als amtsfreie Gemeinden in ihrem Gebiet die Erfüllung der Aufgaben, die ihnen durch oder aufgrund eines Gesetzes zugewiesen wurden, wie etwa in §§ 14 bis 17 LNOG M-V. Ferner war vorgesehen, dass Landkreise künftig mit der zu ihrem Gebiet gehörenden großen kreisangehörigen Stadt Vereinbarungen bzw. Verträge schließen können, wonach die große kreisangehörige Stadt Aufgaben des Landkreises übernimmt, für die sie vormals als kreisfreie Stadt zuständig war, oder der Landkreis die Verwaltung der großen kreisangehörigen Stadt zur Erfüllung derartiger nunmehr ihm obliegender Aufgaben in Anspruch nimmt (§ 165 Abs. 2 und § 167 Abs. 2 KV M-V in der Fassung des Entwurfs).

Art. 3 des Gesetzentwurfs änderte das Kommunalwahlgesetz - KWG M-V - und legte die Anzahl der Kreistagsmitglieder in Landkreisen mit bis zu 175.000 Einwohnern auf 61 und in solchen mit mehr als 175.000 Einwohnern auf 69 fest; ihre Zahl sollte sich in mehr als 4.000 km2 großen Landkreisen jeweils um acht erhöhen.

Art. 6 des Gesetzentwurfs führte im Rahmen des Finanzausgleichs unter Berücksichtigung des Sonderstatus der großen kreisangehörigen Gemeinden die so genannte differenzierte Kreisumlage ein.

b) Nach dem Gesetzentwurf sollte die kreiskommunale Ebene durch die Schaffung von Verwaltungsstrukturen, die auch langfristig mit den voraussichtlich verfügbaren Mitteln finanzierbar und mit denen öffentliche Dienstleistungen für die Bürger sowie die Wirtschaft effizient zu erbringen seien, auf die Anforderungen der Zukunft ausgerichtet werden. Zugleich müsse auch in Zukunft die kommunale Selbstverwaltung so ausgestaltet sein, dass ein Engagement für die Bürger attraktiv bleibe und diese ihr kommunalpolitisches Ehrenamt auch weiterhin in zumutbarer Weise praktisch ausüben könnten. Unter den Folgeänderungen seien insbesondere diejenigen zu den Aufgabenzuweisungen für die neu geschaffenen großen kreisangehörigen Städte zu hervorzuheben.

Die allgemeine Begründung (S. 45 bis 116) stellte unter Hinweis auf den Rückgang der Wirtschaftsleistung und die Veränderung der Bevölkerungsstruktur durch den demographischen Wandel mit seinen Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit des öffentlichen Sektors, das strukturelle Defizit des Landeshaushaltes und das Erfordernis der Anpassung der Haushaltsstruktur des Landes bis zum Jahre 2020 an diejenige westlicher Flächenländer unter strikter Begrenzung der laufenden Ausgaben ausführlich den Reformbedarf dar. In diesem Rahmen finden sich auch umfangreiche Überlegungen zur Frage der Einkreisung der bisher kreisfreien Städte, zur rechtlichen Bedeutung dieses Status, zu den Vor- und Nachteilen einer Einkreisung und zu alternativen Lösungen (S. 76 f., S. 99 bis 116).

Es ergebe sich aus der Verschuldung der Kommunalhaushalte und den erheblichen Defiziten ein Konsolidierungsbedarf, wobei die Möglichkeiten des Landes zur Unterstützung der Kommunen ausgeschöpft seien.

Dem Gesetzgeber obliege eine Vorsorgeverantwortung, die ihn berechtige, eine Kreisstrukturreform durchzuführen. Er habe Fehlentwicklungen möglichst frühzeitig zu korrigieren, schwerwiegenden Mängeln und Schäden entgegenzuwirken und das berechtigte Interesse der Bürger an effektiven und finanzierbaren öffentlichen Dienstleistungen zu befriedigen.

Insbesondere bezüglich der Flächenausdehnung und der Einwohnerzahl sei die Umsetzung von Leitbild und Leitlinien des Landtages gelungen, und zwar auch im Hinblick auf den grundsätzlichen Zielkonflikt bei der Schaffung von kreislichen Strukturen, die den Anforderungen des kommunalpolitischen Ehrenamtes gerecht würden und zugleich finanzierbar und effektiv seien. Dies bedinge in einem extrem dünn besiedelten Land wie Mecklenburg-Vorpommern im Sinne leistungsfähiger - und damit einwohnerstarker - Strukturen eher große Landkreise, zumal einwohnerstärkere Landkreise in aller Regel geringere Kosten verursachten als einwohnerschwächere.

Die Neustrukturierung der kreiskommunalen Ebene verbessere die Leistungsfähigkeit der Landkreise beträchtlich. Nach einer vorübergehenden Anpassungs- und Konsolidierungsphase ließen sich durch Synergie- und Skalierungseffekte Kostenreduzierungen in erheblichem Umfang realisieren. Die Höhe des Einsparvolumens könne im Vorfeld der Strukturreform allerdings nur grob eingeschätzt werden, denn die Landkreise hätten es ganz wesentlich selbst in der Hand, auf welche Weise und in welchem Umfang sie die durch die neuen Kreisstrukturen geschaffenen Einsparpotenziale ausschöpften. Unterschiedliche Schätzungen, Analysen und Gutachten prognostizierten ein jährliches Einsparpotenzial im Personalkostenbereich zwischen 40 und 100 Mio. Euro; der Landesrechnungshof gehe zudem davon aus, dass sich für den gesamten Bereich der Verwaltungs- und Betriebsaufwendungen der Kreisverwaltungen mittelfristig Einsparungen von rund 50 bis 75 Mio. Euro erzielen ließen.

Die Flächen der neu gebildeten Landkreise seien mit den aus der Verfassung folgenden Anforderungen des kommunalen Ehrenamtes vereinbar. Dies wird unter Bezugnahme auf eingeholte Gutachten, denen keine empirischen Belege zu entnehmen seien, dass die Bereitschaft zu einer Kandidatur für den Kreistag mit zunehmender Fläche der Landkreise abnehme, und die derzeitige Arbeitsweise in den Kreistagen näher ausgeführt. Die in Betracht kommenden Kreissitze ermöglichten es der Kreisbevölkerung und den ehrenamtlichen Tätigen, den Kreissitz innerhalb angemessener Zeit zu erreichen. Die im zeitgleich vorgesehenen Funktionalreformgesetz gewährten erweiterten Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten vergrößerten das Gewicht der Mandatsausübung, deren eventuelle Erschwernisse durch die erheblichen Einsparungen, die den Landkreisen gerade auch neue finanzielle Spielräume eröffneten, kompensiert würden. Auch Kreisgrößen von deutlich über 4.000 km2 seien verfassungsrechtlich zulässig.

In der Abwägung mit denkbaren Alternativen sei die Beibehaltung der bisherigen Kreisstrukturen auf Dauer nicht geeignet, den Fortbestand einer kraftvollen Selbstverwaltung sicherzustellen, was auch für jeden möglichen Kreiszuschnitt mit mehr als sieben Landkreisen gelte. Insbesondere das so genannte Verbandsmodell führe zu einem erheblichen Personalmehrbedarf sowie neuen Doppelzuständigkeiten mit im einzelnen unklaren Zuständigkeitsabgrenzungen; dies sei nicht nur ineffizient, sondern schwäche durch entstehende Kontroll- und Demokratiedefizite auch das Ehrenamt. Eine die Ziele des Leitbildes am ehesten berücksichtigende Struktur mit sieben Landkreisen würde sich von dem vorgeschlagenen Modell mit sechs Landkreisen vor allem im Bereich der Seenplatte unterscheiden und führe dort zu dem für die Abwägung entscheidenden Nachteil, dass gerade in einer dünn besiedelten und strukturschwachen Region Landkreise geschaffen würden, die mit ihren Einwohnerzahlen deutlich unterhalb der Vorgabe des Leitbildes des Landtages lägen. Letztlich komme auch das Modell eines Stadtkreises nicht in Betracht.

Das dem Gesetzentwurf zugrunde liegende 6+2-Modell sei unter den Gesichtspunkten einer Sicherung der Wirtschaftlichkeit und des Ehrenamtes sowie der Sicherstellung größtmöglicher Akzeptanz unter den Kommunen das einzig geeignete. Jedes andere Kreismodell einschließlich des bestehenden sei unter mindestens einem der genannten Aspekte schlechter zu bewerten gewesen.

Dem Status einer Gemeinde als kreisfreie Stadt als solchem komme keine unmittelbare verfassungsrechtliche Bedeutung zu; Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV fordere weder, dass es allgemein mehrere Arten von Gemeinden, noch dass es speziell kreisfreie Städte geben müsse. Die eingekreisten Städte würden - anders als die alten Landkreise - nicht aufgelöst; der Verlust der Kreisfreiheit lasse den gemeindlichen Charakter und das Gebiet der eingekreisten Städte unberührt. Gleichwohl sei der Gesetzgeber bei einer Einkreisung wie bei der Landkreisneugliederung an das öffentliche Wohl und das Anhörungserfordernis gebunden. Ebenso seien die Vorgaben des Leitbildes des Landtages zu beachten. Auch dürften Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, die sich als Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft darstellten, nur aus Gründen des öffentlichen Wohls entzogen werden.

Die Einkreisung der Städte Greifswald, Neubrandenburg, Wismar und Stralsund stelle einen fairen und gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Städte an möglichst weitgehender, finanziell abgesicherter Eigenverantwortlichkeit, des Landes Mecklenburg-Vorpommern und seiner Bürger an dauerhaft tragfähigen kreiskommunalen Strukturen, der Landkreise an starken kreisangehörigen Gemeinden und den Entwicklungsinteressen der kleineren kreisangehörigen Gemeinden dar. Sie sei notwendig zur Schaffung einer möglichst homogenen Gesamtstruktur der kreiskommunalen Ebene. Mit ihren für das Jahr 2020 prognostizierten Einwohnerzahlen zwischen 44.500 und 57.900 würden sie sich im Rahmen einer landesweiten Gesamtbetrachtung der Gebietskörperschaften nur schwerlich harmonisch einfügen. Die Einkreisungen stärkten die kreisliche Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion, verminderten die Abstimmungs- und Entwicklungsprobleme der Stadt-Umland-Räume erheblich, ermöglichten den Städten eine stärkere Konzentration auf ihre verbleibenden städtischen Aufgaben, böten die Möglichkeit zur Eröffnung finanzieller Freiräume, stärkten ihre zentralörtliche Funktion und erlaubten eine stärkere Einflussnahme auf die Entwicklungen und Planungen im Umland. Die Landesregierung und der Gesetzgeber müssten das Interesse des gesamten Landes und aller seiner Bewohner im Blick behalten. Punktuelle Lösungsansätze wie Eingemeindungen könnten den erforderlichen umfassenden Beitrag zur kreislichen Neuordnung ebenso wenig leisten wie Kooperationen zwischen den kreisfreien Städten und den sie umgebenden Landkreisen, kommunale Arbeitsgemeinschaften, öffentlich-rechtliche Vereinbarungen, Verwaltungsgemeinschaften und Zweck- oder sonstige Verbände. Schließlich sei auch die Unterscheidung zwischen den vier einzukreisenden Städten einerseits und Rostock und Schwerin andererseits systemgerecht.

Speziell auf die Beschwerdeführerin bezogen wurde ausgeführt (S. 101), dass der sie umgebende neue Landkreis Südvorpommern zwar auch ohne Einkreisung die vom Leitbild des Landtages vorgegebene Einwohnerzielgröße erreichen würde; auch befinde sich die Stadt in einer ausgeprägten Randlage im Kreisgebiet und weise tendenziell eine hinreichende finanzielle Leistungsfähigkeit auf. Angesichts der ausgeprägten Strukturschwäche des neuen Landkreises Südvorpommern sei jedoch gerade in diesem Landesteil die Verbindung von städtischem Wachstumskern und Umland zur Erschließung neuer Entwicklungspotentiale und für eine gedeihliche Entwicklung der gesamten Region von besonderer Bedeutung.

Die Einzelbegründung zu § 6 (Landkreis Südvorpommern - S. 133 bis 137) befasste sich mit den Stellungnahmen der kreiskommunalen Körperschaften und Verbände im Rahmen der Anhörungen sowie dem räumlichen Zuschnitt des Kreises und wog Alternativen ab.

Die Änderung des Kommunalwahlgesetzes in Art. 3 des Gesetzentwurfs stelle sich sowohl hinsichtlich der Höhe der Repräsentationsquoten als auch bezüglich ihrer Spannweite im bundesweiten Vergleich als äußerst bürger- und ehrenamtsfreundlich dar.

Die vorgesehenen Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes in Art. 6 des Gesetzentwurfs trügen den durch die Einkreisung der Städte Greifswald, Neubrandenburg, Stralsund und Wismar und deren neuen Status als große kreisangehörige Städte veranlassten Folgeanpassungen Rechnung. Die differenzierte Kreisumlage ermögliche eine lastengerechte Heranziehung aller kreisangehörigen Gemeinden zur Finanzierung des Kreishaushalts entsprechend der Aufgabenverteilung.

Dem Gesetzentwurf waren umfangreiche Anlagen beigefügt, so u.a. Übersichten über Untersuchungen zu den Reisezeiten zu alternativen Kreissitzen in den jeweiligen neuen Landkreisen (Anlage 22) bezogen auf verschiedene Zeitkategorien für prozentuale Bevölkerungsanteile (Basis Einwohnerzahlen zum 31. Dezember 2007).

5. Der Innenausschuss des Landtages beteiligte im Rahmen einer schriftlichen Anhörung neben den zwölf Kreisen und sechs kreisfreien Städten 35 amtsfreie Gemeinden, 78 Ämter sowie 777 amtsangehörige Städte und Gemeinden sowie 144 Verbände und Organisationen sowie einen Hochschullehrer (vgl. Zwischenbericht in LT-Drs. 5/2987). Im Dezember 2009 und im Mai 2010 hörte er auf der Grundlage eines Fragenkatalogs neben den betroffenen kommunalen Körperschaften auch 147 Sachverständige an.

Nach der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Innenausschusses vom 29. Juni 2010 (LT-Drs. 5/3599), der die wesentlichen Aussagen, allgemeinen Einschätzungen und Kritikpunkte aus den schriftlichen und mündlichen Anhörungen darstellt (S. 81 bis 173), sollten u.a. § 6 und § 7 LNOG M-V geändert und die Gemeinden des Amtes Demmin-Land und die Hansestadt Demmin dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (anstatt dem Landkreis Südvorpommern) zugeordnet werden. Zwar vergrößere sich dadurch die Fläche des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte um 441 km2 auf 5.469 km2, dies sei angesichts des Zuordnungswunsches der Kommunen aber hinzunehmen.

6. Am 07. Juli 2010 beschloss der Landtag das Kreisstrukturgesetz in der Fassung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 5/2683) mit den in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses (LT-Drs. 5/3599) vorgesehenen Änderungen. Die Kreissitze sind nunmehr im Gesetz selbst festgelegt - nach § 6 Abs. 3 LNOG M-V wird die Beschwerdeführerin Kreissitz -, es räumt aber den Kreistagen die Möglichkeit ein, spätestens in der zweiten Sitzung einen zum Kreisgebiet gehörenden bisherigen Kreissitz oder eine bisher kreisfreie Stadt als Landkreissitz festzulegen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 LNOG M-V). In § 11 LNOG M-V (Funktionsnachfolge in Zusammenhang mit der Einkreisung) wurde der Zeitpunkt des Aufgabenübergangs geändert; § 12 LNOG M-V (Auseinandersetzung zwischen Landkreisen und eingekreisten Städten) erfuhr Präzisierungen und die Frist für den Abschluss von Vereinbarungen wurde auf den 30. September 2012 vorverlegt.

Am selben Tag verabschiedete der Landtag auch das Gesetz über die Zuordnung von Aufgaben im Rahmen der Landkreisneuordnung, ebenfalls in der Fassung des entsprechenden Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 5/2684) mit den in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses (LT-Drs. 5/3600) vorgesehenen Änderungen. Das davon umfasste Gesetz über die Zuordnung von Aufgaben (Aufgabenzuordnungsgesetz - AufgZuordG M-V) sieht im ersten Teil ("Funktionalreform I") den Übergang von Aufgaben aus den Geschäftsbereichen oberster Landesbehörden auf die Landkreise und kreisfreien bzw. großen kreisangehörigen Städte, vereinzelt auch auf andere Aufgabenträger vor, teilweise in den eigenen, teilweise in den übertragenen Wirkungskreis oder zur Erledigung im Wege einer Organleihe.

Das Kreisstrukturgesetz wurde am 28. Juli 2010 verkündet (GVOBl. M-V S. 366), ebenso das Gesetz über die Zuordnung von Aufgaben im Rahmen der Landkreisneuordnung (GVOBl. M-V S. 383).

II.

Mit ihrer am 01. Dezember 2010 erhobenen kommunalen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin im Hauptantrag gegen § 1 Abs. 2 und im Hilfsantrag gegen § 11 und § 12 LNOG M-V. Die Aufhebung der Kreisfreiheit und Einkreisung verletze sie in ihrem Selbstverwaltungsrecht aus Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV.

Sie macht unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Rahmen der Anhörungen geltend, § 1 Abs. 2 LNOG M-V verstoße sowohl in formeller wie materieller Hinsicht gegen die Garantie kommunaler Selbstverwaltung nach Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV. Das Gericht habe zu prüfen, ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt habe, und anschließend zu untersuchen, ob er den ermittelten Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrunde gelegt und die mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt habe. Gemessen daran hielten die angegriffenen gesetzlichen Regelungen der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei habe sich die inhaltlich begrenzte gerichtliche Kontrolle von Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis an planungsrechtlichen Vorgaben zu orientieren.

Das Landkreisneuordnungsgesetz sei schon deswegen verfassungswidrig, weil die verfassungsrechtlich gebotene Anhörung fehlerhaft gewesen sei. Der Gesetzgeber habe sie, die Beschwerdeführerin, nicht zur nachträglichen Änderung der Regelungen über den Personalübergang kraft Gesetzes (§§ 26 bis 28 LNOG M-V) angehört. Einer erneuten Anhörung habe es bedurft, weil die vorgenommenen Änderungen hinsichtlich der Einzelheiten der Personalüberleitung und des Zeitpunkts des Aufgabenübergangs für die Abwägung des Gesetzgebers wesentliche Tatsachen betroffen hätten, die so stark verändert worden seien, dass die früheren Anhörungen in Leere gegangen seien. Es handele sich hierbei nicht um unwesentliche Aspekte des Neugliederungsvorhabens, sondern durchaus um „abstrakt-generelle Leitlinien der gesetzgeberischen Reform", welche die Organisations- und maßgeblich die Personalhoheit der Kommune beträfen. Die ursprünglich vorgesehene Form der Personalüberleitung durch Vereinbarung hätte sich im Vergleich zum nunmehr angeordneten Personalübergang von Gesetzes wegen - der sie als betroffene Gemeinde vor erhebliche Probleme stelle - als deutlich geringerer Eingriff in ihre Rechte dargestellt.

In inhaltlicher Hinsicht habe der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Stellenwert der Kreisfreiheit verkannt und zu Unrecht von einer Defizitanalyse abgesehen. Er sei in unzulässiger Weise von dem selbst gewählten System abgewichen, habe Eingemeindungen nicht als milderes Mittel in seinen Entscheidungsprozess einbezogen, habe erneut die demokratisch-bürgerschaftliche Dimension seiner Neugliederungsentscheidung verkannt und habe sich nicht mit den Auswirkungen der Einkreisungsentscheidung auf die Selbstverwaltung der Beschwerdeführerin befasst. Jeder dieser Fehler führe schon für sich genommen zur Nichtigkeit des § 1 Abs. 2 LNOG M-V.

Indem er der Kreisfreiheit keine unmittelbare verfassungsrechtliche Bedeutung beigemessen habe, sei deren Wert nicht mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden, was - in Anlehnung an das Planungsrecht - einen Abwägungsfehler im Sinne eines gesetzgeberischen Ermessensfehlgebrauchs darstelle. Die Kreisfreiheit habe das Bild kommunaler Selbstverwaltung in Deutschland stets geprägt und sei wie die Gemeinde oder der Gemeindeverband selbst institutionell garantiert. Dies gelte selbst dann, wenn man diesen Status nicht zum veränderungsfesten Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts zähle, insbesondere mit Blick auf die Zuweisung landkreistypischer Aufgaben, die die kreisfreien Städte den Landkreisen gleichstelle. Sie sei entgegen der Auffassung der Landesregierung kein bloßes durch einfaches Gesetzesrecht verliehenes Privileg und dürfe nicht ohne besondere verfassungsrechtliche Rechtfertigung entzogen werden. Art. 72 Abs. 1 LV sei zu beachten, weil die Wahrnehmung von landkreisbezogenen Aufgaben prägend für die Selbstverwaltung der kreisfreien Stadt sei; eine Statusänderung stehe unter erhöhtem verfassungsrechtlichen Legitimationszwang. Die geplante Regelung greife zumindest in Randbereiche ihres Selbstverwaltungsrechts ein. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Abwägungsentscheidung im Landtag bei zutreffender Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Stellenwertes anders ausgefallen wäre.

Die Aufhebung ihrer Kreisfreiheit sei zudem verfassungswidrig, weil eine Defizitanalyse fehle.

Eine solche wäre - entgegen etwa der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2007 und Judikaten anderer Landesverfassungsgerichte aus jüngster Zeit - erforderlich gewesen, weil sich die Aufhebung der Kreisfreiheit nach außen hin zunächst als Aufgabenentzug darstelle. Der Gesetzgeber habe im Wege einer Bestandsaufnahme prüfen müssen, ob und inwieweit gerade die betroffenen Selbstverwaltungsträger in der Lage seien, die ihnen zugewiesen Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen und zu erfüllen. Dies habe er jedoch vollständig ausgeblendet und fehlerhaft seine Prüfung allein auf die wirtschaftliche Entwicklung der Landkreisebene und vorrangig die strukturellen Probleme der Landesverwaltung konzentriert. Das Land dürfe sich aber nicht maßgeblich zu Lasten der Selbstverwaltungskörperschaften sanieren. Kreisfreie Städte seien keine Dispositionsmasse für den Gesetzgeber.

Dieser habe ferner mit der Aufhebung der Kreisfreiheit seinem eigenen Regelungssystem zuwidergehandelt, weil er dadurch - entgegen dem selbst auferlegten Leitbild aus dem „Gesamtrahmen für die umfassende Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern" vom 24. April 2008, wonach die Ober- und Mittelzentren zu stärken und Wachstumspole zu entwickeln seien - die Beschwerdeführerin als Zentrum schwäche. Der Hansestadt Greifswald als Oberzentrum komme nach den Vorstellungen und Zielen des Landesraumentwicklungsprogramms (LEP) 2005 unter anderem für die Entwicklung zu einer weltoffenen, europäischen Region im Ostseeraum und für eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Mecklenburg-Vorpommern Bedeutung zu, von denen auch Impulse auf das Umland ausgingen. Die kreisfreien Städte des Landes seien von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele, das Land als Bildungs-, Kultur-, Wirtschafts-, Forschungs- sowie Technologiestandort weiter zu entwickeln. Auch von ihrem Wirtschaftspotential, dem Arbeitsplatzangebot und ihrer Außenwirkung her seien sie für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bedeutsam. Die Aufhebung der Kreisfreiheit schwäche die betroffenen Städte als Ober- bzw. Mittelzentren bei der Umsetzung dieser Ziele entscheidend. Als negative Folgen der erzwungenen Aufgabe der Kreisfreiheit seien zu nennen die Unterstellung unter die Rechts- und Fachaufsicht des Landrats sowie der Verlust von pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben in erheblichem Umfang, von finanziellen Mitteln, von Bürgernähe, von Image und von Arbeitsplätzen in der Stadtverwaltung. Hieran könnten die Versuche des Gesetzgebers nichts ändern, die Folgen des Entzugs der Kreisfreiheit durch einzelne Regelungen - wie etwa in § 79 Abs. 2, § 38 Abs. 1 Satz 2 KV M-V oder § 6 Abs. 3 LNOG M-V -abzumildern, zumal etwa die Frage des Kreissitzes noch unsicher sei, wie die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 3 LNOG M-V zeige. Es sei allerdings zu fragen, ob die Bestimmung des Kreissitzes aus Gründen des Demokratieprinzips und der Wesentlichkeitstheorie nicht dem Parlamentsvorbehalt unterfalle.

Eingemeindungen als Alternative habe der Gesetzgeber nicht fundiert und ernsthaft erörtert. Auch dadurch habe er die Städte als Zentren weiter geschwächt und seinem selbst auferlegten Leitbild aus dem „Gesamtrahmen für die umfassende Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern" vom 24. April 2008 zuwidergehandelt.

Er habe zudem darauf verzichtet, sich mit den Auswirkungen des § 1 Abs. 2 LNOG M-V speziell auf sie, die Beschwerdeführerin, zu befassen; auch dies stelle einen Abwägungsfehler dar. Die Auswirkungen der Aufhebung der Kreisfreiheit und die bürgerschaftlich-demokratische Dimension der kommunalen Selbstverwaltung seien verkannt worden. Das Spannungsverhältnis, das regelmäßig bei Neugliederungsentscheidungen zu Aspekten der örtlichen Nähe, der lokalen Verbundenheit oder der Bürgeridentifikation entstehe, sei unbeachtet gelassen und nicht erörtert worden. Angesichts der Besonderheiten historisch geprägter kommunaler Selbstverwaltung städtischer Gesellschaften - wie sie hier insbesondere mit Blick auf den identitätsbindenden Status der betroffenen Städte schon seit der Hansezeit gegeben seien, was der Gesetzgeber ebenfalls verkannt habe - werde es den Bürgern schwer fallen, neben dem Oberbürgermeister einen diesem sogar übergeordneten Landrat zu akzeptieren. Ebenso wenig seien die möglichen Auswirkungen der Einkreisung auf die Trägerschaft öffentlicher Einrichtungen wie etwa die Stadtwerke Greifswald GmbH mit ihren Tochterunternehmen VBG (Personennahverkehr) und GEG (Entsorgung) und den dort praktizierten steuerlichen Querverbund gesehen und abgewogen worden.

Damit habe der Gesetzgeber gegen das aus dem Planungsrecht stammende und auch bei Neugliederungsvorhaben zu beachtende Gebot der umfassenden Konfliktbewältigung verstoßen, indem er die Konflikte, die durch die Rechtsfolgen der Einkreisung geschaffen würden, nicht erkannt, jedenfalls aber nicht umfassend ermittelt und in seine Strukturentscheidung eingestellt habe. Es sei im Gesetzgebungsverfahren zum Landkreisneuordnungsgesetz versäumt worden, die durch Planungsentscheidungen hervorgerufenen Konflikte zusammen mit dem Eingriff zu lösen.

Ihren Hilfsantrag begründet die Beschwerdeführerin damit, jedenfalls § 11 und § 12 LNOG M-V seien verfassungswidrig. Sie habe einen Anspruch darauf, auch als kreisangehörige Gemeinde in ihrem Gemeindegebiet weiterhin die Aufgaben wahrnehmen zu können, die sie als kreisfreie Stadt wahrgenommen habe. Ein solcher Anspruch werde ihr aber - wie ein Blick auf § 165 Abs. 2 und § 167 Abs. 2 KV M-V i.d.F. von Art. 2 Nr. 15 Buchst. a und Nr. 16 Buchst. c des Kreisstrukturgesetzes zeige - nicht eingeräumt, weil sie auf den entsprechenden Willen des neuen Landkreises angewiesen sei. Ein Entzug von Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter sei nur aus Gründen des Gemeinwohlinteresses - also vor allem nur dann, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre - zulässig. Davon könne in ihrem Fall trotz des Verlustes der Kreisfreiheit nicht ausgegangen werden, da sie auf eine eingespielte und bewährte Verwaltungsstruktur zurückgreifen und die Aufgaben somit wirtschaftlicher als der Landkreis wahrnehmen könne.

Die Beschwerdeführerin beantragt

festzustellen, dass § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz) vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366) verfassungswidrig und damit nichtig ist,

hilfsweise

festzustellen, dass § 11 und § 12 des Gesetzes zur Neuordnung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landkreisneuordnungsgesetz) vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366) nichtig sind.

III.

Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern beantragt die Zurückweisung des Antrages; die Landesregierung stellt keinen förmlichen Antrag. Beide halten die Verfassungsbeschwerde für jedenfalls unbegründet, weil der Gesetzgeber alle Vorgaben der Verfassung für eine auch die bisher kreisfreien Städte einschließende Kreisgebietsreform und insbesondere auch sämtliche Anforderungen an das Verfahren eingehalten habe, die das Landesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Juli 2007 - LVerfG 9/06 u.a. - aufgestellt habe.

1. Nach Auffassung des Landtages steht dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, wobei das Gericht sich nicht an dessen Stelle setzen dürfe und es für die Bestimmung des eine Neugliederung legitimierenden öffentlichen Wohls maßgeblich auf die Gesetzgebungsprozedur ankomme, bei der Landesregierung und Landtag beteiligt seien und in unterschiedlichen Rollen Beiträge zum Gesetzgebungsverfahren leisteten, die gemeinsam zu beurteilen seien. Das Verfahren müsse eine Abwägung zwischen staatlich-administrativen Belangen und solchen der kommunalen Selbstverwaltung ermöglichen und vollziehen, hierfür die betroffenen Gebietskörperschaften durch Anhörungen und andere geeignete Verfahren beteiligen sowie insgesamt eine Informationsbeschaffung und Vorbereitung leisten, welche die Auseinandersetzung mit alternativen Lösungsmöglichkeiten einbeziehe und so zu einem möglichst schonenden und gerechten Ausgleich unterschiedlicher Belange und Rechtspositionen komme.

Diese Vorgaben seien im Gesetzgebungsverfahren gewahrt worden. Demgegenüber setze die Beschwerdeführerin ihre Verfahrensrügen regelmäßig mit ihren eigenen materiellen Richtigkeitsvorstellungen gleich oder leite sie aus diesen ab.

Nach den umfassend eingeräumten Beteiligungsmöglichkeiten im Gesetzgebungsverfahren sei eine erneute Anhörung der Beschwerdeführerin nicht erforderlich gewesen. Die Umstellung auf einen Personalübergang kraft Gesetzes etwa habe die Grundtatsachen und die Gesetzesziele nicht in einer so tief greifenden Weise verändert, dass neue Überlegungen und neue Bewertungen im Raum gestanden hätten, zu denen die kommunale Seite ihrerseits neue Gesichtspunkte hätte beisteuern können. Zudem sei diese Problematik bereits Gegenstand der Anhörung gewesen und der Vorschlag zu der nunmehr Gesetz gewordenen Lösung sei gerade von kommunaler Seite selbst gekommen. Gleiches gelte für die Änderung des Zeitpunkts für den Aufgabenübergang in § 11 Abs. 1 LNOG M-V.

Eine Defizitanalyse speziell bezogen auf die Kreisebene bzw. einzelne Körperschaften sei mit Verweis auf die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2007 nicht erforderlich gewesen, da sich die Voraussetzungen und die für die Notwendigkeit einer umfassenden Gesamtreform sprechenden Umstände nicht geändert hätten.

Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin habe sich der Gesetzgeber intensiv mit zahlreichen Alternativen sowohl zum Neugliederungsansatz im Ganzen als auch zu seinen einzelnen Elementen vertieft auseinandergesetzt, wie die Gesetzesmaterialien belegten, sie dann jeweils aber mit tragfähigen Argumenten abgelehnt.

Er habe auch nicht gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit verstoßen. Das Leitbild enthalte naturgemäß mehrere Ziele für die künftige kommunale Struktur, die sich teilweise ergänzten, teilweise aber auch eine Abwägung und einen Ausgleich gegenläufiger Belange und Interessen skizzierten und dadurch programmierten, die nicht von vornherein harmonieren könnten. Systemgerechtigkeit bedeute nicht, dass der Gesetzgeber im Leitbild schon sämtliche Abwägungsergebnisse vorweggenommen und alle Konflikte gelöst hätte. Die Rechtsprechung verlange keinen Nachvollzug, sondern eine Orientierung des Gesetzgebers an seinen eigenen Vorgaben. Daher schließe dies die Möglichkeit ein, die Gewichtung der Elemente des Leitbildes im Gesetzgebungsverfahren endgültig vorzunehmen, das Maß ihrer Berücksichtigung zu bestimmen und bei sachlichen Gründen auch von einer der nicht voll konkretisierten Maßgaben des Leitbildes abzuweichen. An keiner Stelle seien eigene Systemziele „über Bord geworfen" worden.

Ebenso wenig sei dem Gesetzgeber hinsichtlich der Beurteilung des verfassungsrechtlichen Stellenwertes der Kreisfreiheit ein Abwägungsfehler unterlaufen. Es könne letztlich offen bleiben, ob ein einmal erworbener Status der Kreisfreiheit nur unter besonders erschwerten Bedingungen des öffentlichen Interesses wieder entzogen werden könne, denn jedenfalls habe der Gesetzgeber in seiner Bestimmung des öffentlichen Wohls solchen besonderen Bedingungen Rechnung getragen. Die Begründung des Gesetzesentwurfs behandele die Frage der Einkreisung - trotz der dort wiedergegebenen verfassungsrechtlich zutreffenden Differenzierung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung für Gemeinden, Kreise und kreisfreie Städte - durchgängig auf demselben Niveau der Abwägung wie die anderen Aspekte der Neugliederung. Damit sei allen - gegebenenfalls auch erhöhten - Anforderungen aus Art. 72 Abs. 1 LV Rechnung getragen worden.

Soweit die Beschwerdeführerin unter dem Aspekt der bürgerschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten mit Identität, Selbstbewusstsein und städtischen Privilegien aus der historischen Entwicklung argumentiere, falle dies nicht in den Schutzbereich dessen, was mit den institutionellen Chancen bürgerschaftlich-demokratischer Mitwirkung ermöglicht und gefördert werden solle.

Auch § 11 und § 12 LNOG M-V seien nicht verfassungswidrig. Ein Rechtsanspruch auf Beibehaltung aller von den ehemals kreisfreien Städten wahrgenommenen Aufgaben bestehe nicht. Im Übrigen widerspräche eine Bestandswahrung aller bisherigen Aufgaben der kreisfreien Städte dem Leitbild, dessen Einhaltung die Beschwerdeführerin an anderer Stelle gerade einfordere, und somit dem gesamten Zweck des Gesetzes.

2. Die Landesregierung stellt heraus, dass es keinen Schutz der spezifischen Organisationsform der kreisfreien Stadt durch die Selbstverwaltungsgarantie gebe. Deren Bestand werde sowohl in Art. 28 Abs. 2 GG als auch in Art. 72 LV weder ausdrücklich gefordert noch institutionell vorausgesetzt. Die Einkreisung berühre unabhängig davon allerdings die Beschwerdeführerin in einer Intensität, die mit Blick auf die Selbstverwaltungsgarantie einer besonderen Rechtfertigung bedürfe. Da der Gesetzgeber alle prozeduralen und materiellen Erfordernisse für eine Gebietsreform beachtet habe, erfülle er den denkbar strengsten Maßstab für eine Verfassungsmäßigkeit der Einkreisung der Beschwerdeführerin. Für die Einkreisung sprächen überzeugende Gründe des Gemeinwohls, wie sie in den im Gesetzgebungsverfahren zusammengetragenen Materialien ausführlich dargestellt seien.

Eine erneute Anhörung sei schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil mit dem Wechsel von einer vertraglichen Überleitung der Beamten und Arbeitnehmer zu einer gesetzlichen Überleitung gerade einem Vorschlag von Beschwerdeführerseite aus der Anhörung entsprochen worden sei. Die Änderung des Zeitpunktes der Funktionsnachfolge auf den 04. September 2011 sei wegen des Personalübergangs kraft Gesetzes konsequent, um ein Auseinanderfallen von Personalhoheit und Aufgabenzuständigkeit zu verhindern.

Der Gesetzgeber habe vor Aufhebung der Kreisfreiheit der Beschwerdeführerin keine Defizitanalyse vornehmen müssen, da er sich durch grundlegende Veränderungen der allgemeinen Verhältnisse im Land weiterhin zu einer Gesamtreform habe veranlasst sehen dürfen.

Mit der Einkreisung habe er auch nicht gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit verstoßen. Zum einen sei der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zitierte „Gesamtrahmen für die umfassende Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern" vom 24. April 2008 nicht Teil des gesetzgeberischen Leitbildes. Das raumplanerische Ziel, die Ober- und Mittelzentren des Landes zu stärken, sei davon zu trennen. Darüber hinaus schwäche die Einkreisung die Stellung der Beschwerdeführerin als Oberzentrum nicht. Sie werde auch als kreisangehörige Stadt weiterhin als Zentrum gefördert. Der Grundsatz der Systemgerechtigkeit verpflichte den Gesetzgeber nur auf das von ihm dem Landkreisneuordnungsgesetz zugrunde gelegte System. Zu diesem stehe auch der Verzicht auf Eingemeindungen nicht in Widerspruch; er schwäche Oberzentren wie die Beschwerdeführerin nicht, sondern lasse sie gerade in ihrem gemeindlichen Bestand unangetastet. Unabhängig davon, dass es keinen verfassungsrechtlichen Satz gebe, dass der Gesetzgeber vor einer Einkreisung stets vorrangig die Alternative von Eingemeindungen zu prüfen habe, habe er dies im Gesetzgebungsverfahren ausführlich getan und mit verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Gründen abgelehnt.

Der Gesetzgeber habe die demokratisch-bürgerschaftliche Dimension der kommunalen Selbstverwaltung sachgerecht und abwägungsfehlerfrei bewertet. Die Einkreisung lasse diese Dimension im eigentlichen Sinne unberührt. Den Bürgern der Beschwerdeführerin bleibe es in gleicher Weise wie den Bürgerinnen und Bürgern anderer kreisangehöriger Gemeinden weiterhin typischerweise möglich, nachhaltig und zumutbar ehrenamtliche Tätigkeit im Kreistag und in der Bürgerschaft sowie in den Ausschüssen zu entfalten. Gründe für einen Verlust der Identität der Bürger mit ihrer Stadt sowie eine fehlende Akzeptanz eines bürgerschaftlich-demokratisch legitimierten Landrates neben dem Bürgermeister seien jedenfalls nicht ersichtlich.

Ebenso habe sich der Gesetzgeber mit den Auswirkungen der Einkreisung auf die kreisfreien Städte befasst, wobei er allerdings nicht gehalten gewesen sei, sämtliche Einzelaspekte etwa des öffentlichen Personennahverkehrs detailliert in den Blick zu nehmen.

Die Hilfsanträge der Beschwerdeführerin gingen ins Leere. Sei die Einkreisung verfassungsgemäß, stehe auch der Aufgabenentzug im Einklang mit der Verfassung. Warum bestimmte Aufgaben, die sie gegenwärtig als kreisfreie Stadt wahrnehme und die nach der Einkreisung auf den Landkreis Südvorpommern übergingen, von Verfassungs wegen auch künftig von ihr als kreisangehörige Gemeinde erledigt werden müssten und deswegen zwingend zurück zu übertragen seien, sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

B.

Mit ihrem Hauptantrag ist die kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 53 Nr. 8 LV, § 11 Abs. 1 Nr. 10, § 52 Abs. 2 Landesverfassungsgerichtsgesetz - LVerfGG - zulässig. Nach diesen Vorschriften ist das Landesverfassungsgericht zur Entscheidung über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden, Landkreisen und Gemeindeverbänden zuständig, die mit der Behauptung erhoben werden, ein Landesgesetz verletze das Recht auf Selbstverwaltung gemäß den Art. 72 bis 75 LV.

Dem Begründungserfordernis des § 54 LVerfGG ist Genüge getan; die Jahresfrist des § 53 LVerfGG ist gewahrt.

Insbesondere ist die Beschwerdeführerin beschwerdebefugt i.S.v. Art. 53 Nr. 8 LV, § 11 Abs. 1 Nr. 10 und § 52 Abs. 2 LVerfGG, denn sie hat einen Sachverhalt dargelegt, aufgrund dessen der Schutzbereich des Art. 72 Abs. 1 LV betroffen sein könnte (vgl. BVerfGE 79, 127, 141).

Dabei kommt es im Rahmen der Zulässigkeit auf die umstrittene Frage, ob und inwieweit die Kreisfreiheit als solche überhaupt dem Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 72 Abs. 1 LV unterfällt und als Rechtsinstitut Bestandsschutz genießt, nicht an (im Ergebnis verneinend Koch, Einkreisung kreisfreier Städte - eine verwaltungswissenschaftliche und verfassungsrechtliche Untersuchung am Beispiel niedersächsischer Städte, 2006, S. 139 m.w.N.). Auch dann, wenn das Institut der „kreisfreien Stadt" als solches institutionellen Bestandsschutz nicht genießt, muss eine Verfassungsbeschwerde zum Schutz des Status der Kreisfreiheit einer Stadt und damit zur Klärung des Kernbereichs der Selbstverwaltung solange zulässig sein, wie dieses Institut selbst nicht beseitigt ist (vgl. VerfGH NW, Urt. v. 07.11.1975 - VerfGH 64/74 - OVGE MüLü 30, 312, 313; im Ergebnis ebenfalls Koch, a.a.O., S. 168), auch wenn die Stadt im Unterschied zu betroffenen Landkreisen, die im Rahmen der Kreisgebietsreform gänzlich untergehen, ihren Status als Gemeinde (§ 7 Abs. 1 KV M-V) beibehält.

Die Beschwerdeführerin stellt die Rechtsfrage ausdrücklich zur Entscheidung und hat zu dem behaupteten Eingriff in den Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltung durch die in § 1 Abs. 2 i.V.m. § 6 LNOG M-V verfügte Einkreisung substantiiert vorgetragen; er ist jedenfalls nicht von vornherein völlig ausgeschlossen. Ob ein - verfassungswidriger - Eingriff tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit (so im Ergebnis auch SächsVerfGH, Beschl. v. 22.04.2008 - Vf.19-VIII-08 -, BeckRS 2008, 35585).

III.

Die Beschwerdeführerin ist auch durch die Einkreisung selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen. Das Inkrafttreten der angegriffene Vorschriften steht unmittelbar bevor (Art. 11 Abs. 2 und 3 Kreisstrukturgesetz), und es ist klar abzusehen, wie sie künftig von den Regelungen des § 1 Abs. 2 i.V.m. § 6 LNOG M-V betroffen sein wird. Sie ist schon jetzt zum Handeln gezwungen, weil das Gesetz jedenfalls mit Blick auf die bereits nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 1 Kreisstrukturgesetz in Kraft getretenen Vorschriften, die zur Vorbereitung der Kreisneugliederung notwendig sind, Vorwirkungen entfaltet (vgl. BVerfGE 108, 370, 385; 101, 54, 73 f.; ebenso LVerfG M-V, Urt. v. 26.07.2007 - LVerfG 9/06 u.a. -, LVerfGE 18, 342, 369 - Kreisgebietsreform -; Urt. v. 26.11.2009 -LVerfG 9/08 -, BeckRS 2009, 41840 - Doppik -).

C.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist mit ihrem Hauptantrag unbegründet. Die vom Gesetzgeber ins Werk gesetzte umfassende Reform der Kreisstruktur unter Einbeziehung bisher kreisfreier Städte und damit auch die von der Beschwerdeführerin insbesondere angegriffene Vorschrift des § 1 Abs. 2 des Landkreisneuordnungsgesetzes halten einer verfassungsgerichtlichen Prüfung stand. Die Beschwerdeführerin wird insbesondere nicht in ihrem Recht auf Selbstverwaltung aus Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV verletzt.

Dabei überprüft das Landesverfassungsgericht die Kreisstrukturreform anhand der von den Verfassungsgerichten für eine derartige Neugliederungsmaßnahme typischerweise entwickelten Maßstäbe, denn der Gesetzgeber hat vorliegend - ersichtlich veranlasst durch die entsprechenden Ausführungen in der Entscheidung des Gerichts vom 26. Juli 2007 (- LVerfG 9/06 u.a. -, LVerfGE 18, 342, 381 f.) und in Abkehr von seinem darin verworfenen früheren, auf Einräumigkeit und Einheit der Verwaltung in Verbindung mit der Orientierung an vorhandenen Planungsregionen ausgerichteten Reformansatz - ein an dem herkömmlichen Entscheidungsmuster orientiertes Konzept erstellt.

I.

Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom heutigen Tag in dem parallelen Verfassungsbeschwerdeverfahren von fünf Landkreisen festgestellt hat (Urt. v. 18.08.2011 - LVerfG 21/10 -), ist der Landtag befugt, in Ausübung seiner gesetzgebenden Gewalt aus Art. 20 Abs. 1 Satz 3 LV, die sich nach Art. 70 Abs. 2 Satz 1 LV auch auf die Organisation, Zuständigkeiten und Verfahren der öffentlichen Verwaltung erstreckt, die Strukturen nicht nur auf Gemeinde-, sondern auch auf Kreisebene - unter Einbeziehung der kreisfreien Städte - grundlegend neu zu regeln. Die Landkreise sind neben den Gemeinden Träger der kommunalen Selbstverwaltung, die ihnen nach Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe der Gesetze gewährt ist, und damit Teil der öffentlichen Verwaltung (Art. 69 LV).

Zwar wird für die Auflösung und Neubildung von Kreisen eine gesetzliche Regelung nicht ausdrücklich von der Verfassung, sondern nur einfachgesetzlich in § 97 Abs. 2 KV gefordert. Jedoch ergibt sich die Notwendigkeit eines Gesetzes daraus, dass es sich um eine grundlegende Entscheidung über die Ausgestaltung rechtlich selbständiger und von der Verfassung mit eigener Rechtsstellung ausgestatteter Verwaltungsträger handelt, die dem Parlament vorbehalten bleiben muss (so schon LVerfG M-V, Urt. v. 26.07.2007 - LVerfG 9/06 u.a. -, LVerfGE 18, 342, 371 m.w.N.). Gleiches gilt für die Aufhebung der Kreisfreiheit einer bisher kreisfreien Stadt und deren Statusumwandlung in eine große kreisangehörige Stadt, zumal dieser Status in Mecklenburg-Vorpommern in Zusammenhang mit der Kreisstrukturreform erstmals geschaffen worden ist (siehe Art. 2 des Kreisstrukturgesetzes zu den Änderungen der Kommunalverfassung).

Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die kommunale Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG den Ländern als Strukturprinzip ihres Verwaltungsaufbaus vorgegeben und von ihnen zu gewährleisten ist; dieser Verpflichtung ist der Verfassunggeber in Mecklenburg-Vorpommern mit der Schaffung des Art. 72 Abs. 1 LV nachgekommen. Als institutionelle Garantie bedarf sie der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber (BVerfGE 79, 127, 143), der ihrem Gewicht Rechnung tragen muss, wenn er von seiner Gestaltungskompetenz Gebrauch macht.

Auch wenn die Kreise keine Zweckschöpfungen des Gesetzgebers mit im Vergleich zu den Gemeinden „schwächelnder Selbstverwaltungsgarantie" sind, sondern die Selbstverwaltung der Gemeinden und der Kreise als kommunale Selbstverwaltung eine Einheit bilden (LVerfG M-V, Urt. v. 26.07.2007 - LVerfG 9/06 u.a. -, a.a.O., S. 373), gilt auch für sie, dass Gebietsänderungen den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich im Grundsatz nicht beeinträchtigen. Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV enthält zu ihren Gunsten lediglich eine objektive Garantie der Kreisebene als Institution, den einzelnen Landkreis als solchen oder dessen konkreten Gebietsbestand sichert die Vorschrift nicht.

Gleichwohl ist auch ein Landkreis gegenüber seiner Auflösung und der Neuordnung der Kreisgebiete nicht ohne Schutz. Zum verfassungsrechtlich gewährleisteten Kernbereich des kreiskommunalen Selbstverwaltungsrechts gehört nämlich auch, dass Veränderungen des Gebietszuschnitts nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit und nach Anhörung der die Veränderung betreffenden Gebietskörperschaften zulässig sind (vgl. BVerfGE 86, 90, 107 ff.; 50, 50 f.; LVerfG M-V, Urt. v. 26.07.2007 - LVerfG 9/06 u.a. -, a.a.O., S. 375 m.w.N.; SächsVerfGH, Urt. v. 29.05.2009 - Vf. 79-II-08 -, juris Rn. 309 ff.; NdsStGH, Urt. v. 14.02.1979 - StGH 2/77 - NdsStGHE 2, 1, 152; VerfGH NW, Urt. v. 24.04.1970 - VerfGH 13/69 -, OVGE MüLü 26, 270). In diesem Sinne ist auch Art. 72 Abs. 1 LV zu verstehen, der nicht nur für Gebietsänderungen, sondern auch für die ihnen vorgelagerte Auflösung von Trägern kommunaler Selbstverwaltung gilt.

In gleicher Weise ist auch im Falle der Einkreisung der Beschwerdeführerin die Anwendung dieser verfassungsrechtlichen Maßstäbe für Gebietsänderungen geboten, weil kreisfreie Städte nach § 7 Abs. 2 KV M-V neben ihren Aufgaben als Gemeinden in ihrem Gebiet alle Aufgaben erfüllen, die den Landkreisen obliegen. Mit einer derart umfassenden Kreisgebietsreform, die wie hier auch den Status bisher kreisfreier Städte verändert, sind bei diesen Aufgabenverlagerungen verbunden, die jedenfalls die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nicht nur geringfügig tangieren, mag auch über die Frage, ob und gegebenenfalls wie stark deren Kernbereich berührt ist, gestritten werden (ausführlich hierzu Koch, a.a.O., S. 140 ff., S. 168).

II.

Die angegriffene Kreisstrukturreform wird unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Kontrolldichte (1) den an ein solches Reformvorhaben zu stellenden prozeduralen (2) und materiellen (3) Anforderungen gerecht. Der Gesetzgeber hat mit ihr nicht in verfassungswidriger Weise in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Landkreise aus Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV eingegriffen, wie im Urteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren LVerfG 21/10, auf das in vollem Umfang Bezug genommen wird, mit ausführlicher Begründung dargelegt worden ist. Er durfte bei seiner grundlegenden Strukturreform der Kreisebene auch den Status der kreisfreien Städte auf den Prüfstand stellen und ist zu einer Lösung gelangt, die vier der bisher sechs kreisfreien Städte in Form der Einkreisung in die Gesamtlösung einbezieht, ohne deren kommunales Selbstverwaltungsrecht aus Art. 72 Abs. 1 LV in verfassungswidriger Weise zu beeinträchtigen.

1. Bei seiner Kontrolle der angegriffenen Vorschriften prüft das Landesverfassungsgericht zunächst, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung erheblichen Sachverhalt ermittelt und dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob er die von ihm angeführten Gemeinwohlgründe sowie die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in die vorzunehmende Abwägung eingestellt hat. Auf der Grundlage des in dieser Weise ermittelten Sachverhalts und der Gegenüberstellung der daraus folgenden verschiedenen - oft gegenläufigen - Belange ist der Gesetzgeber befugt, sich letztlich für die Bevorzugung eines Belangs (oder mehrerer Belange) und damit notwendig zugleich für die Zurückstellung aller anderen betroffenen Gesichtspunkte zu entscheiden. Insoweit hat sich die verfassungsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung zu beschränken, ob der gesetzgeberische Eingriff in den Bestand eines einzelnen Kreises offenbar ungeeignet oder unnötig ist, um die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen, oder ob er zu ihnen deutlich außer Verhältnis steht und ob das Gesetz frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen ist. Sofern der Gesetzgeber ein Konzept für die Neugliederungsmaßnahme erstellt hat, ist zudem zu prüfen, ob er dies in einer dem verfassungsrechtlichen Gebot der Systemgerechtigkeit genügenden Weise umgesetzt hat. Soweit Ziele, Wertungen und Prognosen des Gesetzgebers in Rede stehen, ist die Nachprüfung darauf zu beschränken, ob diese offensichtlich oder eindeutig widerlegbar sind oder ob sie den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen (vgl. BVerfGE 86, 90, 109; vgl. auch SächsVerfGH, Urt. v. 29.08.2008 - Vf. 54-VIII-08 -, NVwZ 2009, 39, 41; ThürVerfGH, Urt. v. 18.12.1996 - 2/95, 6/95 -, LVerfGE 5, 391, 423 f.).

Diese deutliche Einschränkung der Kontrolldichte folgt daraus, dass die Bewältigung so komplexer Probleme wie bei einer Kreisgebietsreform vorrangig dem Parlament überlassen bleiben muss, auch weil ihm eine stärkere demokratische Legitimation zukommt als den Verfassungsgerichten. Es ist nicht deren Aufgabe zu prüfen, ob der Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsentscheidung getroffen hat (vgl. auch BbgVerfG, Urt. v. 14.07.1994 - VfGBbg 4/93 -, LVerfGE 2, 125, 159).

2. Die an ein Gesetzgebungsverfahren mit dem Ziel einer Neuordnung der Kreisstruktur zu stellenden verfahrensmäßigen Anforderungen sind eingehalten, insbesondere ist dem Anhörungsgebot hinreichend Rechnung getragen worden. Weder ist die Durchführung der Anhörung als solche (a) zu beanstanden noch deren Umfang (b); auch hat der Landtag selbst sich hinreichend ergebnisoffen mit den Ergebnissen der Anhörung befasst (c) und bedurfte es keiner erneuten Anhörung, nachdem im Gesetzgebungsverfahren Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen worden waren (d).

a) Vor Gebietsänderungen sind die von ihr betroffenen Träger kommunaler Selbstverwaltung anzuhören, um ihnen zu ermöglichen, ihre Sicht der Belange des Wohls der Allgemeinheit zum Ausdruck zu bringen und dem Gesetzgeber eine umfassende und zuverlässige Kenntnis von allen abwägungserheblichen Gesichtspunkten rechtlicher und tatsächlicher Art zu vermitteln (vgl. auch SächsVerfGH, Urt. v. 29.05.2009 - Vf. 79-II-08 -, juris Rn. 321). Dies ist hier auch im Verhältnis zu den kreisfreien Städten geschehen.

Der Innenminister hat unmittelbar nach dem Beschluss des Landtages vom 24. April 2008, mit dem dieser sich den Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung" betreffend „Ziele, Leitbild und Leitlinien der Landesregierung für eine Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern" und die Umsetzungsempfehlungen dazu (LT-Drs. 5/1380 neu und LT-Drs. 5/1409) zu eigen gemacht hatte (PlenProt 5/40), den Landkreisen, kreisfreien Städten, amtsangehörigen und amtsfreien Gemeinden sowie den Ämtern Gelegenheit gegeben, bis zum 27. Juni 2008 konkrete Vorstellungen zur Umsetzung des Leitbildes zu übermitteln; nachrichtlich informierte er den Städte- und Gemeindetag sowie den Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern entsprechend. Am 24. Juni 2008 stellte er öffentlich zudem 13 verschiedene Modelle einer Kreisstrukturreform zur Diskussion. Darüber hinaus führte das Innenministerium im Februar/März 2009 eine Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern durch. Im Juli 2009 leitete die Landesregierung dem Landtag den entsprechenden Gesetzentwurf (LT-Drs. 5/2683) zu. Nach der 1. Lesung im Parlament am 16. Juli 2009 führte auch der Innenausschuss des Landtages zunächst schriftliche und im Dezember 2009 und im Mai 2010 umfangreiche mündliche Anhörungen der betroffenen Träger kommunaler Selbstverwaltung durch.

b) Eine zusätzliche bzw. weitergehende Anhörung zu Leitbild und Leitlinien wäre nicht etwa deshalb erforderlich gewesen, weil das - vor allem seitens kreisfreier Städte eingebrachte - Verbandsmodell als Alternative zur Kreisgebietsreform dem Gesetzentwurf zufolge nur deshalb verworfen worden wäre, weil es nicht dem Leitbild entspräche. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber sich bereits auf der ersten Stufe, mithin bei der Frage, ob er sich überhaupt für eine Kreisgebietsreform entscheidet, mit möglichen Alternativen auseinandersetzen muss und auf dieser Stufe noch nicht mit dem Leitbild selbst argumentieren kann, ohne hierzu eine Anhörung durchgeführt zu haben. Dies ist hier jedoch auch nicht geschehen. Wie dargestellt, hatten die betroffenen kommunalen Körperschaften schon bis zur Erstellung des Gesetzentwurfs ausreichend Gelegenheit, zu Leitbild und Leitlinien Stellung zu nehmen. Zweifel an einer unvoreingenommenen und ergebnisoffenen Anhörung sind auch nicht etwa deshalb veranlasst, weil der Innenminister der Öffentlichkeit bereits vor Ablauf der Stellungnahmefrist 13 verschiedene Modelle einer Kreisstrukturreform vorgestellt hat. Mag auch ein solches Vorgehen auf den ersten Blick den Anschein einer Vorfestlegung erwecken können, so gibt es dafür jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allen betroffenen Kommunen und Institutionen war es weiterhin unbenommen, zu Leitbild und Leitlinien bis zum Ablauf der hierfür gesetzten Frist Stellung zu nehmen. Dies gilt umso mehr, als die Vorstellung von konkreten Modellen ersichtlich die Diskussion anreichern sollte und gerade diese Diskussion ebenso gut zu Zweifeln an der Tauglichkeit von Leitbild und Leitlinien hätte führen können.

Im Übrigen wird aus der Gesetzesbegründung deutlich, dass die Orientierung am Leitbild nur einer von mehreren Gesichtspunkten war, die gegen das Verbandsmodell sprachen. Daneben sind weitere Gründe aufgeführt, die die Ablehnung dieses Alternativmodells ebenfalls tragen (LT-Drs. 5/2683, S. 96), eingeleitet mit dem Hinweis, dass das Verbandsmodell zahlreichen grundlegenden Bedenken begegne. Abgestellt wird dann u.a. darauf, dass dieses Modell keine vergleichbaren Einspareffekte mit sich bringe und mit ihm ein „ganz erheblicher Personalmehrbedarf", neue Doppelzuständigkeiten sowie Kontroll- und Demokratiedefizite verbunden wären. Ungeachtet dessen hat sich auch der Landtag später noch einmal mit dem Verbandsmodell als Alternative auseinandergesetzt, und zwar unabhängig davon, dass das Leitbild eine Kreisstrukturreform vorgibt (vgl. LT-Drs. 5/3599, S. 173 ff., 182).

c) Soweit wie im Parallelverfahren LVerfG 21/10 geltend gemacht werden soll, der Landtag selbst habe die Anhörungsergebnisse bei seiner Befassung mit dem Gesetzentwurf nicht hinreichend gewürdigt, kann offen bleiben, ob es bei dieser Rüge (noch) um die Anhörung als solche geht oder ob diese Frage (schon) dem Abwägungsvorgang zuzuordnen ist. Jedenfalls werden damit keine Zweifel an der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine Kreisgebietsreform begründet.

Die Anhörungen im federführenden Innenausschuss des Landtages waren durch den Austausch zahlreicher konträrer Standpunkte geprägt, der die teils gegenläufigen Erfahrungen und Interessen im Hinblick auf die geplante Reform veranschaulicht (ausführlich zusammengetragen in LT-Drs. 5/3599). Die für den Abwägungsprozess und sein Ergebnis relevanten Gesichtspunkte sind aus den Gesetzesmaterialien, insbesondere aus der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 5/2683) sowie dem Bericht und der Beschlussempfehlung des Innenausschusses des Landtages (LT-Drs. 5/3599), hinreichend erkennbar (vgl. hierzu auch SächsVerfGH, Urt. v. 29.08.2008, - Vf. 54-VIII-08 -, NVwZ 2009, 39, 41). Darüber hinausgehende Anforderungen an die Offenlegung des parlamentarischen Entscheidungsprozesses ergeben sich aus der Verfassung nicht.

Es fehlte auch nicht an der Offenheit des Gesetzgebers im Hinblick auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit in Betracht kommenden alternativen Kreismodellen sowie mit den damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Soweit vorgetragen wird, die Beratung im Innenausschuss des Landtages sei wegen einer Vorfestlegung im Koalitionsausschuss nicht mehr offen gewesen, mag die Betrachtung allein der zeitlichen Reihenfolge diesen Eindruck erwecken. Doch ist anerkannt, dass Koalitionsabsprachen, Stimmabgabeempfehlungen und Probeabstimmungen von Fraktionen in zulässiger Weise zur parlamentarischen Willensbildung beitragen und als solche nicht geeignet sind, eine sachwidrige Zwecksetzung des Gesetzgebers zu belegen (vgl. BVerfGE 86, 90, 113; StGH BW, Urt. v. 08.09.1972 - 6/71 -, ESVGH 23, 1, 16 f.). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn eine Koalitionsabsprache darauf abzielte, eine entscheidungserhebliche Diskussion im Parlament von vornherein zu unterbinden; dafür ist hier aber nichts ersichtlich. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte für das bewusste Ausblenden von Nachteilen, die mit der Kreisgebietsreform verbunden sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch SächsVerfGH, Urt. v. 29.05.2009, - Vf. 79-II-08 -, juris Rn. 391).

d) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erforderten die im Laufe des parlamentarischen Verfahrens vorgenommenen Änderungen am Gesetzentwurf keine erneute Anhörung. Wesentliche, ein neuerliches Anhörungserfordernis auslösende Änderungen des Neugliederungsvorhabens können insbesondere weder darin gesehen werden, dass nach den §§ 26 bis 28 LNOG M-V der Personalübergang nunmehr vollständig mit der Kreisneubildung kraft Gesetzes erfolgt, noch in der Änderung des Zeitpunktes für den Aufgabenübergang. Damit werden die Grundlagen der zu treffenden Abwägung nicht erheblich verändert. Anders wäre dies nur zu sehen, wenn etwa der Gesetzgeber das ursprüngliche Reformziel durch ein anderes ersetzt oder die abstrakt-generellen Leitlinien der Reform mehr als nur unerheblich verändert hätte bzw. sich der territoriale oder funktionale Zuschnitt der konkreten Maßnahme gegenüber dem bisherigen Stand mehr als nur geringfügig geändert hätte (vgl. BVerfGE 50, 195, 203; SächsVerfGH, Urt. v. 25.11.2005 - Vf. 119-VIII-04 -, LKV 2006, 169, 170 u. Urt. v. 23.06.1994 - Vf. 4-VIII-94 -, LKV 1995, 115, 116; NdsStGH, Urt. v. 14.02.1979 - StGH 2/77 -, OVGE MüLü 33, 497, LS II.7). Eine Veränderung des Gesetzentwurfs von solchem Gewicht, die die frühere Anhörung hätte ersichtlich ins Leere gehen und eine neue Stellungnahme unter völlig anderen Gesichtspunkten als notwendig erscheinen lassen, kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht angenommen werden.

Dies gilt auch, soweit seitens der kreisfreien Städte herausgestellt wird, gerade sie, die nach der Einkreisung ihre verbleibenden Aufgaben als selbständige Kommune weiterführten, seien von Fragen des Personalübergangs (z. B. Behandlung von „Mitarbeitern mit Querschnittsaufgaben", Organisation Rettungsdienst, Entsorgungsbetriebe u.ä.) in besonderer Weise in ihrer Organisations- und Personalhoheit betroffen. Die vorgenommenen Änderungen bezogen sich nicht auf das Ob des Personalübergangs oder auf dessen Umfang, sondern lediglich auf das Wie und damit Einzelheiten der Abwicklung. Die Änderungen betrafen somit Folgeprobleme, die sich bei jeder derart umfassenden Neugliederung - abhängig von der jeweiligen Ausgangssituation vor Ort - stellen. Spätestens seit dem 2007 gescheiterten Verwaltungsmodernisierungsgesetz von 2006, das ebenfalls schon die Einkreisung der kreisfreien Städte vorgesehen hatte, waren sie den betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften allgemein bewusst und ließen verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu. Dass damit im Sinne der angeführten Rechtsprechung abstrakt-generelle Leitlinien der Reform eine wesentliche Änderung erfahren hätten, ist nicht ersichtlich.

3. Die in den angegriffenen Vorschriften des Kreisstrukturgesetzes vorgesehenen Änderungen der Kreiszuschnitte erfüllen auch die materiellen Anforderungen an eine derartige Reform, insbesondere dienen sie dem Wohl der Allgemeinheit. Diesen unbestimmten Begriff zu konkretisieren ist vorrangig Sache des Gesetzgebers. Innerhalb der von der Landesverfassung vorgegebenen Grenzen hat er die relevanten Belange im Einzelnen zu ermitteln, zu gewichten und zu bewerten sowie die Vor- und Nachteile von Handlungsalternativen in die Abwägung einzustellen. Dies ist hier insgesamt in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geschehen (siehe Urt. v. 18.08.2011 - LVerfG 21/10 -), gilt im Besonderen aber auch mit Blick auf die spezielle Situation der bisher kreisfreien Städte, die von der Beschwerdeführerin in den Vordergrund ihrer Argumentation gestellt wurde. Der Gesichtspunkt des Verlustes der Kreisfreiheit ist hinreichend gewürdigt worden (a). Die Einbeziehung der kreisfreien Städte in die Reform war ebenso wenig von einer speziell auf diese bezogenen Defizitanalyse abhängig zu machen wie die Strukturreform der Kreisebene generell (b) und auch mit der Einkreisung von vier der bisher kreisfreien Städte hat der Gesetzgeber nicht seinem eigenen Regelungssystem zuwidergehandelt im Sinne eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Systemgerechtigkeit (c). Der geltend gemachte Verzicht auf eine „fundierte Erörterung von Eingemeindungen" vermag einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu begründen (d), und der Gesetzgeber hat sich auch in hinreichender Weise mit den Auswirkungen des § 1 Abs. 2 LNOG M-V in allen kommunalen Aufgabenbereichen speziell aus der Sicht der kreisfreien Städte befasst (e). Auch aus anderen Gründen ist das Kreisstrukturgesetz nicht verfassungswidrig (f).

a) Soweit die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren rügt, der Gesetzgeber habe das Gewicht der Kreisfreiheit verkannt, wenn er davon ausgegangen sei, diese habe keine unmittelbare verfassungsrechtliche Bedeutung, kann das Gericht dem nicht folgen.

Da mit der Hansestadt Rostock und der Landeshauptstadt Schwerin zumindest zwei kreisfreie Städte bestehen bleiben, kommt es vorliegend auf die Frage nicht an, ob Art. 72 Abs. 1 LV die Kreisfreiheit jedenfalls als Institution garantiert und wer gegebenenfalls die gänzliche Abschaffung dieses Instituts einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unterziehen lassen könnte.

In der Rechtsprechung ist eine unmittelbare Bedeutung der Kreisfreiheit für Art. 72 Abs. 1 LV in dem Sinne, dass sie Teil des von dieser Vorschrift geschützten Kernbereichs wäre, bisher nicht bejaht worden. Auch ansonsten wird dies, soweit ersichtlich, zu Recht nirgends mehr ernsthaft vertreten (vgl. Koch, Einkreisung kreisfreier Städte, S. 132 ff.).

Der Kreisfreiheit kommt aber ein begrenzter Bestandsschutz zu, vergleichbar dem verfassungsrechtlich grundsätzlich ebenfalls nicht gewährleisteten Schutz des Bestandes der einzelnen Gemeinde (VerfGH NW, Urt. v. 07.01.1975 - VerfGH 64/74 -, OVGE MüLü 30, 312, 313), weil die Einkreisung die bisher kreisfreie Stadt in einem Maße berührt, dass sie mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltung einer besonderen Rechtfertigung bedarf (SächsVerfGH, Beschl. v. 22.04.2008 - Vf. 19-VIII-08 -, BeckRS 2008, 35585).

Einigkeit besteht darüber, dass dieser begrenzte Schutz der Kreisfreiheit keinesfalls weiter gehen kann als der Schutz der kommunalen Selbstverwaltung, wie er Gebietskörperschaften zusteht, die aufgelöst werden sollen. Daraus folgt, dass in jene jedenfalls unter denselben Voraussetzungen eingegriffen werden kann, nämlich aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach Anhörung der Betroffenen (VerfGH NW, a.a.O.; vgl. auch SächsVerfGH, Urt. v. 29.05.2009 - Vf. 79-II-08 -, juris Rn. 310 zur Auflösung von Landkreisen). Davon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen.

Bei der von der Beschwerdeführerin angeführten Formulierung in den Gesetzesmaterialien handelt es sich ersichtlich um eine schlagwortartige, missverständliche Verkürzung aus dem ersten Teil der Begründung der dort in Bezug genommenen Gerichtsentscheidung, die im weiteren Text durchaus in dem dargestellten Sinne genauer ausgeführt worden ist. Landtag und Innenministerium sind auch hinsichtlich der Einkreisung wie bei der Gebietsreform im Übrigen verfahren, indem sie die erforderlichen Anhörungen durchgeführt und die Belange des öffentlichen Wohls umfassend abgewogen haben. Dies alles wäre überflüssig gewesen, wenn der Gesetzgeber tatsächlich angenommen hätte, Art. 72 Abs. 1 LV wäre für die Einkreisung ohne jede Bedeutung und diese bedürfe im Hinblick auf die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung keiner besonderen Rechtfertigung.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bedurfte es keiner vorherigen Untersuchung im Sinne einer sogenannten Defizitanalyse, ob bzw. inwieweit sich bei den bestehenden Kreisgebietsstrukturen Mängel in der Verwaltung oder bei der Versorgung der Bevölkerung gezeigt hätten, die einen besonderen Handlungsbedarf begründeten, und zwar weder bezogen auf die Kreisebene allgemein noch bezogen speziell auf die kreisfreien Städte.

Rechtfertigen die prognostizierten Entwicklungen in der Gesamtschau schon für sich genommen eine Gebietsreform, bedarf es keiner detaillierten Defizitanalyse hinsichtlich der vorhandenen Gebietsstrukturen. Andernfalls wären umfassende Verbesserungen faktisch unmöglich, wenn immer nur defizitär arbeitende Bereiche umstrukturiert werden dürften (vgl. hierzu SächsVerfGH, Urt. v. 29.05.2009 - Vf. 79-II-08 -, juris Rn. 334 f.; vgl. auch HessStGH, Urt. v. 04.05.2004 - P.St.1713 -, juris Rn. 267). Hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit einer Gesamtneugliederung erkannt, steht damit unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls des gesamten Landes ohne weiteres auch die Kreisfreiheit einzelner Städte auf dem Prüfstand.

Die Gesetzesbegründung des Kreisstrukturgesetzes stellt ebenso wie schon die Begründung des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes 2006 hinsichtlich der Notwendigkeit einer Kreisgebietsreform vor allem auf den erheblichen demographischen Wandel in einem Bundesland ab, das innerhalb der Bundesrepublik Deutschland das mit Abstand am dünnsten besiedelte ist, sowie auf die sich absehbar verschlechternde Finanzausstattung. Unter diesen unverändert anzunehmenden schwierigen und auch von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellten Umständen darf sich der Gesetzgeber durch grundlegende Änderungen der allgemeinen Verhältnisse im Land zu einer Gesamtreform veranlasst sehen; er braucht keine Defizitanalyse darüber vorzunehmen, ob und in welcher Beziehung gerade die bestehenden Landkreise und kreisfreien Städte konkret ihre Aufgaben nicht hinreichend erfüllen (so schon LVerfG M-V, Urt. v. 26.07.2007 - LVerfG 9/06 u.a. -, LVerfGE 342, 379). Die Selbstverwaltungsgarantie zwingt den Gesetzgeber nicht, den Eintritt konkreter Missstände abzuwarten, bevor er eine Gebietsreform durchführt, wenn diese schon durch die prognostizierten Entwicklungen des Landes in der näheren Zukunft gerechtfertigt ist. In welcher Weise er die Gesamtreform umsetzt und wie er dabei die Prioritäten setzt, fällt in die Sphäre politischer Entscheidungen, die einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung grundsätzlich entzogen sind (vgl. auch StGH BW, Urt. v. 08.09.1972 - 6/71 -, ESVGH 23, 1, 14: Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, das Stadt-Umland-Problem gleichzeitig mit der Landkreisneugliederung zu lösen).

c) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat der Gesetzgeber mit der Einkreisung von vier der sechs bisher kreisfreien Städte des Landes auch nicht seinem eigenen Regelungssystem zuwidergehandelt im Sinne eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Systemgerechtigkeit. Da er im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung von seinen mit Leitbild und Leitlinien getroffenen Festlegungen nicht ohne rechtfertigenden Grund abgewichen ist, kann die Neugliederungsentscheidung in ihren konkreten Ausgestaltungen auch unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, wie das Gericht in seiner Entscheidung in dem Verfahren auf Antrag von fünf Landkreisen ebenfalls bereits umfassend dargelegt hat (Urt. v. 18.08.2011 - LVerfG 21/10 -).

aa) In der Literatur wie der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte ist mit unterschiedlichem verfassungsrechtlichen Ansatz anerkannt, dass der Gesetzgeber dann, wenn er sich hinsichtlich eines bestimmten Regelungsgegenstandes für ein bestimmtes System oder für bestimmte Strukturprinzipien entschieden hat, dieses System bzw. diese Strukturprinzipien nicht beliebig durchbrechen darf (BVerfGE 125, 175 zur Bindung an die Strukturprinzipien eines selbst gewählten Statistikmodells; BVerfGE 86, 148 zum Länderfinanzausgleich; SächsVerfGH, LKV 2010, 126, 127 und Urt. v. 29.08.2008 - Vf 54-VIII-08 -, NVwZ 2009, 39, 44; LVerfG LSA, Urt. v. 13.06.2006 - LVG 14/05 -, LKV 2007, 125, 127 auch zur diesbezüglichen Darlegungslast; Rothe, Kreisgebietsreform und ihre verfassungsrechtlichen Grenzen, S. 119 f.; Gusy, NJW 1988, 2505, 2508).

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit kann hier schon deswegen nicht festgestellt werden, weil die besondere Struktur von Leitbild und Leitlinien für einen wie hier sehr komplexen Reformansatz zu beachten ist, diese selbst ausdrücklich die Notwendigkeit von Abweichungen hinsichtlich einzelner Elemente bei einer Abwägung widerstreitender Interessen anerkennen und sie den Rahmen dafür vorgeben.

Der Gesetzgeber hat die Kreisstrukturreform verstanden als Teil des Gesamtrahmens der Verwaltungsmodernisierung im Bundesland, wie die Beschlussvorlage LT-Drs. 5/1059 i.d.F. der Änderung gem. LT-Drs. 5/1105 über „Ziele, Leitbild und Leitlinien der Landesregierung für eine Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern" belegt. Dabei handelte es sich um eine komplexe Darstellung der mit der in Angriff zu nehmenden Neugliederungsentscheidung verfolgten Reformziele, verbunden mit der Zusammenfassung verschiedenster Einzelaspekte zu einem Leitbild und einer Vielzahl von Strukturgrundsätzen als Leitlinien, die dabei berücksichtigt werden sollten. Teilweise erfuhren diese einzelnen Parameter - soweit einer solchen Festlegung zugänglich wie etwa die Einwohnerzahl eines neuen Landkreises (175.000 im Jahr 2020) oder dessen Flächenausdehnung (in der Regel nicht größer als 4.000 km2) - eine Konkretisierung durch Zielgrößen.

Offenkundig konnte es sich hierbei nicht um ein einheitliches, verbindliches Raster handeln, das lediglich noch über das Land Mecklenburg-Vorpommern hätte gelegt werden müssen, um - im Sinne eines reinen Rechenvorgangs - als Ergebnis eine neue Landkreisstruktur hervorzubringen, die sämtliche Anforderungen optimal hätte erfüllen und allen beteiligten Interessen in gleicher Weise hätte gerecht werden können. Vielmehr konnte es sich nur um die Rahmensetzung für einen Prozess handeln, in den, vielfach abhängig von Prognosen, notwendigerweise Wertungen und Gewichtungen eingingen und nicht zuletzt auch die im Rahmen einer ergebnisoffenen Anhörung aller betroffenen Interessen gewonnenen Erkenntnisse einfließen sollten. Von Anfang an wurde das Spannungsfeld gesehen, in dem notwendig einzelne Gesichtspunkte zueinander stehen mussten (siehe etwa LT-Drs. 5/1409, S. 7), und die Abhängigkeit einer tragfähigen Lösung davon, wie im Ergebnis die jeweiligen Aspekte im Verhältnis zueinander gewichtet würden. In der Konsequenz hätte jede gewählte Lösung Abweichungen von einzelnen - jeweils aber anderen - abstrakt formulierten Zielgrößen und Zielvorstellungen erfordert.

bb) Die Abweichungen von den Richtgrößen bei den Landkreisen Nordwestmecklenburg, Mecklenburgische Seenplatte und Südwestmecklenburg etwa waren jeweils auf sachlich nachvollziehbare Gründe gestützt, wenn beispielsweise die Unterschreitung der Mindesteinwohnerzahl damit begründet wird, dass diese eher geringfügig sei und weder die Leistungsfähigkeit des Landkreises noch die Homogenität der neu geschaffenen Landkreise bezüglich der Fläche beeinträchtige (Landkreis Nordwestmecklenburg), oder die Überschreitung des Flächenrichtwertes unter Hinweis auf den Strukturgrundsatz 5.1 damit, zwei Ämter (Sternberger Seenlandschaft und Ostufer Schweriner See) hätten nicht vom Rest des derzeitigen Landkreises Parchim abgetrennt werden sollen (Landkreis Südwestmecklenburg). Entsprechendes gilt für die Überschreitung des Flächenrichtwertes von 4.000 km2 bei dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte auf über 5.400 km2. Die für die Teilung des Landkreises Demmin angeführten Gründe sind ebenfalls sachlich nachvollziehbar belegt (vgl. LT-Drs. 5/2683, S. 81 f.).

Dieser Einschätzung widerspricht auch nicht, dass in wenigen Fällen Zuordnungswünschen einzelner Gemeinden oder Ämter ein höheres Gewicht beigemessen wurde als der Einhaltung des 4.000 km2-Richtwertes; auch hierfür sind sachlich nachvollziehbare Gründe anzuerkennen. Im jeweiligen Einzelfall (Ämter Malchin am Kummerower See, Treptower Tollensewinkel, Stadt Dargun, Amt Demmin-Land, Hansestadt Demmin) hat der Gesetzgeber in vertretbarer Weise dem sich aus den Anhörungen betroffener Kommunen ergebenden Stimmungsbild als einem Gesichtspunkt Rechnung tragen dürfen, der ebenfalls, wenn auch nicht vorrangig, für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohls und damit für seine Abwägungsentscheidung von Bedeutung ist. Auch wenn den Leitlinien das Eingehen auf derartige Zuordnungswünsche nicht direkt als Kriterium für den Zuschnitt der neuen Landkreise zu entnehmen ist - unter 5.4 der Leitlinien zu „Abweichungen von den Zielgrößen" sind immerhin u.a. „... infrastrukturelle und naturräumliche Zusammenhänge sowie historische und landsmannschaftliche Verbundenheiten" genannt (LT-Drs. 5/1409, S. 8) - und der Gesetzgeber an ein sich aus Anhörungen betroffener Kommunen ergebendes Stimmungsbild nicht gebunden ist (vgl. hierzu auch BbgVerfG, Beschl. v. 18.11.2004 - VfGBbg 273/03 -, juris Rn. 36 f. m.w.N.), ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass er insoweit dem Grundsatz kommunalfreundlichen Verhaltens Vorrang eingeräumt hat (Urt. v. 18.08.2011 - LVerfG 21/10 -).

Ist so jede einzelne dieser Abweichungen für sich gesehen sachlich gerechtfertigt, lässt sich eine Systemwidrigkeit auch nicht mit der Summe aller Abweichungen von Leitbild und Leitlinien begründen. Ebenso wenig kann in der unterschiedlichen Begründung für einzelne Abweichungen von den Richtgrößen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit gesehen werden (Urt. v. 18.08.2011 - LVerfG 21/10 -). Leitbild und Leitlinien haben nicht die Strukturentscheidung vorab festgelegt, sondern sollten den Weg dahin leiten. Das System der Entscheidungsfindung hat der Gesetzgeber nicht verlassen, weil er bei allen getroffenen Strukturentscheidungen von im Leitbild genannten Gesichtspunkten ausgegangen ist und diese für jeden Kreis miteinander abgewogen hat.

cc) Soweit die Beschwerdeführerin anführt, die Reform verstoße gegen den Grundsatz, die Ober-und Mittelzentren zu stärken, ist schon fraglich, ob die von ihr angenommene strikte Systembindung hinsichtlich des am 24. April 2008 verabschiedeten „Gesamtrahmens für die umfassende Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern", mit dem der Landtag die „Stärkung der Ober- und Mittelzentren durch ein Maßnahmebündel" beschlossen hatte (LT-Drs. 5/2683, S. 228), so überhaupt besteht, insbesondere bezogen auf jedes einzelne bestehende Zentrum. Gleiches gilt für das Landesraumentwicklungsprogramm und Regionale Raumentwicklungsprogramme. Unabhängig davon gibt es keinen Rechtssatz, nach dem nur und ausschließlich stärkende Maßnahmen zulässig wären, nicht aber ein Gesamtpaket („Bündel") von stärkenden und möglicherweise auch schwächenden Elementen - die dafür aber andere Gesichtspunkte stärken - oder eine Zielverfolgung über mehrere getrennte Gesetzesvorhaben hinweg. Oberzentren können nicht die Unantastbarkeit ihres eigenen Status für sich in Anspruch nehmen; vielmehr sind auch sie dem Gemeinwohl verpflichtet. Unzutreffend ist zudem, dass eine Stärkung der Oberzentren nur durch die Kreisfreiheit erreicht werden könnte und nicht auch durch zahlreiche andere Maßnahmen, wozu beispielsweise auch die Zuweisung des Kreissitzes zählen kann. Der Gesetzgeber hat der zentralen Bedeutung der nunmehr eingekreisten Städte nicht zuletzt durch die Verleihung des neu geschaffenen Status einer großen kreisangehörigen Stadt Rechnung getragen (§ 7 Abs. 2 KV M-V n.F.).

Den Städten Rostock und Schwerin hat er aus vertretbaren Gründen den Status einer kreisfreien Stadt belassen; eine Systemwidrigkeit liegt hierin nicht.

d) Ebenso wenig vermag der geltend gemachte Verzicht auf eine „fundierte Erörterung von Eingemeindungen" einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu begründen (zu Alternativlösungen siehe SächsVerfGH, Beschl. v. 22.04.2008 - Vf. 19-VIII-08 -, BeckRS 2008, 35585). Gerade im Hinblick auf die Festlegungen in Einzelfragen hat der Gesetzgeber Alternativen hinreichend in seine Überlegungen mit einbezogen. Dabei gilt, dass Neugliederungsmaßnahmen die Erforderlichkeit erst dann abgesprochen werden darf, wenn Alternativlösungen zur Verwirklichung der mit der Neugliederungskonzeption verfolgten Ziele offensichtlich mindestens gleichermaßen geeignet und zugleich von geringerer Eingriffsintensität in die kommunale Selbstverwaltung als die vom Gesetzgeber gewählte Maßnahme wären (vgl. BbgVerfG, Urt. v. 14.07.1994 - VfGBbg 4/93 -, LKV 1995, 37, 39).

Dies ist hier weder im Einzelnen vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zur angeblichen Schwächung der Mittelzentren gilt das oben Gesagte. Im Übrigen hätte die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Eingemeindungen „zu Lasten Dritter". Deshalb wäre der Gesetzgeber auch nicht verpflichtet, eine grundsätzliche Entscheidung gegen Eingemeindungen umfangreich zu begründen. Hinzu kommt, dass die Argumentation der Beschwerdeführerin die Überlegungen des Gesetzgebers ausblendet, nach denen bei einem Verzicht auf Einkreisungen die Restkreise schwerlich überlebensfähig wären, wenn zusätzlich noch Eingemeindungen in die weiterhin kreisfreien Städte vorgenommen würden.

Dass nach § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 LNOG M-V die Kreistage in Abweichung von den Festsetzungen in §§ 3 bis 8 LNOG M-V mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder die Kreissitze noch anderweitig festlegen können, stellt die hinreichende Abwägung mit Alternativen ebenfalls nicht in Frage, weil sämtliche hierfür in Betracht kommenden Kommunen - nämlich die zum Kreisgebiet gehörenden bisherigen Kreissitze und die bisher kreisfreien Städte - in die vorbereitenden Untersuchungen zu Auswirkungen einbezogen worden sind (vgl. etwa zu den Reisezeiten bezogen auf die in Betracht kommenden Kreissitze LT-Drs. 5/2683, S. 241 ff.). Ebenso wenig vermochte die in § 9 LNOG M-V vorgesehene befristete Optionsmöglichkeit für einzelne Gemeinden eine ordnungsgemäße Abwägung in Frage zu stellen; unabhängig davon ist festzustellen, dass hiervon tatsächlich in keinem Fall Gebrauch gemacht worden ist.

e) Entgegen der Einschätzung der Beschwerdeführerin hat sich der Gesetzgeber auch in hinreichender Weise mit den möglichen Auswirkungen der Einkreisungen gerade auf die spezifischen Aufgabenbereiche der bisher kreisfreien Städte und die Charakteristika der kommunalen Selbstverwaltung befasst, soweit diese Bereiche einer abstrakt-generellen Regelung im Rahmen der Kreisstrukturreform zugänglich sind. Die Beschwerdeführerin weist dabei einmal auf die bürgerschaftlich-demokratische Dimension der kommunalen Selbstverwaltung hin, zum anderen auf einzelne Probleme ihrer internen Behörden- und Betriebsorganisation.

aa) Soweit sie sich in diesem Zusammenhang auf ein dem Planungsrecht entlehntes „Gebot der umfassenden Konfliktbewältigung" beruft und kritisiert, dass die Kreisstrukturreform nicht sämtliche Einzelfragen angemessen aufgegriffen und selbst geregelt habe, geht dies fehl. Auf ein Gesetzgebungsverfahren ist dieser Grundsatz deswegen nicht anwendbar, weil die gesetzliche Regelung eine Vielzahl unterschiedlicher Lebenssachverhalte erfassen muss. Durch die abstrakte Formulierung einer Regelung sollen gerade möglichst alle Besonderheiten zahlreicher Einzelfälle erfasst werden.

Die hier streitige Kreisstrukturreform lässt den Beteiligten zur Umsetzung ihrer Vorgaben bewusst Raum für eine individuelle, den jeweiligen Gegebenheiten angepasste Lösung von Folgefragen in eigener Verantwortung, etwa durch Vereinbarung. Damit wird der Selbstverwaltung eher mehr Freiraum gegeben.

bb) Der Gesetzgeber hat auch die bürgerschaftlich-demokratische Dimension der kommunalen Selbstverwaltung auf Kreisebene ebenso wie auf der Ebene der bisher kreisfreien Städte nicht verkannt und im Rahmen seiner Abwägung das Spannungsverhältnis zwischen dem Bestreben, nachhaltig tragfähige und effiziente Verwaltungsstrukturen zu schaffen, und der Notwendigkeit, die ehrenamtlich ausgeübte kommunale Selbstverwaltung zu erhalten (vgl. hierzu schon LVerfG M-V, Urt. v. 26.07.2007 - LVerfG 9/06 u.a. -, LVerfGE 18, 342, 373), mit vertretbarem Ergebnis berücksichtigt und nicht etwa einseitig zum Nachteil der Selbstverwaltungsbelange aufgelöst. Dabei hat er die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung gerade auch mit Blick auf die Flächenausdehnung der geplanten Kreise gesehen, als Belange in seine Abwägung eingestellt und sich dann aufgrund der besonderen Situation des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der zu erwartenden negativen Entwicklung der Rahmenbedingungen für eine gewisse Bevorzugung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung und damit notwendig zugleich für das teilweise Zurücktreten anderer betroffener Gesichtspunkte, insbesondere der bürgerschaftlich-demokratischen Komponente der kommunalen Selbstverwaltung, entschieden, um die Ausgangslage für die Bewältigung künftiger Belastungen seitens der Verwaltung zu verbessern. Dass damit beispielsweise gewisse Veränderungen im Selbstverständnis der Bürger ehemals kreisfreier Städte notwendig werden würden, durfte der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise in Kauf nehmen.

f) Auch aus anderen Gründen ist das Kreisstrukturgesetz nicht verfassungswidrig, was im Urteil vom heutigen Tage, auf das Bezug genommen wird, im Verfahren auf Antrag von fünf Landkreisen in Anerkennung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers vertiefend ausgeführt ist (Urt. v. 18.08.2011 - LVerfG 21/10 -).

Weder wurden schon nach dem dem Gesetzgebungsvorhaben zugrunde gelegten Leitbild und den Leitlinien kommunale Gebietskörperschaften geschaffen, die - vor allem im Hinblick auf den Richtwert für die künftigen Flächenausdehnungen - den strukturellen Anforderungen des Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV an Kreise generell nicht mehr gerecht würden, noch sieht das Landesverfassungsgericht bei den schließlich gewählten Gebietszuschnitten die Überschaubarkeit unter dem Aspekt der Bürgernähe und Identifikation in einer Weise in Frage gestellt, die dazu führt, dass den neu gebildeten Landkreisen die Eigenschaft von Kreisen i.S. des Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LV abzusprechen wäre.

D.

Auch dem als Hilfsantrag formulierten Begehren der Beschwerdeführerin, § 11 (Funktionsnachfolge) und § 12 (Auseinandersetzung zwischen Landkreisen und eingekreisten Städten) LNOG M-V für nichtig zu erklären, bleibt der Erfolg versagt.

Grundsätzlich können allerdings in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren Hilfsanträge dann gestellt werden, wenn über sie in demselben Verfahren entschieden werden kann und durch die Entscheidung keine weitergehenden materiellen oder prozessualen Rechte Dritter berührt werden; haben sie verfahrenseinleitende Funktion, gelten für sie die gleichen Formerfordernisse wie für den Hauptantrag (Umbach in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 23 Rn. 23; Lechner/Zuck, BVerfGG, 6. Aufl. 2011, § 23 Rn. 14).

I.

Fraglich erscheint hier schon, ob es sich bei dem als Hilfsantrag formulierten Begehren in Verbindung mit der dazu gegebenen Begründung überhaupt inhaltlich um einen eigenständigen (Hilfs-)Antrag handeln kann oder ob dieses Vorbringen nicht eher (lediglich) als zusätzliche Begründungselemente für die seitens der Beschwerdeführerin angenommene Verfassungswidrigkeit des Landkreisneuordnungsgesetzes insgesamt und damit auch der von ihr insbesondere angegriffenen Regelung über ihre Einkreisung zu werten ist. In einem solchen Fall bestünde kein echtes Eventualverhältnis mehr und wäre nur über einen Antrag zu entscheiden (Umbach, a.a.O.).

Jedenfalls bezogen auf § 11 LNOG M-V spricht alles für die Einstufung als weiteres Begründungselement. § 11 Abs. 1 LNOG M-V regelt die Funktionsnachfolge in dem Sinne, dass Aufgaben, für die die Beschwerdeführerin bis zur Einkreisung zuständig war und die auch nicht nach den §§ 14 bis 17 LNOG M-V weiterhin von ihr wahrgenommen werden, auf den Landkreis übergehen, in den die Einkreisung erfolgt; Entsprechendes gilt für die Mitgliedschaft in Zweckverbänden (Abs. 2). In Konsequenz des Aufgabenübergangs werden dann auch anhängige Verwaltungsverfahren durch den Landkreis fortgeführt (§ 11 Abs. 3 Satz 1 LNOG M-V).

Die Beschwerdeführerin fordert demgegenüber, sämtliche derartigen Aufgaben im bisherigen Umfang weiter wahrnehmen zu dürfen. Dieses Begehren ist in vollem Umfang von ihrem Hauptantrag erfasst, denn die Aufgabenfortführung durch die Beschwerdeführerin wäre ohne weiteres gegeben, wenn sie mit ihrem Hauptantrag Erfolg hätte. Umgekehrt ist der Übergang der bisher wahrgenommenen kreislichen Aufgaben auf den Landkreis als Regelfall die notwendige Folge einer als solche verfassungsgemäßen Landkreisneugliederung unter Einschluss der Einkreisung; § 11 LNOG M-V präzisiert dies lediglich. Inwiefern in der Zulassung von Ausnahmen (durch Rückübertragung auf Grund Gesetzes oder einer Vereinbarung), wie sie der Gesetzgeber selbst ausdrücklich vorgesehen oder für die er die rechtlichen Grundlagen geschaffen hat, eine zusätzliche verfassungsrechtlich relevante Beschwer oder gar ein Eingriff in den Kernbereich des Art. 72 Abs. 1 LV liegen sollte, die gesondert angegriffen werden könnten, ist nicht ersichtlich.

Die gleichen Überlegungen greifen aber auch, soweit in § 12 LNOG M-V ebenfalls Folgen des gesetzlich angeordneten Aufgabenübergangs geregelt werden, und zwar in Gestalt von inhaltlichen Vorgaben und Verfahrensmodalitäten für die zu schließenden Vereinbarungen.

II.

Bezogen auf § 12 LNOG M-V hätte das Begehren auch dann, wenn man es als eigenständigen Hilfsantrag betrachtete, keinen Erfolg.

Dem Vortrag der Beschwerdeführerin ist schon nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit (§ 54 LVerfGG) zu entnehmen, welche der einzelnen gesetzlichen Bestimmungen in § 12 LNOG M-V, die höchst Unterschiedliches regeln, hier das herangezogene Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 72 LV - auch insoweit wird dort nicht näher präzisiert - wie verletzen soll.

Im Übrigen lässt die im Wesentlichen unter Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des § 165 Abs. 2 und des § 167 Abs. 2 KV M-V - gemeint ist hier die Neufassung entsprechend Art. 2 Nr. 15 und Nr. 16 Kreisstrukturgesetz - geführte Argumentation der Beschwerdeführerin, ihr stehe ein Anspruch auf Rückübertragung der durch die Einkreisung zunächst verlorenen Aufgabenbereiche zu und dies dürfe nicht vom Wohlwollen des Landkreises abhängig gemacht werden („können"), nicht erkennen, woraus sich verfassungsrechtlich ein solcher Anspruch für den Fall ergeben soll, dass die Einkreisung als solche - wie hier festgestellt - der verfassungsgerichtlichen Prüfung stand hält. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern das in § 12 LNOG M-V abstrakt geregelte Verfahren der Auseinandersetzung zwischen Landkreisen und eingekreisten Städten über den mit der Einkreisung selbst verbundenen - als verfassungsmäßig erachteten - Eingriff hinaus zusätzlich Rechte der Beschwerdeführerin verletzen sollte .

E.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 2 LVerfGG.

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