Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.04.2013 - 3 CE 13.366
Fundstelle
openJur 2013, 23183
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.318,04 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1959 geborene Antragsteller ist Beamter auf Lebenszeit und steht seit 1. April 2009 als Verwaltungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst des Antragsgegners. Seit dem 12. November 2010 ist er durchgehend dienstunfähig erkrankt und legte entsprechende Dienstunfähigkeitsbescheinigungen seines behandelnden Arztes vor.

Mit Gesundheitszeugnis vom 31. März 2011 stellte das Landratsamt R... -Staatliches Gesundheitsamt - anlässlich der vom Antragsgegner erbetenen Überprüfung der Dienstfähigkeit des Antragstellers fest, dass der Antragsteller seine volle Dienstfähigkeit bei Berücksichtigung eines Wiedereingliederungsplans und bei konsequenter Ausnutzung der therapeutischen Ansätze wieder zurückerlangen könne.

In der Folgezeit trat der Antragsteller krankheitsbedingt seinen Dienst nicht wieder an. Mit weiterem Gesundheitszeugnis vom 24. Januar 2012 kam das Staatliche Gesundheitsamt zu dem Ergebnis, dass eine volle Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Antragstellers nunmehr angesichts der Art und Schwere der vorliegenden Befunde – auch bei konsequenter Ausnutzung der therapeutischen Möglichkeiten – in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten sei. Durch eine erneute stationäre Maßnahme vom 2. November bis 14. Dezember 2011 habe keine relevante Besserung der Symptomatik bezogen auf die Dienstfähigkeit erzielt werden können. Der Antragsteller sei von der Klinik als „noch nicht arbeitsfähig“ entlassen worden. Gemäß fachärztlichem Zusatzgutachten vom 11. Januar 2012 sei eine Dienstunfähigkeit – prognostisch für die nächsten zwei Jahre – angegeben worden.

Aufgrund dessen hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 1. Februar 2012 zur beabsichtigten Ruhestandsversetzung ab dem 1. April 2012 wegen Dienstunfähigkeit an und wies auf die Möglichkeit hin, hiergegen bis 8. März 2012 Einwendungen zu erheben.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 beantragte der Antragsteller, ihm den gesamten restlichen Erholungsurlaub und den bis 30. September 2010 angesammelten Dienstzeitausgleich in Höhe von 351:32 Stunden von Donnerstag den 1. März 2012 bis einschließlich Montag, den 10. September 2012 zu gewähren. Eine Dienstunfähigkeitsbescheinigung über den 29. Februar 2012 hinaus legte der Antragsteller nicht mehr vor.

Mit Schreiben vom 15. März 2012 wies der Antragsgegner darauf hin, dass die Inanspruchnahme von Dienstzeitausgleich und Erholungsurlaub voraussetze, dass Dienstfähigkeit bestehe. Es sei jedoch die Dienstunfähigkeit festgestellt worden. Demnach sei keine Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Dienstzeitausgleichs bzw. eines Erholungsurlaubs zu erkennen. Gleichzeitig wurde dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, sich hierzu bis 27. April 2012 zu äußern.

Mit Verfügung vom 15. März 2012 wurde der Antragsteller mit Ablauf des 31. März 2012 in den Ruhestand versetzt.

Gegen die Ruhestandsversetzung erhob der Antragsteller Klage, über die noch nicht entschieden ist.

Mit Schreiben vom 8. November 2012 wies der Antragsteller darauf hin, dass die Klage gegen die Ruhestandsversetzung aufschiebende Wirkung habe und forderte den Antragsgegner auf, die seit 1. April 2012 zu wenig ausbezahlten Bezüge nachzuzahlen.

Am 22. November 2012 beantragte er beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt,

den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, an den Antragsteller für die Zeit ab 1. April 2012 die vollständigen Dienstbezüge auszuzahlen.

Dem Antragsteller stehe sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch zu. Es sei dem Antragsteller nicht zuzumuten, mit einer rechtskräftigen Klärung der in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen möglicherweise bis zu drei oder gar mehr Jahren zu warten. Denn für diesen Zeitraum würde er im Fall eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren keinerlei Zinsen auf die nachzuzahlenden Dienstbezüge erhalten. Auf Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BayBG könne sich der Antragsgegner nicht berufen, der Dienstherr sei im Rahmen des rechtlichen Gehörs verpflichtet, den Beamten die Möglichkeit zu geben, Einwendungen zu erheben. Erst danach dürfe über die Ruhestandsversetzung entschieden werden. Diesem System widerspräche es, wenn die Behörde unter Außerachtlassung der Einwendungen des Beamten seine Ruhestandsversetzung verfüge. Da der Antragsgegner über die Einwände des Antragstellers bis heute nicht entschieden habe, sondern mit Schreiben vom 15. März 2012 lediglich eine „abschließende Entscheidung“ angekündigt habe, müsse von der Anwendung des Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BayBG abgesehen werden.

Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Für den Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung sei bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zweifelhaft. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihm bei einem Zuwarten bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache ein wesentlicher Nachteil oder eine Vereitelung seines Rechts drohe. Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, dass er auf die ungekürzten Bezüge zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen sei. Dasselbe gelte für den behaupteten drohenden Zinsschaden, bei dem schon fraglich sei, ob er überhaupt bestehe. Angaben zu seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, aus denen sich erhebliche finanzielle Nachteile für den Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung entnehmen ließen, habe der Antragsteller nicht gemacht. Abgesehen davon stehe dem Antragsteller auch kein Anordnungsanspruch zur Seite. Dem vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch auf vorläufige Auszahlung der vollen Dienstbezüge nach Erlass der Ruhestandsverfügung stehe Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BayBG entgegen. Danach werde mit dem Ende des Monats, in dem die Versetzung in den Ruhestand dem Beamten zugestellt worden sei bis zu deren Unanfechtbarkeit, die das Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach Art. 70 Abs. 2 Satz 1 BayBG übersteigende Besoldung mit Ausnahme der vermögenswirksamen Leistungen einbehalten. Diese Rechtsfolge trete unmittelbar kraft Gesetzes ein und sei automatische Folge der Ruhestandsversetzung. Der Regelung sei entsprechend der Zielsetzung des Gesetzes immanent, dass die Rechtsfolge sofort – unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung – eintrete und den Betroffenen von ihrem Eintritt ab ein fälliger Anspruch auf die vollen Bezüge zunächst nicht mehr zustehe. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Obwohl Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BayBG keine Ausnahme vom Einbehalt vorsehe, sondern unbedingt formuliert und damit grundsätzlich strikt anzuwenden sei, könne der Eintritt der Rechtsfolge des teilweisen Einbehalts der Besoldung nach einem Teil der Rechtsprechung wegen des individuellen Rechts auf effektiven Rechtsschutz gegen jeden Akt öffentlicher Gewalt nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht frei von der Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung oder Korrektur sein. Danach sei einstweiliger Rechtsschutz gegen den vorläufigen Einbehalt der Besoldung etwa dann zu gewähren, wenn die Versetzung in den Ruhestand ersichtlich rechtsmissbräuchlich erfolgt sei und nur dem Zweck diene, die Rechtsfolge der Besoldungskürzung eintreten zu lassen, oder wenn etwa die Annahme der Dienstunfähigkeit aus der Luft gegriffen bzw. offensichtlich rechtswidrig sei. Einen solchen Fall habe der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht. Eine offensichtliche formelle Rechtswidrigkeit der Ruhestandsversetzung sei nicht erkennbar. Der Antragsteller sei vor der beabsichtigten Ruhestandsversetzung ordnungsgemäß angehört worden. Die vom Antragsteller vorgebrachten Einwendungen seien nicht unberücksichtigt geblieben. Das vom Antragsteller geltend gemachte Begehren, zunächst die noch vorhandenen Urlaubstage und den Dienstzeitausgleich vor Ruhestandsversetzung einzubringen, habe der Antragsgegner angesichts der bereits amtsärztlich festgestellten Dienstunfähigkeit ausgeschlossen. Auch in materieller Hinsicht erweise sich die Ruhestandsverfügung als nicht offensichtlich rechtswidrig. Zum einen könne die vom Antragsteller vorgebrachte Behauptung ausweislich der Dienstunfähigkeitsfolgebescheinigung vom 2. Februar 2012 ab 1. März 2012 wieder dienstfähig gewesen zu sein, die amtsärztlich festgestellte Dienstunfähigkeit des Antragstellers nicht substantiell in Frage stellen. Zum anderen wende sich der Antragsteller – soweit ersichtlich – nur gegen den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zum 1. April 2012, bestreite im Übrigen aber nicht die aktuell (immer noch) bestehende Dienstunfähigkeit. Darüber hinaus begegne auch der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung des Antragstellers mit Ende des Monats März 2012 keinen rechtlichen Bedenken. Die Dienstunfähigkeit sei mit dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 24. Januar 2012 festgestellt worden.

Mit seiner am 15. Februar 2013 eingegangenen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Ein Anordnungsgrund ergebe sich mit Blick auf § 3 Abs. 5 BBesG bereits aus dem Zinsschaden. Unabhängig davon sei nach einer weit verbreiteten Auffassung der Rechtsprechung einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren. Es liege auch ein Anordnungsanspruch vor. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Urteil vom 31. Januar 2013 festgestellt, dass Beamte nach den Maßstäben der Rechtsprechung des EuGH einen Anspruch auf Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen könnten, hätten. Gleiches müsse auch für den Mehrarbeitszeitausgleich gelten. Voraussetzung dafür sei allerdings eine rechtmäßige vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Diese liege hier jedoch nicht vor, denn der Antragsteller habe gegen die beabsichtigte vorzeitige Versetzung in den Ruhestand Einwendungen erhoben. Bei verständiger Würdigung seines Schreibens vom 20. Februar 2012, welches gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung von Urlaub und Dienstzeitausgleich enthalte, könne dies nicht anders gesehen werden. Aus der ärztlichen Folgebescheinigung vom 2. Februar 2012 gehe im Zusammenhang mit dem Antrag vom 20. Februar 2012 hervor, dass der Antragsteller offensichtlich von einer Dienstfähigkeit ab 1. März 2012 ausgehe und für den folgenden Zeitraum einen Anspruch auf Urlaub und Dienstzeitausgleich gestellt habe. In diesem Zusammenhang könne die Frage der Dienstfähigkeit des Antragstellers ab 1. März 2012 offen bleiben, denn der Antragsgegner wäre schon im Hinblick auf die ihm obliegende Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, Nachteile vom Antragsteller abzuwenden und ihm zunächst den beantragten Urlaub ebenso wie den Dienstzeitausgleich zu gewähren und die Ruhestandsversetzung frühestens zu einem Zeitpunkt nach Ablauf dieses Zeitraums auszusprechen. Da dies nicht geschehen sei, könne sich der Antragsgegner nicht auf die rechtswidrige Verfügung der Ruhestandsversetzung vom 15. März 2012 berufen.

Der Antragsgegner beantragte,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Es liege kein Anordnungsgrund vor, denn aus der Beschwerdebegründung lasse sich nicht entnehmen, dass der Antragsteller gegenwärtig oder zukünftig nicht in der Lage sein werde, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, wenn ihm nicht die Dienstbezüge in der seit dem 1. April 2012 einbehaltenen Höhe ausbezahlt würden. Dies gelte auch für den angeblichen, im Falle der Nichtzahlung der vollen Dienstbezüge entstandenen Zinsschaden. Insoweit würde es auf einen Anordnungsanspruch nicht mehr ankommen, ein solcher liege auch nicht vor. Die Ruhestandsversetzung sei in materieller Hinsicht nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil der Antragsgegner das Schreiben des Antragstellers vom 20. Februar 2012 und die ärztliche Folgebescheinigung vom 2. Februar 2012 nicht zum Anlass genommen habe, zunächst Urlaub und Dienstausgleich zu gewähren und erst dann die Ruhestandsversetzungsverfügung zu erlassen. Soweit der Antragsteller auf eine abschließende Entscheidung des Antragsgegners warte, die dieser im Schreiben vom 15. März 2012 angekündigt habe, mache auch das Fehlen dieser Entscheidung die Ruhestandsversetzung nicht rechtswidrig. Der Antragsteller habe von der ihm eingeräumten Möglichkeit, sich bis zum 27. April 2012 zu äußern, keinen Gebrauch gemacht, so dass für den Antragsgegner kein Anlass bestanden habe, von seiner im vorgenannten Schreiben vertretenen Rechtsauffassung abzuweichen. Hierbei sei weiter zu berücksichtigen, dass amtsärztliche Gutachten grundsätzlich gegenüber privatärztlichen Bewertungen Vorrang hätten, so dass sich der Antragsteller nicht mit Bezugnahme auf die ärztliche Folgebescheinigung vom 2. Februar 2012 darauf berufen könne, seine Dienstfähigkeit sei wieder hergestellt. Überdies würde auch für den Fall, dass Urlaub wegen krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit und deswegen verfügter Ruhestandsversetzung nicht mehr genommen werden könne, allenfalls ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung, also auf eine finanzielle Vergütung bestehen können.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Die gegen den angefochtenen Beschluss vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem Antrag des Antragstellers zu entsprechen.

Ob der Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat, kann offen bleiben, jedenfalls fehlt es an einem Anordnungsanspruch.

Die Einbehaltung der das Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach Art. 69 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG übersteigenden Besoldung mit Ausnahme der vermögenswirksamen Leistungen mit dem Ende des Monats, in dem die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt wird, bis zu deren Unanfechtbarkeit ist eine gesetzliche Folge der Anfechtung der Ruhestandsversetzung (Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BayBG). Wird die Versetzung in den Ruhestand unanfechtbar aufgehoben, sind die einbehaltenen Dienstbezüge nachzuzahlen (Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBG). Diesen Nachteil, dass dem Beamten der ggf. nachzuzahlende Betrag nicht zeitgerecht zur Verfügung steht, mutet das Gesetz dem Beamten grundsätzlich zu. Sinn dieser Regelung ist es, dem Beamten die Möglichkeit zu nehmen, durch die Erhebung von Rechtsmitteln gegen die Versetzung in den Ruhestand einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen, der ihn erst zur Ergreifung von Rechtsbehelfen ermutigt (vgl. hierzu OVG NRW B. v. 11.5.1992 –1 B 1167/92 – DÖV 1992, 932). Nach der Gesetzesregelung hat zwar ein Rechtsbehelf gegen die Ruhestandsversetzung aufschiebende Wirkung. Wegen der unmittelbar aus dem Gesetz folgenden besoldungsrechtlichen Regelung des Einbehalts in Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BayBG lässt ein Rechtsbehelf gegen die Ruhestandsversetzung jedoch nicht den vollen Besoldungsanspruch wieder aufleben.

Nur in Ausnahmefällen, etwa wenn die Ruhestandsversetzung ersichtlich rechtsmissbräuchlich ist oder nur dem Zweck dient, die Rechtsfolge der Besoldungskürzung eintreten zu lassen oder wenn die Annahme der Dienstunfähigkeit aus der Luft gegriffen erscheint, lässt ein Teil der Literatur und der Rechtsprechung unter Bezugnahme auf Art. 19 Abs. 4 GG einen Rechtsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung zu (vgl. Plog/Wiedow, BBeamtG, § 44 BBG a.F., Rn. 17 a; OVG NRW B. v. 5.10.2012 – 1 B 790/12 – juris, VG Frankfurt B.v. 21.12.2009 – 9 L 3763/09. F –juris, OVG MV B. v. 27.2.2003 – 2 M 203/02ZBR 2004, 327, insoweit offengelassen). Die gegenteilige Meinung ist der Auffassung, dass die Rechtsfolge der Einbehaltung eines Teils der Besoldung derart zwingend eintrete, dass ein Hinausschieben mittels einstweiliger Anordnung in jedem Falle ausgeschlossen ist (OVG Bremen B. v. 4.11.1988 – OVG 2 B 136/88ZBR 1990, 27; OVG NRW B. b. 11.5.1992 – 1 B 1167/92 – DÖV 1992, 932).

Selbst wenn man der Meinung folgen wollte, dass dem Beamten in Ausnahmefällen ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zusteht, hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Ruhestandsversetzung erweist sich weder als rechtsmissbräuchlich und nur dem Zweck dienend, die Rechtsfolge der Besoldungskürzung eintreten zu lassen, noch erscheint die Annahme der Dienstunfähigkeit aus der Luft gegriffen.

Der Antragsteller wurde zu der beabsichtigten Ruhestandsversetzung mit Schreiben des Antragsgegners vom 1. Februar 2012 angehört. Innerhalb der Monatsfrist hat der Antragsteller mit Schreiben vom 20. Februar 2012 Einwendungen erhoben, indem er beantragt hat, den gesamten restlichen Erholungsurlaub und Dienstzeitausgleich im Zeitraum vom 1. März 2012 bis einschließlich Montag, 10. September 2012 einzubringen. Dies korrespondiert mit der Dienstunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes vom 2. Februar 2012, wonach der Antragsteller nur bis einschließlich 29. Februar 2012 dienstunfähig erkrankt ist. Mit diesen Einwendungen hat sich der Antragsgegner mit Schreiben vom 15. März 2012 auseinandergesetzt, und erläutert, dass die Inanspruchnahme von Dienstzeitausgleich und Erholungsurlaub voraussetze, dass Dienstfähigkeit bestehe. Im Fall des Antragstellers sei jedoch Dienstunfähigkeit festgestellt worden, deshalb könne die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Dienstzeitausgleichs bzw. eines Erholungsurlaubs nicht anerkannt werden. Darüber hinaus wurde dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, sich bis zum 27. April 2012 hierzu zu äußern, wovon der Antragsteller, ausweislich der Akten, keinen Gebrauch gemacht hat. Damit hat der Antragsgegner über die Einwendungen des Antragstellers hinsichtlich der Ruhestandsversetzung entschieden, in dem er dargelegt hat, dass die Einbringung des Resturlaubs sowie eines Dienstzeitausgleichs die Ruhestandsversetzung bei festgestellter Dienstunfähigkeit nicht hinausschieben kann. Weitere Einwendungen hat der Antragsteller nicht erhoben.

Aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 24. Januar 2012 ist der Antragsteller als dienstunfähig anzusehen, da gemäß dem fachärztlichen Zusatzgutachten vom 11. Januar 2012 von Herrn Dr. B. eine Dienstunfähigkeit – prognostisch für die nächsten zwei Jahre – angenommen wurde. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG kann ein Beamter auch dann als dienstunfähig angesehen werden, wenn er infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig wird. Diese Voraussetzungen sind aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 24. Januar 2012 gegeben. Dagegen lässt sich die Dienstfähigkeit des Antragstellers nicht durch ein Auslaufen der seit 12. November 2010 vorgelegten Dienstunfähigkeitsbescheinigungen mit Ablauf des 29. Februar 2012 beweisen. Denn dagegen spricht, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, dass sich der Antragsteller zum einen nur gegen den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zum 1. April 2012 wendet, zum anderen auch nicht die aktuell festgestellte Dienstunfähigkeit substantiiert bestreitet, in dem er eine anderslautende Stellungnahme seines behandelnden Arztes vorlegt. Darüber hinaus gab er auch nicht zu erkennen, dass er den Dienst tatsächlich antreten will.

Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 (Az. 2 C 10/12 - juris) ergibt sich nicht, dass bei vorhandenem Resturlaub der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung hinausgeschoben werden muss. Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts folgt vielmehr das Gegenteil. Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, besteht die Verpflichtung, Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Kommentar § 26 BeamtStG Rn. 6). Die Folge dieser Gesetzeslage ist, dass Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit durch die zwingende Ruhestandsversetzung ihren Urlaub nicht mehr einbringen können und deshalb einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben.

Ein Anspruch auf Hinausschieben des Zeitpunkts der Ruhestandsversetzung zur Einbringung des Erholungsurlaubs und des Mehrarbeitszeitausgleichs folgt auch nicht aus der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG). Die Fürsorgepflicht kann nicht zu Maßnahmen verpflichten, durch die gesetzliche Vorschriften verletzt würden (Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O. § 45 BeamtStG Rn. 195). Es besteht die Verpflichtung, einen dienstunfähigen Beamten in den Ruhestand zu versetzen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG), so dass dieses Gebot nicht durch die Fürsorgepflicht unterlaufen werden kann. Hinsichtlich der aufgrund der Ruhestandsversetzung nicht mehr einbringbaren Urlaubstage steht dem Beamten ein Urlaubsabgeltungsanspruch entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 (a.a.O.) zu. Damit erhält der Antragsteller für diese Urlaubstage, soweit ihm ein Abgeltungsanspruch zusteht, auch eine entsprechende Vergütung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich nicht um einen dauerhaften Anspruch handelt, sondern dieser zeitlich begrenzt ist, bis über die Ruhestandsversetzung rechtskräftig entschieden ist. Insoweit erscheint es angemessen, einen sechsmonatigen Differenzbetrag in Ansatz zu bringen.