KG, Urteil vom 26.03.2013 - 21 U 131/08
Fundstelle
openJur 2013, 22392
  • Rkr:

1. Für einen Rechtsstreit zwischen Grundstücksnachbarn betreffend die Unterlassung immissionsauslösender Handlungen gemäß den §§ 1004, 906 BGB ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, § 13 GVG.

2. Zivilrechtliche Ansprüche betreffend die Unterlassung immissionsauslösender Handlungen kann auch der Besitzer entsprechend den §§ 1004, 906 BGB geltend machen.

3. Die Anwendung der §§ 1004, 906 BGB wird durch § 14 BImschG nur ausgeschlossen, wenn für die immissionsauslösende Anlage ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 4 BImschG in Verbindung mit § 10 BImschG/4.BImschV oder ein vergleichbares Verfahren durchgeführt wurde.

4. Die Häufigkeit und Intensität der Beeinträchtigung des Eigentums im Sinne von § 1004 BGB kann bei Rauchimmissionen auch durch Zeugenbeweis nachgewiesen werden, wenn sich die immissionsauslösende Situation nicht zuverlässig nachstellen lässt. Bei der Würdigung der Zeugenaussage hat das Gericht auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen und darauf, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist.

5. Hat der betroffene Nachbar die Beeinträchtigung und die Ursächlichkeit nachgewiesen, muss der Einwirkende darlegen und beweisen, dass die Beeinträchtigung unwesentlich, bzw. die Benutzung ortsüblich war.

6. Eine unwesentliche Beeinträchtigung durch den Betrieb eines offenen Kamins liegt in der Regel vor, wenn dieser sich auf 8 Tage im Monat mit jeweils 5 Stunden am Tag beschränkt. Für den Fall, dass sich auf einem Grundstück mehrere Kamine befinden, findet eine Addition dieser Werte nicht statt.

7. Der Tenor eines Unterlassungsurteils hinsichtlich Rauchimmissionen kann sich auf ein allgemeines, an dem Gesetzeswortlaut angelehntes Unterlassungsgebot beschränken.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.April 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 36 des Landgerichts Berlin - 36 O. 278/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Kläger zu 6-8 in der Hauptsache erledigt ist.

Die Kosten der Berufungsinstanz hat der Beklagten zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die Kosten des Zwischenvergleichs vom 28.April 2010; diese haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerinnen und Kläger zu 1, 2, 4, 5, 6 und 8 sowie die am 25.08.2006 verstorbene ... sind oder waren ausweislich der vorgelegten Grundbuchauszüge des Amtsgerichts Schöneberg, Grundbuch von ... (K 1, 11 und 12) Nießbraucher, Eigentümer oder Miteigentümer der Grundstücke ...,..., ... und ... in Berlin-Dahlem. Der Kläger zu 3 ist der Ehemann der Klägerin zu 2. Der Kläger zu 7 ist der Testamentsvollstrecker über den Nachlass der ... .

Der Beklagte wohnt nach dem Vorbringen der Kläger seit Frühjahr 2006, nach eigenem Vorbringen seit Anfang 2005 auf dem Grundstück ... in Berlin-Dahlem. Die Grundstücke ... und ... und das Grundstück ... grenzen jeweils an der straßenabgewandten Seite aneinander. Das Grundstück ... befindet sich von der ... aus gesehen schräg hinter dem Grundstück ... neben dem Grundstück ... . Wegen der genauen Lage wird auf das zu den Akten gereichte Kartenblatt ... des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf von Berlin, Abteilung Bauen, Stadtplanung und Naturschutz (K 2) Bezug genommen.

Die Kläger haben vorgetragen, dass sie auf ihren Grundstücken wohnhaft seien, der Kläger zu 3 auf dem seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2, gehörenden Grundstück. Der Beklagte habe unmittelbar nach seinem Einzug mit einer exzessiven Nutzung eines seiner offenen Kamine begonnen. Im Durchschnitt sei der Kamin insbesondere im Winter täglich mehr als 5 Stunden in Betrieb gewesen. Beispielhaft seien die von der Klägerin zu 1 dokumentierten Betriebszeiten in den Monaten Januar bis März 2007 (K 3), Mitte Oktober bis Mitte November 2007 (K 13) und Mitte Januar bis Mitte Februar 2008 (K 14). Der aus dem Kamin austretende Rauch sei scharf, beißend und übelriechend. Die dunkle Verfärbung deute auf die Verwendung unzulässigen Brennmaterials hin. Selbst bei nur schwachem Wind wirke der Rauch während der Betriebszeit auf die Grundstücke, Häuser und Wohnungen der Kläger auch bei geschlossenen Fenstern ein. Dies habe zu einer nicht mehr hinnehmbaren Einschränkung ihrer Lebensqualität und zu Gesundheitsbeeinträchtigungen bei den Klägern geführt.

Nachdem der Beklagte in der Klageerwiderung vom 20.08.2007 die Prozessführungsbefugnis der ursprünglich als Klägerin zu 6 auftretenden Erbengemeinschaft ... beanstandet hat, haben die Kläger im Schriftsatz vom 03.12.2007 erklärt, sie „berichtigen“ die Klage dahingehend, dass Kläger zu 6 Rechtsanwalt ... als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 25.August 2006 verstorbenen ... ist.

Die Kläger haben beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die Zuführung von Rauch und Ruß auf ihre Grundstücke durch den Betrieb seiner Kamine insoweit zu unterlassen, als dieselbe die Benutzung dieser Grundstücke wesentlich beeinträchtigt und durch eine nicht ortsübliche Nutzung des Grundstücks des Beklagten herbeigeführt wird, insbesondere, indem er nicht ausschließlich trockenes stückiges Holz oder Pellets als Brennmaterial verwendet und den Kamin mehr als 6 Stunden pro Woche betreibt,

hilfsweise,

soweit die wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Nutzung des Grundstücks herbeigeführt wird, die Zuführungen durch Maßnahmen zu verhindern, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind;

2. dem Beklagten anzudrohen, für jede Art der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festzusetzen.

Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Kläger zu 2 bis 7 Eigentümer der angeblich betroffenen Nachbargrundstücke seien und dort wohnhaft seien. Ferner hat er bestritten, dass Rauch in unzumutbarer Weise, Menge und Häufigkeit mehr als ortsüblich auf die Grundstücke der Kläger einwirke und zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führe. Er habe kein unzulässiges Brennmaterial verwendet.

Das Landgericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beschlusses vom 19.03.2008 durch richterliche Inaugenscheinnahme der betreffenden Grundstücke und Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Inaugenscheinnahme vom 11.04.2008 Bezug genommen.

Das Landgericht hat ein Urteil verkündet, das in seinem Tenor zu 1 und 2 wie folgt lautet:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Grundstücken ..., ..., ... und ..., sämtlich ... Berlin-Dahlem durch den Betrieb seiner Kamine Rauch und Ruß in einem Maße zuzuführen, der die Benutzung dieser Grundstücke wesentlich beeinträchtigt und durch eine nicht ortsübliche Nutzung seines Grundstücks herbeigeführt wird.

2. Für jede Art der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er beanstandet, dass sich das Landgericht nur auf die subjektiven Wahrnehmungen der Zeugen verlassen habe. Gesundheitsbeeinträchtigungen hätten die Kläger nicht bewiesen. Über die behauptete Ortsüblichkeit der Nutzung des Kamins durch den Beklagten sei kein Beweis erhoben worden. Durch das Urteil werde er in unzulässiger Weise in seinem Grundrecht aus Eigentum verletzt. Wegen des Vorbringens des Beklagten im Einzelnen wird auf den Inhalt seiner Schriftsätze vom 09.07.2008, 31.05.2012, 16.10.2012, 24.10.2012, 30.10.2012, 23.01.2013, 29.01.2013, 05.02.2013, 12.02.2013 21.02.2013 und 12.03.2013 Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend und treten dem Vorbringen des Beklagten nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 22.10.2008, 31.01.2013, 22.02.2013, 25.02.2013, 28.02.2013 und 20.03.2013 entgegen.

Die Klägerin zu 6, der Kläger zu 8 und die Erbengemeinschaft ... haben inzwischen ihr Wohnungseigentum veräußert.

Mit Rücksicht darauf haben die Klägerin zu 6 und die Kläger zu 7 und 8

den Rechtsstreits in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen und beantragt,

auch insoweit unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage anzuweisen.

Die Parteien haben am 28.04.2010 auf Vorschlag des Senats einen Zwischenvergleich geschlossen, wegen dessen genauen Inhalts auf die Sitzungsniederschrift von diesem Tag Bezug genommen wird. Ferner wird auf das Schreiben des Sachverständigen ... vom 26.11.2012 Bezug genommen. Nach Abschluss des Zwischenvergleichs haben die Parteien das Berufungsverfahren bis Oktober 2012 nicht weiter betrieben. Die Kläger haben am 15.12.2008 ein Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 890 ZPO eingeleitet. Danach ist gegen den Beklagten mit Beschluss des Landgerichts vom 05.02.2010 zur Erzwingung des erstinstanzlich ausgeurteilten Unterlassungsanspruchs ein Zwangsgeld von 5.000,00 EUR, ersatzweise Zwangshaft verhängt worden. Die Entscheidung über die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist im Einverständnis mit den Beteiligten bis zum Abschluss der Berufungsinstanz zurückgestellt worden.

B.

I.

Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden und damit zulässig, §§ 517, 519, 520 ZPO. Soweit der Beklagte seine Berufung auch gegen die Erbengemeinschaft ... als Klägerin zu 7 richtet, verkennt er, dass die Erbengemeinschaft entweder zu keinem Zeitpunkt Partei des Rechtsstreits war, sondern (anstelle des in Wahrheit gemeinten Testamentsvollstreckers ...) nur falsch bezeichnet worden ist, oder, wenn die Erbengemeinschaft als Partei aufgetreten war (wovon das Landgericht ausgegangen ist), die Kläger mit ihrer Erklärung im Schriftsatz vom 03.12.2007 eine gemäß den §§ 263, 267 ZPO wirksame Klageänderung vorgenommen haben mit der Folge, dass die Erbengemeinschaft ... zu diesem Zeitpunkt als Partei aus dem Rechtsstreit ausgeschieden und an ihrer Stelle der Testamentsvollstrecker ... als Kläger zu 7 in den Rechtsstreit eingetreten ist. Da der Beklagte dies an keiner Stelle in der Berufung thematisiert, geht der Senat davon aus, dass es sich bei der Angabe der Erbengemeinschaft ... in der Berufungsschrift um ein offensichtliches Versehen handelt und nicht etwa die Erbengemeinschaft als neue Klägerin/Berufungsbeklagte in unzulässiger Weise in den Rechtsstreit einbezogen werden soll. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen einer Partei ist stets davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 14.03.2008, V ZR 16/07). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt insoweit keine unzulässige Berufung, sondern lediglich eine fehlerhafte Rubrumsbezeichnung durch den Beklagten vor, die der Senat im Urteilsrubrum korrigiert hat.

II.

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung dem Unterlassungsanspruch stattgegeben. Die Ausführungen in der Berufung führen zu keiner andern rechtlichen Beurteilung.

1.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sind zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits die ordentlichen Gerichte berufen. Nach § 13 GVG gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind, vor die ordentlichen Gerichte. Hier liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit vor, weil die Kläger weder Aufhebung noch Änderung hoheitlicher Maßnahmen begehren, sondern von dem Beklagten als ihrem Grundstücksnachbarn die Unterlassung von immissionsauslösenden Handlungen verlangen und sich dabei auf die §§ 1004, 906 BGB berufen. Damit bildet das private Nachbarrecht und nicht das öffentliche Recht die Grundlage des Unterlassungsanspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 07.03.1986, V ZR 92/85).

Daran ändern die Erwägungen des Beklagten zu § 14 BImSchG und zu dem Denkmalschutz, unter dem sein Gebäude stehen soll, schon deshalb nichts, weil Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs allein der Sachvortrag des Klägers ist. Damit ist maßgebliches Abgrenzungsmerkmal die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt (BGH, Urteil vom 05.02.1993, V ZR 62/91). Nur dieser bestimmt den Streitgegenstand. Die Einwendungen des Beklagten sind dabei ohne Bedeutung (BGH, Urteil vom 24.06.1985, III ZR 219/83). Ob § 14 BImSchG die Ansprüche aus §§ 1004, 906 BGB ausschließt, ist nicht im Zusammenhang mit der Rechtswegzuständigkeit, sondern im Rahmen der materiell-rechtlichen Prüfung zu untersuchen.

2.

Sämtliche Kläger sind oder waren zur Geltendmachung der vorliegenden Ansprüche aktiv legitimiert. Die Ansprüche beruhen auf den §§ 1004, 906 BGB. Für die Klägerinnen und Kläger zu 2, 4, 5, 6 und 8 finden bzw. fanden diese Vorschriften unmittelbare Anwendung (dazu unten unter 3). Für die Klägerin zu 1 als Nießbraucherin finden diese Vorschriften über § 1065 BGB Anwendung. Für den Kläger zu 3 als Besitzer gelten diese Vorschriften entsprechend § 862 (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 862 Rn.3, 9 m.w.N.). Soweit der Beklagte in der Klageerwiderung mit Nichtwissen bestreitet, dass die Kläger (mit Ausnahme des Testamentsvollstreckers) auf den betreffenden Grundstücken wohnen, reicht dies nicht aus, weil es sich dabei um eine Tatsache handelt, die Gegenstand eigener Wahrnehmung des Beklagten ist, § 138 Abs.4 ZPO. Die betreffenden Grundstücke grenzen unmittelbar aneinander, so dass der Beklagte ohne Weiteres feststellen kann, ob die Kläger auf den Nachbargrundstücken wohnen oder nicht. Für den Kläger zu 7 beruht die Aktivlegitimation auf den §§ 2205, 2212 BGB, da es sich bei dem Unterlassungsanspruch um ein auf die Erbengemeinschaft ... gemäß § 1922 BGB übergangenes Recht der Erblasserin ... handelt, das allein der Testamentsvollstrecker geltend machen kann.

3.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hat seine Grundlage in den §§ 1004, 906 BGB. Danach kann der Eigentümer einer beweglichen oder unbeweglichen Sache im Falle einer Beeinträchtigung seines Eigentums in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes von dem Störer Beseitigung oder, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind, Unterlassung verlangen, sofern keine Duldungspflicht besteht (§ 1004 Abs.2 BGB) oder der Eigentümer bei der Zuführung von unwägbaren Stoffen wie Rauch nur unwesentlich beeinträchtigt wird oder auch im Falle einer wesentlichen Beeinträchtigung diese ortsüblich ist (§ 906 BGB).

a. Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht nach § 14 BImSchG ausgeschlossen. Danach hat eine unanfechtbare immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Folge, dass die Einstellung des Betriebs der genehmigten Anlage auf Grund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Abwehransprüche nicht mehr verlangt werden kann; es können nur Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen. § 14 BImSchG soll damit lediglich den Bestand förmlich genehmigter Anlagen sichern (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. VI/2868, S. 36; BGH, Urteil vom 14.03.2008, V ZR 16/07; Landmann/Rohmer/Rehbinder, Umweltrecht, § 14 BImSchG Rdn. 17). Daher tritt die Ausschlusswirkung nur ein, wenn für die betreffende Anlage ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 4 BImSchG in Verbindung mit § 10 BImSchG/4.BImSchVdurchgeführt wurde. Ein förmliches Genehmigungsverfahren nach diesen Bestimmungen konnte für den betreffenden Kamin, der nach dem Vorbringen des Beklagten lange vor dem Inkrafttreten des Bundesimmissionsschutzgesetzes (18.09.2001) installiert und in Betrieb genommen wurde, nicht stattgefunden haben. Dass ein vergleichbares förmliches Genehmigungsverfahren stattgefunden hat, behauptet der Beklagte nicht. Damit ist der Schutzzweck des § 14 BImSchG hier nicht tangiert.

Aber selbst wenn § 14 BImSchG für die Fälle der vorliegenden Art zur Anwendung käme, wären die Voraussetzungen für die Ausschlusswirkung nicht erfüllt. Denn die Kläger verlangen nicht die vollständige Einstellung des Kaminbetriebs, sondern nur dessen Einschränkung dahingehend, dass eine wesentliche Beeinträchtigung unterbleibt. Mit dem angefochtenen Urteil wird dem Beklagten entgegen seiner Darstellung in der Berufungsbegründung der Kaminbetrieb nicht „praktisch verboten“. Er kann den Kaminbetrieb lediglich nicht betreiben, wann immer und auf welche Weise es ihm beliebt.

Dass derartige, den Betrieb einschränkende Maßnahmen privatrechtlich geltend gemacht werden können, ergibt sich im Übrigen auch aus § 14 Satz 1 letzter Halbsatz BImSchG, wonach Vorkehrungen verlangt werden können, die die damit benachteiligenden Wirkungen ausschließen. Darunter können neben dem Einbau technischer Geräte wie Filter o.ä. auch Einschränkungen im Betrieb wie Reduzierung des Immissionsausschusses verstanden werden.

b. Die Kläger haben eine Beeinträchtigung ihres Eigentums im Sinne von § 1004 BGB durch den Beklagten dargelegt. Diese folgt aus der Häufigkeit der Betriebszeiten eines Kamins auf dem Grundstück des Beklagten und der Intensität der Rauchentwicklung.

aa. Das erstinstanzliche Vorbringen der Kläger zur Häufigkeit der Betriebszeiten des Kamins hat der Beklagten nicht konkret in Abrede gestellt. So hat er nach Vorlage der Aufstellung der Betriebszeiten im Zeitraum vom 12.01.2007 bis 15.03.2007 (K 3), in dem der Kamin an 43 Tagen in Betrieb war, lediglich bestritten, dass Rauch in unzumutbarer Weise, Menge und Häufigkeit mehr als ortsüblich auf Grundstücke der Kläger einwirkt (Klageerwiderung vom 20.08.2007, S.1). Er hat nicht vorgetragen, dass die Angaben in der Aufstellung K 3 falsch seien und an welchen der dort angegebenen Tage kein Kaminbetrieb gegeben war.

Gleiches gilt für den Kaminbetrieb in der Zeit vom 12.01.2008 bis 13.02.2008 (K 18). Aus der vorgelegten Auflistung ergibt sich ein Betrieb des Kamins an 28 Tagen, also nahezu täglich. Auch insoweit hat sich der Beklagte mit dem konkreten Vorbringen der Kläger nicht auseinandergesetzt. Der Beklagte hat allein die von den Beklagten geschilderten Auswirkungen des Kaminbetriebs bestritten, also dass überhaupt Rauch und Ruß auf die Grundstücke der Kläger gelangt ist und dort zu erheblichen Belästigungen geführt hat. Unabhängig davon haben die von den Klägern genannten Zeugen bekundet, dass der Rauch im Winter fast täglich, im Sommer weniger oft (Zeuge ...), öfters, auch täglich (Zeuge ... ...), von morgens bis abends (Zeuge ...), ständig (Zeuge ...), mehrfach in der Woche (Zeugin ...) auf ihre Grundstücke einwirkt. Auch damit ist die Häufigkeit der Immissionen belegt.

Sofern der Beklagte erstmals in der Berufung ausführt, er habe das Zeitfenster eines Kaminbetriebs von sieben bis acht Tagen pro Monat, jeweils bis zu 5 Stunden Dauer in keinem Jahr voll ausgeschöpft, kann dem nicht gefolgt werden. Dies widerspricht den erwähnten Aufzeichnungen (K 3, K 18) und den Zeugenaussagen. Sollte der Beklagte damit meinen, er könne die ihm zuzubilligende Betriebszeit wegen der Anzahl seiner Kamine entsprechend erhöhen, ist dem nicht zu folgen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu der Frage der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung unter B, II, 3 e verwiesen.

bb. Die Intensität der Rauchentwicklung im Sinne einer gemäß § 1004 BGB relevanten Beeinträchtigung ihres Eigentums haben die Kläger zur Überzeugung des Landgerichts und auch des Senats nach einer eingehenden Beweisaufnahme nachgewiesen. Die Zeugen ..., ..., ..., ... und ... haben bekundet, dass der vom Grundstück des Beklagten ausgehende Rauch auf ihre Grundstücke herüberkommt, wo er einen übel riechenden und unerträglichen (Zeuge ...), intensiven, störenden und unangenehmen (Zeuge ...), unerträglich stinkenden (Zeuge ...), penetrant und ätzenden (Zeuge ...), unangenehmen, an eine Müllverbrennungs-anlage erinnernden (Zeugin ...) Geruch entwickelt. Auch unter Berücksichtigung, dass das Wahrnehmungsempfinden und die Sensibilität bei jedem der gehörten Zeugen unterschiedlich ausgeprägt sein kann, ist das Landgericht im Wege freier Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO rechts- und verfahrensfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kläger durch den Betrieb des Kamins des Beklagten in ihrem Eigentum beeinträchtigt sind. Die Erwägungen des Landgerichts zur Glaubwürdigkeit der Zeugen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht hat auch nicht verkannt, dass für die Frage der wesentlichen Beeinträchtigung auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" abgestellt werden muss und darauf, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (BGH, Urteile vom 20.11.1992, V ZR 82/91, vom 20.11.1998, V ZR 411/97, und vom 06.07.2001, V ZR 246/00). Es hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den Zeugen keine Anzeichen für eine besondere Empfindlichkeiten oder eine gestörte Wahrnehmungsfähigkeit vorlägen. Dazu trägt der Beklagte auch in der Berufung nichts Erhebliches vor. Dass die Zeugen aufgrund ihres zum Teil recht fortgeschrittenen Alters in ihrem Geruchssinn derart beeinträchtigt seien, dass sie als Zeugen untauglich seien, ist eine nicht belegte Unterstellung. Der Beklagte wird nicht bestreiten wollen und können, dass auch Menschen fortgeschrittenen Alters im Vollbesitz ihrer physischen und psychischen Kräfte sein können.

cc. Der Einsatz von Messgeräten war damit für die Frage der Beeinträchtigung nicht erforderlich.

dd. Ohne entscheidende Bedeutung ist, dass sich das Landgericht bei dem Ortstermin am 11.04.2008 kein eigenes Bild von Art und Umfang der Immissionen machen konnte, weil eine Inbetriebnahme des Kamins nicht erfolgt ist. Zwar kann es etwa für die Lästigkeit eines Geräuschs, die rechtlich für das Immissionsrecht entscheidend ist, nicht nur auf bestimmte Messwerte, sondern auch auf andere Umstände ankommen, die nur aufgrund einer wertenden Beurteilung durch das erkennende Gericht zu ermitteln sind, so dass eine Ortsbesichtigung geboten ist (BGH, Urteil vom 08.05.1992, V ZR 89/91, OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.1997, 9 U 218/96)). Allerdings kann es etwa bei Geruchsbelästigungen, die sich nicht zuverlässig nachstellen lassen und die bei einem Ortstermin nicht festgestellt wurden, ausreichen, wenn sich das Gericht auf die übrigen Beweismittel stützt und von weiteren Ortsterminen absieht (BGH, Urteil vom 30.10.1998, V ZR 64/98). Letzteres gilt auch für den vorliegenden Fall. Von daher waren weder das Landgericht noch der Senat gehalten, weitere Ortstermine durchzuführen oder den nach dem Zwischenvergleich vom 28.04.2010 beauftragten Sachverständigen erneut zu den betreffenden Grundstücken zu schicken.

ee. Soweit der Beklagte nunmehr behauptet, der beißende und scharfe Geruch sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin zu 5 oder andere Mitbewohner der ... Haushaltsreste, Plastiktüten und Papierrückstände verbrennen, ist dem nicht nachzugehen, weil der Vortrag unsubstantiiert ist, bestritten wird und der Beklagte Beweis hierfür nicht angetreten hat.

ff. Soweit der Beklagte unter Beweisantritt (Parteivernehmung der Klägerin zu 5) behauptet, die - von ihm namentlich nicht benannte - neue Eigentümerin der unter der Klägerin zu 5 liegenden Wohnung habe von dieser Mitte Januar 2013 als Erklärung für den beißenden, ätzenden und qualmenden Rauch in deren Wohnung gehört, sie, die Klägerin zu 5, verbrenne gerade die Weihnachtssachen im Kamin, ist hierüber ebenfalls kein Beweis zu erheben. Selbst wenn die Klägerin zu 5 diese Äußerung bestätigen würde, was angesichts ihres nachhaltigen schriftsätzlichen Bestreitens nicht zu erwarten ist, beträfe dies einen einmaligen Vorgang von Januar 2013, der keine Rückschlüsse auf den Ursprung von Immissionen aus den Jahren 2007, 2008 und später zuließe. Schon gar nicht ließe sich aufgrund eines - unterstellten - einmaligen Fehlverhaltens der Klägerin zu 5 folgern, dass sämtliche Kläger die Gewohnheit haben, Materialien (Verpackung, bedrucktes Papier, Einkaufstüten) in ihren Kaminen zu verbrennen und dabei pestilenzischen Rauch und Geruch zu erzeugen (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 12.03.2013, S. 3 f.).

gg. Soweit der Beklagte unter Beweisantritt (Zeugin ..., Zeuge ...) behauptet, die neue Eigentümerin habe im weiteren Verlauf des damaligen Gesprächs erklärt, der Beklagte sei ihr nach über jahrelangem Bewohnen ihrer neuen Einheiten noch niemals persönlich und auch nicht durch Rauch oder sonstige Immissionen begegnet, während ihr die Klägerin zu 5 im Zusammenhang mit dem Kaminbetrieb das Leben zur Hölle mache, geht dem der Senat ebenfalls nicht nach. Das Vorbringen ist unerheblich, weil aus dem behaupteten Verhalten des Beklagten gegenüber der Zeugin „nach jahrelangem Bewohnen“ keine Rückschlüsse auf ein Verhalten des Beklagten gegenüber den Klägern gezogen werden können. Es ist auch unsubstantiiert, weil nicht dargelegt wird, was die Zeugin unter „jahrelangem Bewohnen“ versteht und welche tatsächlichen Vorgänge zu der Äußerung der Zeugin geführt haben, dass die Klägerin zu 5 ihr im Zusammenhang mit dem Kaminbetrieb das Leben zur Hölle mache.

hh. Unerheblich ist, welche Farbe der Rauch hatte, ob neben den Geruchsimmissionen noch Beeinträchtigungen durch Ruß erfolgt sind und ob die Kläger an ihrer Gesundheit beeinträchtigt wurden. Der Kläger zu 3 hat zwar in erster Instanz vorgetragen, er mache lediglich Gesundheitsbeeinträchtigungen geltend. Darauf hat das Landgericht seine Entscheidung aber nicht gestützt. Wenn dies die Kläger in ihrer Berufungserwiderung hervorheben (Schriftsatz vom 22.10.2008, Seite 9), ist davon auszugehen, dass der Kläger zu 3 jedenfalls konkludent seinen Anspruch auch auf die Begründung des Landgerichts stützt, in der neben § 1004 BGB auch § 862 BGB zitiert und eine Besitzbeeinträchtigung angenommen wird (S. 5 f. des Urteils). Soweit darin eine Klageänderung gemäß § 533 ZPO liegt, hält diese der Senat für sachdienlich, weil dadurch kein neuer Streitstoff eingeführt wird und sogleich über sie entschieden werden kann. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen vor.

c. Die Störereigenschaft des Beklagten ist gegeben. Der Umstand, dass die Einwirkung von einem bestimmten Grundstück ausgeht, macht dessen Eigentümer zwar noch nicht zum Störer; notwendig ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgeht (BGH, Urteil vom 20.11.1992, V ZR 82/91). Dies ist hier aber der Fall. Der Beklagte hat einigen betroffenen Grundstücksnachbarn kommentarlos mitgeteilt, dass der Kamin anbleibe (K 8). Damit hat er hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er den Kaminbetrieb trotz der Einwände aus der Nachbarschaft weiter fortführen und auch eine Fortführung durch Dritte zulassen werde. Dies reicht für seine Eigenschaft als Störer aus.

d. Wiederholungsgefahr besteht, da der Beklagte ein Betreiben des Kamins wie bisher geschehen nach wie vor für zulässig hält und damit auch noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung die objektiv ernsthafte Besorgnis weiterer Störungen besteht.

e. Der Beklagte hat dem ihm obliegenden Nachweis nicht geführt, dass die Kläger die Beeinträchtigungen dulden müssen (zur Darlegungs- und Beweislast: BGH, Urteil vom 05.12.1988, V ZR 26/88, OLG Oldenburg, Urteil vom 29.10.1997, 2 U 166/09).

Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass die Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger nur unwesentlich war. Keiner der Zeugen hat zum Ausdruck gebracht, dass die durch den Kaminbetrieb hervorgerufenen Beeinträchtigungen gering, unter der Lästigkeitsschwelle liegend und damit zu vernachlässigen waren. Der Umstand, dass es sich bei den meisten Zeugen um die Ehegatten der Klägerinnen und Kläger handelt, die auch noch selbst von den Immissionen betroffen sind, führt nicht zu der Wertlosigkeit ihrer Aussagen. Vielmehr ist eine Beeinträchtigung angesichts der örtlichen Verhältnisse (unmittelbar angrenzende Grundstücke) ohne weiteres nachvollziehbar. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass auch der Zeuge ..., der mit keiner der Parteien verheiratet ist und auf dem ebenfalls angrenzenden Grundstück ... wohnt, von einem unnatürlichen, intensiven und störenden Rauch gesprochen hat, der von dem Grundstück des Beklagten gekommen ist. Damit lässt sich mit der Beweisaufnahme eine Unerheblichkeit der Beeinträchtigungen nicht belegen.

Messungen hat der Beklagte weder unmittelbar an der Immissionsquelle noch an der Grundstücksgrenze vorgenommen oder vornehmen lassen. Soweit er beanstandet, dass Messungen von den Klägern nicht veranlasst worden sind, verkennt er, dass diese bereits auf andere Weise eine Beeinträchtigung bewiesen haben und es nach der geschilderten Beweislastverteilung nunmehr an ihm liegt, deren Unwesentlichkeit zu beweisen.

Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 906 Abs.1 Satz 2 und 3 BGB berufen. Danach ist die Beeinträchtigung in der Regel unwesentlich, wenn die in Gesetzen, Verordnungen oder in bestimmten aufgrund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassenen Verwaltungsvorschriften festgesetzten Grenzwerte nicht überschritten werden. Nach § 4 Abs.4 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen, Erste Bundes-Immissionsschutz-Verordnung vom 26.01.2010 (BGBl I, 2010, 38) dürfen offene Kamine nur gelegentlich betrieben werden. In ihnen dürfen nur naturbelassenes stückiges Holz nach § 3 Absatz 1 Nummer 4 oder Presslinge in Form von Holzbriketts nach § 3 Absatz 1 Nummer 5a eingesetzt werden. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12.04.1991, 7 B 10342/91, sowie Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30.11.1993, 7 A 12014/92) bedeutet „gelegentlich“ einen Betrieb von höchstens 8 Tagen im Monat mit jeweils höchstens 5 Stunden. Dem Beklagten ist der Nachweis nicht gelungen, dass er diese Obergrenze auch nur annähernd eingehalten hat. Dass sich auf seinem Grundstück mehrere Kamine befinden, ändert daran nichts. Zum einen geht es im vorliegenden Rechtsstreit nur um einen bestimmten Kamin und zwar um denjenigen, der sich in der Bar befindet (vgl. Protokoll der Ortsbesichtigung vom 11.04.2008, Seite 2). Zum anderen hat der Verordnungsgeber mit der Ersten Bundesimmissionsschutz-Verordnung keine abschließende Regelung zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch den Betrieb offener Kamine getroffen. So dürfte eine atypische Situation vorliegen, wenn mehrere offene Kamine auf engstem Raum betrieben werden und dadurch eine nach der Ersten Bundesimmissionsschutz-Verordnung wirksame Immissionsbegrenzung nicht erreicht werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.1993, a.a.O. Rn. 36, zit. nach juris). Keinesfalls ist es angängig, die Betriebszeiten für einen Kamin wegen vorhandener weiterer Kamine hochzurechnen oder für jeden der auf einem Grundstück vorhandenen Kamine gesondert eine Betriebszeit im Sinne der oben dargestellten Frequenzen zuzubilligen, wie der Beklagte es tut (Schriftsatz vom 29.01.2013, S.6). Damit würde der Schutzzweck der Immissionsschutz-Verordnung umgangen, mit der ein gerechter Ausgleich zwischen dem Interesse an dem Betrieb eines offenen Kamins und den Belangen Dritter herbeigeführt werden soll.

Ob der Beklagte bei dem Betrieb des Kamins auch die weiteren Vorgaben der Ersten Bundesimmissionsschutz-Verordnung eigehalten hat und stets nur zulässiges Brennmaterial eingesetzt hat, ist damit unerheblich, weil bereits die Häufigkeit und Dauer der Betriebszeiten zu der Annahme führt, dass keine unwesentliche Beeinträchtigung vorliegt.

f. Ebenso wenig hat der Beklagte nachweisen können, dass die Beeinträchtigung ortsüblich war.

Ortsüblich im Sinn von § 906 Abs.2 Satz 2 BGB ist eine zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führende Nutzung eines Grundstücks dann, wenn im maßgeblichen Vergleichsbezirk eine Mehrheit von Grundstücken mit nach Art und Umfang annähernd gleich beeinträchtigender Wirkung auf andere Grundstücke benutzt werden. (BGH, Urteil vom 20.11.1992, V ZR 82/91 Rn.52 ff. zit. nach juris).

Für das Vorliegen von Tatsachen, die eine Ortsüblichkeit begründen, ist der Emittent, hier also der Beklagte, vortrags- und beweispflichtig (BGH, Urteil vom 23.09.1990, V ZR 58/89). Dazu reicht die Vorlage eines Schreibens der Bezirksschornsteinfegermeisterin ... vom 09.06.2010 (B 1 zum Schriftsatz vom 24.10.2012) nicht aus, wonach es in der Nähe des Grundstücks des Beklagten 87 Häuser gibt, in denen 54 Kamine betrieben werden. Es kann unterstellt werden, dass diese Kamine nicht nur aus optischen Gründen eingebaut wurden, sondern von den Eigentümern oder Mietern genutzt werden. Auch die Kläger haben eingeräumt, ihre Kamine zu nutzen. Entscheidend ist jedoch, ob durch die Nutzung der Kamine Beeinträchtigungen der Nachbarschaft bewirkt werden, die mit denjenigen vergleichbar sind, die der Beklagte durch den Betrieb eines seiner Kamine hervorruft. Dies lässt sich weder dem erwähnten Schreiben der Bezirksschornsteinfegermeisterin entnehmen noch aus dem behaupteten Fehlverhalten der Klägerin zu 5 herleiten.

III.

Hinsichtlich der Kläger zu 6 bis 8 ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, nachdem sie ihr Eigentum veräußert haben und den Immissionen nicht mehr ausgesetzt sind. Der Hinweis auf § 265 ZPO verfängt nicht. Nach § 265 Abs.2 Satz 1 ZPO hat die Veräußerung der im Streit befindlichen Sache auf den Prozess keinen Einfluss; die Befugnis des Klägers zur Weiterführung des Prozesses wird dadurch nicht berührt (BGH, Urteil vom 30.09.1955, V ZR 140/54). Macht er hiervon Gebrauch, muss er seinen Antrag auf Leistung (bzw. Unterlassung) an den Nachfolger umstellen (Zöller/Greger, ZPO, 29.Auflage, § 265 Rn. 6a). Macht der Kläger hiervon keinen Gebrauch, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Dies hat zur Folge, dass der ursprünglich zulässige und begründete Klageantrag durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit jedenfalls unbegründet geworden ist und damit die Voraussetzungen einer einseitigen Hauptsachenerledigung vorliegen (BGH, Urteil vom 02.03.1999, VI ZR 71/98).

Hinsichtlich der Begründetheit der Unterlassungsansprüche der Kläger zu 6 bis 8 bis zur Veräußerung ihres Eigentums wird auf die Ausführungen zu II Bezug genommen.

IV.

Soweit der Beklagte schließlich noch die Unbestimmtheit des Klageantrags/Urteilstenors beanstandet, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Es handelt sich dabei nicht um eine „Flucht in die Entscheidungsschwäche“ wie der Beklagte meint, sondern um die Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Tenorierung bei Unterlassungsansprüchen aus Geruchsbelästigung (BGH, Urteil vom 30.10.1998, V ZR 64/98). Danach können sich bei Geruchsbelästigungen sowohl der Klageantrag wie auch die Verurteilung auf ein allgemeines an den Gesetzeswortlaut angelehntes Unterlassungsgebot beschränken. Dabei wird in Kauf genommen, dass sich die Auseinandersetzung mangels konkreter Orientierungspunkte in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Anders als etwa bei Lärmimmissionen gibt es bei Geruchs- oder Rauchimmissionen keine Immissionsrichtwerte (vgl. Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm), die ohne Weiteres messbar und zur Grundlage eines Anspruchs oder Vollstreckungstitel gemacht werden können. Daher ist hinzunehmen, dass über die Frage, ob die im Urteilstenor enthaltenen unbestimmten Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen in jenem Verfahren erneute Feststellungen zu treffen sind. Dabei soll sich der Vollstreckungsrichter allerdings an den Vorgaben aus dem Prozessurteil orientieren (vgl. BGH a.a.O.), was hier bei Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriff „gelegentliche Nutzung“ und der dargestellten Beweislastverteilung ohne Weiteres möglich ist.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO und auf der Kostenregelung in dem Zwischenvergleich vom 28.04.2010. Da der Sachverständige ... bei seinen Besichtigungen am 07.03.2012 und am 26.03.2012 keine Feststellungen zur Erheblichkeit des Rauchgeruchs treffen konnte, haben die Kläger gemäß Ziffer 4 Satz 2 des Zwischenvergleichs die Kosten dieses Vergleichs (Anwalts- und Sachverständigenkosten) zu tragen.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs.2 ZPO.