Sofortige Vollziehung des Widerrufs einer Heilpraktikererlaubnis; fehlende berufliche Zuverlässigkeit; Begehung von Straftaten zum Nachteil von Patienten (fehlerhafte Behandlung); Rechtsschutzbedürfnis für Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei gleichzeitig verhängtem strafrechtlichen Berufsverbot
I. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage Au 2 K 12.1300 wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Dem 1947 geborenen Antragsteller wurde erstmals am 1. April 1977 von der Stadt ... eine Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikererlaubnis) erteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts ... vom 3. Juli 1992 wurde der Antragsteller wegen verbotener Behandlung eines Geschlechtsorgans und vorsätzlicher Körperverletzung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt; ihm wurde für die Dauer von zwei Jahren die Ausübung des Heilpraktikerberufs verboten. Der Verurteilung lag u.a. zugrunde, dass der Antragsteller einen Patienten mit einem ärztlich diagnostizierten Hodentumor von einer erforderlichen Operation abgehalten und ihn über mehrere Wochen hinweg lediglich mit entzündungshemmenden Mitteln und Wärme behandelt hatte. Die Regierung von ... nahm daraufhin die dem Antragsteller erteilte Heilpraktikererlaubnis mit Bescheid vom 29. Mai 1995 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Rechtsbehelfe des Antragstellers hiergegen sind ohne Erfolg geblieben (VG Augsburg, U.v. 28.10.1998 - Au 4 K 97.936; BayVGH, B.v. 28.7.2000 – 21 ZB 98.3498 – juris). Da sich der Antragsteller nach seiner Haftentlassung unter Missachtung des gegen ihn verhängten Berufsverbots erneut als Heilpraktiker betätigt hatte, war er zudem mit Urteil des Landgerichts ... vom 15. Oktober 1996 zu einer weiteren Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden.
Das Landgericht ... verurteilte den Antragsteller sodann mit Urteil vom 26. Februar 2003 wegen versuchten und vollendeten Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller, der über erhebliches Vermögen verfügte, im Scheidungsverfahren seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, das Familiengericht und die Sozialhilfeverwaltung über seine wahren wirtschaftlichen Verhältnisse getäuscht und dadurch erhebliche Schäden verursacht hatte.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2003 erteilte das Landratsamt ... dem Antragsteller erneut eine Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass im Hinblick auf die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG und die seit Begehung der Straftaten des Antragstellers verstrichene Zeit eine weitere Versagung der Heilpraktikererlaubnis nicht mehr gerechtfertigt sei; es sei vielmehr davon auszugehen, dass die bisher angenommene Unzuverlässigkeit des Antragstellers nicht mehr vorliege. Daraufhin eröffnete der Antragsteller am 1. August 2003 in ... eine Heilpraktikerpraxis.
Das Amtsgericht ... verurteilte den Antragsteller mit Urteil vom 16. Dezember 2009 schließlich wegen eines Vergehens der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Das Landgericht ... setzte im Berufungsverfahren das Strafmaß auf zwei Jahre, sechs Monate und zwei Wochen fest. Die Revision des Antragstellers hiergegen wurde verworfen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft verwies das Oberlandesgericht ... die Strafsache mit Urteil vom 18. November 2010 im Hinblick auf die unterbliebene Verhängung eines Berufsverbots an das Landgericht zurück. Das Landgericht ... verhängte daraufhin gegen den Antragsteller mit Urteil vom 30. März 2011 ein Berufsverbot für den Beruf des Heilpraktikers mit einer Dauer von vier Jahren. Den Urteilen lag zugrunde, dass der Antragsteller seinem Patienten ..., von dem er wusste, dass er als Epileptiker seit Jahren in klinischer Behandlung war, empfohlen hatte, die ihm wegen dieser Erkrankung ärztlich verordneten Medikamente unmittelbar abzusetzen und ihm stattdessen Tee und Kräuter zur „Entgiftung“ verschrieben hatte. Einwände der Eltern des Patienten gegen eine sofortige Absetzung der Medikamente ohne langsame Herabdosierung zerstreute der Antragsteller unter Hinweis auf seine Sachkunde und Berufserfahrung. Auch bei weiteren Nachfragen der Eltern auf Grund des sich verschlechternden Zustands des Patienten blieb der Antragsteller dabei, dass am Absetzen der Medikamente festzuhalten sei. Der Patient erlitt daraufhin mehrfach epileptische Anfälle; sein Zustand verschlechterte sich im weiteren Verlauf derart, dass er schließlich als Notfall in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, wo er in ein künstliches Koma versetzt wurde und intensivmedizinisch behandelt und beatmet werden musste. Er hatte zuletzt einen sog. „status epilepticus“ erlitten, der nach ärztlichem Gutachten in 20 % der Fälle zum Tode führt und bei dem eine erhebliche Gefahr von Hirnschädigungen besteht. Der Patient konnte erst nach mehreren Wochen wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden; auch danach litt er gelegentlich unter leichten Krampfanfällen.
Der Antragsteller trat nach Rechtskraft der Verurteilung seine Haftstrafe an, aus der er am 22. Januar 2013 entlassen wurde.
Das Landratsamt ... nahm mit Bescheid vom 26. Juni 2012 die dem Antragsteller erteilte Heilpraktikererlaubnis zurück (Ziffer I des Bescheids) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer IV). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die Erlaubnisurkunde nebst allen Abschriften spätestens 14 Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheids zurückzugeben (Ziffer II); falls er dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme, wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR angedroht (Ziffer III). Aus der Verurteilung des Antragstellers ergebe sich, dass dieser die erforderliche sittliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des Heilpraktikerberufs nicht mehr besitze. Er habe seine beruflichen Pflichten grob verletzt, indem er seinen Patienten T. fehlerhaft behandelt und in Kenntnis der Wirkungen dieser Behandlung die Schädigung der Gesundheit des Patienten zumindest billigend in Kauf genommen habe. Der Antragsteller habe trotz seiner früheren einschlägigen Verurteilungen sein Verhalten offensichtlich nicht geändert; es sei daher anzunehmen, dass er sich auch in Zukunft nicht pflichtgemäß verhalten werde. Es seien daher nachträglich Tatsachen eingetreten, die eine Versagung der Heilpraktikererlaubnis rechtfertigten. Der Antragsteller biete keine Gewähr dafür, dass er den Beruf des Heilpraktikers in Zukunft ordnungsgemäß ausüben werde. Er stelle vielmehr eine Gefahr für die Gesundheit der von ihm behandelten Patienten dar, was einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl rechtfertige. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, weil eine Verzögerung des Eintritts der Wirksamkeit der Entscheidung durch das Einlegen von Rechtsmitteln wegen der konkreten Gefahr für die Volksgesundheit nicht hingenommen werden könne.
Der Antragsteller hat am 2. Oktober 2012 gegen den Bescheid vom 26. Juni 2012 Klage erhoben (Verfahren Au 2 K 12.1300); daneben hat er (sinngemäß) beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen und ihm für das Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Eine Begründung seiner Anträge hat er nicht vorgelegt.
Das Landratsamt ... hat für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich statthaft. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in Fällen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat, auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Im vorliegenden Fall ist ein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers daran, dass die aufschiebende Wirkung seiner Klage durch das Gericht wiederhergestellt wird, allerdings nicht erkennbar. Denn der Antragsteller würde den Beruf des Heilpraktikers bis auf Weiteres auch dann nicht wieder ausüben dürfen, wenn er in diesem Verfahren Erfolg hätte, das Gericht also die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen würde. Das Landgericht ... hat nämlich im rechtskräftigen Strafurteil vom 30. März 2011 gegen den Antragsteller ein Berufsverbot nach § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB für die Dauer von vier Jahren verhängt. Der Antragsteller wird also, unabhängig von der sofortigen Wirksamkeit des Widerrufs der Heilpraktikererlaubnis, in den nächsten Jahren ohnehin daran gehindert sein, den Beruf des Heilpraktikers auszuüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person ausüben zu lassen (§ 70 Abs. 3 StGB). Eine vom Antragsteller ausgehende Gefahr für die Gesundheit von Patienten kann daher während der Dauer des Berufsverbots nicht eintreten. Das strafrechtliche Berufsverbot ist mit der Rechtskraft des Strafurteils wirksam geworden, jedoch wird die Zeit, in der der Täter sich in Haft befunden hat, in die Verbotsfrist nicht eingerechnet (§ 70 Abs. 4 Satz 2 StGB). Da der Antragsteller bis zum 22. Januar 2013 inhaftiert war, dürfte die Frist für das vierjährige Berufsverbot erst am 23. Januar 2013 zu laufen begonnen haben. Angesichts des somit noch bis Januar 2017 bestehenden Berufsverbots kann der Antragsteller im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO seine Rechtsposition im Hinblick auf die weitere Ausübung seines bisherigen Berufs nicht verbessern. Der begehrte Rechtsschutz stellt sich vielmehr als nutzlos dar. Ein Rechtsschutzbedürfnis kann der Antragsteller daher für den vorliegenden Antrag nicht geltend machen. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erweist sich somit bereits als unzulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, Rn. 38 vor § 40).
2. Der Antrag wäre jedoch auch unbegründet.
a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 der 1. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (1. DVO) ist eine Erlaubnis „zurückzunehmen“ (nach heutigem Sprachgebrauch: zu widerrufen, vgl. Art. 49 BayVwVfG), wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die eine Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO rechtfertigen würden. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. f der 1. DVO wird eine Erlaubnis dann nicht erteilt, wenn sich aus Tatsachen ergibt, dass dem Antragsteller die sittliche Zuverlässigkeit fehlt, insbesondere, wenn schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen. Als unzuverlässig in diesem Sinn ist ein Heilpraktiker anzusehen, wenn er keine ausreichende Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß unter Beachtung aller in Betracht kommenden Vorschriften und Berufspflichten, insbesondere ohne Straftaten zu begehen, ausüben wird und sich dadurch Gefahren für die Allgemeinheit oder die von ihm behandelten Patienten ergeben; wesentlich dabei ist, dass er infolge seines Fehlverhaltens nicht mehr das für seine Berufsausübung erforderliche Vertrauen genießen kann. Angesichts der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sind hierbei grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2000, a.a.O., Rn. 9).
Das Landratsamt hat seine Entscheidung wesentlich auf das im Strafurteil des Amtsgerichts ... vom 16. Dezember 2009 abgeurteilte Verhalten des Antragstellers gestützt und daraus geschlossen, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des Heilpraktikerberufs nicht mehr besitze, weil er schwere berufsbezogene Verfehlungen begangen habe und auf Grund seines bisherigen Verhaltens anzunehmen sei, dass er sich auch in Zukunft nicht pflichtgemäß verhalten werde, wodurch die Gesundheit von Patienten gefährdet werden könne.
Diese Einschätzung kann nicht beanstandet werden. Der Antragsteller hat durch sein Verhalten bei der Behandlung des Patienten T. erneut gezeigt, dass er entweder nicht willens oder nicht in der Lage ist, elementare Berufspflichten eines Heilpraktikers zu beachten. Eine derartige zentrale Anforderung an einen Heilpraktiker besteht im Hinblick auf die vom Gesetzgeber angestrebte Abwehr von Gesundheitsgefahren darin, im Fall schwerwiegender Erkrankungen, die eine ärztliche Behandlung erforderlich machen, dieser nicht im Wege zu stehen. Ein Heilpraktiker darf das Unterlassen der Inanspruchnahme notwendiger ärztlicher Hilfe nicht veranlassen oder stärken (vgl. BVerfG, B.v. 3.6.2004 – 2 BvR 1802/02 – juris Rn. 21). Charakterliche Zuverlässigkeit und verantwortungsbewusstes Handeln eines Heilpraktikers müssen daher gewährleisten, dass der Patient nicht im Glauben bleibt, eine ärztliche Behandlung werde durch den Heilpraktiker ersetzt. Denn die Vernachlässigung einer notwendigen ärztlichen Behandlung bewirkt eine zwar nur mittelbare, aber erhebliche Gesundheitsgefährdung. Als unzuverlässig ist ein Heilpraktiker daher auch dann anzusehen, wenn er dazu beiträgt, notwendige ärztliche Behandlungen zu verhindern oder auch nur zu verzögern (vgl. VGH BW, B.v. 2.10.2008 – 9 S 1782/08 – juris Rn. 10).
Gemessen an diesen Maßstäben, hat der Antragsteller seine Pflichten dadurch verletzt, dass er den Patienten T. dazu veranlasst hat, auf die diesem ärztlich verordnete Behandlung, insbesondere die Einnahme der ihm verschriebenen Medikamente, zu verzichten und stattdessen seinen eigenen Ratschlägen zu folgen, obwohl er die von einem derartigen Wechsel der Therapie bei der vorliegenden Erkrankung ausgehenden Gefahren hätte kennen müssen. Der Antragsteller hat sich daher über die ärztlich verordnete Behandlung des Patienten erhoben und deren notwendige Fortführung verhindert. Da er wegen einer vergleichbaren Straftat schon einmal verurteilt worden war und daraufhin auch seine Heilpraktikererlaubnis verloren hatte, muss ihm dieser erneute Verstoß gegen seine Berufspflichten bewusst gewesen sein oder hätte er ihn zumindest ohne Weiteres erkennen können. Sein Verhalten bei der Behandlung des Patienten T. zeigt daher, dass der Antragsteller keine ausreichende Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß ausüben wird. Er hat vielmehr durch sein strafbares berufsbezogenes Verhalten jedes Vertrauen in eine zukünftige untadelige Berufsausübung nachhaltig zerstört. Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass das Landratsamt dem Antragsteller bei der Wiedererteilung der Erlaubnis im Jahr 2003 unter Zurückstellung von Bedenken einen Vertrauensvorschuss im Hinblick auf eine zukünftig pflichtgemäße Berufsausübung eingeräumt hatte. Der Antragsteller hat dieses Vertrauen jedoch nachhaltig missbraucht.
Der Widerruf der Heilpraktikererlaubnis als subjektive Berufszulassungsschranke ist auch verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, B.v. 10.5.1988 – 1 BvR 482/84, BVerfGE 78, 179). Das ergibt sich daraus, dass es sich bei der Gesundheit der Bevölkerung um ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut handelt, zu dessen Schutz das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis aufgestellt werden darf. Dabei soll sichergestellt werden, dass die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen im Fall des Bewerbers gewährleistet ist (BVerfG, B.v. 3.6.2004 a.a.O.). Stellt sich nachträglich heraus, dass die Eignung nicht mehr vorliegt, muss die Erlaubnis im öffentlichen Interesse entzogen werden.
Das Landratsamt hat bei seiner Entscheidung auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Zwar darf der Widerruf einer Berufserlaubnis nur die äußerste Maßnahme sein, um beruflichen Verfehlungen zu begegnen; jedoch ließen die vom Amtsgericht Kaufbeuren festgestellten erheblichen Straftaten und die in den Behördenakten dokumentierte Uneinsichtigkeit des Antragstellers der Behörde keine andere Möglichkeit als den Erlaubniswiderruf, um Gefahren für die Gesundheit der Patienten vorzubeugen.
Das Landratsamt war auch nicht durch das vom Landgericht ... nach § 70 Abs. 1 StGB verhängte Berufsverbot gehindert, die Erlaubnis zur Ausübung des Heilpraktikerberufs zu widerrufen und den Antragsteller damit über die Dauer des Berufsverbots hinaus an der Ausübung seines Berufs zu hindern. Insbesondere liegt darin kein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 103 Abs. 3 GG. Denn das Strafgericht hat die Verfehlungen des Antragstellers nicht umfassend aus berufs- und ordnungsrechtlicher Sicht gewürdigt und vor allem nicht auch über die Frage entschieden, ob der Antragsteller für die Ausübung des Heilpraktikerberufs in weiterer Zukunft (nach Ablauf des Berufsverbots) als unzuverlässig anzusehen ist. Diese Entscheidung konnte vom Landratsamt in eigener Zuständigkeit und unabhängig von dem verhängten Berufsverbot getroffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2000, a.a.O., Rn. 12).
Dass das Landratsamt entgegen der Regelung in § 7 Abs. 3 der 1. DVO vor dem Widerruf der Erlaubnis auf die Anhörung des Gutachterausschusses verzichtet hat, stellt zwar einen Verfahrensverstoß dar, würde jedoch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen, da es sich bei dem Widerruf um eine sog. gebundene Entscheidung handelt, die weder vom Votum des Gutachterausschusses noch von Ermessenserwägungen des Landratsamts abhängt (Art. 46 BayVwVfG; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 160).
Die Pflicht zur Herausgabe der Erlaubnisurkunde (Ziffer II des Bescheids) beruht auf Art. 52 BayVwVfG; danach kann eine auf Grund eines Verwaltungsakts erteilte Urkunde, die zum Nachweis von Rechten bestimmt ist, nach unanfechtbarem Widerruf des Verwaltungsakts von ihrem Inhaber zurückgefordert werden. Ein Zwangsgeld konnte gemäß Art. 29, 31 und 36 BayVwZVG für den Fall angedroht werden, dass die Herausgabe der Urkunde nicht (fristgemäß) bewirkt wird.
b) Die im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über dessen Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Wie dargelegt, wird sich der Widerruf der Erlaubnis im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig bzw. den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzend erweisen. Bei der Gegenüberstellung der konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter bei einem Aufschub des Vollzugs, falls sich der Widerruf der Erlaubnis nachträglich als rechtmäßig erweisen sollte, und der konkreten Folgen des Sofortvollzugs für den Antragsteller, falls sich der Widerruf der Erlaubnis nachträglich als rechtswidrig erweisen sollte, überwiegen die Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter, insbesondere hinsichtlich der Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Patienten des Antragstellers. Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass eine mögliche Beschädigung der Gesundheit eines Patienten durch die Behandlung des Antragstellers schwerer wiegt als die einstweilige Hinderung des Antragstellers daran, seiner beruflichen Betätigung nachzugehen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war allerdings aus der Sicht des öffentlichen Interesses derzeit nicht zwingend erforderlich, weil dem Antragsteller eine berufliche Betätigung als Heilpraktiker durch das rechtskräftige Berufsverbot des Strafgerichts ohnehin bis auf Weiteres untersagt ist. Aus demselben Grund stellt die Anordnung der sofortigen Vollziehung für den Antragsteller aber auch keinen über den Widerruf der Erlaubnis hinausgehenden, selbständig belastenden Eingriff in seine Rechte dar; die Anordnung der sofortigen Vollziehung erweist sich daher einerseits als entbehrlich, andererseits aber auch als unschädlich.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher, ebenso wie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (wegen fehlender Erfolgsaussicht, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO), abzulehnen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwert: § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 14.1 des Streitwertkatalogs.