VG Würzburg, Beschluss vom 15.04.2013 - W 4 S 13.145
Fundstelle
openJur 2013, 22091
  • Rkr:

Untersagung einer gewerblichen Sammlung; Gewerbliche Sammlung von Glas, Bekleidung, Textilien, Porzellan, Reifen und Werkzeugen; Bedenken gegen die Zuverlässigkeit; Ordnungsgemäße und schadlose Verwertung; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Aufwendungen selbst.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit der ihr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die gewerbliche Sammlung von Glas, Bekleidung, Textilien, Porzellan und Werkzeugen aus privaten Haushaltungen im Landkreis Würzburg untersagt wurde.

1.

Die Antragstellerin betreibt ein in H... ansässiges Unternehmen mit ca. 9 Mitarbeitern, das nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2003 gewerbliche Sammlungen durchführt.

Mit Schreiben vom 19. September 2012 zeigte die Antragstellerin beim Landratsamt Würzburg die gewerbliche Sammlung nach § 72 Abs. 2 i.V.m. § 18 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen vom 24. Februar 2012 (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) an. Dabei gab sie an, Glas, Bekleidung, Textilien, Porzellan, Reifen und Werkzeuge ganzjährig, und zwar einmal monatlich durch Bereitstellen von Sammelkörben vor Haushalten in einigen Gemeinden des Landkreises Würzburg zu sammeln. Die maximale Jahresmenge der zu erwartenden Abfälle im Sammelgebiet betrage 200 bis 250 t.

Mit Schreiben vom 24. September 2012 erklärte das Landratsamt Würzburg gegenüber der Antragstellerin, die Vielzahl der zur Sammlung angezeigten Abfälle lasse vermuten, dass von ihr ein zum Beigeladenen konkurrierendes System aufgebaut werden solle. Zudem sei anzumerken, dass die aufgeführten Sammelgebiete teilweise nicht im Landkreis Würzburg lägen. Es werde um weitere Ausführungen und Erläuterungen gebeten.

Nach Einholung von Stellungnahmen des Beigeladenen und des Ordnungsamts H... kündigte das Landratsamt Würzburg mit Anhörungsschreiben vom 30. Oktober 2012 der Antragstellerin an, die von ihr angezeigte Sammlung zu untersagen.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erwiderte unter dem 20. November 2012, eine solche Untersagungsverfügung sei rechtswidrig.

2.

Mit Bescheid vom 9. Januar 2013, beim Bevollmächtigten der Antragstellerin eingegangen am 14. Januar 2013, untersagte das Landratsamt Würzburg der Antragstellerin die angezeigte gewerbliche Sammlung (Ziffer I des Bescheids) und ordnete insoweit die sofortige Vollziehung an (Ziffer III des Bescheids).

Zur Begründung führte es aus, die Untersagungsverfügung beruhe auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG. Bei den zur Sammlung vorgesehenen Stoffen handele es sich um Abfall, der gemäß § 17 Abs. 1 KrWG überlassungspflichtig sei. Eine Ausnahme von der Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 2 KrWG liege nicht vor. Der gewerblichen Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen i.S.v. § 17 Abs. 3 KrWG entgegen. Sie verhindere die Erfüllung der dem Beigeladenen als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen und beeinträchtige dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung. Außerdem lägen Tatsachen vor, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Antragstellerin ergäben. Die Antragstellerin habe ferner noch nicht alle erforderlichen Unterlagen eingereicht, um die Zulässigkeit ihrer Sammlung abschließend beurteilen zu können. Die Antragstellerin sei ihrer Darlegungslast nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 und 5 KrWG zu den Verwertungswegen nicht hinreichend nachgekommen. Schließlich entspreche die Untersagungsanordnung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

3.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 14. Februar 2013 Klage (Az. W 4 K 13.144) und stellte am gleichen Tag sinngemäß den Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 9. Januar 2013 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Es sei schon fraglich, ob Altkleider vom Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erfasst würden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht gerechtfertigt, weil von einem überwiegenden öffentlichen Interesse i.S.v. § 17 Abs. 3 KrWG nicht die Rede sein könne. Insbesondere sei die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gefährdet. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin als unzuverlässig eingestuft werde. Die Untersagungsverfügung sei ferner unverhältnismäßig, da sie mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sei und die gewerbsmäßige Tätigkeit der Antragstellerin dadurch in unangemessener Weise einschränke.

4.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verwies sie auf ihre Begründung aus dem streitgegenständlichen Bescheid vom 9. Januar 2013. Ergänzend führte sie aus, eine Zulassung unter Nebenbestimmungen komme im Fall der Antragstellerin nicht in Betracht. Im Übrigen nahm sie Bezug auf die Stellungnahme des Bevollmächtigten des Beigeladenen.

5.

Dieser führte – ohne einen Antrag zu stellen – im Wesentlichen Folgendes aus: Die von der Antragstellerin erfassten Gegenstände seien vom Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erfasst. Die angezeigte Sammlung sei schon deshalb zu untersagen, da wesentliche Nachweise und Unterlagen nicht eingereicht worden seien. Die Sammlung erfasse zudem gemischte Siedlungsabfälle, die nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG überlassungspflichtig seien. Die Antragstellerin habe keinen Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der einzelnen Abfallfraktionen erbracht. Der Sammlung der Antragstellerin stünden überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Sie führe zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungs- und Organisationsverantwortung des Beigeladenen, der ein hochwertiges, haushaltsnahes und flächendeckendes Erfassungs- und Verwertungssystem vorhalte. Unabhängig davon fehle der Antragstellerin die erforderliche Zuverlässigkeit. Die Untersagungsanordnung sei verhältnismäßig.

6.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer I des Bescheids vom 29. November 2012 hat keinen Erfolg.

Bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Interessenabwägung ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 80 RdNr. 147). Nach anderer Auffassung (Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 RdNr. 83 f.) muss sich zwar der Prüfungs- und Entscheidungszeitpunkt wegen der materiell-rechtlichen Akzessorietät der Interessenabwägung mit der des Hauptsacheverfahrens decken, wenn die Interessenabwägung im Hinblick auf die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs vorgenommen wird. Auch danach sind im hiesigen Verfahren allerdings Veränderungen der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, denn bei der streitgegenständlichen Anordnung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt (BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – juris). Diese verbietet der Antragstellerin die gewerbliche Sammlung generell für die Zukunft, erschöpft sich also nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Es ist anerkannt, dass die Verwaltungsgerichte auch im Rahmen der Anfechtungsklage bei der Beurteilung derartiger Dauerverwaltungsakte die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen haben, wenn – wie hier – das materielle Recht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts nicht bestimmt (BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 8 C 2/10NVwZ 2011, 1328).

1.

Der Antrag ist zulässig.

Die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Untersagungsanordnung des Landratsamts Würzburg vom 9. Januar 2013 entfällt, weil die Behörde in Ziffer III des Tenors des Bescheids die in Ziffer I getroffene Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt hat. In diesem Fall kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung wiederherstellen.

2.

Der Antrag ist nicht begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsanordnung ist gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 RdNr. 68). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen.

2.1.

Vorliegend bestehen keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Die Begründung des Sofortvollzugs erfordert besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 RdNr. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 RdNr. 43). Die Begründungspflicht soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27BayVBl. 1999, 465). Die Antragsgegnerin hat schlüssig dargelegt, dass sich das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung aus dem Erfordernis der Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung ergebe und dass ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu befürchten sei, dass die Antragstellerin die Sammlung durchführen und damit vollendete Tatsachen schaffen werde. Diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den vorgenannten Anforderungen. Sie zeigt, dass sich die Antragsgegnerin des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und enthält die Erwägungen, die sie für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich angesehen hat. Ob sie in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.

2.2.

Die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die von der Antragsgegnerin auf § 18 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen vom 24. Februar 2012 (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) gestützte Untersagungsverfügung vom 9. Januar 2013 sind nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung anhand der Akten als äußerst gering anzusehen. Denn die Untersagungsverfügung ist bei derzeitiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung kommt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als lex specialis gegenüber § 62 KrWG in Betracht. Danach hat die Kreisverwaltungsbehörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben (Alt. 1), oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist (Alt. 2).

Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin sowohl nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG als auch gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung erfüllt.

2.2.1.

Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, die angezeigte Sammlung könne von vornherein nicht nach diesen Rechtsgrundlagen untersagt werden, weil die Sammelgüter nicht dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes unterfielen, kann dem nicht gefolgt werden.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Abfälle im Sinne dieses Gesetzes alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt (§ 3 Abs. 2 KrWG). Bei Sachen oder Gegenständen, die der Besitzer nicht mehr nutzen will, weil er sie in einen Abfallsammelbehälter wirft oder sie auf seinem Grundstück aufschichtet mit dem Ziel, sie durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder private Dritte entsorgen zu lassen, liegt in aller Regel eine Abfalleigenschaft vor (Schink/Krappel in Schink/Versteyl, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2012, § 3 RdNr. 47). Anders als die Antragstellerin meint, geht es bei der von ihr angezeigten Sammlung – auch bezüglich Altkleider – nämlich nicht um eine dem Abfallrechtsregime von vornherein entzogene, kostenlose Nutzungsüberlassung und Eigentumsübertragung. Vielmehr wird derjenige, der Gegenstände zur Abholung bereitstellt, regelmäßig jegliches Interesse an den Gegenständen verloren haben und sich ihrer entledigen wollen, indem sie fortgeschafft werden und ihn nicht mehr belasten (vgl. VG Ansbach, U.v. 16.1.2013 – AN 11 K 12.01000 – juris m.w.N.). Die Überlassung der Gegenstände setzt zudem regelmäßig einen Entsorgungsvorgang in Form eines Beseitigungs- oder Verwertungsverfahrens in Gang (vgl. § 3 Abs. 22, 23 und 26 KrWG i.V.m. Anlage 1 und 2 zum KrWG).

Demzufolge unterfallen die von der Antragstellerin angezeigten Sammelgüter dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

2.2.2.

Des Weiteren lassen sich dem Vorbringen der Beteiligten und den Feststellungen des Antragsgegners erhebliche Bedenken an der Zuverlässigkeit der Antragstellerin als Anzeigende und die für Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortliche Person (§ 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG) entnehmen.

Das Ordnungsamt H... hat dem Landratsamt Würzburg in seiner Stellungnahme vom 28. September 2012 mitgeteilt, dass die Antragstellerin nicht als zuverlässig eingestuft werden könne. Insbesondere stelle sie in ganz Deutschland Altkleidercontainer und Sammelkörbe sowohl auf öffentlichen als auch auf privaten Grundstücken ab, ohne hierfür eine behördliche oder privater Erlaubnis eingeholt zu haben (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 – noch unveröffentlicht). In H... selbst habe etwa der dortige Bauhof Wäschekörbe der Antragstellerin einsammeln müssen. Dort sei es zu Beschwerden der Bürger gekommen, da die verteilten Sammelkörbe über zwei Wochen lang vor den Häusern gestanden hätten. Fast täglich gebe es bezüglich der Antragstellerin behördliche Gewerbeauskunftsanfragen. Dass irgendeine Einnahme dem Verein „Kindersuchhilfe e.V.“ zukomme, sei nicht nachgewiesen und werde stark angezweifelt. Die an ihrer Zuverlässigkeit bestehenden Bedenken hat die Antragstellerin weder im behördlichen noch im hiesigen gerichtlichen Verfahren, insbesondere nicht unter Hinweis auf fehlende strafrechtliche Sanktionen gegenüber der Antragstellerin, ausräumen können. Unter den bekannt gewordenen Gegebenheiten bestehen – unabhängig von den der Antragstellerin weiter angelasteten Tatbeständen (z.B. Weigerung zur Vervollständigung von Unterlagen i.S.v. § 18 Abs. 2 KrWG, Verteilung irreführender Handzettel) – nach der von der Kammer zu treffenden Prognoseentscheidung erhebliche Bedenken, dass die Antragstellerin ihre Sammlung so ausführt, dass normative Grundlagen eingehalten werden.

Infolgedessen muss bei derzeitiger summarischer Beurteilung der Sach- und Rechtslage von der Unzuverlässigkeit der Antragstellerin i.S.v. § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ausgegangen werden.

2.2.3.

Unabhängig davon spricht vieles dafür, dass die Untersagungsverfügung vom Landratsamt Würzburg zu Recht auch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt werden konnte, da die von der Antragstellerin angezeigten Abfälle keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung i.S.v. § 17 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugeführt werden. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, und schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.

Dafür, dass die Verwertung ordnungsgemäß und schadlos erfolgt, ist der gewerbliche Sammler darlegungspflichtig. Dies ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG, wonach der Anzeige einer gewerblichen Sammlung eine Darlegung beizufügen ist, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nr. 4 gewährleistet wird. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG dient der Offenlegung der Verwertungswege. Sie sind vom Sammler transparent und nachvollziehbar darzulegen (VG Würzburg, B.v. 16.10.2012 – W 4 S 12.833 – juris). Die Informationsanforderungen des § 18 Abs. 2 KrWG sind auf die Frage auszurichten, ob die jeweilige Sammlung dem Gesetzeszweck und den Zielvorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes widerspricht (Dieckmann/Ingerowski, Rechtsfragen der Anzeige bestehender gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen nach § 72 Abs. 2 KrWG, AbfallR 2013, 12). Die Angaben sollen der Behörde eine umfassende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen ermöglichen (BT-Drucks. 17/6052, S. 88).

Offenbleiben kann, ob die Antragstellerin die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung – wie Antragsgegner und Beigeladener meinen – durch Vorlage eines Vertrags mit dem Verwerter, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiert, nachzuweisen hat (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2012 – 20 CS 12.841 – unter Verweis auf VG Ansbach, B.v. 30.3.2012 – AN 11 S 12.00357 – zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG; VG Ansbach, U.v. 16.1.2013 – AN 11 K 12.00358 – RdNr. 34; alle juris). Selbst wenn bei klassischen Verwertungsabfällen, die werthaltig sind und für die etablierte Verwertungswege bestehen (z.B. Altglas, Altpapier, Altmetall, Alttextilien) grundsätzlich die pauschale und plausible Angabe eines Verwertungswegs als ausreichend erachtet wird (vgl. hierzu Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Ergebnisprotokoll der Dienstbesprechung v. 9.1.2013, S. 6), hat die Antragstellerin dem vorliegend – soweit im Rahmen der summarischen Prüfung ersichtlich – nicht hinreichend Rechnung getragen.

Zwar hat die Antragstellerin mit der in Polen ansässigen Fa. V... ein Entsorgungsunternehmen namentlich bezeichnet und weiterhin angegeben, die Abfälle würden – so wie gesammelt – von dieser Firma befördert und entsorgt. Ungeachtet dessen hat sie damit nicht plausibel darlegen können, dass die von ihr gesammelten Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Die von ihr vorgelegten Unterlagen begründen nämlich aus Sicht der Kammer erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle. Die Fa. V... hat mit Schreiben vom 17. September 2012 gegenüber der Antragstellerin bestätigt, dass sie Altkleider im Umfang von etwa 120 t pro Monat von der Antragstellerin kaufe, sortiere und weiterverarbeite. Da sich die Bestätigung nur auf die Abfallfraktion „Altkleider“ bezieht, bleibt unklar, ob die Fa. V... auch die weiteren von der Antragstellerin angezeigten Abfälle (Glas, Textilien, Porzellan, Reifen und Werkzeuge) abnimmt und verwertet. Außerdem bestehen auch hinsichtlich der Abfallfraktion „Altkleider“ Zweifel an der Richtigkeit der Mengenangabe von 120 Tonnen, zumal in der im selben Schriftstück erfolgten polnischen Übersetzung offenbar nur von etwa 60 Tonnen die Rede ist. Nicht zuletzt geht aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen (Erlaubnisbescheid vom 3. März 2005, geändert durch Bescheide vom 30. Dezember 2005, 23. November 2007 und 7. Juni 2011) nicht hervor, dass der Fa. V... die erforderliche Erlaubnis zum Sammeln, Befördern und Recycling der Abfälle Glas, Porzellan und Reifen erteilt worden ist.

Hinzu kommt, dass im Fall der Antragstellerin die Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 3 KrWG) unklar und unvollständig geblieben sind. Im Schriftsatz vom 2. April 2013 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin zwar entsprechende Angaben nachgereicht. Doch sind diese Angaben unklar und unvollständig. Weder wird zwischen Altkleidern und Textilien differenziert noch lässt sich erkennen, welchen Anteil die gewerblichen Sammlung von Glas am Gesamtvolumen ausmacht. Überdies enthalten die Angaben im Schriftsatz vom 2. April 2013 Abfälle (z.B. Fahrräder und Kinderwägen), die von den in der Anzeige angegebenen Abfallfraktionen überhaupt nicht erfasst werden.

Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang zwar nicht, dass auch der Antragsgegner verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Der Antragstellerin ist aber gesetzlich aufgegeben, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG), insbesondere dabei auch Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung zu machen (BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 – noch unveröffentlicht), was vorliegend – ungeachtet der behördlichen Aufforderung vom 24. September 2012 und der gerichtlichen Verfügung vom 11. März 2013 – nur lückenhaft und nicht in dem geforderten und gebotenen Umfang geschehen ist.

Unter diesen Gegebenheiten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Antragstellerin angezeigten Abfälle durch die gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Infolgedessen kommt es auf die zwischen den Beteiligten weiter umstrittenen Fragen, ob der Sammlung der Antragstellerin überwiegende öffentliche Interessen i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG entgegenstehen sowie ob die von der Antragstellerin gesammelten Gegenstände gefährliche oder gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen enthalten und schon von daher überlassungspflichtig sind (§ 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG), nicht an.

2.2.4.

Die von der Antragstellerin gegen die Verhältnismäßigkeit der Untersagungsanordnung vorgetragenen Bedenken greifen nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht durch.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG der stärkste Eingriff in die Rechte des gewerblichen Abfallsammlers ist. Sie ist mithin im Hinblick auf den sich nach verfassungsrechtlichen Anforderungen (Art. 12 Abs. 1 GG) ergebenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als ultima ratio anzusehen (Dippel in Schink/Versteyl, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2012, § 18 RdNr. 24). Nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG kann die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG sicherzustellen. Eine Untersagung scheidet aus, wenn mit Hilfe von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen sichergestellt werden kann, dass die genannten Voraussetzungen vorliegen. Die vorgenannte Rangfolge als Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, wonach die Behörde die Sammlung (nur dann) zu untersagen hat, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen „anders nicht zu gewährleisten ist“.

Ungeachtet dessen ist hier nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung von der Erforderlichkeit der Anordnung auszugehen, weil kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich ist, das zum selben Ergebnis führen würde. Aufgrund der bestehenden Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Antragstellerin und der unplausiblen Darlegung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ihrer Abfälle konnte das Landratsamt Würzburg die angezeigte Sammlung auch nicht unter den Einschränkungsmöglichkeiten des § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG (Bedingungen, Befristungen oder Auflagen) zulassen (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 – noch unveröffentlicht).

Weiterhin spricht vieles für die Angemessenheit der Untersagungsanordnung, weil das öffentliche Interesse an der Zuverlässigkeit des Sammlers und an der Zuführung der Abfälle zu einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung das Interesse der Antragstellerin am Betreiben der gewerblichen Sammlung überwiegt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 18 Abs. 7 KrWG. Nach dieser Vorschrift ist zwar bei Anordnungen nach § 18 Abs. 5 und 6 KrWG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung zu beachten, soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat. Vorliegend kommt der Antragstellerin allerdings aufgrund der gegen ihre Zuverlässigkeit bestehenden Bedenken und der nicht hinreichenden Darlegung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ihrer Abfälle ein solch schützenswertes Vertrauen nicht zu.

Somit ist die Untersagungsanordnung nach summarischer Beurteilung der Sach- und Rechtslage als verhältnismäßig einzustufen.

3.

Infolgedessen spricht nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage vieles für ein Unterliegen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren.

III.

Nach alldem war der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es nicht der Billigkeit, die ihm entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004, wonach der Streitwert in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des lediglich vorläufigen Charakters der begehrten Entscheidung regelmäßig auf die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden Streitwerts zu beziffern ist.