LG Köln, Urteil vom 15.02.2011 - 3 O 216/10
Fundstelle
openJur 2013, 23933
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger zeichnete mit schriftlicher Erklärung vom 18.11.2002 (Beitrittsvereinbarung vom 18.11./09.12.2002) eine Beteiligung an der G GmbH & Co. Beteiligungs KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) in Höhe von nominal 85.000,00 EUR. Gemäß der Vereinbarung erbrachte der Kläger eine Eigenkapitalleistung in Höhe von 50.373,81 EUR, der Restbetrag sollte über eine Namensschuldverschreibung der Beklagten fremdfinanziert werden. Dementsprechend schlossen die Parteien am 09.12.2002 einen Begebungsvertrag über eine Namensschuldverschreibung zum Nennbetrag von 34.626,19 EUR. Der Nennbetrag sollte an den Zahlungsterminen mit 5,07 % p.a. verzinst werden. Am Folgetag begab der Kläger für die Beklagte eine entsprechende Namensschuldverschreibung, in deren AGB in § 1 Abs. 1 die Zahlungstermine im Einzelnen und unter § 1 Abs. 2 ein effektiver Jahreszins i.H.v. 5,07 % festgelegt wurden. Zu den beiden Vereinbarungen erhielt der Kläger von der Beklagten eine Widerrufsbelehrung mit Datum vom 06.01.2003. In dieser heißt es zum Lauf der Widerrufsfrist:

"Der Lauf der Widerrufsfrist beginnt frühestens am Tag nach der Aushändigung an den Aussteller

(a) dieser vom Treuhänder für den Aussteller handschriftlich unterschriebenen Widerrufsbelehrung

(b) der Vertragsurkunden oder der schriftlichen Anträge (Begebungsvertrag, Namensschuldverschreibung nebst Allgemeinen Bedingungen) oder jeweils einer Abschrift hiervon."

Gemäß Ziffer 2 des Begebungsvertrages erwarb die Beklagte die Namensschuldverschreibung vom Kläger zum Nennbetrag, wobei der für die Übereignung von der Beklagten zu entrichtende Betrag von dieser gemäß Ziffer 3 des Begebungsvertrages an die Fondsgesellschaft gezahlt wurde. Der Kläger hat an die Beklagte auf die Namensschuldverschreibung Zahlungen (Zins- und Tilgungsleistungen) in Höhe von insgesamt 39.892,84 EUR erbracht, wobei diese Zahlungen im Jahre 2005 vollständig erbracht waren.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.05.2010 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Erklärungen zum Begebungsvertrag und zur Namensschuldverschreibung und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung der gegenständlichen Anlage auf. Mit Schreiben vom 02.06.2010 wies die Beklagte den Widerruf zurück und lehnte eine Erstattung des Anlagebetrages ab.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung der Eigenkapitalleistung nebst der Zahlungen auf die Namensschuldverschreibung (50.373,81 EUR + 39.892,84 EUR = 90.266,65 EUR), Zug um Zug gegen Abtretung seiner Beteiligung an der Fondsgesellschaft, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,8-fachen Geschäftsgebühr sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von steuerlichen Nachteilen der Beteiligung freizustellen.

Der Kläger meint, der von ihm erklärte Widerruf sei rechtzeitig erfolgt, da die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß sei. Bei der Namensschuldverschreibung handele es sich um eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 BGB n.F.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 90.266,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung mit nominal 85.000,00 EUR an der G GmbH & Co. Beteiligungs KG;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn als weiteren Schaden außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.759,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2010 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte den Kläger aus allen steuerlichen Nachteilen freizustellen hat, die ihm aus dem Erwerb der unter Ziff. 1 benannten Beteiligung entstehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Widerruf sei verfristet. Ein gesetzliches Widerrufsrecht habe nicht bestanden, da es sich bei der Namensschuldverschreibung nicht um einen Verbraucherdarlehensvertrag handele. Jedenfalls sei die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß. Äußerst hilfsweise beruft sich die Beklagte auf die Verwirkung des angeblichen Widerrufsrechts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche, d.h. die Rückgewähr der von ihm aus seinem Vermögen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die begehrte Feststellung, nicht zu. Der Kläger kann die Rückabwicklung der Beteiligung nicht mehr verlangen, da sein Widerrufsrecht zwar grundsätzlich entstanden, jedoch durch Verwirkung wieder erloschen ist. Dem Kläger stand ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB zu. Eine Widerrufsfrist hatte gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB in der hier anwendbaren Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 nicht zu laufen begonnen, da die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Der Kläger konnte allerdings am 10.05.2010 dieses Widerrufsrecht nicht mehr wirksam ausüben, da es zu diesem Zeitpunkt bereits verwirkt war. Im Einzelnen:

Die vom Kläger begebene Namensschuldverschreibung ist zwar, wie die Beklagte zu Recht ausführt, ein Wertpapier (Rektapapier) und unterfällt den Regelungen der §§ 793 ff. BGB. Über den Begebungsvertrag erlangt die Namensschuldverschreibung den Charakter eines Darlehensvertrages, der in der Namensschuldverschreibung verbrieft wurde. Denn der von der Beklagten an die Fondsgesellschaft gezahlte Nennbetrag der Namensschuldverschreibung stellt die Darlehenssumme dar, die der Kläger durch die Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen an die Beklagte zurückzahlt. Der Annahme eines Darlehens steht nicht entgegen, dass die Darlehensvaluta auf Veranlassung des Klägers (Ziffer 3 des Begebungsvertrages) an die Fondsgesellschaft gezahlt wurde (vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2004, § 491 Rn. 47). Da der Kläger als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB den Begebungsvertrag unterzeichnete und die Beklagte Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB ist, handelt es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag nach § 491 BGB, mit der Folge, dass die §§ 491 ff. BGB zur Anwendung gelangen.

Würde man hier zu einem anderen (Auslegungs-)Ergebnis gelangen, so könnte die Bank durch eine Verbriefung die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB ohne weiteres umgehen. Die Frage, ob es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag nach § 491 BGB handelt, kann aber auch dahinstehen, da über § 506 BGB die vorliegend relevanten Vorschriften der §§ 491a bis 502 BGB zur Anwendung gelangen. Die Namensschuldverschreibung i.V.m. dem Begebungsvertrag kann nämlich jedenfalls als sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe i.S.d. § 506 BGB angesehen werden. Der Auffangtatbestand des § 506 BGB soll den umfassenden Schutz von Verbrauchern im Rahmen von Finanzierungshilfen gewährleisten, was durch § 511 BGB, der die Umgehung der Verbraucherschutzvorschriften zum Gegenstand hat, verdeutlicht wird.

Da der Vertrag im Dezember 2002 abgeschlossen wurde, finden gemäß Art. 229 § 9 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB die §§ 355, 495 BGB Anwendung.

Die Beklagte hat eine den Vorgaben des § 355 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung nicht erteilt und daher den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt.

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (BGH, Urt. v. 10.03.2009 - XI ZR 33/08, Tz. 14 m.w.N. - zitiert nach juris), wobei die Formulierung "frühestens" der Wirksamkeit nicht entgegensteht (BGH, Urt. v. 13.01.2009 - XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709, 711). Der Lauf der Widerrufsfrist hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss also zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zugleich davon abhängt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. Nur dann kann der Verbraucher seine Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen.

Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Angebots der Beklagten ("oder der schriftlichen Anträge") zu laufen. Durch die Formulierung, die Widerrufsfrist beginne "frühestens am Tag nach der Aushändigung an den Aussteller" einer Vertragsurkunde oder der schriftlichen Anträge, entsteht nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O., Tz. 16; in dem vom BGH zu entscheidenden Fall lag eine ähnlich formulierte Widerrufsbelehrung vor) der Eindruck, die Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung der Vertragsanträge der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten mit "Begebungsvertrag" überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde, die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde.

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Widerrufsbelehrung auch deshalb nicht ordnungsgemäß war, weil möglicherweise auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft nicht ordnungsgemäß hingewiesen wurde (hierzu BGH, Urt. v. 23.06.2009 - XI ZR 156/08, Tz. 18 und 19).

Damit hätte der Kläger sein Widerrufsrecht an sich unbegrenzt ausüben können. Denn eine zeitliche Begrenzung des Widerrufsrechts findet sich heute nur noch in § 355 Abs. 4 Satz 1 BGB (spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss. Diese gilt allerdings nicht, wenn die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß war (Abs. 4 Satz 3). Eine dem § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG entsprechende Regelung, wonach das Widerrufsrecht erlosch, wenn die beiderseitigen Verpflichtungen vollständig erfüllt waren, ist in den §§ 355 ff. BGB nicht enthalten. Demnach ist an sich zeitlich nahezu unbegrenzt die Rückabwicklung des Darlehensvertrages und damit auch der Fondsbeteiligung möglich, wenn die Widerrufsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft war (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, NJW 2010, 596, 597). Dem Unternehmer bleibt nur, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nachzuholen und hierdurch die Ausschlussfrist des § 355 Abs. 2 BGB in Gang zu setzen. Auch der Bundesgerichtshof sieht aber, dass Fälle der Verwirkung auszunehmen sind (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 20).

Am 10.05.2010, also dem Tag, an dem der Kläger den Widerruf erklärt hat, hatte er das Recht zum Widerruf jedoch bereits verwirkt. Das Widerrufsrecht unterliegt grundsätzlich der Verwirkung (Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 242 Rn. 91).

Ein Recht ist gemäß § 242 BGB dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Gläubigers berechtigter Weise darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 20.10.1988 - VII ZR 302/87, NJW 1989, 836 m.w.N.). Die erforderliche Dauer des Nichtgeltendmachens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die bloße Untätigkeit des Berechtigten während eines Zeitraumes, der zur kurzfristigen Verjährung nicht ausreicht, führt niemals zum Erlöschen des Anspruchs (BGH, Urt. v. 20.12.1968 - V ZR 97/65, DB 1969, 302 m.w.N.). Der Verwirkung steht es nicht entgegen, dass der Anspruchsberechtigte keine Kenntnis von seinem Recht hatte (BGH, Urt. v. 16.03.2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183, Tz. 8 - zitiert nach juris).

Vorliegend ist die zeitliche Komponente der Verwirkung erfüllt. Die Parteien haben den Vertrag bereits im Jahre 2002 abgeschlossen, der Kläger hat seinen Widerruf erst über sieben Jahre später, nämlich am 10.05.2010 erklärt. Sofern in der Literatur kommentiert ist, bloßer Zeitablauf (z.B. 10 Jahre) reiche an sich nicht aus (vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 242 Rn. 109 m.w.N.), ist dies richtig, weil die Annahme der Verwirkung neben dem Vorliegen des Zeitmoments auch ein Umstandsmoment voraussetzt.

Sein Widerrufsrecht konnte der Kläger ab der Abgabe seiner auf Abschluss des Vertrages gerichteten Erklärung, also ab dem 09.12.2002, spätestens jedoch ab dem Vorliegen der Widerrufsbelehrung vom 06.01.2003 (denn ab diesem Zeitpunkt konnte er Kenntnis von seinem Widerrufsrecht haben) ausüben. Ab diesem Zeitpunkt hatte er die Möglichkeit, den Widerruf zu erklären. Dennoch ließ der Kläger über sieben Jahre verstreichen, bis er den Widerruf erklärte. Im Zeitpunkt seiner Widerrufserklärung war zudem bereits über ein Jahr vergangen, seitdem der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 10.03.2009 (Az. XI ZR 33/08) den Wortlaut einer an entscheidender Stelle nahezu gleichlautenden Widerrufsbelehrung als mit § 355 BGB nicht im Einklang stehend beurteilt hat. Der Annahme der Verwirkung steht die möglicherweise fehlende Kenntnis des Klägers bzw. davon, dass eine Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen hatte, nicht entgegen.

Darüber hinaus ist auch das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment gegeben. Die Beklagte durfte nach dem Verhalten des Klägers davon ausgehen, dass dieser sein Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen werde. Der für die Verwirkung erforderliche Vertrauenstatbestand wurde dadurch geschaffen, dass der Kläger (wie im Übrigen auch die Beklagte) unstreitig bereits im Jahr 2005 sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt hatten und die schuldrechtlichen (nicht im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts stehenden) Ansprüche des Klägers auf Rückzahlung mit Ablauf des 31.12.2008 verjährten, ohne dass der Kläger seine Rechte oder irgendwelche Ansprüche bezüglich der streitgegenständlichen Beteiligung gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Dem steht nach Auffassung der Kammer nicht entgegen, dass die Beklagte die Möglichkeit hatte, gemäß § 355 Abs. 2 BGB die Belehrung nachzuholen und dadurch eine Widerrufsfrist von 1 Monat in Lauf setzen konnte. In Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger über Jahre hinweg gegenüber der Beklagten keinerlei Ansprüche bezüglich des streitgegenständlichen Vertrages geltend machte, bestand für die Beklagte kein Anlass, die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung zu prüfen und gemäß § 355 Abs. 2 BGB zu handeln. Anders lag der Fall etwa in der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des BGH vom 20.05.2003 (XI ZR 248/02, NJW 2003, 2529 f.): In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall war dem Darlehensnehmer überhaupt keine Widerrufsbelehrung erteilt worden. Er hatte also - anders als im vorliegenden Fall - überhaupt keine Kenntnis von einem ihm zustehenden Widerrufsrecht (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 14 -zitiert nach juris). Dies unterscheidet den Fall von dem vorliegend zu beurteilenden entscheidend, da der Kläger des hiesigen Rechtsstreits unstreitig eine Widerrufsbelehrung erhalten hat, die zwar nicht im Einklang mit § 355 BGB stand, ihn aber jedenfalls über das Bestehen eines Widerrufsrechts informiert hat. Auch die weitere vom Kläger herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2007 (Urt. v. 17.10.2006 - XI ZR 205/05, NJW-RR 2007, 257) steht dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Der BGH hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass nichts dafür sprach, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger berechtigterweise darauf vertrauen durfte oder gar darauf vertraut hat, die Kläger würden ihr Widerrufsrecht nicht ausüben. Der Fall war insofern dem hier zu entscheidenden vergleichbar, als die Kläger erst durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfahren konnten, wie dieser das Verhältnis des Widerrufsrechts nach § 5 Abs. HWiG zu dem des § 7 Abs. 2 VerbrKrG auslegt. Anders als hier haben die Kläger bereits 20 Tage nach dieser Entscheidung ihren Widerruf ausgeübt. Vorliegend sind ein Jahr und zwei Monate verstrichen, ehe der Kläger sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Auch unter Berücksichtigung der die Entscheidungen des BGH tragenden Gründe gelangt die Kammer zu der Auffassung, dass vorliegend das Umstandsmoment gegeben ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert: bis 95.000,00 EUR