LG Köln, Urteil vom 22.03.2013 - 90 O 51/13
Fundstelle
openJur 2013, 21273
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

Diese hat auch die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Verfügungsbeklagte beziehungsweise die Streithelferin nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Verfügungsbeklagten bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin war bislang Gas-Konzessionärin im Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten. Am 31.12.2011 endete der Konzessionsvertrag mit der Verfügungsbeklagten, was diese mit Datum vom 28.12.2009 gemäß § 46 Abs. 3 EnWG bekanntgab. Das anschließend von ihr durchgeführte Verfahren zur Neuvergabe des Gas-Konzessionsvertrages endete mit einer Entscheidung zugunsten der Streithelferin, wogegen die Verfügungsklägerin erfolgreich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht Aachen (Aktenzeichen 1 L 286/11) vorging. Nachdem auch die hiergegen gerichteten Beschwerden der Verfügungsbeklagten und der Streithelferin durch Beschluss des OVG NRW vom 10.02.2012 (Aktenzeichen 11 B 1187/11) zurückgewiesen worden waren, weil nach Auffassung des Gerichts eine unzulässige Änderung der Auswahlkriterien während des Vergabeverfahrens vorgelegen hatte, entschloss sich die Verfügungsbeklagte, ein neues Auswahlverfahren durchzuführen.

Nach entsprechender Bekanntmachung vom 29.06.2012 im elektronischen Bundesanzeiger bekundete die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 02.07.2012 ihr Interesse am Abschluss des Konzessionsvertrages, worauf sie mit Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 08.08.2012 unter Mitteilung der Auswahlkriterien für die Vergabe aufgefordert wurde, ein Eingangsangebot einzureichen. Über das daraufhin von der Verfügungsklägerin fristgerecht abgegebene Angebot wurde am 04.10.2012 ein Verhandlungsgespräch geführt. Der anschließenden Aufforderung durch die Verfügungsbeklagte, ein verbindliches Angebot abzugeben, entsprach die Verfügungsklägerin fristgerecht mit Schreiben vom 07.11.2012.

Die Verfügungsbeklagte entschied in der Sitzung ihres Stadtrats vom 14.12.2012 über die Vergabe der Gas-Konzession und erwählte wiederum die Streithelferin. Hierüber unterrichtete sie die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 17.12.2012. Zur Begründung führte sie darin aus, dass die Streithelferin im Hinblick auf die im Verfahren maßgeblichen Auswahlkriterien insgesamt mit der höchsten Punktzahl bewertet worden sei, da sie die Kriterien am besten erfüllt habe. Noch am selben Tag schloss die Verfügungsbeklagte den Gas-Konzessionsvertrag mit der Streithelferin. Erst mit Datum vom 22.12.2012 machte sie ihre Entscheidung über die Neuvergabe der Gas-Konzession auch in der A- Zeitung bekannt.

Am 17.12.2012 bat die Verfügungsklägerin um Einsicht in die Ausschreibungsunterlagen sowie Vergabeakten der Verfügungsbeklagten und ersuchte diese, von dem Abschluss des Vertrages vorerst abzusehen. Hierauf reagierte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 20.12.2012 unter Zurückweisung des Akteneinsichtsantrags wegen berechtigter Geheimhaltungsinteressen der übrigen Bieter. Die Verfügungsklägerin wiederholte ihr Begehren sodann mit Schreiben vom 10.01.2013 in der (zutreffenden) Annahme, dass der Vertrag nunmehr bereits abgeschlossen sei, sowie unter Hinweis darauf, dass nunmehr kein Geheimhaltungsinteresse mehr bestehe. Hierauf antwortete die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 24.01.2013, in dem sie ihre Auswahlentscheidung ergänzend damit begründete, dass dem Angebot der Streithelferin insbesondere bei den Kriterien "Kommunalfreundlichkeit der vertraglichen Endschaftsbestimmung" sowie "EnWG-Zielgewährleistung der vertraglichen Regelung zur Umsetzung eines intelligenten Netzes und Zählerwesens" eine bessere Bewertung erteilt worden sei als dem Angebot der Verfügungsklägerin, und dass dieser Vorzug nicht vollständig durch die bei den übrigen Bewertungskriterien von der Verfügungsklägerin erzielten Punktzahlen kompensiert worden sei.

Bereits mit Schreiben vom 10.01.2013 hatte die Streithelferin von der Verfügungsklägerin die Erklärung der Herausgabebereitschaft bezüglich der Verteilungsanlagen gefordert. Unter dem 01.02.2013 gaben die Verfügungsbeklagte und die Streithelferin eine gemeinsame Erklärung dahingehend ab, dass sie an dem Konzessionsvertrag in der Form des von der Streithelferin abgegebenen Angebots festhielten und den Vertragsschluss vom 17.12.2012 bestätigten.

Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Verfügungsbeklagte habe ihre Verpflichtung zur Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs bereits durch den verfrühten Zuschlag an die Streithelferin verletzt. Wenngleich das strenge Kartellvergaberecht mangels öffentlichen Auftrags im Sinne von § 99 Abs. 1 GWB keine Anwendung finde, folge aus der Rechtsprechung des EuGH zur diskriminierungsfreien Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrer Verfahrensweise die Erlangung gerichtlichen Rechtsschutzes weder vereiteln noch unzumutbar erschweren dürfe. Gemäß Art. 19 Abs. 4, Art. 3 GG in Verbindung mit § 46 EnWG beziehungsweise analog § 101 a Abs. 1 S. 4 GWB hätte die Verfügungsbeklagte mindestens 10 Kalendertage warten müssen, bevor sie den Vertrag mit der Streithelferin hätte schließen dürfen. Jedenfalls ergebe sich eine solche Verpflichtung aus der Entscheidung des VG Aachen im vorangegangenen Verfahren (1 L 113/11), der zufolge die Verfügungsbeklagte nach Mitteilung der Auswahlentscheidung einen ausreichenden Zeitraum hätte abwarten müssen, um die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu ermöglichen. Aus dem Verstoß gegen diese verfahrensrechtlichen Anforderungen resultiere bereits die Unwirksamkeit des Gas-Konzessionsvertrages. Zwar sei auch § 101 b GWB, der diese Rechtsfolge für das strenge Vergaberecht anordne, nicht unmittelbar anwendbar, jedoch ergebe sich dies aus §§ 134, 138 BGB.

Die Verfügungsklägerin macht ferner geltend, die bessere Bewertung des von der Streithelferin vorgeschlagenen Konzessionsvertrages im Bereich der Endschaftsbestimmung habe ihren Grund vermutlich in dem Angebot der Streithelferin gehabt, die Konzessionsabgabe über den Ablauf des Karenzjahres im Sinne von § 48 Abs. 4 EnWG hinaus weiterzuzahlen. Da den Kommunen ein solcher Anspruch jedoch nur aufgrund einer erst nach Ablauf des Konzessionsvertrages mit dem Altkonzessionär getroffenen Vereinbarung zustehen könne und da ohne eine solche Abrede lediglich ein - regelmäßig geringerer - Anspruch gemäß § 812 Abs. 2 BGB bestehe, stelle eine solche Regelung einen Verstoß gegen § 3 KAV dar. Denn es handele sich um einen Vorteil, welcher unter Verstoß gegen das Höchstpreisgebot und Nebensleistungsverbot gewährt werde. Der Gefahr einer hierdurch begünstigten Verzögerung des Wechsels zum Neukonzessionär werde auch durch die konkrete Gestaltung der zwischen der Verfügungsbeklagten und der Streithelferin vereinbarten Fortzahlungsbestimmung nicht hinreichend vorgebeugt.

Ohne die Berücksichtigung dieser gemäß §§ 134, 138 BGB unwirksamen Regelung sei das Angebot der Verfügungsklägerin in Bezug auf die Endschaftsbestimmung als deutlich vorteilhafter einzustufen, da dieses sich für die Festlegung des Übernahmeentgelts an dem von den Kommunen regelmäßig präferierten Ertragswert orientiere, ferner ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren und umfassende Kündigungsmöglichkeiten nach Ablauf von 8 Jahren vorsehe. Jedenfalls sei der mit der Streithelferin abgeschlossene Konzessionsvertrag gemäß §§ 134, 138 BGB insgesamt unwirksam, da eine Reduktion auf das gesetzlich zulässige Maß der Konzessionsabgaben schon aus wettbewerblichen Gründen nicht in Betracht komme.

Unabhängig davon ist die Verfügungsbeklagte nach Auffassung der Verfügungsklägerin gehalten, die Zuverlässigkeit der Streithelferin erneut zu überprüfen, nachdem diese auf ungeklärtem Wege in den Besitz des als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gekennzeichneten Angebots der Verfügungsklägerin gelangt sei.

Der Verfügungsgrund liegt nach Auffassung der Verfügungsklägerin darin, dass ohne eine einstweilige Regelung vollendete Tatsachen geschaffen würden. Dies zeige bereits die von der Streithelferin an die Verfügungsklägerin gerichtete Aufforderung vom 10.01.2013 unter Bezugnahme auf eine zwischen ihr und der Verfügungsbeklagten getroffene Abtretungsvereinbarung. Die hierdurch eintretende Situation könne durch einen Schadensersatzanspruch nicht oder nur unangemessen ausgeglichen werden.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

es der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 € pro Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Verfügungsbeklagten, vorläufig zu untersagen,

1. den augenscheinlich mit der Streithelferin am 17.12.2012 geschlossenen Gas-Konzessionsvertrag durchzuführen und umzusetzen, bis in einem unverzüglich durch die Antragstellerin anzustrengenden Hauptsacheverfahren über die rechtliche Wirksamkeit des angeblichen Gas-Konzessionsvertrages vom 17.12.2012 rechtskräftig entschieden worden ist;

2. auf das vorliegende Schlussangebot der Streithelferin zum Abschluss eines Gas-Konzessionsvertrages mit der Verfügungsbeklagten erneut einen Zuschlag zu erteilen, bevor sie die vorliegenden Schlussangebote der Verfügungsklägerin und der Streithelferin jeweils vom November 2012 erneut anhand der von der Verfügungsbeklagten bekannt gemachten gewichteten Kriterien und der mitgeteilten Bewertungsmatrix zur Vergabe eines Gas-Konzessionsvertrages rechtmäßig in Übereinstimmung mit den anwendbaren rechtlichen Regeln neu gewertet und die unterlegene Bieterin schriftlich über das Ergebnis dieses Wertungsvorgangs begründet beschieden und im Anschluss an die Absendung dieser begründeten Bescheidung mindestens 10 Kalendertage gewartet hat;

3. eine Zuschlagsentscheidung zu Gunsten eines Angebots einer Bieterin auf Abschluss eines Gas-Konzessionsvertrages wenigstens teilweise darauf zu stützen, dass diese Bieterin der Verfügungsbeklagten auch nach Ablauf der Vertragslaufzeit des beabsichtigten Gas-Konzessionsvertrages von 20 Jahren plus dem gesetzlichen Karenzjahr des § 48 die NGG außerhalb des dann abgelaufenen Konzessionsvertrages eine Fortzahlung von Konzessionsabgaben in der nach der Konzessionsabgabenverordnung höchstzulässigen Höhe anbietet;

Die Verfügungsbeklagte sowie die Streithelferin beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der Antrag sei bereits unzulässig, da er nicht dem Bestimmtheitserfordernis entspreche.

In der Sache stütze die Verfügungsklägerin ihr Begehren zu Unrecht auf die Nichteinhaltung einer Wartefrist, da die Vorschriften der §§ 97 ff. GWB weder direkt noch analog anwendbar seien. Insbesondere fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz, da hierin ausdrücklich nur eine nachträgliche Bekanntmachung der Auswahlentscheidung vorgesehen sei. Insoweit könne die Verfügungsklägerin sich auch nicht auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe vom 20.12.2011 berufen, welcher eine dem § 101 a GWB vergleichbare Regelung vorsehe. Ebensowenig bestehe eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, durch die Normierung einer Wartepflicht eine reale Möglichkeit zur Erlangung von Primärrechtsschutz für den unterlegenen Bieter zu schaffen. Vielmehr stünden der Verfügungsklägerin noch diverse Klagemöglichkeiten zur Verfügung, um ihren Rechtsstandpunkt zu verfolgen. An eine insoweit abweichende Rechtsauffassung des VG Aachen im vorangegangenen unzulässigen Verwaltungsrechtsweg sei die Verfügungsklägerin nicht gebunden.

Die Verfügungsbeklagte meint weiterhin, ihre Entscheidung sei im Hinblick auf den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum grundsätzlich nur im Falle der Willkür anfechtbar. Auf den klägerseits geltend gemachten Verstoß gegen § 3 KAV komme es allerdings auch deswegen nicht an, weil die in Rede stehende Regelung zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe im Rahmen des Auswahlkriteriums "Kommunalfreundlichkeit der vertraglichen Regelung zur Endschaftsbestimmung" keine ausschlaggebende Bedeutung gehabt habe. Vielmehr habe die Verfügungsbeklagte dem Vorschlag der Streithelferin nach Einholung eines Rechtsgutachtens ihrer Verfahrensbevollmächtigten aus anderen Gründen den Vorzug gegeben, nämlich wegen größter Detailschärfe der Definition, aus welchen Bestandteilen sich das Netz der allgemeinen Versorgung zusammensetzt, und der hieraus folgenden Reduktion von regelmäßigem Konfliktpotenzial.

Im übrigen liege kein Verstoß gegen § 3 KAV vor, da aus dem Fehlen einer gesetzlichen Regelung für die Zahlung einer Konzessionsabgabe nach Ablauf des Karenzjahres nicht zu folgern sei, dass hierauf keinen Anspruch bestehe. Insbesondere liege keine Unentgeltlichkeit vor, da für die fortdauernde Nutzung der gemeindlichen Straßen und Wege eine Gegenleistung zu entrichten sei. In welcher Höhe diese festgelegt werde, liege im Rahmen der Vertragsfreiheit. Selbst wenn der ohne eine solche Regelung zu leistenden Wertersatz regelmäßig geringer als die Höchstsätze der Konzessionsabgabe sei, handele es sich um keinen Vorzugspreis im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV. Denn die Herabsetzung gemäß § 4 Abs. 2 KAV sei nur für den Fall angebracht, dass die Parteien sich nicht auf ein fortzuzahlendes Entgelt einigen können. Die von der Streithelferin vorgeschlagenen Regelung berge zudem keineswegs die Gefahr, dass die Kommune den Netzübergang auf die Neukonzessionarin verzögere, also eine Situation herbeiführe, welche durch § 48 Abs. 4 EnWG gerade habe verhindert werden sollen. Vielmehr werde dem vorgebeugt, indem die Fortzahlung der Konzessionsabgabe nach dem Vertragsentwurf der Streithelferin für den Fall ausscheide, dass die Verzögerung von der Verfügungsbeklagten überwiegend zu vertreten sei.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin führe ein etwaiger Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV keineswegs zur Gesamtnichtigkeit des Konzessionsvertrages, insbesondere nicht mit Rücksicht auf die salvatorische Klausel in § 19 des Vertrages.

Schließlich fehle es auch an einem Verfügungsgrund, da die Verfügungsklägerin genügend Zeit habe, ihr Begehren im Hauptsacheverfahren zu verfolgen. Die Durchführung des Konzessionsvertrages drohe schon deswegen nicht, weil die Verfügungsklägerin die Verhandlungen zur Netzübernahme mit der Streithelferin selbst und ohne gerichtliche Hilfe verhindern könne, indem sie die Herausgabe der hierzu erforderlichen Daten verweigere, wie dies derzeit der Fall sei. Unabhängig davon müsse im Rahmen der Abwägung der beteiligten Interessen dem Umstand Rechnung getragen werden, dass mit Rücksicht auf die Zielsetzung des § 1 EnWG schnellstmöglich ein vertraglich geregelter Zustand herzustellen sei.

Die Streitverkündete schließt sich dieser Argumentation im wesentlichen an und macht hierzu vertiefende Ausführungen. Des weiteren ist sie der Auffassung, dass der Verfügungsklägerin für den Erlass einer einstweiligen Verfügung das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da sie mit dem Antrag bis zum 06.02.2013 zugewartet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 08.03.2013 Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen, da es jedenfalls am Verfügungsanspruch fehlt. Die von der Verfügungsbeklagten getroffene Auswahlentscheidung ist nicht zu beanstanden, der hiernach mit der Streithelferin geschlossene Gas-Konzessionsvertrag unterliegt keinen Wirksamkeitsbedenken.

1.

Dies gilt insbesondere für die Einwendungen der Verfügungsklägerin, welche sich auf die Nichteinhaltung einer Wartefrist beziehen.

a)

§ 46 Abs. 3 EnWG sieht keine Wartefrist zwischen der Unterrichtung unterlegener Bieter über die Auswahlentscheidung und deren Vollzug durch Unterzeichnung des Konzessionsvertrages vor. Selbst die von der Verfügungsbeklagten vorliegend noch vorgenommene Benachrichtigung der Verfügungsklägerin als unterlegene Bieterin ist in dieser Bestimmung nicht verankert. Vielmehr wird darin allein eine öffentliche Bekanntmachung der Auswahlentscheidung gefordert.

Die Kammer verkennt nicht, dass sowohl die Benachrichtigung der unterlegenen Bieter als auch eine gewisse Wartefrist bis zum Vollzug der Auswahlentscheidung erforderlich sind, um Primärrechtsschutz für unterlegene Bieter zu gewährleisten, welcher durch die Verhinderung der Vertragsunterzeichnung ausreichend Wirkung entfaltet. Ungeachtet dessen vermag die Kammer in § 46 Abs. 3 EnWG weder eine Regelungslücke auszumachen noch festzustellen, dass eine solche - wäre sie vorhanden - ausfüllungsbedürftig wäre.

Angesichts der - auch zu Fristen - ausdifferenzierten Regelung in § 46 Abs. 3 EnWG bestehen keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzliche Regelung insoweit eine Lücke aufwiese. Insbesondere kann eine derartige Lücke nicht mit Blick auf die in § 101 a GWB vorgesehene Wartefrist für solche Ausschreibungsverfahren angenommen werden, die den Bestimmungen der §§ 97 ff. GWB unterfallen. Denn die vorliegend in Rede stehenden Dienstleistungskonzessionen wurden, wie sich aus § 99 Abs. 4 GWB ergibt, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB ausgenommen. Eine Analogie zu § 101 a GWB scheidet damit aus. Sie würde eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung darstellen, eine solche Wartefrist nicht zu fixieren. Eine ähnliche Entscheidung hat der Gesetzgeber in § 100 GWB bezüglich der Unterschwellenwert-Vergaben getroffen.

Soweit auf europarechtlicher Ebene Bestrebungen festzustellen sind, eine Wartefrist für den Bereich von Dienstleistungskonzession zu normieren, ändern diese hieran nichts. Sie stellen insbesondere kein Indiz dafür dar, dass eine gesetzliche Regelung, welche eine solche Frist nicht vorsieht, lückenhaft wäre.

b)

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der vom VG Aachen im vorangegangenen Verfahren geäußerten Rechtsauffassung, wonach sich die Notwendigkeit der Einhaltung einer Wartezeit aus Art. 19 Abs. 4, Art. 3 GG in Verbindung mit § 46 EnWG ergebe.

Entgegen den Ausführungen der Verfügungsklägerin begründet diese Feststellung für die Kammer keine Bindungswirkung, und zwar schon deswegen nicht, weil sie sich lediglich im Rahmen eines obiter dictum bewegte und vom OVG NRW in seiner Beschwerdeentscheidung vom 10.02.2012 auch nicht aufgegriffen wurde. Ebenso wenig besteht eine indirekte Bindungswirkung dahingehend, dass die Verfügungsbeklagte die Rechtsauffassung des VG Aachen bei der neuerlichen Ausschreibung habe berücksichtigen müssen.

Die Kammer vermag sich der Ansicht des VG Aachen zudem nicht anzuschließen.

Ein effizienter Rechtsschutz setzt nicht zwingend voraus, dass auch reale Möglichkeiten zur Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs, insbesondere im Eilverfahren, zur Verfügung stehen. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13.06.2006 (Aktenzeichen 1 BvR 1160/03) für die Unterschwellenwert-Vergaben darauf hingewiesen, dass eine gesetzgeberische Entscheidung, für bestimmte Ausschreibungsverfahren keine dem § 101 a GWB entsprechende Regelung vorzusehen und damit im Ergebnis lediglich sekundären Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sei. Es bestehe keine Notwendigkeit, bei Unterschwellenwert-Vergaben durch die Ausgestaltung des Verfahrens dem unterlegenen Bieter die Möglichkeit einzuräumen, Primärrechtsschutz nachzusuchen.

Hiergegen verweist die Verfügungsklägerin zwar zu Recht darauf, dass die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtfertigung einer Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten bei Unterschwellenwert-Vergaben auf die vorliegend in Rede stehenden Vergaben von Dienstleistungskonzession nicht ohne weiteres zu übertragen sind. Denn die Überlegung, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung unverhältnismäßig behindert würde, wenn jeder Vertragsschluss im Unterschwellenwert- Bereich durch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch insbesondere im einstweiligen Verfügungsverfahren konterkariert werden könnte, trifft für die eher selten anstehende Vergabe von Dienstleistungskonzessionen der vorliegenden Art nicht gleichermaßen zu. Zudem haben solche Konzessionen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ein anderes Gewicht als Unterschwellenwert-Aufträge.

Jedoch ist damit nicht gesagt, dass es an einem beachtlichen Grund für die gesetzgeberische Entscheidung gegen die Normierung von Verfahrensregeln entsprechend § 101 a GWB fehle. So kann diese auch damit gerechtfertigt werden, dass eine Notwendigkeit besteht, den Wechsel des Konzessionärs nicht ungebührlich hinauszuzögern und hierdurch eine Situation zu schaffen, die regelmäßig den Zielen des § 1 EnWG (Preisgünstigkeit, Verbraucherfreundlichkeit usw.) widerspricht sowie unter Umständen der Versorgungssicherheit entgegensteht.

So hat der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sowie unter Berücksichtigung der Historie des Gesetzgebungsverfahrens auch für den Bereich der Dienstleistungskonzessionen entschieden, dass die Beschränkung des Rechtsschutzinstrumentariums grundsätzlich hinzunehmen sei (Beschluss vom 23.01.2012, Aktenzeichen X ZB 5/11, Juris Rn. 17). Das OLG Hamm ist dem in seiner Entscheidung vom 26.09.2012 (Aktenzeichen I-12 U 142/12), Juris Rn. 79 gefolgt. Die Kammer sieht keinen Grund, im vorliegenden Fall hiervon abzuweichen.

Zwar mag mit Rücksicht auf die Bestrebungen auf Europaebene, eine Wartefrist auch für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen einzuführen, aktuell durchaus ein Bedürfnis dafür gesehen werden, effektiven vorbeugenden und einstweiligen Rechtsschutz zu gewährleisten, jedoch zwingt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Insbesondere ist, worauf auch das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 26.09.2012 (Aktenzeichen I-12 U 142/12, Juris Rn. 86 ff.), sowie das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 13.01.2010 (I-27 U 1/09, Juris Rn. 38) hingewiesen haben, keineswegs in jedem Fall von Verfahrensfehlern der Erlass einer einstweiligen Verfügung gerechtfertigt, sondern kann im Rahmen der Abwägung auch hiervon abgesehen werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Diese Überlegung vermag auch eine gesetzgeberische Entscheidung zu rechtfertigten, entgegen der im Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB vorgesehenen Vorschriften eine Wartefrist nicht vorzusehen.

c)

Demzufolge kann dahinstehen, ob bei Annahme einer Verfahrensregel, wonach eine wie auch immer geartete Wartefrist hätte eingehalten werden müssen, der Konzessionsvertrag gemäß § 134,138 BGB unwirksam wäre. Ohnehin stellen, worauf die Verfügungsbeklagte zu Recht hinweist, vergaberechtliche Vorschriften keine Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB dar (KG, Beschluss vom 19.04.2012, Aktenzeichen Verg 7/11, Juris Rn. 89; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.02.2007, Aktenzeichen 17 Verg 7/06, Juris Rn. 96). Ebensowenig ist Sittenwidrigkeit zu erkennen, da nicht festgestellt werden kann, dass die Verfügungsbeklagte ausschließlich im Hinblick auf eine Unterbindung einstweiligen Rechtsschutzes durch die Verfügungsklägerin den Vertrag geschlossen hat. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Verfügungsbeklagte im Hinblick auf das bereits ein Jahr zurückliegende Auslaufen des Konzessionsvertrages nunmehr Bedarf zu einer Beschleunigung des Verfahrens gesehen hat, mag sie zur Verzögerung durch die nicht beanstandungsfreie Durchführung des ersten Verfahrens auch beigetragen haben.

2.

Die Verfügungsklägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Auswahlentscheidung der Verfügungsbeklagten zu beanstanden und der hierauf gestützte Abschluss des Gas-Konzessionsvertrages mit der Streithelferin gemäß §§ 134, 138 BGB unwirksam wäre, weil die Streithelferin im Rahmen der von ihr angebotenen Endschaftsbestimmung die Vereinbarung einer Konzessionsabgabe für die Zeit nach Ablauf der Karenzfrist des § 48 Abs. 4 EnWG vorgesehen habe. Hierin vermag die Kammer keine gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV unzulässige Vereinbarung zu erkennen.

a)

Insbesondere handelt es sich bei der von der Streithelferin angebotenen Fortzahlung der Konzessionsabgabe für die Zeit nach dem Auslaufen des Konzessionsvertrages um keine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV. Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin besteht hierfür in § 48 Abs. 4 EnWG eine gesetzliche Grundlage, auch soweit die Zahlung über die Karenzfrist des § 48 Abs. 4 EnWG hinaus versprochen wird.

Gemäß § 48 Abs. 4 EnWG besteht die Pflicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Konzessionsabgaben auch nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages für ein Jahr fort, es sei denn, dass zwischenzeitlich eine anderweitige Regelung getroffen wird. Dieser Bestimmung vermag die Kammer nicht zu entnehmen, dass die "zwischenzeitliche" Vereinbarung einer anderweitigen Regelung "nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages" und nicht schon beim Abschluss des Konzessionsvertrages getroffen werden dürfe.

Der Wortlaut des § 48 Abs. 4 EnWG zwingt zu dieser Annahme nicht. Die von der Verfügungsklägerin hierzu ins Feld geführte Textpassage "nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages" ist in ihrem Kontext zu sehen; hiernach bezieht sie sich auf die Pflicht zur Zahlung der Konzessionsabgabe, die nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages fortbesteht, und nicht auf den Zeitpunkt der abweichenden Vereinbarung. Auch wenn sich diese anderweitige Abrede naturgemäß auf ein Entgelt bezieht, welches erst nach dem Auslaufen des Vertrages zu zahlen ist, lässt sich daraus nicht folgern, dass auch eine diesbezügliche anderweitige Vereinbarung erst zu diesem Zeitpunkt getroffen werden könne.

Nichts anderes folgt aus dem weiteren von der Verfügungsklägerin herangezogenen Wort "zwischenzeitlich". Vielmehr ist auch hier der Kontext zu berücksichtigen, aus dem hervorgeht, dass die gesetzlich angeordnete Fortzahlung der Konzessionsabgabe schon vor Ablauf der Karenzfrist abgeändert werden kann. Dass hiermit verboten wäre, die Vereinbarung schon vor Vertragsende oder sogar vor Vertragsschluss zu treffen, ist dem nicht zu entnehmen. "Zwischenzeitlich" versteht die Kammer lediglich dahin, dass der Lauf der Karenzjahresregelung abgekürzt und durch eine anderweitige Regelung ersetzt werden kann. Wann die Vereinbarung einer solchen - gegebenenfalls auf den gesamten Zeitraum des Karenzjahres bezogenen - abweichenden Bestimmung erfolgen darf, ist damit nicht gesagt.

Die Kammer vermag der Verfügungsklägerin auch nicht darin zu folgen, dass sich eine solche Beschränkung aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung in § 48 Abs. 4 EnWG ergebe. Ob hierdurch hatte verhindert werden sollen, dass die Kommune ihre Verhandlungsposition dazu ausnutzt, sich bereits vor Abschluss des Konzessionsvertrages für die Zeit nach seinem Auslaufen eine zeitlich unbeschränkte Fortzahlung der Konzessionsabgabe versprechen zu lassen, kann schon deswegen bezweifelt werden, weil dies nur mit einer Stärkung der Verhandlungsposition des Altkonzessionärs nach Ablauf des Konzessionsvertrages einhergegangen wäre, die gleichermaßen schädlich sein kann. Zudem sind auch für diesen Zeitraum, also nach dem Auslaufen des Konzessionsvertrages, Konstellationen denkbar, in denen sich der Altkonzessionär gezwungen sehen könnte, auf das Begehren der Kommune, die volle Konzessionsabgabe weiter zu erhalten, einzugehen. Dies ist insbesondere dann denkbar, wenn das Auswahlverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist. In dieser Situation kann der Altkonzessionär ebenfalls daran interessiert sein, sich das Wohlwollen der Kommune zu erhalten.

Ist damit durch § 48 Abs. 4 EnWG nicht ausgeschlossen, sondern abgedeckt, bereits im Konzessionsvertrag eine Vereinbarung über die Fortzahlung der Konzessionsabgabe nach Ablauf der Vertragszeit zu treffen, so besteht hierfür abweichend von der klägerseits vertretenen Ansicht auch eine gesetzliche Grundlage.

Unentgeltlichkeit im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV scheidet im übrigen auch deswegen aus, weil eine Gegenleistung in Form der fortdauernden Nutzung der Wegerechte vorliegt und eine gesetzliche Grundlage für deren fortdauernde Vergütung jedenfalls in § 812 Abs. 2 BGB besteht .

b)

Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV kommt nach Auffassung der Kammer allerdings auch nicht wegen der Vereinbarung von Finanzleistungen zum Vorzugspreis in Betracht, selbst wenn der Wertersatz, welcher mangels anderweitiger Vereinbarung nach Ablauf der Karenzfrist gemäß § 812 Abs. 2 BGB zu leisten wäre, regelmäßig nicht in der Höhe der vereinbarten Konzessionsabgabe festzusetzen wäre. Diese Situation liegt jedoch erkennbar nicht vor, wenn eine Vereinbarung über die Höhe der Zahlungen nach Auslaufen des Vertrages vorliegt.

Die Parteien des ausgelaufenen Konzessionsvertrages sind nicht gehalten, sich für die Festlegung der Vergütungshöhe an den Maßstäben für einen Wertersatz zu orientieren und hierbei insbesondere zu berücksichtigen, dass ein nur vorübergehendes, zeitlich unbestimmtes Nutzungsverhältnis als geringerwertig zu erachten ist, als ein Nutzungsrecht mit fester vertraglicher Laufzeit. Vielmehr können die Vertragsparteien eine andere Wertigkeit vereinbaren, und zwar auch über den Jahreszeitraum hinaus. Denn § 48 Abs. 4 EnWG sieht hier gerade keine Begrenzung vor.

Auch § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV ist eine solche Beschränkung nicht zu entnehmen, da hierdurch Vereinbarungen, die sich im Rahmen der Höchstsätze halten, nicht erfasst werden, auch wenn sie den nachvertraglichen Bereich betreffen . Denn § 2 KAV differenziert nicht danach, wie das Versorgungs- und Wegenutzungsrecht beschaffen ist; vielmehr stellt der Verordnungsgeber es den Vertragsparteien frei auch für ein kurzfristiges und einfaches Versorgungsrecht den zulässigen Höchstbetrag zu vereinbaren, während umgekehrt die Vertragsparteien auch ein langfristiges und ausschließliches Versorgungsrecht begründen können, ohne deshalb die Höchstbeträge des § 2 KAV ausschöpfen oder überhaupt nur eine Entgeltregelung treffen zu müssen (so BGH, Urteil vom 21.03.1996, Aktenzeichen III ZR 245/94, Juris Rn. 39).

Auch die von der Verfügungsklägerin angeführten wettbewerblichen Gründe sowie die Gefahr, dass durch die in Rede stehende Vereinbarung die Übergabe an den Neukonzessionär verzögert wird, begründen keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV, jedenfalls nicht dann, wenn hiergegen - wie im vorliegenden Fall - Vorsorge getroffen wurde. So ist einer etwaigen unzuträglichen Verlängerung des Nutzungsverhältnisses mit dem Altkonzessionär im Konzessionsvertrag mit der Streithelferin dadurch Rechnung getragen worden, dass die Verpflichtung zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe entfällt, "sofern eine Verzögerung der Netzübertragung und/oder der Netzbetriebsaufnahme durch das neue GVU überwiegend von der Stadt oder dem neuen GVU zu vertreten ist".

Entgegen der von der Verfügungsklägerin vertretenen Auffassung ist mit dem Erfordernis des überwiegenden Vertretenmüssens keine unzulässige Verengung des Ausschlusstatbestandes verbunden, welchen die Verfügungsklägerin der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen KZR 22/92) entnimmt. Hiernach soll eine nachvertragliche Konzessionsabgabe entfallen, wenn die Gebietskörperschaft den Wechsel verzögert. Hiermit gleichbedeutend ist die vorliegend gewählte Formulierung, dass eine Verzögerung (die auch andere Ursachen haben kann), von der Gebietskörperschaft zu vertreten ist. Denn nur dann ist sie es, die im Sinne des klägerseits angenommenen Ausschlusstatbestandes verzögert. Wenn des weiteren ein überwiegendes Vertretenmüssen gefordert wird, trägt dies dem Umstand Rechnung, dass an einem Verzögerungsgeschehen in nicht allein die Gebietskörperschaft, sondern auch Alt- beziehungsweise Neukonzessionär beteiligt sein können. Hier wird einer klaren Abgrenzung desjenigen Falls, welcher die Sanktion des Ausschlusses rechtfertigt, Vorschub geleistet.

c)

Auf die weitere zwischen den Parteien streitige Frage, ob ein Verstoß gegen § 3 KAV zur Unwirksamkeit des Vertrages führt, wie dies das LG München in einer Entscheidung vom 01.08.2012 angenommen hat, kommt es daher nicht mehr an.

3.

Schließlich vermag die Verfügungsklägerin eine erneute Auswahlentscheidung der Verfügungsbeklagten auch nicht dadurch zu erzwingen, dass sie die Zuverlässigkeit der Streithelferin als Neukonzessionärin in Zweifel zieht. Soweit sie hierzu geltend macht, dass die Streithelferin auf ungeklärte Weise in den Besitz des Vertragsangebots der Verfügungsklägerin gelangt sei, liegt kein Sachverhalt vor, welcher dem im Verfahren 90 O 59/12 entschiedenen Fall vergleichbar wäre. Denn es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Streithelferin sich aktiv und gegen den Willen der Verfügungsbeklagten in den Besitz des Vertragsangebots der Verfügungsklägerin gebracht hätte. Soweit sie dieses lediglich aus den Händen der Verfügungsbeklagten entgegengenommen hat, kann ihr dies nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Denn schon für die Verfügungsbeklagte war nicht mit der notwendigen Deutlichkeit zu ersehen, dass die Verfügungsklägerin auch im vorliegenden Verfahren noch ihr Geheimhaltungsinteresse am Vertragsangebot geltend macht. So hat die Verfügungsklägerin im vorliegenden Verfahren nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die als Anlage K4 übergebene Kopie des Vertragsangebots lediglich für das Gericht und die Verfügungsbeklagte bestimmt sei. Zwar war diese Kopie mit dem Stempel "Betriebs- und Geschäftsgeheimnis" versehen, jedoch war für das Gericht und damit auch für die Verfügungsbeklagte nicht ersichtlich, ob dieser Stempel speziell für das vorliegende Verfahren aufgebracht wurde bzw. ob die Verfügungsklägerin hiermit den Zweck verfolgte, diese Unterlagen nur einen beschränkten Kreis der am Verfahren Beteiligten zugänglich zu machen. Denn den Parteien eines Rechtsstaates ist es unbenommen, auch solche Anlagen zum Gegenstand der uneingeschränkt einsehbaren Gerichtsakte zu machen, welche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten. Wollen sie dies nicht, müssen sie ausdrücklich darauf hinweisen, gegebenenfalls die betreffenden Anlagen von den übrigen trennen.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711, 108 ZPO.

Streitwert: 250.000,00 €