ArbG Bielefeld, Urteil vom 05.12.2012 - 6 Ca 1016/12
Fundstelle
openJur 2013, 21030
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) seit dem 05.08.2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 86% und die Beklagte zu 1) zu 14%. Die Beklagte zu 2) hat keine Kosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 7.800,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten nur noch über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten (im Folgenden: Beklagte zu 1)).

Der Kläger war ab dem 05.08.2008 bei der Firma K1 GmbH (im Folgenden: Beklagte zu 2)) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete auf jeden Fall aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung im Sommer 2012.

Unternehmensgegenstand der Beklagten zu 2) ist im Wesentlichen die Erbringung von Reinigungsleistungen im Rahmen von Werk-/Dienstverträgen. Sie verfügt nicht über die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG.

Die Beklagte zu 2) schloss unter dem 11.07.2001 mit der B1 GmbH eine Rahmenvereinbarung über den Betrieb eines Dienstleistungszentrums. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 (Bl. 1101 - 1109; Bd. VII d. A.) Bezug genommen.

Die von der Beklagten zu 2) hierin übernommenen Leistungen sind in § 3 wie folgt definiert:

"§ 3 LEISTUNGEN DER AUFTRAGNEHMERIN

1. Umfang der Leistungen des Dienstleistungszentrums

Die Auftragnehmerin wird auch folgende, in Anlage 3 näher beschriebenen Leistungen erbringen:

 Unterhaltsreinigung

 Sonderreinigung

- Sanitär-Hygienereinigung

- Großküchenhygiene

- Teppichbodenreinigung

- Industriereinigung

- Maschinen- und Industrieanlagenreinigung

- Außenanlagen: Reinigung von Betriebsflächen, Zufahrten und

Parkplätzen

- Dachflächenreinigung und Dachflächenkontrollen

 Glas- und Fassadenreinigung

 Entsorgung im Rahmen des Reinigungsdienstes

 Wäsche- und Textilreinigung

 Gründienst "Innenbegrünung"

 Gründienst "Außenbegrünung"

 Winterdienst

 Sonderbereiche

- Schädlingsbekämpfung

- Veranstaltungsdienst (Umräum- und Service-Leistung)

- Büromaterialverteilung und Kopier(papier)service

- Wartungsarbeiten im Vorbeugenden Brandschutz

Aufgrund der Rahmenvereinbarung waren die unter dem Bereich der A1 AG im B1 Konzerns angesiedelten Gesellschaften in der Lage, durch Buchung einzelner Module auf Grundlage der Rahmenvereinbarung die Dienstleistungen der Beklagten zu 2) in Anspruch zu nehmen.

Die Beklagte zu 1) beauftragte im Oktober 2003 die Beklagte zu 2) mit Dienstleistungen der Gebäudereinigung.

Darüber hinaus nahm die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) auch mit Arbeiten im Bereich des Facility Managements in Anspruch.

Die Beklagte zu 2) setzt bei der Beklagten zu 1) als Objektleiter den Mitarbeiter F1 ein. Dieser ist jedoch auch Objektleiter für die Beklagte zu 2) bei anderen A1 Gesellschaft an mehreren Standorten in G1.

Die Beklagte zu 1) unterhält einen eigenen Facility Management Bereich, in dem drei eigene Mitarbeiter der Beklagten zu 1) unter der Führung von Frau S1 beschäftigt sind. Zusätzlich wurden bis zu drei Mitarbeiter der Beklagten zu 2) in dieser Abteilung tätig.

Vor Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) wurde der Kläger personalverantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) vorgestellt.

Ab dem 05.08.2008 wurde er von der Beklagten zu 2) im Bereich Facility Management der Beklagten zu 1) schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten Wareneingang, Poststelle sowie Hausmeistertätigkeiten eingesetzt.

Eine schriftliche Niederlegung des Leistungsumfangs im Bereich des Facility Managements erfolgte zunächst nicht.

Im November 2010 wurde anhand des Arbeitsplatzes des Klägers ein Leistungsverzeichnis für die Tätigkeiten Wareneingang, Poststelle sowie die Hausmeistertätigkeiten aufgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 3 (Bl. 1110, 1111; Band VII d. A.) Bezug genommen.

Dem Kläger war hierbei ein Arbeitsplatz in einem Büro zur Verfügung gestellt, welches vollständig mit Betriebsmitteln der Beklagten zu 1) ausgestattet war. Die Ausstattung umfasste auch einen Computer mit Anschluss an das betriebsinterne Netzwerk der Beklagten zu 1). Vor dem Büro war ein Namensschild mit dem Namen des Klägers und dem Namen einer Frau R1 (Mitarbeiterin der Beklagten zu 2)) angebracht. Der Kläger nutzte für Botendienste auch Fahrzeuge der Beklagten zu 1), obwohl die Beklagte zu 2) eigene Fahrzeuge am Standort vorhielt.

Der Kläger erhielt von der Beklagten zu 1) Sicherheitsschuhe und eine Windjacke, welche auch anderen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) im Facility Management überlassen wurden.

Für Urlaubsvertretungen wurden Mitarbeiter der Beklagten zu 2) eingesetzt, die zuvor vom Kläger eingewiesen wurden. Die Zeiten des Urlaubs wurden jedoch mit den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) dahingehend abgestimmt, dass die Mitarbeiterin B2 parallel anwesend war um die Vertretungskräfte unterstützen zu können.

In seiner Funktion als Hausmeister wurde der Kläger direkt von den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) bzgl. der zu erledigenden Arbeiten (z. B. Glühbirnenwechsel) angesprochen.

Der von der Beklagten zu 2) eingesetzte Objektleiter F1 wurde hier nicht zwischengeschaltet. Dies erfolgte zum Teil auch deshalb, weil die die Dienstleistungen anfordernden Mitarbeiter mit der Abteilungsleiterin S1 den Einsatz des Klägers bereits abgestimmt hatten.

Neben seinen Tätigkeiten in der Warenannahme, Poststelle bzw. als Hausmeister war der Kläger auch für die sogenannten RZ-Sichtkontrollen zuständig.

Die Beklagte zu 1) unterhält Server mit mehreren 1000 Datenbänken. Um die Feuergefahr im Serverraum zu senken, werden regelmäßig Kontrollen durchgeführt, um Gegenstände, die in dem Raum nicht benötigt wurden, zu entfernen bzw. entfernen zu lassen.

Die Beklagte zu 1) richtete hierfür folgende Emailadresse ein dc.@B1. Hier konnten Mitarbeiter der Beklagten zu 1) in dem Rechenzentrum entdeckte Gegenstände melden, die dann im Folgenden entweder vom Kläger oder aber von anderen Mitarbeitern der Beklagten zu 1), welche ebenso wie der Kläger Zugriff auf den Account dc.@B1 hatten, entfernt wurden.

Mit einer am 24.04.2012 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagten zu 1) und 2) dahingehend verklagt, dass festzustellen ist, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1) seit dem 05.08.2008 ein Arbeitsverhältnis besteht, dass beide Beklagten gesamtschuldnerisch ihm nach § 10 AÜG zustehende Lohn- und Gehaltszahlungen nachzahlen müssten und die Beklagte zu 1) insoweit gemäß § 13 AÜG Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen erteilen müsse; die Beklagte zu 1) zu verpflichten, ihm einen angemessenen seine gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Arbeitsplatz zuzuweisen sowie schließlich die Beklagten zu verurteilen eine angemessene Entschädigung an ihn zu zahlen.

Der Kläger ist der Auffassung, zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestünde seit dem 05.08.2008 ein Arbeitsverhältnis. Dies folge aus der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs.1 S. 1 AÜG. Die Beklagte zu 2) verfüge nicht über die erforderliche Erlaubnis gemäß § 1 Abs.1 S.1 AÜG. Er sei auch nicht im Rahmen eines Werkvertrages überlassen worden.

Bei Erbringung seiner Leistungen sei er vollständig in die Betriebsorganisation der Beklagten zu 1) eingegliedert gewesen. Auch das Weisungsrecht sei ausschließlich seitens der Beklagten zu 1) ausgeübt worden. Er habe zum Objektleiter F1 nur sporadisch Kontakt gehabt.

Allein die äußeren Umstände sprächen für eine Eingliederung in die Organisation der Beklagten zu 1). Diese habe ihm sämtliche Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Sie habe ihm über die Sicherheitsschuhe hinaus auch Arbeitskleidung in Form von 10 Poloshirts und einer Windjacke überlassen. Sämtliche Mitarbeiter der Beklagten zu 1) hätten mit der formalen Bezeichnung "Warenannahme 200" ihn persönlich identifiziert. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses eingetretene Lohnerhöhungen seien dadurch zustande gekommen, dass er mit personalverantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) Lohnverhandlungen geführt habe. Die Stundenverrechnungssätze mit der Beklagten zu 2) seien dann entsprechend angepasst worden.

Die Beklagte habe ihm auch sehr verantwortungsvolle Tätigkeiten wie das Schlüsselmanagement übertragen.

Im Kammertermin vom 24.10.2012 hat der Kläger bis auf den Antrag auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1) ab dem 05.08.2008 die Klage zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1) seit dem 05.08.2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht bestehe.

Ein Arbeitsvertrag sei unstreitig nicht geschlossen worden. Auch die Voraussetzungen der Fiktion des § 10 Abs.1 S.1 AÜG seien nicht gegeben. Vielmehr sei zwischen ihr und der Beklagten zu 2) zunächst mündlich auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung mit der B1 GmbH aus dem Jahr 2001 eine Erweiterung des Werk/Dienstvertrages im Hinblick auf die vom Kläger ausgeführten Tätigkeiten erfolgt.

Soweit der Kläger zur Ausführung von konkreten Weisungen direkt von Mitarbeitern der Beklagten zu 1) angesprochen worden sei, so habe es sich hierbei lediglich um die Konkretisierung der im Leistungsverzeichnung abgestimmten Gewerke gehandelt. Keinesfalls habe es sich um eine Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechtes gehandelt.

Die Beklagte zu 1) habe dem Kläger auch keine Arbeitskleidung in Form von Poloshirts und einer Windjacke zur Verfügung gestellt. Hierbei habe es sich um giveaways aus Veranstaltungen gehandelt, die der Kläger auf Nachfrage ebenso erhalten hat wie andere Mitarbeiter. Letztlich sei es darum gegangen, den finanziell nicht so gut gestellten Kläger zu unterstützen.

Soweit der Kläger auf die Schlüsselverwaltung verweise, so sei dies nur zu Zeiten erfolgt, an denen er im Rahmen einer Wiedereingliederung mit gesundheitlichen Einschränkungen tätig war. Im Hinblick auf die fehlende Belastbarkeit sei er mit diesen Tätigkeiten betraut worden.

Hinsichtlich der Tätigkeiten in der RZ-Sichtkontrolle ergebe sich aus dem schließlich im November 2010 niedergelegten Leistungsverzeichnis, dass dies zu den der Beklagten zu 2) übertragenen Aufgaben gehöre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des gemäß § 313 Abs. 2 ZPO lediglich knapp zusammen gefassten Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist mit dem zuletzt noch gestellten Antrag zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig. Der Kläger verfügt insbesondere über ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs.1 ZPO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitnehmer das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu einem Entleiher auf Grundlage der Vorschriften des AÜG mit einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs.1 ZPO geltend machen (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2006, 7 AZR 365/05 zitiert nach juris).

Die Klage ist auch begründet. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) besteht aufgrund der Fiktion des § 10 Abs.1 S. 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr.1 AÜG ab dem 05.08.2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Hiernach gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer gemäß § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Dies ist der Fall, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besitzt.

Unstreitig verfügt die Beklagte zu 2) nicht über eine zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis nach § 1 Abs. S. 1 AÜG.

Beim Einsatz des Klägers durch die Beklagte zu 2) bei der Beklagten zu 1) handelt es sich nach Auffassung der Kammer auch um eine Arbeitnehmerüberlassung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesen zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer auswählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat (vgl. BAG a.a.O.).

Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolges notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrages eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch - wie sich aus § 645 Abs.1 S. 1 BGB ergibt - dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen über die Ausführung des Werkes erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (vgl. BAG a.a.O.).

Über die rechtliche Einordnung des Vertrages zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages maßgebend weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehung am ehesten Rückschlüsse daraus ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und den damit den Vertragstyp (vgl. BAG a.a.O.).

Als Indizien für das Bestehen einer Arbeitnehmerüberlassung wurden nach der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angesehen:

- Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Beschäftigungsunternehmens,

- Übernahme von Tätigkeiten, die vormals von Arbeitnehmern des Beschäftigungsbetriebes ausgeführt wurden,

- Stellung von Material und Werkzeug durch das Beschäftigungsunternehmen,

- Bereitstellung von Arbeits-/Sicherheitskleidung,

- Koordination des Einsatzes mit der Arbeit im Beschäftigungsunternehmen,

- Integration in die Arbeitsorganisation des Beschäftigungsunternehmens

(vgl. BAG, Urt. v. 30.01.1991, 7 AZR 497/89 zitiert nach juris).

In den folgenden Jahren hat das Bundesarbeitsgericht im Wesentlichen nur noch auf die Eingliederung in den Fremdbetrieb und die Ausübung des Weisungsrechts abgestellt (vgl. BAG, Urt. v. 13.08.2008, 7 AZR 269/07 zitiert nach juris). Zudem soll Arbeitnehmerüberlassung nur dann vorliegen, wenn das Weisungsrecht ausschließlich vom Inhaber des Einsatzbetriebes oder dessen Personal ausgeübt wird. Sobald Weisungen auch vom Vertragsarbeitgeber ausgeübt werden, soll die Arbeitnehmerüberlassung ausgeschlossen sein (vgl. BAG, Urt. v. 06.08.2003, 7 AZR 180/03 zitiert nach juris; kritisch hierzu Hamann jurisPR-ArbRecht 22/2012 Anmerkung 3).

Dies vorangestellt ist die Kammer bei einer Gesamtbetrachtung der einzelnen Umstände zu der Bewertung gelangt, dass der Kläger nicht im Rahmen eines Werkvertrages für die Beklagte zu 1) tätig wurde sondern als Arbeitnehmer an diese überlassen worden ist.

Eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) über die Überlassung des Klägers als Arbeitnehmer existiert nicht. Die Kammer hat insoweit zugunsten der Beklagten zu 1) als richtig unterstellt, dass von Anbeginn der Überlassung des Klägers zwischen den Beklagten die mündliche Übereinkunft bestand, dass der Kläger bezüglich der Leistungen, wie es sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Leistungsverzeichnis aus November 2010 ergibt, auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung mit der B1 GmbH aus dem Jahr 2001 erfolgen sollte.

Demnach wäre der äußeren Form nach ein Werk-/Dienstvertrag zwischen den Beklagten vereinbart worden.

Die praktische Vertragsdurchführung widerspricht jedoch diesem Ergebnis und führt letztlich zu der Bewertung als Arbeitnehmerüberlassung.

Legt man die in früheren Jahren zugrunde gelegten Indizien des Bundesarbeitsgerichts zugrunde, so ist festzustellen, dass diese vollständig erfüllt sind.

Der Kläger arbeitet unstreitig mit Mitarbeitern der Beklagten zu 1) zusammen. Er ist gemeinsam mit zwei Mitarbeitern der Beklagten zu 1) der Abteilungsleiterin S1 im Facility Management unterstellt. Inwieweit in dieser Abteilung eine Abgrenzung zwischen den Beschäftigungsgruppen vorgenommen worden ist, war für die Kammer nicht ersichtlich. Der Kläger hat zudem nach seinem unbestrittenen Vortrag Tätigkeiten erbracht, die zuvor von eigenen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) wahrgenommen wurden. Die Beklagte zu 1) hat ihm auch vollständig Material und Werkzeug für die Erledigung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt. Gleiches gilt für Sicherheitskleidung in Form von Sicherheitsschuhen.

Die Tätigkeit des Klägers war auch mit der Beklagten zu 1) koordiniert und er in den Betriebsablauf integriert.

So war die Ausführung der Tätigkeiten durch den Kläger nach den Betriebsabläufen der Beklagten zu 1) vorzunehmen.

Die Beklagte zu 2) bzw. der Kläger hatte keine Möglichkeit, den Ablauf der Arbeitstätigkeit selbst zu bestimmen. Aufgrund seiner Aufgabenstellung wie beispielsweise Warenannahme, Poststelle oder Botendienste war er aufgrund der betrieblichen Abläufe gezwungen, diese Tätigkeiten dann auszuführen, wenn sie aufgrund der betrieblichen Organisation der Beklagten zu 1) auszuführen waren. Andere Tätigkeiten, wie beispielsweise Pflege der Grünanlagen, mussten dann zurückstehen.

Auch wenn nach den neuen Maßstäben des Bundesarbeitsgerichts, wonach im Wesentlichen nur noch die Eingliederung in den Betrieb und die Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechtes entscheidend sein sollen, zugrunde gelegt werden, führt dies zu der gefundenen Bewertung.

Die Eingliederung liegt wie eben geschildert vor. Sie ergibt sich zum Einen aus den äußeren Umständen, dass der Kläger ausschließlich mit Betriebsmitteln der Beklagten zu 1), teilweise trotz Vorhandenseins von Betriebsmitteln der Beklagten zu 2) (Firmenfahrzeuge), eingesetzt wurde. Auch nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) ist eine Anforderung des Klägers beispielsweise für Hausmeisterdienstleistungen von Mitarbeitern der Beklagten zu 1) über die Abteilungsleiterin S1 angefordert worden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 2), und sei es nur durch Einrichtung eines Mailkontos ein System geschaffen hat, nach dem die Mitarbeiter der Beklagte zu 1) zur Konkretisierung etwaiger Dienstvertragsleistungen den Kläger hätten kontaktieren können.

Für die Integration des Klägers in den Betriebsablauf spricht auch der Umstand der Urlaubshandhabung. Zwar ist der Kläger von Mitarbeitern der Beklagten zu 2)vertreten worden. Gleichfalls hat der Kläger selbstverständlich diesen Urlaub bei seinem Vertragsarbeitgeber beantragt und von diesem auch gewährt erhalten. Unbestritten geblieben ist jedoch der Vortrag des Klägers, dass quasi als Absicherung die Mitarbeiterin der Beklagten zu 1) Frau B2 in den Zeiten der geplanten Abwesenheit des Klägers anwesend war, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

Schließlich stützt auch der Einstellungsvorgang die Bewertung, dass eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.

Auch wenn die Einstellungsentscheidung und die Einstellung selbst allein von der Beklagten zu 2.) vorgenommen worden ist, so hat die Beklagte zu 1.) hieran mitgewirkt, in dem ihr der Kläger zunächst vorgestellt worden ist. In einem reinem Werk/-Dienstvertragsverhältnis wäre dies unterblieben, da der Werk-/Dienstunternehmer die Verantwortlichkeit für den Leistungserfolg hat und damit auch die Personalentscheidung frei von den Einflüssen des Auftragsgebers treffen kann. Allenfalls ist denkbar, dass der Auftraggeber bei Schwierigkeiten mit einem Erfüllungsgehilfen des Werk-/Dienstunternehmers nach Aufnahme der Tätigkeit versucht Einfluss auf die Personalauswahl zu nehmen, nicht jedoch schon im Vorfeld. Somit kann das Vorgehen nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagten davon ausgingen, dass eine so enge Verzahnung der Tätigkeiten des Klägers mit den Mitarbeitern der Beklagten zu 1.) erfolgen wird, dass zur Abstimmung eine Vorstellung als erforderlich angesehen wurde.

Letztlich ist nach Auffassung der Kammer auch das arbeitgeberseitige Weisungsrecht entgegen der ausdrücklichen Vereinbarung im Leistungsverzeichnis aus dem November 2010 ausschließlich seitens der Beklagten zu 1) ausgeübt worden.

Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass ihm seitens des von der Beklagten zu 2) eingesetzten Objektleiters F1 keinerlei Weisungen im Hinblick auf die Durchführungen und Organisation seiner Arbeit erteilt worden sind. Zudem seien Kontakte zum Objektleiter F1 nur sporadisch vorhanden gewesen. Hierzu haben die Beklagten nicht substantiiert Stellung genommen und dargelegt, inwieweit der Objektleiter F1 den Kläger Vorgaben und sei es auch nur genereller Art zur Organisation seiner Arbeit gegeben hat. Eine alleinige Anweisung, den Weisungen der Beklagten zu 1) zu folgen dürfte nicht ausreichend sei, um von einer Ausübung des Weisungsrechts seitens der Beklagten zu 2.) auszugehen.

Letztlich ergibt sich die Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechtes aus der faktischen Handhabung der Beschäftigung des Klägers.

Voraussetzung für die Annahme, dass die dem Kläger von den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) gegebenen Arbeitsaufforderungen lediglich Konkretisierungen der Dienstvertragsleistung sind, die die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) schuldet ist, dass zwischen den Beklagten eine werk-/dienstvertragsfähige und abgrenzbare Leistung vereinbart worden ist.

Dies ist nach Auffassung der Kammer nicht vollständig der Fall.

Insbesondere die Punkte Unterstützung des Gebäudeservice und RZ-Sichtkontrollen aus dem Leistungsverzeichnis vom November 2010 lassen Gestaltungsspielräume zu, die nicht erkennen lassen, dass zwischen den Beklagten eine klar definierte abgrenzbare Dienstleistung vereinbart worden ist.

Unter dem Unterpunkt Unterstützung des Gebäudeservice ist lediglich ein exemplarischer Katalog aufgeführt. Dies bedeutet jedoch, dass es darüber hinaus auch Einzelleistungen nach der Vorstellung der Beklagten geben sollte, die nicht explizit von dem Leistungsverzeichnis erfasst sind. Insoweit lag jedoch, da unstreitig bei Erteilung der konkreten Anweisung an den Kläger keine Rücksprache mit Vertretern der Beklagten zu 2) erfolgte, die Entscheidung, bei welchen einzelnen Tätigkeiten der Kläger zur Unterstützung herangezogen wird, allein bei der Beklagten zu 1). Aus dem Leistungsverzeichnis ergibt sich durch die Formulierung auch nicht, dass die dort ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten ausschließlich von der Beklagten zu 2) zu erbringen sind. Insbesondere aus der Formulierung Unterstützung, lässt sich ableiten, dass es letztlich der Entscheidung der Beklagten zu 1) überlassen bliebe, ob sie den Kläger anforderte oder ggfls. auch ausdrücklich im Leistungsverzeichnis enthaltene Tätigkeiten durch eigene im Facility Management beschäftigte Mitarbeiter erbringen ließ.

Gleiches gilt für den Gesichtspunkt der RZ-Sichtkontrollen. Hier war der Arbeitsablauf in der Gestalt organisiert, dass neben dem Kläger auch Mitarbeiter der Beklagten zu 1) Zugriff auf die Mailadresse dc.@B1 hatten und dann ebenso wie der Kläger für die Beseitigung der dort gemeldeten Gegenstände zuständig und verantwortlich waren. Hieraus ergibt sich, dass der Bereich der RZ-Sichtkontrollen keineswegs ausschließlich der Beklagten zu 2) zur alleinigen verantwortlichen Erfüllung übertragen war. Wäre es hier durch Schlechterfüllung zu Schäden gekommen, so ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) hierfür hätte verantwortlich machen können, wenn dies durch Nachlässigkeiten ihrer eigenen Mitarbeiter begründet worden wäre. Auch insoweit stellt sich die generell dem Kläger übertragene Aufgabe, für die Entsorgung der gemeldeten Gegenstände zu sorgen, als eine alleinige arbeitgeberseitige Weisung der Beklagten zu 1) dar, da diese selbst die Endverantwortlichkeit für die Erledigung der Aufgabe trug.

Dem Feststellungsantrag war damit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 ZPO.

Der Kläger hat gemäß § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten zu tragen, soweit er die Klage zurückgenommen hat.

Für die zu ermittelnde Kostenquote ist die Kammer von der folgenden Bewertung der zunächst angekündigten Anträge ausgegangen:

1.Klage vom 24.03.2012 Antrag zu 1)

a) (3 Monatsvergütungen 2.600,00 €) 7.800,00 €

b) Antrag zu 2) Zahlung und Auskunft 15.000,00 €

c) Beschäftigung auf angemessenem Arbeitsplatz 2.600,00 € (1 Monatsgehalt)

d) Schadensersatz 5.000,00 €

2. Schriftsatz vom 26.05.2012

a) Bedeutung der Kündigung der Beklagten zu 1) 2.600,00 € € (1 Monatsgehalt)

b)Annahmeverzugslohn 2.600,00 €

Da die Anträge zu 2) und 4) aus der Klageschrift vom 24.03.2012 und der Antrag zu 2) aus dem Schriftsatz vom 26.05.2012 sich gesamtschuldnerisch gegen beide Beklagten richteten, waren diese Werte doppelt zu berücksichtigen, so dass sich ein fiktiver Streitwert der zunächst angekündigten Anträge in Höhe von 58.200,00 € ergibt. Hiervon hat der Kläger mit dem Antrag zu 1) gegen die Beklagte zu 1) im Wert von 7.800,00 € obsiegt, sodass sich die ausgeurteilte Kostenquote ergibt.

Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er wurde entsprechend § 42 Abs. 3 S. 1 GKG für den allein noch streitig entschiedenen Feststellungsantrag mit drei Bruttomonatsvergütungen in Höhe von 7.800,00 € bewertet.