OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.12.2012 - 2 L 121/11
Fundstelle
openJur 2013, 20805
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin – 3. Kammer – vom 9. November 2010 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen die Nichtannahme seiner Dissertation.

Der Kläger begann 2004 mit einer Dissertation und wurde durch Prof. Dr. …. von der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock betreut. Nachdem der Kläger über den krankheitsbedingten Ausfall seines Doktorvaters vom Sprecher des Instituts für Betriebswirtschaftslehre informiert worden war, beantragte er die Eröffnung des Promotionsverfahrens. In dem dafür vorgesehenen Formular machte er in der Spalte „Unverbindliche Vorschläge für Gutachter“ keine Angaben. Mit Bescheid vom 13. November 2008 wurde nach der Bewertung der Arbeit durch zwei vom Fakultätsrat bestellte Gutachter mit „non sufficit“ dem Kläger mitgeteilt, dass das Promotionsverfahren erfolglos beendet sei. Nach abschlägiger Verbescheidung im Widerspruchsverfahren hat das Verwaltungsgericht Schwerin – 3. Kammer – mit Urteil vom 9. November 2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt: Das Abweichen vom Regelfall des § 10 Abs. 1 Satz 4 der einschlägigen Promotionsordnung, wonach in der Regel der Betreuer der Dissertation einer der Gutachter ist, sei nicht zu beanstanden, weil der ursprüngliche Betreuer der Dissertation wegen dessen Erkrankung nicht gutachterlich tätig sein konnte. Auch habe die Fakultät keine Verpflichtung getroffen, dem Kläger eine Vorabbesprechung und Nachbesserung seiner Dissertation einzuräumen.

Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie hinreichend dargelegt sind, nicht vor.

Dies gilt zunächst für den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 1. August 2012 - 2 L 31/11 -, m.w.N.).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne Weiteres ausräumen lassen (Beschluss des Senats vom 1. August 2012, a.a.O.).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier dazu, dass die Berufung nicht wegen der vom Kläger geäußerten Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen ist.

Soweit mit der Begründung des Zulassungsantrags die Auffassung vertreten wird, aus § 44 Abs. 2 LHG M-V ergebe sich ein Anspruch des Klägers zumindest auf eine Betreuung bis zur Abgabe seiner Dissertation, kann dem schon nicht gefolgt werden. Auch nach § 44 Abs. 2 LHG M-V i.d.F. des Landeshochschulgesetzes v. 5.7.2002, nach dem „Die Hochschulen […] auf die wissenschaftliche Betreuung ihrer Doktorandinnen und Doktoranden hin[wirken].“ wird ein subjektiv-öffentliches Recht des Doktoranden in der vom Kläger behaupteten Ausgestaltung nicht begründet. Vielmehr handelt es sich um einen nicht näher konkretisierten Appell an die Hochschulen des Landes. Ein Umsetzungsdefizit im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der hier zugrundeliegenden Entscheidungen bereits abgelaufene Anpassungsfrist des § 114 Abs. 1 Satz 2 LHG M-V kommt daher – entgegen der Ansicht des Klägers – schon vom Ansatz her nicht in Betracht. Darüber hinaus verlangt die vom Kläger in Bezug genommene Anpassungsfrist des § 114 Abs. 1 Satz 2 LHG M-V gesetzestechnisch eine Kollisionsnorm, die auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens des Klägers in § 44 Abs. 2 LHG M-V nicht gesehen werden kann. Mit der hier maßgeblichen Promotionsordnung der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock, insbesondere mit der Vorschrift des § 4 und dessen Absatz 3, wonach „durch regelmäßige Teilnahme an Doktoranden- oder anderen Seminaren der Kontakt mit den Betreuern sichergestellt werden soll“, liegt eine Ausgestaltung des Betreuungsverhältnisses vor, die ein Defizit im Hinblick auf die Regelung des § 44 Abs. 2 LHG M-V nicht erkennen lässt. Der weitergehenden Ansicht des Klägers, bis zur Abgabe der Dissertation sei jedenfalls ein Betreuungsverhältnis zu einem Hochschulprofessor bzw. den anderen habilitierten Mitgliedern und weiter zur Annahme von Doktoranden Berechtigten zwingend erforderlich gewesen, lässt sich weder auf § 44 Abs. 2 LHG M-V stützen noch aus § 12 Abs. 1 der Promotionsordnung noch aus sonst übergeordneten allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten. Es kann dahingestellt bleiben, ob – aus damaliger Sicht – das Doktorandenverhältnis zu dem ursprünglichen Doktorvater bereits im Juni 2008 beendet war; denn jedenfalls ist mit dem Schreiben von Prof. Dr. …. vom 9. Juni 2008 an die Doktoranden des erkrankten Prof. Dr. ….. nicht ausdrücklich die Übernahme einer Betreuung durch einen von der Fakultät zu benennenden Betreuer verweigert worden. Nach dem gesamten Duktus des Schreibens wird lediglich denjenigen Doktoranden, die sich in der Lage sehen, ohne weitere Betreuung durch Prof. Dr. ….. das Promotionsverfahren einzuleiten, dies nahegelegt und die Bestellung von Erst- und Zweitgutachter in Aussicht gestellt. Dementsprechend ist das Verwaltungsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass ein Abweichen von der Regel des § 10 Abs. 1 Satz 4 der Promotionsordnung nach der besonderen Sachlage zulässig war. In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits in dem (parallelen) Verfahren 2 L 104/11 mit Beschluss vom 26. Juli 2011 auf Folgendes hingewiesen:

„Die Besonderheit der vorliegenden Fallkonstellation bestand hier nicht nur in der Erkrankung des bisherigen Betreuers, sondern darüber hinaus auch darin, dass der Kläger damals seine Dissertation offensichtlich selbst für abgabereif und eine weitere Betreuung also nicht mehr für erforderlich gehalten hat.“ (S. 4 des Beschlussabdrucks).

Auch die weiteren Einwände des Klägers gegen die Entscheidung über die Nichtannahme seiner Arbeit als Dissertation führen nicht zum Erfolg. Insbesondere die allgemein gehaltenen Ausführungen zu einer möglichen Befangenheit der Gutachter werden nicht konkretisiert und bestehen im wesentlichen darin, die Möglichkeit zu formulieren, dass Doktoranden des Prof. Dr. ….., weil dessen wissenschaftliche Betrachtungsweise – so der Kläger – von den Kollegen nicht geteilt worden sei, „abgesägt“ werden sollten. Diese Behauptungen werden weder durch die Bezugnahme auf Ausführungen in den Gutachten von Erst- und Zweitgutachtern untermauert noch sonst verifiziert. Die Gutachten betonen im Gegenteil wesentliche strukturelle und methodische Defizite der Arbeit des Klägers.

Auch der generalisierende Verweis auf den Ausgang der Promotionsverfahren der ehemaligen Doktoranden des Prof. Dr. …… verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg, weil damit dem Darlegungserfordernis nicht Genüge getan wird. Die Besorgnis der Befangenheit setzt nach § 21 VwVfG M-V voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, objektiv Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Nicht ausreichend ist jedenfalls eine bloß subjektive Besorgnis der Befangenheit, die der Prüfling aufgrund seiner persönlichen Vorstellungen, Ängste oder Mutmaßungen ohne vernünftigen und objektiv fassbaren Grund hat. Derartige Tatsachen, die den Schluss zuließen, es habe den Gutachtern an der notwendigen Distanz und sachlichen Neutralität gefehlt (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Auflage, Rn. 338 m.w.N.), werden nicht dargetan. Auch aufgrund des Beklagtenvorbringens in diesem und parallelen Verfahren, wonach sich von den ehemals 22 Promovenden des Prof. Dr. …… 11 nicht gemeldet hätten, 5 Verfahren erfolgreich abgeschlossen worden seien und gerichtsbekannt ist, dass 5 Verfahren in der 1. Instanz bzw. im Zulassungsverfahren anhängig sind bzw. waren (vgl. Beschl. des Senats v. 26. Juli 2011 – 2 L 104/11 –, S. 5), sieht der Senat keine Veranlassung, den pauschalen Behauptungen des Klägers weiter nachzugehen.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass auch die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig, § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.