OLG Köln, Beschluss vom 18.09.2012 - III-1 RVs 159/12
Fundstelle
openJur 2013, 20478
  • Rkr:
Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift den Verfahrensstand im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst:

"Das Amtsgericht ‑ Strafrichterin ‑ in Bergisch Gladbach hat den Angeklagten mit Urteil vom 09.02.2012 ‑ 44 Ds 468/11 ‑ wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 Euro verurteilt.

Dem Verfahren liegt der Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 13.12.2011 ‑ 44 Ds 468/11 ‑ zugrunde, nach dem die Anklage der Staatsanwaltschaft Köln vom 21.11.2011 ‑ 79 Js 421/11 ‑ zur Hauptverhandlung zugelassen worden ist. Darin ist dem Angeklagten vorgeworfen worden, am 07.01.2011 in Bergisch Gladbach gegen 23.45 Uhr in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand eine Straße in N befahren und dabei einen Verkehrsunfall mit Fremdschaden in Höhe von 1.996,56 Euro verursacht zu haben. Von weiteren strafbaren Handlungen ist in der Anklage nicht die Rede.

In dem Urteil ist zum festgestellten Sachverhalt ausgeführt:

"Am 07.01.2011 befand sich der Angeklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau auf dem Geburtstag seines Bruders. Im Laufe des Abends konsumierte der Angeklagte Alkohol.

Nachdem der Bruder des Angeklagten diesem mitgeteilt hatte, dass er schwer erkrankt sei, beabsichtigten der Angeklagte und seine Frau, nach Hause zu fahren. Die Ehefrau des Angeklagten setzte sich ans Steuer und fuhr los. Als sie in N den Berg hinauf fuhr, ging der Motor des Wagens zunächst aus.

Die Zeugin T verließ den Wagen, gefolgt vom Angeklagten, der seine Frau anbrüllte, dass sie nicht fahren könne. Daraufhin entfernte sich die Zeugin T und setzte sich an eine einige Meter entfernte Bushaltestelle. Der Angeklagte forderte seine Frau aggressiv auf, sich wieder ins Auto zu setzen. Nachdem diese der Aufforderung nicht nachkam, setzte er sich ins Auto und fuhr etwa 50 Meter zu der Zeugin T an die Bushaltestelle, wobei er sie immer wieder aufforderte, in den Wagen zu steigen.

Die Zeugin T begab sich daraufhin zum PKW. Der Angeklagte stieg aus und versetzte seiner Ehefrau einen Schlag an den Kopf.Der Angeklagte schob seine Frau daraufhin auf den Fahrersitz und schob den Wagen in dem Bemühen, diesen wieder ans Laufen zu bringen. Dies gelang jedoch nicht. Daraufhin setzte sich der Angeklagte wieder ans Steuer und rollte mit dem PKW, ohne dass der Motor wieder in Betrieb war, gegen einen anderen Wagen. Beide PKW wurden beschädigt. Am Auto des Unfallgegners entstand ein Schaden von brutto 1.996,56 Euro.

Die dem Angeklagten am 08.01.2011 um 00:39 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,52 Promille.

Hinsichtlich des Körperverletzungsdelikts zu Lasten der Zeugin T wurde das Verfahren, welches bereits von der Polizei ausgetrennt war, unter dem Aktenzeichen 44 Cs 221/11 beim Amtsgericht Bergisch Gladbach geführt. In der Hauptverhandlung vom 21.07.2011 wurde das Verfahren gemäß § 153 II StPO eingestellt."

In dem vorbezeichneten, nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellten Verfahren 44 Cs‑422 Js 766/11 StA Köln, hatte die zuständige Strafrichterin beim Amtsgericht Bergisch-Gladbach auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft Köln auf Erlass eines Strafbefehls vom 19.05.2011 gemäß § 408 Abs. 3 Satz 3 StPO Termin zur Hauptverhandlung am 21.07.2011 bestimmt. Dem Strafbefehlsantrag lag der Vorwurf zugrunde, der Angeklagte habe am 07.01.2011 in Bergisch Gladbach gegen 23:45 Uhr auf einer Straße in N seiner Ehefrau grundlos einen Schlag an den Kopf verletzt. Von weiteren strafbaren Handlungen, insbesondere im Zusammenhang mit einem alkoholbedingt fahruntüchtigen Führen von Kraftfahrzeugen, war dort nicht die Rede."

Gegen das Urteil hat der Angeklagte mit einem am selben Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom 09.02.2012 (Sprung‑)Revision eingelegt und das Rechtsmittel ‑ nach Zustellung des Urteils am 06.03.2012 ‑ mit einem weiteren, am 10.04.2012 bei Gericht eingegangenen anwaltlichen Schreiben vom selben Tag begründet. Er ist der Ansicht, er sei freizusprechen, da ein Verfahrenshindernis in Form des Strafklageverbrauchs vorliege, nachdem das vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach geführte Verfahren 44 Cs ‑ 422 Js 766/11 Staatsanwaltschaft Köln, das den Vorwurf der Körperverletzung zum Nachteil seiner Ehefrau beinhaltet habe, in der Hauptverhandlung vom 21.07.2011 gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Die Verurteilung vom 09.02.2012 verstoße gegen das Verbot der Doppelbestrafung, weil es sich bei den beiden Handlungen um eine Tat im strafprozessualen Sinne handele.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die gegenständliche Verurteilung des Angeklagten aufzuheben und das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO einzustellen.

II.

Das Rechtsmittel hat insofern Erfolg, als es gemäß § 206a Abs. 1 StPO zur Einstellung des Verfahrens führt.

1.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift dazu ausgeführt:

"Die gegenständliche Verurteilung des Angeklagten kann keinen Bestand haben. Die Sperrwirkung ‑ ne bis in idem, Grundsatz der Einmaligkeit der Strafverfolgung ‑ macht eine (weitere) Strafverfolgung des Angeklagten wegen derselben Tat unzulässig (Artikel 103 Abs. 3 Grundgesetz; vgl. auch BGHSt 20, 292).

Das Geschehen in der Tatnacht war bereits Inhalt des in der Hauptverhandlung am 21.07.2011 vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach verhandelten Verfahrens 44 Cs‑422 Js 766/11 Staatsanwaltschaft Köln. Die dort vorgenommene Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO hat die Strafklage wegen der dem einheitlichen Geschehen zugrundeliegenden prozessualen Tat i. S. des § 264 StPO, also auch der dem Angeklagten vorgeworfenen Delikte im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen in alkoholisiertem Zustand sowie von Taten gegenüber bzw. zum Nachteil der Polizeibeamten, verbraucht.

Der Inhalt des Verfahrens 44 Cs‑422 Js 766/11 Staatsanwaltschaft Köln basierte auf dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl, in dem allerdings ausdrücklich lediglich der Vorwurf der Körperverletzung zum Nachteil der Ehefrau des Angeklagten aufgenommen war. Die damit bezeichnete Tat bestimmte den Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung. Zwar mag sein, dass sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft insoweit nur auf den Vorwurf der Körperverletzung zum Nachteil der Ehefrau erstreckt hat. Darauf kam es aber nicht an. Denn ein Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft ist nur insoweit relevant, als es darum geht, welche von mehreren verfahrensrechtlich selbstständigen Taten Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung ist (sind). Innerhalb derselben Tat im verfahrensrechtlichen Sinne ist dagegen der Verfolgungswille grundsätzlich unteilbar. Der gesamte eine Tat bildende geschichtliche Vorgang ist damit ohne Rücksicht auf einen Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft Gegenstand des Verfahrens. Das gilt nicht nur für die in der Anklage nur beiläufig erwähnten Geschehnisse, die die Staatsanwaltschaft in Verkennung der Unteilbarkeit der Tat, oder aus irgend einem anderen Grund (vgl. BGHSt 16, 200 = NJW 1961, 1981) nicht als strafbares Verhalten gewürdigt hat (vgl. BayObLG, NJW 1964, 1813; Meyer‑Goßner, Rn. 2b), sondern auch für die in der Anklage fälschlicherweise zu einer anderen Tat angeführten oder überhaupt nicht angeführten Teile derselben Tat (vgl. BGH, 25.01.1978 ‑ 3 StR 501/77 ‑).

Bei der Frage, wie die Tat im Sinne des § 264 StPO, die den [Gegenstand] des Verfahrens 44 Cs‑422 Js 766/11 Staatsanwaltschaft Köln bestimmt hat, abzugrenzen ist, kann nicht auf eine auf jeden Zweifelsfall passende Begriffsbestimmung zurückgegriffen werden. Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls und ihre Verknüpfungen abzustellen (vgl. BGH, NStZ‑RR 2003, 82). Dabei bedeutet Tat im Sinne des § 264 StPO den vom Eröffnungsbeschluss betroffenen Vorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen, also das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch den Eröffnungsbeschluss bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet (vgl. BGHSt 45, 211, 212), ohne Rücksicht darauf, ob sich bei der rechtlichen Beurteilung eine oder mehrere strafbare Handlungen im sachlichrechtlichen Sinne statt oder neben der im Eröffnungsbeschluss bezeichneten Straftat ergeben. Im Ergebnis stehen daher mehrere Gesetzesverletzungen in einer Beziehung zueinander, die, wenn sie in demselben Verfahren abzuurteilen gewesen wären, die Strafklage verbrauchen, wenn auch nur wegen einer von ihnen rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist. Anders ausgedrückt reicht der Grundsatz "ne bis in idem" so weit, wie bei der früheren Entscheidung das Gericht die Befugnis hatte, die Strafklage umzugestalten (vgl. RGSt 72, 99, 105; vgl. auch BayObLG, NJW 1965, 2211).

[Damit ist] ... durch den gerichtlichen Einstellungsbeschluss im Verfahren 44 Cs‑422 Js 766/11 Staatsanwaltschaft Köln ... gemäß § 153 Abs. 2 StPO eine beschränkte Rechtskraftwirkung eingetreten. Dabei erfasst die Einstellung auch Tatteile, die vorher etwa nach § 154a Abs. 2 StPO ausgeschieden worden waren. Deren spätere Verfolgung ist daher grundsätzlich nicht mehr möglich. Nur im Ausnahmefall rechtfertigen (neu) eintretende Umstände eine Durchbrechung der beschränkten Rechtskraftwirkung (entschieden für eine Einstellung gemäß § 47 Abs. 2 OWiG: OLG Oldenburg, MDR 1983, 430, 515; vgl. OLG Zweibrücken, NJW 1996, 2246: Keine Wiederaufnahme gemäß § 79 II BVerfG; Schöch-AK Rn. 55). Solche nachträglich bekannt gewordenen Umstände sind vorliegend indes nicht ersichtlich. Die weiteren Handlungen des Angeklagten, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen in alkoholisiertem Zustand, waren bereits von Anfang an bekannt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Verbrechens sind nicht gegeben.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der Geschehnisse in der Tatnacht vom 07. auf den 08.01.2011 in N, also der Fahrten des Angeklagten in alkoholbedingtem Zustand, de[s] Vorwurf[s] der Körperverletzung zum Nachteil seiner Frau sowie der Taten gegenüber bzw. zum Nachteil der Polizeibeamten von einer Tat im prozessualen Sinne auszugehen. Es handelt sich um einen einheitlichen geschichtlichen Vorgang. Eine getrennte Aburteilung der mehreren materiellrechtlichen Taten in verschiedenen Verfahren würde zu einer unnatürlichen Aufspaltung desselben Lebensvorgangs führen.

In Rechtsprechung und Kommentarliteratur ist daher entsprechend den vorstehend dargestellten Kriterien anerkannt, dass die zu einem Unfall führenden Gesetzesverstöße und die anschließende Unfallflucht ebenso eine einheitliche prozessuale Tat bilden (vgl. BGHSt 23, 141 [146 f.]; BGHSt 24, 185 [186]; BGHSt 25, 72 [74]; BGHSt 25, 388 [399]; OLG Saarbrücken, NStZ 2005, 117 = VRS 106, 194; Engelhardt, a. a. O., § 264 Rdnr. 7; Meyer‑Goßner, a. a. O, § 264 Rdnr. 2a; Gollwitzer, a. a. O., § 264 Rdnrn. 52, 53 m. w. N.) wie etwa eine Trunkenheitsfahrt und die sich hieran anschließende Rauferei bzw. Volksverhetzung (vgl. SenE vom 24.08.2001 ‑ Ss 313/01 ‑) oder Widerstandshandlung (vgl. OLG Stuttgart, MDR 1975, 423) oder wie eine Trunkenheitsfahrt und die anschließende Weiterfahrt nach kurzer Unterbrechung (vgl. OLG Celle, DAR 1966, 137). Vergleichbar ist die Fallgestaltung hier.

Dass der Angeklagte für die ihm vorgeworfenen Handlungen ‑ abgesehen von dem von ihm fahrlässig verursachten Unfall ‑ jeweils ... einen neuen Vorsatz gefasst hat, führt lediglich dazu, dass materiell‑rechtlich von Tatmehrheit (§ 53 StGB) auszugehen gewesen wäre. Dies ändert jedoch nichts daran, dass eine einheitliche prozessuale Tat vorliegt. Zwischen den in Rede stehenden Handlungen des Angeklagten [be]steht ein enger, nicht [nur] räumlicher und zeitlicher, sondern auch innerer Zusammenhang. Die dem Angeklagten vorgeworfenen Handlungen haben sich aufeinander aufgebaut. Sie sind zur verständigen Würdigung des Sachverhalts unabdingbar.

Es kommt im Ergebnis daher nicht mehr darauf an, dass in Bezug auf das dem Angeklagten vorgeworfene Führen eines Kraftfahrzeugs im alkoholisierten Zustand nach dem festgestellten Sachverhalt zwei ‑ in Tatmehrheit zueinander stehende ‑ Gesetzesverstöße anzunehmen gewesen wären, nämlich zum einen eine Trunkenheit im Verkehr (Fahren bis zur Bushaltestelle) und anschließend - unterbrochen u. a. durch die ihm vorgeworfene Körperverletzung zum Nachteil seiner Frau - eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung infolge des Genusses alkoholischer Getränke (im Zusammenhang mit dem dabei verursachten Unfall mit einem Fremdschaden von annähernd 2.000,00 Euro).

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben."

Dieser zutreffenden und erschöpfenden Argumentation schließt sich der Senat mit der Einschränkung an, dass eine (förmliche) Aufhebung des angefochtenen Urteils nicht veranlasst ist.

2.

Die Einstellung des Verfahrens erfolgt gemäß § 206a Abs. 1 StPO.

Nach dieser Vorschrift kann das Gericht das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluss einstellen, wenn sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis herausstellt. Entgegen einer vereinzelt in Rechtsprechung (OLG Celle NStZ 2008, 118; KG StraFo 2009, 286) und Literatur (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Auflage, § 206a, Rn. 6 m. w. Nachw.) vertretenen Auffassung, die § 354 Abs. 1 StPO für anwendbar hält, gilt dies auch dann, wenn über die Verfahrenseinstellung in der Rechtsmittelinstanz zu entscheiden ist und das Verfahrenshindernis bereits vom erstinstanzlichen Gericht übersehen wurde ( vgl. BGHSt 24, 208 [212]; BGHSt 32, 275 [290]; BGHSt 52, 119 [123]; BGH wistra 2007, 154; SenE v. 23.02.2001 - Ss 43/01 -; SenE v. 23.10.2001 - Ss 406/01; SenE v. 20.05.2005 - 8 Ss 66/05 -; SenE v. 09.08.2005 - 8 Ss 34/05 -; SenE v. 12.01.2007 - 83 Ss 109/06 -).

3.

Entgegen der Auffassung, die § 354 Abs. 1 StPO für anwendbar hält (OLG Celle a. a. O.; KG a. a. O.), bedarf es bei Anwendung des § 206a Abs. 1 StPO neben der Einstellung des Verfahrens einer förmlichen Aufhebung des angefochtenen Urteils nicht, weil die Einstellung die Wirkungen des angefochtenen Urteils beseitigt (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 289 [296]; OLG Frankfurt NJW 1991, 2849, OLG Karlsruhe VRS 105, 345 [346]; SenE v. 09.10.2007 - 82 Ss 148/07 -; SenE v. 26.11.2009 - 83 Ss 93/09 -).

4.

Für den von dem Angeklagten beantragten Freispruch ist hier kein Raum. Der Grundsatz des "Vorrangs des Freispruchs vor der Verfahrenseinstellung", wonach "bei Vorliegen bestimmter Verfahrenshindernisse die an sich gebotene Einstellung des Verfahrens dann nicht in Betracht kommt, wenn die Hauptverhandlung bereits ergeben hat, daß der Angeklagte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen freizusprechen wäre", (vgl. BGHSt 46, 130 = NJW 2000, 3293) kann keine Anwendung finden, weil es an der Voraussetzung der Entscheidungsreife im Sinne des Freispruchs fehlt. Denn in der Hauptverhandlung hat sich nicht ergeben, dass der Angeklagte - ungeachtet eventuell bestehender Verfahrenshindernisse - von den ihm vorgeworfenen Taten freizusprechen gewesen wäre.

5.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf §§ 467 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO. Besondere Umstände, die abweichend vom Grundsatz der Kostenlast der Staatskasse (§ 467 Abs. 1 StPO) eine Belastung des Betroffenen rechtfertigen würden, sind nicht erkennbar; die bloße Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung ohne den Eintritt des Verfahrenshindernisses genügt insoweit nicht (vgl. OLG Köln NJW 1991, 506; SenE v. 09.10.2001 - 408/01 B -; SenE v. 12.10.2001 - Ss 394/01 B - m. w. Nachw.; SenE v. 27.02.2007 - 82 Ss 13/07 -).