OLG Köln, Urteil vom 14.02.2012 - 15 U 130/11
Fundstelle
openJur 2013, 20353
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.06.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 950/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens..

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in der Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger hat die Beklagte auf ordnungsmittelbewehrte Unterlassung von sechs zu Ziff. 1 lit. a) bis f) des Klageantrages wörtlich wiedergegebenen Textpassagen aus deren Online-Berichterstattungen unter www.B.de und www.X.de am 31.07.2010 sowie unter www.X.de auch am 01. und 02.08.2010 in Anspruch genommen. Deren Gegenstand bestand darin, dass gegen den Kläger nach einem Bericht des N Magazins "G" durch die Staatsanwaltschaft Mannheim wegen gefährlicher Körperverletzung wegen eines drei Tage nach Inhaftierung des Klägers am 20.03.2010 angezeigten Vorgangs ermittelt werde.

In dem ersten Beitrag unter www.abendblatt.de vom 31.07.2010 ist unter der Überschrift "L "ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig"" u.a. ausgeführt, "der 52-Jährige soll im Jahr 2001 eine Frau nackt an Badezimmerarmaturen gefesselt und ihr dann mit einem Rohrstock auf den Po gehauen haben, ... dass sie bestätigen könne, dass er "ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig sei"". In dem weiteren Beitrag vom 31.07.2010 (www.abendblatt.de) ist unter der Überschrift "Körperverletzung: weiteres Verfahren gegen L" u.a. ausgeführt: "L Anwalt C bestätigte am Sonnabend einen Bericht des N Magazins "G", nach dem die Staatsanwaltschaft Mannheim wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. L soll dem Magazin zufolge schon vor Jahren eine Frau in ihrer Wohnung geschlagen haben."

In zwei Beiträgen vom 01.08. bzw. 02.08.2010 (www.X.de) heißt es unter den Überschriften "L Freiheit beginnt mit neuem Ärger" bzw. "Neuer Ärger in der Freiheit" u.a. "Drei Tage nach der Festnahme von L am 20. März soll eine ehemalige Geliebte dem Mannheimer Amtsgericht per Mail mitgeteilt haben, der Moderator solle ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig gewesen sein. L, der vorher nie gewalttätig gewesen sei, habe sie 2001 einmal wegen einer fehlgeleiteten SMS in ihrer Wohnung nackt an die Duscharmatur gefesselt und mit einem selbst mitgebrachten Rohrstock auf das Hinterteil geschlagen". Schließlich ist in einem mit "L droht angeblich weiteres Verfahren" überschriebenen Beitrag vom 31.07.2010 (www.X.de) ausgeführt "der unter Vergewaltigungsverdacht stehende 52-jährige Schweizer soll die Frau demnach im Jahr 2001 in ihrer Wohnung nackt an der Armatur der Dusche festgebunden und sie mit einem etwa 50 cm langen Rohrstock auf den Po geschlagen haben. Die Frau habe drei Tage nach L Festnahme an das Amtsgericht Mannheim geschrieben, dass sie eine Affäre mit L durchlebt habe und bestätigen könne, dass er "ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig" sei".

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 2 (Bl. 14 ff.) verwiesen.

Ferner hat er um die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von vorgerichtlichen Abmahnkosten in der Höhe von 689,90 € nachgesucht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Online-Auftritte der Beklagten verletzten ihn in rechtswidriger Weise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, weil durch diese der unbegründete Verdacht der Begehung eines Gewaltverbrechens kolportiert werde. Die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung seien nicht gegeben, weil es an einem Mindestbestand von Beweistatsachen fehle, die journalistische Sorgfaltspflicht auch deswegen verletzt sei, weil ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, und die Berichterstattung zu einer prangerartigen Vorverurteilung und Stigmatisierung als Frauen verachtender Serien-Sexualstraftäter unter Verletzung der für ihn geltenden Unschuldsvermutung führe.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, da unter Berücksichtigung der sogenannten Kerntheorie von einer mehrfachen Rechtshängigkeit der gestellten Anträge auszugehen sei. In der Sache liege eine zulässige Verdachtsberichterstattung vor, da die Berichterstattung wahr, diese im Zusammenhang mit dem damals anhängigen Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und der Prominenz des Klägers zu sehen und auch nicht vorverurteilend sei.

Mit seinem im Tenor näher bezeichneten Urteil hat das Landgericht den Klageanträgen bis auf eine Einschränkung zu der zu Ziff. 1. d) beanstandeten Äußerung stattgegeben, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.

Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der verhandelten Anträge, des Rechtsfolgenausspruchs im Einzelnen und der Begründung dieses Erkenntnisses wird auf die Ausfertigung des am 22.06.2011 verkündeten Urteils (Bl. 220 ff. GA) Bezug genommen.

Mit ihrer gegen dieses Urteil form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Rechtsschutzziel der Klageabweisung weiter. Zur Begründung nimmt sie zunächst auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug, das sie nach folgender Maßgabe teilweise wiederholt und vertieft:

Sie rügt die Ordnungsgemäßheit der Klageerhebung, da der Kläger sich bereits 2004 "nach Kanada abgemeldet" habe und nach einer Mitteilung des Kantonsgerichts vom 02.12.2011 eine Zustellung unter der im Rubrum angegebenen Anschrift nicht möglich sei.

Sie wiederholt ferner ihre Rüge der Unzulässigkeit der Klage mit der Begründung, die beanstandeten Äußerungen seien identisch oder jedenfalls kerngleich.

Sie behauptet weiterhin, ihre Berichterstattung sei wahrheitsgemäß, und beanstandet insoweit, dass das Landgericht ihrem Beweisantrag auf Vernehmung der anzeigenden Person nicht nachgegangen ist.

Die Beklagte meint, das Landgericht verkenne bei der Prüfung der an eine zulässige Verdachtsberichterstattung zu stellenden Anforderungen den durch die höchstrichterliche Rechtsprechung definierten Maßstab für den erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen. Rechtsfehlerhaft sei bereits die Gleichsetzung einer "Beweistatsache" mit einer Unwiderlegbarkeit der Beweistatsache. Die Aussage der Anzeigenerstatterin sei sehr wohl eine Beweistatsache. Weitere Recherchen seien ihr nicht möglich gewesen. Rechtsfehlerhaft sei auch die Würdigung der Aussage der Anzeigenerstatterin als "inhaltlich äußerst dürftig". Hierbei verkenne das Landgericht bereits den Unterschied zwischen der Würdigung einer "Beweislage" im Sinne einer Verdachtsberichterstattung und der Bewertung einer erfolgten Zeugenaussage unter Glaubwürdigkeitsgesichtspunkten, was im Ergebnis zu einer unzulässigen Beweisantizipation zum Nachteil der Beklagten führe. Jedenfalls sei die Aussage der Anzeigenerstatterin auch glaubwürdig.

Unhaltbar sei auch die Bewertung, dass ihre beanstandete Berichterstattung vorverurteilend sei. Die Annahme, es bestünde eine gesteigerte Gefahr der Vorverurteilung, weil der neue Vorwurf im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren wegen des Vergewaltigungsvorwurfs stehe, sei denklogisch verfehlt. Damit verbiete das Landgericht letztlich die Verbreitung eines Verdachts wegen eines anderen Vorwurfs strafbaren Verhaltens, obwohl dieser nicht streitgegenständlich sei. Den beanstandeten Online-Auftritten lasse sich auch nicht der Eindruck entnehmen, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Behauptungen über die Schuld des Klägers habe selbst das Landgericht diesen nicht entnommen.

Nicht nachvollziehbar sei auch die Annahme des Landgerichts, die Berichterstattung sei nicht ausgewogen, weil der Vorwurf im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Haftentlassung erfolgt sei und somit die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Haftbeschwerdeverfahren in Frage gestellt werde. Der Kläger sei mit seiner Unschuldserklärung ausdrücklich angeführt worden. "Entwertet" worden sei die Entscheidung der Strafkammer des Landgerichts Mannheim über die Eröffnung des Strafverfahrens allenfalls durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, das die Haftentlassung mit dem fehlenden "dringenden" Tatverdacht angeordnet habe, so dass der Erklärungsinhalt dahin ginge, der Kläger könne der Angelegenheit gelassen entgegen sehen.

Die Begründung des Landgerichts, die Online-Auftritte bewirkten eine Vorverurteilung bezüglich des Vergewaltigungsvorwurfs, werde weder durch den Wortlaut der Äußerung noch dessen Verständnis unter Berücksichtigung des Kontextes bestätigt. Die Äußerungen, die sich auf den Vergewaltigungsvorwurf bezögen, könnten nichts zum Verständnis der hier zu beurteilenden Aussage beitragen, weil sie sich nicht auf diese bezögen. Denklogisch bliebe die (angebliche) Vorverurteilung auch ohne die im vorliegenden Verfahren beanstandeten Äußerungen bestehen. Eine Einbeziehung des Kontextes zur Deutung des Inhalts einer Äußerung erlaube nicht den hier in Wahrheit vorgenommenen Austausch des Streitgegenstandes.

Soweit das Landgericht die Störereigenschaft der Beklagten angenommen habe, verkenne es, dass es hier um die Wiedergabe einer Berichterstattung eines Dritten und somit ausschließlich um eine Verbreitung von fremden Äußerungen gehe. Von diesen habe sich die Beklagte aber hinreichend distanziert, da die Wiedergabe in indirekter Rede eine Distanzierung hinreichend erkennen lasse und dies erst recht vorliegend bei der wörtlichen Wiedergabe mit Anführungsstrichen gelten müsse.

Schließlich beanstandet die Beklagte die Zuerkennung des Freistellungsantrags der Höhe nach auch für den Fall, dass die Unterlassungsanträge begründet sein sollten. Sie meint, bei dem Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und den Gegenständen der Parallelverfahren 28 O 953/10 (= 15 U 131/11 OLG Köln) und 28 O 949/10 des LG Köln (= 15 U 132/11 OLG Köln) handele es sich um einheitliche Angelegenheiten im Sinne des RVG, da der Kern der angeblichen Verletzungshandlung jeweils in der Wiedergabe des neuen Vorwurfs strafrechtlichen Verhaltens bestehe und ebenso wie die Klageschriften und die drei Urteile - mit Ausnahme der Bezeichnung der beklagten Parteien und der in Bezug genommenen Artikel - identisch sei. Soweit das Landgericht hiergegen angeführt habe, jede Berichterstattung in den genannten Verfahren sei jeweils im konkreten Äußerungszusammenhang zu überprüfen, konterkariere dieses seine Argumentation selbst, indem es in allen drei Verfahren die exakt gleichen Urteilsgründe in Bezug auf die angebliche Unzulässigkeit der Verdachtsberichterstattung gewählt habe.

Nur vorsorglich vertritt die Beklagte die Auffassung, der von dem Landgericht festgesetzte Streitwert sei zu hoch, weil dies der Bewertung der Rechtsprechung nicht gerecht werde, wonach bei einer Online-Veröffentlichung regelmäßig nur ein Bruchteil desjenigen Wertes anzusetzen sei, der bei einer Print-Veröffentlichung zu veranschlagen sei.

Der Kläger, der um Zurückweisung der Berufung nachsucht, verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens unter Auseinandersetzung mit den Berufungsangriffen der Beklagten als rechtsfehlerfrei.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Akte eingereichten Schriftsätze nebst Unterlagen sowie auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 17.01.2012 (Bl. 426 f. GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

(1) Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten verboten, die sechs zu Ziff. 1 des Klageantrags wörtlich wiedergegebenen Äußerungen aus deren unter Ziff. I. dieser Urteilsgründe näher bezeichneten Online-Berichterstattungen zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten, soweit dies wie im Rahmen der näher bezeichneten Artikel dieser Online-Angebote der Beklagten geschieht.

(2.1) Die Unterlassungsklage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage zulässig, insbesondere ist sie ordnungsgemäß erhoben worden.

Grundsätzlich ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Klageerhebung nach §§ 253 Abs. 2, Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers in der Klageschrift. Da dies naturgemäß nur die Einleitung der Klage betrifft, ist entscheidend ihr Vorliegen im Zeitpunkt der Klageerhebung. Im reinen Parteiprozess ist die Angabe der ladungsfähigen Anschrift geboten, um den Kläger zu Terminen laden zu können; bei anwaltlicher Vertretung wird durch die Angabe der Adresse dokumentiert, dass er sich möglichen nachteiligen Folgen, etwa einer Kostenpflicht stellt; auch im Anwaltsprozess muss er zudem bei Anordnung des persönlichen Erscheinens bereit sein, dem Folge zu leisten (BGH, Beschluss vom 01.04.2009, XII ZB 46/08, zitiert gemäß juris-Dokument Rn 11).

Mit der Adressangabe in der Klageschrift hat der Kläger vorliegend diese Anforderungen an die Bezeichnung seiner Person im Zeitpunkt der Klageerhebung erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass ihn gerichtliche Schriftstücke, insbesondere Ladungen, unter dieser Anschrift nicht erreicht haben oder hätten erreichen können, liegen nicht vor. Sie ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen des Beklagten in der Berufung. Ob förmliche Zustellungen unter der angegeben Anschrift bewirkt werden können, ist nach den oben dargestellten Hintergründen für das Erfordernis der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift unerheblich. Zudem lässt das Fehlschlagen einer Zustellung zu einem späteren Zeitpunkt keinen Rückschluss darauf zu, dass im Falle der hier deutlich früheren Klageeinreichung Zustellungen nicht hätten vorgenommen werden können. Dass der Kläger schon seit längerem unter der Adresse nicht mehr amtlich gemeldet ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da es bereits für die Frage des Zustellortes nicht auf die amtlich gemeldete Adresse, sondern auf den tatsächlichen Aufenthaltsort ankommt, §§ 178 ff. ZPO. Dies gilt gleichermaßen für die Frage, ob die Partei nicht förmlich zugestellte Schriftstücke über die mitgeteilte Anschrift tatsächlich erreichen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch der nämliche Streitgegenstand nicht mehrmals zur Rechtshängigkeit gebracht worden. Die Streitgegenstände der jeweils auf verschiedene Äußerungen gestützten Unterlassungsanträge stimmen nicht überein. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die von dem Kläger gewünschte Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH NJW-RR 2006, 1118 ff., 1120; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., Einleitung Rn. 60 ff., 82 ff.; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., Einl II Rn. 1 ff.). Allen sechs Unterlassungsanträgen liegen aus vier verschiedenen Online-Auftritten der Beklagten wörtlich übernommene, nicht wortidentische Textpassagen zugrunde. Von der Rechtsfolge her begehrt der Kläger mithin die Unterlassung der Verbreitung von Äußerungen, die voneinander verschieden sind. Aus den konkreten Verletzungshandlungen in Form der näher bezeichneten Online-Auftritte der Beklagten (jeweiliger Klagegrund) leitet der Kläger mithin mehrere Unterlassungspetita her, die sich auf die Anordnung von Verboten zur Verbreitung konkret getätigter Äußerungen beschränken. Insoweit ist der Fall nicht identisch mit dem, der der von der Beklagten für ihre gegenteilige Auffassung bemühten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19.05.2010 - I ZR 177/07 - Folienrollos - GRUR 2010, 855 ff.) zugrunde lag. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die Beurteilung der Reichweite einer Unterlassungsanordnung, die dem dortigen Beklagten nicht die Verbreitung konkreter Äußerungen verbot, sondern sich am vermeintlichen negativen, vom Wortlaut der Erklärungen gelösten Aussagegehalt der konkreten Verletzungshandlung, nämlich der Information von staatlichen Vergabestellen und anderen potentiellen Abnehmern über angeblich überteuerte und technisch nachteilige Produkte, orientierte. Der Umstand, dass der Kläger jeweils um Unterlassung der Verbreitung der beanstandeten Äußerungen mit dem jeweiligen Zusatz "so wie im Rahmen des Artikels ... im Online-Angebot ... vom ... geschehen" nachgesucht hat und dementsprechend von dem Landgericht erkannt worden ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da der Kläger - erklärtermaßen - dem rechtlichen Gesichtspunkt Rechnung tragen wollte, dass die beanstandeten Äußerungen (möglicherweise) nicht absolut unzulässig sind, sondern in ihrem jeweiligen konkreten Äußerungszusammenhang lediglich relativ unzulässig.

Es ist richtig, dass die Anwendung der ursprünglich im Wettbewerbsrecht entwickelten und für die Bestimmung der rechtskraftfähigen Reichweite eines Unterlassungsgebots auch in das Äußerungsrecht übernommenen sogenannten Kerntheorie zu einer Erweiterung des Streitgegenstands eines Unterlassungsantrags und damit einhergehend einer Erweiterung des rechtskraftfähigen Inhalts eines Unterlassungsgebots führen kann (BGH, Urteil vom 23.02.2006 - I ZR 272/02 - NJW -RR 2006, 1118 ff., 1120; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 158; Stöber in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 890 Rn. 3 a). Nach der Kerntheorie umfasst der Schutz eines Unterlassungsgebots nicht nur die Verletzungsfälle, die mit den den Klagegrund bildenden konkreten Verletzungshandlungen identisch sind, sondern auch solche gleichwertigen Verletzungsformen, die ungeachtet etwaiger Abweichungen im Einzelnen den Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Unterlassungsgläubiger aus Gründen effektiven Rechtsschutzes im Zweifel nicht nur ein in die Zukunft weisendes Verbot bezüglich der dem Klagegrund identischen Verletzungshandlungen beantragen will, sondern auch bezüglich kerngleicher Abweichungen von diesen (vgl.: BGH, Urteil vom 23.02.2006, a. a. O.; Burkhardt, a. a. O.; Stöber, a. a. O.; ausdrücklich gebilligt vom BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 04.12.2006 - I BvR 1200/04 - NJW-RR 2007, 860 ff., 862). Die Annahme, dass das Unterlassungsbegehren grundsätzlich auch auf das Verbot kerngleicher Abweichungen von der konkreten Verletzungsform gerichtet ist, bezieht sich jedoch nur auf die mit dem Klageantrag begehrte Rechtsfolge; in Rechtskraft erwächst der in Zukunft gerichtete Verbotsausspruch nicht als solcher, sondern nur in seinem Bezug auf die vom Gericht festgestellte Verletzungshandlung (BGH, Urteil vom 23.02.2006, a. a. O., S. 1121). Insoweit ist vorliegend entscheidend zu berücksichtigen, dass der Kläger sein Rechtsfolgenbegehren klar auf die in den Online-Auftritten der Beklagten enthaltenen, wortidentischen Äußerungen, die gemäß den Klageanträgen zu Ziff. 1 a) bis f) voneinander abweichen, beschränkt hat. Der Kläger begehrt ausdrücklich das Verbot der Verbreitung wortidentischer Äußerungen, insbesondere ohne den Zusatz im Petitum, es werde auch die Unterlassung sinngemäßer Äußerungen verlangt. Das begehrte Verbot ist damit eng auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkt. Für die Annahme, streitgegenständlich seien auch bloß sinngemäße, "kerngleiche" Äußerungen, besteht kein Raum (vgl.: BGH, Urteil vom 22.10.2009 - I ZR 58/07 - GRUR 2010, 454 f.).

(2.2) Die Unterlassungsklage ist, soweit ihr das Landgericht stattgegeben hat, auch begründet.

Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten verboten, die in ihren Internet-Auftritten vom 31.07., 01.08. und 02.08.2010 gemachten konkreten Äußerungen über den Kläger zu verbreiten.

Dem Kläger stehen die ihm von dem Landgericht zuerkannten Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zu, weil die angegriffene Berichterstattung die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung überschreitet.

Der Kläger ist durch die in die Anträge aufgenommenen beanstandeten Äußerungen in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen, da von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Körperverletzung in einer den Kläger identifizierenden Weise, teilweise unter näherer Schilderung von angeblichen Tatumständen berichtet wurde.

Die Beklagte ist als Störer passivlegitimiert, da sie für den Inhalt der Online-Auftritte, unter denen die die beanstandeten Äußerungen enthaltenen Veröffentlichungen erfolgten, verantwortlich ist. Soweit die Verfügungsbeklagte beanstandet, dass das Landgericht von ihrer Störereigenschaft ausgegangen ist, weil sie sich den beanstandeten Artikel gerade nicht zu eigen gemacht, sondern sich klar von dem Inhalt distanziert habe, geht diese Einwendung zunächst aus rechtstechnischen Gründen fehl. Als Betreiberin der Internetseiten, auf denen die beanstandeten Beiträge erschienen, hat die Beklagte an der Verbreitung der von dem Kläger beanstandeten Äußerungen mitgewirkt. Als Störer ist jeder anzusehen, der an der Störung mitgewirkt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Auch wenn ein Medium Äußerungen Dritter wiedergibt und sich von ihrem Inhalt distanziert, ändert das nichts daran, dass der für das Medium Verantwortliche einen entscheidenden Tatbeitrag zur Verbreitung der betreffenden Äußerungen leistet (vgl.: BGH, Urteil vom 27.05.1986 - VI ZR 169/85 - "Ostkontakte", GRUR 1986, 683 ff., 683 a. E.; Urteil vom 3. 5. 1977 - VI ZR 36/74 -, NJW 1977, 1288 ff., 1288 f.).

Die Abwägung des auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigenden Interesses, die Öffentlichkeit über Ereignisse unter Wahrnehmung der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG zu informieren, einerseits und dem gemäß durch Art. 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers führt zur Rechtswidrigkeit der Berichterstattungen.

Die beanstandeten Online-Beiträge der Beklagten sind an den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zu messen. Eine Behauptung, der Kläger sei Täter einer gefährlichen Körperverletzung, enthält die Berichterstattung weder ausdrücklich noch sinngemäß. Sie knüpft ausdrücklich an eine Mitteilung des Magazins "G" an und gibt dessen Mitteilung mit anderen Worten im Zusammenhang mit weiteren Äußerungen wieder, insbesondere zum damals ebenfalls anhängigen Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung, der Anordnung der Haftentlassung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe und dem Beginn der Hauptverhandlung vom 06.09.2010 vor dem Landgericht Mannheim.

Eine Verdachtsberichterstattung über eine laufende polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlung ist nur zulässig, wenn ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit Öffentlichkeitswert verleiht. Dabei sind die Anforderungen an die journalistische Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Sie darf keine Vorverurteilung enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei bereits überführt. Eine auf Sensation abzielende, bewusst einseitige oder verfälschte Darstellung ist unzulässig. Auch die zur Verteidigung des Betroffenen vorgetragenen Tatsachen und Argumente müssen berücksichtigt werden, was regelmäßig die Einholung einer Stellungnahme des Verdächtigen erforderlich macht. Es muss sich zudem um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGH, Urteil vom 7. 12. 1999 - VI ZR 51/99 -, NJW 2000, 1036 f.; OLG Dresden, Urteil vom 27. 11. 2003 - 4 U 991/03 -, NJW 2004, 1181 ff., 1182). Straftaten gehören zum Zeitgeschehen; über sie zu berichten ist originäre Aufgabe der Medien. Bei schweren Straftaten ist auch eine identifizierende Berichterstattung grundsätzlich zulässig (BGH, Urteil vom 15. 11. 2005 - VI ZR 286/04 -, NJW 2006, 599 ff., 600). Das gilt in gewissem Maße auch, soweit es lediglich um den Verdacht einer Straftat geht. Dürften die Medien nur Informationen verbreiten, die ernsthaft nicht zu bezweifeln sind, könnten sie ihre Funktion, zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen und Fehlentwicklungen in Staat und Gesellschaft zu beobachten, nicht hinlänglich wahrnehmen (BGH, Urteil vom 3. 5. 1977 - VI ZR 36/74 -, NJW 1977, 1288 ff., 1288 f.; OLG Köln, Urteil vom 23.10.2001 - 15 U 43/01 - AFP 2001, 524).

Hier kann unter Berücksichtigung der Stellung des Klägers in der Gesellschaft und seines dadurch begründeten Bekanntheitsgrades sowohl aufgrund dessen Berufstätigkeit als auch aufgrund des gegen ihn damals anhängigen Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung wie auch unter Berücksichtigung der hier in Frage stehenden möglichen Tat grundsätzlich ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit bejaht werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Berichterstattung über das Bestehen eines Verdachts der Begehung einer Straftat durch die Medien besondere Gefahren für Betroffene begründen können. Das gilt vorliegend in Anbetracht der - im Jargon der Beklagten bleibend - "medialen Omnipräsenz" des Klägers in besonderem Maße. Verdächtigungen, Gerüchte und insbesondere Berichterstattungen durch die Medien werden oft für wahr genommen, ihre sich später erweisende Haltlosigkeit beseitigt den einmal entstandenen Mangel kaum und Korrekturen finden selten die gleiche Aufmerksamkeit wie die Bezichtigung, insbesondere, wenn es später "lediglich" zu einem Freispruch unter dem Gesichtspunkt in dubio pro reo kommt. Deswegen gebietet die bis zur rechtskräftigen Verurteilung zugunsten des Angeklagten sprechende Unschuldsvermutung eine entsprechende Pflicht der Medien, die Stichhaltigkeit der ihr zugeleiteten Informationen unter Berücksichtigung der dem Verdächtigen bei identifizierender Berichterstattung drohende Nachteile gewissenhaft nachzugehen, und eine entsprechende Zurückhaltung, ggf. einhergehend mit einer Beschränkung auf eine ausgewogene Berichterstattung (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27.11.2008 - 1 BvQ 46/08 - NJW 2009, 350 ff., 351 f.; OLG Köln, Urteil vom 02.06.1987 - 15 U 39/87 - NJW 1987, 2682 ff., 2683 f.).

Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass sie den gegen den Kläger gerichteten Verdacht aus einer anderen Informationsquelle lediglich übernommen habe, es sich deswegen ausschließlich um die Verbreitung von fremden Äußerungen - mit der rechtlichen Konsequenz, dass an ihre journalistische Sorgfaltspflicht im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG geringere Anforderungen zu stellen wären (BVerfG, Beschluss des 1. Senats der Ersten Kammer vom 25.06.2009 - 1 BvR 134/03 -, zitiert nach juris Rn. 63 - 69) - handele. Der Fall ist mit dem, der dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag, nicht vergleichbar, weil sich die beanstandete Berichterstattung der Beklagten weder der äußeren Form nach noch inhaltlich in der Art eines Pressespiegels darstellte. Eine Berichterstattung über die Meldung in einem anderen Medium unter Setzen von Anführungszeichen kann zwar auf eine hinreichende Distanzierung hindeuten (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30.09.2003 - 1 BvR 865/00 - NJW 2004, 590 f., 591). Aus dem Artikel in dem Magazin "G", auf den sich die Beklagte bezieht, hat die Beklagte indessen nicht in der beschriebenen Weise zitiert. Auch die Wahl der indirekten Rede führt zu keiner anderen Beurteilung. Bereits das Verbreiten dessen, was ein Dritter geäußert hat, ist rechtlich als eigene Äußerung des Erklärenden zu werten, wenn es an einer eigenen und ernsthaften Distanzierung des Erklärenden fehlt (BGH, Urteil vom 26.11.1996 - VI ZR 323/95 - NJW 1997, 1148 ff., 1149). Für ein Zu-Eigen-Machen durch die Beklagte spricht vielmehr, dass sie die Tatsache der Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen eines (weiteren) Gewaltverbrechens zum Nachteil einer Frau in die Berichterstattung über den Fortgang des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung eingebunden hat, ohne zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich von dem durch ihre Berichterstattung weiter gegebenen Verdacht distanzieren wolle.

Auf dieser Grundlage fehlt es bereits an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen. Der Begriff der "Beweistatsache" ist entgegen der Auffassung der Beklagten von dem Landgericht erkennbar nicht dahingehend fehlverstanden worden, der verbreitete Verdacht müsse durch Fakten unwiderleglich erhärtet sein. Richtigerweise hat das Landgericht darauf abgestellt, dass sich der Vorwurf allein auf die Aussage der Anzeigenerstatterin bei ihrer Vernehmung durch die Polizeidirektion I - Außenstelle T - vom 18.05.2010 gründet. Weitere Umstände, die den von der Anzeigenerstatterin erhobenen Vorwurf erhärten könnten, hat auch die Beklagte nicht anzuführen vermocht. Fehl geht auch die Beanstandung der Beklagten, das Landgericht verkenne den Unterschied zwischen der Würdigung einer "Beweislage" im Sinne einer Verdachtsberichterstattung und der Bewertung einer erfolgten Zeugenaussage unter Glaubwürdigkeitsgesichtspunkten, wobei letztere auf eine unzulässige Beweisantizipation zu ihrem Nachteil führe. Das Landgericht hat offensichtlich nicht verkannt, dass entscheidend ist ein Maß an Tatsachen, die unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, insbesondere der Prominenz des Klägers, der Art und Schwere der ihm vorgeworfenen Tat und der damit einhergehenden Stigmatisierung im Sinne einer Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen, die bei dem Rezipienten selbst dann haften bleibt, wenn es später zu einer Einstellung des Verfahrens oder zu einem Freispruch kommt, das Publikmachen eines Verdachts im Öffentlichkeitsinteresse rechtfertigen können. Basiert der Vorwurf einzig auf einer Anzeige/Aussage einer Person, gehört es zu der journalistischen Pflicht eines Presseorgans auch, die Glaubhaftigkeit der Anzeige/Aussage und/oder Glaubwürdigkeit der anzeigenden Person zu hinterfragen. Auch in Anbetracht der in den beanstandeten Berichterstattungen ebenfalls mitgeteilten Begründung des Oberlandesgericht Karlsruhe für seine Anordnung der Haftentlassung, dass "Aussage gegen Aussage" stehe und "kein dringender Tatverdacht" bestehe, hätte sich der Beklagten als Presseorgan aufdrängen müssen, auch im vorliegenden Fall die Aussage der Anzeigenerstatterin auf Wertigkeit zu hinterfragen. Hätte die Beklagte dieser Pflicht genügt, hätte sich ihr entsprechend der Auffassung des Landgerichts erschließen müssen, dass die Aussage der Anzeigenerstatterin gemäß der von der Beklagten vorgelegten Anlage B 36 "äußerst dürftig" ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die von dem Landgericht gegebene Begründung (S. 13 UA, Bl. 220 ff. GA) Bezug genommen. Auch der Senat vermag nicht nachzuvollziehen, warum sich die Anzeigenerstatterin trotz ihrer ansonsten umfänglichen Aussage nicht an die der angeblichen eigentlichen Tat unmittelbar vorausgehenden Geschehnisse erinnern konnte, etwa ob sie bekleidet oder unbekleidet die Tür öffnete und was ihrer angeblichen Fesselung mit einem Bademantelgürtel an der Armatur der Dusche vorausging. Es ist entgegen der Auffassung der Beklagten eben nicht so, dass die Erinnerung der Anzeigenerstatterin lediglich hinsichtlich bloßer "Randdetails" verblasst war. Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim diese Zeugenaussage zum Gegenstand einer Anklageschrift mit einem anderen Tatvorwurf vom 17.05.2010 gemacht hat (Anlage B 37), vermag eine abweichende Beurteilung genau so wenig zu begründen, wie der von der Beklagten als Vertrauenstatbestand bemühte Umstand, dass die Deutsche Presseagentur (Anlage B 38) und das Magazin "G" (Anlage B 39) die Aussage der Anzeigenerstatterin als hinreichend für eine Verdachtsberichterstattung erachteten. Ungeachtet dessen sei dem angefügt, dass sich die dpa-Meldung vom 31.07.2010 anders als die im vorliegenden Fall konkret beanstandeten Online-Berichterstattungen der Beklagten - mit Ausnahme der der Ziff. 1 d des Tenors zu Grunde liegenden - auf die Mitteilung beschränkte, dass der Anwalt des Klägers einen Bericht des N Magazins "G", nach dem die Staatsanwaltschaft Mannheim wegen gefährlicher Körperverletzung ermittle, ohne Mitteilung detaillierter Tatumstände beschränkte (siehe Anlage B 38). Entsprechendes gilt für die Anlage B 39 ("Focus"). Schließlich lässt auch die Tatsache, dass gegen den Kläger zu diesem Zeitpunkt ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs eines noch gewichtigeren Gewaltverbrechens bereits anhängig und zur Anklageerhebung gelangt war, keine andere Bewertung zu, etwa aus der Erwägung heraus, der nunmehr verbreitete Verdacht könne für dieses Strafverfahren im Hinblick auf die Persönlichkeitsstruktur des Klägers Bedeutung haben, weil der Persönlichkeitsschutz des Betroffenen unter dem Gesichtspunkt der Unschuldsvermutung in einem bereits anhängigen Strafverfahren nicht minder gilt.

Auch wenn es für die Beurteilung des Falles im Ergebnis aus den vorstehenden Gründen auf Folgendes nicht ankommt, fügt der Senat zu den weiteren, von der Beklagten beanstandeten Ausführungen an:

Die Auffassung des Landgerichts, die Berichterstattung der Beklagten im Zusammenhang mit Äußerungen zum anhängigen Strafverfahren vor dem Landgericht Mannheim begründe die gesteigerte Gefahr der Vorverurteilung als letztlich frauenverachtender, gewaltbereiter Mensch, teilt der Senat. Durch die Wiederholung eines im Kern vergleichbaren Vorwurfs der Gewaltausübung gegenüber Frauen kann sich in der öffentlichen Meinung durchaus die Einschätzung verfestigen, dass der Vergewaltigungsvorwurf durchaus zutreffend sein könne.

Unbegründet ist auch die Beanstandung der Beklagten, dass das Landgericht die Berichterstattung für "nicht ausgewogen" erachtet hat, weil der Vorwurf im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27.07.2010 erfolgt ist. Dessen unmittelbar dem neuen Vorwurf folgendes, angeführtes Erkenntnis der Anordnung der Haftentlassung mit der Begründung, es bestehe "kein dringender Tatverdacht", weil sich vielmehr "Aussage gegen Aussage" gegenüberstünden, wird bei einem jedenfalls nicht zu vernachlässigenden Kreis der Rezipienten der Online-Auftritte der Beklagten als In-Frage-Stellen der Richtigkeit der Entscheidung über die Haftentlassung aufgefasst. Dass sich bei einem Teil der Rezipienten aus den Online-Auftritten der Beklagten ein entsprechender Aussagewert herleiten ließ, musste sich der Beklagten erschließen. Bei dieser Bewertung hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht den Kontext der Passage ausgeblendet, weil dort auch darüber berichtet worden sei, dass den Anklägern "ein schwerer Schlag versetzt" worden sei, die neuen Informationen als "skurril" bezeichnet worden seien und der Kläger ausdrücklich mit seiner Unschuldserklärung angeführt worden sei. Derartiges lässt sich den hier betroffenen bis auf die Mitteilung, der Kläger habe die Begehung der ihm zur Last gelegten Tat der Vergewaltigung bestritten, nicht entnehmen. Verstärkt wird die Stigmatisierungswirkung auch durch das Zitat, der Kläger sei "ab und zu wirklich nicht zurechnungsfähig", weil dem unbefangenen Leser damit ein zwanghaftes Verhalten des Klägers nahegelegt wird, das ein Tatgeschehen wie nunmehr vorgeworfen als auch wie in dem anhängig gewesen Strafverfahren plausibler erscheinen lässt.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang beanstandet, dem Landgericht unterlaufe ein "Austausch des Streitgegenstandes", als es nicht eine Vorverurteilung in Bezug auf den neu erhobenen Vorwurf angenommen habe, sondern in Bezug auf die Vergewaltigungsvorwürfe, deren Verbreitung selbst der Kläger nicht zu unterbinden versuche, verkennt sie die Wechselwirkung, die dadurch entsteht, dass ein im Kern vergleichbarer Vorwurf der Gewaltausübung gegenüber Frauen in zwei Fällen in der öffentlichen Meinung die Einschätzung verfestigen kann, dass beide Vorwürfe eher zutreffend sein könnten.

(3) Auf dieser Grundlage erweist sich auch die Zuerkennung des Freistellungsanspruchs als begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten findet keine Zusammenrechnung der Streitwerte des vorliegenden Rechtsstreits mit denen der Verfahren zu 28 O 953/10 (= 15 U 131/11 OLG Köln) und 28 O 949/10 des LG Köln (= 15 U 132/11 OLG Köln) statt, weil den parallelen Rechtsstreiten selbstständige Streitgegenstände zugrunde liegen, die mit den Streitgegenständen des vorliegenden Verfahrens nicht identisch sind.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 bzw. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Für die Zulassung der Revision sieht der Senat keine hinreichende Veranlassung im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht.

Der Gegenstandswert der Berufung wird im Gleichlauf mit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung unter Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände auf insgesamt 50.000,00 € festgesetzt.

Der Senat pflichtet der insbesondere im Berliner Gerichtssprengel vertretenen Auffassung, der Streitwert einer Online-Veröffentlichung betrage regelmäßig nur einen Bruchteil von etwa 1/3 desjenigen Wertes, der bei eine Print-Veröffentlichung zu veranschlagen sei, nicht bei, wie zuletzt mit Beschluss vom 06.12.2011 - 15 W 76/11 - entschieden. Die Prozessbevollmächtigten haben der Wertfestsetzung im Termin vom 17.01.2012 zugestimmt.