Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.03.2013 - 3 CE 12.2130
Fundstelle
openJur 2013, 20321
  • Rkr:

Dienstpostenbesetzung;Abstellen auf letzte und vorletzte periodische Beurteilung bei der Bewerberauswahl;Relevante Änderung der Beurteilungssituation vor Stichtag der anstehenden nächsten Beurteilung; (verneint)

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. August 2012 wird in seinen Ziffern I und II aufgehoben.

Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren zu tragen. Im Übrigen trägt der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Im Mitteilungsblatt der Bayerischen Polizei Nr. 3 vom 15. Februar 2012 wurde im Bereich des Polizeipräsidiums O... unter Ziffer 3.1 der Dienstposten als Leiter/Leiterin der Polizeiinspektion Fahndung W..., bewertet mit Besoldungsgruppe A 12/13, zum 1. Mai 2012 zur Neubesetzung ausgeschrieben. Um den Dienstposten bewarben sich u.a. der Antragsteller und der Beigeladene.

Der 1962 geborene Antragsteller (seit 1.9.2008 Polizeihauptkommissar BesGr A 12) hat seit 1. April 2008 den mit A 12/00 bewerteten Dienstposten des Leiters Verfügungsgruppe inne und ist zugleich Stellvertreter des Dienststellenleiters der PI Fahndung W... Für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2009 erhielt er als PHK (A 12) im Gesamturteil 14 Punkte, für den vorangegangenen Zeitraum ab 1. Juni 2003 hatte er in einem Amt der BesGr A 11 ein Gesamturteil von 16 Punkten erzielt.

Der 1957 geborene Beigeladene, seit 1. Februar 2001 Polizeihauptkommissar (BesGr A 12), ist auf einem mit Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten des Leiters der Polizeistation W... tätig. Für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Juni 2009 erhielt er als PHK in der BesGr A 12 im Gesamturteil 14 Punkte. Für den vorausgegangenen Zeitraum ab 1. Juni hatte er ebenso - und zwar in einem Amt der BesGr A 12 - 14 Punkte im Gesamturteil erhalten.

Die Auswahlentscheidung wurde ausweislich des Aktenvermerks des Bayerischen Staatsministeriums des Innern (StMI) vom 23. April 2012 zugunsten des Beigeladenen getroffen. Dabei wurde darauf abgestellt, dass der Antragsteller und der Beigeladene bei der aktuellen Beurteilung des Jahres 2009 das selbe Gesamturteil aufwiesen und dass in der vorausgegangenen Beurteilung (2006) der Beigeladene in Besoldungsgruppe A 12 14 Punkte, der Antragsteller in Besoldungsgruppe A 11 16 Punkte erzielt habe. Auch insoweit ging der Antragsgegner - unter Berücksichtigung des Aspekts, dass beide Beamte über dienstliche Erfahrungen in grenznahen Dienststellen und über Führungseignung verfügten - von einem Leistungsgleichstand aus. Anhand der maßgeblichen Einzelmerkmale der aktuellen Beurteilung von 2009 sei ebenfalls keine Leistungsdifferenzierung möglich. Die Auswahl wurde daraufhin nach der längeren Dienstzeit im Besoldungsamt zugunsten des Beigeladenen getroffen. Gegen die mit Schreiben des StMI vom 7. Mai 2012 mitgeteilte Absicht, den ausgeschriebenen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, erhob der Hauptpersonalrat keine Einwendungen (Schreiben v. 23.5.2012).

Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 teilte das StMI dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können und die Übertragung des Dienstpostens an den Beigeladenen vorgesehen sei.

Am 19. Juni 2012 ließ der Antragsteller Klage wegen seiner Nichtberücksichtigung erheben und gemäß § 123 VwGO beantragen,

dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, den im Mitteilungsblatt Nr. 3 vom 15. Februar 2012 ausgeschriebenen Dienstposten als Leiter der Polizeiinspektion Fahndung W... zu besetzen sowie beamtenrechtlich nicht rücknehmbare Maßnahmen auf diesem Dienstposten vorzunehmen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.

Der Antragsgegner habe bei seiner Auswahlentscheidung auf die periodischen Beurteilungen von 2009 und 2006 abgestellt. Zu dem Zeitpunkt, als der Antragsteller das Schreiben vom 29. Mai 2012 erhalten habe, sei ihm bereits die periodische Beurteilung 2012 eröffnet worden. Die aktuelle Beurteilung des Antragstellers habe bereits am 30. April 2012 komplett ausgefertigt dem Polizeipräsidium O... vorgelegen. Die Entscheidung des Antragsgegners berücksichtige die aktuelle Beurteilung, also den Zeitraum der letzten drei Jahre nicht. Gerade in diesem Zeitraum sei in der Führungstätigkeit der PI Fahndung W... die maßgebliche Qualifizierung des Antragstellers für eine mögliche Leitungsfunktion in der Dienststelle erfolgt; der Antragsteller sei seit 1. April 2008 stellvertretender Dienststellenleiter. Der Antragsgegner hätte die zwischenzeitliche signifikante Entwicklung, nämlich die Leistungssteigerung um 2 Punkte, bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Aber selbst wenn die Entscheidung nur auf die zurückliegenden Beurteilungen gestützt würde, hätte zugunsten des Antragstellers entschieden werden müssen, weil der Antragsteller im Hinblick auf das Tätigkeitsspektrum einer PI Fahndung mit einer selbstinitiativen Kontrolltätigkeit im Rahmen der mobilen, selektiven Fahrzeug- und Personenfahndung im Bereich Straße und Schiene der geeignetere sei. Bei der -ebenfalls grenznahen - Dienststelle des Beigeladenen handle es sich demgegenüber um eine Landespolizeistation, angegliedert an die Polizeiinspektion F..., mit allgemein polizeilichen Aufgaben. Der Antragsteller besitze aufgrund der langjährigen Erfahrung bei einer PI Fahndung und als stellvertretender Dienststellenleiter einen erheblichen Qualifikationsvorsprung.

Ein Anordnungsgrund ergebe sich sowohl aus dem möglichen Bewährungsvorsprung, wenn ein Bewerber vor einer bestandskräftigen Auswahlentscheidung mit der Wahrnehmung des Dienstpostens betraut werde, sowie daraus, dass sich durch die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens bei allen in die engere Auswahl einbezogenen Bewerbern entscheidungsrelevante Änderungen ergeben könnten.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er sei bei der Auswahl gemäß Ziffer 6.4 des zweiten Abschlussberichts der Arbeitsgruppe Bestellungsverfahren vom November 2009 vorgegangen. Auf die Dienstzeit im Amt werde erst abgestellt, wenn sich aus der aktuellen Beurteilung, der Vorbeurteilung und schließlich der inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen Beurteilung ein Gleichstand ergebe. Im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung seien die dienstlichen Beurteilungen von 2009 noch aktuell gewesen. Für die Frage, wie lange eine Beurteilung hinreichend aktuell sei, orientiere sich die Rechtsprechung zum einen an den Beurteilungszeiträumen für Regelbeurteilungen (im Polizeibereich grundsätzlich drei Jahre). Zum anderen stelle sie darauf ab, ob sich die Verhältnisse zwischenzeitlich relevant verändert hätten. In der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. März 2010 - 3 CE 10.3208 werde entsprechend davon ausgegangen, dass eine Auswahlentscheidung grundsätzlich noch bis zum Stichtag der neuen Beurteilung auf der Grundlage der alten Beurteilung getroffen werden könne. Die im Vorfeld der Beurteilungserstellung festgelegte Reihung der zu beurteilenden Beamten stelle für sich betrachtet noch keine zu berücksichtigende, weil noch nicht relevante, Veränderung dar. Diese Reihung könne sich noch verschieben. Außerdem gewährleiste die formale Gleichheit der Beurteilungsstichtage und -zeiträume die größtmögliche Vergleichbarkeit der Regelbeurteilungen. Ein Abstellen auf einen davon abweichenden Zeitpunkt würde das System der periodischen Beurteilung, die eine möglichst weitgehende Objektivität sichern solle, aushöhlen. Dementsprechend seien hier für die Auswahlentscheidung die Beurteilungen des Jahres 2009 als im Entscheidungszeitpunkt aktuellste Beurteilungen, die Beurteilungen 2006 als vorletzte Beurteilungen herangezogen worden. Hier habe sich ein Gleichstand ergeben, ebenso bei der anschließend durchgeführten Binnendifferenzierung der Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen von 2009. Da weder der Beigeladene noch der Antragsteller einen Qualifikationsvorsprung für den zu besetzenden Dienstposten nachgewiesen habe, habe auf nicht mehr unmittelbar leistungsbezogene Hilfskriterien abgestellt werden können und müssen. Die Auswahl sei deshalb nach der Dienstzeit im Besoldungsamt erfolgt. Der Beigeladene liege somit an der Spitze der Beförderungsbewerber. Auch die bisherigen Verwendungen des Antragstellers und des Beigeladenen seien vergleichbar. Der Beigeladene sei bei der GPS F... im Zeitraum von 1993 bis 2002 zunächst als Sachbearbeiter, später auch als Dienstgruppenleiter, von 2002 bis 2007 bei der GPI F... als Sachbearbeiter gehobener Dienst, Einsatz und Organisation, tätig gewesen. Die dienstlichen Erfahrungen beider Beamter seien daher im Hinblick auf die Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens als vergleichbar anzusehen. Der Antragsteller sei zwar seit 1. April 2008 als stellvertretender Leiter der PI Fahndung in W... tätig. Einen Qualifikationsvorsprung besitze er jedoch nicht. Ein solcher könne nur angenommen werden, wenn die entsprechende Tätigkeit über einen relevanten Zeitraum, in der Regel mindestens sechs Monate, selbständig ausgeübt werde. Übliche Krankheits- oder Urlaubsvertretungen reichten hierfür nicht.

Mit Beschluss vom 30. August 2012 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag statt und untersagte dem Antragsgegner, den ausgeschriebenen Dienstposten als Leiter der PI Fahndung W... zu besetzen sowie beamtenrechtlich nicht rücknehmbare Maßnahmen auf diesem Dienstposten vorzunehmen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.

Im Hinblick auf einen etwaigen Bewährungsvorsprung des Beigeladenen sowie den Aspekt, dass sich bei den in die engere Auswahl einbezogenen Bewerbern während der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens entscheidungsrelevante Änderungen ergeben könnten, sei ein Anordnungsgrund gegeben.

Der Antragsteller besitze auch einen Anordnungsanspruch. Das Stellenbesetzungsverfahren lasse erkennen, dass gegen die Grundsätze der Bestenauslese verstoßen worden sei. Ausgehend von dem seitens des Antragsgegners festgestellten Beurteilungsgleichstand habe das StMI zwar nicht die zum Stichtag 31. Mai 2012 erstellten periodischen Beurteilungen als aktuellste voranstellen müssen, weil die Auswahlentscheidung bereits am 23. April 2012 getroffen und mit Zustimmung der Personalvertretung am 23. Mai 2012 die Stellenbesetzung verwaltungsintern abgeschlossen gewesen sei. Zwar sei grundsätzlich auf die letzte dienstliche Beurteilung abzustellen, aber nur, solange der Dienstherr zu Recht davon ausgehen könne, dass zwischenzeitlich keine relevanten Veränderungen erfolgt oder signifikante Entwicklungen eingetreten seien. Beim Antragsteller habe jedoch eine relevante Veränderung stattgefunden. Er habe bei der neuesten periodischen Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis 31. Mai 2012 16 Punkte und damit zwei mehr als bei der vorangegangenen Beurteilung erreicht. Zur Zeit der Weiterleitung seiner Bewerbung mit Vorlageschreiben des PP O... vom 20. März 2012 müsse diese Leistungssteigerung auch schon feststellbar gewesen sein, da bereits im Februar 2012 die Festlegung der Reihungen, nach denen sich die Gesamtpunktzahl richte, erfolgt sei. In den Monaten Februar/März sei das PP O... die Schnittstelle sowohl im Beurteilungs- wie im Stellenbesetzungsverfahren gewesen und hätte das StMI auf diese signifikante Leistungssteigerung des Antragstellers aufmerksam machen müssen. Die Nichtberücksichtigung der Leistungssteigerung des Antragstellers bei der Auswahlentscheidung verstoße gegen den Leistungsgrundsatz und sei daher rechtswidrig.

Mit ihren Beschwerden haben sich sowohl der Antragsgegner wie auch der Beigeladene gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts gewandt und jeweils (sinngemäß) beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30. August 2012 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.

Der Beigeladene hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Leistungsentwicklung des Antragstellers sei nicht signifikant, weil die Entwicklung innerhalb der gleichen Notenstufe - hier: der Note 1 - erfolgt sei. Eine signifikante Leistungsentwicklung sei außerdem erst dann festgestellt, wenn der Beurteilungszeitraum vollständig abgelaufen sei. Erst mit der Unterschrift des Beurteilers bei Ablauf des Beurteilungszeitraums werde das von ihm getroffene Werturteil dokumentiert. Der Antragsgegner habe davon ausgehen können, dass die periodische Beurteilung von 2009 noch hinreichend aktuell sei.

Der Antragsgegner hat ebenfalls die Auffassung vertreten, die im Vorfeld der Beurteilungserstellung festgelegte Reihung stelle für sich betrachtet noch keine zu berücksichtigende Veränderung dar. Die Reihung könne sich durch Umstände, die vor dem Beurteilungsstichtag einträten, noch verschieben. Würde auf einen Zeitraum vor dem Beurteilungsstichtag abgestellt, ginge dies unter Umständen zulasten der Mitbewerber. Durch Abstellen auf einen vom Beurteilungsstichtag abweichenden Zeitpunkt würde das System der periodischen Beurteilung, das möglichst weitgehende Objektivität sichern solle, und das auch dazu diene, Veränderungen des Leistungsbildes des Einzelnen im Vergleich zu seinen Kollegen kontinuierlich abzubilden, ausgehöhlt. Die Erstellung von Anlassbeurteilungen - die aus Gründen der Gleichbehandlung dann für alle Bewerber erfolgen müsste - hätte bei der Vielzahl der Dienstpostenbesetzungen im Bereich der bayerischen Polizei einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zur Folge.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2012 die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und sich im Wesentlichen auf die erstinstanzliche Entscheidung bezogen.

Der Antragsgegner hat den zeitlichen Ablauf hinsichtlich der Sprengel- und Verbandsreihungen sowie die Erstellung der Beurteilungen erläutert (Schreiben d. StMI v. 25.1.2013 u.v. 25.2.2013). Der Antragsteller hat hierzu mit Schriftsätzen vom 13. Februar 2013 und 4. März 2013 Stellung genommen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den vorgelegten Behördenakt und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen haben Erfolg. Der Antrag des Antragstellers ist unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses abzulehnen.

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das vom Antragsgegner durchgeführte Stellenbesetzungsverfahren lässt -ausgehend von den vom Antragsgegner und vom Beigeladenen dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - erkennen, dass die Grundsätze der Bestenauslese dergestalt eingehalten worden sind, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen ist, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung ist gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. auch § 9 BeamtStG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Diese Regeln der Bestenauslese (die stets dann zur Anwendung kommen, wenn -wie hier - zwei Beförderungsbewerber miteinander konkurrieren) dienen vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Stellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen; ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (vgl. BVerwGE 80, 123; BayVGH vom 19.1.2000 – 3 CE 99.3309BayVBl 2001, 215). Ist unter mehreren Bewerbern eine Auswahl zur Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zu treffen, so sind die Feststellungen über Eignung, Befähigung und Leistung in erster Linie auf dienstliche Beurteilungen zu stützen (vgl. BVerwG vom 19.12.2002 – 2 C 31/09 – BayBVl 2003, 533; vom 27.2.2003 – 2 C 16/02BayVBl 2003, 693).

1. Der Antragsgegner hat bei seiner Auswahlentscheidung zu Recht auf die periodischen Beurteilungen von 2009 - als aktuelle Beurteilung - und diejenige von 2006 -als vorangegangene Beurteilung - maßgeblich abgestellt und eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse während des laufenden, am 31. Mai 2012 endenden Beurteilungszeitraums inzident verneint.

Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine absolute Grenze im Ablauf des Beurteilungszeitraums gesehen und ist davon ausgegangen, dass mit Ablauf des Stichtags des Beurteilungszeitraums Tatsachen geschaffen sind, die es verbieten, die vorherige Beurteilung noch als aktuelle zu betrachten (BayVGH, B.v. 8.3.2010 –3 CE 09.3208 – juris Rn. 17 und 18).

Eine weitere zeitliche Grenze hat der Senat in seiner Rechtsprechung dahingehend definiert, dass sich die Situation (seit der letzten Beurteilung) nicht relevant verändert haben darf. Das wäre dann der Fall, wenn die der Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden dienstlichen Beurteilungen ihre Aktualität verloren haben (BayVGH, B.v. 8.3.2010, a.a.O.). Grundsätzlich geht der Senat jedoch davon aus, dass die Beurteilungszeiträume für Regelbeurteilungen Hinweise geben, wie lange von der Aktualität einer dienstlichen Beurteilung auszugehen ist (BayVGH, B.v. 8.3.2010 a.a.O., juris Rn. 16).

Im Hinblick auf die gebotene Transparenz eines Stellenbesetzungsverfahrens ist jedoch dann, wenn der Dienstherr die Aktualität der letzten Beurteilung nicht mehr als gegeben ansieht, dies durch Erstellen einer Anlassbeurteilung zu dokumentieren (BayVGH, B.v. 8.8.2007 – 3 CE 07.1050 – juris Rn. 42). Der Senat geht regelmäßig davon aus, dass der Dienstherr durch Berücksichtigung der aktuellen dienstlichen Beurteilung bei seiner Auswahlentscheidung inzidenter zum Ausdruck bringt, dass aus seiner Sicht keine relevanten Veränderungen erfolgt sind (BayVGH, B.v. 12.2.2004 – 3 CE 04.76 – juris Rn. 80; B.v. 8.8.2007, a.a.O., juris Rn. 43; B.v. 24.4.2009 – 3 CE 08.3152 – juris, Rn. 49).

Der Auswahlvermerk des StMI datiert vom 23. April 2012, die Zustimmung des Hauptpersonalrats vom 23. Mai 2012. Der Zeitraum der anstehenden neuen periodischen Beurteilung endete am 31. Mai 2012. Die neueste Beurteilung des Antragstellers, bei der ihm ein Gesamturteil von 16 Punkten zuerkannt wurde, wurde vom Beurteiler, dem Präsidenten des Polizeipräsidiums O..., am 1. Juni 2012 unterzeichnet und dem Antragsteller am 6. Juni 2012 eröffnet. Die auf das Gesamturteil 15 Punkte lautende Beurteilung des Beigeladenen wurde vom selben Beurteiler am 27. Juni 2012 unterzeichnet und dem Beigeladenen am 10. Juli 2012 eröffnet. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, dass seine neueste Beurteilung bereits am 30. April 2012 komplett ausgefertigt dem Polizeipräsidium O... vorgelegen habe, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden. Nach der - insoweit unwidersprochenen - Darstellung des Ablaufs durch das StMI fanden im Februar 2012 die Sprengelreihungen statt, die der Verbandsreihung, die vom 27. bis 30. März 2012 stattfand, vorausgingen. Aufgrund der Spitzenplätze des Antragstellers und des Beigeladenen in ihrer jeweiligen Sprengelreihung war bis zur Verbandsreihung völlig offen, welche Plätze der Antragsteller und der Beigeladene bei der - für die Beurteilung maßgeblichen - Verbandsreihung erhalten würden. Diese Verbandsreihung wurde den Dienststellenleitern am 5. April 2012 mit dem Hinweis auf die Vorläufigkeit dieses Reihungsergebnisses mitgeteilt. Das StMI genehmigte die zahlenmäßigen Vorübersichten dann mit geringfügigen Änderungen am 25. Mai 2012. Erst ab diesem Zeitpunkt war eine verbindliche Festlegung der aufgrund der Verbandsreihung zu vergebenden Prädikate möglich. Wegen des Ruhestandsbeginns des Dienststellenleiters der PI Fahndung W... zum 30. April 2012 war mit diesem vereinbart worden, dass er die Beurteilungen der Beamten seiner Dienststelle - also auch die des Antragstellers - noch selbst fertigen könne, wobei auf die Vorläufigkeit ausdrücklich hinwiesen wurde. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass der Leiter der PI Fahndung W... am 14. März 2012 im Beurteilungslaufwerk des Polizeipräsidiums O... eine „aktualisierte“ Reihungsliste erhalten habe, aus der ersichtlich gewesen sei, dass für den Antragsteller als Gesamturteil 16 Punkte vorgesehen seien, kann es sich dabei jedenfalls nicht um die Verbandsreihung gehandelt haben, da diese erst in der Zeit vom 27. bis 30. März 2012 erarbeitet wurde. Ebenso kann die am 23. April 2012 „fertig erstellte Beurteilung“ des Dienstellenleiters, der nicht der Beurteiler ist, nur ein Entwurf gewesen sein, der - was plausibel ist - im Hinblick auf den Ruhestandsbeginn des Dienststellenleiters mit Ablauf des Monats April 2012 eben schon zu diesem Zeitpunkt erstellt wurde. Das ändert aber nichts daran, dass etwaige Änderungen - etwa in Gestalt neuer Erkenntnisse bei der Dienstleistung -noch bis zum Beurteilungsstichtag am 31. Mai 2012 hätten Berücksichtigung finden müssen. Das StMI hat ferner im Schreiben vom 25. Februar 2013 (S. 3) auch darauf hingewiesen, dass nach Übersendung der Vorübersicht der Beurteilungen mit Schreiben vom 5. April 2012 seitens des Polizeipräsidiums O... beim StMI eine Anhebung in der Besoldungsgruppe A 12 über die Quote hinaus beantragt worden sei, was letztlich noch zu Veränderungen in der betroffenen Vergleichsgruppe geführt habe, auch wenn der Antragsteller und der Beigeladene davon nicht betroffen gewesen seien.

Daraus folgt, dass am 23. April 2012, im Zeitpunkt der Erstellung des Auswahlentscheidung, eine endgültige Beurteilung des Antragstellers mit 16 Punkten noch nicht existierte. Es konnte zu diesem Zeitpunkt ebenso wenig von einer endgültigen - also nicht mehr veränderbaren - Reihung auf Verbandsebene mit dem dritten Platz des Antragstellers und dem sechsten Platz des Beigeladenen ausgegangen werden wie von einer bereits endgültig feststehenden Beurteilung des Antragstellers mit 16 und des Beigeladenen mit 15 Punkten im Gesamturteil.

Zwar hat sich - stellt man auf die neueste periodische Beurteilung von 2012 ab - der Antragsteller gegenüber der periodischen Beurteilung von 2009 von 14 auf 16 Punkte, der Beigeladene von 14 auf 15 Punkte verbessert. Nachdem aufgrund der Spitzenplätze des Antragstellers und des Beigeladenen in der Sprengelreihung bis zur - endgültigen -Verbandsreihung offen war, welches konkrete Gesamturteil der Antragsteller (und der Beigeladene) erhalten würde, und weil zudem bis zum Beurteilungsstichtag noch etwaige neue Erkenntnisse ihren Niederschlag in der periodischen Beurteilung hätten finden können, war es nicht rechtsfehlerhaft, auf die Beurteilungen von 2009 als aktuelle Beurteilungen abzustellen. Eine relevante Änderung der Leistung im Sinne der Rechtsprechung des Senats - die der Dienstherr seiner Auswahlentscheidung zwingend hätte zugrunde legen müssen - ist damit noch nicht eingetreten.

Der Dienstherr hätte, wenn er vor Ablauf der Beurteilungsperiode eine relevante Veränderung gesehen hätte, Anlassbeurteilungen erstellen und diese bei der Auswahlentscheidung berücksichtigen müssen. Der Dienstherr war jedoch - wie ausgeführt -nicht verpflichtet, Anlassbeurteilungen zu erstellen.

2. Der Antragsteller hat außerdem geltend gemacht, dass selbst bei Abstellen der Auswahlentscheidung auf die Beurteilungen von 2009 und von 2006 im Hinblick auf das konkrete Tätigkeitsspektrum zu seinen Gunsten hätte entschieden werden müssen. Dem ist entgegen zu halten, dass die Bewertung der bisherigen Verwendungen des Antragstellers und des Beigeladenen durch den Antragsgegner als vergleichbar vom Beurteilungsspielraum des Antragsgegners gedeckt ist, nachdem sich die Vertretungstätigkeit des Antragstellers für den Leiter der PI Fahndung in W... nur auf die üblichen Krankheits- und Urlaubsvertretungen bezogen hat.

Den Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Der Billigkeit entspricht es, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren dem Antragsteller aufzuerlegen, nachdem sich der Beigeladene im Beschwerdeverfahren durch Rechtsmitteleinlegung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.