AG Aachen, Urteil vom 07.10.2010 - 120 C 310/10
Fundstelle
openJur 2013, 19955
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Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.576,22 Euro zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 1 % pro angefangenen Monat auf einen Teilbetrag von 180,67 Euro ab dem 02.02.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.03.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.04.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.05.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.06.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.07.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.08.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.09.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.10.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.11.2009, auf einen Teilbetrag von 378,47 Euro ab dem 02.12.2009, darüber hinaus vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 12,50 Euro und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Beklagte schloss als Versicherungsnehmerin für ihre Töchter S geboren xx.xx.1989, und T, geboren am xx.xx.1991, bei der Klägerin eine Private Krankenversicherung nebst Pflegepflichtversicherung unter Bezugnahme auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung ab. Auf § 13 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, ersichtlich auf Bl. 90 d.A., wird Bezug genommen. Unter Absatz 10 heißt es hier: "Kündigt der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen, haben die versicherten Personen das Recht, das Versicherungsverhältnis unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers fortzusetzen. Die Erklärung ist innerhalb zweier Monate nach der Kündigung abzugeben. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die betroffenen versicherten Personen von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt haben."

Nach dem 31.01.2009 erfolgte keine Prämienzahlung mehr durch die Beklagte.

Unter dem 01.03.2009 erfolgte eine Aufnahme der Töchter in die gesetzliche Krankenversicherung gemäß Schreiben der U-Krankenkasse vom 05.03.2009 (Bl. 47 d.A.). Unter dem 11.03.2009 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin: "Im Anhang sende ich Ihnen die Bestätigung, dass meine Töchter... mit Wirkung vom 01.03.2009 bei der U-Krankenkasse gesetzlich versichert sind. Ich bitte um sofortige Auflösung der Privaten Krankenversicherung bei Ihnen und um Bestätigung." Das Schreiben ging am 13.03.2009 bei der Klägerin ein. Unter dem 17.04.2009 verfasste die Klägerin ein Schreiben, mit dem sie die Kündigung der Beklagten zurückwies und deren Wirksamkeit von der Vorlage eines Nachweises über die Information der versicherten Personen über die Kündigung abhängig machte. Zwischen den Parteien ist streitig, inwiefern dieses Schreiben der Beklagten zuging.

Im Beitragszeitraum vom 01.02.2009 bis 31.12.2009 zahlte die Beklagte die Prämien in Höhe von 2.576,22 Euro, im einzelnen ersichtlich auf Bl. 71 d.A., auf diese substantiierte Darlegung von der Beklagten nicht mehr bestritten, nicht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.576,22 Euro zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 1 % pro angefangenen Monat auf einen Teilbetrag von 180,67 Euro ab dem 02.02.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.03.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.04.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.05.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.06.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.07.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.08.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.09.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.10.2009, auf einen Teilbetrag von 224,12 Euro ab dem 02.11.2009, auf einen Teilbetrag von 378,47 Euro ab dem 02.12.2009, darüber hinaus vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 12,50 Euro und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, ihre beiden Töchter seien im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigungserklärung über diese Kündigung informiert gewesen.

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

Das Gericht hatte vorsorglich im Termin vom 31.08.2010 gemäß dem Beschluss vom 31.08.2010 Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin S. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll aus der Sitzung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung von Versicherungsprämien für den Prämienzeitraum 01.02.2009 bis 31.12.2009 verlangen.

Dies gilt für den Zeitraum 01.02.2009 bis 28.02.2009 bereits deshalb, weil eine Kündigung jedenfalls erst zum 01.03.2009 durch die Beklagte ausgesprochen worden ist.

Auch dem weitergehenden Prämienzahlungsanspruch steht die Kündigungserklärung vom 11.03.2009 nicht entgegen. Zwar war die Beklagte auf der Grundlage von § 205 Abs. 2 VVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung nach Wiederaufnahme der Töchter in die gesetzliche Krankenversicherung binnen 3 Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht, d.h., dem 01.03.2009, zur Kündigung berechtigt mit der Folge, dass der Klägerin die Prämie grundsätzlich nur bis zu diesem Zeitpunkt zustünde.

Jedoch ist die Kündigung nach § 13 Abs. 10 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung nur wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die betroffenen versicherten Personen von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt haben. Hintergrund dieser Regelung ist § 207 Abs. 2 VVG, der das Recht der versicherten Person auf Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses schützt. Die Klausel macht den Nachweis der Kenntniserlangung zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung, mithin kann hier dahingestellt bleiben, ob die versicherten Personen, die Töchter der Beklagten, zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung Kenntnis von der Kündigung hatten, denn ein Nachweis dieser Kenntnis ist jedenfalls innerhalb des streitgegenständlichen Beitragszeitraumes nicht gegenüber der Klägerin erbracht worden.

Diese Klausel ist auch nicht zu beanstanden.

Ein Klauselverbot nach § 308 oder 309 BGB ist nicht einschlägig. Insbesondere wurde die Nachweispflicht nicht von einer strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen abhängig gemacht im Sinne von § 309 Nr. 13 BGB. Sie stellt auch keine entgegen den Geboten von Treu und Glauben erfolgende unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Der Versicherungsnehmer ist für die Wirksamkeit seiner Kündigung beweisbelastet. Der Nachweis der Kenntniserlangung, bei der es sich um ein gesetzliches Wirksamkeitserfordernis nach § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG handelt, ist insofern vertragsrelevant, als das Fortsetzungsrecht der versicherten Person zum Fortbestehen des Versicherungsvertrages führt. Dementsprechend haben die Versicherer ein nachvollziehbares und im Interesse der Vertragssicherheit stehendes Informationsinteresse. Ohne Verankerung einer Nachweispflicht für den Versicherungsnehmer ist die gesetzliche Regelung des § 207 Abs. 2 Satz 2 für die Versicherungsbranche nicht praktikabel und handhabbar.

Eines gesonderten Hinweises auf das Wirksamkeitserfordernis, wie im Schreiben vom 17.04.2009, Bl. 85 ff. d.A., enthalten, bedurfte es nach hiesiger Ansicht nicht. Die AGB war insofern hinreichend verständlich und aussagekräftig.

Da die Beklagte im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung gemäß ihrer Erklärung im Termin vom 31.08.2010 nicht das alleinige Sorgerecht zustand, war auch bezüglich der Tochter T ein Nachweis an die Klägerin von der Kenntniserlangung der versicherten Person bzw. deren mitsorgeberechtigten Vater vonnöten.

Der Anspruch auf Zahlung von Säumniszuschlag in Höhe von 1 % des Beitragsrücksandes sowie Mahnkosten ergibt sich aus § 8 Abs. 6 der AGB. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind unter Verzugsgesichtspunkten in der geltend gemachten Höhe zu erstatten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1, 2 ZPO.

Streitwert: 2.576,22 Euro

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