VG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2013 - 13 K 5627/12
Fundstelle
openJur 2013, 19768
  • Rkr:

1. Die Kürzung der Versorgungsbezüge eines geschiedenen Beamten gemäß § 57 BeamtVG im Gefolge des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs ist - auch mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG - verfassungsgemäß. Dies gilt auch in Fällen vorzeitiger Zurruhesetzung und selbst dann, wenn die Kürzung dazu führt, dass die einem Beamten nach § 14 Abs. 4 BeamtVG zu zahlende Mindestversorgung unterschritten wird.

2. Es ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beamte infolge der Kürzung auf Sozialleistungen angewiesen ist und/oder Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten nicht (vollständig) erfüllen kann. Eine einzelfallbezogene Härtefallregelung im Rahmen des § 57 BeamtVG ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht geboten.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der im Jahr 1946 geborene Kläger stand im Dienst der Beklagten und war zuletzt bei der Deutschen Q AG beschäftigt. Er wurde zum 1. November 1994 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Im April 2004 wurde die damalige Ehe des Klägers geschieden. In dem entsprechenden Urteil des Amtsgerichts X vom 21. April 2004 wurden zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften des Klägers auf dem Versicherungskonto seiner geschiedenen Ehefrau bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 234,07 Euro begründet, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. Juni 1992. Das Urteil wurde am 26. Juni 2004 rechtskräftig.

Am 23. Juli 2004 heiratete der Kläger erneut. Mit seiner jetzigen Ehefrau hat er eine gemeinsame, im Jahr 1988 geborene Tochter.

Im März 2012 teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Deutschen Q AG mit, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers im Februar 2012 einen Rentenantrag gestellt habe. Hierüber informierte die Deutsche Q AG den Kläger mit Schreiben vom 13. März 2012. In diesem Schreiben teilte sie dem Kläger ferner mit, dass seine Versorgungsbezüge vorsorglich ab dem 1. April 2012 gekürzt würden. Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Deutschen Q AG mit, dass der geschiedenen Ehefrau des Klägers zum 1. Dezember 2011 eine Rente bewilligt worden sei.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2012 kürzte die Deutsche Q AG daraufhin die Versorgungsbezüge des Klägers unter Berufung auf § 57 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG). Die dem Bescheid beigefügte Berechnung wies einen monatlichen Kürzungsbetrag von 308,72 Euro aus. Zugleich wurden in dem Bescheid infolge der Kürzung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. März 2012 zu viel gezahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 885,54 Euro gemäß § 52 BeamtVG zurückgefordert. Hierzu heißt es in dem Bescheid, der Rückforderungsbetrag werde in zwei monatlichen Raten von 300,00 Euro und einer Rate in Höhe von 285,54 Euro von den Versorgungsbezügen des Klägers einbehalten.

Am 27. Juni 2012 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er im weiteren Verfahren darauf, dass die durchgeführte Kürzung für ihn eine unbillige Härte darstelle. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass seine (vormalige) Ehezeit zum 30. Juni 1992 geendet habe. Durch seinen Eintritt in den Ruhestand schon zum 1. November 1994 habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, eine höhere Pension zu erwirtschaften, um den bislang festgesetzten Kürzungsbetrag auszugleichen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass seine geschiedene Ehefrau demgegenüber bis zu ihrer Regelaltersgrenze durch Vollzeitarbeit weitere eigene Rentenanwartschaften habe erwerben können. Schließlich ergebe sich die unbillige Härte daraus, dass die Erhöhung des Kürzungsbetrages auf nunmehr 308,72 Euro auch zu Lasten seiner jetzigen Ehefrau gehe. Dies beträfe nicht nur die Gewährung der laufenden Versorgungsbezüge, sondern gelte ebenso im Falle seines Todes, da die entsprechende Witwenrente dann ebenfalls geringer ausfallen würde. Unter Berücksichtigung des Schutzes des Instituts der Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sei dies nicht tragbar.

Darüber hinaus sei aus der Berechnung der gekürzten Bezüge nicht ersichtlich, dass die Kürzung der Sonderzuwendungen für Bundesbeamte, die ab dem Jahr 2003 durch die Sonderzahlung abgelöst worden seien, berücksichtigt worden sei. Insbesondere die Senkung des Bemessungsfaktors in den Jahren 2003 und 2011 sei nicht berücksichtigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2012, der den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht förmlich zugestellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass das Ruhegehalt des Klägers gemäß § 57 BeamtVG ab dem 1. Dezember 2011 zu kürzen gewesen sei, da seine geschiedene Ehefrau ab diesem Zeitpunkt eine Rente beziehe. Der Kürzungsbetrag berechne sich nach § 57 Abs. 2 BeamtVG. Diese Vorschrift gebe zugleich vor, in welchem Umfang der in dem Scheidungsurteil ausgewiesene Kürzungsbetrag zu erhöhen gewesen sei. Dabei sei insbesondere die Erhöhung der Versorgungsbezüge zum 1. Januar 2010, zum 1. Januar 2011 und zum 1. August 2011 in den Blick zu nehmen gewesen.

Im Hinblick auf die Rückforderung der überzahlten Versorgungsbezüge sei zu beachten, dass insoweit ein gesetzesimmanenter Vorbehalt bestehe. Bei der Frage, ob die Rückzahlung in einer Summe oder in Raten erfolgen müsse, seien Billigkeitsgründe zu beachten gewesen. Daher habe sie, die Beklagte, ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass die Rückforderung in drei monatlichen Raten zu erfolgen habe.

Im Übrigen liege es nicht in ihrem Ermessen, von der gesetzlich gebotenen Kürzung abzusehen. Ergäben sich hierdurch wirtschaftliche Engpässe, seien diese als Folgen der persönlichen Lebensführung der Privatsphäre des Betroffenen zuzuordnen und könnten nicht im Ergebnis zu Lasten der Staatskasse geltend gemacht werden. Im Übrigen könne der Kläger unter bestimmten Voraussetzungen bei dem zuständigen Familiengericht eine Abänderung der anlässlich der Ehescheidung getroffenen Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragen.

Der Kläger hat am 9. August 2012 Klage erhoben.

Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend macht er geltend, dass er sich nicht gegen die Kürzung seiner Versorgungsbezüge i.H.v. 234,07 Euro gemäß dem Scheidungsurteil wende, sondern lediglich gegen die darüber hinausgehende Kürzung.

Insoweit sei zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1980 festgestellt habe, dass ein beamtenrechtlicher Versorgungsausgleich und eine Kürzung der Versorgungsleistungen nach § 57 BeamtVG nicht stets zulässig seien, sondern die Vorgaben zu beachten hätten, die sich aus Art. 6 Abs. 1, Art. 3 Abs. 2 sowie Art. 33 Abs. 5 GG ergäben. Zu den hiernach zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehöre auch der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Alimentierung. Dieser Anspruch umschließe auch die Familie des Beamten. Ein im Rahmen eines Scheidungsverfahrens durchgeführter Versorgungsausgleich könne dann nicht gerechtfertigt sein, wenn von dem ausgleichspflichtigen Beamten unverhältnismäßige Opfer verlangt würden. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sei nicht allein auf die Situation des ausgleichspflichtigen Beamten selbst abzustellen, sondern auch die Situation seiner Familie zu berücksichtigen. Hier sei insbesondere zu beachten, dass er, der Kläger, nach seinem Eintritt in den Ruhestand keine Möglichkeit mehr gehabt habe, seine verbleibenden Rentenanwartschaften aufzustocken. Zudem sei zu beachten, dass er nicht nur seiner zweiten Ehefrau, sondern auch seiner Tochter aus der zweiten Ehe zum Unterhalt verpflichtet sei. Das sog. Pensionistenprivileg, das bei ihm noch Anwendung gefunden habe, schließe die Unverhältnismäßigkeit der Kürzung nicht aus.

Nach den gesetzlichen Vorgaben seien Kürzungen in den Fällen unzulässig, in denen der Ausgleichspflichtige Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten erbringe. Unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG könne es jedoch keinen Unterschied machen, ob Unterhaltszahlungen an einen geschiedenen Ehegatten oder an einen neuen Ehegatten und/oder unterhaltsberechtigte Kinder erfolgten. Nur eine Gleichbehandlung dieser Fallkonstellationen genüge den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2012 insoweit aufzuheben, als darin ein höherer Kürzungsbetrag als 234,07 Euro/Monat festgesetzt und ein Betrag von 885,54 Euro von ihm zurückgefordert worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden. Insbesondere verweist sie nochmals darauf, dass sowohl die Kürzung als solche als auch die Berechnung des Kürzungsbetrags durch § 57 BeamtVG vorgegeben seien. Die jeweiligen Vorgaben seien bei der Berechnung zutreffend umgesetzt worden. Hierzu hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren eine Berechnung der Entwicklung des Kürzungsbetrages vorgelegt (Bl. 63 und 64 der Gerichtsakte), auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Die hier anzuwendenden Vorschriften - so die Beklagte weiter - seien auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kürzung der Versorgungsbezüge im Hinblick auf den Versorgungsausgleich verstoße weder gegen Art. 6 GG noch gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Nach der Rechtsprechung, auch der des Bundesverfassungsgerichts, bestünden gegen den Versorgungsausgleich auch dann keine grundsätzlichen Bedenken, wenn er bei dem Verpflichteten zu Versorgungsbezügen führe, die wegen ihrer geringen Höhe durch andere Sozialleistungen ergänzt werden müssten. Ebenso wenig sei es in diesem Zusammenhang von Bedeutung, ob der Betroffene durch die Kürzung seine Unterhaltspflichten aus einer zweiten Ehe nicht mehr erfüllen könne; diese Umstände lägen ausschließlich in der Sphäre des Betroffenen, so dass sie, die Beklagte, hierfür nicht einstehen müsse.

Soweit nach dem Versorgungsausgleichsgesetz in bestimmten Fällen von einer Kürzung abgesehen werden könne, seien diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt. Im Übrigen müsse der Kläger eine Änderung der im dem Scheidungsurteil getroffenen Entscheidung über den Versorgungsausgleich bei dem Familiengericht beantragen.

Schließlich sei im Falle des Klägers im Hinblick auf den von ihm angeführten Härtefall auch zu berücksichtigen, dass er schon 1994, also im Alter von gerade einmal 48 Jahren, in den Ruhestand versetzt worden sei. Zudem habe er von diesem Zeitpunkt an bis zu dem Beginn der Kürzung ab Dezember 2011 aufgrund des damals geltenden sog. Pensionistenprivilegs seine Ruhegehaltsbezüge in ungekürzter Höhe erhalten.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, seine Bedenken gegen die Richtigkeit der Berechnung des streitigen Betrages nicht aufrecht zu erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, da der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 7. Januar 2013 gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist.

Der Klageantrag war in dem im Tatbestand wiedergegebenen Sinne auszulegen, da davon auszugehen ist, dass der Kläger sich mit den Einwänden gegen die Erhöhung des Kürzungsbetrags nach § 57 BeamtVG zugleich gegen die entsprechende Rückforderung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. März 2012 zur Wehr setzen wollte.

Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Soweit darin die Versorgungsbezüge des Klägers um einen den Betrag von 234,07 Euro übersteigenden Betrag, nämlich um 308,72 Euro, gekürzt worden sind, können sich die Bescheide auf § 57 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BeamtVG stützen. Die Beklagte war an der Heranziehung dieser Vorschriften auch nicht gehindert; die von dem Kläger hiergegen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände greifen nicht durch.

Die Kürzung der Pension eines geschiedenen Beamten gemäß § 57 BeamtVG im Gefolge des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs ist - auch mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG - verfassungsgemäß. Dies gilt auch in Fällen vorzeitiger Zurruhesetzung

- vgl. hierzu im Einzelnen sowie wegen der diesbezüglichen Begründung Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. November 1995 - 2 BvR 1762/92 -, juris -

und selbst dann, wenn die Kürzung dazu führt, dass die einem Beamten nach § 14 Abs. 4 BeamtVG zu zahlende Mindestversorgung unterschritten wird. Die Alimentationspflicht des Dienstherrn zwingt diesen nicht dazu, den Beamten von solchen finanziellen Belastungen freizustellen, die ihre Ursache allein in dessen Risiko- bzw. Verantwortungssphäre haben.

Ebenso schon Urteil der Kammer vom 6. Mai 2011 - 13 K 44/11 -, nicht veröffentlicht.

Dabei kann hier dahinstehen, ob dies im Fall der Folgen einer Scheidung bereits daraus folgt, dass es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gibt, welcher den Dienstherrn verpflichtet, die Folgen einer Ehescheidung für den Beamten abzufedern und ihn insoweit besser zu stellen als in der Privatwirtschaft Beschäftigte, die infolge ihrer Ehescheidung und Durchführung des Versorgungsausgleichs eine beachtliche Minderung ihrer Rente hinzunehmen haben.

So etwa Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom 12. Juni 2007 - 6 E 478/07 -, juris, Rdn. 23; dem folgend Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 1. März 2011 - 13 A 5084/10 -, juris, Rdn. 36.

Selbst wenn man den Vergleich mit in der Privatwirtschaft Beschäftigten für die Frage der Alimentationspflicht des Dienstherrn gegenüber einem Beamten nicht heranziehen könnte, folgt aus der - als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums anerkannten - Alimentationspflicht kein Anspruch des Beamten auf die Gewährung einer Mindestversorgung im Sinne einer absoluten Untergrenze unabhängig von seiner persönlichen Situation und seinen persönlichen Lebensumständen. Genügt der Dienstherr durch die grundsätzliche Gewährung einer Mindestversorgung seiner Alimentationspflicht gegenüber einem Versorgungsempfänger, kann dieser von dem Dienstherrn nicht den Ausgleich solcher Beeinträchtigungen verlangen, die ausschließlich auf Ursachen aus seiner persönlichen Sphäre beruhen. Seiner Alimentationspflicht genügt der Dienstherr, wenn er dem Beamten grundsätzlich eine solche Versorgung gewährt, die - wie die Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 BeamtVG - die Anforderungen an eine amtsgemäße sowie (bedarfs-)angemessene Versorgung erfüllt. Der Dienstherr ist im Rahmen der ihm bei dem Erlass der entsprechenden gesetzlichen Regelungen zustehenden weiten Gestaltungsbefugnis nicht verpflichtet, den Beamten auch von solchen Risiken - auch finanziellen Belastungen - freizustellen, für die den Dienstherrn keine Verantwortung trifft.

Zur Bedeutung der Verantwortungssphären für die Bestimmung der amtsangemessenen Alimentation und Versorgung Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Februar 2011 - 1 A 362/09 -, juris, Rdn. 20, 29; im Ansatz auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20. Juni 2006 - 2 BvR 361/03 -, juris, Rdn. 15, zur Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsabschlags nach § 14 Abs. 3 BeamtVG im Falle der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht.

Zu diesen nicht zwingend auszugleichenden Belastungen gehören auch die finanziellen Auswirkungen einer Ehescheidung. Ebenso wenig wie der Dienstherr auf die Scheidung eines Beamten als solche Einfluss nehmen kann und darf, kann der Beamte von dem Dienstherrn eine entsprechende Kompensation verlangen.

Ebenso schon Urteil der Kammer vom 6. Mai 2011 - 13 K 44/11 -, nicht veröffentlicht; ähnlich Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. März 1979 - IV ZB 136/78 -, juris, Rdn. 19: "Es kann nicht die Aufgabe des in Art 33 Abs. 5 GG garantierten verfassungsrechtlichen Schutzes sein, dem Beamten jedes Lebensrisiko (hier: die finanziellen Auswirkungen der Ehescheidung) ... abzunehmen."

Im Hinblick auf die finanziellen Folgen einer Scheidung ergibt sich diese Begrenzung der Alimentationspflicht des Dienstherrn im Übrigen auch daraus, dass anderenfalls der geschiedene Beamte, der lediglich die Mindestversorgung bezieht, und seine vormalige Ehefrau im Fall der Scheidung günstiger gestellt würden, als wenn sie verheiratet geblieben wären. Bestünde die Ehe fort, würde dem Beamten die ungekürzte Mindestversorgung gezahlt und seiner rentenberechtigten Ehefrau die ihr aus eigenem Recht zustehende Rente ohne einen Ausgleich zulasten der Versorgungsansprüche des Beamten. Nähme man an, dass nach einer Ehescheidung im Falle der Mindestversorgung eine Kürzung nach § 57 BeamtVG unzulässig wäre, würde der geschiedene Beamte weiterhin die ungekürzte Mindestversorgung erhalten, zugleich würde die geschiedene Ehefrau jedoch durch ihre erhöhten Rentenanwartschaften begünstigt, die zulasten der Versorgungsansprüche des Beamten begründet worden sind. In diesem Fall wäre mithin der Dienstherr durch den ausgleichspflichtigen erhöhten Rentenbezug der geschiedenen Ehefrau und die ungekürzte Mindestversorgung des Beamten doppelt belastet.

Zu dem Aspekt der Doppelbelastung als Rechtfertigung der Kürzung nach § 57 BeamtVG Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Februar 1998 - 6 A 2127/96 -, juris, Rdn. 22.

Eine solche Begünstigung von Beamten und ihren geschiedenen Ehegatten ist jedoch durch die Alimentationspflicht des Dienstherrn nicht geboten.

Dementsprechend ist es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn durch eine Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG die dem Beamten zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel soweit reduziert werden, dass er auf Sozialleistungen angewiesen ist.

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u.a. -, juris, Rdn. 162.

Eine einzelfallbezogene Härtefallregelung im Rahmen des § 57 BeamtVG ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht geboten.

Vgl. hierzu im Einzelnen sowie wegen der diesbezüglichen Begründung Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. November 1995 - 2 BvR 1762/92 -, juris, Rdn. 24.

Vor diesem Hintergrund kann der Kläger weder der Kürzung seiner Versorgungsbezüge insgesamt noch der Anpassung des Kürzungsbetrags gemäß § 57 Abs. 2 BeamtVG mit Erfolg entgegenhalten, dass diese im Hinblick auf seine vorzeitige Zurruhesetzung und damit auf die Begrenzung seiner Versorgungsansprüche auf den Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung schon im Jahr 1994 verfassungsrechtlich bedenklich wären. Die in einem Scheidungsurteil getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich berücksichtigt allein die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Versorgungsansprüche der geschiedenen Eheleute und gleich diese aus. Ob und in welchem Umfang die geschiedenen Ehegatten danach weitere Rentenansprüche erwerben (können), ist insoweit ohne Belang. Die nachfolgende Erhöhung des Versorgungsausgleichsbetrages nach § 57 Abs. 2 BeamtVG trägt der Entwicklung der Rentenansprüche des Ausgleichsberechtigten Rechnung und ist deshalb grundsätzlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie knüpft zudem allein an die Erhöhung der Versorgungsbezüge des Ausgleichsverpflichteten an. Nur diese Erhöhung wird durch die Erhöhung des Versorgungsausgleichs gemindert; die Versorgungsbezüge als solche werden nicht reduziert.

Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich entsprechend den obigen Ausführungen weiter auch nicht daraus, dass die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner zweiten Ehefrau und seiner Tochter aus zweiter Ehe nicht hinreichend beachtet worden wäre. Die von dem Bundesverfassungsgericht in seiner o.g. Entscheidung vom 28. Februar 1980 geforderten Korrekturen im Falle nachträglich eintretender grundrechtswidriger Auswirkungen des Versorgungsausgleichs betreffen diesen Fall nicht. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht insoweit darauf abgestellt, dass die wirtschaftliche Sicherung des sozial schwächeren Ehegatten den Zweck des Versorgungsausgleichs bestimme. Hieraus hat es abgeleitet, dass eine Korrektur dann geboten sein, wenn bei dem Verpflichteten eine spürbare Kürzung der Rentenbezüge erfolge, ohne dass sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirke. Ferner - so das Bundesverfassungsgericht - könne es zu einem verfassungswidrigen Zustand kommen, wenn bei dem Ausgleichspflichtigen vor dem Ausgleichsberechtigten ein Versicherungsfall eintrete und es nicht auszuschließen sei, dass der ausgleichsverpflichtete Ehegatte trotz seiner gekürzten Rente zu Unterhaltszahlungen gegenüber dem Ausgleichsberechtigten noch verpflichtet sei.

Bundesverfassungsgericht, a.a.O., Rdn. 173 ff.

Diese aus Verfassungsgründen bei der Ausgestaltung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen Konstellationen betreffen aber ausschließlich Besonderheiten im Verhältnis zwischen dem Ausgleichsberechtigten und dem Ausgleichsverpflichteten. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, dass auch die (neue) familiäre Situation des Ausgleichsverpflichteten aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend einbezogen werden müsste. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten und/oder Kindern aus einer neuen Beziehung nicht anders behandelt werden dürften als Unterhaltspflichten gegenüber dem geschiedenen Ehegatten, greift dieser Einwand nicht. Der von dem Bundesverfassungsgericht angeführte Zweck des Versorgungsausgleichs, dem sozial schwächeren (geschiedenen) Ehegatten wirtschaftlich abzusichern, stellt einen sachlichen Grund für die diesbezügliche Ungleichbehandlung dar.

Darüber hinausgehende Bedenken gegen die formelle und/oder materielle Rechtmäßigkeit des Kürzungsbescheids hat der Kläger nicht geltend gemacht. Die von ihm zwischenzeitlich vorgebrachten Einwände gegen die Richtigkeit der Berechnung des Kürzungsbetrages hat er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich fallen gelassen.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2012 und ihr Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2012 sind weiter auch nicht insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger entsprechend nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als darin von ihm zu viel gezahlte Versorgungsbezüge i.H.v. 885,54 Euro zurückgefordert worden sind.

Rechtsgrundlage für diese Rückforderung ist § 52 BeamtVG. Bedenken gegen die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides, die über die oben bereits erörterten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Kürzung seiner Versorgungsbezüge insgesamt hinausgingen, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Auch die von der Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung in ihrer Ausprägung durch den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2012 und ergänzt durch die Ausführungen der Beklagten im vorliegenden Verfahren ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung.