BFH, Beschluss vom 31.08.2012 - II B 9/12
Fundstelle
openJur 2013, 19131
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Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.1. Der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Frage, ob § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) deshalb verfassungswidrig ist, weil nach dieser Vorschrift die Steuer u.a. bei Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage stets nach den Grundbesitzwerten i.S. des § 138 Abs. 2 bis 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu bemessen ist, ohne dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, eine niedrigere Gegenleistung nachzuweisen, kommt keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu. Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eindeutig dahingehend zu beantworten, dass die Vorschrift nicht aus dem von der Klägerin angeführten Grund verfassungswidrig ist.a) Nach der Ansicht des BFH ist § 11 GrEStG in der im Jahr 2001 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) allerdings insoweit unvereinbar, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgängen i.S. des § 8 Abs. 2 GrEStG, für die die Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG in der im Jahr 2001 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuersätzen belastet (BFH-Beschlüsse vom 2. März 2011 II R 23/10, BFHE 232, 358, BStBl II 2011, 932, und II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009). Die angefochtene Feststellung der Besteuerungsgrundlagen wurde insoweit für vorläufig erklärt.b) Der BFH hat aber die Vorlage ausdrücklich nicht auch auf die Frage gestützt, ob § 8 Abs. 2 GrEStG zudem deshalb verfassungswidrig ist, weil die Vorschrift bei den in ihr genannten Fallgruppen auch dann anwendbar ist, wenn eine Gegenleistung vorliegt. Er hat vielmehr ausgeführt, § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG sei insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, als nach dieser Vorschrift in den Fällen des § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG anstelle der Regel-Bemessungsgrundlage des § 8 Abs. 1 GrEStG (Gegenleistung) eine Ersatz-Bemessungsgrundlage anzuwenden sei.Zur Begründung führte er aus, bei einer Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) betreffe eine etwaige Gegenleistung nur die zuletzt hinzu erworbenen Anteile, so dass eine auf das ganze Grundstück bezogene Gegenleistung weder ersichtlich sei noch den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspräche. Aufgrund der für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen generalisierenden Sicht des Gesetzgebers sei es unschädlich, dass die Vorschrift auch dann anzuwenden sei, wenn der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG durch die Begründung eines Anspruchs auf Übertragung des einzigen Geschäftsanteils einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) verwirklicht werde.Die Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG sei aus Gründen der Steuervereinfachung ebenfalls sachlich gerechtfertigt. Nach der früheren Rechtslage habe sich die Bemessungsgrundlage in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG aus dem auf Grundstücke im Vermögen der Personengesellschaft entfallenden Teil der Gegenleistung ergeben. Die Ermittlung dieser Bemessungsgrundlage habe in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die die nunmehr geltende Regelung vermeide.c) Entsprechendes gilt auch für die in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG geregelten Fallgruppen. Die Vorschrift ist abgesehen von der in den BFH-Beschlüssen in BFHE 232, 358, BStBl II 2011, 932 und in BFH/NV 2011, 1009 aufgeworfenen Fragestellung ebenfalls verfassungsgemäß, weil sie die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Steuer deutlich vereinfacht. Es ist lediglich erforderlich, die Grundbesitzwerte der betroffenen Grundstücke festzustellen.Wäre demgegenüber die in einem Gesellschaftsanteil bestehende Gegenleistung als Bemessungsgrundlage der Steuer heranzuziehen, wäre die häufig schwierige Bewertung des Unternehmens des Erwerbers erforderlich. In den Fällen, in denen sich --wie auch im Streitfall-- ein in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG genannter Vorgang nicht nur auf Grundstücke bezieht, sondern auch auf Gegenstände, die nicht unter den Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG fallen, müsste zudem das Gesamtentgelt, das auch die vom Erwerber übernommenen Schulden umfasst (BFH-Urteil vom 29. Januar 1992 II R 36/89, BFHE 167, 186, BStBl II 1992, 418; Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 14. Aufl., § 9 Rz 536), im Verhältnis des Wertes der Grundstücke und der übrigen Vermögensgegenstände, deren Übertragung nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, aufgeteilt werden. Diese Aufteilung wäre wie nach der früheren Rechtslage nach der sog. Boruttau'schen Formel vorzunehmen, wonach das Gesamtentgelt mit dem gemeinen Wert der Grundstücke zu vervielfachen und durch die Summe des gemeinen Werts der sonstigen Gegenstände und des gemeinen Werts der Grundstücke zu teilen ist (BFH-Urteil in BFHE 167, 186, BStBl II 1992, 418). Der für diese Bewertungen erforderliche, unter Umständen sehr hohe Aufwand entfällt aufgrund der Bemessung der Steuer nach den Grundbesitzwerten.Die von der Klägerin als erforderlich und zutreffend angesehene Unternehmensbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren führt im Übrigen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu verfassungsgemäßen Ergebnissen (BVerfG-Beschluss vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.3.). Sie kann daher entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ihrerseits als Begründung dafür herangezogen werden, dass die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach den Grundbesitzwerten verfassungswidrig sei.d) Die von der Klägerin angeführten Literaturstellen verleihen der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.aa) Die verfassungsrechtlichen Bedenken von Viskorf in Boruttau (a.a.O., 17. Aufl., § 8 Rz 16) beziehen sich auf die Anwendung der Bewertungsvorschriften der §§ 138 ff. BewG, nicht aber darauf, dass in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG die Steuer stets nach den Grundbesitzwerten und nicht auf Antrag des Steuerpflichtigen nach der (niedrigeren) Gegenleistung bemessen wird.bb) Auch die Ausführungen von Rutemöller (in Deutsche Steuer-Zeitung 2010, 637, 640 f.) verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Er ist der Ansicht, dass die Grundbesitzwerte häufig weit unter dem gemeinen Wert lägen und sich daraus eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Ansatz der regelmäßig dem gemeinen Wert entsprechenden Gegenleistung ergebe. Die Frage, ob die Heranziehung der Bewertungsvorschriften in § 138 Abs. 2 und 3 BewG als solche verfassungsgemäß ist, ist indes bereits Gegenstand der Vorlagebeschlüsse in BFHE 232, 358, BStBl II 2011, 932 und in BFH/NV 2011, 1009. Insoweit werden die berechtigten Interessen der Klägerin durch die Vorläufigkeit der angefochtenen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gewahrt. Im Übrigen konnte Rutemöller die Darlegungen in diesen Entscheidungen, wonach bei einer verfassungsgemäßen Grundbesitzbewertung die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach den Grundbesitzwerten statt nach einer etwa vorhandenen Gegenleistung jedenfalls in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG verfassungsgemäß ist, noch nicht berücksichtigen.

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