LG Neuruppin, Urteil vom 22.07.2010 - 3 O 142/10
Fundstelle
openJur 2013, 23550
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Berufskammer aller Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, die im Oberfinanzbezirk der Oberfinanzdirektion Cottbus ihre berufliche Niederlassung haben. Gemäß § 3 der Satzung der Steuerberaterkammer Brandenburg obliegt ihr die Aufgabe, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren.

Der Beklagte ist Rechtsanwalt in ... Er bietet auch Steuerberatungsleistungen an. Nach seinen Angaben macht die Steuerberatungstätigkeit 2/3 der Gesamttätigkeit aus. Er führt nicht die Bezeichnung „Fachanwalt für Steuerrecht“. Im Internet und im Telefonbuch tritt er als „Steuerberatung A...Rechtsanwalt“ und „... Rechtsanwaltskanzlei-Steuerbüro“ auf.

Mit Schreiben vom 20.11.2009 forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Inhaltes auf, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter Steuerberatung, Steuerbüro aufzutreten, solange die berufliche Qualifikation eines Fachanwalts für Steuerrecht nicht nachgewiesen ist.

Die Klägerin hält die Werbung für irreführend. Wer mit dem Begriff „Steuerbüro“ werbe, erwecke bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, als dass es sich quasi um die Kanzlei auch eines Steuerberaters handele, der über besondere Kenntnis im Steuerrecht verfüge. Dem Beklagten solle nicht die Erbringung von Hilfeleistungen in Steuersachen untersagt werden, sondern das werbende Auftreten unter „Steuerbüro“.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit „Steuerbüro“ im Verkehr aufzutreten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt unter Berufung auf die Entscheidung BGH I ZR 46/99 vor, er dürfe als Rechtsanwalt nicht nur Steuerberatungsleistungen erbringen, sondern auch dafür werben, so lange klargestellt werde, dass es sich bei der Berufsträger um einen Rechtsanwalt handele. Soweit die Klägerin sich auf einen möglichen Wettbewerbverstoß gegenüber anderen Rechtsanwälten berufe, fehle ihr die Aktivlegitimation.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Beklagte ist, wie auch die Klägerin einräumt, grundsätzlich zur uneingeschränkten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 3 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz befugt. Anhaltspunkte dafür, dass lediglich Fachanwälte für Steuerrecht hierzu befugt sein sollen, werden von der Klägerin nicht aufgezeigt und sind nicht ersichtlich. Der Beklagte darf damit, auch ohne Fachanwalt für Steuerrecht zu sein, steuerliche Beratungsleistungen erbringen. Dies bedeutet, dass er für diese Tätigkeit grundsätzlich auch werben darf.

Hierbei sind freilich die Grenzen des UWG zu beachten. Ein Verstoß gegen § 3 UWG ist indes entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegeben. Zwar wird in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des BGH vom 19.4.2001 (I ZR 46/99, zitiert nach Juris) ausgeführt, der in der Mitte des Briefkopfes einer Sozietät von Rechtsanwälten platzierte Kanzleibezeichnung „Anwalt- und Steuerkanzlei“ sei - isoliert betrachtet - grundsätzlich geeignet, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, es handele sich um eine Kanzlei, in der neben Rechtsanwälten auch Steuerberater tätig sind. Unmittelbar anschließend heißt es jedoch, worauf der Beklagte zurecht hinweist, „diese Eignung zur Irreführung kann jedoch dadurch beseitigt werden, dass am rechten Rand des Briefkopfes die Kanzleimitglieder und ihre berufliche Qualifikation (hier: eines Fachanwalts für Steuerrecht) aufgelistet sind“.

Auch im vorliegenden Fall liegt ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot nicht vor. In den von der Klägerin beanstandeten Anzeigen wird jeweils hinreichend deutlich, dass der Beklagte Rechtsanwalt ist, die steuerberatende Tätigkeit also von einem Rechtsanwalt und nicht von einem Steuerberater ausgeführt wird. Im örtlichen Telefonbuch heißt es unter der Rubrik Steuerberater: „Steuerberatung ... Rechtsanwalt“ darunter folgt reklamemäßig hervorgehoben „..., Rechtsanwaltskanzlei - Steuerbüro“. Durch den unmittelbaren Zusammenhang wird klar, dass es sich bei dem erwähnten Herrn ... ... um einen Rechtsanwalt handelt. Im Internetausdruck des Telefonbuches heißt es: „... Rechtsanwalt sowie Steuerberatung ... Rechtsanwalt.“ Beides ist unbedenklich. Im Internetauftritt heißt es „... Rechtsanwaltskanzlei und Steuerbüro“ auf der Unterseite „Ihre Partner“: ..., Rechtsanwalt; ..., Dipl.-Betriebswirt (FH); ..., Rechtsanwalt. Auch hier wird erkennbar, dass kein ausgewiesener Steuerberater Mitglied der Kanzlei ist.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 1.

Streitwert: 30.000,00 €