Brandenburgisches OLG, Urteil vom 26.02.2013 - 6 U 32/11
Fundstelle
openJur 2013, 17004
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.4.2011 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus – 11 O 71/10 – teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:

1.) Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 82.032,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.7.2010 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Insolvenzanfechtungsansprüche der Klägerin auf Zahlung von 82.032,62 € nebst Zinsen gegenüber der Sparkasse ….

Den Beklagten bleibt vorbehalten, Gegenansprüche nach Erstattung des Betrages von 82.032,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Insolvenzmasse gegenüber der Klägerin zu verfolgen.

2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz, die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

I.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 22.12.2008 - 63 IN 455/08 - wurde über das Vermögen der R… GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Auf den Antrag der Schuldnerin vom 18.11.2008 war die Klägerin bereits mit Beschluss vom 24.11.2008 zur vorläufigen Insolvenzverwalterin ernannt worden.

Die Schuldnerin ist eine GmbH, die aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 18.2.1999 mit einem Stammkapital von 51.000 DM errichtet worden ist. Die Beklagten zu 1.) und 2.) sind die alleinigen Gesellschafter der Schuldnerin. Sie waren auch Geschäftsführer der Schuldnerin, die im Transport- und Speditionsgeschäft tätig war.

Aus der Bilanz 2007 der Schuldnerin ergibt sich zum Jahresende 2007 ein negatives Eigenkapital von 71.457,50 Euro. Die Verbindlichkeiten in Höhe von 390.981,76 € überstiegen das bilanzierte Aktivvermögen in Höhe von 320.273,08 €. In der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin vom 29.3.2008 wurde der Jahresabschluss 2007 ausgewertet. In dem Protokoll der Gesellschafterversammlung heißt es, die sich in 2006 abgezeichnete positive Entwicklung des Betriebsergebnisses habe nicht fortgeführt werden können. Ausweislich des Protokolls erörterten die Beklagten verschiedene Maßnahmen, um für 2008 ein positives Betriebsergebnis zu erreichen.

Die Bilanz der Schuldnerin für den Zeitraum Januar bis Mai 2008 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 86.305,28 € aus. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung für diesen Zeitraum ergibt sich - trotz eines Buchgewinns von 10.288,15 € infolge der Verkäufe von Sachanlagevermögen - insgesamt ein Verlust von 38.790,06 €. In der Gesellschafterversammlung vom 27.6.2008 wurde die Abrechnung Januar bis Mai 2008 ausgewertet. In dem Protokoll heißt es u. a., die Geschäftsentwicklung in den ersten fünf Monaten sei aufgrund der nochmals stark gestiegenen Benzinpreise weiter negativ.

Die Schuldnerin führte bei der Sparkasse … (Bankleitzahl …) ein Konto mit der Nummer 3010010922. Dabei handelte es sich um das einzige Geschäftskonto der Schuldnerin. Auf dieses Konto, das sich zeitweise im Soll und zeitweise im Haben befand, gingen zwischen dem 2.1.2008 und dem 8.8.2008 Zahlungseingänge in Höhe von 308.000,00 € ein. Das Kreditinstitut verfügte über keine Sicherheiten außer einem verpfändeten Festgeldkonto mit einem Guthaben von 2.556,46 €.

In dem Zeitraum 8.7. bis 14.8.2008 gingen u. a. folgende Zahlungen auf dem Konto der Schuldnerin ein:

ZahlenderZahlbetragKlageforderungDatum Saldo vorZahlungQ… AG 4.600,00 €4.600,00 €8.7.2008-21.416,50 €L… GmbH2.982,28 €2.982,28 €9.7.2008-16.563,85 €Q… AG 20.600,00 €13.554,57 €9.7.2008-13.554,57 €W… GmbHQ… AG1.260,47 €1.260,47 €16.7.20082.820,20 €Q… AG 5.200,00 €1.559,73 €16.7.2008-1.559,73 €Q… AG 5.600,00 €5.600,00 €5.8.2008-40.107,96 €L… GmbH1.253,63 €1.253,63 €6.8.2008-33.129,49 €Q… AG 21.000,00 €21.000,00 €6.8.200831.873,86 €Q… AG 6.100,00 €6.100,00 €8.8.2008-15.642,15 €Q… AG 7.700,00 €7.700,00 €11.8.2008-9.542,15 €Q… AG 18.700,00 €12.991,14 €13.8.2008-12.991,14 €L… GmbH4.199,65 €3.430,80 €14.8.2008-3.430,80 €Summe         82.032,62 €                Streitgegenständlich sind die aus der vorstehenden Übersicht ersichtlichen Zahlungen bzw. Teile von Zahlbeträgen, die eingingen, als das Konto der Schuldnerin sich im Soll befand.

Im Insolvenzverfahren wurden nach der Behauptung der Klägerin insgesamt Forderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von 842.174,86 € angemeldet, zurückgenommen wurden Anmeldungen betreffend Forderungen in einer Höhe von 377.663,77 €, zur Tabelle festgestellt wurden Forderungen in Höhe von 410.327,69 €.

Die Klägerin hat behauptet, die Schuldnerin sei spätestens Ende 2007 insolvenzreif gewesen. Es habe eine Überschuldung vorgelegen.

Das Konto bei der Sparkasse … sei zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungseingänge debitorisch geführt worden. Die streitgegenständlichen Zahlungseingänge hätten deshalb zu einer Verrechnung zu Gunsten des kontoführenden Bankinstituts geführt. Die Beklagten hätten als Geschäftsführer der Schuldnerin keine Zahlungen auf das debitorisch geführte Konto mehr zulassen dürfen. Sie hätten es bewusst und gewollt unterlassen, die streitgegenständlichen Zahlungen auf ein kreditorisch geführtes Konto umzuleiten. Demgemäß seien sie zum Ersatz der Zahlungen gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. verpflichtet.

Der Feststellungsantrag sei im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO gerechtfertigt. § 64 GmbHG sei Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Dieses Schutzgesetz hätten die Beklagten vorsätzlich verletzt. Der Vorsatz der Beklagten, masseschmälernde Zahlungen vorzunehmen, sei zu vermuten.

Die Klägerin hat beantragt:

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 82.032,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

festzustellen, dass die Beklagten zu 1.) und zu 2.) den ausgeurteilten Betrag aufgrund vorsätzlicher unerlaubter Handlung schulden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1.) und 2.) haben behauptet, sie hätten die streitgegenständlichen Zahlungen nicht veranlasst. Die Schuldnerin habe am 15.2.2007 einen Factoringvertrag mit der Q… AG geschlossen. Dabei seien Forderungen verkauft worden mit der Verpflichtung, die Debitoren- und Forderungsverwaltung für sie zu übernehmen. Es sei die Q… AG gewesen, die die streitgegenständlichen Zahlungen veranlasst habe. Die Schuldnerin habe im Übrigen aufgrund dieser Zahlungseingänge Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, Lohnsteuer und Umsatzsteuer gezahlt. Solche Zahlungen seien mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar. Auch aus diesem Grunde hätten sie die vereinnahmten Beträge nicht zu erstatten.

Die Beklagten haben gemeint, der Feststellungsantrag sei nicht begründet, weil sie den Klagebetrag nicht aufgrund vorsätzlicher unerlaubter Handlung schuldeten.

Das Landgericht hat der Klage durch am 19.4.2011 verkündetes Urteil stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zahlungsklage sei begründet. Die Schuldnerin sei spätestens Ende 2007 überschuldet und damit insolvenzreif gewesen. Die Klägerin habe unwidersprochen eine rechnerische Überschuldung vorgetragen. Eine positive Fortführungsprognose hätten die Beklagten nicht vorgetragen. Der Einzug von Forderungen auf ein debitorisch geführtes Konto begründe die Haftung der Beklagten nach § 64 Abs. 2 GmbHG a. F.

Für den Feststellungsantrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin verhindern wolle, dass sich die Beklagten auf die Restschuldbefreiung berufen könnten. Er sei auch begründet. § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. sei ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, das die Beklagten bedingt vorsätzlich verletzt hätten.

Gegen dieses Urteil, ihnen zugestellt am 27.4.2011, haben die Beklagten durch bei Gericht am 27.5.2011 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 25.7.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren am 27.6.2012 eingegangenen Antrag bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Die Beklagten verweisen zunächst auf ihr Vorbringen erster Instanz.

Sie bestreiten den Vortrag der Klägerin zum Nichtvorhandensein von stillen Reserven bei den zum Sachanlagevermögen gehörenden LKW. Diese hätten sich in einem guten Zustand befunden. Die Beklagten tragen vor, sie könnten deshalb nicht konkret erwidern, weil ihnen die Geschäftsunterlagen zum Sachanlagevermögen nicht vorlägen. Sie beanstanden, dass die Klägerin nicht zu einer Fortführungswahrscheinlichkeit auf einen Stichtag zum 8.7.2008 vorgetragen habe.

Sie behaupten, zum 31.12.2007 hätten die LKW 320/330 einen Wert von mindestens 22.000 €, der LKW 860/870 einen Wert von mindestens 3.500 €, der LKW 500 einen Wert von mindestens 50.000 €, der Lkw 850 einen Wert von mindestens 16.000 €, der LKW 600 einen Wert von 1.000 € und der LKW 750 einen Wert von mindestens 400 € gehabt. Der Wert der LKW habe deshalb Ende 2007 insgesamt 92.900 € betragen. Auf dem freien Markt hätte bei einem Verkauf ein Kaufpreis von mindestens 180.000 € erzielt werden können.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 19.4.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Cottbus - 11 O 71/10 - die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht Cottbus zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass

die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt werden, an die Klägerin 82.032,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Insolvenzanfechtungsansprüche der Klägerin auf Zahlung von 82.032,62 € nebst Zinsen gegenüber der Sparkasse …;

den Beklagten vorbehalten bleibt, Gegenansprüche nach Erstattung des Betrages von 82.032,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Insolvenzmasse gegenüber der Klägerin zu verfolgen;

festgestellt wird, dass die Beklagten den ausgeurteilten Betrag aufgrund vorsätzlicher unerlaubter Handlung schulden.

Die Beklagten beantragen,

die Klage auch in der geänderten Fassung abzuweisen.

Die Klägerin hält das landgerichtliche Urteil für richtig. Sie meint, das Landgericht habe aufgrund der vorgelegten Bilanzen auf eine Überschuldung der Schuldnerin schließen dürfen.

Etwaige stille Reserven, die aus den LKW als Sachanlagevermögen resultieren könnten, seien ungeeignet, die zum 31.12.2007 bestehende bilanzielle Überschuldung auszuräumen. Dies zeige eine Betrachtung der Entwicklung des Sachanlagevermögens in den Bilanzen der Schuldnerin von 2005 bis 2007. Soweit dort LKW bereits im Jahr der Anschaffung mit niedrigen Werten eingestellt worden seien, könne zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass der Anschaffungswert das Doppelte des bilanzierten Wertes betragen habe. Daraus ergäben sich allenfalls stille Reserven in Höhe von 3.060,00 €. Wenn man bei den weiteren zum 31.12.2007 vorhandenen LKW davon ausgehe, dass ihr tatsächlicher Wert nicht dem zum 31.12.2007 bilanzierten, sondern dem im Jahr der Anschaffung bilanzierten Wert entsprochen habe, könnten allenfalls stille Reserven in Höhe von 29.300,00 € vorhanden gewesen sein, so dass sich insgesamt stille Reserven in Höhe von 32.360,00 € ergäben. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag habe jedoch mit 71.457,50 € darüber gelegen.

Zwischen Ende 2007 und Ende Mai 2008 seien zwei LKW mit Buchgewinnen veräußert worden. Auch zum 31.5.2008 hätten stille Reserven vorgelegen, die nicht geeignet seien, die erhöhte Überschuldung von 86.305,28 € auszugleichen.

Die Klägerin behauptet weiter, die Schuldnerin sei auch seit Juli 2008 zahlungsunfähig gewesen, denn zu diesem Zeitpunkt hätten bereits fällige Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin in Höhe von 28.844,18 € vorgelegen, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgeglichen worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat hinsichtlich ihrer Verurteilung auf den in der Berufungsinstanz auf eine Zug-um-Zug Verurteilung beschränkten und unter einen Vorbehalt gestellten Zahlungsantrag der Klägerin keinen Erfolg. Soweit sich die Beklagten gegen die vom Landgericht antragsgemäß ausgesprochene Feststellung wenden, war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

A.) Die Berufung ist in vollem Umfang zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Berufung gegen die Verurteilung auf den Feststellungsantrag nicht entgegen, dass die Berufungsbegründung insoweit keine dezidierten Ausführungen enthält.

Die Beklagten haben erstinstanzlich geltend gemacht, ein Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. sei nicht gegeben, deshalb müsse auch der Feststellungsantrag abgewiesen werden. Mit der Berufungsbegründung setzen sie sich inhaltlich allein mit dem auf § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. gestützten Zahlungsanspruch auseinander, beziehen sich allerdings inhaltlich auch auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Da das Schicksal des Feststellungsantrages mit demjenigen des Zahlungsantrages verknüpft ist, genügt die Berufungsbegründung damit den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO.

B.) Die Berufung hat nur in geringem Umfang Erfolg.

I.) Zurückzuweisen ist die Berufung, soweit sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung auf den Zahlungsantrag wenden. Die Urteilsformel war an die Fassung des Klageantrages anzupassen, in der ihn die Klägerin auf den Hinweis des Senates zuletzt gestellt hat.

Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. Die beanstandeten Forderungseinzüge fanden im August 2008 statt, mithin vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) am 1.11.2008. Im vorliegenden Rechtsstreit ist die Gesetzesänderung ohne Bedeutung, denn § 64 GmbHG in der zur Zeit geltenden Fassung entspricht im Wesentlichen dem früheren § 64 Abs. 2 GmbHG a. F..

1.) Die Klägerin hat hinreichend dargetan, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen überschuldet war. Auf die Frage, ob die Schuldnerin auch zahlungsunfähig war, kommt es deshalb nicht an.

a.) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der für die in Insolvenz befindliche Gesellschaft tätig werdende Insolvenzverwalter darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Insolvenzschuldnerin zum behaupteten Zeitpunkt überschuldet i. S v. § 19 Abs. 2 InsO- in der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 geltenden Fassung - war. Der Insolvenzverwalter hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen.

Nicht ausreichend ist es, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil die Handelsbilanz nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. Weist eine Handelsbilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus, hat dies lediglich indizielle Bedeutung (BGH, Urteil vom 15.10.2007, II ZR 236/06, ZIP 2008, 267 m. w. N., zitiert nach Juris). Der Insolvenzverwalter hat die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und ggfs. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muss er nicht jede denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte und insoweit von den Gesellschaftern aufgestellte Behauptungen widerlegen (BGH, Urteil vom 7.3.2005, II ZR 138/03, ZIP 2005, 807, zitiert nach Juris Rn 6 m. w. N.).

b.) Diesen Anforderungen genügte der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin hinsichtlich der behaupteten Überschuldung zum 31.12.2007 und zum 31.5.2008 nicht. Zwar hatte die Klägerin die Handelsbilanz zum 31.12.2007 vorgelegt, aus denen sich ein negatives Eigenkapital von 71.457,50 € ergibt. Es fehlte jedoch jeglicher Vortrag zu etwa vorhandenen stillen Reserven.

Mit der Klageschrift hat die Klägerin zwar außerdem eine Bilanz zum 31.5.2008 erwähnt, jedoch lediglich eine Gewinn- und Verlustrechnung vorgelegt, aus der sich ein Jahresverlust von 38.790,06 € ergab. Die Behauptung, zu diesem Zeitpunkt habe sich der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag auf 86.305,28 € erhöht, blieb gänzlich unbelegt. Vortrag zum Fehlen von stillen Reserven fehlte ebenfalls.

Ein Vortrag zu stillen Reserven war jedoch erforderlich, weil aus der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit von Januar 2008 bis Mai 2008 ersichtlich war, dass die Schuldnerin Sachanlagevermögen bei einem Buchgewinn veräußert hatte.

c.) Darauf, dass ihre Klage erstinstanzlich nicht schlüssig war, hat der Senat die Klägerin hingewiesen. Sie hat daraufhin ihren Vortrag so weit ergänzt, dass eine Überschuldung sowohl für den 31.12.2007 als auch für den 31.5.2008 hinreichend dargelegt ist. Die Klägerin hat nunmehr auch die Bilanzen zum 31.12.2005, 31.12.2006 und 31.5.2008 vorgelegt und in Zusammenschau mit der bereits vorgelegten Bilanz zum 31.12.2007 nachvollziehbar vorgetragen, dass die behaupteten, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge bei der Schuldnerin nicht nur zum 31.12.2007, sondern auch zum 31.5.2008 vorhanden waren.

Des Weiteren hat die Klägerin die aus den Bilanzen ersichtlichen Positionen zum wesentlichen Sachanlagevermögen erläutert und vorgetragen, weshalb etwa vorhandene stille Reserven nicht ausreichten, um die Überschuldung zu beseitigen. Dabei reichte es aus, zu den bei der Bewertung der LKW etwa vorhandenen stillen Reserven vorzutragen. Die Geschäftsausstattung, die Betriebsausstattung oder nicht näher erläuterte Einbauten sind keine Bilanzpositionen, bei denen mit stillen Reserven zu rechnen ist. Dass dies hier ausnahmsweise anders zu bewerten wäre, haben die Beklagten nicht in nachvollziehbarer Weise vorgetragen.

aa.) Nach dem Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz ergibt sich eine nicht durch stille Reserven ausgeglichene Überschuldung bei der Schuldnerin zum 31.12.2007. Die Berechnungsweise der Klägerin ist nicht zu beanstanden, wenn man von einer rechnerischen Korrektur in geringfügigem Umfang absieht.

Die Klägerin hat zu den einzelnen, aus den Bilanzen ersichtlichen Wertansätzen vorgetragen und dabei erläutert, wie sie zu der Behauptung gelangt, dass bei der Schuldnerin zum 31.12.2007 höchstens stille Reserven in Höhe von 32.360 € vorhanden sind. Dabei handelt es sich um einen Betrag, der allenfalls ausgereicht hätte, die Hälfte des Überschuldungsbetrages auszugleichen.

Ausgehend von der in § 253 HGB vorgesehenen Regel, wonach Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungskosten bewertet werden können, hat die Klägerin die Anschaffungsjahre der einzelnen LKW vorgetragen und zum einen bei den LKW mit ungewöhnlich niedrigem Anschaffungspreis einen Verkehrswert in Höhe des doppelten Anschaffungspreises geschätzt und außerdem bei den höher bewerteten LKW die jährliche Abschreibung auf den Anschaffungspreis als mögliche stille Reserve berücksichtigt.

Nach dieser Berechnung ergeben sich für die beiden LKW 860/870 stille Reserven in Höhe von maximal 5.500 € (nicht - wie die Klägerin errechnet - lediglich 2.240 €), für den LKW 750 stille Reserven in Höhe von 812,00 €.

Hinzu kommen stille Reserven in Form von Abschreibungen für die LKW 320/330, 500 und 850 in Höhe von 29.300 €. Dieser Betrag ist zugunsten der Beklagten ersichtlich großzügig geschätzt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin bei dem LKW … 123 keine stillen Reserven angesetzt hat. Denn dieses Fahrzeug ist für 22.747,00 € erst im Jahre 2007 angeschafft worden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass es in der Bilanz zum 31.12.2006 nicht erwähnt wird. Dieser Wert erscheint nicht so niedrig, dass das Vorhandensein von stillen Reserven zu vermuten ist. Etwas anderes haben die Beklagten auch nicht behauptet.

Mögliche stille Reserven in Höhe von insgesamt 35.612,00 € waren betragsmäßig nicht geeignet, die bilanzielle Überschuldung zu beseitigen.

bb.) Auch zum 31.5.2008 ist nunmehr eine Überschuldung hinreichend vorgetragen, nachdem die Klägerin die Bilanz zum 31.5.2008 vorgelegt hat. Hieraus ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 86.305,28 €.

Dieser Betrag wird durch stille Reserven nicht gedeckt. Für die LKW 320/330 sind vielmehr weiterhin stille Reserven von 12.300 € zugrunde zu legen, für die LKW 860/870 5.500 € (s. o.), für den LKW 500 10.000 € und für den LKW 750 812,00 €. Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 28.612,00 €. Soweit es den LKW 600 angeht, der in der Bilanz zum 31.5.2008 mit einem Erinnerungswert von 1,00 € wieder auftaucht, nachdem er in der Bilanz zum 31.12.2007 nicht erwähnt worden ist, aber ausweislich der Bilanz zum 31.12.2006 für einen Betrag von 1.352,50 € angeschafft wurde, hat die Klägerin in nicht zu beanstandender Weise stille Reserven in Höhe des Anschaffungspreises von 1.352,50 € angesetzt. Es ergeben sich stille Reserven in Höhe von 29.964,50 €.

Mögliche stille Reserven in dieser Größenordnung waren gleichfalls nicht geeignet, die bilanzielle Überschuldung zum 31.5.2008 auszugleichen.

2.) Diesem Vortrag zur Überschuldung der Schuldnerin sind die Beklagten – trotz eines entsprechenden ausdrücklichen Hinweises des Senates - nicht hinreichend konkret entgegengetreten.

Ist der Insolvenzverwalter seiner Darlegungslast im Hinblick auf die behauptete Überschuldung unter Berücksichtigung etwaiger stiller Reserven nachgekommen, ist es an den Beklagten, im Rahmen der ihnen obliegenden sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, in welchen Punkten stille Reserven oder sonstige für eine Überschuldung maßgebliche Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (BGH, Urteil vom 16.3.2009, II ZR 280/07, ZIP 2009, 860, zitiert nach Juris).

Dieser sekundären Darlegungslast haben die Beklagten nicht genügt. So haben sie zunächst für die in der Bilanz zum 31.12.2007 ausgewiesenen Fahrzeuge und für den dort nicht aufgeführten LKW 600 einen tatsächlichen Wert in Höhe von insgesamt 92.900 € behauptet. Selbst wenn man den von ihnen nicht berücksichtigten Wert von 22.747 € für das Fahrzeug ... 123 hinzurechnet, betrüge der Gesamtwert der Fahrzeuge lediglich 115.647 €. Wenn man hiervon den zum 31.12.2007 bilanzierten Wert von 98.402 € abzieht, ergeben sich lediglich stille Reserven in Höhe von rund 17.000 €. Dies ist ein Betrag, der noch unter den stillen Reserven liegt, die die Klägerin zu ihren Gunsten maximal errechnet hat.

Soweit die Beklagten sodann einen Veräußerungswert aller Fahrzeuge von 180.000 € behauptet haben, nachdem sie von der Klägerin darauf hingewiesen wurden, dass die von ihnen behaupteten stillen Reserven nicht ausreichten, um die Überschuldung auszugleichen, ist dieser Vortrag gänzlich unsubstantiiert, steht im Widerspruch zu den bisher von ihnen behaupteten Werten und kann deshalb nicht berücksichtigt werden.

Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie könnten zu stillen Reserven nicht detaillierter vortragen, weil sie nicht über die bei der Klägerin befindlichen Geschäftsunterlagen verfügten. Sie hätten bei der Klägerin Einsicht in diese Unterlagen nehmen und danach im Detail vortragen können. Dass sie dies vergeblich versucht hätten, haben sie nicht vorgetragen.

Soweit die Beklagten die Vorlage der Unterlagen betreffend die zum Sachanlagevermögen gehörenden LKW gemäß den §§ 421 ff. ZPO beantragt haben, konnte diesem Antrag nicht entsprochen werden, weil die Beklagten keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Auskunft- oder Rechnungslegung gemäß § 259 BGB bzw. Herausgabe der Geschäftsunterlagen der Schuldnerin haben, vgl. § 422 ZPO.

Der Senat war auch nicht gehalten, der Klägerin die Vorlage von Urkunden betreffend die zum Sachanlagevermögen gehörenden LKW gemäß § 142 ZPO aufzugeben. Die Vorschrift befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Deshalb darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BGH, Urteil vom 26.6.2007, ZIP 2007, 1543, zitiert nach Juris). Die Beklagten haben einen solchen konkreten Vortrag nicht gehalten. So ist unklar geblieben, zum Beleg welchen Vortrags die Urkunden benötigt werden. Soweit es die Anschaffungswerte angeht, hat bereits die Klägerin zum Anschaffungszeitraum und zu Anschaffungswert bei erstmaliger Bilanzierung für einige LKW vorgetragen. Diese Daten ergeben sich auch aus einer Zusammenschau der vorgelegten Bilanzen. Hieraus ergeben sich auch die Abschreibungen. Näherer Vortrag der Beklagten dazu, warum stille Reserven in welcher Höhe vorhanden sein sollen, fehlt. Bei einer derartigen Sachlage kann auf die Anregung der Beklagten, die sich zudem nicht auf konkrete Unterlagen bezieht, eine Urkundenvorlage nicht angeordnet werden.

3.) Die Beklagten haben auch nichts für die von ihnen pauschal behauptete Fortbestehensprognose vorgetragen. Die Beklagten sind für das Bestehen einer positiven Fortbestehensprognose darlegungs- und beweispflichtig (BGH, Urteil vom 18.10.2010, II ZR 151/09, ZIP 2010, 2400, zitiert nach Juris). Hierzu haben sie in zwei Instanzen nichts vorgetragen, obwohl hierauf das Landgericht in dem angefochtenen Urteil und nochmals die Klägerin auf ihre Darlegungs- und Beweislast mit Schriftsatz vom 17.12.2012 hingewiesen haben.

4.) Die Beklagten sind zum Ersatz der streitgegenständlichen Zahlungen verpflichtet, die nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet worden sind. Bei den streitgegenständlichen Zahlungszuflüssen, die auf das debitorisch geführte Konto der Schuldnerin eingegangen sind, handelt es sich um Zahlungen i. S. von § 64 Abs. 2 GmbHG a. F.

a.) Mit "Zahlungen" im Sinne des Gesetzes sind alle Leistungen gemeint, die das Gesellschaftsvermögen schmälern.

Das kann zunächst eine Zahlung von einem im Haben geführten Konto sein oder aber auch die Lieferung von Waren, die Übertragung von Rechten oder die Leistung von Diensten. Zahlungen - oder sonstige Leistungen - liegen insoweit vor, als dadurch die Verteilungsmasse geschmälert wird.

Der Begriff der "Zahlung" wird weit ausgelegt. Erfasst werden nicht nur Zahlungen im klassischen Sinne, die von der Gesellschaft aktiv eingeleitet werden. Unter den Begriff der Zahlungen fallen auch Zahlungszuflüsse auf ein debitorisch geführtes Konto. Mit solchen Zahlungen von Gläubigern werden Forderungen der kreditgebenden Bank der Gesellschaft befriedigt. Sie gelten, weil sie von der Gesellschaft durch Angabe ihrer Bankverbindung gegenüber ihren Gläubigern verursacht werden, als Zahlungen der Gesellschaft an die Bank (vgl. BGH, Urteil vom 11.9.2000, II ZR 370/99, NJW 2001, 304, zitiert nach Juris).

b.) Die erste streitgegenständliche Zahlung ist diejenige der Q… AG vom 8.7.2008 in Höhe von 4.600 €. Diese ist eingegangen, als sich das Konto mit 21.416,50 € im Debet befand, wie sich aus den vorgelegten ersten beiden Seiten des Kontoauszuges 30 vom 15.7.2008 ergibt (Anlage K7).

Soweit es die Zahlung der L… in Höhe von 2.982,28 € angeht, die am 9.7.2008 gebucht wurde, ging diese zu einem Zeitpunkt ein, als sich das Konto immer noch im Soll befand. Das ergibt sich aus dem Kontoauszug 30, Blatt 3 (Anlage K8).

Soweit es die Zahlung der Q… AG in Höhe von 20.600 € angeht, die das Konto wieder ins Haben gebracht hat, hat die Klägerin mit der Klage den Teil der Zahlung der Q… AG anteilig in Höhe von 13.554,57 € berücksichtigt, der benötigt wurde, um das Konto auszugleichen (Anlage K8).

Die Zahlung der W… GmbH vom 16.7.2008 in Höhe von 1.260,47 € erfolgte, als sich das Konto der Schuldnerin mit 2.820,20 € im Soll befunden hat (Kontoauszug 31 vom 22.7.2008, Anlage K9 und K9a; wie der Auszug 30 vom 15.7.2008 endet, ergibt sich aus den Kontounterlagen, die die Klägerin in der Berufungsinstanz nachgereicht hat). Der Zahlungseingang von der Q… AG vom selben Tag in Höhe von 5.200 € ist in Höhe von 1.559,73 € Teil der Klageforderung, weil er benötigt wurde, um das Konto auszugleichen.

Die Zahlung der Q… AG in Höhe von 5.600 € vom 5.8.2008 (nicht 4.8.2008), der L… GmbH in Höhe von 1.253,63 € vom 6.8.2008 und die Zahlungen der Q… AG vom 6.8.2008 in Höhe von 21.000 €, vom 8.8.2008 in Höhe von 6.100 €, vom 11.8.2008 in Höhe von 7.700 € erfolgten bei einem Kontostand im Soll, wie sich aus dem Kontoauszug 33 vom 12.8.2008 (Anlage K11a) ergibt. Nach der letzten der genannten Zahlungen befand das Konto immer noch im Debet. Die letzten Seiten des Auszuges, die dies zeigen, befinden sich bei den Unterlagen, die die Klägerin in der Berufungsinstanz eingereicht hat.

Schließlich macht die Klägerin noch zwei Zahlungen vom 13. und 14.8.2008 klageweise geltend. Der erste Geldeingang, ein Teilbetrag in Höhe von 12.991,14 € einer Gesamtzahlung in Höhe von 18.700 €, ergibt sich aus dem Kontoauszug 34. Die ersten beiden Blätter des Auszuges befinden sich in der Anlage K10a, dort ist der Anfangssaldo von 2.961,20 € Haben ersichtlich. Blatt 3 ist Anlage K10. Richtig ist dort der Saldo am 12.8.2008 handschriftlich eingetragen, nämlich 12.991,14 € im Soll. Von der am Folgetag eingegangenen Zahlung wird dieser Teilbetrag geltend gemacht, der benötigt wurde, um das Konto zum Ausgleich zu bringen. Das letzte Blatt des Auszuges befindet sich bei den Unterlagen, die die Klägerin in der Berufungsinstanz eingereicht hat.

Das Konto befand sich am 14.8.2008 mit einem Betrag von 3.430,80 € im Soll, wie sich auch aus Blatt 1 des Folgeauszuges 35 vom 19.8.2008 zeigt (Anlage K10). Ein Teilbetrag in dieser Höhe von der Zahlung der L… GmbH in Höhe von insgesamt 4.199,65 € ist der letzte Betrag, der klageweise geltend gemacht wird. Er wurde zum Ausgleich des Negativsaldos benötigt.

5.) Diese Zahlungen auf das im Soll geführte Bankkonto sind keine solchen Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.

Zwar mag es sein, dass mit dem neu eröffneten Kreditrahmen, die die Bank offenbar der Schuldnerin eingeräumt hatte, Zahlungen vorgenommen worden sind, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar gewesen wären, nämlich die Bezahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung der Arbeitnehmer und Lohnsteueranteile hierauf (vgl. hierzu BGH, NJW 2007, 2118, Juris Rn 12).

Jedoch haben diese Folgezahlungen außer Betracht zu bleiben. Es ist lediglich zu prüfen, ob die Zahlungen an die Bank an sich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Dass eine bevorzugte Behandlung des Kreditinstituts gerechtfertigt wäre, bei dem die Schuldnerin ihr Konto führte, haben die Beklagten jedoch nicht vorgetragen. Dies ist auch nicht ersichtlich.

6.) Der Ersatzanspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. setzt Verschulden des Geschäftsführers voraus, wobei Fahrlässigkeit genügt. Die Erkennbarkeit des Insolvenzeintritts wird vermutet. Für die mangelnde Erkennbarkeit der Insolvenzreife ist der Geschäftsführer darlegungs- und beweisbelastet.

Hier ist auf Seiten der Beklagten jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen. Den Beklagten lag die Bilanz zum 31.12.2007 im März 2008 vor. Dort war eine bilanzielle Überschuldung ersichtlich. Dasselbe gilt für die Bilanz zum 31.5.2008, die den Beklagten jedenfalls in der Gesellschafterversammlung vom 27.6.2008 bekannt war.

7.) Zahlungen, die die Beklagten zugelassen haben, sind von ihnen ungekürzt zu erstatten. Soweit die Klägerin die Beklagten einschränkungslos auf Zahlung in Anspruch genommen hat, hat sie auf Hinweis des Senates den Anspruch des Geschäftsführers auf Abtretung des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs aus § 143 InsO in ihren Antrag aufgenommen, um dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot Rechnung zu tragen. Entsprechend hat der Senat tenoriert (vgl. BGH, Urteil vom 5.2.2007, II ZR 234/05, BGHZ 171, 46, zitiert nach Juris).

Außerdem war den Beklagten in diesem Urteil vorzubehalten, ihren Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (BGH, Urteil vom 8.1.2001, II ZR88/99, BGHZ 146, 264, zitiert nach Juris).

II.) Auf die Berufung der Beklagten war allerdings das landgerichtliche Urteil abzuändern und der von der Klägerin geltend gemachte Feststellungsantrag abzuweisen.

1.) Zu Recht hat allerdings das Landgericht ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig ist und für einen solchen Feststellungsantrag grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO besteht.

Die Beklagten können dem auch nicht entgegenhalten, dass hierfür deshalb kein Feststellungsinteresse bestehe, weil sie sich nicht in Insolvenz befinden. Beide Beklagte haben im Berufungsverfahren Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die nicht unerhebliche Höhe der Klageforderung die Gefahr begründet, dass wegen der erfolgten Verurteilung wenigstens einer von ihnen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen wird.

2.) Die Klage ist jedoch nicht gerechtfertigt. Die von der Klägerin angemeldete Forderung ist keine solche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO.

Der Regelung des § 302 Nr. 1 InsO liegen Billigkeitsgesichtspunkte zugrunde. Das Gesetz hält es für unbillig, dass ein Schuldner von Verbindlichkeiten gegenüber einem Gläubiger befreit wird, den er vorsätzlich geschädigt hat. Es genügt nicht, dass eine vorsätzliche Handlung adäquat kausal zu einem Schaden geführt hat; vielmehr muss die Schadensfolge vom Vorsatz umfasst sein (BGH, Urteil vom 21.6.2007, IX ZR 29/06, NJW 2007, 2854, zitiert nach Juris).

Nach einer verbreiteten Auffassung fällt die vorsätzliche Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB unter die Vorschrift. Dennoch haftet nicht jeder Täter, der vorsätzlich ein Schutzgesetz verletzt, dem dadurch Geschädigten aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung. Denn der Kreis der Schutzgesetze ist sehr weit. Zwar werden als "aus der insolvenzrechtlichen Perspektive wichtige Schutzgesetze" auch der Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung eines Insolvenzverfahrens genannt. Wer als Geschäftsführer den Betrieb weiter betreibt, obwohl er weiß, dass dieser zahlungsunfähig ist, nimmt regelmäßig eine Gläubigerbenachteiligung - nämlich die Schmälerung der auf die Gläubiger entfallenden Quote - billigend in Kauf (BGH, a. a. O.). Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht stellt deshalb eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 64 Abs. 1 GmbHG a. F. bzw. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15 a Abs. 1 InsO dar.

Wenn es auch gerechtfertigt erscheint, dass die Forderungen eines geschädigten Gläubigers von der Restschuldbefreiung ausgenommen werden, gilt dies nicht für den Anspruch der Gesellschaft gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a. F., der den Ersatz geleisteter Zahlungen zum Gegenstand hat. Nur um einen solchen Anspruch geht es vorliegend, nicht dagegen um die deliktische Insolvenzverschleppungshaftung. In den Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht sind die Gläubiger der Gesellschaft einbezogen, nicht jedoch die Gesellschaft selbst oder ihre Gesellschafter (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, Anh § 64 Rn. 64).

Die Vorschrift des § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. hat nur mittelbar gläubigerschützende Wirkung, dies jedoch nur als Reflex der Masseerhaltungspflicht. Der Anspruch auf Wiederauffüllung des Gesellschaftskapitals bei Verstoß gegen das Zahlungsverbot dient gerade nicht dem Schutz einzelner Gläubiger im Sinne eines individuellen Schadensersatzanspruchs, sondern primär dem Schutz des Gesellschaftskapitals. Er ist deshalb auch nicht als Schadensersatzanspruch ausgeformt, bei dem nach der Differenzhypothese unter Berücksichtigung der möglicherweise schuldbefreienden Wirkung der Zahlungen der Schaden zu ermitteln wäre, sondern als reiner Auffüllungsanspruch. Insoweit unterscheidet sich der Anspruch wegen Verstoßes gegen das Zahlungsverbot auch deutlich von dem Anspruch wegen Verstoßes gegen die Insolvenzbeantragung, der auf Ersatz des Quotenschadens gerichtet ist. Dies führt dazu, dass er nicht als ein Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung i. S. von § 302 Nr. 1 InsO behandelt werden kann (so auch OLG Hamm, Urteil vom 31.5.2012, 27 U 25/12, ZIP 2012, 2106, zitiert nach Juris, für die Vorschrift des § 130 a HGB).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 Abs. 2 ZPO. Die Kosten waren den Beklagten für die erste Instanz insgesamt aufzuerlegen, weil sie im Hinblick auf den Zahlungsantrag in vollem Umfang unterlegen sind und der Feststellungsantrag keinen eigenen Wert hat. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin, weil sie die Klageforderung erst in der Berufungsinstanz schlüssig vorgetragen hat, § 97 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.