OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.12.2012 - 17 UF 237/12
Fundstelle
openJur 2013, 16031
  • Rkr:

1. Gepfändete Anrechte der privaten Altersvorsorge unterliegen dem Versorgungsausgleich.

2. Die Pfändung eines solchen Anrechts - auch nach dem Ende der Ehezeit - schließt die Anordnung einer internen Teilung gemäß den §§ 10, 11 VersAusglG aus.

3. Gepfändete Anrechte sind nicht ausgleichsreif gemäß § 19 Abs. 1 VersAusglG. Der berechtigte Ehegatte ist auf den Wertausgleich nach der Scheidung zu verweisen.

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Allianz Pensionskasse AG vom 27.08.2012 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tuttlingen vom 16.07.2012, Az. 2 F 997/10 VA, in Ziff. 1 Abs. 6 des Tenors wie folgt

abgeändert :

Hinsichtlich des Anrechts der Antragstellerin bei der Allianz Pensionskasse AG (Az.: ...) bleibt der Anspruch des Antragsgegners auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten.

2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner die Gerichtskosten je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1260,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.1.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Tuttlingen hat in dem Scheidungsverbundverfahren 2 F 997/10 durch Beschluss vom 26.03.2012 den Versorgungsausgleich abgetrennt und hat mit weiterem Beschluss vom 26.03.2012 die Ehe der beiden Eheleute geschieden.

Mit Beschluss vom 16.07.2012 hat das Amtsgericht unter dem Az. 2 F 997/10 VA den Versorgungsausgleich durchgeführt. Die Ehezeit i. S. d. § 3 Abs. 1 VersAusglG endete am ...

Hierbei hat das Amtsgericht unter Ziff. 1 Abs. 6 des Tenors wie folgt entschieden:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei dem Versorgungsträger Allianz Pensionskasse AG (Az.: ...) zu Gunsten des Ehemanns ein Anrecht i. H. v. 6.508,27 EUR nach Maßgabe der Teilungsordnung in der Fassung vom 01.02.2011 und nach Maßgabe des Tarifs VGR2 (PE) sowie der Allgemeinen Versicherungsbedingungen E76APK, bezogen auf den 31. Oktober 2010, belastungsfrei übertragen.

2.

Die Allianz Pensionskasse AG hat gegen den ihr am 13.08.2012 zugestellten Beschluss mit am 30.08.2012 beim Amtsgericht Tuttlingen eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

Hierbei hat sie gerügt, dass das Familiengericht in seinem Beschluss vom 16.07.2012 die interne Teilung angeordnet habe, obwohl ein wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 19.04.2011 vorliege. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass auch eine Pfändung nach Ehezeitende zu einem Ausschluss der Teilung führe, da die Pfändung auf das Ende der Ehezeit zurückwirke. Durch das mit der Pfändung einhergehende Verfügungsverbot sei dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über das Anrecht entzogen.

Bei einer Teilung des Anrechts würde das am (vollen) Anrecht der Antragstellerin bestehende Pfändungspfandrecht, soweit ein neues Anrecht bei dem Antragsgegner in Höhe des Ausgleichswerts begründet werde, erlöschen. Für den Fall der Durchführung einer internen Teilung, wie vom Amtsgericht beschlossen, sähe sich die Beschwerdeführerin einer Doppelzahlung ausgesetzt.

Der vorstehenden Problematik sei dahingehend zu begegnen, dass ein Ausgleich des Anrechts dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten sei.

Die Allianz Pensionskasse AG beantragt:

Der Beschluss des Familiengerichts Tuttlingen vom 16.07.2012, Az. 2 F 997/10 VA, wird im Punkt 6 wie folgt abgeändert:

Der Ausgleich der Anrechte aus dem Vertrag ... bleibt gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben zu der Beschwerde keine Stellung genommen.II.1.

Die Beschwerde der Allianz Pensionskasse AG ist statthaft gemäß § 58 Abs. 1 FamFG und ist auch im übrigen zulässig, insbesondere form - und fristgerecht eingelegt (§§ 63, 64 FamFG).

In Folge der in zulässiger Weise durch die Beschwerdeführerin beschränkten Anfechtung fällt der angegriffene Beschluss dem Senat nur in dem Umfang der Beschwerde, d.h. nur hinsichtlich des bei der Allianz Pensionskasse AG bestehenden Anrechts, zur Überprüfung an (BGH, FamRZ 2011, 547).

Im Übrigen bleibt die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - Tuttlingen unberührt.

2.

Auf die Beschwerde der Allianz Pensionskasse AG war der Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses in Ziff. 1 Abs. 6 abzuändern.

Die Allianz Pensionskasse AG hatte mit Schreiben vom 16.02.2011 Auskunft über folgendes bei ihr geführte Anrecht der Antragstellerin erteilt.

Ehezeitanteil:13.216,53 EURAusgleichswert: 6.608,27 EUR

Die Allianz Pensionskasse AG hatte damals die Durchführung der internen Teilung des Anrechts vorgeschlagen und hatte darauf hingewiesen, dass die Kosten der internen Teilung in Höhe von insgesamt 200,00 EUR bei der Berechnung des Ausgleichswerts noch nicht zur Hälfte abgezogen worden seien.

Mit Schreiben vom 06.05.2011 teilte die Allianz Pensionskasse AG mit, dass zu der bei ihr geführten Versicherung der Antragstellerin eine Pfändung i. H. v. 372.921,49 EUR ausgebracht worden sei. Eine Teilung des Anrechts sei damit nicht mehr möglich.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 19.04.2011 war der Allianz Pensionskasse AG am 27.04.2011 zugestellt worden.

3.

Das Anrecht der Antragstellerin bei der Allianz Pensionskasse unterliegt gemäß § 2 Abs. Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG dem Versorgungsausgleich.

Die Pfändung eines grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechts führt nicht dazu, dass ein solches Anrecht nicht mehr in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist.

Der BGH hat noch unter der Geltung des bis August 2009 anzuwendenden materiellen Rechts des Versorgungsausgleichs entschieden, dass selbst ein Anrecht, das zur Sicherheit abgetreten ist, nach wie vor im Versorgungsausgleich auszugleichen ist, da es wirtschaftlich noch dem Versicherten/Sicherungsgeber und nicht dem Sicherungsnehmer zustehe (BGH, FamRZ 2011, 963).

Die Pfändung einer Geldforderung kann gemäß § 835 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlung statt oder - wie im hiesigen Fall - zur Einziehung erfolgen.

Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung bewirkt - im Gegensatz zur Sicherungsabtretung - keinen Forderungsübergang und steht deshalb einer Forderungsabtretung nicht gleich (BGH, NJW 2007, 2560). Die Überweisung zur Einziehung überträgt dem Gläubiger lediglich durch Hoheitsakt die Einziehungsberechtigung für die Forderung, die im Schuldnervermögen bleibt (Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 835 ZPO Rn. 7, § 836 ZPO Rn. 3).

Bei der Pfändung eines Anrechts durch Überweisung zur Einziehung kann deshalb kein Zweifel daran bestehen, dass dieses rechtlich und wirtschaftlich nach wie vor dem Versicherungsnehmer/Anrechtsinhaber zusteht, weshalb es gemäß § 2 VersAusglG in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist.

4.

Im Unterschied zu der unter der Geltung des alten Rechts vom BGH entschiedenen Fallgestaltung bilden Anrechte bei privaten Versicherungsträgern unter der Geltung des VersAusglG nicht bloße Rechnungsposten in der durchzuführenden Gesamtsaldierung.

Vielmehr wird nunmehr unmittelbar in die Anrechte eingegriffen, weil diese jeweils einzeln zu teilen und auszugleichen sind.

Zum Teil wird vertreten, dass ungeachtet eines an dem Versorgungsanrecht bestehenden Sicherungsrechts eines Drittgläubigers (für eine Sicherungsabtretung: OLG Nürnberg, NJW 2012, 1012; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 1221; auch für eine Pfändung: Götsche, jurisPR-FamR 15/2012 Anm. 6) der Versorgungsausgleich im Wege der internen Teilung gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG durch Übertragung des Ausgleichswerts durchgeführt werden kann.

Begründet wird dies damit, dass bei der internen Teilung gemäß den §§ 10 Abs. 1, 11 VersAusglG dafür Sorge zu tragen sei, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte ein der auszugleichenden Versorgung gleichwertiges Anrecht erhält. Dieser Grundsatz führe dazu, dass das zu begründende Anrecht in gleicher Weise wie das bei dem Ausgleichspflichtigen verbleibende Teilanrecht anteilig belastet bleibe.

Dieser Ansicht schließt sich der Senat nicht an.

Ihr könnte nur dann gefolgt werden, wenn tatsächlich durch den Ausgleich im Wege der internen Teilung einem Pfandrechtsgläubiger nicht ein Teil des Sicherungsgegenstands entzogen werden würde.

Der Senat geht indes davon aus, dass bei Durchführung der internen Teilung genau diese Folge eintreten würde, weshalb gepfändete Anrechte nicht intern geteilt werden können/dürfen, da mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs unbeteiligten Dritten keine rechtlichen Nachteile entstehen dürfen.

a)

Wird eine Geldforderung gepfändet, hat das Gericht gemäß § 829 Absatz 1 S. 2 ZPO an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten. Die Pfändung einer Forderung bewirkt die Beschlagnahme (Verstrickung) und begründet für den Gläubiger ein Pfandrecht. Die Beschlagnahme entzieht die Forderung der Verfügungsbefugnis des Schuldners. Durch die Pfändung sind dem Schuldner Verfügungen zum Nachteil des Gläubigers verboten, u.a. auch eine Übertragung der Forderung durch Abtretung. Dieses Verfügungsverbot entfaltet eine relative Wirkung gemäß den §§ 135, 136 BGB mit der Folge, dass eine dennoch erfolgte - verbotswidrige - Verfügung dem Pfändungsgläubiger gegenüber unwirksam ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Gericht für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versicherungsträger, bei dem das auszugleichende Anrecht besteht. Wie sich die interne Teilung näher vollzieht, bestimmt sich gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG nach der jeweiligen Versorgungsregelung. Diese hat den Vorgaben gemäß § 11 VersAusglG zu genügen und hat die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an dem in der Ehezeit erworbenen Anrecht sicherzustellen (Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl., § 10 VersAusglG Rn. 1).

Die Versorgungsträger haben dadurch zwar einen gewissen Gestaltungsspielraum. Bei der Umsetzung der internen Teilung sind ihnen allerdings insoweit Grenzen gesetzt, als sie bei einem gepfändeten Versorgungsanrecht wegen des Verfügungsverbotes gemäß den §§ 829 Abs. 1 ZPO, 135, 136 BGB nicht mit der Übertragung eines Teiles des Anrechts auf den Ausgleichsberechtigten unmittelbar auf das bestehende Recht des Ausgleichsverpflichteten aus dem Versicherungsverhältnis einwirken und damit das Pfändungspfandrecht des Drittgläubigers beeinträchtigen dürfen. Eine gleichwohl getroffene Verfügung, wie eine Übertragung des Anrechts auf den Ausgleichsberechtigten wäre dem Drittgläubiger gegenüber unwirksam, soweit hierdurch sein Pfändungspfandrecht beeinträchtigt werden würde (KG, FamRZ 2012, 1218).

So kann, wenn zugunsten der ausgleichsberechtigten Person im Wege der internen Teilung ein neuer Vertrag begründet werden soll, sich das zugunsten des Pfändungspfandgläubigers bestehende Recht ohne eine Zustimmung des Drittgläubigers gar nicht mehr an der neuen Forderung fortsetzen, sondern geht insoweit unter.

Auch anderweitig ist nicht denkbar, wie der Versorgungsträger, der aufgrund der Verstrickung keine Verfügungen über das gepfändete Anrecht mit Wirkung gegen den Pfändungspfandgläubiger treffen darf, überhaupt noch dem Ausgleichsberechtigten - ohne Zustimmung des Pfandgläubigers - ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts verschaffen kann.

b)

Selbst wenn man vertreten wollte, dass ungeachtet des relativen Veräußerungsverbots es dem Versorgungsträger möglich sein soll, dem Ausgleichsberechtigten ein mit einem Pfändungspfandrecht belastetes Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts zu verschaffen, würde eine interne Teilung daran scheitern, dass dem Pfandrechtsgläubiger wegen der Teilungskosten ein Teil des Sicherungsgegenstands entzogen werden würde (KG, a. a. O.; Gutdeutsch, Abgetretene, verpfändete oder gepfändete Anrechte im Versorgungsausgleich - die Zweite, FamRB 2012, 187).

Die Teilungskosten des Versorgungsträgers (im hiesigen Fall in Höhe von 200,00 EUR) sind gemäß § 13 VersAusglG von den beteiligten Ehegatten jeweils hälftig zu tragen. Sie schmälern das verbleibende bzw. das neu zu begründende Anrecht; die interne Teilung würde damit zu einer Beeinträchtigung des Pfändungspfandrechts des Drittgläubigers führen, die aufgrund der mit der Pfändung verbundenen Sicherung des Drittgläubigers mit Wirkung gegenüber diesem ausgeschlossen ist.

c)

Weiterhin bestehen für den Senat auch Zweifel, ob für den Fall, dass man die Begründung eines durch Sicherungsrechte belasteten Anrechtes beim Ausgleichsverpflichteten entgegen den vorstehenden Ausführungen zu Ziff. 4 a und 4 b überhaupt für möglich hält, hierbei dem Erfordernis des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VersAusglG - der Übertragung eines eigenständigen Anrechtes - ausreichend Rechnung getragen werden würde. Denn das zu übertragende Anrecht darf nicht an die Person des Verpflichteten gebunden sein (Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 11 VersAusglG Rn. 5). Rein formal wären diese Voraussetzungen auch bei der Übertragung eines belasteten Anrechtes erfüllt, da das neue Anrecht insofern nicht an die Person des Ausgleichsverpflichteten gebunden ist, dass es bei seinem Tod gemindert werden oder erlöschen würde. Allerdings dürfte die Begründung eines gepfändeten Anrechts dem hinter § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VersAusglG stehenden Rechtsgedanken, nämlich ein unabhängiges versorgungsrechtliches Verhältnis zwischen dem Ausgleichsberechtigten und dem Versorgungsträger zu begründen (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth, a.a.O.), widersprechen. Denn der Bestand des Versorgungsanrechtes wäre vom Zahlungsverhalten bzw. der Liquidität des Ausgleichverpflichteten abhängig und damit hinsichtlich seines (wirtschaftlichen) Bestandes von dessen Person gerade nicht unabhängig (OLG Schleswig, FamRZ 2012, 1220; OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.06.2012, 15 UF 81/12).

5.

Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass im hiesigen Fall die Besonderheit besteht, dass die Pfändung des Anrechts erst nach dem Ende der Ehezeit (31.10.2010) durch Pfändungsbeschluss vom 19.04.2011 erfolgt ist.

Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung das Ende der Ehezeit. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG sind indes rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Rückwirkung auf das Ende der Ehezeit vor, wenn nachehezeitlich ein Kapitalwahlrecht bei einer Rentenversicherung ausgeübt wird, womit das Rentenrecht des Berechtigten entfällt und durch einen Anspruch aus der Kapitallebensversicherung ersetzt wird. Ein solches Anrecht kann nicht mehr im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden (BGH, FamRZ 2012, 1039; FamRZ 2011, 1931).

Ebenso hat der Bundesgerichtshof bezüglich eines nachehezeitlichen Wertverlusts einer fondsgebundenen privaten Altersversorgung entschieden, dass es sich insoweit um eine tatsächliche nachehezeitliche Veränderung handelt, die auf den Ehezeitanteil zurückwirkt. Denn soweit ein auszugleichendes Anrecht nicht mehr vorhanden sei, komme ein Versorgungsausgleich nicht mehr in Betracht. Nur im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung noch dem Versorgungsausgleich unterfallende Anrechte können in diesen einbezogen werden. Das gelte entsprechend, wenn ein ehezeitlich erworbenes Anrecht im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung nur noch mit einem geringeren Wert vorhanden ist (BGH, FamRZ 2012, 694).

Anders als die Beschwerdeführerin vorträgt, bringt eine Pfändung das Anrecht zwar nicht zum Erlöschen. Wenn entsprechend vorstehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ein Anrecht jedoch nur noch in dem Umfang ausgeglichen werden kann, in der es zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung noch vorliegt, kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Anrecht nach Ehezeitende gepfändet worden ist. Auch bei dem Umstand, dass das Anrecht nunmehr mit einem Pfändungspfandrecht belastet ist, handelt es sich um eine rechtliche Veränderung, die im Ergebnis auf das Ehezeitende zurückwirkt und bei der tatrichterlichen Entscheidung zu berücksichtigen ist (siehe auch OLG Naumburg, FamRZ 2012, 1057; Kemper/Norpoth, Abgetretene, verpfändete und gepfändete Anrechte im Versorgungsausgleich, FamRB 2011, 284, 287).

6.

Die Pfändung nach Ehezeitende führt auch nicht dazu, dass aus einem anderen Grund, nämlich wegen der Anwendung des § 29 VersAusglG eine interne Teilung - anders, als bei Pfändungen vor Ehezeitende - durchgeführt werden könnte.

Das OLG Naumburg hat hierzu die Auffassung vertreten (FamRZ 2012, 1057), dass das Leistungsverbot gemäß § 29 VersAusglG dazu führe, dass hierdurch dem Versorgungsausgleich unterliegende Ansprüche vor einem Zugriff durch Dritte geschützt seien, weshalb eine Pfändung nach Ehezeitende bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs unbeachtlich bleibe.

Der Ausgleichspflichtige könne wegen § 29 VersAusglG nicht mehr über seine private Altersvorsorge verfügen, da dem Versicherungsträger verboten sei, Leistungen zu erbringen. Dem gleichgesetzt sei der Fall, dass der Ausgleichspflichtige durch eigenes vertragswidriges Handeln einen Zugriff Dritter auf die Altersvorsorge ermögliche. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Ausgleichspflichtige titulierte Forderungen unbezahlt lasse und dadurch Pfändungen eines Dritten in ein dem Versorgungsausgleich unterliegendes Anrecht ermögliche.

Zwar wird der Versorgungsträger bis zum Abschluss eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich gemäß § 29 VersAusglG verpflichtet, Zahlungen an die ausgleichspflichtige Person zu unterlassen, die sich auf die Höhe des Ausgleichswerts auswirken können.

Dieses Leistungsverbot bietet dem Ausgleichsberechtigten jedoch nur einen sehr bedingten Schutz. Es enthält zwar eine Unterlassungsverpflichtung des Versorgungsträgers, die - bei Verschulden - Schadensersatzpflichten auslösen kann.

Es enthält allerdings kein relatives Verfügungsverbot im Sinne des § 135 BGB (Johannsen/Henrich/Hahne, a. a. O., § 29 VersAusglG Rn. 2; Ruland, Versorgungsausgleich, 3. Auflage, 5. Kapitel Rn. 491).

Insbesondere bewirkt dieses Leistungsgebot nicht, wie vom OLG Naumburg angenommen, dass das Anrecht nicht mehr mit dinglicher Wirkung übertragbar und damit unpfändbar gemäß § 851 Abs. 1 ZPO ist.

§ 29 VersAusglG steht damit im Ergebnis der Entstehung eines Pfändungspfandrechts und der damit einhergehenden Verstrickung auch bei einer Pfändung nach Ehezeitende nicht entgegen.7.

Da die gepfändete Forderung weder aus dem Vermögen der Antragstellerin ausgeschieden noch die Zwangsvollstreckung beendet ist, unterliegt sie trotz Bestehens eines vorrangigen Rechts dem Versorgungsausgleich (BGH, FamRZ 2011, 963 zum alten Recht; KG FamRZ 2012, 1218). Damit ist sie grundsätzlich auszugleichen.

Der Senat folgt hierzu nicht der in der Literatur vertretenen Ansicht, die zwar nicht anzweifelt, dass ein gepfändetes Anrecht an sich rechtlich dem Versorgungsausgleich unterliege, wonach aber wegen einer gebotenen teleologischen Reduktion des § 2 VersAusglG gepfändete Anrechte nicht in den Versorgungsausgleich, sondern in den Zugewinnausgleich einzubeziehen seien, da deren Einbeziehung in den Versorgungsausgleich Probleme aufwerfen würde, die sich mit den Instrumenten des Versorgungsausgleich nicht lösen lassen (Kemper/Norpoth, Abgetretene, verpfändete und gepfändete Anrechte im Versorgungsausgleich, FamRB 2011, 284).

Für diese teleologische Reduktion fehlt es an einer ausreichenden Grundlage (siehe auch Schwamb, FamRB 2012, 140, 141).

Denn der bestehende Konflikt zwischen der auf dem Pfändungspfandrecht basierenden Rechtsposition des Drittgläubigers, dessen Recht nicht angetastet werden darf, dem Interesse der Ehefrau, an den vom Ehemann während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten beteiligt zu werden, und dem schützenswerten Interesse des Versorgungsträgers, nicht auf das Anrecht einwirken zu können und damit Gefahr zu laufen, Leistungen sowohl an die Ehefrau als auch an den Drittgläubiger erbringen zu müssen, kann dadurch gelöst werden, dass bezüglich des betreffenden Anrechts der Wertausgleich nach der Scheidung entsprechend § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG vorbehalten bleibt (KG, a. a. O.; OLG Schleswig, FamRz 2012, 1220; OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.06.2012, 15 UF 81/12; Gutdeutsch, Abgetretene, verpfändete oder gepfändete Anrechte im Versorgungsausgleich - die Zweite, FamRB 2012, 187; Schwamb, a. a. O.).

§ 19 Abs. 1 S. 2 VersAusglG nimmt Bezug auf § 5 Abs. 2 VersAusglG, weshalb bei der Prüfung einer etwaigen fehlenden Ausgleichsreife spätere Veränderungen bei den Anwartschaften nach dem Ende der Ehezeit, aber vor der Entscheidung über den VersAusgl, hier eine Pfändung, mit zu berücksichtigen sind.

Derzeit ist es unsicher, ob, wann und in welchem Umfang sich der Pfändungspfandgläubiger aus dem Pfändungspfandrecht befriedigen wird. Es lässt sich damit noch nicht hinreichend sicher bestimmen, inwieweit das bei der Beschwerdeführerin geführte Versorgungsanrecht endgültig und in welcher Höhe beim ausgleichsverpflichteten Ehegatten verbleibt.

Damit ist das Anrecht als nicht ausgleichsreif gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VersAusglG anzusehen. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt (vgl. BT-Drucksache 16/10144, S. 62) nicht abschließend, sondern es handelt sich um einen Auffangtatbestand.

§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist damit einer erweiternden Auslegung auch dahingehend zugänglich, dass er dann angewendet werden kann, wenn offen ist, inwieweit ein Sicherungsrecht eines Drittgläubigers in der Zwangsvollstreckung realisiert werden wird und deshalb eine interne Teilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist (vgl. BT-Drucksache 16/11903, S. 108 f.; MünchKomm/Gräper, BGB, 5. Aufl. 2010, § 19 VersAusglG Rn. 6).III.

Der Senat entscheidet gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute mündliche Anhörung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1, Abs. 3 FamFG.

Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

Zwar ist es gemäß § 224 Abs. 4 FamFG ausreichend, wenn Anrechte, die für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung verbleiben, nur in der Begründung benannt werden. Obwohl gesetzlich nicht vorgeschrieben, hält es der Senat - zumindest in Fällen, in denen es in der Beschwerdeinstanz ausschließlich um ein Anrecht geht, bezüglich dessen Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten bleiben - zur Klarstellung für zweckmäßig, diesen Vorbehalt auch im Tenor zum Ausdruck zu bringen (so auch KG, FamRZ 2012, 1218; Prütting/Helms/Wagner, FamFG, 2. Aufl., § 224 Rn. 17; Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Aufl., § 224 FamFG Rn. 19).

Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 70 Abs. 2 S.1 Nr. 1 FamFG zur Klärung der Frage zugelassen, ob Anrechte der privaten Altersvorsorge, die gepfändet worden sind, der internen Teilung unterliegen und falls dies zu verneinen ist, ob solche Anrechte dem Wertausgleich nach der Scheidung vorbehalten bleiben.