OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2012 - 7 U 104/11
Fundstelle
openJur 2013, 15815
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2011 - 6 O 216/09 - wie folgt abgeändert:Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.341,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14.05.2009 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 09.01.2006 im Bereich des Gehwegs vor dem Anwesen Gartenstr. 26a, 76133 Karlsruhe, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsrechtszugs.

IV. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht mit der Klage Ansprüche aus einem Sturzereignis wegen angeblicher Verletzung der Räum- und Streupflicht geltend.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage teilweise stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens ihren Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgen. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, wegen der Antragstellung auf die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2011 (II 83). Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. zum geltend gemachten Haushaltsführungsschaden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.03.2012 verwiesen (II 85/87).II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache lediglich in geringem Umfang Erfolg.

Die Klägerin hat, wie das Landgericht im Wesentlichen zutreffend ausführt, gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. §§ 823 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2, 843 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000,00 EUR, auf Ersatz materiellen Schadens allerdings nur in Höhe von 2.006,14 EUR - mithin nach Teilleistung in Höhe von 3.664,79 EUR - noch restlicher 3.341,35 EUR - sowie die begehrte Feststellung mit der aus dem Antrag (II 83) und Tenor ersichtlichen Einschränkung hinsichtlich des Übergangs auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte.

1. Der Beklagte zu 2 hat die ihm durch den Hausmeisterarbeitsvertrag (AH I, 43-71) übertragene Räum- und Streupflicht schuldhaft verletzt. Die Beklagte zu 1 hat die bei ihr danach noch verbliebene Kontroll- und Überwachungspflicht hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch den Beklagten zu 1 schuldhaft verletzt. Der Kläger ist dadurch gestürzt.

a) Die Beklagte zu 1 traf die Verkehrssicherungspflicht für den zum öffentlichen Verkehrsraum gehörenden Fußweg vor ihrem Haus, auf dem der Kläger - wie die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergeben hat - gestürzt ist. Hinsichtlich des Gehweges hat die Gemeinde K. den Verkehr eröffnet, sodass sie primär die Streupflicht trifft. Gemäß § 2 Abs. 1 der Ortssatzung (AH I, 75-83) ist indes die Reinigungspflicht für die Gehwege den Eigentümern der angrenzenden bebauten und unbebauten Grundstücke auferlegt worden. Eine solche Übertragung auf den sodann verkehrssicherungspflichtigen Anlieger ist zulässig. Regelmäßig kann auch angenommen werden, dass das Ortsstatut die im Rahmen der deliktischen Verantwortlichkeit maßgebliche Erwartung des Verkehrs angemessen berücksichtigt (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2004, 1251 f., juris Tz. 3 m.w.N.). Die Pflichten der Anlieger richten sich hinsichtlich des Umfangs grundsätzlich nach dem Übertragungsakt, hier der Ortssatzung (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.02.2008, Az. 2 U 48/06, juris Tz. 28; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 823 Rn. 229). § 5 Abs. 4 der Satzung sieht hier vor, dass bei Glätte werktags in der Zeit von 07.30 Uhr bis 21.00 Uhr zur Sicherung des Fußgängertagesverkehrs die Gehwege zu räumen und zu streuen sind. Nach § 5 Abs. 1 sind die Gehflächen von Schnee und auftauendem Eis zu räumen und bei Glätte zu bestreuen, jeweils in der Art, dass der Fußgängerverkehr möglichst gefahrlos und flüssig bleibt.

b) Auch die Voraussetzungen für eine Räum- und Streupflicht lagen danach vor. Ohne Erfolg greifen die Beklagten mit der Berufung insoweit die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Das Landgericht hat - auch den Senat überzeugend und damit gem. § 529 Abs. 1 ZPO bindend - festgestellt, dass nach der glaubhaften Aussage der Zeugin R. sowie der Anhörung des Klägers gem. § 286 ZPO dieser den ihm obliegenden Beweis erbracht hat, dass innerhalb der o.g. zeitlichen Grenzen der Räum- und Streupflicht auf dem Bürgersteig eine allgemeine Glätte vorhanden war, nicht nur einzelne Glättestellen (vgl. BGH, NJW 2009, 3302, 3303, Tz. 4 f. m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, stehen - anders als die Berufung meint - dem die Aussagen der von den Beklagten benannten, schriftlich vernommenen Zeugen sowie die Angaben des Beklagten zu 2 nicht entgegen. Weder einer dieser Zeugen noch der Beklagte zu 2 konnten konkrete Angaben zu den Verhältnissen am Unfalltag machen. Dagegen stehen die ausführlichen, detailreichen und überzeugenden Ausführungen des Klägers und seiner Ehefrau.

c) Danach ist auch der Senat - dem Landgericht folgend - aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger glättebedingt zu Fall gekommen ist.

Zu seinen Gunsten streitet im Übrigen der Beweis des ersten Anscheins, dass er in Folge einer Streupflichtverletzung der Beklagten zu Fall gekommen ist.

aa) Denn bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat. Bei einem Glatteisunfall ist es zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. Weitergehende Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu stellen, würde den Verletzten überfordern, der die besonderen Verhältnisse an der Unfallstelle, aus denen sich zur Unfallzeit Gefahrabwendungsnotwendigkeit und -möglichkeit ergeben - z. B. die Einflüsse der Witterung auf Beginn und Umfang der Streupflicht -, anders als der für die Sachüberwachung zuständige Streupflichtige oder dessen Beauftragter oftmals nicht kennen kann. Insbesondere muss der Verletzte nicht in seinen Sachvortrag mit einbeziehen, dass der Glättezustand bereits so lange bestanden hat, dass dem Streupflichtigen genügend Zeit für gefahrvermeidende oder -vermindernde Reaktionen zur Verfügung stand, ungeachtet des Umstandes, dass die Streupflicht nicht verletzt wäre, wenn erst kurz vor dem Unfall auf den gefrorenen Boden Regen niedergegangen wäre und der Streupflichtige auf eine sich dadurch bildende Glätte noch nicht mit Streuen reagiert haben müsste. Letzteres gehört zu der den Streupflichtigen entlastenden Zumutbarkeitsprüfung. Danach hat der Verletzte das Vorliegen einer die Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenlage zu beweisen, während der Streupflichtige für das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das Streuen unzumutbar machte, beweispflichtig ist (vgl. BGH, a.a.O., OLG Celle, a.a.O., juris Tz. 6 m.w.N.).

bb) Diesen Beweis haben die Beklagten nicht geführt. Sie beanstanden vielmehr in der Berufung, der Kläger sei gerade nicht im Bereich der Garageneinfahrt gestürzt, sondern im Gehwegbereich davor (vgl. Lichtbildkopie AH I, 73). Nach ihrem eigenen Vortrag liegen damit keine Anhaltspunkte für eine Ausnahmesituation vor. Aber selbst, wenn man den Angaben des Beklagten zu 2 bei seiner Anhörung (I 279) folgt, wonach es passieren kann, dass sich an der Seite der Einfahrt infolge des Lieferverkehrs Schnee ansammelt, den die Passanten dann verteilen, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Denn konkrete Anhaltspunkte, dass der Beklagte zu 2 der von ihm erkannten besonderen Gefahr hinreichend Sorge getragen hat, hat die Beweisaufnahme, wie das Landgericht zutreffend ausführt, nicht ergeben. Entgegen der Auffassung der Berufung wäre es insbesondere auch nicht unzumutbar, sondern gerade geboten, dem besonderen Gefahrenbereich auch eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen und dort bei Bedarf wiederholt in engeren Zeitabschnitten zu räumen und zu streuen. Dass eine Erfüllung der Räum- und Streupflicht wegen anhaltendem starken Schneefall oder Blitzeis unzumutbar war, haben selbst die Beklagten nicht konkret vorgetragen.

d) Anders, als die Berufung meint, haftet auch die Beklagte zu 1. Sie hat die bei ihr nach wirksamer vertraglicher Übertragung der Räum- und Streupflicht auf den Beklagten zu 1 verbliebene eingeschränkte Verkehrssicherungspflicht in Form einer Kontroll- und Überwachungspflicht (vgl. BGH, VersR 1975, 4; OLG Rostock, VerkMitt 2011, Nr. 3, juris Tz. 30 m.w.N.; OLG Brandenburg, VersR 2009, 221 f., juris Tz. 23 ff.; Paland/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 823 Rn. 52) schuldhaft verletzt. Auf die von der Berufung gerügte Anwendung des § 831 BGB kommt es danach nicht an.

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der (noch) erforderlichen Kontrollpflichten sind die Umstände des Einzelfalls. Danach ist etwa maßgeblich, ob der ursprünglich Verkehrssicherungspflichtige überhaupt zu einer wirksamen Kontrolle in der Lage ist, oder er sich gerade zur Erfüllung seiner von ihm selbst nicht wahrzunehmenden Pflichten einer spezialisierten Fachfirma mit überlegenem Kenntnisstand bedient. Weiterhin sind die Anforderungen an die Kontrollintensität auszurichten am Schadensrisiko, wobei sowohl auf die Schadenshäufigkeit als auch auf die Wahrscheinlichkeit besonders gravierender Schäden abzustellen ist. Bei der Überwachung der Einhaltung der Räum- und Streupflicht ist mit Rücksicht auf die durch Eis- und Schneeglätte drohenden Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter an das Maß der bei der Beaufsichtigung anzuwendenden Sorgfalt ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, a.a.O., m.w.N.; OLG München, Urteil vom 30.07.2009, Az. 1 U 1815/09, juris Tz. 43). Selbst bei der Einschaltung von Fachfirmen wird aber ein Fortfall jeder Überwachungspflicht nicht angenommen, vielmehr ist regelmäßig - wie auch hier - erforderlich, aber auch ausreichend, dass von Anfang an wenigstens stichprobenartige Kontrollen vorgenommen werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2010, Az. 2 W 1/10, juris Tz. 9; OLG Brandenburg, a.a.O; OLGR Celle 2004, 209, juris Tz. 4).

bb) Der Kläger hat hinreichend konkret vorgetragen, die Beklagte zu 1 habe ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht nicht genügt. Es obliegt daher dieser, ihrerseits substantiiert darzulegen, in welcher Form sie die Einhaltung der übertragenen Winterdienstpflicht kontrolliert und überwacht hat. Dazu, dass die Beklagte zu 1 ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht gegenüber dem Beklagten zu 2 bzw. der Verwalterin G. ausreichend nachgekommen ist, hat die Beklagte zu 1 jedoch auch in der Berufung nicht konkret vorgetragen. Vielmehr hat sie, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, erkennbar in keiner Weise überwacht und kontrolliert. Dass im Übrigen auch die Verwalterin G. keine hinreichende Überwachung und Kontrolle vorgenommen hat, hat das Landgericht zutreffend und auch den Senat überzeugend festgestellt.

2. Durch den Sturz wurde der Kläger an Körper und Gesundheit verletzt, § 823 Abs. 1 BGB.

Auch der Senat ist gem. § 286 ZPO davon überzeugt, dass er sich sturzbedingt eine Handgelenks- und Ellenhakenfraktur jeweils links zugezogen hat. Der Kläger selbst bei seiner Anhörung gem. § 141 ZPO sowie seine Ehefrau als Zeugin haben überzeugend ausgeführt, der Kläger habe sich mit Schmerzen nach Hause gequält und, nachdem diese nicht nachließen, am nächsten Tag das Krankenhaus aufgesucht. Dort wurden dann die aus dem Entlassbrief vom 17.01.2009 (AH I, 1/3) ersichtlichen Verletzungen diagnostiziert. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, eine andere Ursache als der Sturz sei nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Ohne Erfolg rügt die Berufung unter diesen Umständen, es hätte der Einholung eines - von den Beklagten im ersten Rechtszug zur bestrittenen Kausalität der Verletzungen nicht beantragten - Sachverständigengutachtens bedurft.

3. Entgegen der Auffassung der Berufung fällt dem Kläger gem. § 254 Abs. 1 BGB kein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens zur Last.

a) Wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, hängt die Verpflichtung zum Schadenersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 254 Abs. 1 BGB. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kommt ein Mitverschulden immer dann in Betracht, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte rechtzeitig erkennen können und er die Möglichkeit besaß, sich auf die Gefahr einzustellen (OLGR Saarbrücken 2004, 623 ff., juris Tz. 27 m.w.N.). Es besteht kein allgemeiner Grundsatz, dass bei Stürzen infolge von Glatteis stets ein Mitverschulden des Fußgängers anzusetzen ist. Es ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen. Die Beweislast für ein Mitverschulden trägt dabei der Schädiger, der auch die Kausalität eines möglichen Eigenverschuldens für den Schaden belegen muss (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 1109 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.05.2009, Az. 3 U 239/07, juris Tz. 44; OLG München, Urteil vom 13.03.2008, Az. 1 U 4314/07, juris Tz. 23). Danach käme ein Mitverschulden in Betracht, wenn von der Glättebildung eine deutliche, von dem Kläger zu erkennende Warnung ausgegangen wäre, er also eine besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit außer Acht gelassen hätte, die wegen der erkennbar unzureichenden Räumung und Streuung geboten war (OLG München, VersR 2003, 518).

b) Ausgehend davon hat auch die Beweisaufnahme keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger der Glätte keine hinreichende Aufmerksamkeit gewidmet hat. Allein der Umstand, dass es nach seinem eigenen Vortrag erkennbar glatt war, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Dass er dieser Glätte nicht ausreichend Sorge getragen hat, haben die Beklagten nicht bewiesen. Dafür spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins. Der Kläger selbst hat vorgetragen, er habe sich langsam tastend voran bewegt (I 139). Er war auch nicht allein auf Grund der Witterungsverhältnisse verpflichtet, von seinem Einkauf abzusehen. Dass er der Witterung nicht angepasstes Schuhwerk trug, haben die Beklagten nicht bewiesen. Auch der Senat ist vielmehr aufgrund der Aussage der Zeugin R. und den Angaben des Klägers vom Gegenteil überzeugt (vgl. Kopie der Lichtbilder des Schuhwerks, AH I, 5). Allein der Umstand, dass es sich um orthopädische Schuhe handelte (vgl. Angaben des Klägers, II 87), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass es ihm zumutbar und möglich war, einen anderen, weniger glatten Weg zu begehen, steht nicht fest. Dass dem Kläger die spätere Unfallstelle bereits vom Hinweg in die Innenstadt bekannt war, haben die Beklagten nicht bewiesen. Zutreffend hat das Landgericht sogar das Gegenteil für erwiesen erachtet.

4. Der Höhe nach beläuft sich der geltend gemachte ersatzfähige materielle Schaden des Klägers auf 7.006,14 EUR. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung in Höhe von 3.664,79 EUR stehen ihm noch 3.341,35 EUR zu.

a) Der Höhe nach hält auch der Senat nach der gebotenen eigenen Prüfung ein Schmerzensgeld von 5.000,00 EUR für angemessen. Zur Begründung nimmt er auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts Bezug. Anders, als die Berufung meint, bedurfte es auch insoweit insbesondere unter Berücksichtigung des § 287 ZPO nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Beklagten haben im ersten Rechtszug lediglich die Einschränkungen und deren Dauer mit Nichtwissen bestritten und dieses durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt. Angesichts dieses in Anbetracht des substantiierten Vortrags des Klägers und der vorgelegten Behandlungsunterlagen pauschalen Bestreitens sowie unter Berücksichtigung des § 287 ZPO, bedarf es hier nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

b) Fahrtkosten kann der Kläger allerdings lediglich in Höhe von 152,50 EUR verlangen.

Die Fahrtkosten hält auch der Senat für nachgewiesen. Allerdings kann der Kläger ohne konkreten weiteren Vortrag lediglich 0,25 EUR je Fahrtkilometer ersetzt verlangen, insgesamt mithin 152,50 EUR anstelle der ausgeurteilten 183,00 EUR (vgl. BGH, NJW 2010, 930 ff., Tz. 21; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 8; OLG Karlsruhe [14. ZS], NJW-RR 2009, 882 ff. juris Tz. 31 noch 0,20 EUR). Dass die Voraussetzungen einer anderweitigen Erstattungsfähigkeit der Fahrtkosten gem. § 60 SGB V vorliegen, haben die Beklagten weder konkret vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger als Geschädigter insoweit vorrangig seine Krankenkasse in Anspruch nehmen sollte.

c) Ersatz der Heilbehandlungskosten kann der Kläger nur in Höhe von 114,69 EUR begehren anstatt der ausgeurteilten 174,69 EUR.

a) Auch der Senat ist zwar überzeugt, dass ihm Heilbehandlungskosten in Höhe von 174,69 EUR entstanden sind. Dass Landgericht hat dies überzeugend gewürdigt und begründet. Entgegen der Berufung bedarf es aus den o. g. Gründen nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

b) Die Berufung weist jedoch zutreffend darauf hin, dass bei einem Krankenhausaufenthalt grundsätzlich - wie auch hier - die ersparten häuslichen Verpflegungskosten auf die Heilbehandlungskosten anzurechnen sind (OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 933 ff., juris Tz. 38; OLG Karlsruhe, a.a.O., juris Tz. 31; Palandt/Grüneberg, a.a.O., vor § 249 Rn. 93 m.w.N.). Der Senat schätzt den Wert der ersparten Eigenverpflegung hier in Ausübung seines Schätzermessens gem. § 287 ZPO auf 7,50 EUR täglich, mithin für acht Tage insgesamt 60,00 EUR (OLG Saarbrücken, a.a.O., juris Tz. 40). Der Senat bewegt sich mit seiner Schätzung in dem in Literatur und Rechtsprechung eröffneten Rahmen: In der Kasuistik ist eine Bandbreite zwischen 4 und 10 EUR pro Tag nachgewiesen (OLG Hamm, NJW-RR 2001, 218: 20 DM; KG, Urt. v. 12.3.2003 - 22 U 39/06: 4 EUR). Die Literatur erachtet - soweit sie sich auf konkrete Beträge festlegt - einen Betrag zwischen 5 und 10 EUR für angemessen (Palandt/Grüneberg, a.a.O). Dass sich hier beim nicht mehr erwerbstätigen Kläger vorrangig der Sozialleistungsträger die Ersparnis des Klägers auf seine im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangenen Ansprüche anrechnen lassen muss (vgl. BGH, NJW 1984, 2628 ff., juris Tz. 10), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

d) Den ausgeurteilten Haushaltsführungsschaden (vgl. § 843 Abs. 1 BGB) hat das Landgericht zutreffend der Höhe nach mit 1.738,95 EUR ermittelt.

Jedenfalls nach der ergänzenden Anhörung des Klägers (II 83/85) und Vernehmung der Zeugin R. (II 85/87) durch den Senat ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung gem. § 287 ZPO vorhanden. Die dem Tabellenwerk von Schultz-Borck/Hofmann, Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl., entnommenen Werte halten der im Hinblick auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt gebotenen Plausibilitätsprüfung stand (vgl. OLG Celle, Schaden-Praxis 2010, 284 ff., juris Tz. 76), wegen derer der Senat die ergänzende Anhörung des Klägers (II 83/85) und Vernehmung der Zeugin R. (II 85/87) veranlasst hat. Das Landgericht hat sich in nicht zu beanstandender Weise an dem Tabellenwerk von Schultz-Borck/Hofmann, Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl., Tabelle 8, orientiert (vgl. BGH, NJW 2009, 2060 f., Tz. 5; OLG Brandenburg, NJOZ 2010, 787, 788; OLG München, NJOZ 2010, 1820, 1821). Der Senat nimmt insoweit auf die Begründung des Landgerichts zustimmend Bezug. Die Plausibilitätsüberprüfung an Hand der Angaben des Klägers und der Aussage seiner Ehefrau vor dem Senat rechtfertigt keine andere Entscheidung. Sowohl nach seinen Angaben als auch nach der Aussage der Zeugin R. hat er vor dem Unfall regelmäßig die vom Landgericht zu Grunde gelegte, der o.g. Tabelle entsprechende Größenordnung von 24,5 Std. wöchentlich für die Haushaltsführung aufgewandt. Dabei hat der Senat keine Zweifel, dass das vom Kläger und der Zeugin bewohnte Haus über 6 Zimmer mit einer Wohnfläche von insgesamt ca. 120 qm verfügt. Der Kläger hat auf Vorhalt der insoweit glaubhaften Aussage seiner Ehefrau überzeugend angegeben, soweit er lediglich drei Zimmer genannt habe, das Obergeschoss schlicht vergessen zu haben. Auch wenn die Angaben des Klägers und der Zeugin hinsichtlich des Umfangs der einzelnen Tätigkeiten teilweise differieren und hinsichtlich einzelner Tätigkeiten wie der Gartenarbeit hoch angesetzt wurden, erscheint eine wöchentliche Stundenzahl von 24,5 Stunden als Mindestaufwand selbst bei Abstrichen im einzelnen plausibel und nachvollziehbar. Soweit sich das Landgericht hinsichtlich des Umfangs der behinderungsbedingten Einschränkungen an der Tabelle 6 des o. g. Tabellenwerks orientiert hat, begegnet auch dies keinen Bedenken (vgl. zur Tabelle 6a, nach der hier von vergleichbaren Werten auszugehen ist: OLG Brandenburg, Urteil vom 20.05.2010, Az. 12 U 113709, VRR 2010, 242, juris Tz. 43; OLGR Köln 2000, 274 f., juris Tz. 11; Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 4. Kap., Rn. 144). Eine weitere Reduzierung während der Zeit des stationären Aufenthaltes hat das Landgericht hier mit zutreffender Begründung verneint. Der Ansatz von 9,79 EUR in Orientierung an dem Nettostundenlohn einer Hilfskraft nach BAT bzw. TVÖD ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu beanstanden, § 287 ZPO (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., juris Tz. 32).

5. Der Feststellungsantrag ist danach zulässig und begründet.

An die Darlegung der für ein Feststellungsbegehren erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass spätere Schadensfolgen eintreten können, sind maßvolle Anforderungen zu stellen. Ausreichend ist, dass eine nicht nur entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadenersatzpflicht durch das Auftreten weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Schäden und Leiden besteht.

Der Feststellungsanspruch kann in Fällen dieser Art nur verneint werden, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen; es ist nicht erforderlich, dass der Kläger von dem späteren Schaden eine bestimmte Vorstellung hat (BGH, VersR 1991, 779, juris Tz. 10; NJW 1998, 160). Nach Art und Umfang seiner (nicht unerheblichen) Verletzungen kann hier nicht zweifelhaft sein, dass Spätfolgen eintreten können. Bei solchen Unfallverletzungen besteht die Möglichkeit des Auftretens weiterer, bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden in aller Regel. Nach der Lebenserfahrung können insbesondere Knochenverletzungen - wie hier - zu Komplikationen und Folgeschäden führen (vgl. BGH, NJW 1973, 702 f., juris Tz. 17/18; OLG München, Urteil vom 24.11.2006, Az. 10 U 2555/06, juris Tz. 27 m.w.N.; OLGR Saarbrücken 2000, 452 ff., juris Tz. 71; OLG Hamm, NZV 1996, 69 f., juris Tz. 12).

Der Anspruch war allerdings - antragsgemäß im Berufungsrechtszug - dahingehend einzuschränken, dass er sich nur auf solche zukünftigen Schäden bezieht, hinsichtlich derer die Ersatzansprüche nicht auf Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Eine Abänderung der Kostenentscheidung im ersten Rechtszug war danach nicht veranlasst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.