VG Stuttgart, Urteil vom 28.11.2012 - 8 K 2778/12
Fundstelle
openJur 2013, 15336
  • Rkr:

1. Der Verzicht des Landesgesetzgebers von Baden-Württemberg im LBeamtVGBW (juris: BeamtVG BW) auf eine § 61 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG entsprechende Regelung, wonach Witwengeld nach Wiederverheiratung einer Witwe und nachfolgender Auflösung dieser weiteren Ehe "wiederauflebt", widerspricht nicht höherrangigem Recht.

2. Kein Anspruch einer Witwe eines vor 2011 verstorbenen baden-württembergischen Landesbeamten auf "wiederaufgelebtes" Witwengeld, wenn rechtskräftige Scheidung erst im Jahr 2011 und damit nach Inkrafttreten des LBeamtVGBW (juris: BeamtVG BW) .

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Gewährung von - wiederaufgelebtem - Witwengeld nach Auflösung einer späteren Ehe.

Die 1955 geborene Klägerin heiratete im September 1974 den 1952 geborenen Kriminalobermeister (A 8) XXX. Im November 1975 verunglückte ihr Ehemann bei einem Dienstunfall tödlich. Er war zu diesem Zeitpunkt Beamter auf Probe. Auf Antrag der Klägerin setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg - LBV - mit Bescheid vom 01.12.1975 für die Klägerin Witwengeld nach dem LBG für die Zeit ab 01.12.1975 in Höhe von 839,59 DM fest (= 60% des - fiktiven - Unfallruhegehalts des Ehemannes).

Im März 1977 heiratete die Klägerin den XXX. Das LBV teilte der Klägerin mit Bescheid vom 24.05.1977 mit, dass ihr Anspruch auf Witwengeld nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 BeamtVG mit Ablauf des Monats, in dem sie sich verheiratet habe, erloschen sei; zugleich setzte es auf Antrag der Klägerin eine Witwenabfindung in Höhe von 22.187,28 DM fest (= 24 x der Betrag des für den Monat der Wiederverheiratung zu zahlenden Witwengeldes in Höhe von 924,47 DM).

Diese zweite Ehe der Klägerin wurde am 25.03.1993 rechtskräftig geschieden. Die Klägerin beantragte am 15.10.1993 ein Wiederaufleben der Witwenrente nach ihrem ersten Ehemann. Mit Bescheid vom 14.02.1994 setzte das LBV für die Klägerin Witwengeld nach § 19 BeamtVG für die Zeit ab 01.04.1993 in Höhe von 1.604,49 DM fest (= 60% des - fiktiven - Unfallruhegehalts des ersten Ehemannes).

Mit Schreiben vom 19.04.1996 teilte das LBV der Klägerin im Nachgang zu einer telefonischen Anfrage der Klägerin unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 61 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 50 Abs. 1 und § 21 BeamtVG mit, wann der Anspruch einer Witwe auf Versorgungsbezüge im Falle einer Wiederverheiratung erlischt und wie hoch die für den Fall des Erlöschens zu zahlende Witwenabfindung wäre - im Falle der Klägerin „derzeit“ 41.919,60 DM (= 24 x 1.746,65 DM).

Unter dem 16.06.1998 informierte die Klägerin den Beklagten darüber, dass sie am 12.06.1998 den XXX geheiratet habe und beantragte die Festsetzung der Witwenabfindung. Mit Bescheid vom 23.06.1998 setzte das LBV die Witwenabfindung der Klägerin nach § 21 BeamtVG auf 42.849,84 DM (= 24 x 1.785,41 DM) fest.

Mit seit 13.10.2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts XXX vom 24.08.2011 wurde die dritte Ehe der Klägerin mit Herrn XXX geschieden. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 20.10.2011 beim LBV erneut das Wiederaufleben der Witwenversorgung nach ihrem ersten Ehemann.

Mit - formlosem - Schreiben vom 15.11.2011 teilte das LBV der Klägerin mit, dass seit 01.01.2011 in Baden-Württemberg ein eigenständiges Versorgungsrecht gelte, das LBeamtVGBW. Dieses hier anzuwendende - aktuelle - Recht sehe kein Aufleben von abgefundenen Witwengeldern vor. Auch sehe das LBeamtVGBW keine Übergangsregelungen für Witwengelder vor, die früher, vor seinem Inkrafttreten, gezahlt worden seien. Da ihre Ehescheidung im Jahr 2011 wirksam geworden sei, also nach Inkrafttreten des LBeamtVGBW, sei eine Wiederaufnahme der Witwengeldzahlung nicht möglich.

Am 09.01.2012 erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass sie in ihren Rechten ungerechtfertigt benachteiligt werde, wenn ihr eine Witwenversorgung verwehrt werde, auf die sie vertraut habe und auch habe vertrauen dürfen. Ein Anspruch ergebe sich aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. dem allgemeinen Vertrauensgrundsatz in Verbindung mit der behördlichen Auskunft aus dem Jahre 1996. Bevor sie die dritte Ehe eingegangen sei, habe sie sich versichern wollen, dass sie im unerwünschten Falle eines erneuten Scheiterns der Ehe weiterhin versorgt bleiben würde. Sie hätte von einer weiteren Ehe abgesehen, wenn sie gewusst hätte, dass sie nach einem Scheitern der Ehe und einer rechtskräftigen Scheidung keine Witwenrente mehr erhalten würde. Nachdem ihr das LBV im Jahr 1996 das Wiederaufleben des Witwenanspruchs im Falle eines Scheiterns der Ehe positiv bestätigt habe, habe sie fortan auf diese Auskunft vertraut. Als juristischer Laie habe sie nicht mit einer gänzlichen Neuregelung des Gesetzes auf Landesebene rechnen müssen. Auch in der Presse sei darüber kaum berichtet worden. Selbst wenn man sich interessiert darum bemüht hätte, hätte man über die Änderung nichts Stichhaltiges in Erfahrung bringen können. Das LBeamtVGBW sei verfassungswidrig, weil es keine Übergangsregelung enthalte, die ihr berechtigtes Vertrauen schütze. Ein Anspruch ergebe sich zudem aus Art. 3 GG. So gut wie alle anderen Bundesländer hätte die frühere Anspruchsgrundlage des § 61 Abs. 3 BeamtVG übernommen. Beamtenwitwen in Baden-Württemberg würden demnach im Bundesvergleich gegenüber anderen Bundesländern erheblich benachteiligt, weil ihnen eine Versorgung nach Auflösung einer Wiederverheiratung gänzlich versagt bleibe. Auch gegenüber Witwen von Nichtbeamten sei sie als Witwe eines Beamten benachteiligt. Witwen von Nichtbeamten hätten nach § 46 Abs. 3 SGB VI Anspruch auf Wiederaufleben der Witwenrente nach Auflösung einer neuen Ehe. Der Landesgesetzgeber von Baden-Württemberg habe sich zu diesem Problem überhaupt keine Gedanken gemacht. In ihrem Falle sei unter Berücksichtigung des zeitlichen Aspekts auch ein konkreter Härtefall gegeben (Scheidung knapp nach Einführung des neuen Gesetzes gegenüber einer für sie positiven Rechtslage seit 1975 bis Ende 2010).

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2012, zugestellt am 23.07.2012, wies das LBV den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Nach dem LBeamtVGBW sei eine Rechtsgrundlage für die Zahlung eines wiederaufgelebten Witwengeldes nicht gegeben. Eine solche sei auf Grund der strengen Gesetzesbindung (§ 2 Abs.1, Abs. 2 LBamtVGBW) notwendig. Im Übrigen gehöre die Zahlung eines wiederaufgelebten Witwengeldes nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und unterliege deshalb nicht dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. § 61 Abs. 3 BeamtVG a.F. habe ihren rechtspolitischen Grund in dem Bestreben gehabt, den Witwen durch Gewährleistung der Versorgung den Entschluss zu einer erneuten Heirat zu erleichtern. Hierbei sei die Absicht im Vordergrund gestanden, auf diese Weise die Zahl der historisch bedingten sog. Onkel-Ehen einzudämmen. Daneben habe auch die Überlegung mitgespielt, die Allgemeinheit wenigstens für die Dauer der zweiten Ehe von der Versorgungslast zu befreien. Da § 61 BeamtVG a.F. damit keine alimentationsrechtlich geschützte Funktion gehabt habe, sondern nur historisch bedingte familienpolitische Ziele habe erreichen wollen, sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen, diese Zielvorstellungen in das neue Recht zu übernehmen.

Am 21.08.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

Die Klägerin beantragt bei sachdienlicher Auslegung,

den Beklagten zu verpflichten, ihr ab November 2011 Witwengeld nach ihrem ersten Ehemann zu gewähren und den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 15.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend macht er geltend, dass es sich beim Schreiben des LBV vom 19.04.1996 nicht um eine Zusage im Sinne des § 38 LVwVfG gehandelt habe, sondern um eine reine Wissenserklärung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Akte des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung eines - wiederaufgelebten - Witwengeldes ab November 2011 nach ihrem ersten Ehemann. Der Bescheid des LBV vom 15.11.2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 19.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs.1 Satz 1 VwGO).

Ob der Klägerin - wieder - ein Anspruch auf Witwengeld nach ihrem verstorbenen ersten Ehemann zusteht, bestimmt sich nach dem zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg - LBeamtVGBW - vom 09.11.2010 (GBl. 2010, 793, 911). Die Klägerin wurde von ihrem dritten Ehemann im Oktober 2011 rechtskräftig geschieden, so dass frühestens ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch hätte entstehen können. Zu diesem Zeitpunkt waren für die Versorgung der Landesbeamten von Baden-Württemberg - und damit auch ihrer Hinterbliebenen - bereits die Regelungen des neuen LBeamtVGBW maßgeblich.

Das LBeamtVGBW enthält im Gegensatz zu § 61 Abs. 3 Satz 1 des bis zum 31.12.2010 auch auf Landesbeamte anwendbaren Beamtenversorgungsgesetzes des Bundes - BeamtVG - keine Regelung über ein Wiederaufleben des Witwengeldes nach Wiederverheiratung der Witwe und nachfolgender Auflösung dieser weiteren Ehe. Gemäß § 61 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG lebt der Anspruch auf Witwengeld wieder auf, wenn eine Witwe geheiratet hat und die Ehe aufgelöst wird; ein von der Witwe infolge Auflösung der Ehe erworbener neuer Versorgungs-, Unterhalts- oder Rentenanspruch ist auf das Witwengeld anzurechnen. Eine dem entsprechende Regelung findet sich im LBeamtVGBW nicht. In § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBeamtVGBW ist lediglich geregelt, dass der Anspruch der Witwe auf Versorgungsbezüge mit dem Ende des Monats erlischt, in dem sie sich (wieder) verheiratet. Mangels einer ergänzenden Regelung zur Rechtslage nach Auflösung der nachfolgenden Ehe(n) ist mit der Wiederverheiratung nach den seit 01.01.2011 auf Landesbeamte von Baden-Württemberg anwendbaren Vorschriften damit ein endgültiger Verlust des Witwengeldes verbunden (vgl. bereits VG Sigmaringen, Urteil vom 27.03.2012 - 3 K 926/11 -).

Der Verzicht des Landesgesetzgebers auf eine § 61 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG entsprechende Regelung widerspricht nicht höherrangigem Recht. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 21.01.1969 - 2 BvL 11/64 - (NJW 1969, 835) entschieden, dass es sich bei dem Wiederaufleben des Versorgungsanspruchs aus vorhergehender Ehe nach Auflösung einer weiteren Ehe nicht um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums handelt, dieses Wiederaufleben vielmehr eine Neuerung des Beamtenrechts nach 1950 ist (vgl. nachfolgend ebenso: BGH, Urteil vom 06.03.1980 - IX ZR 17/77 - FAmRZ 1980, 564 und BVerwG, Urteil vom 31.01.2002 - 2 C 60/00 - NVwZ-RR 2002, 517). Damit verstößt es auch nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG, wenn der Gesetzgeber vom Erlass einer entsprechenden Wiederauflebensregelung absieht (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 27.03.2012 - 3 K 926/11 -).

Das Wiederaufleben des Witwengeldes ist weiterhin nicht auf den Alimentationsgrundsatz zurückzuführen, weshalb ein gesetzlicher Verzicht auf eine entsprechende Regelung auch diesen Grundsatz nicht berührt. Die Beamtenwitwe tritt mit der Wiederheirat in einen anderen Familienverband ein und scheidet damit aus dem Kreis der Angehörigen des verstorbenen Beamten aus, für den dem Dienstherrn die Fürsorgepflicht oblag. Das Wiederaufleben des Witwengeldes nach Auflösung der neuen Ehe folgt nicht aus einem Grundsatz des Beamtenversorgungsrechts, sondern hat allein familienpolitische Gründe. Deswegen kann auch der Gesetzgeber bei der Bemessung der Bezüge hier, anders als bei Leistungen, die auf dem Prinzip der amtsgemäßen Versorgung beruhen, auf die Bedürfnisse der Berechtigten abstellen (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 21.01.1969 - 2 BvL 11/64 - a.a.O., BVerwG, Urteil vom 31.01.2002 - 2 C 60/00 - a.a.O; VG Sigmaringen, Urteil vom 27.03.2012 - 3 K 926/11 -). Das Wiederaufleben des Witwengeldes für den Fall der Auflösung der neuen Ehe hatte den Zweck, es der Witwe zu erleichtern, die neue Ehe einzugehen; ihr sollte die Befürchtung genommen werden, dass sie bei einer Beendigung der neuen Ehe unversorgt sein würde (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 21.01.1969 - 2 BvL 11/64 - a.a.O.). Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass dieser Zweck auch heute noch erreicht werden könnte. Es verstößt jedoch jedenfalls nicht gegen das Alimentationsprinzip, wenn der baden-württembergische Gesetzgeber nunmehr davon abgesehen hat, aus diesem familienpolitischen Grund ein Wiederaufleben des Witwengeldes nach Auflösung einer neuen Ehe vorzusehen und auch keine Übergangsvorschriften geschaffen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dabei auch nicht etwa davon auszugehen, dass der baden-württembergische Gesetzgeber es „übersehen“ hätte, eine Wiederauflebensregelung in das neue LBeamtVGBW aufzunehmen. Der Gesetzesbegründung zum LBeamtVGBW lässt sich vielmehr im Gegenteil entnehmen, dass der baden-württembergische Gesetzgeber von einer solchen Regelung ganz bewusst abgesehen hat. Zu § 35 (Witwenabfindung) wird nämlich ausgeführt, dass die Witwe im Fall der Wiederverheiratung eine Witwenabfindung erhält, durch welche „sämtliche Ansprüche erlöschen, auch wenn die Ehe wieder aufgelöst wird“ (Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 14/6694, S. 518).

Nach alledem war der baden-württembergische Gesetzgeber nicht gehalten, eine Wiederauflebensregelung zu treffen. Eine entsprechende Verpflichtung bestand auch nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG, soweit die übrigen Bundesländer eine § 61 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG entsprechende Regelung in ihre Versorgungsgesetze übernommen hätten. Der Zweck der Kompetenzänderungen im Beamtenrecht durch die erste Föderalismusreform war es gerade, den Ländern eigenständige und damit auch unterschiedliche Regelungen u.a. im Bereich der Besoldung und Versorgung zu ermöglichen (VG Sigmaringen, Urteil vom 27.03.2012 - 3 K 926/11 -). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht insoweit gegeben, als die Klägerin geltend macht, dass Witwen von Nichtbeamten nach § 46 Abs. 3 SGB VI einen Anspruch auf Wiederaufleben der Witwenrente nach Auflösung einer neuen Ehe hätten. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes würde voraussetzen, dass vergleichbare Sachverhalte, Gruppen oder Personen in wesentlicher Hinsicht ungleich behandelt werden. Dies ist hier bereits deshalb nicht der Fall, weil es an einer Vergleichbarkeit der Gruppe der „Witwen von Beamten“ mit der Gruppe der „Witwen von Nichtbeamten“ fehlt.

Die Nichtaufnahme einer Wiederauflebensregelung stellt auch keinen Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Rechtsstaatsprinzip dar. Die mit einer Änderung von Rechtsvorschriften verbundene Rückwirkung zu Lasten Einzelner kann zwar deren Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage enttäuschen. Dem setzt das in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Rechtsstaatsprinzip durch das ihm inne wohnende Teilgebot der Rechtssicherheit Grenzen. Dabei ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung ist gegeben, wenn nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen wird, wenn also ein von der Rückwirkung betroffener Tatbestand in der Vergangenheit nicht nur begonnen hat, sondern bereits abgewickelt war. Eine grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung liegt vor, wenn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet wird (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29.02.2012 - 1 BvR 2378/10 - <juris>). Die seit 01.01.2011 in Baden-Württemberg geltende Regelung, dass für Witwen baden-württembergischer Beamter das Witwengeld nach Auflösung einer weiteren Ehe nicht wieder auflebt, führt aber weder zu einer echten noch zu einer unechten Rückwirkung, vielmehr entfaltet die „Nicht-Regelung“ überhaupt keine Rückwirkung. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG war der Anspruch der Witwe mit dem Ende des Monats erloschen, in dem sie sich verheiratete und er lebte gemäß § 61 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG erst wieder auf, wenn diese (nachfolgende) Ehe aufgelöst wurde. Entsteht der Anspruch auf - erneutes - Witwengeld damit aber erst mit Auflösung der späteren Ehe, so wirkt diese Rechtsänderung weder nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen Sachverhalt, noch auf einen gegenwärtig noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt für die Zukunft ein. Allein der Umstand, dass die Klägerin nach ihren Angaben auf die Auskunft vertraut hat und nicht geheiratet hätte, wenn sie gewusst hätte, dass der Anspruch später nicht wieder entsteht, vermag schließlich ein schutzwürdiges Vertrauen ebenso wenig zu begründen wie der Umstand, dass die Klägerin von der Neuregelung nicht früher Kenntnis erlangen konnte.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Wiederaufleben des Witwengeldes aus einer Zusicherung des LBV im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zu, mithin einer von der zuständigen Behörde erteilten Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen. Das Schreiben des LBV vom 19.04.1996 konnte von der Klägerin - entgegen ihrer Rechtsauffassung - nicht als verbindliche Zusage gewertet werden, dass das LBV im Falle der Auflösung ihrer dritten Ehe unabhängig von der dann einschlägigen Gesetzeslage erneut ein „wiederaufgelebtes“ Witwengeld festsetzen würde. Im Gegenteil macht bereits der Betreff des Schreibens „Erlöschen der Witwenversorgung und Witwenabfindung nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG)“ deutlich, dass das LBV der Klägerin in diesem Schreiben lediglich die (damals geltende) Rechtslage erläutern und ihr im Hinblick auf die von der Klägerin offenbar telefonisch geäußerte Absicht einer Wiederverheiratung die unmittelbaren Folgen einer Wiederverheiratung - nämlich das Erlöschen der Witwenversorgung und das Entstehen eines Anspruchs auf Witwenabfindung - bestätigen wollte. Dem entsprechend wurde der Klägerin auch - im Sinne einer bloßen Wissens- und nicht einer Willenserklärung - lediglich mitgeteilt, dass sie im Falle einer Wiederverheiratung einen Anspruch auf „derzeit - in Ihrem Falle... 41.919,60 EUR“ hätte. Eine verbindliche Zusage, dass der Klägerin im Falle der Auflösung einer - noch nicht einmal geschlossenen - dritten Ehe ein „wiederaufgelebtes“ Witwengeld zustünde, vermag dem Schreiben nicht entnommen zu werden. Abgesehen davon wäre die Bindungswirkung einer Zusicherung vorliegend auch gemäß § 38 Abs. 3 LVwVfG entfallen. Danach ist (u.a.) für den Fall, dass sich nach Abgabe der Zusicherung die Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).