VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.10.2007 - 1 VK 39/07
Fundstelle
openJur 2013, 14723
  • Rkr:
Tenor

1.) Dem Antragsgegner wird untersagt, in dem vorliegenden Vergabeverfahren einen Zuschlag bezüglich der Lose 1 und 4 zu erteilen.

Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag abgelehnt.

2.) Von den bei der Vergabekammer entstandenen Gebühren sowie den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin und des Antragsgegners trägt der Antragsgegner 2/3, die Antragstellerin 1/3.

Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst.

Für die bei der Vergabekammer entstandenen Gebühren haften die Antragstellerin und der Antragsgegner als Gesamtschuldner. Der Antragsgegner ist von der Zahlung der Gebühren der Kammer befreit.

3.) Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war für die Antragstellerin notwendig.

4.) Die bei der Vergabekammer entstandenen Verfahrenskosten werden auf ... € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner hat die Lieferung von Schwarz-Weiß-Kopiergeräten, Großformatkopiergeräten und Farbkopiergeräten in vier Losen europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben.

In der EU-Bekanntmachung (2007/S 87-106693) sind unter Punkt „ III.2) Teilnahmebedingungen “ u.a. genannt:

„ III.2.1) [...] Nachweis über die Eintragung in das Berufs- oder Handelsregister des Herkunftslandes “„ III.2.3) [...] -Bereitstellung von Testgeräten “.Ziffer 6.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots für Lieferaufträge lautet:

„ Bereits mit Abgabe des Angebots sind vorzulegen: “     „[angekreuzt:] Nr. 9.1 Buchst. [eingetragen:] b Komm (L) BB[angekreuzt:] Nr. 9.1. Buchst. [eingetragen:] d Komm (L) BB[eingetragen:] siehe EU-Bekanntmachung, Ziff. III.2.3) “.Ziffer 9.1 der Komm (L) BB (Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Lieferaufträgen) lautet auszugsweise:

„[...] b) Eintragung in Beruf- oder Handelsregister nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Bieter ansässig ist (Bescheinigung der zuständigen Stelle)Ziffer 7. der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots für Lieferaufträge lautet auszugsweise:

„ Die nach Nr. 8 der Bewerbungsbedingungen geforderten Nachweise sind bereits mit der Abgabe des Angebots vorzulegen, außerdem [angekreuzt:] bereits mit Abgabe des Angebots folgende weitere technische Nachweise (z.B. Proben, Muster, Prospektmaterial):[eingetragen:] Datenblätter für die angebotenen Kopiergeräte, Bereitstellung von Testgeräten “.Das Leistungsverzeichnis enthält für die Lose 1, 3 und 4 jeweils unter Punkt „ 15 Teststellung“ Regelungen über die Teststellung. Dabei ist für Los 1 und Los 4 geregelt, dass dem Auftraggeber mit Abgabe des Angebotes ein Testgerät bereitzustellen ist. Für Los 3 ist geregelt, dass sich der Bieter mit Abgabe des Angebotes verpflichtet, auf Aufforderung ein Testgerät bereitzustellen.

Die Antragstellerin hat ein Angebot für die Lose 1 (Schwarz-Weiß-Kopiergeräte für die Landkreisverwaltung), 3 (Farbkopierer) und 4 (Schwarz-Weiß-Kopiergeräte für Schulen) abgegeben.

Die Antragstellerin lieferte am 25.06.2007 dem Antragsgegner zwei Testgeräte an, je ein Schwarz-Weiß- und ein Farbkopiergerät. Das Farbkopiergerät lieferte der Verkaufsleiter der Antragstellerin, Herr ..., persönlich vor elf Uhr an. Das Schwarz-Weiß-Gerät wurde von der Firma ... angeliefert.

Am selben Tag (25.06.2007) fand ein Gespräch zwischen Herrn ... und dem Fachbereichsleiter des Antragsgegners, Herrn ..., statt, in dessen Verlauf Herr ... sinngemäß äußerte, die Antragstellerin sei ja wohl die einzige, die rechtzeitig Testgeräte geliefert habe, ihr müsse daher der Zuschlag erteilt werden.

Am 27.07.2007 fand zwischen den beiden Genannten ein telefonisches Gespräch sinngemäß gleichen Inhalts statt.

Am 16.08.2007 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin u.a. mit, dass er beabsichtige, den Zuschlag für die Lose 1, 3 und 4 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Am darauffolgenden Tag (17.08.2007) rügte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben die Vergabeentscheidung und drohte für den Fall, dass nicht Abhilfe geschaffen werde, einen Nachprüfungsantrag an. Die Antragstellerin machte dabei sinngemäß geltend, die Angebotswertung müsse fehlerhaft sein, da die Antragstellerin in zahlreichen anderen Vergabeverfahren regelmäßig den Zuschlag erhalten habe. Außerdem seien die anderen Wettbewerber gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A zwingend auszuschließen, weil sie keine Testgeräte mit dem Angebot abgegeben hätten. Im übrigen sei die Information nach § 13 VgV nicht ordnungsgemäß erteilt worden, da die Information über den Grund der Nichtberücksichtigung nur floskelhaft sei.

Der Antragsgegner antwortete mit Schreiben vom 21.08.2007. Er machte geltend, dass die Antragstellerin mit ihrer Rüge präkludiert sei, da nach dem Telefonat vom 27.07.2007 keine schriftliche Rüge erfolgt sei. Alle berücksichtigten Bieter hätten die Stellung von Testgeräten zugesagt. Die Testgeräte der Antragstellerin seien am 25.06.2007 erst um 11:35 Uhr, also nach dem Submissionstermin, eingetroffen.

Diesem Schreiben legte der Antragsgegner ein Schreiben zur Information nach §§ 27 ff VOL/A sowie drei Auszüge aus den Tabellen zur Punktewertung bei.

Die Antragstellerin hat am 30.08.2007 einen Antrag auf Vergabenachprüfung gestellt. Dieser ist dem Antragsgegner am selben Tag zugestellt worden.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, rechtzeitig gerügt zu haben. Sie habe bereits am 25.06.2007 mündlich und später fernmündlich am 27.07.2007 eine Rüge erhoben. Eine Rüge könne auch mündlich erfolgen. Ohnehin habe die Rügeobliegenheit erst ab der Information nach § 13 VgV bestanden.

In der Sache greift die Antragstellerin die Angriffe aus der Rüge vom 17.08.2007 auf. Die Information nach § 13 VgV sei inhaltlich unzureichend.

Die Angebotswertung sei fehlerhaft, da alle anderen Bieter gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A hätten ausgeschlossen werden müssen. Denn allein die Antragstellerin habe ihre Testgeräte rechtzeitig, d.h. fristgerecht bis zum Submissionstermin am 25.06.2007 um 11:00 Uhr, geliefert. Der Antragsgegner habe ausweislich Ziffer 7. der Aufforderung zur Angebotsabgabe gefordert, dass die Testgeräte mit dem Angebot zur Verfügung gestellt werden müssen. Eine bloße Erklärung über die Bereitschaft, ein Testgerät zu stellen, genüge entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht. Vorliegend sei das Ermessen des Antragsgegners, das dieser i.R.d. § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszuüben habe, auf Null reduziert, alle anderen Bieter müssten ausgeschlossen werden.

Im Übrigen habe die Antragstellerin ihre Testgeräte, insbesondere auch das Schwarz-Weiß-Gerät, rechtzeitig vor Submission bereitgestellt.

Ursprünglich hat die Antragstellerin geltend gemacht, aus dem Lieferschein NR. 85409667 ergebe sich, dass die Anlieferung am 25.06.2007 bis 11:00 Uhr erfolgt sei. Auch habe der Verkaufsleiter der Antragstellerin, Herr ..., die Anlieferung der Geräte vor 11:00 Uhr überwacht. Aus dem Speditionsübernahmeschein der Firma ... ergebe sich nichts anderes, da dieser nicht den Zeitpunkt der Anlieferung, sondern den Abschluss der Leistungen des Spediteurs angebe. Die dort angegebene Uhrzeit 11:35 Uhr bezeichne den Zeitpunkt, zu dem das Gerät bereits ausgepackt und aufgestellt gewesen sei.

Hiervon ist die Antragstellerin zwischenzeitlich mit nachgelassenem Schriftsatz vom 08.10.2007 abgerückt, nachdem ihr durch die Kammer eine Fahrtenschreiberscheibe der Firma ... zur Kenntnis gebracht worden war. Nunmehr bestreitet die Antragstellerin nicht mehr, dass die Anlieferung erst zwischen 11:35 Uhr und 12:00 Uhr erfolgt ist. Sie macht jedoch geltend, der Antragsgegner habe ihr gegenüber die Frist zur Anlieferung bis 12:00 Uhr verlängert. Dies ergebe sich aus einem Telefongespräch zwischen Frau ... (Firma ...) und Frau ... (Antragsgegner).

Nachdem die Antragstellerin Akteneinsicht erhalten hat, macht sie außerdem geltend, die Angebotswertung sei auch deshalb fehlerhaft, weil die von der Antragstellerin eingereichten Nebenangebote überhaupt nicht gewertet worden seien. Darüber hinaus sei die Angebotswertung willkürlich und intransparent. Denn es fehle an einer Matrix zur Punktevergabe, es sei nicht erkennbar, welche Umstände mit welcher Punktezahl bewertet wurden. Außerdem hätten selbst Bieter, die kein Testgerät eingereicht hätten, eine vollständige Qualitätswertung erhalten.

Weiterhin macht die Antragstellerin geltend, die Information nach § 13 VgV sei trotz ergänzender Information durch den Antragsgegner noch unzureichend, da keinerlei Informationen zur Wertung der Nebenangebote enthalten seien.

In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin außerdem sinngemäß vorgetragen, ihr Angebot sei vollständig gewesen. Im Übrigen sei die Aufforderung zur Vorlage weiterer Unterlagen, Erklärungen und Nachweise durch den Antragsgegner unklar und widersprüchlich gewesen.

Die Antragstellerin beantragt:

1.) die Neuwertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer, verbunden mit der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Dokumentation der Wertung der Haupt- und Nebenangebote2.) die Vornahme einer neuen Information nach § 13 VgV3.) hilfsweise: eine allgemeine Neuwertung und Dokumentation4.) hilfsweise: die Aufhebung des Vergabeverfahrens und Verpflichtung zur Neuausschreibung bei Fortbestehen der Vergabeabsicht, sowie Information der Bieter5.) die Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen6.) die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Antragstellerin für notwendig zu erklären.Der Antragsgegner beantragt:

1.) die Anträge der Antragstellerin abzuweisen2.) die Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen.Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Antragstellerin sei ausreichend gemäß § 13 VgV informiert worden, spätestens durch das ergänzende Schreiben vom 21.08.2007.

In der Sache komme ein Ausschluss der Bieter, die ihre Testgeräte nicht bis zum Ende der Angebotsfrist geliefert haben, nicht in Betracht. Denn es sei nicht geplant gewesen, dass sämtliche Bieter ihre Testgeräte zeitgleich mit dem Angebot anlieferten. Ausreichend sollte nach dem Willen des Antragsgegner vielmehr sein, dass im Angebot die Bereitschaft zur Stellung von Testgeräten erklärt wurde. Dies hätten alle Mitbieter getan.

Im Übrigen habe auch die Antragstellerin ihre Testgeräte nicht rechtzeitig geliefert, sondern erst nach Ablauf der Angebotsfrist. Abzustellen sei dabei auf den Speditionsübernahmeschein der Firma ... Der Lieferschein der Antragstellerin könne keinen Beweis für eine Anlieferung vor elf Uhr liefern. In Reaktion auf den nachgelassenen Schriftsatz der Antragstellerin vom 08.10.2007 macht der Antragsgegner geltend, es sei keine telefonische Verlängerung der Frist zur Anlieferung erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner nicht mehr in Abrede gestellt, dass das Farbkopiergerät der Antragstellerin schon vor elf Uhr angeliefert worden ist. Der Antragsgegner hat ergänzend geltend gemacht, dass die Forderung, Testgeräte schon mit dem Angebot zu liefern, unklar und widersprüchlich gewesen sei. Die Ausschreibungsunterlagen seien nicht eindeutig. Dagegen seien klar und unzweideutig diejenigen Unterlagen gefordert gewesen, die dem Angebot der Antragstellerin fehlten.

Durch Beschluss der Kammer vom 07.09.2007 ist die Beigeladene am Verfahren beteiligt worden. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihren Vortrag ergänzt und vertieft.

Zur Ergänzung des Vortrags der Beteiligten und des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Vergabeakten, die der Kammer vorlagen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

A)

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

1.) Das Vergabenachprüfungsverfahren ist statthaft. Die ausgeschriebenen Leistungen stellen einen öffentlichen Lieferauftrag gemäß § 99 Abs. 1 und 2 GWB dar. Der Antragsgegner ist öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB. Der Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV ist überschritten. Die Zuständigkeit der Vergabekammer Baden-Württemberg ist gemäß § 18 Abs. 6 VgV gegeben.

2.) Die Antragstellerin ist gemäß § 107 GWB antragsbefugt. Sie hat ein Interesse am Auftrag, denn sie hat ein Angebot abgegeben. Sie macht auch eine Verletzung in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB geltend, indem sie u.a. behauptete Verstöße gegen §§ 25 VOL/A, 97 Abs. 5 GWB angreift. Sie hat auch dargelegt, dass ihr durch diese Verstöße ein Schaden zu entstehen droht, weil ihr die Chance auf den Zuschlag entgehe. Da alle anderen Angebote auszuschließen seien, müsse die Antragstellerin den Zuschlag erhalten.

Die Antragstellerin ist auch ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB nachgekommen. Sie hat insbesondere den Nichtausschluss aller Konkurrenzangebote rechtzeitig gegenüber dem Antragsgegner gerügt. Dabei kommt es weder auf das Gespräch vom 25.06.2007 noch auf das Telefonat vom 27.07.2007 an. Denn zu diesen Zeitpunkten bestand noch keine Rügepflicht. Diese setzt neben der laienhaften Einschätzung, dass ein Vergaberechtsverstoß vorliegt, die Kenntnis von tatsächlichen Umständen voraus, die den Schluss auf das Vorliegen eines solchen Verstoßes zulassen (vgl. Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand 02.01.2007, § 107 GWB, Rn. 1867). Dies war hier erst der Fall, nachdem die Antragstellerin die Information nach § 13 VgV erhalten hatte. Denn die Annahme der Antragstellerin, dass sie als einzige rechtzeitig Testgeräte gestellt habe, bedeutet noch nicht Kenntnis von Tatsachen, die den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß durch den Antragsgegner zulassen. Hinzutreten muss hier vielmehr die Kenntnis davon, dass der Antragsgegner die anderen Angebote trotz verspäteter Teststellung im Verfahren belassen hat. Diese Kenntnis erhielt die Antragstellerin bezüglich des Angebotes der Beigeladenen erst durch die Information nach 13 VgV, mithin am 16.08.2007.

Wollte man dies anders sehen, wäre die Antragstellerin bereits zu einem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, eine Rüge zu erheben, zu dem noch die Möglichkeit bestand, dass sich der Antragsgegner vergaberechtskonform verhalten würde, etwa durch Ausschluss der übrigen Angebote. Die Antragstellerin hätte damit, wie sie zu Recht geltend macht, eine rein vorsorgliche Rüge anbringen müssen, ohne dass bereits ein Vergaberechtsverstoß vorgelegen hätte. Eine Verpflichtung zu vorsorglicher Rüge besteht jedoch nicht (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 18.09.2003, Az: 1 Verg 4/03; vgl. Weyand, a.a.O., Rn. 1799 m.w.N.). Ein Bieter kann vielmehr, zumindest solange ihm nicht entgegenstehende Hinweise vorliegen, davon ausgehen, dass der Auftraggeber sich vergaberechtskonform verhalten wird.

Die Antragstellerin hat einen Tag nach Erhalt der Information nach § 13 VgV u.a. die Angebotswertung gerügt und dabei auch den Nichtausschluss der Angebote der Mitbieter gerügt. Sie ist damit ihrer Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen.

Soweit die Antragstellerin weitere behauptete Vergaberechtsverstöße geltend macht, insbesondere die Qualitätswertung angreift, hat sie Kenntnis hiervon erst durch die Akteneinsicht im Verlauf des Vergabenachprüfungsverfahrens erhalten. Sie konnte diese Verstöße ohne vorherige Rüge direkt ins Nachprüfungsverfahren einführen.

3.) Weitere Zulässigkeitshindernisse bestehen nicht.

B)

Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise begründet.

Es darf aufgrund des durchgeführten Vergabeverfahrens kein Zuschlag bezüglich der Lose 1 und 4 erteilt werden, denn alle Angebote für diese Lose sind vom Verfahren auszuschließen, so dass im Ergebnis kein Angebot vorliegt, auf das der Zuschlag erteilt werden kann.

Bezüglich Los 3 ist zwar das Angebot der Antragstellerin auszuschließen, nicht jedoch auch alle anderen Angebote. Es liegt hier zumindest ein zuschlagsfähiges Angebot vor. Die Antragstellerin ist daher in Bezug auf Los 3 nicht in eigenen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt, ihr Nachprüfungsantrag ist insoweit unbegründet.

1.) Die Angebote der Antragstellerin zu den Losen 1 und 4 sind auszuschließen, da geforderte Angaben und Erklärungen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A fehlen.

1.1) Das Angebot der Antragstellerin zu den Losen 1 und 4 ist zwingend vom Verfahren auszuschließen. Dies ergibt sich aus § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs.1 Satz 1 VOL/A. Denn das Angebot der Antragstellerin enthält geforderte Angaben und Erklärungen nicht und ist deshalb auszuschließen. Das Ermessen der Vergabestelle ist insoweit auf Null reduziert.

1.1.1) Der Antragsgegner hatte eine Bescheinigung der Eintragung in ein Berufs- oder Handelsregister mit der Abgabe des Angebots gefordert. Dies ergibt sich aus Punkt 6.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots. Danach sind die in Punkt 9.1 Buchstaben b und d der Bewerbungsbedingungen (BB) genannten Nachweise, Bescheinigungen oder Erklärungen bereits mit Abgabe des Angebotes vorzulegen.

Punkt 9.1 Buchstabe b BB nennt die Eintragung in das Berufs- oder Handelsregister nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Bieter ansässig ist, durch Bescheinigung der zuständigen Stelle.

Die Formulierung „ mit Abgabe des Angebots “ ist dahin auszulegen, dass die geforderten Angaben und Erklärungen spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe vorzulegen waren, denn bis dahin können Angebote ergänzt werden.

1.1.2) Die Forderung nach Vorlage von Eintragungsnachweis und Liste der Lieferleistungen mit dem Angebot war auch eindeutig und klar. Dem steht nicht Punkt 6.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe entgegen. Dort heißt es zwar, die in Nr. 9 der Bewerbungsbedingungen genannten Eignungsnachweise, Bescheinigungen und Erklärungen seien auf Verlangen vorzulegen. Unter Punkt 6.2 wird dieses Verlangen jedoch geäußert. Danach sind die Nachweise nach Nr. 9.1 Buchstaben b und d der Bewerbungsbedingungen bereits mit Abgabe des Angebots vorzulegen.

Diese Regelung ist nicht unklar. Dem unbefangenen Leser wird vielmehr klargemacht, dass die Vergabestelle zwei der Nachweise nach Nr. 9 der Bewerbungsbedingungen, nämlich 9.1 b und 9.1 d, bereits mit dem Angebot vorgelegt haben will.

Es besteht kein Widerspruch zwischen den Anforderungen der Nr. 6.1 und Nr. 6.2. Denn Nr. 6.2 drückt das Verlangen nach Vorlage bestimmter Nachweise aus. Damit wird das in Nr. 6.1 angesprochene Verlangen konkretisiert.

1.1.3) Der Antragsgegner durfte die genannten Nachweise verlangen. Bei dem geforderten Nachweis der Registereintragung handelt es sich um einen Nachweis zur persönlichen Eignung; bei der geforderten Liste um einen Nachweis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Es war der Antragstellerin nicht unzumutbar, den Nachweis einer Registereintragung und eine Liste der Lieferleistungen vorzulegen. Sie hat dies auch nicht geltend gemacht.

1.1.4) Das Angebot der Antragstellerin zu den Losen 1 und 4 enthält keinen Nachweis über die Eintragung in das Berufs- oder Handelsregister. Ein Handelsregisterauszug liegt nicht vor. Dies ergibt sich aus dem Angebot des Antragstellerin, welches sich bei der Vergabeakte befindet.

1.1.5) Das Angebot der Antragstellerin muss aufgrund der Nicht-Vorlage der genannten Nachweise vom Verfahren ausgeschlossen werden.

Es handelt sich bei dem Nachweis über die Registereintragung um eine geforderte Erklärung i.S.d. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A. Unter diesen Begriff fallen alle Angaben und Unterlagen, die der Auftraggeber verlangt (vgl. Dittmann in Kulartz / Marx / Portz / Prieß (Hrsg.), Kommentar zur VOL/A, 1. Auflage, Köln 2007, § 21 Rn. 23). Auch die hier geforderten Eignungsnachweise fallen unter den Begriff der Angaben und Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A.

Zwar wird teilweise vertreten, bei fehlenden Eignungsnachweisen komme nicht § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A, sondern § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zur Anwendung (so Dittmann, a.a.O., Rn. 24). Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass auch die Nicht-Vorlage geforderter Eignungsnachweise unter § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A fällt. Denn diese Norm sanktioniert die Nicht-Vorlage geforderter Erklärungen und betrifft damit formal unvollständige Angebote. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A betrifft dagegen die materielle Beurteilung, ob anhand der vorgelegten Unterlagen die Eignung zu bejahen ist. Es besteht nach Auffassung der Kammer ein Unterschied zwischen der Nicht-Vorlage geforderter Eignungsnachweise und der Vorlage solcher Nachweise, die nicht genügen, die Eignung nachzuweisen. Dementsprechend ist im vorliegenden Fall § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A zur Anwendung zu bringen.

Zwar ist § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A eine Ermessensnorm. Wenn aber geforderte Angaben und Erklärungen i.S.d. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A fehlen, ist das betreffende Angebot zwingend auszuschließen, zumindest liegt regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null vor (vgl. Dittmann in Kulartz / Marx / Portz / Prieß, § 25 Rn. 82 m.w.N.). Grund dafür ist, dass gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A die Angebote u.a. die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten müssen. Angebote, bei denen diese fehlen, sind unvollständig. Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 2 GWB verbietet es dem Auftraggeber, unvollständige Angebote zu berücksichtigen (vgl. Dittmann a.a.O.).

Die Kammer schließt sich hier der überzeugenden Rechtsauffassung des OLG Dresden (Beschl. v. 06.04.2004, Az: WVerg 0001/04; Beschl. v. 31.03.2004, Az: WVerg 0002/04) an. Danach ist das durch den BGH in seinem Beschluss vom 18.02.2003 (Az: X ZB 43/02) unmittelbar aus § 97 Abs. 2 GWB abgeleitete Gebot der Vollständigkeit von Bieterangaben auch im Rahmen der VOL/A zu beachten. Gleichbehandlung aller Bieter ist nur gewährleistet, soweit die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten. Da der öffentliche Auftraggeber sich durch die Ausschreibung dem Gleichbehandlungsgebot unterworfen hat, darf er deshalb nur solche Angebote werten (BGH, a.a.O.). (Diese Überlegung gilt im Übrigen unbeschadet der Frage, ob man § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a oder § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A für anwendbar hält.)

Das Angebot der Antragstellerin muss daher ausgeschlossen werden. Die Entscheidung, das Angebot im Verfahren zu belassen, ist ermessensfehlerhaft, denn aufgrund der oben ausgeführten Bindung an das Gleichbehandlungsgebot war das Ermessen des Antragsgegners auf Null reduziert. Im Ergebnis ist damit die einzige ermessensfehlerfreie Entscheidung der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin. Dieser Ausschluss kann auch durch die Nachprüfungsinstanzen erfolgen (Dittmann, a.a.O.).

1.2) Die Antragstellerin ist mit ihren Angeboten zu den Losen 1 und 4 darüber hinaus auch deshalb auszuschließen, weil sie das Testgerät für diese Lose nicht bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist gestellt hat.

1.2.1) Bezüglich der Lose 1 und 4 waren Testgeräte mit dem Angebot abzugeben. Dies ergibt sich aus Nr. 7 der Aufforderung zur Angebotsabgabe in Verbindung mit dem Leistungsverzeichnis zu den Losen 1 und 4.

Gemäß Nr. 7 der Aufforderung zur Angebotsabgabe waren bereits mit Angebotsabgabe technische Nachweise vorzulegen. Genannt werden dort:

„Datenblätter für die angebotenen Kopiergeräte, Bereitstellung von Testgeräten“ .

Dabei handelt es sich bei der Bereitstellung von Testgeräten um eine eigenständige Position, es geht insbesondere nicht um Datenblätter für Testgeräte. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus Punkt III.2.3) der EU-Bekanntmachung. Denn dort sind die „ Datenblätter zu den Kopiergeräten“ und die „ Bereitstellung von Testgeräten“ zwei unterschiedliche Positionen.

1.2.2) Zwar macht der Antragsgegner geltend, aus den Ausschreibungsunterlagen ergebe sich nicht eindeutig die Forderung nach Stellung der Geräte mit der Angebotsabgabe. Der Antragsgegner habe hier keine eindeutige und klare Forderung nach Vorlage mit dem Angebot aufgestellt, so dass ein Ausschluss aufgrund der verspäteten Lieferung nicht in Betracht komme. Die Kammer vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Denn die Regelung der Nr. 7. der Aufforderung zur Angebotsabgabe ist in sich klar und eindeutig. Insbesondere besteht kein Widerspruch zwischen dem in der Überschrift der Nr. 7. verwandten Begriff der „ Nachweise “ und der Forderung nach „ Bereitstellung von Testgeräten “. Die Testgeräte stellen Muster der zu liefernden Ware dar. Als solche fallen sie unter den Begriff der technischen Nachweise.

Eine Unklarheit ergibt sich auch nicht aus der Zusammenschau der Nummern 7 und 6.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Nr. 6.2 nimmt Bezug auf Ziffer III.2.3) der Bekanntmachung, dort ist auch die „ Bereitstellung von Testgeräten “ genannt. Nr. 6.2 verlangt jedoch ebenfalls die Vorlage mit dem Angebot. Ein Widerspruch besteht daher nicht.

Dass die Testgeräte bereits mit Angebotsabgabe zu liefern waren, ergibt sich für die Lose 1 und 4 darüber hinaus auch aus dem Leistungsverzeichnis. Dort ist jeweils unter Punkt „ 15 Teststellung “ geregelt, dass mit Abgabe des Angebotes dem Auftraggeber ein Testgerät bereitzustellen ist.

1.2.3) Der Antragsgegner durfte die Lieferung von Testgeräten verlangen. Dabei handelt es sich um Musterexemplare der angebotenen Geräte. Diese hat der Antragsgegner verlangt, um die Qualitätswertung durchführen zu können.

Es war auch keinem Bieter unzumutbar, Testgeräte schon mit Angebotsabgabe zu stellen. Die Geräte waren damit spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe zu liefern, denn bis zu diesem Zeitpunkt konnten die Angebote noch ergänzt werden. Dass die Forderung unzumutbar sei, hat keiner der Beteiligten geltend gemacht.

1.2.4) Gemäß Ziffer IV.3.4) der EU-Bekanntmachung war Schlusstermin für den Eingang der Angebote der 25.06.2007, 11:00 Uhr. Das Schwarz-Weiß-Testgerät der Antragstellerin für die Lose 1 und 4 wurde am 25.06.2007 beim Antragsgegner erst um 11:35 Uhr, mithin nach Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe, angeliefert. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des Speditionsübernahmescheins (07/081022/00) der Firma ... Dort ist als Beginn der Arbeitszeit vor Ort 11:35 Uhr eingetragen. Die Kammer hat keinen Anlass, diese Eintragung als Endzeit der Arbeitszeit vor Ort anzusehen. Die Kammer hat sich darüber hinaus im Rahmen der Amtsermittlung die Fahrtenschreiberscheibe des auf dem Speditionsübernahmeschein angegebenen Fahrzeugs, amtliches Kennzeichen ..., vom 25.06.2007 von der Firma ... übersenden lassen. Die Kammer hat aus dieser Fahrtenschreiberscheibe ersehen, dass es zwischen ca. 11:35 Uhr und 12:00 Uhr zu einer Standzeit des Fahrzeugs gekommen ist; ferner, dass das Fahrzeug zuvor eine Standzeit von ca. 10:05 Uhr bis ca. 10:30 Uhr hatte. Diese Angaben decken sich mit denjenigen, die die Kammer schriftlich von einem Mitarbeiter der Firma ... erhalten hat. Weiterhin hat die Kammer von diesem Mitarbeiter telefonisch erfahren, dass sich das Fahrzeug von 10:05 Uhr bis 10:30 Uhr in ... befunden habe.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen im Freibeweis gewonnenen Angaben zu zweifeln. Sie bestärken die Kammer in ihrer Überzeugung, dass das Testgerät der Antragstellerin erst um 11:35 Uhr beim Antragsgegner angeliefert worden ist.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 08.10.2007 hat die Antragstellerin die Anlieferung zwischen 11:35 Uhr und 12:00 Uhr im Hinblick auf den Nachweis durch die Fahrtenschreiberscheibe unstreitig gestellt, nachdem sie dies in der mündlichen Verhandlung noch bestritten hatte. Insoweit muss nicht mehr auf die von der Antragstellerin zum Beweis der früheren Lieferung vorgelegte Stellungnahme ihres Mitarbeiters Peris eingegangen werden, in welcher dieser die Anlieferung aus seiner Erinnerung zwischen 10:30 Uhr und 10:45 Uhr einordnete.

1.2.5) Die Antragstellerin macht mit nachgelassenem Schriftsatz vom 08.10.2007 geltend, der Antragsgegner habe ihr gegenüber die Frist zur Stellung der Testgeräte um eine Stunde verlängert. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn selbst wenn das Telefongespräch zwischen Frau ... und Frau ... so, wie von Frau ... schriftlich dargestellt, stattgefunden hat, folgt daraus keine wirksame Verlängerung der Frist zur Stellung von Testgeräten.

Denn zum einen ergibt sich aus der Darstellung nicht, dass Frau ... und Frau ... über die Verlängerung der Frist zur Stellung der Geräte gesprochen haben. Vielmehr scheint nach der Darstellung lediglich die Frage behandelt worden zu sein, wann rein tatsächlich eine Anlieferung erfolgen könne. Mithin ging es nach Ansicht der Kammer allenfalls um die „Öffnungszeiten“ des Antragsgegners, nicht jedoch um eine Verlängerung der Frist zur Stellung von Testgeräten. Dafür spricht, dass Frau ... auf Seiten des Antragsgegners weder zuständig für eine solche Verlängerung war, noch in den Ausschreibungsunterlagen, insbesondere in der EU-Bekanntmachung, als Zuständige angegeben worden ist. Auch ihre Telefonnummer taucht dort nicht auf. Ebenso spricht auch die Tatsache, dass auf Seiten der Antragstellerin nicht eine mit dem Vergabeverfahren vertraute Person, sondern eine Mitarbeiterin der zur Anlieferung des Geräts eingeschalteten Spedition das Gespräch geführt hat, dafür, dass es hier allenfalls um die Frage der Öffnungszeiten ging.

Zum anderen ist auch davon auszugehen, dass die Mitarbeiterin der Spedition ... hier nicht als Vertreterin der Antragstellerin im Vergabeverfahren handeln wollte. Vielmehr liegt hier nach Auffassung der Kammer allenfalls ein auf die Abwicklung der Anlieferung bezogenes Gespräch vor, in welchem die Mitarbeiterin von ... die Modalitäten der Anlieferung klären wollte. Es ist insoweit nichts dafür ersichtlich, dass sie dieses Gespräch mit Fremdgeschäftsführungswillen für die Antragstellerin geführt hat. Denn die Modalitäten der Anlieferung betreffen lediglich die eigenen Verpflichtungen der Firma ... gegenüber der Antragstellerin aus dem Speditionsvertrag.

Schließlich wäre eine Verlängerung der Anlieferungsfrist durch den Antragsgegner allein der Antragstellerin gegenüber unwirksam. Denn eine solche Verlängerung könnte allenfalls gegenüber allen Bietern wirksam erfolgen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Eine Verlängerung gegenüber den anderen Bietern ist nicht erfolgt. Eine Verlängerung allein der Antragstellerin gegenüber stellte einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot dar. Die Antragstellerin könnte sich daher selbst dann, wenn man entgegen der Auffassung der Kammer davon ausginge, eine Verlängerung habe telefonisch stattgefunden, nicht darauf berufen. Denn § 97 Abs. 2 GWB verbietet die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Bieter.

1.2.6) Die Angebote der Antragstellerin zu den Losen 1 und 4 müssen aufgrund der verspäteten Stellung von Testgeräten vom Verfahren ausgeschlossen werden. Dies folgt aus § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A. Denn angeforderte Muster sind den vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Erklärungen vergaberechtlich gleich zu behandeln (BGH, Beschl. v. 26.09.2006, Az: X ZB 14/06, Rn. 49). Muster sollen nähere Erklärungen der Bieter, wie die angebotene Leistung beschaffen ist, ersetzen. Fehlen Muster, deren Vorlage der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Angebotes wünscht, ist die Anwendung von § 25 Nr.1 Abs. 2 a VOL/A eröffnet (BGH, a.a.O.).

Dies trifft im vorliegenden Fall auf die geforderten Testgeräte zu. Denn ausweislich einer Bieterinformation vom 08.06.2007, die an alle Bewerber versandt wurde (Vergabeakte Seite 268), soll die „ Bereitstellung von Testgeräten “ nicht als Eignungskriterium dem Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit dienen, sondern wird im Rahmen der Angebotswertung gefordert. Die Stellung der Testgeräte wird damit im Hinblick auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit gefordert.

Fehlen geforderte Angaben und Erklärungen i.S.d. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A, ist das betreffende Angebot zwingend auszuschließen (vgl. dazu oben, 1.1.5).

2.) Das Angebot der Antragstellerin zu den Losen 1 und 4 ist auszuschließen. Gleichwohl wird sie durch die Zuschlagsentscheidung in eigenen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt, denn alle anderen Angebote sind ebenfalls auszuschließen. Durch die Erteilung des Zuschlages, obwohl kein zuschlagsfähiges Angebot vorhanden ist, entgeht der Antragstellerin die Möglichkeit, nach Aufhebung des vorliegenden Vergabeverfahrens, im Rahmen eines neuen Vergabeverfahrens doch noch den Zuschlag zu erhalten (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 54). Dies genügt, ihrem Antrag zum Erfolg zu verhelfen. Dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens und die Neuausschreibung nicht die einzigen Handlungsmöglichkeiten des Antragsgegners darstellen, steht dem nicht entgegen. Die Möglichkeit, dass das Vergabeinteresse seitens des Antragsgegners fortbesteht und er dieses im Wege der Neuausschreibung befriedigen will, ist hinreichend wahrscheinlich.

2.1) Wie oben (1.2 ff) ausgeführt, waren zu den Losen 1 und 4 Testgeräte bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe, mithin bis zum 25.06.2007, 11:00 Uhr, zu stellen. Keiner der Bieter hat bis zu diesem Zeitpunkt Testgeräte für die Lose 1 und 4 geliefert. Dies ist bezüglich der Mitbieter unstreitig und ergibt sich aus der Vergabeakte. Bezüglich der Antragstellerin selbst wird auf die obigen Ausführungen (1.2.4) Bezug genommen.

2.2) Die Angebote der Mitbieter sind aufgrund der Nichtlieferung der Testgeräte bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe vom Verfahren auszuschließen. Es gelten die obigen Ausführungen (1.2 ff) entsprechend.

3.) Es war dem Antragsgegner zu untersagen, den Zuschlag für die Lose 1 und 4 in dem vorliegenden Vergabeverfahren zu erteilen. Denn dieser Zuschlag darf in dem eingeleiteten Vergabeverfahren nicht erfolgen. Wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalb von der Wertung auszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt (BGH, a.a.O, LS).

Weitergehende Anordnungen waren jedoch nicht angezeigt. Denn in Fällen, in denen keinem Bieter der Auftrag erteilt werden darf, können dem Aufraggeber verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 55). Unter diesen auszuwählen und eine rechtmäßige Lösung zu wählen, obliegt allein dem Antragsgegner.

4.) Bezüglich Los 3 vermag die Antragstellerin nicht mit ihrem Antrag durchzudringen. Sie ist mit ihrem Angebot zu Los 3 vom Verfahren auszuschließen, denn sie hat keine Bescheinigung der Registereintragung vorgelegt. Ihr Angebot ist aus diesem Grunde nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs.1 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Es gelten die oben unter 1.) ff gemachten Ausführungen auch für das Angebot zu Los 3. Im Gegensatz zu den Losen 1 und 4 sind bei Los 3 jedoch nicht alle Mitbieter ebenfalls auszuschließen.

4.1) Zwar hat einzig die Antragstellerin ihr Testgerät für Los 3 vor dem Ablauf der Frist für die Angebotsabgabe an den Antragsgegner geliefert. Dies ist unstreitig. Die Antragstellerin hat das Testgerät kurz nach zehn Uhr, jedenfalls erheblich vor elf Uhr, beim Antragsgegner angeliefert. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, den der Antragsgegner in der Sache bestätigt hat. Die übrigen Bieter haben bis zum 25.06.2007 unstreitig keine Testgeräte geliefert.

4.2) Jedoch hat der Antragsgegner bezüglich Los 3 nicht klar und eindeutig die Lieferung des Testgerätes bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gefordert. Zwar betreffen die oben (1.2.1 f) erwähnten Nr. 7 und Nr. 6.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe sowie Ziffer III.2.3 der Bekanntmachung unterschiedslos alle drei Lose. Jedoch wird unter Punkt „ 15 Teststellung “ des Leistungsverzeichnisses für Los 3 (anders als für die Lose 1 und 4) lediglich geregelt, dass sich der Bieter mit Abgabe des Angebotes verpflichtet, auf Anforderung ein Testgerät bereitzustellen.

Mag sich auch aus Nr. 7 der Aufforderung zur Angebotsabgabe ergeben, dass Testgeräte mit dem Angebot zu liefern sind, ergibt sich doch aus Punkt 15 des Leistungsverzeichnisses, dass es dem Antragsgegner genügt, bei Los 3 das Testgerät auf Anforderung zu erhalten. Es besteht hier ein Widerspruch zwischen Aufforderung zur Angebotsabgabe und Leistungsverzeichnis. Dieser Widerspruch ist auch nicht aufzulösen, indem man etwa in Nr. 7 eine Aufforderung sieht, ein Testgerät bereitzustellen. Denn Nr. 7 der Aufforderung zur Angebotsabgabe und Nr.15 des Leistungsverzeichnisses stehen nicht in erkennbarem Zusammenhang.

Jedenfalls vermag ein Bieter hier nicht mit der notwendigen Klarheit zu erkennen, ob er tatsächlich ein Testgerät mit dem Angebot zu liefern hat. Nr. 15 des Leistungsverzeichnisses spricht aus Bietersicht klar dagegen.

Ein Ausschluss derjenigen Bieter, die kein Testgerät zu Los 3 bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe geliefert haben, verbietet sich hier. Denn ein Angebotsausschluss wegen fehlender Angaben oder Erklärungen kann nur erfolgen, wenn und soweit Art, Inhalt und Zeitpunkt der vorzulegenden Unterlagen eindeutig gefordert worden sind. Dabei ist auf die Sicht eines mit der Ausschreibung vertrauten Bieters abzustellen. Etwaige Unklarheiten gehen zu Lasten des Auftraggebers, d.h. ein Angebot muss in der Wertung belassen werden, auch wenn ihm die betreffenden Angaben oder Erklärungen nicht beigefügt waren (Dittmann, a.a.O., § 25 Rn. 85). So liegt der Fall hier. Denn infolge des Widerspruchs zwischen Leistungsverzeichnis und Aufforderung zur Angebotsabgabe fehlt es an der notwendigen Eindeutigkeit und Klarheit. Ein Ausschluss der Mitbieter wegen verspäteter Lieferung der Testgeräte kommt bei Los 3 somit nicht in Betracht.

4.3) Es liegt mindestens ein Angebot zu Los 3 vor, das vollständig und nicht vom Verfahren auszuschließen ist. So gibt es insbesondere mindestens ein Angebot zu Los 3 (u.a. das der Beigeladenen), das einen Nachweis der Eintragung in das Handelsregister enthält. Dies ergibt sich aus den bei der Vergabeakte befindlichen Angeboten.

4.4) Die Antragstellerin kann mit ihrem Antrag zu Los 3 nicht durchdringen. Denn ihr eigenes Angebot ist auszuschließen, und es liegt mindestens ein zuschlagsfähiges Angebot zu diesem Los vor. Damit kann die Antragstellerin nicht in eigenen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein. Insbesondere entgeht ihr nicht, wie bei den Losen 1 und 4, die Gelegenheit, in einem neuen Vergabeverfahren den Zuschlag zu erhalten. Denn der Antragsgegner darf den Zuschlag für Los 3 aufgrund des vorliegenden Vergabeverfahrens erteilen, da nicht alle Angebote auszuschließen sind.

5.) Im Ergebnis war dem Antragsgegner zu untersagen, den Zuschlag für die Lose 1 und 4 in dem vorliegenden Vergabeverfahren zu erteilen. Weitergehende Verpflichtungen waren nicht angezeigt (siehe dazu oben 3.).

III.

Der Ansatz der Gebühr beruht auf § 128 Abs. 1 GWB, §§ 3, 9 und 14 VwKostG. Ausgehend vom Gebührenrahmen des § 128 Abs. 2 GWB, dem personellen und wirtschaftlichen Aufwand, vor allem aber unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung für die Beteiligten, wird eine Gebühr von ... € festgesetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 und 4 GWB. Die Antragstellerin obsiegt nur teilweise. Dementsprechend unterliegt der Antragsgegner nur teilweise. Gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 GWB sind daher die Kosten anteilsmäßig von Antragstellerin und Antragsgegner zu tragen. Die Antragstellerin obsiegt, soweit sie in der Sache die Vergabeentscheidung zu den Losen 1 und 4 angreift. Sie unterliegt, soweit sie die Zuschlagsentscheidung für Los 3 angreift. Sie unterliegt auch, soweit sie die Verpflichtung zur Neuwertung beantragt und soweit sie hilfsweise die Aufhebung des Vergabeverfahrens beantragt. Dies rechtfertigt es, dass der Antragsgegner 2/3, die Antragstellerin 1/3 der Gebühren trägt. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass Los 3 nur einen verhältnismäßig geringen Wert betrifft und die Antragstellerin bezüglich der Lose 1 und 4 materiell weitgehend obsiegt, mag sie auch formell mit ihren Anträgen nicht vollständig durchdringen.

Antragstellerin und Antragsgegner haften als Gesamtschuldner. Der Antragsgegner ist gemäß § 10 Abs. 2 Landesgebührengesetz Baden-Württemberg gebührenbefreit.

Die gleiche Quote von 2/3 zu 1/3 ist auch für die Tragung der notwendigen Auslagen nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB gerechtfertigt.

Die Beigeladene hat selbst keinen Antrag gestellt. Es entspricht deshalb der Billigkeit, dass sie ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden Aufwendungen selbst trägt, jedoch auch nicht zur anteiligen Kostenerstattung herangezogen wird.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war für die Antragstellerin aufgrund der komplizierten Materie des Vergaberechts notwendig.