VG Karlsruhe, Urteil vom 02.02.2006 - 6 K 2878/05
Fundstelle
openJur 2013, 14215
  • Rkr:

Zu den Anforderungen bei der Ausübung des Ausweisungsermessens im Falle eines minderjährigen türkischen Staatsangehörigen, der erstmals eine Jugendstrafe verbüßt.

Tenor

1. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.11.2005 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger, ein am  als drittes Kind seiner Eltern geborener türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung und die gegen ihn ergangene Abschiebungsandrohung.

Die Eltern des Klägers ließen sich im Juli 1992 in der Türkei scheiden. Zunächst hatte die Mutter das Sorgerecht inne, im November 1994 wurde es durch Urteil des Amtsgerichts Kazimkarabikir dem Vater - der in Deutschland lebte - mit der Begründung zugesprochen, er sei wirtschaftlich und sozial besser gestellt. Nachdem der Kläger in der Türkei ein Jahr lang die Grundschule besucht hatte, reiste er im Juni 1995 im Wege des Kindernachzugs zu seinem Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Mutter kam 2001 ebenfalls ins Bundesgebiet und heiratete den Vater am 20.07.2001 erneut.

Der Kläger wurde in Deutschland 1995 eingeschult, wiederholte die 3. Klasse und wechselte im August 2000 auf die Hauptschule. Bereits in der Grundschule bereitete sein Verhalten Probleme. Er störte, war aggressiv, machte, was er wollte, rauchte, kam zu spät oder gar nicht in die Schule und hatte ungenügende Leistungen. Er erhielt mehrere Schulausschlüsse, es kam schließlich zu einer Sonderschulüberprüfung und zur Feststellung der Sonderschulbedürftigkeit für eine Schule für Erziehungshilfe und für die Förderschule. Nach einem Wohnortwechsel wurde der Kläger im Juli 2001 wieder an der Hauptschule angemeldet. Mit Erhalt der Schulunterlagen stellte die Schule fest, dass der Kläger nicht richtig beschult war. Zu diesem Zeitpunkt waren seine Verhaltensauffälligkeiten sowie enorme Lern- und Leistungsdefizite aufgefallen. Probeweise wurde er daraufhin in der Förderschule Bad Rotenfels beschult. Nach einem positiven Beginn fiel der Kläger erneut durch problematisches Sozialverhalten auf. Nach einer sexuellen Belästigung eines Mädchens wurde die Beschulung zum 01.07.2002 beendet. Am 19.05.2003 wurde der Kläger im teilstationären Bereich des Kinder- und Jugendheims Baden-Baden aufgenommen und besuchte dort die heimeigene Schule für Erziehungshilfe. Diese Hilfe und Beschulung wurde am 21.10.2003 aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Klägers beendet. Von Seiten des Staatlichen Schulamts wurde im März 2004 die Beendigung der Schulpflicht festgestellt. Seit Oktober 2003 jobbte der Kläger für einige Stunden wöchentlich in einem Internetcafé in Gaggenau, im Übrigen verbrachte er seine freie Zeit mit Freunden auf der Straße und auf dem Fußballplatz.

Beide Elternteile sind berufstätig. Der Vater arbeitete bis vor zwei Jahren als Bauarbeiter, die Mutter ist als Reinigungskraft auf 400,-- Euro-Basis beschäftigt.

Die dem Kläger erteilte befristete Aufenthaltserlaubnis ist im November 2004 abgelaufen; einen Verlängerungsantrag hat er bislang nicht gestellt.

Strafrechtlich trat der Kläger wie folgt in Erscheinung:

1. Urteil des Amtsgerichts - Bezirksjugendschöffengericht - Rastatt vom 18.03.2004 wegen Diebstahls in 12 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichen Fahrens ohne Versicherungsschutz, Hehlerei in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zum Diebstahl, Betruges, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, Anstiftung zum Fahren ohne Fahrerlaubnis, Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort, falscher Verdächtigung in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln: Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten ohne Bewährung (rechtskräftig).

2. Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 04.10.2004 wegen gefährlicher Körperverletzung: Unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts vom 18.03.2004 Jugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten (rechtskräftig).

Der Verurteilung durch das Landgericht lag zugrunde, dass der Kläger im Rahmen einer verbalen und körperlichen Auseinandersetzung dem Geschädigten E. S., einem befreundeten türkischen Staatsangehörigen, an der linken Schulter unterhalb des Schlüsselbeines eine Schnittwunde zufügte, wobei die Verletzungshandlung bei einem nur geringfügig anderen und nicht vom Kläger beherrschbaren Verlauf geeignet gewesen wäre, das Leben des Geschädigten zu gefährden; zum Tatzeitpunkt war der Kläger alkoholisiert (Blutalkoholkonzentration von 0,93 Promille).

Im Rahmen der Strafzumessung führte das Landgericht u.a. Folgendes aus: Bei der Bemessung der Jugendstrafe im Einzelnen konnte zu Gunsten des Klägers insbesondere sein umfassendes Geständnis berücksichtigt werden. Die sich in diesem Geständnis manifestierende Unrechtseinsicht wurde bestärkt durch die Entschuldigung und den Ausdruck des Bedauerns, den der Kläger im Rahmen der Hauptverhandlung gegenüber dem Geschädigten E. S. gezeigt hat und der von diesem auch akzeptiert wurde. Insofern hat das Ausmaß der gebotenen erzieherischen Einwirkung auf den Kläger eine Einschränkung erfahren, da dieser zur Überzeugung der Jugendkammer im Verlauf der bislang verbüßten Untersuchungs- und Strafhaft damit begonnen hat, sich ernsthaft mit seinem strafbewehrten Verhalten auseinanderzusetzen, seine Defizite zu erkennen und aufzuarbeiten. Zu sehen waren in diesem Zusammenhang auch die letztlich nur geringen tatsächlichen Verletzungsfolgen des E.S. sowie die zumindest teilweise wechselseitig erfolgte Provokation im Vorfeld der Tat. In Verbindung mit der leichten Alkoholisierung ging die Kammer zugunsten des Klägers von einer affektiven Enthemmung aus, die freilich zu keiner Verminderung der Einsichts- und Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB führte. Strafmildernde Berücksichtigung maß die Kammer schließlich dem Umstand zu, dass sich die Tat am 05.03.2004 und damit zu einem Zeitpunkt ereignete, zu dem sich der 15jährige Kläger noch niemals vor einem Strafrichter hatte verantworten müssen. Die Bedeutung dieses Umstandes wird freilich gemindert durch die Tatsache, dass der Kläger die Tat zu einem Zeitpunkt beging, als die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Rastatt wegen der dort abgeurteilten Taten unmittelbar bevorstand und Termin für den 18.03.2004 bereits anberaumt war. Zu Lasten des Klägers brachte die Kammer seine gezielte vorherige Bewaffnung in Ansatz, der sich im Vorfeld der Tat eigens nach Hause begeben hat, um sich für die von ihm gesuchte spätere Auseinandersetzung zu wappnen. Erschwerendes Gewicht war auch der objektiv konkret lebensgefährlichen Begehungsweise beizumessen, die schwerwiegendere Tat- und Verletzungsfolgen allein dem Zufall überließ. Strafschärfend trat hinzu, dass der Kläger unter Verwirklichung gleich mehrerer Qualifikationsvarianten des § 224 Abs.1 StGB vorging. Schließlich hatte die Jugendkammer die Defizite in der familiären Erziehung des Klägers zu berücksichtigen. Die fehlende Unterstützung des Klägers durch seine Eltern, die ihm die Grenzen des Erlaubten nicht aufzeigen und ihm den benötigten Halt nicht geben konnten und wollten, lassen auch in Zukunft eine eher verharmlosende denn einwirkende Reaktion der Eltern des Klägers gewärtigen.

3. Urteil des Amtsgerichts Mosbach vom 29.09.2005 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln: Unter Einbeziehung des Urteils des Landgerichts Baden-Baden vom 04.10.2004 Jugendstrafe von 3 Jahren (rechtskräftig).

Das Amtsgericht traf folgende Feststellung: Am 08.06.2005 erwarb der Kläger in der JVA Adelsheim von einem türkischen Mitgefangenen namens  eine geringe Menge Haschisch von 0,2 g mit einem Gehalt von mindestens 2 % THC, weil  an diesem Tag in die Türkei abgeschoben wurde. Hierbei wusste er genau, dass er nicht im Besitz der erforderlichen behördlichen Erlaubnis für den Umgang mit Betäubungsmitteln war. Das Haschisch bewahrte er in seiner linken Hemdtasche auf, wo es am nächsten Tag anlässlich einer Durchsuchung durch den Zeugen D. aufgefunden und an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet wurde.

Der Kläger befindet sich seit dem 05.03.2004 in Untersuchungs- und Strafhaft. Eine vorzeitige Entlassung wird zum 2/3-Termin am 04.03.2006 ausgesprochen werden.

Nach Anhörung des Klägers wies ihn das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 15.11.2005 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an. Zur Begründung der Entscheidung führte die Behörde aus, der Kläger könne auf der Grundlage der §§ 56 Abs.2 Satz 2, 53 Nr.1 AufenthG nach Ermessen ausgewiesen werden. In seinem Fall sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Das strafbare Verhalten des Klägers in Form eines Betäubungsmitteldelikts nach einem Jahr und drei Monaten Strafhaft bekräftige erneut die festgestellten schädlichen Neigungen. Überdies sei er in der Vergangenheit schon einmal wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln bestraft worden. Auch habe er während des Strafvollzugs ein eher unbeständiges Verhalten an den Tag gelegt und habe des Öfteren diszipliniert werden müssen. Eine hinreichend begründete Besorgnis neuer Verfehlungen sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger erstmals eine Freiheitsstrafe verbüße. Bei Verurteilungen wegen Gewalttaten - wie hier - seien an die Wahrscheinlichkeit weiterer Straftaten des Ausländers nur geringe Anforderungen zu stellen. Die Ausweisung entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Kläger stünden für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet familiäre Belange, die dem Schutz von Artikel 6 Abs.1 GG unterlägen, nicht zur Seite. Anhaltspunkte für ein besonderes Angewiesensein auf ein Zusammenleben mit den Eltern und Geschwistern seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Die Eltern hätten in der Vergangenheit das Fehlverhalten des Klägers gedeckt und Hilfsangebote nicht angenommen; sie hätten keinen positiven Einfluss auf den Kläger ausüben können. Angesichts der Schwere der verübten Straftaten bestehe ein höhergewichtiges Interesse an der Verwirklichung der ausländerrechtlichen Maßnahme gegenüber dem Interesse des Klägers und seiner Familienangehörigen, von einer Trennung verschont zu bleiben. Auch die rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen einer Übersiedlung seien nicht unverhältnismäßig. Der Kläger sei in der Türkei geboren und habe dort bis zu seinem siebten Lebensjahr gelebt. Er habe im Heimatland prägende Lebensjahre verbracht und die Muttersprache erlernt. Es sei nicht lebensfremd zu behaupten, dass ihm die türkische Lebensart und Sprache nicht fremd sei. Von großer Bedeutung sei die Beurteilung der Frage, ob der Kläger sich in seinem Heimatland - unabhängig von dem dort herrschenden Grundsicherungssystem - eine eigene wirtschaftliche Grundlage schaffen könne. Die Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, seien in der Türkei angesichts eines Arbeitslosenheeres in der Bundesrepublik Deutschland von 4 bis 5 Millionen derzeit besser; nach den derzeitigen Wirtschaftsdaten habe die Türkei ein viermal höheres Wirtschaftswachstum als die Bundesrepublik Deutschland. Zudem sei anerkannt, dass gerade Türken mit deutschen Sprachkenntnissen insgesamt recht gute Arbeitsplatzchancen etwa in der Tourismusbranche hätten. Zu berücksichtigen sei auch, dass dem Kläger weder eine schulische noch eine wirtschaftliche Integration in Deutschland gelungen sei. Vor diesem Hintergrund stünden auch weder Artikel 8 EMRK noch das Europäische Niederlassungsabkommen einer Ausweisung des Klägers entgegen. Zu seinen Gunsten werde unterstellt, dass er als Kind eines türkischen Arbeitnehmers eine Rechtsposition nach Artikel 7 ARB 1/80 inne habe. Für die Ausweisung lägen aber spezialpräventive Gründe vor, die nach Artikel 14 ARB 1/80 eine Ausweisung rechtfertigten.

Der Kläger hat am 06.12.2005 Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Er trägt Folgendes vor: Er spreche gut deutsch, aber kaum türkisch. In der Haft wolle er den Hauptschulabschluss erlangen. Der Strafvollzug habe bei ihm eine tiefgreifende Verhaltensänderung bewirkt. Dies werde auch nicht durch die letzte Verurteilung durch das Amtsgericht Mosbach in Frage gestellt. Ihm sei von einem Mithäftling, der am nächsten Tag abgeschoben worden sei, eine geringe Menge Haschisch zugesteckt worden, und er habe nicht gewusst, was er damit tun solle. Er habe das Haschisch nicht konsumiert und habe dies auch nicht vorgehabt. Nach wie vor habe er eine sehr gute Beziehung zu seinem Elternhaus, er werde regelmäßig von seinen Eltern besucht; im Falle der Haftentlassung könne er auch wieder bei ihnen wohnen.

Der Kläger beantragt,

die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.11.2005 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

 die Klage abzuweisen.

Es hält die Ausweisungsverfügung für rechtmäßig und stützt sich auf die Ausführungen in dieser.

Mit Beschluss vom 02.02.2005 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausweisung wiederhergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden, den Kläger betreffenden Ausländerakten (2 Bände) Bezug genommen. Diese Akten enthalten Abdrucke der oben genannten rechtskräftig gewordenen Strafurteile. Das Gericht nahm ferner Einsicht in das den Kläger betreffende Vollstreckungsheft des Vollstreckungsleiters für die Justizvollzugsanstalt Adelsheim beim Amtsgericht Adelsheim (Az: 1 VRJs 794/04). Der Inhalt der Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Gründe

Die fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.

Die Verfügung des Beklagten vom 15.11.2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Denn die verfügte Ausweisung zu Lasten des Klägers hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Dem Kläger steht ein Aufenthaltsrecht auf der Grundlage des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80) zu (1.). Vor diesem Hintergrund genügt die Ausweisung nicht den Anforderungen, die das gem. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 auf Assoziationsberechtigte anwendbare Gemeinschaftsrecht an die Ausweisung eines Assoziationsberechtigten - hier des Klägers - stellt (2.).

1.

Der Kläger kann sich auf eine assoziationsrechtlich privilegierte Rechtsstellung aus Art. 7 S. 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80 berufen. Nach dieser Bestimmung haben die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörigen türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens 5 Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. Die praktische Wirksamkeit dieses Rechts setzt zwangsläufig die Existenz eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraus, das ebenfalls auf dem Gemeinschaftsrecht beruht (st. Rspr. des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH -, vgl. Urt. v. 16.03.2000 - Rs. C-329/97 -, Ergat, NVwZ 2000, 1277; Urt. v. 11.11.2004 - Rs. C-467/02 -, Cetinkaya, NVwZ 2005, 198). Davon ausgehend ist der Kläger Familienangehöriger eines dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland angehörenden türkischen Arbeitnehmers. Insoweit kann der Kläger seine Rechtsposition sowohl von seinem Vater als auch von seiner Mutter ableiten. Die Mutter des Klägers ist als Reinigungskraft auf 400,-- Euro-Basis beschäftigt. Dass der Vater, der bis vor zwei Jahren als Bauarbeiter beschäftigt war, inzwischen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, ist für die privilegierte Rechtsstellung des Klägers unschädlich (vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.2004, a.a.O.). Die Voraussetzung eines fünfjährigen ordnungsgemäßen Wohnsitzes ist hier auch erfüllt; der Kläger lebte vor seiner Haft über fünf Jahre bei seinen Eltern.

Die Rechte aus Art. 7 ARB 1/80 hat der Kläger auch nicht dadurch verloren, dass er seit ca. zwei Jahren die verhängte Jugendstrafe verbüßt. Durch die Rechtsprechung des EuGH ist ebenfalls geklärt (vgl. Urt. v. 11.11.2004, a.a.O. - Cetinkaya -), dass auch eine längere Strafhaft die Rechte aus Art. 7 S. 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80 nicht berührt.

2.

Vor dem Hintergrund der dem Kläger zustehenden Rechtsposition aus Art. 7 S. 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80 verstößt die streitgegenständliche Ausweisung gegen materielles Gemeinschaftsrecht.

a)

Aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 29.04.2004 (Rs. C-482/01 u. C-493/01 -, Orfanopoulous u. Oliveri, DVBl. 2004, 876) ist auch bei türkischen Staatsangehörigen, die sich auf ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 berufen können, von veränderten gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an eine Ausweisung auszugehen. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger. Sie ist jedoch hinsichtlich ihrer materiell-rechtlichen Grundsätze auf türkische Staatsangehörige zu übertragen, die ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 besitzen (BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315). Diese dürfen demnach nur noch nach §§ 45, 46 AuslG (jetzt: § 55 AufenthG) in Verbindung mit den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 darf eine Ausweisung nur dann erfolgen, wenn der Assoziationsberechtigte durch sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit tatsächlich und schwerwiegend gefährdet. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose hat sich auf spezialpräventive Gesichtspunkte zu beschränken und darf sich nicht allein an einer strafgerichtlichen Verurteilung orientieren. Darüber hinaus hängt die Rechtmäßigkeit der Ausweisung davon ab, ob das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 das private Interesse des Assoziationsberechtigten an seinem Verbleib im Bundesgebiet deutlichüberwiegt. Dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt besondere Bedeutung zu. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Das Tatsachengericht ist demnach im Rahmen der ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht gehalten zu prüfen, ob die behördliche Gefahrenprognose und die Ermessensentscheidung bezogen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Verhandlung im Ergebnis auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage beruhen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a.a.O.).

b)

Ausgehend von den dargestellten Rechtsgrundsätzen liegt zunächst die erforderliche ausländerbehördliche Ermessensentscheidung vor. Die Behörde hat beim Kläger zutreffend § 55 AufenthG i.V.m. §§ 56 Abs. 2 Satz 2, 53 Nr. 1 AufenthG herangezogen, wonach die Ausweisung eines Minderjährigen, dessen Eltern sich - wie hier - rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, in den Fällen einer zwingenden Ausweisung (hier: Jugendstrafe von 3 Jahren i.S.v. § 53 Nr. 1 AufenthG) nach Ermessen entschieden wird. Auf den aufenthaltsrechtlichen Status des Minderjährigen kommt es danach nicht an, der Ablauf der dem Kläger befristet erteilten Aufenthaltserlaubnis ist mithin unerheblich (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: Dezember 2005, § 56 AufenthG, Rdnr. 58). Im Übrigen ist für den Kläger als Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers aufgrund seiner Rechtsstellung aus Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 von einem "impliziten Aufenthaltsrecht" auszugehen (vgl. Hailbronner, a.a.O., Art. 7 ARB 1/80, Rdnr. 6).

c)

Inhaltlich hält die Ermessensausübung der Behörde allerdings der gerichtlichen Prüfung (vgl. § 114 VwGO) nicht stand. Ermessensfehlerhaft ist ein Verwaltungsakt insbesondere dann, wenn die Behörde bei ihrem Handeln von falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht und etwa wesentliche Gesichtspunkte außer Acht lässt, die zu berücksichtigen wären (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 114 Rdnr. 12).

aa)

Gemessen daran erweist sich die Einschätzung der Ausländerbehörde, dem Kläger stünden für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet familiäre Belange, die dem Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG unterlägen, nicht zur Seite und es seien auch keine Anhaltspunkte für ein besonderes Angewiesensein auf ein Zusammenleben mit seinen Eltern und Geschwistern ersichtlich, ermessenfehlerhaft. Mit den dargelegten Ausführungen hat die Ausländerbehörde die Schutzwirkungen von Art. 6 Abs. 1 GG nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährt Art. 6 GG zwar unmittelbar keinen Anspruch auf Aufenthalt. Die entscheidende Behörde hat aber die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, bei der Anwendung offener Tatbestände und bei der Ermessensausübung pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über den Aufenthalt seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 09.12.1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13).

Bei der Gewichtung der durch Art. 6 GG geschützten Bindungen des Klägers im Bundesgebiet ist davon auszugehen, dass eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Eltern und Geschwistern besteht und der Kläger vor diesem Hintergrund besonders auf ein Zusammenleben mit seiner Familie angewiesen ist. In Bezug auf die in der Familie lebenden minderjährigen Kinder hat die Familie überdies die Funktion einer Erziehungsgemeinschaft, die von der elterlichen Verantwortung für die leibliche und seelische Entwicklung des Kindes geprägt wird (BVerwG, Urt. v. 09.12.1997, a.a.O.). Liegt danach im Falle des Klägers, der im Haushalt seiner Eltern aufgewachsen ist und nach der Haftentlassung wieder bei ihnen Unterkunft finden wird, eine familiäre Lebensgemeinschaft in Form der Beistandsgemeinschaft vor, darf die Ausländerbehörde ihm nicht von vornherein die dargelegten gewichtigen familiären Belange absprechen. Dass die Eltern den Kläger bei seinem bisherigen Lebensweg nicht ausreichend unterstützt und ihm insbesondere nicht die Grenzen des Erlaubten aufgezeigt haben - so die Behörde zu Recht -, stellt die dargelegte Beistandsgemeinschaft nicht in Frage. Das "erzieherische Versagen" der Eltern mag als ein Umstand im Rahmen der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr berücksichtigungsfähig sein. Aber unzureichende Erziehungsleistungen der Eltern stellen zu Lasten des Minderjährigen nicht die Schutzwirkungen von Art. 6 GG in Frage; der Kläger, der gerade 17 geworden ist, ist wie jeder andere Minderjährige besonders auf ein Zusammenleben mit seinen Eltern und die Ausübung des Sorgerechts durch diese angewiesen. Da die Ausländerbehörde nach alledem die rechtliche Bedeutung von Art. 6 GG zugunsten des Klägers verkannt und damit seine privaten Interessen in unzureichender Weise eingestellt hat, kann die getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den öffentlichen und privaten Interessen keinen Bestand haben.

bb)

Ausgehend von dem oben dargestellten Maßstab ging die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung ferner von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, indem sie - unter Hinweis auf die Zahl der Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland und auf ein im Vergleich mit Deutschland viermal höheres Wirtschaftswachstum in der Türkei - für den Kläger bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz in der Türkei unterstellte. Damit verkennt die Behörde die Schwierigkeiten bei der beruflichen und wirtschaftlichen Integration des Klägers in der Türkei. Die Aussage über den türkischen Arbeitsmarkt stellt eine Spekulation dar. Gerichtsbekanntermaßen besteht in der Türkei eine gravierende "Unterbeschäftigung", das Problem wird lediglich durch die - im Vergleich zur Bundesrepublik - viel stärkeren familiären Bindungen und Unterstützungsleistungen aufgefangen. Die höhere Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts ist einer wirtschaftlichen Ausgangslage geschuldet, die in keiner Weise mit dem Niveau in der EU bzw. in Deutschland vergleichbar ist. Vor allem aber ist die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung gehalten, die wirtschaftliche Eingliederungsmöglichkeit gerade für die betroffene Person und damit für den Kläger zum Maßstab zu machen und nicht auf die allgemeine Lage - losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles - abzustellen. Ausweislich des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung gehört der Kläger gerade nicht zu den Personen, die aufgrund ihrer deutschen Sprachkenntnisse gute Chancen in der Tourismusbranche haben. Zudem leben seine Familienangehörigen (hier die Großeltern), auf deren Unterstützung er zumindest bis zu seiner Volljährigkeit tatsächlich und rechtlich angewiesen ist, in einem Dorf in der Nähe von Konya - also weit entfernt von den Touristengebieten in der Türkei. Hat die Ausländerbehörde nach alledem das Ausmaß der Schwierigkeiten bei der wirtschaftlichen Integration in der Türkei unzureichend ermittelt und folglich bei der Bewertung der privaten Interessen des Klägers nicht mit dem nötigen Gewicht eingestellt, ist die Abwägungsentscheidung auch aus diesem Grund ermessensfehlerhaft.

cc)

Darüber hinaus erweist sich die von der Behörde vorgenommene Einschätzung der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr als ermessenfehlerhaft, weil die Behörde auch in diesem Zusammenhang nicht alle tatsächlich relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Die Behörde hat die Gründe, die für die Gefahr erneuter Verstöße gegen die Rechtsordnung durch den Kläger sprechen, gesehen und gewürdigt, sie hat aber nicht in gleicher Weise die Gründe, die die Gefahr neuer Verfehlungen mindern, in ihre Prognose miteinbezogen.

Beim Kläger handelt es sich um einen sogenannten Intensivtäter, der schon in sehr jungen Jahren (auch während er noch strafunmündig war) eine Vielzahl von Straftaten begangen hat. Neben Straßenverkehrs- und Vermögensdelikten hat der Kläger - nachdem er strafmündig geworden ist - insbesondere eine gefährliche Körperverletzung und damit eine Gewalttat begangen. Ihm wurden seitens der Strafgerichte schädliche Neigungen attestiert, und er hat während der Haft eine weitere Straftat in Form des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln begangen, indem er von einem Mitgefangenen eine geringe Menge Haschisch von 0,2 g mit einem Gehalt von mindestens 2 % THC erworben hat. All diese Gesichtspunkte durfte und musste die Ausländerbehörde neben der fehlenden wirtschaftlichen und schulischen Integration des Klägers zu dessen Lasten berücksichtigen.

Andererseits hat die Justizvollzugsanstalt Adelsheim dem Kläger unter dem 20.12.2005 - auch unter Berücksichtigung eines eher unbeständigen Verhaltens während der Verbüßung der Jugendstrafe - eine Verbesserung seines Verhaltens und eine insgesamt positive Persönlichkeitsentwicklung bescheinigt. Für den Fall einer weiterhin beanstandungsfreien Führung befürwortete die Justizvollzugsanstalt eine bewährungsweise Entlassung zum 2/3-Termin. Eine telefonische Rücksprache beim zuständigen Amtsgericht Adelsheim hat ergeben, dass der Kläger aufgrund der nunmehr positiven Sozialprognose zum 2/3-Termin Anfang März 2006 vorzeitig aus der Jugendhaft entlassen wird. Ferner hat der Kläger seine Straftaten in sehr jungen Jahren begangen (zur Tatzeit war der Kläger - mit Ausnahme des Drogendelikts während der Haft - 14 und 15 Jahre alt). Die Straftaten hat er im Wesentlichen begangen, bevor er erstmals - zur Verbüßung seiner derzeitigen Jugendstrafe - in Haft genommen wurde. Schließlich gibt es gewisse Anhaltspunkte dafür, dass eine schulische bzw. wirtschaftliche Integration des Klägers im Bundesgebiet gelingen könnte; nach seiner Haftentlassung hat er die Möglichkeit, das "Berufsvorbereitungsjahr" zu absolvieren; in diesem Zusammenhang hat er - zusammen mit der Justizvollzugsanstalt - die notwendigen Schritte eingeleitet und sich für Praktikumsplätze beworben. Schließlich hat er - ausweislich seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung - durchaus Vorstellungen über seinen künftigen Beruf entwickelt; er will Maler, hilfsweise Schreiner werden. Dass die berufliche Integration gelingen kann, lässt sich auch aus den überwiegend guten Arbeitsleistungen des Klägers während der Jugendhaft ableiten; bei vielen Kriterien, wie z.B. Arbeitstempo, Durchhaltevermögen, Selbständigkeit, Verantwortungs- und Hilfsbereitschaft, erhielt er sehr gute Beurteilungen. Diese für die Möglichkeit einer Resozialisierung des Klägers sprechenden Gesichtspunkte hat die Behörde im Rahmen ihrer Gefahrenprognose nicht bzw. nicht ausreichend eingestellt. Vor diesem Hintergrund hat die Ausländerbehörde die vom Kläger ausgehende Gefahr erneuter Verstöße gegen die Rechtsordnung "überschätzt".

dd)

Schließlich hat die Ausländerbehörde im Rahmen ihres Ausweisungsermessens den Gedanken der Resozialisierung und die Möglichkeit einer Nachreifung im Strafvollzug beim minderjährigen Kläger nicht im gebotenen Umfang eingestellt und damit einen wesentlichen Gesichtspunkt außer Acht gelassen, der zu berücksichtigen gewesen wäre. Dass die Persönlichkeit eines Minderjährigen in der Entwicklung begriffen ist, ist für die Gefahrenprognose von entscheidender Bedeutung. Dementsprechend muss auch eine erkennbare Persönlichkeitsentwicklung gewürdigt werden. Dem Jugendstrafrecht liegt gerade der Gedanke zugrunde, - weitaus stärker als bei erwachsenen Straftätern - eine positive Persönlichkeitsentwicklung und damit verbunden ein künftig straffreies Leben des Betreffenden erreichen zu können. Davon ausgehend hat die Behörde bei sehr jungen Straftätern - wie dem Kläger -, die erstmals eine Jugendstrafe verbüßen, besonders intensiv zu erwägen, ob der Ausländer inzwischen - etwa aufgrund von Bemühungen um Erziehung und Resozialisierung im Strafvollzug - eine Nachreifung erfahren hat, die die Gefahr neuer Verfehlungen maßgeblich mindert (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 26.10.1988 - 1 B 143.88 -, InfAuslR 1989, 37).

Diesen dargelegten - strengen - Anforderungen bei der Ermessensausweisung von Minderjährigen wird die Entscheidung der Ausländerbehörde nicht gerecht. Auch in der mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter des beklagten Landes ganz entscheidend auf die vom Kläger begangenen Straftaten und die sich daraus ergebende Wiederholungsgefahr ab. Dagegen wurden die Auswirkungen des Strafvollzugs im Fall des Klägers nicht im gebotenen Ausmaß im Rahmen der Abwägungsentscheidung eingestellt. Es wurde insbesondere nicht ernsthaft erwogen, ob die dem Kläger zuletzt unter dem 20.12.2005 im Strafvollzug attestierte positive Persönlichkeitsentwicklung die Gefahr neuer Verfehlungen in einer Weise mindert, die ein Absehen von der Ausweisung rechtfertigen könnte.

Der dargestellte - mehrfache - Ermessensfehlgebrauch führt zur Aufhebung der streitgegenständlichen Ausweisungsentscheidung. Besondere Umstände des Falles, die es - trotz des Ermessensfehlgebrauchs - als ausgeschlossen erscheinen lassen, dass die Behörde bei sachgemäßer Ausübung ihres Ermessens zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu: Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rdnr. 18).

Die verfügte Abschiebungsandrohung teilt das rechtliche Schicksal der Ausweisung.

Die Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten beruht auf den Vorschriften der §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Es bestand kein Anlass, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).

B E S C H L U S S:

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf Euro 5.000,-- festgesetzt.

Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.