VG Sigmaringen, Beschluss vom 22.09.2004 - 8 K 611/04
Fundstelle
openJur 2013, 13495
  • Rkr:

Das in § 131 Abs 4 BauGB angelegte Differenzierungsangebot erlaubt der Gemeinde, für Mischgebiete einen Artzuschlag vorzusehen, es fordert ihn aber regelmäßig nicht zwingend.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 25.10.2001 gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 28.09.2001, abgeändert durch Bescheid vom 08.10.2001, und des Widerspruchs des Antragstellers vom 05.02.2004 gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.01.2004 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 11.724,26 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz hat Erfolg.

Er ist - sachdienlich verstanden gem. §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO - gerichtet auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (a) des Widerspruchs des Antragstellers vom 25.10.2001 gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 28.09.2001 (im Leistungsgebot abgeändert durch den Bescheid vom 08.10.2001), mit welchem für den Aufwand der Herstellung der „B.straße“ ein Beitrag von 17.961,66 EUR (ursprünglich 35.129,97 DM; zu zahlen nach Anrechnung einer Vorausleistung von 12.369,94 DM noch 11.637,02.- EUR) für das Grundstück FlstNr. 3210 und (b) des Widerspruchs vom 05.02.2004 gegen den Erschließungsbeitragsbescheid vom 19.01.2004 mit dem hinsichtlich des Aufwands zur Herstellung der Strasse „I. B.“ ein Beitrag von 28.935,40.- € für das Grundstück FlstNr. 3210 festgesetzt wurde.

Die Kammer hat ernstliche Zweifel im Sinne von § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO i.V. mit einer entsprechenden Anwendung des Abs. 4 S. 3 dieser Vorschrift an der Rechtmäßigkeit dieser Erschließungsbeitragsbescheide. Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen 2. Senats des VGH Baden-Württemberg sind solche ernstlichen Zweifel dann anzunehmen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist, als dessen Misserfolg (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, B.v. 18.08.1997 - 2 S 1518/97 -).

Im vorliegenden Fall besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die genannten Erschließungsbeiträge wegen Verjährung oder wegen fehlerhafter Aufwandsverteilung rechtswidrig sind. Dies folgt allerdings aus anderen Umständen, als dies der Antragsteller meint.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c Kommunalabgabengesetz i.V.m. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 der AO beginnt die Festsetzungsfrist von vier Jahren mit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe entstanden ist; für Erschließungsbeiträge beginnt sie also mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Dies ist gem. § 133 Abs. 2 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage der Fall, wenn daneben die sonstigen materiellen Voraussetzungen gegeben sind (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Auflage, § 19 RdNr. 4 und 13 ff. mit Nachweis der Rechtsprechung).

a. Hinsichtlich des Bescheids vom 28.09.2001, der die „B.straße“ betrifft, gilt:

Die Kammer ist der Ansicht, dass die sachliche Beitragspflicht im Jahre 1996 entstand:

1. Die hier abgerechnete „B.straße“ wurde gemäß § 125 BauGB aufgrund eines Bebauungsplans - nach Aktenlage der Bebauungsplan „B.“ von 1983 - ausgebaut.

Allerdings teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.02.2004 an den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers u. a. mit, man habe festgestellt, „dass zum Teil die Ausbaubreiten um bis zu 0,3 m unterschritten“ (in einer Beschlussvorlage für den Gemeinderat vom 31.05.2000 heißt es um 20 cm) worden seien, weshalb man die tatsächlichen Breiten in die Änderung des Bebauungsplans im Jahre 2000 aufgenommen habe. Unabhängig davon, ob - wie der Antragsteller in der Antragsschrift zum Gericht verneint - die „B.straße“ davon überhaupt betroffen ist, ist eine solche Unterschreitung gem. § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB unschädlich: Danach wird die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen durch Abweichungen von - in Form des Zurückbleibens hinter - den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind. Die teilweise Unterschreitung der Fahrbahnbreite um 20 - 30 cm auf nunmehr lt. Änderungsplanung von 2000 insgesamt noch zwischen 6,5 und 7,5 m Straßenbreite verstößt nicht gegen die Grundzüge der Planung, da hierdurch nicht der wesentliche Gehalt der Planungskonzeption betroffen ist. Es ist weder vorgebracht noch ersichtlich, dass etwa die geringere Breite zur verkehrssicheren Erschließung nicht ausreicht (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg Urteil vom 16.11.1995 2 S 2522/93 (Verzicht auf einen 1,5 m breiten Randstreifen berührt Grundzüge der Planung nicht) und die Beispiele in der zitierten Rechtsprechung in Reif, Arbeitsmappe Erschließungsbeitrag nach dem BauGB, 6. Auflage, Stand 1999, S. 192, 193). Sowohl Antragsteller als auch Antragsgegnerin bringen insofern im Verfahren mehrfach zum Ausdruck, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt seien.

2. Die veranlagten Grundstücke des Antragstellers werden durch die „B.straße“ erschlossen; dies gilt auch für FlstNr. 3214, das nicht an den ausgebauten Teil der „B.straße“, sondern an den diese Straße fortsetzenden Feldweg angrenzt.

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang meint, dass es sich bei den Flurstücken Nr. 3213 und 3214, welche beide im Eigentum des Antragstellers stehen und die mit einem grenzüberschreitenden Betriebsgebäude zusammenhängend überbaut sind, um eine „wirtschaftliche Einheit“ handle, mag dies offen bleiben. Für die Annahme des Erschlossenseins hingegen ist maßgeblich, dass es sich bei 3214 um ein echtes „Hinterliegergrundstück“ handelt, da Anlieger- und Hinterliegergrundstück im Eigentum derselben Person stehen und sich in Folge der einheitlichen, vom Willen des Eigentümers beider Grundstücke getragenen Nutzung der durch die Anbaustraße dem Anliegergrundstück Flurstück Nr. 3213 vermittelte Erschließungsvorteil auch auf das Hinterliegergrundstück Flurstück Nr. 3214 erstreckt (Reif a.a.O, S. 248 mit Nachweisen der Rechtsprechung des BVerwG).

3. Die „B.straße“ war im Jahre 1996 tatsächlich endgültig hergestellt.

a) Allerdings steht in den angegriffenen Bescheiden, dass die „B.straße“ erst seit 19.10.1998 erstmals endgültig hergestellt sei. Dies ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar: Auffällig ist schon, dass dieses Datum der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Erschließungsbeitragssatzung vom 23.09.1998 ist (vgl. § 18 Abs. 1 dieser Satzung). Vor allem aber wird diese Behauptung im Bescheid widerlegt durch die vorgelegten Akten: Nach den beiden Kostendokumentationen war die letzte Rechnung die des Ingenieurbüros L. vom 12.02.1996 für den „Endausbau Baugebiet „B.“ (Planung, Vergabe, Bauoberleitung), die sich auf eine Rechnung Firma W. vom 12.10.1994 über den „Straßenendausbau Baugebiet B.“ bezieht. Für den Abschluss der Baumaßnahmen im Jahre 1994 spricht auch der von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegte „Angebotsspiegel“ vom 15.06.1993 und die dort vorgelegte „Baubeschreibung“, die der Beauftragung der Firma W. und der dortigen Rechnung vom 12.10.1994 nach Angaben der Antragsgegnerin zugrundelagen, und wonach es um den „Straßenendausbau im Baugebiet „B.““ ging bzw. beschrieben wurde, dass der Straßenendausbau im Baugebiet durchgeführt werden solle, wobei im Zuge des „Endausbaus“ die Fahrbahn beidseitig verbreitert werde, ein straßenbegleitender Gehweg gebaut, die Schachtabdeckung und Straßeneinläufe eingepasst und Fahrbahn und Gehwegflächen mit einer Asphaltfeinbetondecke überzogen werden sollten. Es ist nichts ersichtlich, was für die „B.straße“ auf einen späteren Eingang einer Unternehmerrechnung, also dem regelmäßig zur Ermittlungsfähigkeit der Kosten notwendigen letzten Umstand und so der letzten Voraussetzung der endgültigen Herstellung (VGH Baden-Württemberg Urteil vom 01.08.1994 2 S 963/93) im Rahmen des Entstehens der Beitragspflicht (Driehaus, a.a.O., § 19 RdNr. 4, 8 unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG; anderer Ansicht Reif, a.a.O., Seite 181, 182 und 204, wonach hier dann aber zu einem noch früheren Zeitpunkt endgültig hergestellt wäre) hindeuten würde. Die Rechnung S. vom 10.12.1998 betrifft den „Endausbau der Bergstraße“ bzw. nach Vortrag der Antragsgegnerin auch die Straße „„I. B.““, jedoch nicht die hier in Frage stehende „B.straße“.

b) Es ist nicht ersichtlich oder vorgebracht, dass die Herstellungsmerkmale, wie sie in der damals maßgeblichen (zu diesem Zeitpunkt Reif, a.a.O., S. 202) gemeindlichen Satzung von 1991 geregelt sind, rechtlichen Bedenken begegnen.

4. Der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im Jahre 1996 steht nicht entgegen, dass es damals keine gültige Satzung gegeben hätte. Allerdings vertritt die Antragsgegnerin die Ansicht, dass sie erst seit 2001 eine gültige Satzung besitze.

Die Kammer hat zwar in früheren Verfahren die Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1998 für rechtlich bedenklich gehalten, jedoch nicht - wie die Antragsgegnerin meint - weil die Artzuschlagsregelung im § 11 beanstandet worden wäre. Vielmehr ging es um die Verteilungsregelung in § 10 Abs. 3 der Erschließungsbeitragssatzung 1998, wie dies im Schreiben des Berichterstatters vom 17.10.2001 im Verfahren 8 K 1785/00 unter Nachweis von Literatur und Rechtsprechung angesprochen wurde; dieses Schreiben befindet sich in der Widerspruchsakte im vorliegenden Verfahren.

Zur Erschließungsbeitragssatzung 1991 hat sich die Kammer nicht geäußert. Diese Satzung ist bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden.

a) Die obengenannten Bedenken gegen § 10 Abs. 3 der Erschließungsbeitragssatzung 1998 berühren die Satzung 1991 nicht:

Denn die zweifelhafte Umrechnung einer im Bebauungsplan allein als Nutzungsmaß festgelegten zulässigen Gebäudehöhe in den Parameter der Geschosszahl wie dies in der Erschließungsbeitragssatzung 1998 durch „gedankenloses“ (Driehaus, a.a.O., § 18 RdNr. 39) Abstellen auf 3,5 m als typischer Geschosshöhe in Industriegebieten erfolgt, findet sich in der Satzung von 1991 nicht. Es bedurfte in dieser Satzung 1991 auch keiner „Umrechnungsformel“, da es laut Auskunft der Antragsgegnerin vom 04.05.2004 an das Verwaltungsgericht erst ab dem 28.11.1998 bei der Antragsgegnerin Bebauungspläne gab, die das Maß der baulichen Nutzung nur durch die Gebäudehöhe festsetzten.

b) Soweit die Antragsgegnerin meint, dass die Erschließungsbeitragssatzung 1991 wegen Fehlens der Globalberechnung (unzutreffende Preissteigerungsrate und fehlerhaften Straßenentwässerungsanteil) „keine Wirkung entfalten“ konnte, vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern eine etwa fehlerhafte Globalberechnung, die Grundlage der Veranlagung von Entwässerungsbeiträgen ist, die Satzung über Erschließungsbeiträge vor 1991 rechtlich betreffen soll, nachdem die Straßenentwässerungskosten gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 der Erschließungsbeitragsatzung 1991 nach den tatsächlichen Kosten veranlagt werden. Ob der Erschließungsbeitragsbescheid dadurch fehlerhaft ist, dass er die Straßenentwässerungskosten - teilweise - als Anteil der Entwässerungskosten insgesamt (d.h. auch für die Entwässerung des Grundstücks), welche auf der - etwa fehlerhaften - Globalberechnung beruhen, bemisst, ist für die Erschließungsbeitragsatzung nicht maßgeblich.

c) Die Erschließungsbeitragssatzung 1991 ist auch nicht - wie die Antragsgegnerin meint - ungültig wegen eines Fehlers der Artzuschlagsregelung im § 11 dadurch, dass kein Zuschlag festgesetzt wird für tatsächlich überwiegend genutzte Grundstücke in beplanten Mischgebieten.

Die Antragsgegnerin weist hier auf den Beschluss des OVG Koblenz in NVwZ 1996, S. 203 hin. Dort wird es als nicht mehr von der Typengerechtigkeit gedeckt angesehen, dass eine tatsächlich überwiegende gewerbliche Nutzung im Mischgebiet ohne Zuschlag bleibt, da eine solche Nutzung zwar nicht die Regel im Mischgebiet ist, jedoch auch nicht bloß eine zu vernachlässigende Ausnahme bilde. Deshalb gebiete § 131 Abs. 3 BauGB eine dem größeren Vorteil entsprechende Mehrbelastung (ebenso Driehaus, a.a.O., § 18 RdNr. 51; anderer Ansicht Reif, a.a.O., S. 283, 284).

Die Kammer ist anderer Ansicht als das OVG Koblenz. Sie ist vielmehr mit dem VG Freiburg (U.v. 18.11.1997 - 8 K 772/96 - S. 7 - 12 zu einer gleichlautenden Satzungsbestimmung) der Meinung, dass der genannte Artzuschlag zwar zulässig, jedoch nicht zwingend geboten ist. Zwar ist die tatsächlich überwiegende gewerbliche Nutzung im beplanten Mischgebieten nicht die Ausnahme sie ist aber auch nicht die Regel. Die Typengerechtigkeit ist jedoch nur überschritten, wenn Regelfälle vernachlässigt werden. Der zuständige zweite Senat des VGH Baden-Württemberg hat in seiner Berufungsentscheidung (Urteil vom 15.06.2000 2 S 484/99) die genannte Satzungsregelung nicht beanstandet, vielmehr ausgesprochen, die vom VG Freiburg „eingehend erörterte Regelung über die Verteilung mit Blick auf eine Artzuschlagsregelung für beplante Mischgebiete ... bietet ... keinen Anlass für weitergehende Bedenken“. Auch seitdem hat der VGH Baden-Württemberg - soweit ersichtlich - den genannten Artzuschlag nicht für rechtlich erforderlich gehalten.

c) Sonstige Fehler, welche die Satzung von 1991 als Grundlage einer Beitragspflicht ungeeignet machen könnten, sind nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Es ist - gerade im summarischen Eilverfahren - auch nicht geboten „gleichsam ungefragt“ eine Fehlersuche vorzunehmen (vgl. zum Umfang der Prüfungspflicht insoweit BVerwG, NVwZ 2002, 83).

Ist aber die sachliche Beitragspflicht im Jahre 1996 entstanden, so begann der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf dieses Jahres und hätte spätestens im Jahre 2000 eine Beitragsfestsetzung durch Bescheid erfolgen müssen.

b. Hinsichtlich des Bescheids vom 19.01.2004, der die Strasse „I. B.“ betrifft, gilt:

1. Geht man - wie die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren dies im Schriftsatz vom 04.05.2000 selbst annimmt - davon aus, dass die Straße „I. B.“, soweit sie im Bebauungsgebiet des Bebauungsplans „B.“ liegt, d.h. etwa bis zum südlichen Ende des veranlagten Grundstücks Flst.Nr. 3210, eine selbständige Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ist, so ist die Beitragsschuld insoweit verjährt.

Denn dann war die Straße „I. B.“ endgültig hergestellt im Jahr 1996 mit dem Eingang der Rechnung des Ingenieurbüros L. vom 12.02.1996. Diese Rechnung betrifft - auch wenn dies von der Kostendokumentation „I. B.“ nicht gesehen wird - auch diese Straße, wie sich dies eindeutig aus der Kostendokumentation „B.straße“ ergibt. Die Rechnung S. vom 10.12.1998 betrifft zwar Kosten im Grenzbereich der Straße „I. B.“ mit der „Bergstraße“, also im Bereich des Gebiet des Bebauungsplans „B.“, jedoch resultierte dies nach eigenem Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 04.05.2004 aus der Fortführung der Straße „I. B.“ weiter südlich, jenseits der genannten Kreuzung und außerhalb des Gebiets des Bebauungsplans „B.“, nämlich im Bereich der Straße im Gebiet des Bebauungsplans „S. B.straße“. Durch den Ausbau in diesem Plangebiet bedurfte es der Änderung im vorgenannten Kreuzungsbereich im Plangebiet „B.“. War aber die Straße „I. B.“, soweit im Bebauungsplangebiet „B.“ gelegen, selbständig und 1996 endgültig hergestellt, so kann eine nachträgliche Änderung nicht rückwirkend beim Aufwand berücksichtigt werden (Reif, a.a.O., Seite 205 mit Rechtsprechungsnachweis; Driehaus, a.a.O., § 19 RdNr. 19, 21).

Ob die Straße „I. B.“, soweit sie im Gebiet des Bebauungsplans „B.“ liegt, bei natürlicher Betrachtungsweise im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht (zum Zeitpunkt Reif, a.a.O., Seite 37) nach den durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägten Erscheinungsbild für den unbefangenen Beobachter den Gesamteindruck (Reif, a.a.O., Seite 38) vermittelt, es handle sich um eine eigenständige Straße im Vergleich zu ihrer südlichen Fortführung im Gebiet „S. B.straße“ kann im vorliegenden Eilverfahren ohne Augenschein nicht entschieden werden.

Allerdings kann aus rechtlichen Gründen eine von den tatsächlichen Verhältnissen abweichende Beurteilung geboten sein: Ist etwa die Teilstrecke einer weitergehenden Erschließungsanlage, die von einem Unternehmer aufgrund Erschließungsvertrags hergestellt wurde, eine selbständige Erschließungsanlage im Sinne vom § 124 BauGB (so aber Driehaus, a.a.O., § 6 RdNr. 26 ff), so handelt es sich bei einer daran anschließenden Teilstrecke, welche die Gemeinde hergestellt hat, um eine selbständige beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (so OVG Münster, Urteil vom 24.11.1998 - 3 A 706/03 -; Driehaus, a.a.O., § 14 RdNr. 21; Reif, a.a.O., Seite 39, 129). So liegt aber der Fall nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 04.05.2004.

2. Handelte es sich gleichwohl bei der Straße „I. B.“ soweit sie in den Plangebieten „B.“ und „S. B.straße“ liegt, um eine einheitliche Straße, so begegnet der Bescheid vom 19.01.2004 anderen rechtlichen Bedenken.

In dieser Variante ist der Aufwand zu Ungunsten des Antragstellers fehlerhaft verteilt:

Die Antragsgegnerin hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, sie habe keinen Beschluss über die Bildung eines Abschnitts gefasst; gemeint ist hier die Teilstrecke der Straße „I. B.“ soweit sie im Plangebiet „B.“ liegt. Dies bedeutet, dass der Aufwand für die gesamte Straße, d.h. also in beiden Bebauungsplangebieten, auf alle durch sie erschlossenen Grundstücke zu verteilen ist. Gerade wenn - was die Antragsgegnerin vorträgt - für den Straßenteil südlich des Plangebiets „Bühl“ keine Kosten für die Gemeinde angefallen sind, verringert sich dadurch der Beitrag des Antragstellers nicht unerheblich, da der Aufwand für die Straße auf eine größere Anzahl von Grundstücken, nämlich auch auf die im Plangebiet „S. B.straße“ an der Straße „I. B.“ liegenden Grundstücke, zu verteilen wäre. Denn hinsichtlich des Teilstücks der Straße im Plangebiet „Bühl“ war die Erschließung dem Erschließungsträger im Erschließungsvertrag nicht übertragen, vielmehr von der Gemeinde selbst durchgeführt, so dass die Gemeinde insofern zur Beitragserhebung gegenüber den Grundstücken an der Straße „I. B.“ im Bebauungsplangebiet „S. B.straße“, welche aber ebenfalls durch den Streckenabschnitt im Plangebiet „B.“ erschlossen werden, zur Beitragserhebung noch berechtigt sein dürfte (vgl. Reif, a.a.O., Seite 94 Schaubild Fußnote 6, Seite 95; Driehaus, a.a.O., § 6 RdNr. 61).

Da sich im summarischen Verfahren nach Aktenlage nicht ermitteln lässt, in welcher Höhe die Beitragsforderung bei fehlerfreier Aufwandsverteilung entstanden ist, musste der Antrag insgesamt Erfolg haben. Es ist in Erschließungsbeitragsstreitigkeiten nicht Aufgabe des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO, die Grundlagen einer gesetzmäßigen Veranlagung durch umfassende Ermittlungen erstmals zu klären und durch das Gericht nach sachlichen Gesichtspunkten aus dem Gesamtbetrag der Beitragsforderung etwa einen vollziehbaren Teilbetrag auszusondern (VG Sigmaringen, Beschluss vom 01.08.1990 1 K 179/90 unter Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.07.1990 - 2 S 828/90 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich gem. §§ 25 Abs. 2, 20 Abs. 3, 13 Abs. 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F.: Dabei wird im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO in einer abgabenrechtlichen Streitigkeit der Streitwert auf 25 % der umstrittenen Abgabe festgesetzt (ständige Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, etwa B.v. 25.09.1990 - 2 S 941/90 -; VBlBW 1992, 480).