VG Freiburg, Beschluss vom 18.06.2004 - 1 K 654/04
Fundstelle
openJur 2013, 13388
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner 5/9 und der Antragsteller zu 2. weitere 4/9.

Der Streitwert wird auf EUR 9.000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage.

Der Antragsteller zu 2. ist Eigentümer der Grundstücke Flst.-Nrn. 34/18, 34/28 und 39 der Gemarkung L. der Stadt S. Diese Grundstücke befinden sich im näheren Umkreis des Standorts einer der Rechtsvorgängerin des Beigeladenen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.06.2003 genehmigten Windkraftanlage (Typ E. E-66/18.70 mit einer Nennleistung von 1800 kW, einer Nabenhöhe von 98,79 m und einem Rotordurchmesser von 70 m [Gesamthöhe 133,79 m]) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 43/1. Alle Grundstücke befinden sich im Außenbereich. Im Radius von 300 Metern um den geplanten Anlagenstandort befindet sich keine Wohnbebauung, im Radius von 300 – 500 Metern um den Anlagenstandort sind mehrere Wohngebäude vorhanden. Das Grundstück Flst.-Nr. 34/18 des Antragstellers zu 2. liegt westlich des Anlagenstandorts und ist unbebaut. Das Grundstück Flst.-Nr. 34/28 liegt südlich des Anlagenstandorts, nahe der Siedlung H.. Das Grundstück Flst.-Nr. 39 schließlich grenzt im weiteren südlichen Verlauf an das vorgenannte Grundstück an. Es ist mit einem Wohngebäude bebaut, das sich in ca. 412 Meter Entfernung zum geplanten Standort der Windkraftanlage befindet und vom Antragsteller zu 2. zusammen mit der Antragstellerin zu 1., seiner Ehefrau, zumindest zeitweise zum Wohnen genutzt wird; mittelfristig, so bekunden die Antragsteller, wollen sie ihren Hauptwohnsitz dort begründen. Der Standort der Windkraftanlage liegt innerhalb einer Fläche, die im Flächennutzungsplan 2000 der Stadt S. als Sondergebiet „Windenergienutzung“ ausgewiesen ist.

Nachdem sie bereits im Verfahren der Angrenzerbenachrichtigung Einwendungen geltend gemacht hatten, erhoben die Antragsteller gegen die ihnen am 20.06.2003 unter Zurückweisung dieser Einwendungen zugestellte Baugenehmigung mit auf den 18.07.2003 datiertem und von beiden unterzeichnetem Schreiben am 23.07.2003 Widerspruch. Bereits am 21.07.2003 (Montag) war ein (nicht unterschriebenes) E-Mail mit gleichlautendem Inhalt der Antragsgegnerin zugegangen. Die Antragsteller rügten den „groben Eingriff“ in die Landschaft und sahen durch die ständige Bewegung der Rotorblätter das Gebot nachbarrechtlicher Rücksichtnahme verletzt. Aufgrund eines ebenfalls von der Rechtsvorgängerin des Beigeladenen gegen verschiedene Nebenbestimmungen der Baugenehmigung erhobenen Widerspruchs erging durch die Antragsgegnerin ein Auflagenbescheid vom 14.10.2003, der u.a. genauere Vorgaben zur Vermeidung von Eiswurfgefahren enthielt.

Nachdem das Regierungspräsidium Freiburg mit Bescheid vom 02.03.2004 ihren Widerspruch unter gleichzeitiger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Widerspruchsfrist zurückgewiesen hatte, haben die Antragsteller am 29.03.2004 Klage erhoben. Mit ihrem gleichzeitig gestellten vorliegenden Eilantrag begehren sie,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 18.06.2003 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausgangs- und Widerspruchsentscheidung und beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (2 Ordner Bauakten der Antragsgegnerin, ein Heft Widerspruchsakten des RP Freiburg) Bezug genommen.

II.

Der sachdienlich (§ 88 VwGO) ausgelegte Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsbehelfe gegen die Baugenehmigung des Beigeladenen vom 18.06.2003 zur Errichtung einer Windkraftanlage ist zulässig, da Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben. Als Eigentümer dreier Grundstücke in der Umgebung der geplanten Windkraftanlage ist der Antragsteller zu 2. antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Die Antragsbefugnis auch der Antragstellerin zu 1. ergibt sich zwar mangels Eigentümerstellung evident nicht aus bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Aufgrund ihrer Lebensumstände ist sie als zumindest zeitweiliger Bewohner des Wohngebäudes auf dem Grundstück Flst.-Nr. 39 aber auch den Umwelteinwirkungen der Windkraftanlage für eine gewisse Dauer ausgesetzt, so dass sie zumindest Nachbarin im Sinne des im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden § 22 BImSchG ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93; Beschl. v. 07.08.1997 - 8 S 1859/97 - jeweils in VENSA). Eines vorherigen behördlichen Aussetzungsverfahrens bedurfte es schließlich ungeachtet der von der Antragsgegnerin und der Widerspruchsbehörde durch die Zurückweisung der Einwendungen dokumentierten Entschlossenheit nicht. Die Einbeziehung der Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 VwGO in § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO stellt eine Rechtsgrundverweisung dar, die mithin nur für solche Bescheide relevant wird, die in Abgaben- und Kostensachen eine „Doppelwirkung“ haben (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 09.09.2003 - 8 B 11269/03 - NVwZ-RR 2004, 224).

Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse des Beigeladenen, aufgrund der kraft Gesetzes gegebenen sofortigen Vollziehbarkeit das genehmigte Vorhaben bereits vor Bestandskraft der Baugenehmigung ausführen zu dürfen, und dem Interesse der Antragsteller daran, vom Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung einstweilen verschont zu bleiben, fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Denn diese dürften mit ihrer Anfechtungsklage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung keinen Erfolg haben. Es kann hier offen bleiben, ob das bereits daraus folgt, dass die Klage mangels ordnungsgemäß durchgeführtem Vorverfahren unzulässig ist. In Betracht könnte nämlich eine Versäumung der Widerspruchsfrist (§ 70 VwGO) kommen, in welche das RP Freiburg zu Unrecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hat (zur Prüfungskompetenz des Gerichts vgl. Kopp/Schenke, VwGO 13. Aufl. § 70 Rnr. 13 m.w.N.). Dessen Sachentscheidung über den Widerspruch würde den Klageweg ebenfalls nicht eröffnen, weil ein zugleich den Beigeladenen begünstigender Verwaltungsakt (mit Doppelwirkung) betroffen ist. Jedenfalls aber spricht bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage durch die Kammer eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anfechtungsklage unbegründet wäre. Die Baugenehmigung verstößt aller Voraussicht nach nicht gegen Rechtsvorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller zu dienen bestimmt sind, so dass diese nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt sind (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Antragsteller haben in ihren jeweils knappen und eher schlagwortartig gehaltenen Schreiben bereits keine entsprechenden Umstände geltend gemacht. Ihre hauptsächlich formulierte Rüge des Eingriffs in die Landschaft, die dadurch erfolgte optische Beeinträchtigung, sowie die Unverträglichkeit der Anlage für Mensch und Natur thematisiert ausschließlich objektiv-rechtliche Belange, deren etwaige Verletzung nicht durch die Antragsteller geltend gemacht werden könnte. Aber auch sonst, d.h. nach ausführlicher Sichtung des Aktenmaterials durch das erkennende Gericht, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Verletzung subjektiver Rechte.

Die erteilte Baugenehmigung verstößt nicht gegen nachbarschützende Normen des Bauordnungsrechts. Selbst wenn die in etwas mehr als 80 m von der gemeinsamen Grenze entfernt liegenden Windkraftanlage auf dem Grundstück Flst.Nr. 43/1 zum Nachbargrundstück Flst.Nr. 34/18 des Antragstellers zu 2. abstandsflächenpflichtig i.S.v. § 5 Abs. 8 LBO sein sollte, so wäre jedenfalls der nachbarschützende Teil der Abstandstiefe (133,79 x 0,4 = 53,52 m, vgl. § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 LBO) eingehalten. Ferner ist keine Gefahr durch Eiswurf zu besorgen, so dass ein Verstoß gegen die allgemeinen Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 LBO (Sicherung vor Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere von Leben und Gesundheit) nicht ersichtlich ist. Die unter dem 14.10.2003 mittels Auflagenbescheides nach § 58 Abs. 6 LBO ergänzte Baugenehmigung vom 18.06.2003 enthält als Auflagen Nr. 18 - 21 die Verpflichtung des Beigeladenen, die Windkraftanlage mit vom Hersteller zur Eiserkennung vorgegebenen Temperatursensoren auszustatten, so dass sich die Anlage bei + 3 bis - 4° C automatisch abschaltet. Ferner besteht die Verpflichtung, Schilder mit Warnungen vor Eiswurf in der Umgebung der Anlage aufzustellen. Zwar ist der Bescheid vom 14.10.2003, soweit ersichtlich, den Antragstellern nicht bekanntgegeben worden. Aufgrund der durch ihn bewirkten Änderung der Ausgangsbaugenehmigung und des Umstands, dass er ohne weiteres in den Anfechtungsprozess einbezogen werden kann, bedarf es jedoch der Berücksichtigung dieser neuen Rechtslage. Hinsichtlich sonstiger Gesichtspunkte wie etwa die Standsicherheit der Windkraftanlage und die Festigkeit der Konstruktion ist schließlich auf die für die Windkraftanlage des Typs E. E-66 allgemein erteilte baurechtliche Zulassung zu verweisen, durch die gemäß §§ 3 Abs. 2, 18 Abs. 5 Satz 3 LBO hinreichend sichergestellt ist, dass die Windkraftanlage des Beigeladenen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung und Errichtung während einer dem Zweck der Anlage angemessenen Zeitdauer ohne Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betrieben werden kann.

Die erteilte Baugenehmigung verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Normen des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechts. Das Vorhaben des Beigeladenen ist nach § 35 BauGB zu beurteilen. Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sind Vorhaben, die der Nutzung der Windenergie dienen, im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Zu den öffentlichen Belangen im Sinne des § 35 Abs. 1 und 3 BauGB gehört auch das – ausnahmsweise hier wohl durchaus auch nachbarschützende – Gebot der Rücksichtnahme. Für die Bestimmung des Maßes an Rücksicht, die von einer baurechtlich an sich zulässigen Nutzung in Bezug auf Immissionen gegenüber Dritten einzuhalten ist, ist auf die gesetzliche Regelung des § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB zurückzugreifen, wonach von einem Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen dürfen (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 – 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122 sowie BVerwG, Beschl. v. 28.07.1999 – 4 B 38.99 – BRS 62 Nr. 189). Hiermit ist in der Sache zugunsten des Nachbarn die gleiche Grenze der Rücksichtnahme gezogen, die sich aus der – von der Baurechtsbehörde ebenfalls zu prüfenden (nachbarschützenden) Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ergibt (vgl. BVerwG, Urt. 04.07.1986 – 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 und v. 23.09.1999 – 4 C 6.98 -, BRS 62 Nr. 86). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 BImSchG alle „Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft hervorzurufen“. Mit dieser Begriffsbestimmung hat der Gesetzgeber die Grenzen der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für die Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme allgemein, mithin auch mit Wirkung für das Baurecht bestimmt (BVerwG, Urt. v. 30.09.1983, BVerwGE 69, 58; VGH Bad.-Württ. v. 07.08.1997 - 8 S 1859/97 -, zit. nach Juris). Von den nach § 3 BImSchG relevanten Immissionen, die schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können, sind bei Windkraftanlagen typischerweise die Immissionen in Form von Geräuschen und Licht relevant. Insoweit kann die Kammer jedoch nicht feststellen, dass von der genehmigten Errichtung bzw. Nutzung des Vorhabens des Beigeladenen Einwirkungen ausgehen, die - bezogen auf die Antragsteller - die Grenze der "Schädlichkeit" überschreiten.

Es ist in Bezug auf die Beurteilung der durch die Anlage bewirkten Lärmimmissionen rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin für die Konkretisierung deren Schädlichkeitsgrenze an der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) vom 26.08.1998 (GMBl. 1998 S. 503) orientiert hat. Denn die Vorschriften der TA-Lärm sind für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Rahmen der Prüfung von Anträgen in Baugenehmigungsverfahren zu beachten (vgl. Ziff. 1 Abs. 3 b aa TA-Lärm). Dabei sind auch die von einer Windkraftanlage ausgehenden Schallimmissionen einer Bewertung nach TA-Lärm grundsätzlich zugänglich (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.11.2002 - 7 A 2127/00 -, NWVBl. 2003, 176, 177 m.w.N.) Ausgehend von der Anwendbarkeit der TA-Lärm bestehen keine Bedenken gegen den der Baugenehmigung zu Grunde liegenden Ansatz, dass den Antragstellern wegen der Außenbereichslage der Grundstücke Lärmpegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts zuzumuten sind.

Aufgrund des Charakters der Umgebung als Außenbereich müssen die Antragsteller, auch beim Wohnen im Außenbereich, stets damit rechnen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft privilegierte Nutzungen ansiedeln, zu denen neben der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung auch der Betrieb von Windkraftanlagen gehört. Diese Situation ist vergleichbar mit derjenigen von Bewohnern anderer gemischt nutzbarer Bereiche wie in bauplanungsrechtlichen Kern-, Dorf- oder Mischgebieten. So ist es angemessen, die von der TA-Lärm nach ihrem Abschnitt 6.1 c) für diese Gebiete festgeschriebenen Immissionsgrenzwerte auch im Hinblick auf den Nutzungskonflikt zwischen Wohnen und dem Betrieb einer Windkraftanlage im Außenbereich heranzuziehen. Dies entspricht auch der insoweit ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.11.2002, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.12.1998 - 1 M 4728/98 - BRS 60 Nr. 196 und Urt. v. 21.07.1999 - 1 L 5203/96 - BRS 62 Nr. 110; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 08.03.1999 - 3 M 85/98 - BRS 62 Nr. 109 und Beschl. v. 21.02.2002 - 3 X 90/01 -, JURIS; BayVGH, Urt. v. 24.06.2002 - 26 CS 02.809 -, JURIS). Unerheblich ist, dass die Windkraftanlage in einer Umgebung errichtet wird, die bisher nach Angaben der Antragsteller sowohl ausgesprochen ruhig war als auch in hohem Maße dem Erholungsbedürfnis anderer Personen dient. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Gebiet aufgrund einer besonderen planerischen Festlegung rechtlich nicht latent wie jedes Außenbereichsgebiet mit dem dargestellten Risiko der im Außenbereich privilegiert zulässigen Nutzungen (planerisch) vorbelastet wäre.

Die Antragsteller haben Anspruch darauf, dass die ihnen aufgrund der Windkraftanlage zuzumutenden Lärmimmissionen von 60 dB(A) tagsüber und 45dB(A) nachts auch bei Betrieb der Anlage durch den Beigeladenen auch in der Realität nicht überschritten werden. Dabei muss bereits bei Erteilung der Baugenehmigung aufgrund sachgerechter Prognosen davon ausgegangen werden können, dass diese Werte beim Betrieb der Anlage nicht überschritten werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.11.2002, a.a.O. S. 178 ff.). Dies ist vorliegend nach Auffassung der Kammer sehr wahrscheinlich gewährleistet. Es ergibt sich aus der Bestandteil der Baugenehmigung bildenden Schallimmissionsprognose vom 10.12.2002, dass für den Standort H. eine Schallimmission durch die Windkraftanlage von 34,2 dB(A) zu erwarten ist. Aber auch unter Einbeziehung der Tatsache, dass die betroffenen Grundstücke des Antragstellers zu 2. näher an der Windkraftanlage liegen als der Messpunkt H., ist keine Beeinträchtigung zu erwarten. Nach der Prognose liegt der zu erwartende Höchstwert bei 40,9 dB(A) bei einer Entfernung von 407 Meter südöstlich der Anlage und bleibt somit ebenfalls unter dem zulässigen Höchstwert. Die Prognose wurde von den Antragstellern nicht angegriffen. Sie ist im Übrigen sowohl in Bezug auf ihre Grundannahmen als auch im Hinblick auf ihre hieraus gezogenen Folgerungen nachvollziehbar und schlüssig (zu Fragen der Messmethoden vgl. VG Freiburg, Beschl. v. 28.08.2003 - 1 K 820/03 - VENSA), so dass trotz ihrer betreiberseitigen Herkunft jedenfalls nach derzeitiger Erkenntnis keine ernsthaften Bedenken an ihrer Verlässlichkeit bestehen. Die hieraus abzulesende Wahrscheinlichkeit für das Einhalten der höchstzulässigen Immissionsgrenzwerte reicht nach Sicht der Kammer aus, um im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von einer ausreichenden Rücksichtnahme der zu errichtenden Windkraftanlage auszugehen.

Auch mit der Drehbewegung der Rotorblätter werden aller Voraussicht nach unzumutbare Beeinträchtigungen der Antragsteller nicht verbunden sein. Ein störender Diskoeffekt ist vorliegend weitgehend ausgeschlossen. Dieser Effekt tritt in einer relevanten Zeitdauer überhaupt nur selten auf, nämlich dann, wenn der Sonnenstand, die Beleuchtungsintensität und die komplexen Rotorengeometrie so zusammenwirken, dass die Lichtreflexionen genau die Grundstücke des Antragstellers zu 2. treffen. Die Baugenehmigung schreibt jedoch in Auflage Nr. 25 eine spezielle Lackierung der Rotorblätter vor, die einen Diskoeffekt ausschließen soll. Bei derartigen matten oder mittelreflektierenden Beschichtungen der Rotorblätter wird die Lichtintensität der Reflexionen so deutlich gemindert, dass ein störender Diskoeffekt weitgehend ausgeschlossen ist (Vgl. Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, Windfibel, Stand: Dezember 2001, S. 70). Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass dem Beigeladenen im Interesse der Luftverkehrssicherheit über die Auflage Nr. 9 aufgegeben ist, die Rotorenblätter durch je drei Farbfelder von 6 m Länge weiß und orange nach DIN 6171 mit den Aufsichtsfarben für Verkehrszeichen RAL 2009 und 9016 zu markieren. Denn hiermit ist dem Beigeladenen nur ein bestimmter Farbton nach der RAL-Tabelle vorgegeben, nicht jedoch der Grad der Farbreflexion, so dass er weiterhin für einen matten Anstrich der Rotorenblätter sorgen kann.

Eine unzumutbare Belastung der Antragsteller durch Schattenwurf seitens der Windkraftanlage ist schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Dies ergibt sich für die Grundstücke Flst-Nr. 34/28 und 39 bereits aus deren geographischer Lage südlich der Windkraftanlage. Dies bestätigt auch die in den genehmigten Bauvorlagen enthaltene Schattenimmissionsprognose vom 10.12.2002. Allenfalls das Grundstück Flst.-Nr. 34/18 könnte danach durch einen Schattenwurf betroffen werden. Nach der Schattenimmissionsprognose ist durch die Windkraftanlage mit einer maximalen Schattenimmission von 27:58 h/Jahr und 0:40 h/Tag zu rechnen. Selbst bei Übertragung dieses - südöstlich der Windkraftanlage an anderer Stelle prognostizierten - Wertes auch für das Grundstück Flst.-Nr. 34/18 wäre eine unzumutbare Belastung wohl ziemlich sicher zu verneinen. Es gibt keine feste Grenze, ab der eine "schädliche Umwelteinwirkung" im Sinne des § 3 BImSchG und damit eine Nachbarrechtsverletzung festzustellen ist. Die häufig angeführte Obergrenze von 30 h/Jahr und 30 min/Tag (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.07.1998 - 7 B 956/98 -, NVwZ 1998, 980) ist hier nicht ohne weiteres anwendbar. Diese Grenze bezieht sich auf einen Schattenwurf, der bei einem benachbarten Wohngebäude hinzunehmen ist. Angesichts der Tatsache, dass das Grundstück Flst.-Nr. 34/18 nicht bebaut ist, kann dies vorliegend nicht übertragen werden. Berücksichtigt man zudem die Lage des Grundstücks im Außenbereich und somit die mangels derzeit wenig wahrscheinliche Möglichkeit der Zulässigkeit einer Wohnbebauung, ist die unterstellte Schattenimmission schwerlich als unzumutbare Beeinträchtigung zu werten. Hinzu kommt schließlich der Umstand, dass die Prognose auf einem "worst-case"-Modell beruht (alle Tage im Jahr wolkenloser Himmel, senkrechte Sonneneinstrahlung, ständiger Betrieb der WKA), welches besonders konservativ, aber zugleich auch nur gering wahrscheinlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 159, 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 2 ZPO. Die unterschiedliche Beteiligung der Antragsteller folgt aus dem Verhältnis der Interessen des Antragstellers zu 2. als Eigentümer von drei Grundstücken und Bewohner des Hauses auf Grundstück Flst.-Nr. 39 zum Interesse der Antragstellerin zu 1. als schlichte Bewohnerin des letztgenannten Anwesens.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Entsprechend den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 1996 (Ziff. II.7.6.1; DVBl. 1996, 605, 607) bewertet sich die Bedeutung des Antrags dabei auch nach der jeweils zu erwartenden - durch Immissionen bewirkten - Wertminderung der Grundstücke. Sachgerecht erscheint es, den Abstand zwischen Windkraftanlage und dem Ort, für den die Beeinträchtigung geltend gemacht wird, heranzuziehen, da mit zunehmender Entfernung von einer geringer werdenden Beeinträchtigungsintensität auszugehen ist. Bis zu einem Abstand von 500 Metern ist dabei von einem Wert von EUR 10.000,-- auszugehen, da dieser Abstand noch dem Nahbereich der Umgebung der Windkraftanlage zuzurechnen ist (Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 07.01.2004 - 22 B 1288/03, JURIS; zum Betrag von EUR 10.000,-- vgl. auch VG Karlsruhe, Beschl. v. 14.10.2002 - 10 K 3208/02 - VENSA). Hier liegen alle drei Grundstücke des Antragstellers zu 2. innerhalb dieses Nahbereichsradius von 500 Metern, allerdings erscheint die Wertminderung der beiden unbebauten (bestenfalls landwirtschaftlich nutzbaren) Grundstücke nur mit dem Auffangwert bezifferbar, während die Wohnnutzung durch beide Antragsteller einheitlich mit EUR 10.000,-- angesetzt werden kann. Insgesamt ist deshalb ein Streitwert von EUR 18.000,-- angemessen, der im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung zu halbieren ist. Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach § 25 Abs. 3 GKG, während für die Anfechtbarkeit der Sachentscheidung folgendes gilt: Rechtsmittelbelehrung