VG Freiburg, Beschluss vom 19.11.2002 - 4 K 1668/02
Fundstelle
openJur 2013, 12460
  • Rkr:

Durch Nachholung der Begründung des besonderen Vollzugsinteresses nach § 80 Abs. 3 VwGO, bevor das Gericht angerufen wurde, kann das Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde sich den von der Ausgangsbehörde (ohne Begründung) angeordneten Sofortvollzug zu eigen machen. Die Feststellung eines unangemessenen Entgelts bzw. Entgeltsbestandteils im Sinne von § 5 Abs. 7 HeimG erfordert keine Einordnung in die Leistungskategorien des SGB XI. Die Feststellung eines unangemessenen Entgelts bzw. Entgeltbestandteils erfordert einen Vergleich mit den Kosten und Leistungen anderer Heime; bei diesem Vergleich können Heime, die öffentlich gefördert werden, und Heime, die keine Vergütungsvereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger geschlossen haben, unberücksichtigt bleiben, wenn bei dem zu beurteilenden Heim diese Besonderheiten nicht vorliegen. Das Entgelt ist gegenüber der Leistung zumindest dann unangemessen, wenn es die Entgelte für vergleichbare Leistungen anderer Heime in der Gemeinde um mehr als 20 % übersteigt (Analogie zu § 5 WiStrG).

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 115.000,-- € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage - 4 K 1667/02 - gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums F. vom 31.07.2002, mit welchem ihr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgegeben wurde, gegenüber Leistungsempfängern der Pflegeversicherung keine Zuschläge von täglich 14,83 € für Einzelzimmer zu erheben (Nr. 1), bestehende Verträge entsprechend zu überprüfen und zu ändern (Nr. 2) sowie betroffene Bewohner/innen darüber zu informieren, dass der Einzelzimmerzuschlag zu Unrecht erhoben wurde (Nr. 3), ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber nicht begründet.

Die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.02.2002 angeordnete sofortige Vollziehung der in diesem Bescheid getroffenen Maßnahmen ist nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Antragsgegnerin das besondere Vollzugsinteresse für diese Anordnung nicht gemäß § 80 Abs. 3 VwGO schriftlich begründet hat. Denn das Regierungspräsidium F., das nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ebenfalls zuständig ist, hat diese Begründung, noch bevor die Antragstellerin das Verwaltungsgericht angerufen hat, im Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002 - unter ausdrücklichem Hinweis auf die erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung - nachgeholt und hat sich auf diese Weise die von der Antragsgegnerin getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung zu eigen gemacht und sie damit gleichsam als eigene Entscheidung neu erlassen (wie hier Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 80 RdNr. 87 m.w.N; zu der <sehr streitigen> Problematik der Nachholbarkeit einer ordnungsgemäßen Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO vgl. aus der neueren Rechtsprechung - zustimmend - OVG Bremen, Beschl. v. 25.03.1999, InfAuslR 1999, 284; OVG Mecklenb.-Vorp., Beschl. v. 20.11.1998, NVwZ-RR 1999, 409; zur ablehnenden Auffassung in der Literatur vgl. Eyermann/J. Schmidt, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80 RdNr. 44 m.w.N.; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Januar 2002, § 80 RdNr. 179 m.w.N.). In jedem Fall, also auch dann, wenn man die Anordnung der sofortigen Vollziehung hier dem Regierungspräsidium F. zurechnet, ist die Antragsgegnerin als die den Ausgangsbescheid erlassende Behörde in entsprechender Anwendung der §§ 78 Abs. 1 und 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO richtige Antragsgegnerin (vgl. hierzu Eyermann/J. Schmidt, a.a.O., § 80 RdNr. 67 m.w.N.).

Die Begründung der sofortigen Vollziehung genügt auch inhaltlich den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, indem sie die (überzeugenden) Gründe nennt, die aus Sicht der Verwaltung für das besondere Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung sprechen (vgl. hierzu <ausführlich> Beschl. der Kammer v. 08.07.2002 - 4 K 251/02 -; Eyermann/J. Schmidt, a.a.O., § 80 RdNr. 43; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 RdNrn. 84 ff.).

Der Antrag hat auch in der Sache keinen Erfolg. Denn die vom Gericht vorzunehmende Abwägung der betroffenen Belange ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Wirkungen der im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.02.2002 getroffenen Verfügungen bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens geringer wiegt als das gegenläufige öffentliche Interesse sowie die privaten Interessen der Bewohner des von der Antragsgegnerin betriebenen Heims an einer umgehenden Wirksamkeit dieser Verfügungen. Denn es spricht bei der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage deutlich Überwiegendes dafür, dass die angegriffenen Verfügungen sich im Klageverfahren als rechtmäßig erweisen werden, und ihre baldige Durchsetzung erscheint aus den im Widerspruchsbescheid angeführten Gründen auch dringlich.

Die von der Antragsgegnerin unter Nr. 1 ihres Bescheids vom 22.02.2002 verfügte Untersagung der Erhebung des Einzelzimmerzuschlags von 14,83 € pro Tag beruht auf § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG in der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Fassung der Bekanntmachung vom 05.11.2001 (BGBl. I, S. 2970; BGBl. III 2170-5), die nach § 26 Abs. 1 HeimG auch für den (vorliegenden) Fall gilt, in dem die betroffenen Heimverträge bereits vor Inkrafttreten des neuen Heimgesetzes geschlossen wurden. Danach können, wenn festgestellte Mängel nicht abgestellt werden, gegenüber den Trägern von Heimen Anordnungen erlassen werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung des Heims erforderlich sind. Hier ist die dritte Alternative (Anordnung zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen Entgelt und Leistung) einschlägig.

6Unstreitig handelt es sich bei dem Heim der Antragstellerin, der XXX, um ein Heim im Sinne von § 1 Abs. 1 HeimG. Das Recht der Heimaufsichtsbehörde zum Erlass von Anordnungen zur Vermeidung unangemessener Preis-Leistungs-Verhältnisse korrespondiert mit § 5 Abs. 7 Satz 1 HeimG, wonach das Entgelt sowie die Entgeltbestandteile im Verhältnis zur Leistung angemessen sein müssen. Diese Vorschrift, die vertraglich nicht abdingbar ist (§ 9 HeimG), stellt gegenüber der bis zum 31.12.2001 geltenden entsprechenden Regelung in § 4 Abs. 3 HeimG a. F. in zweifacher Hinsicht eine Verschärfung zugunsten der Heimbewohner dar (vgl. BT-Drs. 14/5399, S. 22). Zum einen darf das Entgelt nun nicht mehr nur in keinem Missverhältnis zu den Leistungen des Heimträgers stehen, sondern es muss angemessen sein, und zum anderen kann sich eine Ungemessenheit zwischen Leistung und Entgelt nicht erst aus einem Vergleich zwischen Gesamtentgelt und Gesamtleistung ergeben (so die frühere Rechtslage, vgl. Kunz/Ruf/ Wiedemann, Heimgesetz, 8. Aufl. 1998, § 4 RdNr. 10), sondern bereits aus der Unangemessenheit von Entgeltbestandteilen und den mit diesen Entgeltbestandteilen abgegoltenen Teilleistungen. Aus diesem Grund ist die Anordnung der Antragsgegnerin bereits dann gerechtfertigt, wenn in dem Heim der Antragsgegnerin nur der Preis für das Einzelzimmer unangemessen ist, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob das (Gesamt-)Entgelt für die gesamten von den Bewohnern in Anspruch genommenen Leistungen der Antragstellerin „unter dem Strich“ ebenfalls unangemessen ist.

Weiter dürfte es - entgegen den Auffassungen, die Gegenstand der Auseinandersetzung unter den Beteiligten sind - nicht darauf ankommen, ob das Entgelt für die Einzelzimmernutzung einer der Leistungskategorien des Elften Buches Sozialgesetzbuch, also den Pflegeleistungen, den Leistungen für Unterkunft und Verpflegung, den Investitionsaufwendungen oder den Zusatzleistungen, zuzuordnen ist. Vielmehr ist der Begriff des Entgeltbestandteils im Sinne von § 5 Abs. 7 HeimG autonom, das heißt nicht ausschließlich im Licht der Vorschriften der §§ 82 ff. SGB XI, zu interpretieren. Ob darüber hinaus ein Verstoß gegen die Regelungen des Siebten und Achten Abschnitts des Elften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt, wäre separat nach § 5 Abs. 5 HeimG zu beurteilen. Das kann jedoch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, da sich die Untersagung der Erhebung eines Einzelzimmerzuschlags höchstwahrscheinlich hier bereits deshalb als rechtmäßig erweist, weil das Entgelt für diese Leistung nach § 5 Abs. 7 HeimG unangemessen ist.

8Ähnlich wie bei der Feststellung eines Missverhältnisses zwischen Entgelt und Leistung nach der früheren Regelung in § 4 Abs. 3 HeimG a. F. kommt es für den Befund einer Unangemessenheit im Sinne von § 5 Abs. 7 Satz 1 HeimG auf einen Vergleich mit den Kosten und Leistungen anderer Heime, also auf einen Vergleich mit dem im Wettbewerb gebildeten Marktpreis, an (OLG München, Urt. v. 25.04.2001 - 3 U 2744/98 - WuM 2001, 285; OVG Lüneburg, Urt. v. 05.10.1997, NJW 1988, 1341; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.01.1987, Die Justiz 1988, 310; Crößmann/Iffland/Mangels, Heimgesetz, 5. Aufl. 2002, § 5 RdNr. 19; Kunz/Ruf/Wiedemann, a.a.O., § 4 RdNr. 10; Thieme, Die Angemessenheit von Entgelten in Einrichtungen der Altenhilfe, NVwZ 1985, 73). Die Angemessenheit kann nicht damit begründet werden, dass die Kosten einzelner (Teil-)Leistungen zu denen anderer (Teil-)Leistungen desselben Heimträgers - hier die Kosten der Einzelzimmerbenutzung zu denen einer Doppelzimmerbenutzung - in einem angemessenen Verhältnis stehen, weil der Heimträger sonst unangemessene Entgelte in einem Bereich mit ebenso unangemessenen Entgelten in anderen Bereichen rechtfertigen könnte. Ebenso wenig kann der Heimträger die Angemessenheit einer (Teil-)Leistung mit seinen eigenen (u. U. hohen) Kosten rechtfertigen, da sonst der unwirtschaftliche Einsatz von Mitteln mit dem Recht auf eine hohe Entgeltforderung belohnt würde (Kunz/Ruf/Wiedemann, a.a.O., § 4 RdNr. 9; Thieme, a.a.O.).

Bei der hiernach gebotenen Prüfung der Vergleichbarkeit der (Teil-)Leistungen mit denen anderer vergleichbarer Heime sind alle Kriterien zu berücksichtigen, die für die Gestaltung des Entgelts bzw. des jeweiligen Entgeltbestandteils maßgeblich sind, wie insbesondere die bauliche, technische und sonstige Ausstattung sowie die Größe des Wohnraums und seine Lage. Obwohl der Kammer im vorliegenden Eilverfahren nicht alle preisbildenden Faktoren für die Nutzung eines Einzelzimmers in den verschiedenen vergleichbaren Heimen in Freiburg bekannt sind, lässt sich dem im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 13.07.2002 vorgenommenen Vergleich der Entgelte für eine Einzelzimmernutzung zwischen dem Heim der Antragstellerin einerseits und den Heimen E. und S. andererseits entnehmen, dass die Antragstellerin insoweit ein unangemessenes Entgelt fordert. Denn trotz des Umstands, dass die vom Regierungspräsidium gegenüber gestellten Einrichtungen hinsichtlich der Zimmergrößen, des Baujahrs und der Lage durchaus vergleichbar sind bzw. zumindest keine ins Auge stechenden Vor- und Nachteile haben, übersteigt das von der Antragstellerin geforderte Entgelt die Entgelte der anderen Heime um etwa das Doppelte. Während der höchste Preis für das Bewohnen eines Einzelzimmers in einem der genannten anderen Heime (E.) 591,06 € pro Monat beträgt, zahlen die Bewohner des Heims der Antragstellerin für die im Wesentlichen gleiche Leistung einen monatlichen Preis von 1.191,25 €. Das entspricht einem Preis von 26,87 € pro Quadratmeter und Monat im Altenwohn- und Pflegeheim E. gegenüber 52,02 € im Heim der Antragstellerin. Dass andere der Kammer nicht bekannte preisbildende Faktoren (außer Zimmergröße, Baujahr und Lage) so unterschiedlich sein sollen, dass sie dennoch einen so deutlich (um etwa 100 %) höheren Preis der Antragstellerin rechtfertigen können, hält die Kammer für höchst unwahrscheinlich, zumal auch die Antragstellerin selbst keine konkreten Besonderheiten genannt hat, die die Einzelzimmer in ihrem Heim von denen der anderen Heime wesentlich unterscheiden.

10Soweit die Antragsgegnerin und das Regierungspräsidium F. den Befund der Unangemessenheit zwischen Entgelt und Leistung allein auf den Vergleich mit Einzelzimmern in nur zwei anderen Heimen stützt, dürfte auch dies rechtlich nicht zu beanstanden sein. Denn diese begrenzte Zahl von Vergleichsobjekten beruht darauf, dass die Mehrzahl der Altenwohnheime in F. im Unterschied zu dem Heim der Antragstellerin öffentlich gefördert wurden bzw. werden und deshalb - auch im Interesse der Antragstellerin - für einen sachgerechten Vergleich ausscheiden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Heimaufsicht nach § 5 Abs. 7 Satz 5 HeimG durchaus auch zwischen Kostenträgern, die Vergütungsvereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger geschlossen haben, und solchen, die keine Vergütungsvereinbarungen geschlossen haben, differenzieren darf. Auch hierdurch wird der Kreis der vergleichbaren Heime zulässigerweise weiter reduziert. Aus diesen Gründen liegt dem im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 13.07.2002 vorgenommenen Preis-Leistungs-Vergleich ersichtlich eine zutreffende Auswahl der vergleichbaren Heime zugrunde.

Aus diesem bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstandenden Vergleich der Kosten für eine Einzelzimmerbenutzung in anderen Heimen ergibt sich auch die Unangemessenheit des hierfür geforderten Entgelts. Wo genau die Grenze zur Unangemessenheit verläuft, bedarf in diesem Verfahren keiner abschließenden Festlegung. In jedem Fall wird ein Entgelt zumindest dann als unangemessen anzusehen sein, wenn der objektive Tatbestand des § 5 WiStrG erfüllt ist und ein entsprechender Mietvertrag über Wohnräume oder über Nebenleistungen, die mit diesem Mietvertrag verbunden sind, dadurch (zumindest teilweise) nach § 134 BGB nichtig wäre (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl. 2000, § 134 RdNr. 27 und § 138 RdNr. 76 m.w.N.). Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStrG sind Entgelte unangemessen hoch, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für die Vermietung von Räumen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage oder damit verbundene Nebenleistungen in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Die von der Antragstellerin geforderten Entgelte für Einzelzimmer übersteigen die vergleichbaren Preise der anderen in der Vergleichsberechnung des Regierungspräsidiums F. genannten Heime um mindestens 100 %. Selbst wenn man entsprechend der streitigen Verfügung den von der Antragstellerin geforderten Einzelzimmerzuschlag von 14,83 € abzieht, übersteigt das Entgelt pro Quadratmeter Wohnfläche für ein Einzelzimmer im Heim der Antragsgegnerin das entsprechende Entgelt für das teuerste Einzelzimmer in einem der anderen Heime um (allerdings dann nur noch geringfügig) mehr als 20 %, so dass es nicht zu beanstanden sein dürfte, dass die Antragsgegnerin das Entgelt, soweit es den ermittelten Höchstpreis in anderen Heimen um 20 % übersteigt, als unangemessen beanstandet und den vollen Abzug des Einzelzimmerzuschlags fordert.

Aus diesem Grunde kann es in diesem Verfahren dahingestellt bleiben, ob der Maßstab für die Bestimmung der Unangemessenheit von Entgelten im Geltungsbereich des Heimgesetzes nicht eher strenger sein muss als im allgemeinen Wohnraummietrecht (angesichts des im Heimgesetz geschützten Personenkreises und der besonderen Lebenssituation, in der sich diese Bewohner regelmäßig befinden, könnte sogar Einiges dafür sprechen). Soweit in § 5 Abs. 2 Satz 2 WiStrG Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich sind, bei der Angemessenheitsprüfung außer Betracht bleiben bzw. erst bei einem auffälligen Missverhältnis berücksichtigt werden, ist das eine Besonderheit des konkreten Tatbestands im (repressiven) Ordnungswidrigkeitenrecht; im Recht der präventiven Heimaufsicht ist für diese Ausnahme kein Raum (siehe oben).

Die von der Antragsgegnerin getroffene Maßnahme ist zur Vermeidung der zuvor dargestellten Unangemessenheit zwischen Entgelt und Leistung auch erforderlich. Eine mögliche mildere Maßnahme ist nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin auch zuvor mit Schreiben vom 16.10.2001 auf den festgestellten Mangel hingewiesen. Die Antragsgegnerin ist dem jedoch entgegengetreten und war nicht bereit, den Mangel von sich aus abzustellen, so dass die Antragsgegnerin von ihren heimaufsichtsrechtlichen Befugnissen nach § 17 HeimG Gebrauch machen durfte.

Die Kammer verkennt nicht, dass das Verbot der Erhebung von Einzelzimmerzuschlägen in den Preisgestaltungen der Antragsgegnerin zunächst zu dem scheinbar ungereimten Ergebnis führt, dass sich dann die Kosten für die Nutzung von Einzelzimmern von denen für die Doppelzimmernutzung künftig nicht mehr unterscheiden. Doch liegt die (Anpassung der) Preisgestaltung grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Heimträgers. Die Heimaufsicht ist beschränkt auf eine Missbrauchsaufsicht, sie ist nicht befugt, dem Heimträger bestimmte Preise vorzugeben (OVG Lüneburg, Urt. v. 05.10.1987, a.a.O.).

Dass die Antragsgegnerin die Erhebung von Einzelzimmerzuschlägen nicht gegenüber allen Heimbewohnern, sondern nur gegenüber denjenigen ausgesprochen hat, die Empfänger von Leistungen der Pflegeversicherung sind, stellt für die Antragsgegnerin keine Beschwer dar und kann sie somit nicht in ihren Rechten verletzen; die Rechtmäßigkeit einer solchen Differenzierung, die von der Antragsgegnerin mit der Regelung in § 5 Abs. 7 Satz 3 HeimG begründet wird, kann somit dahingestellt bleiben.

Auch die von der Antragstellerin im Bescheid vom 22.02.2002 unter den Nummern 2 und 3 getroffenen Maßnahmen sind voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden. Auch sie haben ihre Ermächtigungsgrundlage in § 17 Abs. 1 Satz 1 HeimG und ergeben sich als natürliche Konsequenz aus der unter Nummer 1 getroffenen Entscheidung. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Verfügung unter Nummer 2 nicht deshalb zu unbestimmt und damit rechtswidrig, weil nicht deutlich werde, ob sie für die Verträge mit allen Heimbewohnern oder nur für die mit den Pflegeversicherten gelte. Bei der gebotenen Auslegung am Maßstab des objektiven Empfängerhorizonts wird jedem verständigen Leser des Bescheids vom 22.02.2002 klar, dass die unter den Nummern 2 und 3 getroffenen Verfügungen mit der Verfügung unter Nummer 1 in Zusammenhang stehen und deshalb nur die Verträge mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung zu überprüfen und anzupassen sind.

Die Maßnahmen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.02.2002 verstoßen auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Grundrechte der Antragstellerin aus den Art. 12, 14 und 19 Abs. 3 GG. Maßnahmen aufgrund der Vorschriften in den hier einschlägigen §§ 5 Abs. 7 und 17 Abs. 1 HeimG bezwecken den Schutz der wegen ihres Alters und oftmals auch wegen ihres Gesundheitszustands besonders schutzbedürftigen Heimbewohner vor Übervorteilung und tragen den besonderen Gefahren, die sich aus diesem besonderen Schutzbedürfnis, dem Angewiesensein viele alter Menschen auf einen Heim- und Pflegeplatz und der Knappheit solcher Plätze ergeben, Rechnung. Sie sind als Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls und als zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) gerechtfertigt. Wenn solche Einschränkungen der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit von Vermietern durch Bindungen an die (im Vergleich zur ortsüblichen Vergleichsmiete) angemessene Miethöhe (vgl. hierzu u. a. Gesetz zur Regelung der Miethöhe, § 5 WiStrG, § 291 StGB sowie die §§ 134 und 138 BGB) schon auf dem Gebiet des allgemeinen Wohnraummietrechts anerkannt sind, begegnen solche Beschränkungen im Bereich der Heimaufsicht über Alten- und Pflegewohnheime erst recht keinen Bedenken.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 25 Abs. 2, 20 Abs. 3 und einer entsprechenden Anwendung von § 16 Abs. 5 GKG. Den hiernach berechneten Streitwert von insgesamt rund 230.000 € für ein Jahr, der sich aus der Multiplikation des im Laufe eines Jahres anfallenden Einzelzimmerzuschlags von 5.338,80 € (14,83 € x 30 x 12) mit der Zahl der Bewohner von Einzelzimmern im Heim der Antragsgegnerin (43 x 5.338,80 €) ergibt, hat die Kammer im Hinblick auf die Besonderheiten des lediglich auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens halbiert.