VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.03.1997 - 10 S 3305/96
Fundstelle
openJur 2013, 10395
  • Rkr:

1. Zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen in einem allgemeinen Wohngebiet, die von einer im Zuge von Straßenbaumaßnahmen vorübergehend betriebenen Kiesaufbereitungsanlage ausgehen.

Tatbestand

Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 22.03.1996 erteilte die Antragsgegnerin dem beigeladenen Land die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Kiesaufbereitungsanlage, die dem durch bestandskräftige Planfeststellungsbeschlüsse zugelassenen Neubau der B 31 Ost von F. nach K. dienen soll. Die Genehmigung wurde bis zum 31.03.2001 befristet. In der Anlage sollen tagsüber zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr die bei der geplanten Straßenbaumaßnahme anfallenden Mengen an Erdaushub aufbereitet werden; sie sollen bei der Herstellung der neuen Straße verwertet werden. Der Standort ist in unmittelbarer Nähe der Neubautrasse vorgesehen.

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung enthält unter Nr. 4.1.4 eine Nebenbestimmung, daß der Beurteilungspegel der von der Anlage ausgehenden Geräusche in einem allgemeinen Wohngebiet (WA) einen Immissionsrichtwert von tagsüber 55 dB(A) nicht überschreiten darf. Nach Nr. 4.1.5 der Genehmigung ist zum Schutz der Anwohner der Betrieb der Kiesaufbereitungsanlage an Samstagen nur bis 16.00 Uhr zulässig.

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin eines Grundstücks, das im Geltungsbereich des vom Regierungspräsidium genehmigten und durch öffentliche Bekanntmachung in Kraft gesetzten Bebauungsplanes K-Straße vom 18.03.1975 und in einer Entfernung von etwa 100 bis 150 m von der nördlich im Außenbereich vorgesehenen Kiesaufbereitungsanlage entfernt liegt. Der Bebauungsplan weist für das Grundstück der Antragstellerin ein allgemeines Wohngebiet aus. Südlich der K-Straße ist gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin ein Gewerbegebiet (GE) ausgewiesen, in dem nach einer textlichen Festsetzung die gewerblichen Bauten so zu errichten und die gewerblichen Anlagen so zu betreiben sind, daß die Immissionsrichtwerte der benachbarten Wohngebiete von tagsüber 55 dB(A) nicht überschritten werden.

Gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhob die Antragstellerin Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Ferner hat sie beim Verwaltungsgericht Freiburg den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Mit Beschluß vom 02.12.1996 hat das Verwaltungsgericht Freiburg sich für instantiell unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg verwiesen. Die Antragstellerin macht geltend, an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse, da der Widerspruch voraussichtlich Erfolg haben werde. Die Genehmigung sei formell und materiell rechtswidrig. Die Antragsgegnerin und das beigeladene Land treten dem Antrag entgegen.

Gründe

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Der Antrag ist nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch im übrigen zulässig. Aufgrund der bindenden Verweisung des Verwaltungsgerichts (vgl. §§ 83 S. 1 VwGO; 17 a Abs. 2 S. 3 GVG) kann offen bleiben, ob der Senat gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit Abs. 1 S. 1 Nr. 8 VwGO instantiell und damit sachlich zuständig ist.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Sie behauptet substantiiert, erheblichen Belästigungen durch Lärm, der von der immissionsschutzrechtlich genehmigten Kiesaufbereitungsanlage ausgehen werde, ausgesetzt zu werden und damit in ihren Rechten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt zu sein. Eine derartige Rechtsverletzung erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, da die Antragstellerin unstreitig im Einwirkungsbereich der Anlage auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück wohnt.

Der vorherigen Stellung eines Aussetzungsantrags bei der Antragsgegnerin bedurfte es nicht. § 80 a Abs. 3 S. 2 VwGO setzt mit seiner Verweisung auf § 80 Abs. 6 VwGO nicht generell voraus, daß zuvor ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde ohne Erfolg gestellt worden ist (vgl. den Beschl. d. Senats v. 29.06.1994 - 10 S 2510/93 -, NVwZ 1995, 292).

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

a. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung steht im Einklang mit den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, da die Gründe in nachvollziehbarer Weise die konkreten Erwägungen erkennen lassen, die die Antragsgegnerin dazu veranlaßt haben, von der Anordnungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Die Antragsgegnerin hat in der Vollzugsanordnung vom 04.10.1996 im einzelnen ausgeführt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung erfolge sowohl im öffentlichen Interesse als auch im überwiegenden Interesse des Beigeladenen. Mit diesen Ausführungen hat die Antragsgegnerin den lediglich formell-rechtlichen Anforderungen des Begründungszwangs genügt (vgl. den Beschl. d. Senats v. 29.06.1994, a.a.O.; Kopp, VwGO, 10. Auflage, 1994, § 80 RdNr. 63).

b. In sachlicher Hinsicht überwiegen bei der nach § 80 a Abs. 3 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, das mit dem Vollzugsinteresse des Beigeladenen teilweise identisch ist, sowie das wirtschaftliche Interesse des Beigeladenen an einer möglichst baldigen Verwirklichung des Vorhabens das entgegenstehende Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung. Der Senat bejaht einen Vorrang des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung zunächst deshalb, weil der auf die Aufhebung dieser Genehmigung gerichtete Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Denn bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist eine zur Aufhebung führende Verletzung von Rechten der Antragstellerin (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu verneinen. Hinzu kommt, daß die streitige Kiesaufbereitungsanlage eine wesentliche Voraussetzung für die dem Neubau der B 31 Ost dienende Gesamtbaumaßnahme ist, an deren baldiger Verwirklichung ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.

aa. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin Verfahrensfehler geltend. Was den behaupteten Verstoß gegen das Erfordernis, Bundesfernstraßen nur nach vorheriger Planfeststellung zu bauen oder zu ändern (§ 17 Abs. 1 S. 1 FStrG) und im Planfeststellungsbeschluß entsprechend dem Grundsatz der Problembewältigung alle Maßnahmen zu regeln, die zu dem Vorhaben gehören (§ 75 Abs. 1 LVwVfG), betrifft, fehlt es bereits an einer drittschützenden Wirkung dieser Vorschriften. Es kann daher offen bleiben, ob die Kiesaufbereitungsanlage nur im Wege einer ergänzenden straßenrechtlichen Planfeststellung hätte zugelassen werden dürfen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Gerichtshofs gibt es für Drittbetroffene grundsätzlich keinen klagbaren Anspruch auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens oder einer sonstigen gesetzlich vorgegebenen Verfahrensart, so daß die etwaige rechtswidrige Unterlassung eines solchen Verfahrens nicht zur Verletzung eigener subjektiver Rechte eines von dem Vorhaben betroffenen Dritten führt. Aus dem Regelungsgehalt der §§ 17 Abs. 1 S. 1 FStrG, 75 Abs. 1 LVwVfG ergibt sich ebensowenig wie aus demjenigen anderer Verfahrensvorschriften eine Schutzfunktion zugunsten einzelner Drittbetroffener in der Weise, daß diese a l l e i n wegen eines derartigen Verfahrensmangels und damit ohne Rücksicht auf die Beeinträchtigung ihrer materiellen Rechte ein Planfeststellungsverfahren oder ein sonstiges objektiv-rechtlich gebotenes Verfahren erzwingen könnten (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29.05.1981, BVerwGE 62, 243, 247 = NJW 1981, 2769; v. 15.01.1982, BVerwGE 64, 325, 331; v. 05.10.1990, BVerwGE 85, 368, 377 = NVwZ 1991, 369; Beschl. v. 13.10.1994, NVwZ 1995, 379, 380; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.1992 - 5 S 517/91 -, NVwZ-RR 1994, 7, 8; zur Ausnahme der Durchsetzung eines Beteiligungsrechtes nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG vgl. den Beschluß des Senats vom 17.11.1992 - 10 S 2233/92).

bb. Eine zur Aufhebung der angegriffenen Genehmigung führende Verletzung materieller Rechte der Antragstellerin ist nicht erkennbar. Derartige Rechte ergeben sich aus der drittschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, die für eine nach Maßgabe des § 4 BImSchG in Verbindung mit der 4. BImSchV (vgl. Nr. 2.2 Spalte 2 des Anhangs zu § 1 der 4. BImSchV) genehmigungsbedürftige Anlage der vorliegenden Art einschlägig ist (vgl. § 6 Nr. 1 BImSchG). Soweit danach durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage schädliche Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden dürfen, gewährt die Vorschrift Schutz vor Immissionen, u.a. Geräuschen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 und 2 BImSchG; vgl. auch den Senatsbeschl. v. 29.06.1994, a.a.O.).

Ein Verstoß gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist vorliegend wohl nicht gegeben, da die von der Antragstellerin insoweit allein geäußerten Bedenken wegen möglicher Lärmeinwirkungen durch die Kiesaufbereitungsanlage nicht zur Annahme einer "erheblichen", d.h. unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG führen dürften (vgl. zum Maßstab der Zumutbarkeit Jarras, BImSchG, 3. Auflage, 1995, § 3 RdNr. 34 m.w.N.). Insoweit geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die von § 3 Abs. 1 BImSchG vorgegebene Erheblichkeitsgrenze (Zumutbarkeitsgrenze) sich danach bestimmt, was dem Immissionsbetroffenen nach Maßgabe der bauplanungsrechtlich zu bestimmenden Schutzwürdigkeit des Gebiets, in dem das betreffende Grundstück liegt, unter Berücksichtigung des Rücksichtnahmegebots zugemutet werden kann (vgl. etwa die Beschl. d. Senats v. 14.11.1994 - 10 S 860/94 -, GewArch 1995, 211, und v. 25.06.1996 - 10 S 200/96 -, UPR 1996, 396). Von Bedeutung ist die Art des Gebiets; nach dessen unterschiedlicher Natur und Zweckbestimmung können Immissionen, also auch Geräusche, zumutbar sein oder nicht. Bei der Bestimmung der Gebietsart kommt es auf die rechtlichen Vorgaben zur Nutzung an, insbesondere auf entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen und auf die Regelungen in der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Diese haben Vorrang vor den tatsächlichen Verhältnissen (BVerwG, Beschl. v. 06.08.1982, UPR 1983, 27, 28; Jarass, a.a.O., § 3 RdNr. 41 m.w.N.). Da der maßgebliche Bebauungsplan K-Straße, gegen dessen Gültigkeit Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich sind, für das betroffene Grundstück der Antragstellerin unstreitig ein allgemeines Wohngebiet (vgl. § 4 BauNVO) ausweist, ist voraussichtlich die für diese Gebietsart maßgebliche Schutzbedürftigkeit zugrundezulegen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte enthalten die für die unterschiedlichen Baugebiete festgelegten Immissionsrichtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 16.07.1968 (BAnz. Nr. 137) und der VDI-Richtlinie 2058 (Bl. 1) "Beurteilung und Abwehr von Arbeitslärm" eine Konkretisierung der Schutz- und Abwehrpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Diese Immissionsrichtwerte stellen regelmäßig geeignete Maßstäbe für die Beurteilung dar, ob Lärmeinwirkungen die Schwelle der Erheblichkeit im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG überschreiten, und können deshalb als Anhaltspunkte für die Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes zugrundegelegt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.10.1983, BVerwGE 68, 62, 68; OVG NW, Urt. v. 13.09.1983, DÖV 1984, 473; Jarass, a.a.O., § 5 RdNr. 27). Sie betragen nach beiden Regelwerken für ein allgemeines Wohngebiet (Gebiet, in dem vorwiegend Wohnungen untergebracht sind, vgl. § 4 Abs. 1 BauNVO) tagsüber 55 dB(A). Von diesem Schutzniveau ist daher wahrscheinlich für das Grundstück der Antragstellerin auszugehen.

Die Antragstellerin dürfte zu Unrecht geltend machen, daß die Gebietsfestsetzung des Bebauungsplans K-Straße für die Schutzbedürftigkeit ihres Grundstücks unerheblich sei und daß aufgrund der tatsächlichen Bebauung ein Immissionsrichtwert von tagsüber 50 dB(A) anzunehmen sei, wie er nach der TA Lärm Nr. 2.321 und der VDI-Richtlinie 2058 für "reine Wohngebiete" gilt. Denn selbst wenn sich die tatsächliche Bebauung dieses Gebiets gegenwärtig wie ein reines Wohngebiet im Sinne des § 3 BauNVO darstellen sollte, wofür die von der Antragstellerin vorgelegte Fotodokumentation spricht, würde dies voraussichtlich nichts an der Maßgeblichkeit der im Bebauungsplan verbindlich getroffenen Festsetzung als "allgemeines" Wohngebiet ändern. Entgegen der Annahme der Antragstellerin ist die Nutzung dieses Baugebietes nicht rechtswirksam geändert worden. Vielmehr bleiben die in § 4 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BauNVO vorgesehenen Nutzungen zukünftig nach wie vor möglich, worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat. Insbesondere spricht nichts dafür, daß der Bebauungsplan K-Straße funktionslos und unbeachtlich geworden wäre, so daß deshalb nunmehr von der tatsächlichen Bebauung und damit möglicherweise von einem reinen Wohngebiet auszugehen wäre. Ein Bebauungsplan ist nur dann funktionslos geworden, wenn die tatsächlichen Verhältnisse, auf die er sich bezieht, einen Zustand erreicht haben, der die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn darüber hinaus die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzungen des Bebauungsplans gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29.04.1977, BVerwGE 54, 5 ff. und v. 03.08.1990, BVerwGE 85, 273, 282). Allein der Umstand, daß in dem allgemeinen Wohngebiet, in dem das Grundstück der Antragstellerin liegt, derzeit möglicherweise lediglich Wohnnutzungen vorgefunden werden, führt danach noch nicht zur Funktionslosigkeit der maßgeblichen Festsetzung des Bebauungsplans; diese Verhältnisse können sich nämlich zukünftig im Rahmen der durch § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO und durch den Bebauungsplan eröffneten Möglichkeiten ändern.

Ferner dürfte das von der Antragstellerin beanspruchte Schutzniveau von 50 dB(A) tagsüber auch nicht durch die Bildung eines "Mittelwertes", der durch die Berücksichtigung verschiedener Gebietsarten und damit unterschiedlicher Immissionswerte zustande kommt, erreichbar sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1975, BVerwGE 50, 49, 54; Jarass, a.a.O., § 3 RdNr. 44, § 5 RdNr. 27). Zwar grenzt das Grundstück der Antragstellerin, wie aus dem dem Senat vorliegenden Bebauungsplan hervorgeht, im Norden an den Außenbereich an (vgl. das Foto B, AS 127, 129 der VGH-Akte), doch kann ihm aufgrund dieser Lage im Sinne einer Mittelwertbildung kein besserer Lärmschutz als in einem allgemeinen Wohngebiet zuerkannt werden (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 25.06.1996, aaO, und vom 25.11.1996 - 10 S 2905/96). Auch bestimmt der Bebauungsplan, soweit er südlich der K-Straße ein Gewerbegebiet ausweist, in seiner textlichen Festsetzung Nr. 1.1.2, daß die Immissionsrichtwerte der benachbarten Wohngebiete von tagsüber 55 dB(A) nicht überschritten werden dürfen. Dies spricht ebenfalls dafür, daß für das Wohngebiet der Antragstellerin ein Schutzniveau von 55 dB(A) tagsüber anzunehmen ist.

Dem Immissionsrichtwert von tagsüber 55 dB(A) wird die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerecht. Sie enthält unter Nr. 4.1.4 "Nebenbestimmungen" zur Einhaltung von Immissionsrichtwerten gegenüber Baugebieten unterschiedlicher Art. Danach darf in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet (WA) - und folglich auf dem Grundstück der Antragstellerin - der Beurteilungspegel der von der Kiesaufbereitungsanlage ausgehenden Geräusche den Wert von 55 dB(A) tagsüber nicht überschreiten; der Beurteilungspegel muß nach der TA Lärm, ergänzt durch die VDI-Richtlinie 2058 Bl. 1 (Ausgabe 9/85) bestimmt werden. Diese Anforderung entspricht, wie vorstehend dargelegt, dem Schutz- und Abwehrgrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Anhaltspunkte dafür, daß der festgesetzte Wert auf dem Grundstück der Antragstellerin tatsächlich nicht eingehalten werden könnte und insofern ein sie in ihren Rechten berührender Mangel der Genehmigung bestehen könnte, sind nicht vorhanden. Dies ergibt sich im einzelnen aus der nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien schalltechnischen Untersuchung der DC-Ingenieurgesellschaft mbH vom 22.05.1995, zuletzt geändert am 22.09.1995, die wesentlicher Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist (vgl. Nr. 4.1.2 der Genehmigung). Danach wird infolge des Betriebs der Anlage auf dem Grundstück der Antragstellerin eine Lärmbelastung mit einem Beurteilungspegel von maximal 53 dB(A) auftreten (S. 8 d. Gutachtens, AS. 0331 der Behördenakten). Eine solche Beeinträchtigung hält sich noch innerhalb des Rahmens von 55 dB(A) tagsüber, da der Betrieb der Anlage nach den genehmigten Antragsunterlagen nur zur Tageszeit zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr, an Samstagen bis 16.00 Uhr, erfolgen darf.

cc. Entgegen ihrem Vorbringen wäre die Antragstellerin bei einem etwaigen Verstoß der Genehmigung gegen den die Planfeststellung der B 31 Ost betreffenden Vergleich vom Dezember 1992/April 1993 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), weil sie nicht Vertragspartnerin war und der Vergleich keine Rechte zu ihren Gunsten begründet hat.

dd. Ebenso kommt es auf einen Verstoß gegen die bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach §§ 6 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu beachtende Vorsorgepflicht nicht an, da diese, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist, nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht nachbarschützend ist (BVerwG, Urt. v. 18.05.1982, BVerwGE 65, 313, 320; Jarass, a.a.O., § 5 RdNr. 108 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene einen eigenen Sachantrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten ebenfalls der Antragstellerin aufzuerlegen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 S. 1 GKG. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. II, Sachgebiet Immissionsschutz, NVwZ 1996, 563), an dem der Senat sich in ständiger Praxis orientiert, beläuft sich der Streitwert in Fällen der vorliegenden Art in der Hauptsache auf 20.000,-- DM. Für das vorläufige Rechtschutzverfahren geht der Senat wegen der geringeren Bedeutung von der Hälfte des Hauptsachestreitwerts aus.