VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.1996 - 8 S 2299/96
Fundstelle
openJur 2013, 10221
  • Rkr:

1. Allein die scheinbare Kooperationsbereitschaft eines Grundstückseigentümers, der zusagt, eine rechtswidrige bauliche Anlage durch eine rechtmäßige zu ersetzen, kann es nicht rechtfertigen, gegen in gleicher Weise formell und materiell illegale Anlagen differenziert vorzugehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Anlage im Zeitpunkt der erst Jahre nach einer solchen Erklärung ergehenden Widerspruchsentscheidung immer noch vorhanden ist.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Beseitigungsverfügung.

Er ist - seit 1961 - Eigentümer des um drei Grundstückslängen vom Bodenseeufer entfernt, an dem von der B zum Ufer führenden Weg gelegenen Wochenendgrundstückes der Gemarkung S. Das Grundstück liegt im Außenbereich und im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung vom 15.9.1982.

Erstmals am 5.11.1980 stellte das Landratsamt B. bei einer Kontrolle fest, daß auf dem Grundstück ein Boot und zwei Wohnwagen abgestellt waren, daß an einem der Wohnwagen eine Hütte mit Dachterrasse angebaut war und daß Strom- und Wasseranschlüsse sowie ein Trockenabort vorhanden waren. Maßnahmen erfolgten nach Aktenlage nicht. Nach einer weiteren Kontrolle hörte das Landratsamt den Kläger mit Schreiben vom 13.5.1985 zu einer beabsichtigten Abbruchsanordnung an und gab als festgestellte Kleinbauten an: "Zwei Wohnwagen, Geschirrhütte mit Dachterrasse, ein Boot + Einfriedigung".

Im Rahmen einer Besprechung im Landratsamt am 20.6.1985 erklärte der Kläger, er habe die beiden Wohnwagen im Jahre 1963 erworben und aufgestellt. Im Anschluß an dieses Gespräch teilte er mit Schreiben vom 12.7.1985 dem Landratsamt ferner mit, beim Kauf des Grundstücks sei ihm vom damaligen Bürgermeister der Gemeinde bestätigt worden, daß er Wohnwagen und Boot aufstellen könne. Der Anschluß an die Strom- und Wasserversorgung sei mit Billigung des Gemeinderats erfolgt. Die Gerätehütte habe lediglich einen umbauten Raum von 4,9 cbm und sei deshalb bei ihrer Errichtung genehmigungsfrei gewesen. Sie besitze auch keine Dachterrasse. Die Einfriedigung bestehe aus einer Hecke, die er vor 24 Jahren gepflanzt habe. In einem weiteren Schreiben vom 26.2.1986 teilte er u.a. mit, das Boot sei entfernt; die Gerätehütte habe er ca. 1970/71 erstellt.

In einem weiteren Erfassungsbogen des Landratsamtes vom 10.12.1986 ist der umbaute Raum der "Gerätehütte mit Dachterrasse und Vordach" mit 25,41 cbm (ohne Vordach: 14,5 cbm), der Errichtungszeitpunkt der lebenden Hecke mit Maschendrahtzaun mit ca. 1961 und hinsichtlich der "WC-Hütte" angegeben, sie habe eine Größe von 2,45 m x 1,55 m x 2,10 m und besitze eine Zwei-Kammer-Klärgrube mit Versickerung. Ferner wurde festgehalten, der größere der beiden Wohnwagen sei überdacht. Hinsichtlich dieser Überdachung teilte der Kläger unter dem 19.1.1987 mit, er habe sie unmittelbar nach der Aufstellung des Wohnwagens errichtet und etwa Mitte der 70er Jahre verstärkt.

Eine zunächst unter dem 9.3.1987 vorbereitete Beseitigungsverfügung wurde nicht abgesandt. Mit Schreiben vom 31.5.1991 wandte sich das Landratsamt B. erneut an den Kläger und bat um Mitteilung, ob er zur Vermeidung einer kostenpflichtigen Beseitigungsverfügung bereit sei, die Wohnwagen, die WC-Hütte und das Vordach der Geschirrhütte zu entfernen. Der Kläger ließ durch seinen damaligen Bevollmächtigten darauf erwidern, er nutze das Grundstück seit 30 Jahren als Wochenendgrundstück. Es sei ihm schriftlich bestätigt worden, daß eine Beseitigung der Wohnwagen und der WC-Hütte nicht erforderlich sei. Er habe dieses Schreiben aber trotz intensiver Suche nicht auffinden können.

Mit Verfügung vom 10.1.1992 ordnete das Landratsamt B. die Beseitigung der beiden Wohnwagen einschließlich der An- und Überbauten, der "WC-Hütte" und des Vordachs der Geschirrhütte an. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor: Die fraglichen Wohnwagen seien vor dem Inkrafttreten der LBO aufgestellt worden. Nach der damals geltenden badischen Landesbauordnung hätten Vorhaben mit einer Grundfläche von weniger als 20 qm keiner Baugenehmigung bedurft. Ferner genössen nach einer Verlautbarung des Innenministeriums Vorhaben, die vor 1965 errichtet worden seien, Bestandsschutz. Das Naturschutzgesetz sei erst ein Jahrzehnt nach Aufstellung der Wohnwagen in Kraft getreten. Im übrigen seien die Wohnwagen inzwischen in die Landschaft und die Umgebungsbebauung eingegliedert. Ihre Aufstellung sei nach Absprache mit dem Bürgermeister von S. erfolgt. Seit 1968 bzw. 1972 würden die Wohnwagen von den Gemeinden S. bzw. H. mit Strom und Wasser versorgt. Bei der WC-Anlage handle es sich nicht um eine Zwei-Kammer-Klärgrube mit Versickerung, sondern um einen ins Erdreich eingelassenen Betonbehälter, der bei Bedarf ausgepumpt werde. Eine Gefahr für das Grundwasser sei nicht ersichtlich.

Mit Bescheid vom 8.9.1994 wies das Regierungspräsidium diesen Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Die streitigen, nach § 123 Abs. 1 BadLBO bzw. § 51 LBO 1965 genehmigungspflichtigen Anlagen verstießen seit ihrer Errichtung gegen materielles Baurecht. Sie beeinträchtigten die natürliche Eigenart der Landschaft, die durch Landwirtschaft und ihre Erholungsfunktion geprägt sei, und ließen die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten. Daß diese Befürchtung berechtigt sei, zeigten die beiden auf dem Nachbargrundstück und in weiteren Gemarkungsteilen abgestellten Wohnwagen. Die Abbruchsanordnung entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; der Gleichbehandlungsgrundsatz sei gewahrt. Das Landratsamt sei gegen alle ihm bekannten im fraglichen Uferbereich abgestellten Wohnwagen vorgegangen und werde gegen noch bekannt werdende einschreiten. Auf Zusagen des Bürgermeister könne sich der Kläger nicht erfolgreich berufen, weil das Bürgermeisteramt niemals über eine baurechtliche Zuständigkeit verfügt habe. Schließlich sei das Recht zum Einschreiten auch nicht verwirkt.

Am 7.11.1994 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen mit dem Ziel der Aufhebung der beiden Bescheide, erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er vorgetragen, die Behörden hätten sich mit der Möglichkeit, die Anlage zu dulden - wie es in der Umgebung geschehen sei -, nicht hinreichend befaßt. Mit einer in der Nutzungsdauer beschränkten Duldung alter Anlagen bei gleichzeitigem Vorgehen gegen neue Fälle könne der Gefahr der Entstehung einer unerwünschten Splittersiedlung wirksam begegnet werden.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen und geltend gemacht: Alle Anlagen seien seit ihrer Errichtung fortdauernd baugenehmigungspflichtig gewesen und verstießen ebenso fortdauernd gegen das allgemeine Zersiedelungsverbot. Die Behörden hätten von dem ihnen zustehenden Ermessen zutreffend Gebrauch gemacht. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse an einem behördlichen Einschreiten im sensiblen Bodenseeuferbereich. Deshalb komme auch eine Duldung nicht in Betracht. Ferner erfordere die Vielzahl von Kleinbauten eine einheitliche Vorgehensweise der Baurechtsbehörde.

Nach Einnahme eines Augenscheins, bei dem es u.a. festgestellt hat, daß auf zwei Grundstücken in der näheren Umgebung weitere Wohnwagen und eine Holzhütte stehen, gegen welche nach den Angaben des Behördenvertreters nicht eingeschritten worden sei, bzw. die genehmigt worden seien, hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 5.6.1996 aufgehoben. Es hat ausgeführt: Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlaß einer Abbruchsanordnung seien zwar gegeben, insbesondere unterlägen die betroffenen baulichen Anlagen auch nach der am 1.1.1996 in Kraft getretenen LBO der Baugenehmigungspflicht. Die Beseitigungsverfügung leide aber an einem Ermessensfehler, denn es sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, daß hinsichtlich des Wohnwagens, der auf dem südöstlich, jenseits des Fahrweges gelegenen Grundstücks stehe, nicht eingeschritten werde, obwohl er - ’m Gegensatz zu den Anlagen auf dem Grundstück des Klägers - ohne weiteres zu erkennen sei. Die vom Landratsamt gegebene Begründung für das Absehen von einer Beseitigungsanordnung, daß sich auf diesem Grundstück keine weiteren Baulichkeiten befänden und der Wohnwagen "schon weit vor 1965" aufgestellt worden sei, überzeuge nicht. Nach Bauart, Lackierung und Erhaltungszustand sei der dort stehende Wohnwagen jüngeren Datums. Dafür spreche auch die Aussage der Ehefrau des Klägers im Parallelverfahren, der Wagen sei erst nach 1980 aufgestellt worden.

Gegen dieses ihm am 31.7.1996 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 14.8.1996 Berufung eingelegt mit dem Antrag,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 5. Juni 1996 - 2 K 2521/94 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Soweit das Verwaltungsgericht einen Ermessensfehler festgestellt habe, lägen dem unzutreffende Annahmen tatsächlicher Art zugrunde. Das Landratsamt B. sei gegenüber dem auf dem Grundstück abgestellten Wohnwagen nicht untätig geblieben. Dessen Eigentümer seien vielmehr - wie der Kläger - am 13.5.1985 wegen des Wohnwagens angeschrieben worden. Die Nachforschungen hätten ergeben, daß sie das Grundstück 1980 erworben und in der Folgezeit einen Wohnwagen aufgestellt hätten, der als Gerätewagen benutzt werde und völlig verkleidet worden sei. Da sie Bereitschaft gezeigt hätten, den Wohnwagen zu entfernen und durch eine landschaftsangepaßte, baurechtlich genehmigungsfreie Geschirrhütte zu ersetzen, sei ihnen gegenüber keine Beseitigungsverfügung ergangen. Vielmehr sei ihnen Ende 1991 mitgeteilt worden, wie eine solche Geschirrhütte auszusehen habe. Die differenzierte Sachbehandlung rechtfertige sich zum einen durch diese Bereitschaft, die der Kläger nicht in gleicher Weise habe erkennen lassen. Zum anderen sei dieser Wohnwagen tatsächlich seit seiner Aufstellung nicht zu Wohnzwecken, sondern nur zur Unterstellung von Gerätschaften genutzt worden. Im übrigen habe das Verwaltungsgericht überzogene Anforderungen an die behördliche Ermessensbetätigung gestellt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die beiden Wohnwagen genössen Bestandsschutz, im Zeitpunkt ihrer Aufstellung seien sie nicht genehmigungspflichtig gewesen. Darüber hinaus sei durch den verstrichenen Zeitraum und durch den Anschluß an die Wasserversorgung und das Elektrizitätsversorgungsnetz Verwirkung eingetreten. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht im Hinblick auf das Nachbargrundstück zu Recht einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angenommen. Dies gelte auch hinsichtlich eines weiteren Wohnwagens, der nahezu zeitgleich mit seinem Wohnwagen aufgestellt worden sei. Auch insoweit sei zwar ursprünglich eine Abrißverfügung ergangen, nach Widerspruchseinlegung sei jedoch nachträglich eine Baugenehmigung erteilt worden.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.1996 das Grundstück des Klägers und seine Umgebung in Augenschein genommen. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die hierüber gefertigte Tonbandaufzeichnung, die dem Sitzungsprotokoll als Anlage beigefügt ist, verwiesen. Im übrigen wird Bezug genommen auf die dem Senat vorliegenden, das Grundstück des Klägers betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie die beigezogenen, die Grundstücke betreffenden Verwaltungsakten.

Gründe

Die Berufung ist zulässig; sie kann in der Sache aber keinen Erfolg haben. Zu Recht und mit in allen Punkten zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (vgl. § 130b VwGO), hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Berufungsverfahren und die hier getroffenen weiteren tatsächlichen Feststellungen besteht lediglich Anlaß zu folgenden Ergänzungen:

Mit seinen Ausführungen, das Aufstellen der beiden Wohnwagen in den Jahren 1962/63 sei baugenehmigungsfrei gewesen, irrt der Kläger. Nach § 123 Abs. 3b der Badischen Landesbauordnung vom 26.7.1935 (GVBl. S. 187) - BadLBO - unterlagen alle Bauten, die zum Bewohnen geeignet waren, der Genehmigungspflicht durch die Baupolizeibehörde. Daß aber Wohnwagen (objektiv) zum "Bewohnen" geeignet sind, kann nicht zweifelhaft sein. Das ist vielmehr - wie schon ihr Name sagt - gerade ihre Zweckbestimmung. Bei den dauerhaft aufgestellten und mit An- bzw. Überbauten versehenen Wohnwagen handelte es sich auch um Bauten (sonstige Hochbauten im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 BadLBO).

Entgegen der Meinung des Klägers ist das Recht der Bauaufsichtsbehörden auf Einschreiten auch nicht verwirkt. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil v. 16.5.1991 - 4 C 4.89 - VBlBW 1992, 134; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 25.9.1991 - 3 S 2000/91 - VBlBW 1992, 103; Urteil v. 8.10.1993 - 8 S 1760/93) voraus, daß der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, daß dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), daß der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, daß das Recht nicht mehr ausgeübt würde (Vertrauenstatbestand) und daß er sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, daß ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung). Vorliegend bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, daß im Hinblick auf die zwischen der erstmals mit Schreiben des Landratsamts B. vom 13.5.1985 gegenüber dem Kläger bekundeten Möglichkeit des Erlasses einer Abbruchsverfügung und deren Erlaß verstrichene Zeit eine Vertrauensgrundlage geschaffen wurde. Denn das Landratsamt hat stets zum Ausdruck gebracht, daß es zu diesem Mittel greifen wolle. Dies folgt zum einen aus der am 20.6.1985 stattgefundenen Besprechung mit dem Kläger und seinen Nachbarn sowie aus der mit Schreiben vom 20.11.1986 angekündigten erneuten Ortsbegehung vom 10.12.1986 und dem nachfolgenden Schreiben an den Kläger vom 9.1.1987, dem Verhalten des Landratsamts in der Parallelsache und seinem Schreiben an den Kläger vom 31.5.1991 mit der erklärenden Korrektur im Schreiben vom 2.9.1991. Darin wird auch erläutert, warum das behördliche Vorgehen zwischenzeitlich zum Stillstand gekommen war. Maßnahmen und Entscheidungen der Gemeinden S. und H. (Wasser- und Stromanschluß) müssen sich die Baurechtsbehörden nicht zurechnen lassen, denn die Gemeinden besaßen nie die Baurechtszuständigkeit. Ihre Handlungen können deshalb die (staatlichen) Behörden nicht binden. Sie können auch keinen Vertrauensanschein erzeugen, der die Eingriffsrechte dieser Behörden lähmen würde. Das folgt nicht zuletzt aus dem der Vorschrift des § 38 Abs. 1 LVwVfG zugrundeliegenden Rechtsgedanken, der die Wirksamkeit einer Zusicherung von der Zuständigkeit der diese aussprechenden Behörde abhängig macht.

Die Einwände des beklagten Landes, das Verwaltungsgericht habe mit seiner die Ermessensbetätigung der Baurechtsbehörden beanstandenden Entscheidung die tatsächlichen Verhältnisse verkannt und überzogene rechtliche Anforderungen an die Ermessensausübung gestellt, treffen nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, das Landratsamt sei entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums nicht gegen alle im fraglichen Uferbereich bekannten abgestellten Wohnwagen vorgegangen, ohne daß hierfür im Hinblick auf den Gleichheitssatz eine überzeugende Begründung gegeben worden sei. Der tatsächliche Ausgangspunkt dieser Erwägungen wurde durch den vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt: Der Wohnwagen auf dem Grundstück ist nach wie vor als fest installierte Einrichtung vorhanden. Die nunmehr - abweichend von den Einlassungen vor dem Verwaltungsgericht - gegebene Begründung für dessen Belassen rechtfertigt die (unterschiedliche) Handlungsweise der Behörden nicht. Es trifft zwar zu, daß bei einer Vielzahl von festgestellten Fällen baurechtswidriger Zustände kein schlagartiges und gleichzeitiges Vorgehen der Behörden verlangt werden kann. So stellt sich die Sachlage aber weder jetzt noch im maßgeblichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.8.1992 - 4 B 161.92 -, NVwZ 1993, 476) Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung dar. Denn das Landratsamt hatte lediglich im Hinblick auf die - insoweit aber nur telefonisch erklärte - Bereitschaft der Eigentümer des Grundstücks, den dortigen Wohnwagen durch eine Geschirrhütte zu ersetzen, von einer Abbruchsanordnung Abstand genommen. Auf diese Erklärung hin hatte es den Eigentümern mit Schreiben vom 4.10.1991 Hinweise zu Größe, Bauart und zu verwendenden Baumaterialien bezüglich einer Hütte gegeben. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums waren aber fast drei Jahre verstrichen, ohne daß die Grundstückseigentümer - obwohl eine Äußerungsfrist bis zum 15.11.1991 gesetzt worden war - auch nur geantwortet hätten. Insofern beruft sich das beklagte Land auf ein - auch heute noch als solches festzustellendes - bloßes Lippenbekenntnis der Eigentümer des "Vergleichsgrundstückes". Allein die scheinbare Kooperationsbereitschaft kann es nicht rechtfertigen, gegen in gleicher Weise formell und materiell illegale bauliche Anlagen differenziert vorzugehen. Jedenfalls die Widerspruchsbehörde hätte sich daher mit der bereits Jahre zuvor abgegebenen, aber bis dahin unerfüllten Erklärung der Nachbarn des Klägers, ihren Wohnwagen durch eine genehmigungsfreie Geschirrhütte ersetzen zu wollen, bei der Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers nicht zufrieden geben dürfen, so daß jedenfalls ab diesem Zeitpunkt ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorlag.

Der Senat hat ferner beim Augenschein einen vergleichbaren Fall eines Landschaftseingriffes in geringer Entfernung zum Grundstück des Klägers festgestellt. Auf dem Grundstück befinden sich nämlich, eingerahmt durch außergewöhnlich hohe und dichte Thujahecken, (mindestens) ein großer - braun gestrichener - Wohnwagen und eine Holzhütte. Aus der insoweit beigezogenen Akte, die - trotz aller Bemühungen des Landratsamtes - nur noch fragmentarisch auffindbar ist, ergibt sich, daß das Landratsamt zwar zunächst eine Abbruchsverfügung für die genannten Anlagen (unter dem 29.6.1979) erlassen hatte, dem damals eingelegten Widerspruch aber dadurch abhalf, daß es mit Bescheid vom 7.9.1979 die genannte Verfügung durch die bloße Anordnung ersetzte, den aufgestellten Wohnwagen in einem dunklen Braunton zu streichen. Zwar stammen diese Vorgänge aus dem Jahre 1979 und es kann einer Baurechtsbehörde nicht abgesprochen werden, daß sie eine als rechtswidrig erkannte Praxis nachträglich ändert. Sie muß aber, wenn die betreffenden baulichen Anlagen - wie hier - in demselben Landschaftsraum nahezu zeitgleich errichtet wurden, im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen zu erkennen geben, was ihr Veranlassung gibt, von ihrer bisherigen Praxis abzurücken. Das ist vorliegend nicht geschehen, so daß sich die Beseitigungsverfügung auch aus diesem Grund als ermessensfehlerhaft erweist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.