VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.06.1995 - 10 S 2509/93
Fundstelle
openJur 2013, 9710
  • Rkr:

1. Gegen die Zulassung einer Anlage zur thermischen Verwertung von Abfall können immissionsbetroffene Nachbarn gemäß § 5 Abs 1 Nr 1 BImSchG einwenden, die in der TA Luft festgelegten Emissionsbegrenzungen für kanzerogene Luftschadstoffe seien nicht eingehalten. Offen bleibt, ob sie darüber hinaus auch generell die Minimierung von Emissionen aus einer konkreten Anlage nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen verlangen können.

2. Ruft die geplante Anlage für ihre Nachbarn keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 1 BImSchG hervor, so können diese die Zulassung nicht mit dem Einwand anfechten, durch eine geringere Anlagendimensionierung ließen sich Emissionen weiter reduzieren.

3. Zur Bedeutung einer im Planfeststellungsverfahren in Auftrag gegebenen Krebsrisikoeinschätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums, die auf der Studie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) "Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen" (1992) aufbaut.

Tatbestand

Der beigeladene Zweckverband, dem der -Kreis und die Stadt angehören, stellte am 28.2.1992 beim Regierungspräsidium den Antrag auf Zulassung eines Müllheizkraftwerks (im folgenden: MHKW). Nach ortsüblicher Bekanntmachung am 29.5.1992 wurden der Antrag und die Planunterlagen in den Städten sowie in den Gemeinden und in der Zeit vom 9.6.1992 bis 10.7.1992 ausgelegt. Die in ansässigen Kläger erhoben hiergegen Einwendungen, die u. a. Gegenstand des Erörterungstermins waren, der vom 26.11.1992 bis 5.12.1992 in stattfand.

Mit Beschluß vom 22.9.1993 stellte das Regierungspräsidium den Plan für die Errichtung und den Betrieb des MHKW's fest, das in einem Industriegebiet in errichtet werden und eine jährliche Durchsatzleistung von insgesamt 111.000 t haben soll, und wies gleichzeitig die gegen das Vorhaben gerichteten Einwendungen zurück.

Gegen den Planfeststellungsbeschluß haben die Kläger am 21.10.1993 beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Anfechtungsklagen erhoben. Zur Begründung rügen sie zunächst Verfahrensfehler: Die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens sei unterlassen worden, eine Auslegung der Unterlagen in sei unterblieben; der Erörterungstermin sei verfrüht durchgeführt und damit ihr rechtliches Gehör beschnitten worden, da die nach dem Erörterungstermin eingeholten weiteren Stellungnahmen und Gutachten sowie die erfolgten Umplanungen zu einer erneuten Auslegung hätten führen müssen. Schließlich sei das Regierungspräsidium institutionell befangen gewesen, da sich der Regierungspräsident positiv zur Müllverbrennung geäußert habe. Darüber hinaus verletze der Planfeststellungsbeschluß zu ihren Lasten aber auch materielles Recht: Ein Abfallentsorgungsplan sei nicht vorhanden. Die Anlage bewirke Luftverunreinigungen, die für die Kläger schädliche Umwelteinwirkungen befürchten ließen. Zwar stelle man die grundsätzliche Anwendbarkeit der TA Luft nicht mehr in Frage. Doch werde die Gefahrengrenze bei Cadmium nicht mehr durch den IW-Wert nach Nr. 2.5.1 TA Luft, sondern durch den (neueren) Wert des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) markiert. Außerdem offenbare die Anwendung der TA Luft hier schwerwiegende Defizite. Die Vorbelastungsmessung nach Nr. 2.6.2 und Nr. 2.6.3 TA Luft habe den geforderten Mindestzeitraum von sechs Monaten nicht eingehalten. Auch die Zusatzbelastung nach Nr. 2.6.4 TA Luft in Verbindung mit deren Anhang C sei mangelhaft prognostiziert worden. So sei eine fehlerhafte Emissionsdatenbasis zugrunde gelegt worden, da vom TÜV Südwest und ihm folgend vom Beklagten Tagesmittelwerte anstelle der einschlägigen Stundenmittelwerte eingesetzt worden seien, was eine bedeutende Unterschätzung der zu erwartenden Emissionen zur Folge habe. Zu beanstanden sei weiter die Verwendung der Ausbreitungsrechnung gemäß Anhang C TA Luft, da die konkreten Gelände- und Windverhältnisse von diesem Berechnungsmodell nicht angemessen erfaßt würden. Auch die Erstellung der Ausbreitungsklassenstatistik erwecke im Hinblick auf unzureichende Windmessungen Zweifel an ihrer Richtigkeit; schließlich sei die Staubkorngröße nach Anhang C Nr. 5 TA Luft fehlerhaft bemessen und daher die Ablagerungsgeschwindigkeit überschätzt worden; letztere betrage - bei richtigen Einsatzwerten - nur 0,07 m pro Sekunde, nicht 0,1 m pro Sekunde. Hinsichtlich von Immissionen kanzerogener Stoffe bestehe ein Anspruch auf Minimierung der Emissionen. Dabei seien nicht die Werte der 17. BImSchV letzter Wissensstand, sondern diejenigen des LAI. Diesem Anspruch genüge die Anlage nicht, weil sie erheblich überdimensioniert sei, weshalb bei dem gegenüber der Abfallmengenprognose zu erwartenden geringeren Müllaufkommen erheblich mehr emittiert werde, als wenn die gleiche Menge in einer kleineren, bedarfsgerechten Anlage verbrannt werde. Die Risiken seien zudem hier nicht in korrekter Weise ermittelt worden. Auch bezüglich solcher Stoffe, für die IW-Werte nach Nr. 2.5.1 TA Luft nicht existierten, seien einjährige Vorbelastungsmessungen zu fordern. Die Prognose der Zusatzbelastung enthalte - über die bereits genannten Mängel der Ausbreitungsrechnung hinaus - dort zusätzliche Fehler: So seien die Emissionsmassenströme nicht anlagebezogen; zudem werde die Anlage in erheblichem Ausmaß Benzol emittieren und damit die Immissionssituation deutlich verschlechtern. Bei PAH werde die voraussichtliche Gesamtbelastung den LAI-Wert von 1,3 ng/m3 mit 1,49 ng/m3 überschreiten, woraus Gesundheitsgefahren erwüchsen. Dem Planfeststellungsbeschluß habe keine toxikologische Untersuchung zugrunde gelegen. Dieser Mangel könne durch die vom Beklagten eingeholte Krebsrisikostudie nicht kompensiert werden. Sie sei selbst aus mehreren Gründen unzureichend. So berücksichtige sie nur sieben Schadstoffe ohne deren Kombinationswirkung, mache keine Aussagen zur Auswirkung bei Alten und Kindern, berücksichtige nicht die heilbaren Krebsfälle und auch nicht den Aufnahmepfad von Schadstoffen über die Nahrung. Schließlich seien die Auswirkungen eines Störfalls nicht in die Krebsrisikostudie miteinbezogen worden. Nicht berücksichtigt worden seien außerdem mögliche andere Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Freisetzung von Luftschadstoffen. Die Regelungen zum Störfall seien unzureichend. So sei nicht der zugrunde gelegte Bunkerbrand, sondern die unbemerkte Öffnung der Bypass-Klappe als "worst-case" anzusehen; im Falle eines Bunkerbrands ergäbe sich eine fast vierfache Überschreitung des MAK-Wertes für CO; außerdem sei bei einem Schwelbrand mit der Entstehung von Formaldehyd zu rechnen. Das Vorsorgegebot des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sei hier durch krasse Dimensionierungsfehler verletzt; diesen Mangel könnten die Kläger auch geltend machen. Der Planfeststellungsbeschluß sei weiterhin funktionslos geworden, da die vorgesehene Abfallmenge (111.000 t pro Jahr) bei weitem nicht erreicht werden könne. Darüber hinaus fehle es an einer ordnungsgemäßen Reststoffentsorgung; hinzu komme hier noch die Umplanung bezüglich der Rückstandsverbrennung. Schließlich gebe es wegen Überkapazitäten im Bereich der Abfallentsorgung keine Planrechtfertigung und sei das Abwägungsgebot verletzt, weil Alternativverfahren und Alternativstandorte nicht ausreichend geprüft worden seien und die Anlage als überdimensioniert gelten müsse.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluß des Regierungspräsidiums vom 22.September 1993 aufzuheben.Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.Er trägt unter Verweisung auf den Planfeststellungsbeschluß im wesentlichen noch vor: Verfahrensfehler seien ebensowenig vorhanden wie materiell-rechtliche Mängel. Insbesondere seien die immissionsschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten; die aufgrund der festgesetzten Emissionsgrenzwerte zu erwartenden Zusatzimmissionen seien so gering, daß eine Ermittlung der Kenngrößen für Vor- und Zusatzbelastung nach Nr. 2.6.1.1 TA Luft entbehrlich gewesen sei. Gleichwohl durchgeführte Ermittlungen der Kenngrößen hätten diesen Befund bestätigt. Die innerhalb von sechs Monaten durchgeführten Vorbelastungsmessungen seien repräsentativ, was durch in anderem Zusammenhang 1994 erfolgte Messungen der Gesellschaft für Umweltmessungen und Umwelterhebungen bestätigt werde. Die Anwendung der TA Luft führe - obwohl dieses Modell hier nicht optimal sei - eher zu Überschätzungen der realen Belastung. Darüber hinaus hätten spezielle Untersuchungen mit sogenannten "Windfeld-Partikel-Modellen" stattgefunden, die bei den Berechnungen miteinbezogen worden seien. Bezüglich behaupteter Gesundheitsbeeinträchtigungen setzten sich die Klagen im wesentlichen mit einem toxikologischen Gutachten auseinander, das im Planfeststellungsbeschluß nicht genannt werde. Die Einwendungen gegen die Krebsrisikostudie gingen am Kern des dabei verwendeten Synthesemodells vorbei. Störfallbetrachtungen erübrigten sich mangels eines Drittschutzes der Störfallschutzregelungen; im übrigen seien auch objektiv in den Ausführungen zu Störfällen keine Fehler zu finden. Auch Vorschriften über die Reststoffentsorgung seien nicht drittschützend, die damit zusammenhängenden Fragen seien aber ebenfalls objektiv-rechtlich korrekt beantwortet. Eine Planrechtfertigung liege vor; das Abwägungsgebot sei in vollem Umfang beachtet worden.

Der Beigeladene beantragt,

die Klagen abzuweisen.Auch er bestreitet formelle und materielle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses. Zu den behaupteten materiellen Mängeln führt er im wesentlichen aus: Das Fehlen eines Abfallentsorgungsplans in Baden-Württemberg bewirke keine Sperre für die Zulässigkeit der Anlage. Die inhaltlich gemäß §§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG einzuhaltenden immissionsschutzrechtlichen Vorgaben würden beachtet. Die TA Luft sei hier grundsätzlich anwendbar. Eine Ermittlung der Kenngrößen für die Vorbelastung sei wegen der durch die Anlage aufgrund der strengen Emissionsbegrenzungen zu erwartenden bloßen Bagatellimmissionen ebensowenig wie für die Zusatz- oder Gesamtbelastung nötig gewesen; sie sei gleichwohl durchgeführt worden und dürfe als repräsentativ gelten. Die Emissionsdatenbasis sei korrekt, da zu Recht bezüglich der Langzeitzusatzbelastung Tagesmittelwerte gemäß Anlage C TA Luft eingesetzt worden seien. Die Ausbreitungsrechnung sei unter Berücksichtigung von Sondersituationen, insbesondere bezüglich der nassen Deposition und der Schwachwindlagen in Höhe von 10 m über Grund, unter Einbeziehung eines dreidimensionalen Strömungs- und Ausbreitungsmodells zutreffend durchgeführt worden. Der dabei ermittelte zusätzliche Faktor von 1,7 für die Langzeitzusatzbelastung sei durchgehend berücksichtigt worden. Die Ausbreitungsklassenstatistik sei auf der Grundlage einjähriger Windmessungen mit Hilfe eines meteorologischen Übertragungsgutachtens standortrepräsentativ erstellt worden. Die Annahme einer Staubkorngröße zwischen 5 und 10 Mikrometer nach Anhang C Nr. 5 TA Luft beruhe auf neueren Erkenntnissen bei vergleichbaren Anlagen mit entsprechender Filtertechnik. Soweit die TA Luft Immissionswerte festlege, würden diese bei weitem nicht erreicht. Soweit solche Werte nicht festgelegt seien, müßten die Emissionen so weit wie möglich begrenzt werden. Dies sei vorliegend geschehen. Mehr könne nicht verlangt werden. Hilfsweise sei ein Vergleich mit den Beurteilungsmaßstäben des LAI angestellt und zu Recht eine Gesundheitsgefahr wegen des minimalen Umfangs der durch die Anlage geschaffenen Zusatzbelastung verneint worden. In diesem Bereich fehle es an Vorgaben für die Ermittlung der Vorbelastung in der TA Luft oder anderen Regelwerken. Die vorgenommenen Stichproben und darauf basierenden Abschätzungen mit Sicherheitszuschlägen seien ausreichend konservativ; das werde auch durch die UMEG-Messungen von 1994 bestätigt. Auch die Prognose der Zusatzbelastung sei nicht zu beanstanden; die Emissionsmassenströme beruhten bei Cadmium auf Angaben des Beigeladenen, im übrigen auf der Betriebserfahrung mit bestehenden vergleichbaren Anlagen. Da nach der Immissionsprognose bei Dioxinen - trotz strenger Emissionsbegrenzung - eine Zusatzbelastung von 1,75 % des Risikoschwellenwertes nach LAI zu erwarten sei, habe man eine Sonderprüfung nach Nr. 2.2.1.3 TA Luft vorgenommen und eine Krebsrisikostudie beim Krebsforschungszentrum Heidelberg in Auftrag gegeben, als deren Ergebnis eine Gesundheitsgefahr durch Dioxine oder andere Leitschadstoffe des LAI zu verneinen sei. Diese Studie sei fachgerecht und auf der Basis der LAI-Studie "Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen" erstellt worden. Auch durch sonstige, eventuell auch noch unbekannte Stoffe werde den Klägern keine Gesundheitsgefahr erwachsen. Der Planfeststellungsbeschluß sei weiterhin voll in Funktion. Sofern die maximal zugelassene Abfallmenge nicht erreicht werde, berühre das den Planfeststellungsbeschluß nicht, weil dort keine Mindestmengen zur Verbrennung festgelegt worden seien. Im übrigen sei auch die Abfallmengenprognose korrekt erstellt worden. Die Regelungen zum Störfall seien ausreichend; die 12. BImSchV nehme einen Störfall in Kauf, der trotz Erfüllung der Sicherheitspflichten der §§ 3 ff. - die hier erfüllt seien - eintrete. Im übrigen seien die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluß zum "worst-case"-Szenario zutreffend. Das Abwägungsgebot sei mangels Inanspruchnahme des klägerischen Eigentums hinsichtlich der Frage nach alternativen Verfahren, Standort und Dimensionierung - welche nicht zur Planrechtfertigung gehöre - nicht drittschützend; unabhängig davon sei es aber auch inhaltlich voll beachtet worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorliegenden Planfeststellungsakten des Regierungspräsidiums Tübingen und die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Akten des Verfahrens 10 S 2510/93 (vorläufiger Rechtsschutz) Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klagen sind zulässig. Die Kläger sind nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt; sie behaupten substantiiert, Gesundheitsgefahren durch Luftverunreinigungen, die von der planfestgestellten Anlage ausgehen, ausgesetzt und somit in ihren Rechten aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AbfG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt zu sein. Eine derartige Rechtsverletzung erscheint auch nicht nach jeder rechtlichen Betrachtungsweise ausgeschlossen, weil die Kläger zwischen 1,5 und 3,5 km vom geplanten Standort entfernt und damit im Einwirkungsbereich der Anlage wohnen. Die Zulässigkeit der Klagen wird vom Beklagten und vom Beigeladenen auch nicht in Frage gestellt.

II.

Die Klagen sind aber nicht begründet, da der angefochtene Planfeststellungsbeschluß die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Planfeststellungsbeschluß ist zu Recht noch auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 AbfG in der Fassung vor Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22.4.1993 (- InvErlWoBaulG - BGBl. I, S. 466) ergangen. Die durch Art. 6 dieses Gesetzes eingeführte Änderung u. a. des § 7 AbfG ist zwar zum 1.5.1993 in Kraft getreten (Art. 16 InvErlWoBaulG); nach der Übergangsvorschrift des Art. 7 sind bereits begonnene Verfahren zur Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen aber nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen, wenn das Vorhaben bei Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes öffentlich bekannt gemacht war, wie es hier am 29.5.1992 geschehen ist (vgl. hierzu auch Urt. d. Senats v. 28.3.1995 - 10 S 1052/93 -, Umdr. S. 11 f. und BVerwG, U. v. 24.11.1994, ZfBR 1995, 150 ff. = DVBl. 1995, 238, 240).

1. Ohne Erfolg machen die Kläger Verfahrensfehler geltend. Sie haben bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Einwendungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht erhoben, die im Tatbestand aufgeführt sind und die der Senat sämtlich für nicht durchgreifend gehalten hat (vgl. Beschl. v. 29.6.1994 - 10 S 2510/93 -, NVwZ 1995, 292). Da die Kläger hierauf während des gesamten Klageverfahrens nichts mehr entgegnet haben, nimmt der Senat zur Begründung auf die dortigen Ausführungen in vollem Umfang Bezug.

2. Der Planfeststellungsbeschluß verletzt auch nicht materielle Rechte der Kläger.

a) Aus dem Fehlen eines Abfallentsorgungsplans können sie nichts für sich herleiten. § 8 Abs. 3 Satz 1 AbfG bestimmt, daß ein Planfeststellungsbeschluß zu versagen ist, wenn das Vorhaben den für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallentsorgungsplans zuwiderläuft. Es handelt sich dabei nicht um eine drittschützende Norm, auf deren Verletzung sich die Kläger berufen könnten (vgl. Kunig/Schwermer/Versteyl, Abfallgesetz, 2. Aufl., § 8 RdNr. 38 m.w.N.; Hoesel/v.Lersner, Abfallgesetz Nr. 1180, § 8 Abs. 3 RdNr. 20). Darüber hinaus kann aus dieser Vorschrift, die Regelungen für den Fall existierender Abfallentsorgungspläne trifft, nicht umgekehrt geschlossen werden, ohne solche Pläne seien Abfallentsorgungsanlagen unzulässig (BVerwG, Beschl. v. 10.2.1983, DÖV 1983, 599; Kunig/Schwermer/Versteyl, a.a.O., § 6 RdNr. 55; Hoesel/v.Lersner, a.a.O.; Paetow, Festschrift für Sendler, 1991, S. 425, 434).

b) Die Kläger werden auch nicht durch die Zulassung der von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen in ihren Rechten verletzt. Das gilt sowohl für den Normalbetrieb als auch dann, wenn es zu Störfällen kommen sollte. Rechte der Kläger zur Abwehr von drohenden Luftverunreinigungen ergeben sich aus den drittschützenden Vorschriften des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AbfG sowie - da der Planfeststellungsbeschluß die nach § 4 BImSchG in Verb. mit Nr. 8.1 des Anhangs zur 4. BImSchG erforderliche Genehmigung umfaßt (§ 1 Abs. 1 in Verb. mit § 75 Abs. 1 LVwVfG) - der §§ 6 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Soweit dabei nachteilige Wirkungen in Gestalt schädlicher Umwelteinwirkungen in Rede stehen, sind die zuletzt genannten Vorschriften maßgeblich; ein Verstoß gegen § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AbfG entfällt, wenn ihnen genügt ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7.6.1990, NVwZ 1991, 1200). Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Der Senat hat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (10 S 2510/93) ausgeführt, daß der Einwand schädlicher Umwelteinwirkungen auch bezüglich Immissionen der Stoffe, für die in § 5 der 17. BImSchV für Müllverbrennungsanlagen Emissionsgrenzwerte geregelt sind, nicht abgeschnitten wird, wie auch aus § 20 der 17. BImSchV folgt. Hieran ist festzuhalten. Deshalb kommt es an dieser Stelle nicht darauf an, daß die im Planfeststellungsbeschluß getroffenen Festsetzungen die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV beachten und zum Teil sogar deutlich unterschreiten.

Die Kläger werden keinen im Planfeststellungsbeschluß zugelassenen Immissionen ausgesetzt sein, die geeignet sind, die von ihnen allein geltend gemachten Gefahren für ihre Gesundheit herbeizuführen.

aa) Die für den bestimmungsgemäßen Betrieb (Normalbetrieb) zugelassenen Immissionen des MHKW werden nicht zum Nachteil der Kläger zu Überschreitungen insbesondere der gesundheitsschützenden Immissionswerte für bestimmte Schadstoffe in Nr. 2.5.1 TA Luft führen. Nach Nr. 2.2.1.1.a TA Luft ist der Schutz vor Gesundheitsgefahren durch Schadstoffe, für die Immissionswerte in Nr. 2.5.1 festgelegt sind, sichergestellt, wenn die Kenngrößen für die Gesamtbelastung die Immissionswerte auf keiner Beurteilungsfläche (Nr. 2.6.2.3 TA Luft) überschreiten. Der auf der Grundlage von § 48 BImSchG als Verwaltungsvorschrift erlassenen TA Luft kommt bei der Ermittlung und Bewertung von Immissionen eine besondere Bedeutung zu. Sie enthält grundsätzlich verbindliche Regelungen, Festsetzungen und Vorgaben für die mit Genehmigungen und Anordnungen befaßten Verwaltungsbehörden (vgl. Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zugleich konkretisiert die TA Luft unbestimmte Rechtsbegriffe des Bundesimmissionsschutzgesetzes, u. a. den Schutzgrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1, durch generelle, dem gleichmäßigen und berechenbaren Gesetzesvollzug dienende Standards, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens in hohem Maße wissenschaftlich-technischen Sachverstand und allgemeine Folgenbewertung verkörpern. Solche Standards sind auch die Immissionswerte, die angeben, bis zu welcher Konzentration bestimmte von Anlagen ausgehende Verunreinigungen am jeweiligen Einwirkungsort nicht als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG anzusehen sind. Mit dieser Funktion sind die Immissionswerte der TA Luft auch im gerichtlichen Verfahren beachtlich. Der Senat hat - in Übereinstimmung mit obergerichtlicher Rechtsprechung - bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Auffassung vertreten, daß die 1986 erlassene TA Luft in den hier maßgebenden Teilen auch nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt ist. Er hat diese Auffassung jüngst unter Hinweis auf einen neueren Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 10.1.1995 - 7 B 112.94 -, DVBl. 1995, 516 f.) bestätigt (Urt. d. Senats v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 17). Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, diese Einschätzung zu ändern. Von der weiterbestehenden Aktualität des Ermittlungs- und Bewertungssystems der TA Luft gehen im übrigen inzwischen alle Beteiligten aus. In der mündlichen Verhandlung ist klargestellt worden, daß auch die Kläger diesen grundsätzlichen Punkt nicht mehr anzweifeln, wie sich aus den Äußerungen ihres Sachverständigen K. ergibt. Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung durch seinen Sachverständigen Dr. D. noch darauf hingewiesen, daß die TA Luft im allgemeinen konservative, d. h. die real auftretenden Belastungen überschätzende Werte liefere. Dies sei sowohl bei Untersuchungen im Braunkohlerevier Köln/Aachen/Düsseldorf als auch durch eigene Messungen des TÜV Südwest im Bereich der Müllverbrennungsanlagen Stuttgart und Mannheim bestätigt worden. Soweit der Sachverständige K. der Kläger eine Konservativität der TA Luft in der mündlichen Verhandlung mit dem Argument angezweifelt hat, Windfeld-Partikel-Modelle lieferten in Einzelfällen höhere Rechenwerte, erscheint dem Senat dieser Einwand nicht geeignet, die im Vergleich mit Meßergebnissen der Gesamtbelastung festgestellte Konservativität des TA Luft-Modells in Frage zu stellen. Vielmehr geht der Einwand dieses Sachverständigen inhaltlich dahin, daß in bestimmten Sondersituationen ergänzend zur TA Luft andere Rechenmodelle berücksichtigt werden müssen, wie dies im übrigen hier geschehen ist (vgl. hierzu unten).

Dafür, daß durch die in Nr. 2.5.1 TA Luft aufgeführten Schadstoffe hier keine Gesundheitsgefahren drohen, spricht bereits, daß nach den planfestgestellten Unterlagen die Voraussetzungen der Nr. 2.6.1.1 Satz 5 TA Luft erfüllt sind. Danach ist die Bestimmung der Kenngrößen für die Vorbelastung, die Zusatzbelastung und die Gesamtbelastung für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die über Schornsteine abgeleiteten Emissionen die in der zugehörigen Tabelle festgelegten Massenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder hoher Vorbelastungen etwas anderes ergibt. Aufgrund der Vorgaben in Nr. 1.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses, der u. a. für sämtliche in der Tabelle zu Nr. 2.6.1.1 TA Luft genannte Stoffe Grenzwerte festsetzt, werden die Bagatellmassenstromwerte der TA Luft deutlich unterschritten, wie bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt worden und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Auch die beiden weiteren Voraussetzungen der Nr. 2.6.1.1 Satz 5 TA Luft für einen Verzicht auf eine konkrete Ermittlung der betreffenden Schadstoffimmissionen lagen vor. Soweit sich die Kläger auf besondere topographische und klimatische Verhältnisse, insbesondere häufige Schwachwindlagen und atypisches Windfeld, berufen, wird dem ausreichend dadurch Rechnung getragen, daß die geplante Schornsteinhöhe von 91 m (vgl. 3.2.1.5 der genehmigten Bauvorlagen, Ordner 1) die nach TA Luft erforderliche Höhe von 47 m (vgl. Stellungnahme des TÜV Südwest zur Schornsteinhöhe vom 23.4.1992, Ordner 11) deutlich übertrifft und in diesem Immissionsniveau - anders als in der Talsohle - nur mit einem sehr niedrigen Schwachwindanteil und auch sonst günstigen Ausbreitungsbedingungen zu rechnen ist (vgl. vertiefende Untersuchungen der Windverhältnisse durch den TÜV Südwest vom 4.6.1993, Ordner 14). Diese bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom Senat summarisch skizzierte Auffassung ist durch erläuternden Äußerungen des Sachverständigen Dr. D. des Beigeladenen zu den durchgeführten Windmessungen im Lauf der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Hierauf wird bei der Diskussion der Meßergebnisse noch im einzelnen eingegangen werden. Schließlich waren zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses keine hohen Vorbelastungen hinsichtlich der in Nr. 2.5.1 TA Luft genannten Schadstoffe vorhanden (vgl. Beschl. d. Senats v. 29.6.1994, a.a.O.).

Das Ergebnis der sonach entbehrlichen, vom Beklagten aber gleichwohl durchgeführten Ermittlung der Kenngrößen für die Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung bestätigt das Fehlen von Gesundheitsgefahren für die Kläger durch Immissionen der aufgeführten Stoffe. Danach werden die Immissionswerte für die Langzeit- und Kurzzeitbelastung (IW 1- und IW 2-Werte) nach Nr. 2.5.1 TA Luft durch das Zusammenwirken von Vor- und Zusatzbelastung für keinen der dort aufgeführten Schadstoffe erreicht (vgl. TÜV Südwest, Umweltverträglichkeitsstudie vom 27.6.1991/27.4.1992, Bl. 6.4 - 37f. und - 49, Ordner 8.1). Das gilt auch, wenn aufgrund der im Hinblick auf die Meßergebnisse des TÜV Südwest in 10 m Höhe am Standort vom Beklagten später zusätzlich veranlaßten kombinierten Ausbreitungsrechnung (TA Luft- und Windfeldpartikel-Modelle) die - sehr geringen - Kenngrößen für die Langzeitzusatzbelastung um den Faktor 1,7 über den Werten aus reinen Ermittlungen nach TA Luft liegen. Darüber, daß die IW-Werte in Nr. 2.5.1 TA Luft bei den angewandten Ermittlungsmethoden nicht erreicht werden, besteht auch Einigkeit unter den Beteiligten.

Die Ermittlungsmethoden sind nicht zu beanstanden. Einwendungen der Kläger hiergegen bleiben ohne Erfolg. Die Vorbelastung wurde nach Nr. 2.6.2 und 2.6.3 TA Luft repräsentativ ermittelt (vgl. hierzu TÜV Umwelt, Stellungnahme vom 11.2.1994, Bl. 6). Der Meßzeitraum zwischen dem 11.1. und 29.6.1988 unterschritt zwar knapp den Sechs-Monats-Zeitraum, der nach Nr. 2.6.2.5 TA Luft nicht unterschritten werden "soll", war aber dennoch ausreichend aussagefähig, weil er anteilig das Sommer- und Winterhalbjahr berücksichtigte. Dies hat der Senat bereits im Beschluß vom 29.6.1994 (a.a.O.) ausgeführt. Hieran wird festgehalten. Die Repräsentativität der Vorbelastungsmessungen wird zusätzlich indiziell dadurch bestätigt, daß spätere Messungen der UMEG (1994) für die gesamte Stadt Ulm (damit allerdings in einem nicht mit dem Beurteilungsgebiet nach TA Luft deckungsgleichen Gebiet) nach den insoweit nicht bestrittenen Angaben von Dr. D. in der mündlichen Verhandlung lediglich bei Cadmium und NO2 leichte Überschreitungen der vom TÜV Südwest ermittelten Werte, ansonsten in etwa vergleichbare und bei SO2 sogar deutlich niedrigere Vorbelastungswerte ergeben haben. Das spricht für die Plausibilität der vom TÜV Südwest ermittelten Werte.

Auch die Kenngrößen für die Immissionszusatzbelastung wurden korrekt nach Nr. 2.6.4 TA Luft in Verbindung mit deren Anhang C ermittelt. Das gilt zunächst für die Emissionsdatenbasis, welche für die Immissionsprognose von Bedeutung ist. Der Beklagte hat - insgesamt dem TÜV Südwest folgend - für die Immissionsprognose der Langzeitzusatzbelastung Tagesmittelwerte der Immissionen (über die Probenahmedauer) zugrunde gelegt, während er für die Kurzzeitzusatzbelastung auf den Halbstundenmittelwert der Emissionen abgestellt hat. Der Senat vermag nicht zu erkennen, daß diese - wie die mündliche Verhandlung ergeben hat - jedenfalls in Baden-Württemberg bei Müllverbrennungsanlagen generell praktizierte Verfahrensweise zu Ergebnissen führt, die gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Verbindung mit den diesen Schutzgrundsatz konkretisierenden Regelungen der TA Luft verstoßen.

Nach Anhang C Nr. 3 TA Luft sind für den Immissionsmassenstrom die mittleren stündlichen Werte einzusetzen, die sich bei bestimmungsgemäßem Betrieb bei den für die Luftreinhaltung ungünstigsten Betriebsbedingungen ergeben, insbesondere hinsichtlich des Einsatzes von Brenn- und Rohstoffen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen K. der Kläger war für die Langzeitzusatzbelastung nicht generell auf - gegenüber den Tagesmittelwerten höhere - Stundenmittelwerte der Emissionen zurückzugreifen. Dafür sprechen sprachliche und systematische Erwägungen. Der Beigeladene hat zu Recht darauf hingewiesen, daß in der TA Luft sowohl die Begriffe "Tagesmittelwert" als auch "Halbstundenmittelwert" Verwendung finden (vgl. Nr. 2.1.5 TA Luft), in Anhang C dagegen eine hiermit nicht deckungsgleiche Begrifflichkeit gewählt wird. Das legt den von Beigeladenem und Beklagtem gezogenen und praktizierten Schluß der Notwendigkeit einer Differenzierung nahe, je nach dem, ob es um die Prognose einer Langzeit- oder Kurzzeitzusatzbelastung geht. Ein Abstellen auf Tagesmittelwerte ist nach den Erläuterungen von diesen Beteiligten in der mündlichen Verhandlung für die Prognose einer Langzeitzusatzbelastung hinreichend aussagekräftig und dort, wo keine kontinuierlichen Emissionsmessungen, sondern nur Probenahmen erfolgen, auch allein praktikabel, da Stundenmittelwerte nur ermittelbar sind, wenn kontinuierlich gemessen wird. Der Sachverständige Dr. D. des Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt, den nach der TA Luft zu berücksichtigenden "ungünstigsten Betriebsbedingungen" werde beim Ansatz des TÜV dadurch Rechnung getragen, daß für die Emissionsdatenbasis die maximal zulässige Abgasmenge zugrunde gelegt werde, nicht die tatsächlich viel geringeren Betriebserwartungswerte. Kurzzeitige Schwankungen innerhalb der Betriebsphasen würden sich im Jahresmittel, auf das bezüglich der Langzeitzusatzbelastung abzustellen sei, ausgleichen, wie auch durch Messungen an bestehenden Müllverbrennungsanlagen bestätigt werde. Auch deshalb sei der Ansatz von Stundenmittelwerten hier verfehlt. Schließlich liege eine weitere Konservativität des gewählten Ansatzes darin, daß man zugunsten der immissionsbetroffenen Nachbarn rechnerisch von einem ganzjährigen Vollastbetrieb der Anlage ausgegangen sei, ohne zeitliche Abzüge für notwendige Wartungen oder Reparaturen vorzunehmen.

Diese detaillierten Erläuterungen erscheinen dem Senat schlüssig und überzeugend. Sie stehen im Einklang mit den bereits im Planfeststellungsverfahren erfolgten Sachverständigendarlegungen des TÜV Südwest und werden durch die Zweifel des Sachverständigen K. der Kläger nicht erschüttert. Dieser versucht nicht, die gutachterlich belegte Position von Beklagtem und Beigeladenem konkret zu widerlegen, sondern begründet seine gegenteilige Auffassung pauschal mit dem Hinweis auf eine bei seinem Ansatz erreichbare noch größere Konservativität der Berechnungen. Er macht dabei aber nicht hinreichend deutlich, welche Aussagekraft ein in seinem Sinn ermittelter Wert für die Langzeitzusatzbelastung noch haben soll. Entsprechendes gilt für die Ausführungen des Sachverständigen D. der Kläger, soweit ihnen die Forderung nach einem generellen (nicht nur für kanzerogene Stoffe) Ansatz von Halbstundenmittelwerten zu entnehmen sein sollte.

Auch die durchgeführte Ausbreitungsrechnung leidet an keinen Mängeln. Der Beklagte hat im Hinblick darauf, daß Windmessungen im Standortbereich in 10 m über Grund eine Schwachwindhäufigkeit von 44,5 % ergeben haben, eine Ergänzung der Immissionsprognose nach TA Luft durch ein dreidimensionales Strömungs- und Ausbreitungsmodell vornehmen lassen und die aus der Kombination der Modelle resultierenden, gegenüber dem reinen TA Luft-Modell um den Faktor 1,7 höheren Werte der Langzeitzusatzbelastung in die Immissionsprognose eingestellt. Damit hat er Nr. 2.6.4.1.c TA Luft Rechnung getragen, wonach sehr häufige Schwachwindlagen besonders zu berücksichtigen sind. Das ist in der Regel erforderlich, wenn mittlere Windgeschwindigkeiten von weniger als 2 Knoten im 10-Minutenmittel am Standort der Anlage in mehr als 30 % der Stunden des Jahres zu erwarten sind. Entgegen der Auffassung der Kläger bedürfen die so ermittelten Werte keiner Korrektur nach oben. Die Einwände der Kläger, die sich nicht gegen den Ansatz des Kombinationsmodells im Grundsatz richten, sondern gegen die berücksichtigte meteorologische Datenbasis, greifen nicht durch. Das Argument des Sachverständigen K. der Kläger, es seien nur Schwachwinde, nicht aber auch die in 10 m über Grund auftretenden Windstillen in der Modellrechnung berücksichtigt worden, vermag den Ansatz nicht in Zweifel zu ziehen. Der Sachverständige Dr. D. des Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigenvortrag des TÜV Südwest im Planfeststellungsverfahren und im gerichtlichen Eilverfahren wiederholt und dargelegt, man habe die Modellrechnung für die - gegenüber der tatsächlichen Ausbreitungssituation fiktiven - 44,5 % Schwachwinde unter Einbeziehung der durch konkrete Messungen am Standort im Ausbreitungsniveau oberhalb der geplanten Schornsteinhöhe von 91 m ermittelten Winddaten durchgeführt. Dort seien Schwachwinde in weniger als 5 % der Jahresstunden, absolute Windstillen aber gar nicht festgestellt worden. Dem Senat erscheint dieser Ansatz plausibel und nachvollziehbar. Wollte man demgegenüber mit den Klägern nicht nur für die Frage, ob eine besondere Prüfung durchzuführen ist, auf die fiktiven Daten im Höhenniveau von 10 m über Grund abstellen, sondern diese fiktiven Daten dann dieser Prüfung auch unverändert zugrunde legen, würde deren Zweck, eine realistische Prognose zu erlauben, verfehlt. Denn die Ausblendung der meteorologischen Datenbasis für das reale Ausbreitungsniveau würde zu einem Ergebnis führen, das für die Beurteilung der tatsächlich zu erwartenden Immissionszusatzbelastungen unbrauchbar wäre.

Auch das vom Beigeladenen und TÜV Südwest ermittelte Ergebnis der Windrichtungsverteilung im Ausbreitungsniveau unterschätzt jedenfalls nicht zu Lasten der Kläger mögliche Immissionen. Der Sachverständige Dr. D. des Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung hierzu erläuternd ausgeführt, man habe aufgrund langjähriger Messungen zur Verfügung stehende Windfelddaten des Gitterpunktes Memmingen in 1.000 m Höhe für Windfeldmodellierungen im Ausbreitungsniveau der Anlage miteinbezogen. So sei man zu einer gegenüber den ursprünglichen Annahmen noch verstärkten Windrichtungsbündelung im Ausbreitungsniveau der Schadstoffe gelangt mit der Folge einer höheren maximalen Zusatzbelastung. Der ursprüngliche Einwand der Sachverständigen K. der Kläger, die Windrichtungsbündelung beim Gitterpunkt Memmingen sei viel geringer als im Ausbreitungsniveau der Anlage, weshalb bei Verwendung dieser Daten die Bündelung konkret zu Lasten der Kläger unterschätzt werde, ist nach Auffassung des Senats unmittelbar aufgrund der genannten Darlegungen von Dr. D., die von den Klägern nicht bestritten werden, widerlegt. Denn danach sind die Daten des Gitterpunkts Memmingen in 1.000 m Höhe nicht als Daten für den Standort der Anlage in die Modellrechnung übernommen, sondern nur für die Abschätzung im Ausbreitungsniveau rechnerisch miteinbezogen worden. Auch die bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erwähnten kritischen Anmerkungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), der die ergänzenden Untersuchungen des TÜV Südwest begleitet hat, ändern nichts an der Verwertbarkeit der ermittelten Ergebnisse. Diese Kritik geht vielmehr dahin, daß möglicherweise die Windrichtungsbündelung durch den TÜV Südwest sogar überschätzt wurde, wie der Sachverständige P. vom DWD zur Erläuterung der Stellungnahme des DWD vom 19.8.1993 im Verwaltungsverfahren (Verfahrensordner 4, S. 28) in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Weiterer Aufklärung bedarf es insoweit nicht, da für eine die Kläger belastende Unterschätzung der Windrichtungsbündelung damit nichts ersichtlich ist.

Schließlich ist auch die Annahme des Beklagten nicht zu beanstanden, nach Anhang C Nr. 5 TA Luft liege die Staubkorngröße im Bereich zwischen 5 und 10 Mikrometer mit der Folge einer Ablagerungsgeschwindigkeit von 0,1 m/sec. Der von den Klägern für richtig gehaltene Ansatz von 0,07 m/sec. ist nach Anhang C Nr. 5.1 TA Luft dann geboten, wenn die Korngrößenverteilung nicht bekannt ist. Demgegenüber hat der Beigeladene unter Berufung auf die Stellungnahme des TÜV Südwest vom 11.2.1994 ausgeführt, bei vergleichbaren Anlagen mit entsprechender Filtertechnik seien nach neueren Messungen keine Staubkörner über eine Größe von 5 bis 7 Mikrometer hinaus nachweisbar. Der Senat hat diese Position bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (a.a.O.) nicht in Zweifel gezogen und hält hieran weiter fest. Konkrete Einwände hiergegen haben die Kläger nicht mehr vorgebracht; daher bedarf es insoweit weder weiterer Ermittlungen durch den Senat (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation: BVerwG, Beschl. v. 25.1.1988, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 Nr. 196, und Beschl. v. 13.3.1992, NVwZ 1993, 268 f.) noch zusätzlicher Ausführungen.

Somit greifen die Einwände der Kläger gegen die verwendeten Ermittlungsmethoden nicht durch. Die festgestellte Unterschreitung der 2.5.1-Werte der TA Luft ergibt sich im übrigen auch dann, wenn man statt der - korrekt ermittelten - Vorbelastungswerte diejenigen ansetzen wollte, die von der UMEG im Jahre 1994 gemessen worden sind. Auch das ist nicht streitig.

Soweit die Kläger durch ihren Sachverständigen K. geltend machen, bezüglich Cadmium konkretisierten inzwischen nicht mehr die IW-Werte der TA Luft die Gefahrengrenze, sondern die Beurteilungsmaßstäbe des LAI, welche hier überschritten würden, trifft weder der eine noch der andere Teil dieser Behauptung inhaltlich zu. Es fehlt bereits an einer Überschreitung des LAI-Wertes für Cadmium durch die Gesamtbelastung. Mit 0,648 ng/m3 am Ort maximaler Konzentration wird nicht nur der IW1-Wert von 40 ng/m3 unterschritten, sondern auch der LAI-Wert von 1,7 ng/m3. Der LAI-Wert wird auch dann nicht erreicht, wenn man den von der UMEG gemessenen Vorbelastungswert von 0,8 ng/m3 ansetzen wollte (dann betrüge die Gesamtbelastung 0,848 ng/m3). Bei der Unterschreitung des LAI-Werts bliebe es selbst dann, wenn man mit dem Sachverständigen K. aus den UMEG-Messungen zugunsten der Kläger sogar eine Vorbelastungshöhe von 1,2 ng/m3 extrapolieren wollte (dann beliefe sich die Gesamtbelastung auf 1,248 ng/m3), so daß offen bleiben kann, ob eine derartige Extrapolation zulässig wäre, was vom Sachverständigen Dr. D. in Zweifel gezogen worden ist. Darüber hinaus liegen die auf die Kläger tatsächlich zukommenden Belastungen noch unterhalb dieser Werte, weil sie nicht an den Punkten maximaler Belastung wohnen, für die die genannten Werte ermittelt worden sind.

Außerdem ließe sich selbst aus einer Überschreitung der LAI-Werte durch die Gesamtbelastung die Annahme einer Gesundheitsgefahr noch nicht herleiten. Sinn und Zweck der Entwicklung von Beurteilungsmaßstäben für kanzerogene Luftverunreinigungen durch den LAI war es, Vorschläge zu machen, um Belastungen durch die wichtigsten krebserzeugenden Luftschadstoffe in einem realistischen Maß risikoproportional abzubauen und dabei die unterschiedlichen Belastungssituationen in ländlichen Gebieten und in Ballungsgebieten zu berücksichtigen (vgl. Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen, herausgegeben vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, 1992, II, S. 4 ff.). Die Arbeitsgruppe hat bei Ableitung der Beurteilungsmaßstäbe bewußt darauf verzichtet, zur Frage Stellung zu nehmen, ab welchem Risiko eine Gesundheitsgefahr im Rechtssinne vorliegt, und zur rechtlichen Beurteilung dieser Frage das System der TA Luft grundsätzlich weiterhin für einschlägig gehalten (vgl. a.a.O., III, S. 7), ohne sich zu den dort festgelegten Immissionswerten zu äußern. Sie hat sich unter Verwendung des Begriffs "Individualrisiko" (a.a.O., III, S. 17) sachlich mit einem "akzeptablen Kollektivrisiko" (vgl. Franßen, Dokumentation zur 16. Wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht, 1992, S. 31, 38) befaßt; gemeint ist ein mittleres Pro-Kopf-Risiko bei homogenen Expositionsbedingungen für die gesamte Lebenszeit. Diese statistische Abstraktion besagt noch nichts über das Vorliegen einer Gefahr im immissionsschutzrechtlichen Sinn.

Hinsichtlich kanzerogener Schadstoffe, für die Immissionswerte nach TA Luft nicht festgesetzt sind, ist dem Schutzgrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ebenfalls genügt. Nach Auffassung des Senats vermittelt zwar auch die Regelung in Nr. 2.2.1.5 TA Luft, wonach zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch krebserzeugende Stoffe deren Emissionen nach Nr. 2.3 zu begrenzen und nach Nr. 2.4 abzuleiten sind, in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG Drittschutz (vgl. zuletzt Urt. d. Senats v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 25, m.w.N., und Beschl. d. Senats v. 29.6.1994, a.a.O.). Die Emissionsbegrenzungen der TA Luft und darüber hinaus diejenigen des § 5 der 17. BImSchV (zu deren Drittschutz zweifelnd: OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.3.1994 - 8 B 12060/93.OVG - Umdr. S. 18) werden aber vom Planfeststellungsbeschluß (vgl. Nr. 1.2.1) unstreitig eingehalten. Die Auffassung der Kläger, die Werte der 17. BImSchV seien "nicht letzter Wissensstand" (vgl. aber die Rechtsprechung des Senats, Urt. v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 25, und Beschl. d. Senats v. 29.6.1994, a.a.O., unter Bezug auf die amtliche Begründung zur 17. BImSchV, abgedruckt bei Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Nr. 2.17, S. 6), vielmehr seien, soweit existent, die Maßstäbe des LAI hier heranzuziehen, überzeugt nicht. Sie verfehlt ungeachtet des Rechtscharakters von Empfehlungen des LAI das Problem schon im Ansatz, weil die 17. BImSchV Emissionsgrenzwerte enthält, in der LAI-Studie "Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen" aber Beurteilungsmaßstäbe für Immissionen aufgestellt wurden (a.a.O., III, S. 158).

Ob über die Einhaltung vorgegebener Emissionsgrenzwerte hinaus auch die Begrenzung der im Abgas enthaltenen Emissionen krebserzeugender Stoffe so weit wie möglich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. TA Luft Nr. 2.3 Abs. 1) im Rahmen des Abwehranspruchs gegen schädliche Umwelteinwirkungen verlangt werden kann, ist streitig (vgl. dafür: Roßnagel, in: Gemeinschaftskommentar zum BImSchG, § 5 RdNr. 840, 366, mit Nachweisen der Gegenmeinung in Fußnote 797; differenzierend: Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, Nr. 2.2.1.5 TA Luft RdNrn. 3 und 6, Nr. 2.3 TA Luft RdNr. 7: wohl überwiegend Vorsorgeaspekte), bedarf aber vorliegend keiner Entscheidung. Denn auch dann, wenn man zugunsten der Kläger von einem solchen Anspruch ausgeht, fehlt es an jedem Anhaltspunkt, daß gegen ein so verstandenes Minimierungsgebot verstoßen worden wäre. Anders als die Kläger offenbar annehmen, könnte aus einem drittschützenden Minimierungsgebot allenfalls die Pflicht entnommen werden, die Abgase der konkreten zur Genehmigung gestellten Anlage im Rahmen der Verhältnismäßigkeit so gering wie möglich zu halten. Verstöße hiergegen sind nicht ersichtlich. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob bei einer geringeren Dimensionierung der Anlage - unterstellt, sie würde, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptet haben, eine bessere Auslastung gewährleisten - die Immissionen einer solchen Anlage bei gleicher Abfallmenge geringer wären als die der planfestgestellten. Dies gilt allerdings nur auf der hier vorausgesetzten und unten noch weiter ausgeführten Basis, daß die konkrete Anlage - abgesehen davon, daß sie an sie selbst gerichtete Gebote zur Minimierung kanzerogener Emissionen beachtet - auch sonst keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorruft.

Ein weitergehendes Verständnis des Minimierungsgebots hätte zunächst schon den Wortlaut der die Minimierungspflicht erläuternden Nr. 2.3 TA Luft ("Abgase der Anlage") gegen sich. Entsprechendes gilt für die von Roßnagel (a.a.O., § 5 RdNr. 840) ebenfalls als drittschützend angesehene Minimierungspflicht der Nr. 3.1.7 Abs. 7 TA Luft. Danach sind bei organischen Stoffen im Zusammenhang mit der Minimierung des Emissionsmassenstroms neben der Abgasreinigung insbesondere prozeßtechnische Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Beschaffenheit von Einsatzstoffen und Erzeugnissen zu treffen. Das zeigt, daß Minimierung hier im Sinn einer Optimierung einer ganz konkreten Anlage verstanden wird. Eine andere Sichtweise wäre auch mit dem System des - für die Anlagenzulassung maßgeblichen - Immissionsschutzrechts unvereinbar. Danach besteht für denjenigen, der eine genehmigungsbedürftige Anlage errichten und betreiben will, ein Anspruch auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 6 BImSchG, wenn u. a. die Voraussetzungen des § 5 BImSchG und die in einer Rechtsverordnung hierzu genannten Anforderungen (vgl. § 7 Abs. 1 BImSchG) erfüllt sind. Die Genehmigung kann also nicht mit dem Hinweis versagt werden, eine wesentlich kleiner dimensionierte Anlage - damit also letztlich eine andere Anlage als die geplante - wirke sich immissionsmäßig noch günstiger aus. Vielmehr ist dann, wenn ein Verstoß der konkret geplanten Anlage gegen § 5 BImSchG nicht ersichtlich ist, die Genehmigung zu erteilen; dem Antragsteller kann nicht die Genehmigung für eine andere Anlage aufgedrängt werden.

Mit dem - unterstellten - Anspruch auf Minimierung von Emissionen aus der konkreten Anlage können die Kläger nach den obigen Darlegungen schließlich ebensowenig wie eine geringere Dimensionierung die Wahl einer anderen Verfahrenstechnik (biologisch-mechanisch bzw. Schwel-Brenn-Technik oder Thermoselect) oder eines anderen Standortes verlangen.

Daß trotz Einhaltung der Emissionsbegrenzungen für kanzerogene Stoffe nach TA Luft und 17. BImSchV die Kläger Immissionen durch diese oder sonstige kanzerogene Stoffe, für die in der TA Luft keine Immissionswerte festgelegt sind, ausgesetzt sein werden, die geeignet sind, Gefahren für ihre Gesundheit hervorzurufen, ist nach den vorliegenden tatsächlichen Erkenntnissen zu verneinen. Im Planfeststellungsbeschluß wurde dem Umstand, daß eindeutige Aussagen über risikolose Wirkungsdosen im Bereich kanzerogener Stoffe nicht möglich sind, dadurch Rechnung getragen, daß hilfsweise ein Vergleich mit den Beurteilungsmaßstäben des LAI zur Begrenzung des Krebsrisikos durch Luftverunreinigungen (a.a.O., III, S. 158) angestellt wurde. Im Planfeststellungsbeschluß ist weiter dargelegt, die LAI-Werte würden durch die aus der Vorbelastung und der durch die Anlage bewirkten Zusatzbelastung geschaffene Gesamtbelastung ganz überwiegend unterschritten; Überschreitungen bei Dieselruß und Benzol stammten bereits aus der Vorbelastung, ohne daß durch die Anlage - wie auch bezüglich der übrigen Stoffe - noch eine nennenswerte Zusatzbelastung geschaffen werde. Dies bestätige im übrigen auch die ergänzend in Auftrag gegebene Krebsrisikostudie.

Die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluß beruhen auf Ermittlungen, die entgegen der Auffassung der Kläger in vollem Umfang verwertbar waren, und auf Bewertungen über die Unerheblichkeit geringfügiger Zusatzbelastungen, die der Senat teilt. Zusätzliche Untersuchungen erscheinen bei dieser Sachlage entbehrlich.

Die Ermittlung der Vorbelastung für die sieben vom LAI in seiner Krebsrisikostudie ausgewählten Stoffe begegnet - anders als die Kläger meinen - keinen Einwänden. Der TÜV Südwest hat hier orientierende Messungen im Oktober/November 1991 und Januar/Februar 1993 mit Nachmessungen im März 1993 vorgenommen und die Unsicherheiten solcher kurzzeitiger Stichprobenmessungen durch Bildung oberer Erwartungswerte mit entsprechenden Sicherheitszuschlägen berücksichtigt (vgl. z. B. Erläuterungen in der Stellungnahme des TÜV Umwelt vom 11.2.1994, Bl. 7). Die von den Klägern demgegenüber geforderten einjährigen Vorbelastungsmessungen für nicht unter Nr. 2.5 TA Luft vorhandene Stoffe sind weder durch die TA Luft noch sonst vorgegeben. Auch Nr. 2.2.1.3 TA Luft (Sonderfallprüfung, siehe hierzu noch weiter unten) verlangt kein bestimmtes Prüfverfahren. Es fehlen auch Anhaltspunkte dafür, daß die bei den Schätzungen zugrunde gelegten Sicherheitszuschläge nicht ausreichend konservativ gewesen wären. Im Gegenteil stellen die inzwischen vorliegenden Messungen der UMEG aus dem Jahre 1994 für das Stadtgebiet Ulm ein bestätigendes Indiz dafür dar, daß der Ansatz des TÜV Umwelt sachgerecht war: Vergleicht man die 1994 gemessenen mit den (für ein nicht identisches Gebiet, vgl. oben) abgeschätzten Werten des TÜV Südwest, so zeigt sich, daß die Messungen nur bei Arsen (1,8 ng/m3 statt 1,2 ng/m3) und bei - dem schon unter TA Luft Nr. 2.5.1 erfaßten (siehe oben) - Cadmium (0,8 ng/m3 statt 0,6 ng/m3) höhere Werte als die Abschätzung erbrachten, während bei den übrigen Stoffen aus der LAI-Liste die Meßwerte die Abschätzungen unterschritten (Benzol 3 Mikrogramm/m3 statt 4,1 Mikrogramm/m3, Gesamtstaub mit Aktivkoksfragmenten 5,0 Mikrogramm/m3 statt 5,7 Mikrogramm/m3, Benzo-a-pyren 0,8 ng/m3 statt 1,2 ng/m3, 2, 3, 7, 8-TCDD 0,008 pg/m3 statt 0,009 pg/m3, Asbest 80 Fasern/m3 statt 92 Fasern/m3).

Auch gegen die Prognose der Zusatzbelastung bestehen beim Senat keine Bedenken. Soweit sich die Angriffe der Kläger gegen die Ausbreitungsrechnung (Emissionsdatenbasis, konkret eingesetzte Winddaten, Staubkorngröße) richten, gilt das oben zu Nr. 2.5.1 TA Luft Ausgeführte entsprechend. Die Beanstandung, die Emissionsmassenströme seien nicht anlagenbezogen, hat der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für nicht durchgreifend gehalten (a.a.O.). Hieran wird weiter festgehalten. Nach den Angaben des TÜV Südwest zur Ergänzung seiner Immissionsprognose vom 30.6.1993 (Blatt 20, Ordner 14) beruhen die angesetzten Werte (außer für Cadmium, für das der Antragswert zugrunde gelegt wurde) auf der Betriebserfahrung mit bestehenden, vergleichbaren Anlagen. Das erscheint sachgerecht und ist von den Klägern auch nicht mehr substantiiert bestritten worden. Bei Benzol gelten allerdings folgende Besonderheiten: Die vom TÜV Südwest prognostizierte Zusatzbelastung von 0,001 Mikrogramm/m3 (vgl. Tabelle 4 A, Bl. 28 der Zusatzblätter zur Ergänzung der TA Luft-Immissionsprognose vom 8.7.1993, Ordner 14) beruht nach Angaben des Sachverständigen Dr. D. in der mündlichen Verhandlung auch hier auf dem - realistischen, auch von den Klägern nicht bezweifelten - Betriebserwartungswert von 0,2 mg/m3. Demgegenüber ist im Planfeststellungsbeschluß (1.2.1) für Benzol ein Probenahmemittelwert von 0,5 mg/m3 festgesetzt worden, um u.a. im Anfahrbetrieb mögliche kurzfristige Überschreitungen des Betriebserwartungswertes rechtsverbindlich in engen Grenzen zu halten. Ob bezüglich der rechtlich zulässigen maximalen Zusatzbelastung durch Benzolimmissionen für die Emissionsdatenbasis somit der im Planfeststellungsbeschluß zugelassene Probenahmemittelwert ausschlaggebend ist, kann jedoch offenbleiben. Denn auch bei diesem modifizierten Ansatz wird sich die Zusatzbelastung unterhalb von 1 % des LAI-Beurteilungsmaßstabs bewegen, wie Dr. D. in der mündlichen Verhandlung unbestritten ausgeführt hat.

Der Senat teilt die Auffassung von Beklagtem und Beigeladenem, daß eine Zusatzbelastung von 1 % anerkannter Wirkungsschwellen bzw. der LAI-Beurteilungsmaßstäbe für kanzerogene Stoffe im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG als irrelevant angesehen werden kann. Ausgangspunkt ist Nr. 2.2.1.3 TA Luft, wonach u. a. bei Schadstoffen, für die Immissionswerte in Nr. 2.5 TA Luft nicht festgelegt sind, eine Prüfung, ob schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, erforderlich ist, wenn hierfür hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Derartige Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung liegen vor, wenn nach der Art des Verfahrens, der Einsatz-, End- und Nebenprodukte oder nach den Ableitungsbedingungen bestimmte Stoffe in einer Art und Menge emittiert werden, daß sie am Einwirkungsort zu Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen führen können. Bei einer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Betrachtung ist es gerechtfertigt, in Anlehnung an Nr. 2.6.1.1 Satz 5 TA Luft (Bagatellmassenströme) Bagatellgrenzen für Immissionsbeiträge festzulegen (vgl. Hansmann, a.a.O., Bd. III TA Luft Nr. 2.2.1.3 RdNr. 5, 8-11; Koch, in: Gemeinschaftskommentar zum BImSchG, § 3 RdNr. 126 ff.; Urt. d. Senats v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 26). Werden derartige Bagatellgrenzen unterschritten, kann eine weitere Sonderfallprüfung zumindest in der Regel entfallen. Dementsprechend hat der LAI zur Bestimmung von Bagatellgrenzen sechs von einem Arbeitskreis entwickelte sogenannte "Irrelevanzkriterien" vorgeschlagen (vgl. LAI, Bewertung von Schadstoffen, für die keine Immissionswerte festgelegt sind, herausgegeben vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, 1991, S. 26, 27). Dazu gehört auch das Kriterium, daß die Immissionszusatzbelastung 1 % von anerkannten Wirkungsschwellen ist, wobei für bestimmte häufig vorkommende kanzerogene Luftschadstoffe die Beurteilungsmaßstäbe der LAI-Studie "Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen" (a.a.O.) anstelle fehlender Wirkungsschwellenwerte herangezogen werden können (vgl. Urt. d. Senats v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 27).

Das Ergebnis, daß die von der Anlage ausgehenden Zusatzbelastungen mit Immissionen kanzerogener Stoffe, die in der LAI-Liste enthalten sind, keine Gesundheitsgefährdungen der Kläger zur Folge haben werden, wird durch die vom Beklagten in Auftrag gegebene Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (Quantitative Risikoabschätzungen zum Krebsrisiko durch Luftschadstoffe vom 22.7.1993) bestätigt. Der Beklagte hatte diese Studie nach den oben aufgezeigten Grundsätzen im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nr. 2.2.1.3 TA Luft deshalb eingeholt, weil bei Dioxinen nach den Ermittlungen des TÜV Südwest eine Zusatzbelastung von 1,75 % des Risikoschwellenwerts nach LAI zu erwarten war. Diese Studie kommt bezüglich der sieben vom LAI betrachteten Leitschadstoffe zum Ergebnis, daß sich durch die streitige Anlage bei 70jähriger Exposition ein zusätzliches Risiko von 2,2 x 10 (hoch -6) Krebstoten ergeben wird, d. h. von 2,2 zusätzlichen Toten auf 1.000.000 Einwohner. Die Studie enthält sich einer Bewertung, inwieweit dieses Risiko tolerierbar ist, weist aber darauf hin, daß jedwede Immission kanzerogener Stoffe zu einer quantitativen Risikoerhöhung führt. Das entspricht den Äußerungen des Sachverständigen der Kläger Prof. Dr. W. in der mündlichen Verhandlung. Der Senat teilt die im Planfeststellungsbeschluß vertretene Auffassung, daß der ermittelte Wert als Risiko unterhalb der Schwelle einer Gesundheitsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG anzusehen ist. Das wird bestätigt durch die von dem Ministerium für Umwelt in Baden-Württemberg in Auftrag gegebene und im November 1992 fertiggestellte Studie des Instituts für Energie und Umweltforschung Heidelberg (IfEU), in der ein Vergleich der Auswirkungen verschiedener Verfahren der Restmüllbehandlung auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit angestellt wird. Darin ist zur vorliegenden Thematik ausgeführt (Verfahrensordner 5, S. 128):

"Das unter der konservativen Annahme eines lebenslangen Aufenthalts ammaximalen Immissionsort bestimmte zusätzliche Krebsrisiko durchEmission krebserzeugender Schadstoffe mit der Abluft lag für alleKonzepte zwischen 0,2 bis 7 pro Million und liegt damit im Bereich desde-minimis-Risikos nach der US-amerikanischen Diskussion, eines Wertesalso, unterhalb dessen Minimierungsmaßnahmen allgemein nicht alsvordringlich gelten."Zur Verdeutlichung des durch die kanzerogenen Emissionen der Anlage geschaffenen zusätzlichen Risikos kann ein Vergleich mit ausgewählten zivilisatorischen Lebenszeitrisiken dienen (vgl. LAI, Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen, a.a.O., III, S. 19). Danach liegt z. B. das Risiko, von einem Blitz tödlich getroffen zu werden, zwischen 1 und 10 pro 100.000, also um etwa den Faktor 10 höher, während z. B. das Risiko, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, mit über 1 pro 100 weit mehr als tausendmal so groß ist wie das von der geplanten Anlage ausgehende zusätzliche Risiko.

Die von den Klägern gegen die Studie des Krebsforschungszentrums erhobenen Einwände beeinträchtigen nach Auffassung des Senats ihre Verwertbarkeit nicht. Ohne Erfolg beanstanden die Kläger die Beschränkung auf sieben Schadstoffe ohne deren Kombinationswirkungen. Bereits im Beschluß vom 29.6.1994 (a.a.O.) hat der Senat dargelegt, daß sich die Studie an die LAI-Konzeption angeschlossen und demgemäß auf Ermittlungen und Erörterungen zu den dort zugrunde gelegten sieben Leitschadstoffen beschränkt hat, um systemkonsequente Aussagen zu ermöglichen. Erläuternd hat der Sachverständige Dr. B. des Beigeladenen vom Deutschen Krebsforschungszentrum in der mündlichen Verhandlung hierzu plausibel weiter ausgeführt, die Beschränkung der Untersuchung auf die sieben Leitschadstoffe habe ihren Grund darin, daß nur sie in nennenswerten Quantitäten aufträten und daß bei ihnen die Dosis-Wirkung-Beziehungen bekannt seien. Kombinationseffekte mit anderen, simultan auftretenden Risiken könnten innerhalb des LAI-Modells rechnerisch berücksichtigt werden.

Der weitere Einwand der Kläger, in der Studie werde nur die Zahl zusätzlicher Krebstodesfälle, nicht aber die (höhere) von Krebserkrankungen berücksichtigt, vermag ebenfalls keine Zweifel an ihrer Aussagekraft zu begründen. Die Sachverständigen des Beigeladenen Dr. B. und Dr. F.-B. haben in der mündlichen Verhandlung hierzu erläutert, die LAI-Studie, auf die das Deutsche Krebsforschungszentrum in seiner Risikoabschätzung aufbaue, setze in der Tat Mortalität und Erkrankung hier rechnerisch gleich. Dies beruhe zunächst darauf, daß es an einer verläßlichen Datenbasis zu Krebserkrankungen fehle; konkrete Aussagen würden im Hinblick darauf, daß bei knapp 100 bekannten Krebsarten die Relation zwischen Erkrankungshäufigkeit und Todesrate sehr unterschiedlich sei, sich im übrigen sehr schwierig gestalten. Des weiteren beruhe der Ansatz des LAI darauf, daß Krebserkrankungen im Zusammenhang mit Luftverunreinigungen primär die Lunge beträfen und daß im Fall solcher Krebserkrankungen die Mortalität sehr hoch sei. Dem Senat erscheinen diese Ausführungen zur Erläuterung des LAI-Ansatzes, die von den Klägern auch nicht substantiiert angegriffen wurden, plausibel und nachvollziehbar.

Auch die Kritik der Kläger, die Auswirkungen der Anlage auf alte Personen und auf Kinder würden nicht berücksichtigt, bleibt ohne Erfolg. Der Sachverständige Dr. B. des Beigeladenen hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläutert, Unterschiede zwischen bestimmten Gruppen von Menschen bzw. ihrer Krebssterblichkeitsrisiken hätten im LAI-Bericht schon mangels einer verläßlichen Datengrundlage nicht gemacht werden können. Die dortigen Untersuchungen basierten auf dem "unit-risk"-Konzept bei lebenslanger Exposition. Soweit die dem zugrunde liegenden Werte nicht aus Tierversuchen, sondern aus Erfahrungen mit Menschen stammten, handle es sich um Erfahrungen aus der Arbeitswelt, die bei erwachsenen Personen gemacht worden seien. Der Senat vermag Mängel der Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums, die auf den genannten Annahmen und Ermittlungen basiert, nicht zu erkennen. In der Tat werden alte Personen und Kinder in der Studie wie auch durch den Ansatz des LAI insoweit mitberücksichtigt, als keine Gruppe von Menschen ausgeblendet wird und als insbesondere die angenommene 70jährige Exposition ohnehin voraussetzt, daß die Zusatzbelastungen schon ab dem Kindesalter wirken. Der Sachverständige der Kläger, Prof. Dr. W., hat in der mündlichen Verhandlung den Ansatz der "unit-risks" kritisiert, da eine Übertragung von Arbeitsplatzrisiken Erwachsener auf die Situation von Kindern unzulässig sei; dem hat der Sachverständige des Beklagten, Dr. A., widersprochen. Der Senat brauchte dieser Frage nicht weiter nachzugehen, da jedenfalls anderes Datenmaterial als aus der Arbeitswelt bei Menschen nicht existiert (so auch Dr. F.-B.) und die Datengrundlage auch nicht bezüglich der Wirkungen speziell auf Kinder oder alte Menschen ergänzungsfähig ist. Möglichen Unsicherheiten in diesem Bereich wird nach Auffassung des Senats ausreichend dadurch Rechnung getragen, daß nicht nur der LAI-Bericht, sondern auch die Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums in mehrfacher Weise konservativ ist, wie in ihr selbst dargelegt und in der mündlichen Verhandlung durch Dr. B. bestätigt worden ist. Das gilt einmal im Hinblick darauf, daß bei der Ermittlung des Zusatzrisikos für die Ulmer Bevölkerung "unit risks" nicht mit dem konkreten (in Ulm niedrigeren) Risikowert, sondern mit dem (höheren) deutschen Risiko-Mittelwert multipliziert worden sind. Weiterhin ist die schon erwähnte Annahme einer 70jährigen Exposition nicht nur deshalb konservativ, weil durchgehende Belastungen vom Kindesalter an unterstellt werden, sondern auch darum, weil immanent eine Stagnation des Standes der Technik im Bereich der Emissionsbegrenzung für diesen Zeitraum vorausgesetzt wird. Denn bei Fortentwicklungen des Standes der Technik, die Belastungsminderungen ermöglichen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG), können nach § 17 BImSchG nach Erteilung einer Genehmigung nachträgliche (Vorsorge-) Anordnungen erlassen werden, die zu Verbesserungen führen. Eine weitere Konservativität liegt in der Annahme, die Zusatzbelastung mit Rußpartikeln sei so zu bewerten, als ob es sich dabei um (in Wahrheit von der Anlage nicht emittierte) Dieselrußpartikel handle. Das hat der Sachverständige des Beklagten, Dr. A., in der mündlichen Verhandlung bekräftigt. Nach seinen unwidersprochenen Angaben sind aufgrund von Tierversuchen Dieselrußpartikel gegenüber sonstigen Rußpartikeln als wesentlich gefährlicher anzusehen. Schließlich ist die Risikoabschätzung konservativ, weil sie die errechnete maximale Zusatzbelastung nicht nur an den Stellen, wo sie nach dem kombinierten Berechnungs- und Ausbreitungsmodell zu erwarten ist, ansetzt, sondern für die gesamte Ulmer Bevölkerung annimmt. Der Einwand des Sachverständigen D. der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dies sei gegenüber denjenigen, die auf den tatsächlich maximal belasteten Flächen lebten, nicht konservativ, schlägt nach Auffassung des Senats nicht durch: Da nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Bevölkerung (zu dem die Kläger nicht gehören) an den Belastungsmaxima lebt, wird durch die Unterstellung der Studie das Gesamtrisiko überschätzt, wie Dr. B. überzeugend ausgeführt hat.

Die Krebsrisikostudie leidet auch nicht deshalb an Mängeln, weil der Schadstoffpfad über die Nahrungskette unberücksichtigt geblieben ist. Auch insoweit beruhen die gewählten Beschränkungen darauf, daß auf der LAI-Studie aufgebaut wurde, in der es um den Einfluß von Luftschadstoffen auf das Krebsgeschehen ging. Weitere Ermittlungen zum Bereich "Nahrungskette" hält der Senat aber im konkreten Fall auch deshalb nicht für erforderlich, weil die Kläger selbst nicht geltend gemacht haben, sich vorwiegend von Produkten zu ernähren, die auf den durch die Anlage maximal belasteten Flächen angebaut würden.

Bereits im Beschluß vom 29.6.1994 (a.a.O.) hat der Senat dargelegt, daß die Krebsrisikostudie Störfallauswirkungen (hierzu unten bb)) ebensowenig miteinbeziehen mußte wie die gegenüber dem Erörterungstermin teilweise veränderte Planung. Nachdem die Kläger hierzu nicht neu vorgetragen haben, kann auf die dortigen Ausführungen in vollem Umfang verwiesen werden.

Auch die zu erwartende Gesamtbelastung mit kanzerogenen Stoffen wird die Gefahrenschwelle nicht überschreiten. Die als Hilfsmaßstab herangezogenen LAI-Werte werden nach den Ermittlungen des TÜV-Südwest (Zusatzblätter zur Ergänzung der TA Luft-Immissionsprognose vom 8.7.1993 a.a.O.) nur bei Stoffen überschritten, deren Vorbelastung bereits oberhalb der LAI-Werte liegt. Das gilt für Benzol (LAI-Wert 2,5 Mikrogramm/m3, Vorbelastung 4,1 Mikrogramm/m3, Zusatzbelastung 0,001 Mikrogramm/m3). Gesamtstaub mit Aktivkoksfragmenten einschließlich Dieselruß (LAI-Wert 1,5 Mikrogramm/m3, Vorbelastung 5,7 Mikrogramm/m3, Zusatzbelastung 0,0121 Mikrogramm/m3) und Asbest (LAI-Wert 88 Fasern/m3, Vorbelastung 92 Fasern/m3, Zusatzbelastung 0). In all diesen Fällen fehlt es entweder überhaupt an einer Zusatzbelastung (Asbest, Dieselruß), oder es handelt sich um Zusatzbelastungen im Bereich des genannten Irrelevanzkriteriums von 1 % des LAI-Werts; das gilt bei Benzol auch unter Berücksichtigung des Probenahmemittelwerts im Rahmen der Emissionsdatenbasis, wie oben aufgezeigt wurde. Legt man demgegenüber nicht die abgeschätzten, sondern die von der UMEG 1994 für das Stadtgebiet Ulm gemessenen Vorbelastungswerte zugrunde, ergibt sich eine gewisse weitere Entlastung. So wird danach bei Asbest der LAI-Wert durch die Vorbelastung unterschritten (80 Fasern/m3), bei Benzol und Gesamtstaub einschließlich Dieselruß zwar weiterhin, aber in deutlich geringerem Umfang, überschritten (Benzol 3 Mikrogramm/m3, Gesamtstaub einschließlich Dieselruß 5,0 Mikrogramm/m3). Im übrigen bleibt es bei der Unterschreitung der LAI-Werte. Das gilt auch für PAH mit der Leitsubstanz Benzo-a-pyren (vgl. hierzu: Krebsrisiko durch Luftverunreinigungen, a.a.O., III, S. 94 f.). Der Senat hat bereits im Beschluß vom 29.6.1994 (a.a.O.) ausgeführt, der Beurteilungsmaßstab von 1,3 ng/m3 werde durch die Gesamtbelastung von PAH nach den Ermittlungen des TÜV Südwest nicht erreicht. An diesen Äußerungen ist festzuhalten. Die Ermittlungen im Rahmen des kombinierten Ausbreitungs- und Berechnungs-Modells ergeben mit der Vorbelastung von 1,2 ng/m3 eine Gesamtbelastung von 1,2048 ng/m3 (vgl. Zusatzblätter zur Ergänzung der TA Luft-Immissionsprognose vom 8.7.1993, a.a.O., Bl. 4). Die Unterschreitung des Beurteilungsmaßstabs von 1,3 ng/m3 wird noch deutlicher, wenn man den UMEG-Wert von 0,8 ng/m3 statt der vom TÜV angesetzten 1,2 ng/m3 zugrunde legt. Unter diesen Umständen bedurfte es auch bezüglich der Gesamtbelastung, die bei Betrieb der Anlage entstehen kann, keiner weiteren Untersuchungen zu Gesundheitsgefahren durch kanzerogene Stoffe (vgl. auch Urt. d. Senats v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 28 f.).

Hinsichtlich hier nicht genannter, zum Teil auch noch unbekannter Luftschadstoffe zeichnen sich ebenfalls keine Gefahren für die Kläger ab. Zwar kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, daß im Emissionsbereich eine Vielzahl von - nicht im einzelnen untersuchten - zum Teil auch hochtoxischen Stoffen frei werden kann, doch ist anzunehmen, daß die für das MHKW vorgesehene Rauchgasreinigung derartige Stoffe mit einem ähnlichen Wirkungsgrad erfassen wird wie die genannten (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.3.1994, a.a.O., S. 21; BayVGH, Beschl. v. 20.9.1990, NVwZ-RR 1991, 472, 476). Das entspricht dem inzwischen erreichten Kenntnisstand über mögliche Gesundheitsgefahren durch Müllverbrennungsanlagen, der auch hier zugrunde gelegen hat (vgl. TÜV Südwest, Wirkungsschwellen von Luftverunreinigungen vom 23.4.1992, Ordner 8.1). Hiernach sind Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit dem Betrieb eines MHKW beim heutigen Stand der Emissionsbegrenzungstechnik nicht zu erwarten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.3.1994, a.a.O., S. 19, 31; BayVGH, Beschl. v. 20.9.1990, a.a.O., S. 474 ff.).

Auch die von der Klägerin zu 3 spezifisch geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen (insbesondere Allergie) sind durch die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen nicht zu erwarten. Das hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 29.6.1994 (a.a.O.) dargelegt. Hiergegen haben die Kläger keine neuen Gesichtspunkte angeführt, weshalb auf die früheren Ausführungen verwiesen werden kann.

bb) Die Kläger werden auch nicht durch etwaige unzureichende Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses über Vorkehrungen gegen Störfälle in ihren Rechten verletzt. Ihnen steht zwar aus dem das Schutzprinzip des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG konkretisierenden § 3 der 12. BImSchV ein Anspruch darauf zu, daß die Anforderungen dieser hier nach ihrem § 1 Abs. 1 anwendbaren Rechtsverordnung eingehalten werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7.6.1990, a.a.O., S. 1203; Urt. d. Senats v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 30; Beschl. d. Senats v. 29.6.1994, a.a.O.; Jarass, BImSchG, 3. Aufl., § 7 RdNr. 31). Ein Verstoß gegen diese Vorschriften ist jedoch nicht ersichtlich. Den schriftsätzlich vorgetragenen Bedenken der Kläger, nicht der im Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegte Bunkerbrand, sondern die unbemerkte Öffnung der Bypass-Klappe sei als "worst-case" anzusehen, hat der Beigeladene unter Berufung auf die ergänzende Stellungnahme des TÜV Südwest zur Anlagensicherheit vom 21.2.1994 plausibel und detailliert widersprochen. Ebenso liegen ausführliche und plausible Erwiderungen des TÜV Südwest zu den übrigen Einwendungen der Kläger im Bereich der Sicherheitspflichten vor. Darauf hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 29.6.1994 (a.a.O.) hingewiesen; da die Kläger hieran weder Kritik geübt noch andere Gesichtspunkte vorgetragen haben, bedarf es weder weiterer Ermittlungen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.1.1988, a.a.O., und Beschl. v. 13.3.1992, a.a.O.) noch zusätzlicher Ausführungen.

Den Klägern drohen im Störfall auch keine Gesundheitsgefahren. Auch dies wurde bereits im Beschluß des Senats vom 29.6.1994 (a.a.O.) mit Erwägungen dargelegt, denen die Kläger nichts Neues entgegengesetzt haben. Ergänzend und plausibel hat der Sachverständige Dr. D. des Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Problem der möglichen Entstehung von Formaldehyd - und in ihrem Gefolge nach Synthese von kanzerogenen Substanzen - in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, spezielle Untersuchungen seien schon deshalb entbehrlich gewesen, weil bei Störfällen nur sehr kurzfristige Belastungen aufträten, die für die Krebsentstehung lediglich von untergeordneter Bedeutung seien. Einer toxikologischen Untersuchung von Störfallauswirkungen bedurfte es nach Auffassung des Senates unter den vorliegenden Umständen nicht.

c) Schließlich können die Kläger auch aus dem Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nichts für sich herleiten, da das Vorsorgegebot im Bereich des Immissionsschutzrechts (anders als im Atomrecht, vgl. zu § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG: BVerwG, Urt. v. 19.121985, BVerwGE 72, 300, 310, 315; Urt. des Senats v. 7.3.1995 - 10 S 2822/92 -, Umdr. S. 34 f.) keinen drittschützenden Charakter besitzt (ganz herrschende Meinung, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.5.1982, BVerwGE 65, 313, 320, Jarass, a.a.O., § 5 RdNr. 108 f. m.w.N.; differenzierend nach den Zwecken der Vorsorge: Roßnagel, a.a.O., § 5 RdNr. 850 ff. m.w.N.). Dies erhellt schon aus der Gegenüberstellung mit Nr. 1, in der die Nachbarschaft - anders als in Nr. 2 - ausdrücklich Erwähnung findet. Ob - wie die Kläger meinen - jedenfalls dann, wenn die Dimensionierung der Anlage in krasser Weise fehlerhaft erfolgt ist, ein Drittschutz durch § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gegen die Zulassung einer überdimensionierten Anlage in Frage kommen kann, erscheint dem Senat nach dem oben genannten Grundsatz zweifelhaft, kann aber auf sich beruhen. Denn für eine krasse Überdimensionierung gab es aus Sicht des Planfeststellungsbeschlusses keine Anhaltspunkte. Insbesondere sind Mängel der zugrunde gelegten Abfallwirtschaftsprognose nicht ersichtlich. Die Kläger stützen ihre entgegengesetzte Auffassung insbesondere darauf, daß in der Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzepts von Prof. T. (Stand: August 1993, Ordner 14) für 1993 ein Abfallaufkommen von ca. 38.000 bis ca. 42.000 t Müll für die Stadt Ulm prognostiziert worden sei, während in diesem Jahr tatsächlich nur ca. 33.000 t angefallen seien. Der Senat vermag nicht zu erkennen, woraus sich unter diesen Umständen eine Fehlerhaftigkeit der Prognose zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ergeben soll. Als dieser erging (22.9.1993), lagen die tatsächlichen Daten für das Jahr 1993 naturgemäß noch nicht vollständig vor, so daß insoweit Prognosewerte herangezogen werden mußten. Die Differenz zwischen der Prognose und dem später ermittelten tatsächlichen Wert ist nach Auffassung des Senats nicht so groß, daß allein hieraus - rückschauend - ein Indiz für methodische Mängel der erstellten Prognose entnommen werden könnte.

Auch im übrigen spricht nichts dafür, daß die Planfeststellung der Anlage in ihrer konkreten Ausgestaltung (Verfahrenstechnik, Dimensionierung) objektiv-rechtlich dem Vorsorgegrundsatz widerspricht.

d) Ohne Erfolg versuchen die Kläger schließlich, aus der Differenz zwischen Abfallmengenprognose und tatsächlich ermittelten Werten eine Funktionslosigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, auf die sie sich berufen könnten, zu entnehmen. Denn im Planfeststellungsbeschluß ist keine Mindestmenge an zu verbrennendem Abfall, sondern nur eine Höchstmenge festgelegt, so daß der Planfeststellungsbeschluß selbst dann, wenn die Höchstmenge von 111.000 t auf Dauer deutlich unterschritten werden sollte, weiterhin seine Bedeutung behielte. Im übrigen erscheint es dem Senat rechtlich nicht ausgeschlossen, daß die Maximalmenge bei einer Erweiterung des Abfallzweckverbands um zusätzliche Mitglieder doch erreicht werden kann. Ob sich Dritte auf eine eventuelle Funktionslosigkeit berufen können, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.

e) Die Kläger werden auch nicht im Hinblick auf die geplante Reststoffentsorgung in ihren Rechten verletzt. Ein Drittschutz von Anforderungen an die Reststoffentsorgung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG) ist grundsätzlich zu verneinen (BayVGH, Beschl. v. 20.9.1990, a.a.O., S. 464). Eine Verletzung von Rechten Dritter käme nur dann in Betracht, wenn bei ungesicherter Reststoffentsorgung die Schlacken- und Filterstäube ungeschützt auf dem Betriebsgrundstück gelagert und von dort verweht würden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.7.1989 - 7 B 50.89 -, Umdr. S. 7 f.); eine solche Lagerung ist aber im Planfeststellungsbeschluß nicht zugelassen.

f) Zuletzt ist eine von den Klägern behauptete Rechtsverletzung durch Fehler im Bereich des fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebots einschließlich der Planrechtfertigung zu verneinen.

aa) Da die Kläger von dem Vorhaben nicht unmittelbar enteignend (vgl. Art. 14 Abs. 3 GG), sondern lediglich als Nachbarn mittelbar betroffen sind, kommt es auf eine Planrechtfertigung (zu ihrem Stellenwert vgl. Paetow, a.a.O., S. 425, 430) nicht an. Davon abgesehen ist die Planrechtfertigung für das streitige Vorhaben gegeben, wie sich im einzelnen aus den zutreffenden Darlegungen in Nr. 4.2.3.1 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt. Damit ist die Planung vernünftigerweise geboten; die mit ihr verfolgten Zwecke sind mit den Zielsetzungen des Abfallgesetzes vereinbar (vgl. etwa BVerwG, U. v. 6.12.1985, BVerwGE 72, 282, 285, zum Fernstraßengesetz und Urt. v. 9.3.1990, BVerwGE 85, 44, 51, zum Abfallrecht).

bb) Das Abwägungsgebot räumt den von einer Planung lediglich mittelbar Betroffenen ein subjektiv-öffentliches Recht darauf ein, daß eine gerechte Abwägung seiner eigenen Belange mit entgegenstehenden, das Vorhaben tragenden Belangen stattfindet; er hat aber nicht auch einen Anspruch darauf, daß die Belange anderer Beteiligter gerecht abgewogen sind oder daß etwa die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 14.2.1975, BVerwGE 48, 56, 66). Ein weitergehender Anspruch besteht nur im - hier nicht gegebenen - Fall eines unmittelbaren gezielten Eingriffs in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition. Das bedeutet, daß ein mittelbar Betroffener unterhalb der Verletzung von - subjektive Rechte vermittelnden - Schutznormen des Fachplanungsrechts nur eine fehlerhafte, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zuwiderlaufende Behandlung seiner eigenen Belange beim Abwägungsvorgang wie beim Abwägungsergebnis geltend machen kann (vgl. Kühling, Fachplanungsrecht, 1988, RdNr. 488; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 181, 322 ff.). Ein derart Betroffener hat also keinen Anspruch auf gerichtliche Prüfung der Abwägung bezüglich öffentlicher Belange, die dem Verfahren entgegenstehen. Diesen Grundsätzen folgt auch der erkennende Senat (vgl. Urt. v. 28.3.1995, a.a.O., Umdr. S. 32, Beschl. v. 8.12.1994 - 10 S 1305/94 - ZUR 1995, 95). Soweit in kritischen Stellungnahmen zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu Kühling, a.a.O., RdNr. 441, Fn. 27; Steinberg, Fachplanung, 1993, S. 234 ff.) bemängelt wird, es ließen sich aus einem für die Planung typischen Interessengeflecht nicht einzelne Belange isolieren, weshalb auch eine Saldierung öffentlicher Belange stattfinden müsse, ist dem zwar in objektiv-rechtlicher Hinsicht zuzustimmen; insoweit ist sogar eine Gesamtsaldierung aller öffentlichen und privaten Belange erforderlich. Das sagt aber noch nichts für die Frage nach dem Inhalt der subjektiven Rechte mittelbar Betroffener aus. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Problematik in seinem Urteil vom 14.2.1975 (a.a.O.) gewürdigt und den gerichtlichen Kontrollumfang gleichwohl in der dargelegten Weise beschränkt.

Nach diesen Maßstäben scheitern Angriffe der Kläger auf die vom Beklagten vorgenommene Abwägung schon daran, daß es bei ihnen jenseits der oben erörterten und verneinten Gesundheitsgefahren an eigenen Belangen fehlt, die hätten eingestellt werden müssen, und daß ihnen deshalb ein zur Planaufhebung führender Drittschutz durch das Abwägungsgebot gar nicht vermittelt wird. Sie befürchten ausschließlich Gesundheitsgefahren durch von der Anlage ausgehende Luftverunreinigungen. Zwar bewirkt der Umstand, daß - wie ausgeführt - die Schädlichkeitsschwelle nicht erreicht wird, nur den Wegfall einer - vorbehaltlich der Vorschrift von § 8 Abs. 4 AbfG bestehenden - Abwägungsgrenze (vgl. Paetow, a.a.O., S. 438 m.w.N.). Unterhalb dieser Schwelle liegende private Belange können abwägungsrelevant sein (vgl. BVerwG, U. v. 4.5.1988, NVwZ 1988, 151), sind aber vorliegend nicht geltend gemacht und mußten sich der Planfeststellungsbehörde nach Lage der Dinge auch nicht aufdrängen. Der Senat geht dabei davon aus, daß das Interesse der Kläger an der Vermeidung jeder rechnerischen Risikoerhöhung nicht als eigenständiger Belang unabhängig von der Gesundheit, deren Schädigung von ihnen befürchtet wird, angesehen werden kann. Andernfalls würde die Grenze zur Vorsorge (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) aufgegeben und der Wunsch nach Vorsorge systemwidrig zum drittschützenden Abwägungsbelang erhoben.

Wollte man dem nicht folgen und das Interesse der Kläger an der Abwehr jeder Risikoerhöhung als Belang im Sinn der fachplanerischen Abwägung werten, so würde aber auch das den Klägern im vorliegenden Fall nicht weiterhelfen. Denn derartige - unterstellte - Belange der Kläger und anderer Immissionsbetroffener sind im Planfeststellungsbeschluß inhaltlich berücksichtigt worden, auch wenn eine ausdrückliche Abwägung mit ihnen nicht stattgefunden hat. Das Fehlen einer ausdrücklichen Einbeziehung in die Abwägung ist unschädlich, wenn aus dem Gesamtzusammenhang der Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses erkennbar wird, daß die Behörde die - unterstellten - tatsächlich berührten, aber nicht ausdrücklich behandelten Belange doch in die Abwägung eingestellt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90 -). So liegt der Fall hier. Die Äußerungen im Planfeststellungsbeschluß zum Fehlen von Planungsschranken sind so zu verstehen, daß gesundheitliche Bedenken der Kläger im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht durchgreifen und auch ihr Interesse an der Vermeidung der beschriebenen Risikoerhöhungen konkludent als gegenüber den öffentlichen Interessen an einer geordneten Abfallentsorgung, die "Gemeininteressen von hoher Bedeutung" betrifft (vgl. BVerwG, U. v. 9.3.1990, a.a.O., S. 47; Beschl. d. Senats v. 8.12.1994, a.a.O), nachrangig zu gewichten war. Ein solches Verständnis des Planfeststellungsbeschlusses ist auch deshalb naheliegend, weil die geringfügige Risikoerhöhung durch die geplante Anlage auf Veranlassung des Beklagten ermittelt und im Planfeststellungsbeschluß ausdrücklich (S. 29) angesprochen, aber nicht für durchgreifend erachtet wurde.

Mit Einwendungen zu Fragen der Dimensionierung der Anlage, zu alternativen Standorten und alternativen Verfahren können die Kläger nach den oben dargelegten Grundsätzen in keinem Fall durchdringen, weil diese Gesichtspunkte allenfalls objektiv-rechtlich das grundsätzlich vorhandene öffentliche Interesse an der Entsorgungsanlage vermindern, den Klägern aber nicht zur Stützung ihrer - unterstellten - Rechtsansprüche auf eine gerechte Abwägung dienen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO in Verb. mit § 100 Abs. 1 ZPO. Da der Beigeladene einen eigenen Sachantrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten ebenfalls den Klägern aufzuerlegen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.