VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.05.1995 - 5 S 2153/94
Fundstelle
openJur 2013, 9673
  • Rkr:

1. Beantragt eine Gemeinde in Abweichung von der Darstellung in dem von ihr aufgestellten Flächennutzungsplan den Erlaß einer Naturschutzverordnung für einen inzwischen stillgelegten Steinbruch, der sich zum Sekundärbiotop entwickelt hat, und leitet sie außerdem ein Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Ziel der Darstellung eines Naturschutzgebiets ein, so verstößt die Naturschutzverordnung nicht gegen das Anpassungsgebot des § 7 S 1 BauGB, selbst wenn im Zeitpunkt ihres Erlasses das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans noch nicht förmlich abgeschlossen ist (im Anschluß an Beschl d Sen vom 28.07.1986 - 5 S 2110/85 -, NuR 1986, 340 = UPR 1987, 392).

2. Gegen das bei Erlaß einer Naturschutzverordnung zu beachtende Abwägungsgebot wird nicht verstoßen, wenn gewichtigen Belangen des Naturschutzes der Vorrang eingeräumt wird vor privaten und zugleich öffentlichen Interessen am Abbau einer Lagerstätte hochwertigen Gesteins.

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der insgesamt ca. 9 ha großen Grundstücke Flst. Nrn. 4704, 4674/1 und 4673 der Gemarkung Nxx der Stadt Vxx. Ein erheblicher Teil dieser Grundstücke wurde von der Antragstellerin in der Vergangenheit als Steinbruch zur Gewinnung von Phonolith genutzt. Von dem Gesamtvorkommen in der Größenordnung von 3 Mio cbm baute die Antragstellerin ca. 1 Mio cbm ab. Der Steinbruch ist seit längerem stillgelegt. In einem Teilbereich des Flst. Nr. 4704 lagert im Steinbruch gewonnenes Abbruchmaterial. Außerdem diente das Gelände der Antragstellerin bis Ende des Jahres 1990 zur Ablagerung von Betonresten und Betonschlamm, wofür ihr das Landratsamt B mit Datum vom 03.12.1981 eine bis zum 31.12.1990 befristete naturschutzrechtliche, baurechtliche und abfallrechtliche Genehmigung erteilt hatte.

In dem am 17.07.1984 vom Gemeinderat der Stadt Vxx beschlossenen und am 20.02.1985 vom Landratsamt B genehmigten Flächennutzungsplan ist der fragliche Bereich als Phonolith-Steinbruch und Fläche für die Forstwirtschaft dargestellt. Im Rahmen der von der Stadt Vxx als Trägerin der Flächennutzungsplanung im Jahre 1989 eingeleiteten Fortschreibung des Flächennutzungsplans beschloß der Gemeinderat am 11.07.1989, den ehemaligen Steinbruch in Nxx - je nach Eignung - als Naturschutzgebiet bzw. Landschaftsschutzgebiet in den Flächennutzungsplan aufzunehmen. Der Planentwurf, dessen Offenlegung der Gemeinderat am 23.11.1993 beschlossen und in der Zeit vom 21.03. bis 22.04.1994 durchgeführt hat, enthält bereits das Naturschutzgebiet (siehe Lageplan und Erläuterungsbericht Nr. 6.6.4 und Nr. 6.9.8).

Im Jahre 1988 beantragte die Stadt Vxx die Ausweisung des Steinbruchgeländes als Naturschutzgebiet. Die daraufhin von der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege durchgeführten Erhebungen (vgl. das Gutachten vom 09.08.1989) führten zum Ergebnis, daß der ehemalige Phonolith-Steinbruch sowohl aus geologischen wie aus ökologischen Gründen im Sinne von § 21 NatSchG schutzwürdig und schutzbedürftig ist. Der Steinbruch zeigt mehrere zum Teil äußerst seltene Aufschlüsse von vulkanischen Gesteinen und anderen Zeugnissen vulkanischer Tätigkeit von teilweise großer Besonderheit. Die Vegetation besteht aus verschiedenen Wäldern und Pioniergehölzen, darunter schutzwürdigen Bereichen von Flaumeichenbastarden, aber auch großen Teilen, die waldfrei und gebüschfrei sind. Zu den schutzwürdigen Pflanzengesellschaften gehören insbesondere Fluren von Rosmarinweidenröschen und Hundsbraunwurz, ferner Trockenrasen mit verschiedenen Arten, dazwischen aber auch wechselfeuchte Standorte. Besondere - landesweite - Bedeutung besitzt der Steinbruch als Brutstätte des selten vorkommenden Turmfalken, ferner anderer Falkenarten sowie als Überwinterungsplatz für den Mauerläufer. Weitere seltene Vogelarten kommen hinzu. Darüber hinaus konnten seltene Reptilien und Amphibien nachgewiesen werden und vor allem eine große Population der in Baden-Württemberg äußerst seltenen Art der Rotflügeligen Ödlandschrecke.

Nachdem das Regierungspräsidium daraufhin eine Reihe von Trägern öffentlicher Belange, darunter das Geologische Landesamt, das Landesbergamt, das Wasserwirtschaftsamt und die Stadt Vxx über ihr Vorhaben, ein Naturschutzgebiet auszuweisen, informiert hatte und dagegen keine grundsätzlichen Einwände erhoben worden waren, gab sie auch der Antragstellerin schon vorab Gelegenheit zur Äußerung.

Mit Datum vom 31.08.1990 leitete das Regierungspräsidium das förmliche Unterschutzstellungsverfahren ein. Die berührten Behörden, öffentlichen Planungsträger und die Stadt Vxx wurden angehört; ferner wurde der Verordnungsentwurf mit Karten in der Zeit vom 01.10. bis 20.11.1990 beim Landratsamt nach Hinweis hierauf im Nachrichtenblatt der Stadt Vxx vom 21.09.1990 ausgelegt. Während dem Verordnungsentwurf ansonsten, insbesondere auch von der Gemeinde, im wesentlichen zugestimmt wurde, wandte sich das Wasserwirtschaftsamt - Neubauleitung Hochwasserschutz Oberrhein - in seiner Stellungnahme vom 16.11.1990 gegen das vorgesehene strikte Abbauverbot. Es wies darauf hin, daß im Rahmen des dem Hochwasserschutz dienenden integrierten Rheinprogramms, das Hochwasserschutz am Oberrhein mit der Ökologie in Form der Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Rheinauen als gewässerbegleitendem Lebensraum gleichrangig verbinde, für den Neubau und die Sanierung von Dämmen im Umfang von 80 -100.000 cbm kantenfestes und verwitterungsbeständiges Steinbruchmaterial benötigt werde, das zur Vermeidung langer Transportwege und der damit verbundenen Emissionen, mithin sowohl aus ökonomischen wie auch aus ökologischen Gründen möglichst in der Raumschaft gewonnen werden solle. Auf den Steinbruch in Nxx und den dort anstehenden Phonolith, der die Anforderungen erfülle, könne daher nicht verzichtet werden. Zwar werde die Schutzwürdigkeit des Sekundärbiotops nicht verkannt, gleichwohl müsse es möglich sein, unter Berücksichtigung ökologischer und ornithologischer Vorgaben im Wege des Kompromisses über einen Zeitraum von ca. 10 - 15 Jahren hinweg das Gestein in dem benötigten Umfang von 100.000 cbm abzubauen.

Dieser Forderung schloß sich die Antragstellerin in ihrem Einwendungsschreiben vom 30.11.1990 an. Sie bestritt nicht die Schutzwürdigkeit des Bereichs, wies aber auf ihre ökonomischen Belange als Eigentümerin der Steinbruchgrundstücke und Inhaberin eines Steinbruchbetriebs hin. Es gehe aber nicht nur um ihre privaten Interessen; vielmehr liege der zweckgebundene Abbau für das integrierte Rheinprogramm auch im öffentlichen Interesse. Der gewünschte Abbau von 100.000 cbm sei gering im Vergleich zu dem gesamten Lagerstättenvorrat, von dem etwa 1,5 Mio cbm leicht zu gewinnen seien. Auf den allergrößten Teil des abbauwürdigen Vorrats werde von der Antragstellerin unter diesen Umständen verzichtet.

Nach einer Besprechung mit der Neubauleitung Hochwasserschutz Oberrhein vom 06.12.1990, einer Stellungnahme der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege vom 13.12.1990 sowie weiteren Ermittlungen zu Frachtkosten, Treibstoffverbrauch u.ä. (vgl. das Schreiben der Neubauleitung vom 20.12.1990) führte das Regierungspräsidium Freiburg am 17.12.1990 eine Erörterungsverhandlung durch. Nach abschließender Prüfung, deren Ergebnis den Betroffenen mitgeteilt wurde, und nach geringfügiger Änderung der Verbotstatbestände in § 4 der Verordnung im Hinblick auf die Zulassung geologischer Exkursionen unterschrieb der Regierungspräsident den Verordnungsentwurf am 06.02.1991. Die Verordnung wurde im Gesetzblatt für Baden-Württemberg (Nr. 8, S. 187 ff.) am 17.04.1991 veröffentlicht und in der Zeit vom 24.04. bis 15.05.1991 beim Regierungspräsidium und beim Landratsamt zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten ausgelegt.

Nach Vorlage eines von der Antragstellerin in Auftrag gegebenen Gutachtens des Büros für Landschaftsökologie und Planung den Steinbruch Nxx vom September 1992 und weiteren Verhandlungen zwischen der Antragstellerin und dem Regierungspräsidium leitete diese am 04.08.1994 gegen die Naturschutzverordnung das Normenkontrollverfahren ein.

Sie beantragt,

die Verordnung des Regierungspräsidium über das Naturschutzgebiet "Steinbruch Nxx" vom 06. Februar 1991 für nichtig zu erklären.

Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend: Die Antragstellerin erleide infolge der Nutzungsbeschränkungen einen Nachteil. Auch sei das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag mit Inkrafttreten von § 24a NatSchG nicht entfallen. Eine dem Antrag stattgebende Entscheidung habe Auswirkungen auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von den Verboten in Frage kämen. Der Antrag sei begründet, weil die Verordnung unter Verstoß gegen das Abwägungsgebot zustande gekommen sei. Das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot verlange, auch die betroffenen privaten Belange, insbesondere die Eigentümerinteressen zu berücksichtigen. Dies sei hier nicht hinreichend geschehen. Zwar werde die grundsätzliche Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Steinbruchareals nicht in Abrede gestellt. Sie werde durch das von der Antragstellerin selbst eingeholte Gutachten vom September 1992 bestätigt. Jedoch seien die Eigentümerbelange deshalb unverhältnismäßig zurückgesetzt worden, weil § 4 der Verordnung jegliche gewerbliche Nutzung untersage. Dabei bestehe hier die Besonderheit, daß sich die privaten Interessen der Antragstellerin am Gesteinsabbau in jeder Hinsicht mit den ebenfalls gewichtigen öffentlichen Belangen der Wasserwirtschaftsverwaltung deckten. Die Antragstellerin wie auch die Wasserwirtschaftsverwaltung hätten lediglich gefordert, daß eine näher zu bestimmende Abbaumenge, und zwar ausschließlich für öffentliche Zwecke der Wasserwirtschaft, dem Steinbruch für einen noch näher zu bestimmenden Zeitraum entnommen werden dürften. Dies abzulehnen verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auch im Gutachten seien Vorschläge für einen zeitlich und räumlich begrenzten Abbau unterbreitet worden, so daß die bedeutsamen Belange des Naturschutzes nicht in unzumutbarer Weise zurücktreten müßten. Zwar habe das Gutachten erst nach Erlaß der Verordnung vorgelegen, jedoch hätte das Regierungspräsidium bei zureichender Gewichtung der öffentlichen Interessen der Wasserwirtschaft und der privaten Belange der Antragstellerin in die Naturschutzverordnung eine Ausnahmeregelung aufnehmen müssen, die in etwa dem Ergebnis des Gutachtens entspreche. Hinzu komme, daß in den Geltungsbereich der Naturschutzverordnung Waldgrundstücke einbezogen worden seien, auf die sich der mit der Verordnung verbundene Schutzzweck in wesentlichen Teilen nicht beziehe. Aus diesem Grunde sei der Antragsgegner nach Erlaß der Verordnung gebeten worden, die Waldflächen von den in der Verordnung enthaltenen Nutzungsbeschränkungen auszunehmen. Dies sei abgelehnt worden; nach wie vor sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde die Antragstellerin hinsichtlich ihrer Waldgrundstücke anders gestellt werde als die Eigentümer benachbarter Waldgrundstücke, die die gleiche naturschutzrechtliche Bedeutung hätten, aber in den Geltungsbereich der Naturschutzverordnung nicht einbezogen worden seien. Damit entfalle auch ein zureichender Grund dafür, die Waldgrundstücke der Antragstellerin in die Verordnung aufzunehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Normenkontrollantrag abzuweisen.

Er erwidert: Die Antragstellerin selbst stelle die grundsätzliche Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Steinbruchareals nicht in Abrede. Sie bemängele lediglich die erfolgte Abwägung. Diese sei jedoch nicht rechtsfehlerhaft. Die in Rede stehende Problematik sei sorgfältig und umfassend aufbereitet worden. Dies ergebe sich sowohl aus der Erörterungsverhandlung wie auch aus dem Aktenvermerk über die abschließende Prüfung der Bedenken und Anregungen. Die betroffenen öffentlichen und privaten Belange seien ihrer Bedeutung gemäß behandelt worden. Die vorgenommene Gewichtung bewege sich im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums. Es sei unzutreffend, daß für die Abwägung bedeutsame Fakten außer Acht geblieben seien. Insbesondere seien auch die Konsequenzen der Materialgewinnung an anderen Standorten in die Betrachtung einbezogen worden. Auch die vorgenommene Abgrenzung des Schutzgebiets sei sachlich und fachlich begründet. Wald sei insoweit einbezogen worden, als dies dem vorrangigen Schutzzweck, der Erhaltung des aufgelassenen Steinbruchs, dienlich gewesen sei. Deshalb seien nur die Waldflächen oberhalb der Abbruchkante einbezogen worden. Im übrigen sei die forstwirtschaftliche Bodennutzung in ihrer bisherigen Art und in ihrem bisherigen Umfang durch die Verordnung gewährleistet, so daß für die Antragstellerin keine unzumutbaren Beschränkungen erkennbar seien.

Dem Senat haben die zur Sache gehörenden Akten des Regierungspräsidiums Freiburg vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird darauf verwiesen.

II. Der Senat entscheidet gemäß § 47 Abs. 6 S. 1 VwGO durch Beschluß, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden im übrigen darauf hingewiesen, daß diese Möglichkeit im vorliegenden Fall in Betracht kommt.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere hat die Antragstellerin durch die Naturschutzverordnung einen Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO erlitten, weil die Nutzungsmöglichkeit ihrer Grundstücke durch die Verbotstatbestände der Verordnung eingeschränkt worden ist.

Der Antragstellerin kann auch das Rechtsschutzbedürfnis nicht deshalb abgesprochen werden, weil am 01.01.1992 das Biotopschutzgesetz vom 19.11.1991 (GBl. 1991, 701) in Kraft getreten ist. Dies gilt schon deshalb, weil nicht die gesamte als Naturschutzgebiet ausgewiesene Fläche als Biotop im Sinne von § 24a Abs. 1 NatSchG einzustufen ist. Im übrigen enthält die Naturschutzverordnung in ihrem § 4 Abs. 2 ins einzelne gehende Verbotstatbestände, insbesondere unter Nr. 3 dieser Vorschrift eine detaillierte Regelung für die Entnahme von Bodenbestandteilen, die weiter gehen, als das in § 24a Abs. 2 S. 1 NatSchG enthaltene Verbot.

2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet. Die angegriffene Verordnung steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Sie ist unter Beachtung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens erlassen worden, was auch die Antragstellerin nicht bezweifelt hat. Die Verordnung genügt aber auch den materiellen Anforderungen des Naturschutzgesetzes und der sonst maßgebenden Gesetzesbestimmungen.

a) Die Naturschutzverordnung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Anpassungsgebot des § 7 BauGB nichtig.

Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben öffentliche Planungsträger, die nach § 4 Abs. 1 BauGB beteiligt sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Diese Verpflichtung trifft unter anderem auch die Naturschutzbehörden, wenn sie im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplanes Rechtsverordnungen erlassen wollen, welche die Nutzung von Grund und Boden regeln, sofern sie - wie hier - dem Flächennutzungsplan nicht widersprochen haben (vgl. Normenkontrollbeschluß des Senats vom 28.07.1986 - 5 S 2110/85 -, BRS 46 Nr. 209 = NuR 1986, 340 = UPR 1987, 392).

Ausgehend davon ist festzustellen, daß das Regierungspräsidium seine Anpassungspflicht nicht dadurch verletzt hat, daß es die Grundstücke der Antragstellerin in das Naturschutzgebiet einbezogen und sie damit strengen Verboten, insbesondere dem Verbot des Gesteinsabbaus (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung) unterworfen hat. Fraglich erscheint es in diesem Zusammenhang bereits, ob die Eintragung "Phonolith-Steinbruch" im Lageplan zu dem am 17.07.1984 beschlossenen Flächennutzungsplan der Stadt xx überhaupt als Darstellung einer geplanten Bodennutzung im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 8 BauGB zu verstehen ist oder ob es sich nicht lediglich um eine Bestandsübernahme handelt. Selbst wenn man aber von einer Darstellung im eigentlichen Sinne ausgeht, bestand zum Zeitpunkt des Erlasses der Naturschutzverordnung insoweit keine Anpassungspflicht der Naturschutzbehörde mehr. Dies folgt schon daraus, daß die Stadt Vxx als der auch für den Erlaß des Flächennutzungsplans zuständige Planungsträger im Jahre 1988 die Einleitung eines Unterschutzstellungsverfahrens ausdrücklich beantragt und diesen Antrag auch in ihrer (vorbereitenden) Bauleitplanung umgesetzt hat. Der Gemeinderat der Stadt Vxx hat nämlich in seiner Sitzung vom 11.07.1989 beschlossen, auf der Gemarkung Nxx zusätzlich noch den ehemaligen Steinbruch als Naturschutzgebiet bzw. Landschaftsschutzgebiet in seine Flächennutzungsplanung aufzunehmen, weil er hierin eine charakteristische Aufschließung des Untergrundes des Kaiserstuhls gesehen hat, welche der Nachwelt erhalten bleiben solle. Diese Änderung hat inzwischen sowohl im Lageplan wie auch im Erläuterungsbericht des Flächennutzungsplanentwurfs ihren Niederschlag gefunden und ist nach Anhörung der Träger öffentlicher Belange und nach Offenlegung bis zur Planreife gelangt. Dementsprechend hat die Stadt Vxx auch im Anhörungsverfahren keine prinzipiellen Einwendungen gegen die Ausweisung des eigentlichen Steinbruchgeländes als Naturschutzgebiet erhoben (vgl. die Stellungnahmen vom 10.04.1990 und vom 08.11.1990 sowie die Äußerung des Bürgermeisters in der Erörterungsverhandlung vom 17.12.1990). Verzichtet aber die Gemeinde gegenüber dem Planungsträger selbst auf die Einhaltung des Flächennutzungsplans, ja leitet sie eine Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Ziel ein, ihn der Fachplanung anzupassen, so liegt die von § 7 BauGB vorausgesetzte Situation nicht mehr vor. Das formale Festhalten an § 7 Satz 1 BauGB hat seinen Sinn verloren, weil die Planungshoheit der Gemeinde, deren Schutz die Vorschrift an sich dienen soll, durch die Fachplanung nicht mehr beeinträchtigt werden kann. Daß die förmliche Änderung des Flächennutzungsplans im Zeitpunkt des Erlasses des Fachplans - hier der Naturschutzverordnung - noch nicht rechtlich abgeschlossen war, kann an der Beachtlichkeit eines solchen Verzichts nichts ändern. Im übrigen vermittelt der Flächennutzungsplan als nur vorbereitender Bauleitplan Dritten, insbesondere auch privaten Grundstückseigentümern gegenüber, keine Rechtsposition. Auch kann hier nicht davon gesprochen werden, daß ein förmliches Planänderungsverfahren etwa deshalb als unabdingbar angesehen werden müßte, weil durch den gemeindlichen Verzicht auf die Anpassung die Grundlage für die im Flächennutzungsplan getroffenen Abwägungen beseitigt und der Plan dadurch (teilweise) fehlerhaft geworden wäre (so schon Beschl. d. erk. Senats v. 28.07.1986 - 5 S 2110/85 - a.a.O.).

b) Die angegriffene Verordnung hält sich auch im Rahmen der materiell-rechtlichen Ermächtigungsgrundlagen des Bundesnaturschutzgesetzes und des Landesnaturschutzgesetzes. Insbesondere sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen gemäß § 21 Abs. 1 NatSchG ein Gebiet als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden darf. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des eigentlichen Steinbruchgeländes stehen außer Zweifel. Es handelt sich um ein sowohl unter geologischen wie auch unter ökologischen Gesichtspunkten besonders hochwertiges Gelände. Im einzelnen wird dazu in dem Gutachten der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Freiburg vom 09.08.1989 mit Ergänzungen vom 11.12.1989 und vom 13.12.1990 Stellung genommen. Diese überzeugenden Ausführungen bedürfen keiner Wiederholung, zumal da sie sich ausweislich dessen Äußerung vom 31.05.1989 auch mit den Beobachtungen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschlands - Regionalverband Südlicher Oberrhein - decken und insbesondere nachdrücklich bestätigt werden durch das von der Antragstellerin selbst in Auftrag gegebene Gutachten des Büros für Landschaftsökologie und Planung vom September 1992.

Durchgreifende Bedenken gegen die Schutzwürdigkeit des Gebiets bestehen entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin auch insoweit nicht, als bestimmte Waldflächen in das Schutzgebiet einbezogen worden sind. Auch zu deren besonderer Schutzwürdigkeit wird in den erwähnten Gutachten der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege und des Büros mehrfach positiv Stellung genommen, außerdem - auf die erstmals nach Erlaß der Verordnung insoweit erhobenen Bedenken eingehend - in der Äußerung der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege vom 21.04.1993. Danach sind zwar die innerhalb des Steinbruchs gelegenen Eichen-Hainbuchenwälder, wie sie im Gutachten der Bezirksstelle vom 09.08.1989 (S. 2) beschrieben werden, insbesondere mit Rücksicht auf die dort vorkommenden Bastarde aus Traubeneiche und der seltenen Flaumeiche sowie der Elsbeere eine Besonderheit, jedoch handelt es sich auch bei den südöstlich und östlich außerhalb des Steinbruchs, aber noch innerhalb des Naturschutzgebiets gelegenen lindenreichen Wäldern um Raritäten in Südwestdeutschland. Sie verdienen es daher nach der fachlichen Beurteilung der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege, gerade auch zum Schutz des bis an die Steinbruchoberkante reichenden Kerns des Schutzgebiets mitberücksichtigt zu werden. Auch im Gutachten wird wiederholt die Schutzfunktion der "seltenen Waldgesellschaft" an der Bruchoberkante betont (vgl. u.a. S. 21) gerade für das Sicherheitsempfinden störungsanfälliger Arten wie des Wanderfalken, aber auch vor Einwehungen von Herbiziden und Pestiziden. Diese Einschätzungen hat die Antragstellerin in naturschutzfachlicher Hinsicht nicht substantiiert angegriffen. Ihr rechtliches Gegenargument, die oberhalb der Bruchkante gelegenen Waldstreifen seien deshalb zu Unrecht eingezogen worden, weil sie sich von den südlich und östlich angrenzenden Beständen nicht unterschieden, überzeugt den Senat nicht. Abgesehen davon, daß dadurch die erwähnte Schutzfunktion der unmittelbar an den Steinbruch grenzenden Waldstreifen verkannt wird, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt, daß keine rechtliche Notwendigkeit besteht, gemäß §§ 21, 22 NatSchG schützenswerte Landschaftsteile auch in vollem Umfang unter Schutz zu stellen. Es ist lediglich - umgekehrt - als rechtlich unabdingbare Voraussetzung für die Einbeziehung eines Landschaftsteils in ein Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet dessen Schutzwürdigkeit (und Schutzbedürftigkeit) zu verlangen (vgl. Urt. d. erk. Sen. v. 29.09.1988 - 5 S 1466/88 - NVwZ - RR 1989, 403 = VBlBW 1989, 227, ständige Rechtsprechung).

c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die angegriffene Naturschutzverordnung auch nicht deshalb ungültig, weil die privaten Belange der Antragstellerin und die gleichlaufenden öffentlichen Belange der Wasserwirtschaftsverwaltung im Zusammenhang mit dem sogenannten integrierten Rheinprogramm unzureichend berücksichtigt worden wären. Zwar unterliegt es keinem Zweifel, daß das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot über den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen hinaus sich auch auf die betroffenen privaten Belange, insbesondere die Eigentümerinteressen erstreckt (vgl. grundlegend Urt. d. Sen. v. 16.12.1983 - 5 S 297/83 - NVwZ 1984, 1700 = NuR 1984, 149). Indes wurden ausweislich der dem Senat vorliegenden Verfahrensakten des Regierungspräsidiums die - abwägungsbeachtlichen - Belange der Antragstellerin und der Wasserwirtschaftsverwaltung sehr wohl in die Abwägung einbezogen. Sie wurden ferner zutreffend gewürdigt und schließlich auch der Ausgleich zwischen ihnen und den Belangen des Naturschutzes nicht in einer Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtigkeit dieser Belange außer Verhältnis steht. Die Antragstellerin und ebenso die Wasserwirtschaftsverwaltung haben zu ihren Interessen in Schriftsätzen vom 16.11. und 30.11.1990 ausführlich Stellung genommen; die Probleme der Rohstoffbeschaffung für das integrierte Rheinprogramm aus Steinbrüchen außerhalb der näheren Umgebung wurden in einer Besprechung vom 06.12.1990 und in einer ergänzenden Äußerung der Wasserwirtschaftsverwaltung vom 20.12.1990 vertieft und konkretisiert. Insbesondere blieben dabei weder die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin an der Wiederaufnahme des Gesteinsabbaus noch die finanziellen Interessen und die ökologischen Belange im Zusammenhang mit dem integrierten Rheinprogramm außer Betracht. So wurden Frachtkosten, Treibstoffverbrauch, Schadstoffausstoß und anderes für den Fall prognostiziert, daß der Steinbruch in Nxx nicht zur Verfügung steht. Auch in der Erörterungsverhandlung vom 17.12.1990 wurde auf diese Problematik nochmals eingegangen. Wenn die höhere Naturschutzbehörde gleichwohl nach abschließender gründlicher Prüfung (vgl. den Aktenvermerk v. 23.01.1991) zum Ergebnis gekommen ist, den Belangen des Naturschutzes den Vorrang einzuräumen vor den als durchaus gewichtig erkannten gegenläufigen privaten und öffentlichen Belangen, so bewegt sie sich dabei innerhalb des Freiraums, welcher der gerichtlichen Beurteilung und mithin der Beanstandung entzogen ist (vgl. zu dieser Wertung auch Urt. des Senats vom 16.12.1983 - 5 S 297/83 - NuR 1984, 149 = NVwZ 1984, 1700 und BayVGH, Urt. v. 25.01.1994 - 22 B 92.499 - NuR 1994, 449). Bei der Gewichtung der Eigentümerinteressen kann im übrigen der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben, auf den die Antragstellerin selbst in anderem Zusammenhang hingewiesen hat, nämlich die Tatsache, daß jedenfalls Teile des Naturschutzgebiets schon nach der gesetzlichen Regelung des § 24a NatSchG, also auch ohne den Erlaß der streitigen Verordnung, in hohem Maße einer Veränderung entzogen sind (vgl. § 24 a Abs. 2 NatSchG).

Anzufügen ist noch, daß das Gutachten selbst bei Einhaltung der im sog. Szenario 2 beschriebenen Abbaubedingungen "erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft" (vgl. S. 27) konstatiert, ganz abgesehen von den noch schädlicheren Folgen des "Szenario 1". Demgegenüber wird die "O-Variante", d.h. die Belassung des natürlichen Zustandes, aus der Sicht des Naturschutzes als optimale Lösung dargestellt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 1 S. 1 GKG. Der Senat hat das Interesse der Antragstellerin an der Nichtigerklärung der Naturschutzverordnung auf 10 % des Betrags veranschlagt, den die Antragstellerin selbst in ihrem Einwendungsschreiben vom 30.11.1990 als Nettoertrag für den Fall geschätzt hat, daß der Abbau von ca. 100.000 cbm Phonolith zugelassen würde.

Die Vorlage der Sache an das Bundesverwaltungsgericht kam nicht in Betracht, da keine der Voraussetzungen des § 47 Abs. 5 S. 1 VwGO vorliegt.