VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.11.1994 - 10 S 1769/93
Fundstelle
openJur 2013, 9452
  • Rkr:

1. Die Regelung in einer Abfallwirtschaftssatzung, die den Abfallbesitzer verpflichtet, bestimmte Wertstoffe aus Haushalten zu Sammelbehältern bzw zu einem Wertstoffhof in der Gemeinde zu bringen (Bringsystem), ist von § 8 Abs 1 S 2 und 3 LAbfG (AbfG BW 1990) gedeckt; diese Bestimmung steht ihrerseits im Einklang mit § 3 Abs 1 AbfG.

2. Sieht die Abfallwirtschaftssatzung neben den personenbezogenen Benutzungsgebühren für einen 120-Liter-Müllbehälter bei Bereitstellung eines 240-Liter-Müllbehälters eine zusätzliche Gebühr vor, um nachhaltige Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfall zu schaffen (vgl § 2 Abs 1 S 2 LAbfG (AbfG BW 1990)), ist das rechtlich jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn der Zuschlag geringer ist, als dem Zuwachs an Behältervolumen entspricht.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen Bestimmungen der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners vom 5.7.1991 in der Fassung vom 25.6.1993 (im folgenden: AWS).

§ 8 Nr. 1 b und § 10 Abs. 2 und Abs. 3 AWS sehen für verwertbare Abfälle die Einführung des sogenannten Bringsystems vor. Danach sind bestimmte verwertbare Abfälle aus Haushalten getrennt von anderen Abfällen zu den aufgestellten Wertstoffsammelbehältern zu bringen (§ 10 Abs. 2 AWS), andere verwertbare Abfälle aus Haushalten sind getrennt von anderen Abfällen zu einem Wertstoffhof zu bringen, soweit ein solcher in der Gemeinde vorhanden ist (§ 10 Abs. 3 AWS). Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 AWS handelt ordnungswidrig nach § 30 Abs. 1 Nr. 5 LAbfG, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 10 AWS getrennt bereitzustellende oder getrennt zu Wertstoffsammelbehältern bzw. Wertstoffhöfen zu bringende Abfälle anders als in der vorgeschriebenen Weise bereitstellt oder anliefert. § 23 Abs. 2 Satz 2 und 3 AWS sieht einen Gebührenzuschlag für 240-Liter-Müllgroßbehälter vor. Danach ist bei Bereitstellung eines solchen Behälters ab 1.1.1994 eine Gebühr von 74,-- DM, ab 1.1.1995 von 78,60 DM und ab 1.1.1996 von 131,40 DM jährlich zusätzlich zur personenbezogenen Gebühr für einen 120-Liter-Behälter zu entrichten. § 24 AWS regelt Gebührenmaßstab und Gebührensätze für hausmüllähnlichen Gewerbemüll und für Selbstanlieferer.

Der Antragsteller macht geltend, die Einführung des Bringsystems verstoße gegen § 3 Abs. 1 AbfG, da dort lediglich die Überlassungspflicht des Abfallbesitzers, nicht aber eine Verbringungspflicht zu Wertstoffsammelstellen normiert sei. Man könne den Abfallbesitzer allenfalls dazu verpflichten, den Abfall getrennt an der Grundstücksgrenze zur Abholung bereitzustellen. Weiter sei es unzumutbar, den verwertbaren Abfall zu einer Sammelstelle zu bringen, die in einem 2 km entfernten Teilort der Gemeinde liege und zudem nur an einem Nachmittag in der Woche geöffnet sei. Deshalb sei auch die Festsetzung einer Ordnungs widrigkeit bei Verstoß gegen die Pflicht, verwertbare Abfälle zu Sammelstellen zu bringen, rechtswidrig. Außerdem stehe die Erhebung eines Gebührenzuschlags auf 240-Liter-Müllgroßbehälter im Widerspruch zum Äquivalenzprinzip und zu Art. 3 Abs. 1 GG, da durch die Leerung eines solchen Behälters keine höheren Kosten als bei einem 120-Liter-Behälter entstünden und die Größe des Behälters nichts über die angefallene Abfallmenge aussage. Um den Sonderzuschlag zu vermeiden, sei er genötigt, sich auf eigene Kosten einen 120-Liter-Behälter zu beschaffen.

Der Antragsteller beantragt,

die §§ 10 Abs. 2 und 3, 23 Abs. 2 Satz 2, 24 Abs. 1 Satz 2 und 29 Abs. 1 Nr. 3 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners vom 5.7.1991 in der Fassung vom 25.6.1993 für nichtig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die Verbringung verwertbarer Abfälle zu zentralen Sammelstellen stehe im Einklang mit der Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbfG, die durch kommunalrechtliche Satzung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LAbfG konkretisiert werden könne. Überlassen sei nicht gleichbedeutend mit einem Abstellen an der Grundstücksgrenze. Auch seien die Sammelstellen in einem anderen Ortsteil nicht von vornherein unzumutbar weit entfernt. Deshalb sei ferner die Festsetzung einer Ordnungswidrigkeit bei Verstoß gegen die satzungsrechtlich ausgestaltete Überlassungspflicht rechtmäßig. Bei der Gestaltung der Gebühren habe der Satzungsgeber einen weiten Spielraum und dürfe gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 LAbfG auch Anreize für die Vermeidung und Verwertung von Abfällen geben. Durch eine höhere Gebühr für 240-Liter-Behälter werde dem Ziel einer möglichst weitgehenden Abfallvermeidung Nachdruck verliehen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Antragsgegners vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf und auf den Inhalt der im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Der Senat entscheidet nach § 47 Abs. 6 Satz 1 VwGO über den Normenkontrollantrag durch Beschluß, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

1. Der Antrag ist nur teilweise zulässig. Er ist unzulässig, soweit er darauf gerichtet ist, daß die Ordnungswidrigkeitsbestimmung in § 29 Abs. 1 Nr. 3 AWS für nichtig erklärt wird. Auch im Verfahren der Normenkontrolle nach § 47 VwGO ist der Senat auf Entscheidungen beschränkt, die seiner Gerichtsbarkeit unterliegende Normen betreffen (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verb. mit § 5 AGVwGO). Die Gerichtsbarkeit des Verwaltungsgerichtshofs erstreckt sich nicht auf Vorschriften, die wie § 29 Abs. 1 Nr. 3 AWS rein ordnungswidrigkeitsrechtlicher Natur sind und deren Vollzug durch die Verwaltungsbehörde allein von den ordentlichen Gerichten kontrolliert werden kann (§ 68 OWiG), jedoch nicht zu öffentlichrechtlichen Streitigkeiten im Sinne von § 40 VwGO zu führen vermag (VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschl. v. 15.12.1992 - 10 S 305/92 -, NVwZ 1993, 388 m.w.N.).

Der Antrag ist ferner unzulässig, soweit er sich gegen § 24 Abs. 1 Satz 2 AWS richtet. In dieser Bestimmung geht es um Gebührenmaßstab und Gebührensätze für hausmüllähnlichen Gewerbemüll. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben als Rechtsanwalt tätig und trägt auch nur zur Problematik des Hausmülls vor; von einem eigenen Gewerbe ist nicht die Rede. Deshalb ist nicht erkennbar, inwieweit er durch die Gebührenregelung des § 24 Abs. 1 Satz 2 AWS betroffen sein und so einen Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erleiden könnte.

Dagegen ist der Antrag zulässig, soweit sich der Antragsteller gegen das in § 10 Abs. 2 und 3 AWS normierte Bringsystem und die Gebührenregelung in § 23 AWS wendet (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwGO). Insbesondere ist der Antragsteller insoweit als Abfallbesitzer antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet. Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Abfallwirtschaftssatzung bestehen keine Bedenken. Die vom Antragsteller zulässigerweise angegriffenen Satzungsbestimmungen sind aber auch materiell rechtmäßig.

a) Die Einführung des Bringsystems für bestimmte Wertstoffe in dem durch § 10 Abs. 2 und 3 AWS geregelten Umfang verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LAbfG. Danach regeln die entsorgungspflichtigen Körperschaften durch Satzung, unter welchen Voraussetzungen Abfälle als angefallen gelten, insbesondere in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit ihnen die Abfälle zu überlassen sind. Dabei kann bestimmt werden, daß bestimmte Abfälle getrennt zu überlassen sind und daß mindestens ein bestimmtes Behältervolumen vorhanden sein muß. Nach dem Wortlaut kann der Satzungsgeber frei regeln, wo die Abfälle zu überlassen sind; eine Bindung dahin, daß dies stets an der Grundstücksgrenze oder einer für Müllfahrzeuge befahrbaren Straße zu erfolgen hätte, ist hieraus nicht ersichtlich. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem Zweck der landesgesetzlichen Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte den entsorgungspflichtigen Körperschaften einen weiten Gestaltungsspielraum einräumen und erachtete dabei unterschiedliche Variationen von Hol- und Bringsystemen als zulässig (vgl. Amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung zum Landesabfallgesetz vom 12.7.1989, LT-Drs. 10/1924, S. 43).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bedarf § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LAbfG keiner einschränkenden Auslegung im Sinne eines Ausschlusses des Bringsystems im Hinblick auf den bundesrechtlichen Begriff des "Überlassens" in § 3 AbfG (in der Fassung vom 27.8.1986, BGBl. I, S. 1410, 1501). Angesichts von Wortlaut und Zweck des § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LAbfG bestehen schon erhebliche Zweifel, ob eine solche Auslegung überhaupt möglich wäre. Sie ist aber jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil der vom Antragsteller behauptete Konflikt der landesrechtlichen Satzungsermächtigung mit Bundesrecht nach Auffassung des Senats nicht besteht. Nach § 3 Abs. 1 AbfG hat der Abfallbesitzer Abfälle dem Entsorgungspflichtigen zu überlassen; § 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG erlegt den nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (hier: Landkreis gemäß § 6 Abs. 1 LAbfG) auf, die in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle zu entsorgen. Nach § 1 Abs. 2 AbfG umfaßt die Abfallentsorgung neben der Abfallverwertung das Ablagern von Abfällen sowie die hierzu erforderlichen Maßnahmen des Einsammelns, Beförderns, Behandelns und Lagerns. Ein Bringsystem bei verwertbaren Abfällen aus Haushalten und Kleingewerbebetrieben überschreitet nicht den Rahmen der dem Abfallbesitzer bundesrechtlich obliegenden Überlassungspflicht und erlegt ihm nicht in unzulässiger Weise Maßnahmen der Abfallentsorgung (Einsammeln) auf.

Der Begriff des Überlassens wird im Abfallgesetz nicht definiert; dort findet sich nichts darüber, in welcher Weise der Abfallbesitzer seiner Überlassungspflicht nachzukommen hat; insoweit sind daher konkretisierende Regelungen durch den Landesgesetzgeber möglich (BVerwG, Urt. v. 11.2.1983, BVerwGE 67, 8; Hoesel/v. Lersner, Abfallgesetz § 3, 1130 RdNr. 5; Kunig/Schwermer/Versteyl, Abfallgesetz, 2. Aufl., § 3 RdNr. 17). In Baden-Württemberg sind die damit zusammenhängenden Fragen den beseitigungspflichtigen Körperschaften zur Regelung durch Satzung überantwortet worden (vgl. oben, § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LAbfG). Überlassen von Abfällen heißt demnach, sie entsprechend den maßgeblichen landesgesetzlichen oder satzungsrechtlichen Bestimmungen so zur Verfügung zu stellen, daß der Entsorgungspflichtige sie ohne weiteren Aufwand einsammeln kann (BVerwG, Urt. v. 19.1.1989, NJW 1989, 1295); eine Beschränkung ausschließlich auf ein Holsystem ab der Grundstücksgrenze ist danach bundes- und landesrechtlich nicht gefordert (grundsätzlich zustimmend, aber mit Zumutbarkeitsgesichtspunkten abwägend: Kunig/Schwermer/Versteyl, a.a.O, § 3 RdNr. 18; Lübbe-Wolff (Hrsg.), Umweltschutz durch Kommunales Satzungsrecht, 1993, RdNr. 269 - 271; zweifelnd: Hoesel/v. Lersner, a.a.O.).

Die Gegenauffassung im Schrifttum (Hoppe, DVBl. 1990, 609, 613; Becker, NWVBl. 1989, 269, 270) vermag nicht zu überzeugen. Soweit ausgeführt wird, der Überlassungspflicht werde stets genügt, wenn die Abfälle dort zugänglich gemacht würden, wo sie abgeholt werden müßten (so Hoppe, a.a.O, S. 613 f.), fehlt gerade eine Begründung dafür, weshalb dies stets an der Grundstücksgrenze der Fall sein sollte. Soweit behauptet wird, das Einsammeln müsse dem Befördern durch den Entsorgungspflichtigen zeitlich vorangehen und beinhalte das Aufsuchen von Abfällen an der Stelle, wo sie frühestmöglich erfaßt werden könnten (so Becker, a.a.O. S. 270), wird letzteres ebenfalls nicht ausdrücklich begründet. Diese Auffassung, auf die sich im Ergebnis auch der Antragsteller beruft, findet weder im Abfallgesetz des Bundes noch im Landesabfallgesetz eine Stütze. Insbesondere kann der Antragsteller aus dem Wortpaar "angefallene Abfälle" in § 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG nichts für sich herleiten. Denn nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LAbfG obliegt dem Satzungsgeber die Regelung, unter welchen Voraussetzungen Abfälle als angefallen gelten. Angefallen im Sinne nicht nur dieser Bestimmung, sondern auch des § 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG sind daher alle Abfälle, die nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften den beseitigungspflichtigen Körperschaften überlassen worden sind (BVerwG, Urt. v. 11.2.1983, a.a.O.). Soweit der Gegenauffassung die Überlegung zugrunde liegen sollte, der Transport durch den Abfallbesitzer zu einer Wertstoffsammelstelle sei schon ein Befördern im Sinne von § 1 Abs. 2 AbfG, träfe das nicht zu. Denn alles, was in Erfüllung der Überlassungspflicht zu geschehen hat, geht der Abfallentsorgung voraus und ist damit noch kein Einsammeln oder Befördern (BVerwG, Urt. v. 11.2.1983 und v. 19.1.1989, jeweils a.a.O.; Kunig/Schwermer/Versteyl, a.a.O., § 1 RdNr. 45). Die Einführung eines Bringsystems für Wertstoffe stellt sich auch nicht als ein - außerhalb von § 3 Abs. 3 AbfG unzulässiger - Ausschluß von der Entsorgung dar, denn der vom entsorgungspflichtigen Landkreis durchzuführende Vorgang (Bereitstellung von Containern, Entgegennahme am Wertstoffhof) bleibt weiterhin als Einsammeln qualifizierbar (Kunig/Schwermer/Versteyl, a.a.O., § 3 RdNr. 18): Einsammeln stellt die Entgegennahme oder das Abholen der vom Abfallbesitzer in Erfüllung seiner Überlassungspflicht nach § 3 Abs. 1 AbfG bereitgestellten Abfälle dar (BayVGH, Urt. v. 15.12.1992, GewArch 1993, 261, 262, betreffend Wertstoffsammelbehälter; BayVGH, Beschl. v. 4.2.1992, BayVBl. 1992, 305, 306, betreffend Wertstoffhof, jeweils m.w.N.).

Die angegriffenen Satzungsbestimmungen in § 10 Abs. 2 und 3 AWS stehen im Einklang mit der sonach bundesrechtlich unbedenklichen Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LAbfG. Sie halten sich auch im Rahmen der rechtsstaatlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit. Die Auferlegung einer Bringpflicht für Wertstoffe ist im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel einer späteren Verwertung (vgl. hierzu insbesondere § 3 Abs. 2 Satz 4 AbfG), die eine vorherige Trennung zwischen verwertbaren und anderen Abfällen voraussetzt, nicht unverhältnismäßig. Auch die konkrete Ausgestaltung der Bringpflicht durch die Satzung ist nach Auffassung des Senats zumutbar. Über Zahl und Standorte der Sammelbehälter und Öffnungszeiten der Wertstoffhöfe werden zwar weder in § 10 AWS noch sonst in der Satzung selbst ausdrückliche Festlegungen getroffen; insoweit wird durch § 10 Abs. 8 Nr. 2 AWS auf die Öffnungszeiten verwiesen und in § 10 Abs. 8 Nr. 3 AWS geregelt, daß die Festsetzung der Standorte von Wertstoffsammelbehältern ortsüblich bekannt gemacht wird. Das macht die Satzung indessen weder unwirksam noch unvollständig (vgl. Urt. d. Senats v. 13.10.1983 - 10 S 1683/82 -, BWVPr. 1984, 106, 108). Sie kann sich als Norm darauf beschränken, allgemeine Aussagen zur Zumutbarkeit zu machen, braucht hingegen Standorte und Öffnungszeiten nicht selbst festzusetzen. Sie genügt den an sie zu stellenden Anforderungen dadurch, daß Zumutbarkeitsgesichtspunkte insofern berücksichtigt wurden, als die Verpflichtung zur Verbringung an einen Wertstoffhof nur auferlegt wird, wenn ein solcher innerhalb der Gemeinde vorhanden ist. Daß Abfallbesitzer innerhalb einer Gemeinde (gegebenenfalls auch zwischen ihren Teilorten, wie im vorliegenden Fall) u. U. nicht ganz unerhebliche Entfernungen zu den Sammelstellen zurückzulegen haben, brauchte den Satzungsgeber nicht zu veranlassen, beschränkende Bestimmungen aufzunehmen. Denn er durfte davon ausgehen, daß einerseits gemäß § 3 Abs. 1 AbfG der Abfallbesitzer als Mitglied einer Abfälle in großen Mengen produzierenden Gesellschaft seinen Teil zur Lösung dieses bedeutsamen Umweltproblems beitragen soll und nicht alle dafür notwendigen Maßnahmen der Allgemeinheit überlassen darf (BVerwG, Urt. v. 19.1.1989, a.a.O., S. 1295) und daß andererseits die vom Bringsystem erfaßten Wertstoffe von ihrer Beschaffenheit her über eine längere Zeit vom Abfallbesitzer aufbewahrt werden können, so daß die Zahl der Wege zur Sammelstelle nicht unzumutbar hoch ist. Das gilt um so mehr, als die Verpflichtung zur Abgabe am Wertstoffhof nach § 10 Abs. 3 AWS nur für die Wertstoffe nach Nummern 2, 3, 6 und 7 vorbehaltlos gilt (Wellpappe, Kartonagen, sauberes Styropor, Küchenaltfette und Altkleider), während sie bei den Nummern 1, 4 und 5 (Altpapier, Schrott sowie Leicht- und Kleinmetalle) davon abhängt, daß keine Bereitstellung nach § 10 Abs. 2, 4 oder 5 AWS erfolgt (Wertstoffsammelbehälter, besondere Sammlungen, gemeinnützige Sammlungen).

Das schließt nicht von vornherein aus, daß sich im Einzelfall ein Abfallbesitzer möglicherweise gegen die - außerhalb der Satzung erfolgende - Festsetzung der Standorte von Sammelbehältern oder von extrem kurzen Öffnungszeiten eines Wertstoffhofs mit dem Argument zur Wehr setzen kann, diese Festlegungen seien für ihn konkret unzumutbar. Nur zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten zwischen den Beteiligten sei angemerkt, daß der Senat im vorliegenden Fall (zwei Kilometer Entfernung zum Wertstoffhof) keine Anzeichen für eine derartige Unzumutbarkeit der Andienung durch den Antragsteller zu erkennen vermag.

Die Satzung steht schließlich auch nicht, wie der Antragsteller meint, im Widerspruch zu § 9 AbfG. In dieser Vorschrift wird die Andienungspflicht bei besonders überwachungsbedürftigen Abfällen im Sinne des § 2 Abs. 2 AbfG aus gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen behandelt. Eine Aussage über die Ausgestaltung der Überlassungspflicht von Hausmüll findet sich dort nicht.

Im übrigen spricht auch das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 27.9.1994 (BGBl. I S. 2705), das in seinen maßgeblichen Teilen zum 6.10.1996 in Kraft tritt, an mehreren Stellen von einem Einsammeln durch Hol- und Bringsysteme (vgl. §§ 3 Abs. 5, 7 Abs. 1 Nr. 3).

b) Auch die Regelung eines Zuschlags für die Verwendung eines 240-Liter-Müllgroßbehälters in § 23 Abs. 2 Satz 2 AWS, auf die sich die Kritik des Antragstellers im Rahmen der Gebührenregelung beschränkt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hält sich im Rahmen der Ermächtigung von §§ 8 Abs. 2 Nr. 2 d, 2 Abs. 1 Satz 2 LAbfG, wonach Benutzungsgebühren für die Abfallentsorgung nach dem Kommunalabgabengesetz mit der Maßgabe erhoben werden dürfen, daß u. a. Menge oder Gewicht der zu entsorgenden Abfälle als Gebührenmaßstab berücksichtigt werden können und der Entsorgungspflichtige die Gebührentatbestände so ausgestalten kann, daß sich daraus nachhaltig Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfall ergeben. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 LAbfG enthaltene Ermächtigung ist bundesrechtlich unbedenklich (vgl. ebenso BVerwG, Beschl. v. 3.5.1994, BayVBl. 1994, 568, für den Fall einer landesrechtlich geregelten Pflicht, durch eine mengenbezogene Gebührengestaltung nachhaltige Anreize zur Abfallvermeidung zu schaffen). Die getroffene Regelung beinhaltet keinen "Strafzuschlag", sondern ein auch bei Benutzungsgebühren zulässiges Lenkungselement (Lindemann/Wiebe, NUR 1991, 171, 174; Dahmen, KStZ 1988, 132, 133, jeweils m.w.N.). Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liegt entgegen der Auffassung des Antragstellers hier nicht vor. Das Äquivalenzprinzip erfordert in Verbindung mit dem Gleichheitssatz, daß die Benutzungsgebühr im allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so daß bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden. Das Äquivalenzprinzip gebietet, daß die Abgabe in ihrer Höhe in einem bestimmten Verhältnis zur Leistung der öffentlichen Hand stehen muß (VGH Bad.-Württ. in ständiger Rechtsprechung, vgl. z.B. Normenkontrollbeschl. v. 31.8.1993 - 2 S 3000/90 -, VBlBW 1994, 152 = NVwZ 1994, 194). Dabei kann offenbleiben, ob das über den reinen Entgeltzweck hinausgehende Lenkungselement eine - zulässige - Relativierung des Äquivalenzprinzips aus Umweltschutzgründen beinhaltet (so Lindemann/Wiebe, a.a.O., S. 174), denn die Festsetzung einer Zusatzgebühr für den 240-Liter-Behälter steht mit dem Äquivalenzprinzip in Einklang. Für den Zuschlag zur personenbezogenen Gebühr für einen 120-Liter-Behälter besteht ein sachlicher Grund, weil der Antragsgegner im Rahmen seines Satzungsermessens davon ausgehen durfte, daß eine gegebene Anzahl von Personen bei Verwendung eines größeren Müllbehälters tendenziell mehr Abfälle überläßt als bei Benutzung eines kleineren, der aber noch angemessen groß ist. Denn die Versuchung, Abfälle nicht zu vermeiden bzw. nicht sorgfältig zu trennen und zu verwerten, dürfte bei großzügig vorhandenem Platz in der Mülltonne stärker sein als bei einer sichtbaren Platzbeschränkung (vgl. auch VGH Bad.-Württ, Normenkontrollbeschl. d. Senats v. 19.2.1990 - 10 S 3608/88 -, VBlBW 1990, 352, 354). Damit ist auch das Argument des Antragstellers hinfällig, die Leerung eines 240-Liter-Behälters verursache keinen größeren Aufwand als bei einem 120-Liter-Behälter. Denn fälschlicherweise wird dabei gerade vorausgesetzt, daß das Müllaufkommen völlig unabhängig vom Behältervolumen sei.

Auch die Höhe des Zuschlags ist nicht zu beanstanden; der Satzungsgeber durfte nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Verwendung eines 240-Liter-Behälters gegenüber derjenigen eines halb so großen Regelbehälters prognostisch eine Erhöhung des zu erwartenden Müllaufkommens zuordnen; er ist dabei realistischerweise davon ausgegangen, daß dem nicht eine Verdoppelung des Müllaufkommens entspreche, und hat demgemäß die Zusatzgebühr auch deutlich unterhalb der personenbezogenen Gebühr bemessen. Der Satzungsgeber hat seinen Spielraum auch nicht dadurch überschritten, daß er als Regelfall einen unrealistisch kleinen Abfallbehälter zugrunde gelegt hätte, der die Gefahr "wilder Ablagerungen" fördern würde. Vielmehr hat der Antragsgegner plausibel ausgeführt, daß der Regelbehälter mit 120 I im Durchschnitt für einen Haushalt (60 I pro Haushalt und Woche) ausreichend ist, und dies mit Zahlen aus seiner Abfallbilanz von 1992 belegt, wonach das Hausmüllaufkommen bei einer Menge von 4,75 kg pro Einwohner und Woche lag.

Schließlich kann der Antragsteller der Gebührenregelung des § 23 AWS nicht entgegenhalten, er könne die Zusatzgebühr nur durch Anschaffung eines 120-Liter-Behälters vermeiden, die auf seine Kosten gehe. Daß Abfallbehälter auf eigene Kosten anzuschaffen sind, ergibt sich aus § 13 Abs. 3 AWS, wirkt sich jedoch im Rahmen der Überprüfung der vom Antragsteller beanstandeten Gebührenregelung des § 23 AWS, in der es ausschließlich um Benutzungsgebühren geht, nicht aus.