VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.1992 - 1 S 2245/90
Fundstelle
openJur 2013, 8257
  • Rkr:

1. Der Deutschen Bundespost als öffentlichem Unternehmen obliegt keine besondere, über die privaten Eigentümerpflichten hinausgehende Pflicht zur Erhaltung geschützter Denkmäler.

Tatbestand

Die klagende Deutsche Bundespost begehrt die baurechtliche Zustimmung zum Abbruch einer im 19. Jahrhundert errichteten Turnhalle

Die Klägerin erwarb 1970 von der Beklagten dieses Grundstück, auf dem sich damals das D-H-Gymnasium samt der heute noch existierenden Turnhalle befand. Die Besitzübergabe erfolgte im Februar 1978. Die Klägerin ließ das Gymnasium abbrechen und errichtete in den Jahren 1987 bis 1989 auf dem Grundstück ein Postamt, bei dessen Gestaltung die Architektur der auf dem Grundstück befindlichen Turnhalle berücksichtigt wurde.

Am 17.12.1985 beantragte die Klägerin die Zustimmung zum Abbruch der ehemaligen Turnhalle. Das von der Beklagten angehörte Landesdenkmalamt B vertrat in seiner Stellungnahme vom 20.3.1986 die Auffassung, die Denkmaleigenschaft des Gebäudes leite sich nicht allein aus seiner zeittypischen und anspruchsvollen Gestaltung und aus seiner exzeptionellen handwerklichen Ausführung ab, sondern ergebe sich auch daraus, daß es sich um ein recht frühes Zeugnis einer im 19. Jahrhundert neu entstandenen Baugattung handle, die Dokument und Ausdruck für eine Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens im 19. und 20. Jahrhundert - insbesondere der Turnbewegung - und daher von großer Bedeutung sei. Im Hinblick auf die wissenschaftliche, künstlerische und heimatgeschichtliche Bedeutung der Turnhalle bestehe an der Erhaltung und Sanierung des Gebäudes ein großes öffentliches Interesse. Das Gebäude befinde sich in einem sanierungsfähigen Zustand, eine Vielzahl von Umnutzungsmöglichkeiten sei denkbar und denkmalverträglich.

Mit Bescheid vom 19.9.1986 lehnte die Beklagte, nachdem die untere Denkmalschutzbehörde mit Schreiben vom 4.7.1986 die im Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt die Zustimmung versagt hatte, den Antrag ab. Hiergegen legte die Klägerin am 15.10.1986 Widerspruch ein. Diesen begründete sie damit, daß die Turnhalle kein Gegenstand des Denkmalschutzes sei und ihr im übrigen die Erhaltungskosten nicht zuzumuten seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.1988 - zugestellt am 24.11.1988 - wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch der Klägerin zurück mit der Begründung, die Denkmaleigenschaft des Gebäudes ergebe sich aus der Stellungnahme des Sachverständigen des Landesdenkmalamts vom 20.3.1986, welche sich auch die höhere Denkmalschutzbehörde zu eigen gemacht habe. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Kulturdenkmals mit den entgegenstehenden Interessen der Eigentümerin ergebe, daß gegenüber den allgemeinen öffentlichen Belangen das Interesse der Klägerin zurücktreten müsse; wesentlich hierfür sei, daß die Erhaltung des Denkmals der Klägerin zugemutet werden könne. Bei der Frage der Zumutbarkeit seien bei einem Bundesunternehmen wie der Post andere Maßstäbe anzulegen als bei Privateigentümern. Aus dem im Grundgesetz enthaltenen Kulturauftrag des Staates ergebe sich eine gesteigerte Erhaltungspflicht der Klägerin für Kulturdenkmäler. Es sei nicht Aufgabe der Denkmalschutzbehörden, der Klägerin für die Verwendung der früheren Turnhalle Vorschläge zu unterbreiten. Vielmehr sei diese selbst gefordert, eine ihre und die denkmalschützerischen Interessen befriedigende Lösung zu finden.

Am 16.12.1988 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19.9.1986 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.11.1988 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Zustimmung zum Abbruch der alten Turnhalle zu erteilen. Sie hat geltend gemacht, die Erhaltung sei ihr nicht zuzumuten. Ursprünglich sei sie wie auch die Beklagte davon ausgegangen, daß die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude abgebrochen und dafür ein neues Postamt errichtet werden sollten. Wegen der dann geäußerten Auffassung, die Turnhalle sei ein Kulturdenkmal, habe sie zunächst versucht, das Gebäude in ihre Planungen einzubeziehen, insbesondere weil ein Berufsbildungszentrum in geplant gewesen sei. Die Unterbringung eines solchen Zentrums in der alten Turnhalle sei jedoch wirtschaftlich unzumutbar. Daher habe sie die Zustimmung zum Abbruch der Turnhalle beantragt. Weder aus verfassungsrechtlichen noch aus einfach-gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich eine gesteigerte Verantwortung der Bundespost für die Denkmalpflege. Für die Frage, ob die Erhaltung des Gebäudes zumutbar sei, sei der gleiche Maßstab anzulegen wie bei privaten Eigentümern. Dabei seien objektive, rein objektbezogene Maßstäbe anzuwenden. Zumutbar sei ihr nur eine sinnvolle Nutzung als Schulungszentrum. Hierbei wäre eine Sanierung gegenüber einem Neubau unwirtschaftlich. Der Sanierungsaufwand betrage rund DM 2,0 Mio. Für einen Ausbau der Halle zur Berufsausbildungsstätte kämen nochmals rund DM 2,0 Mio. hinzu. Die Kosten für einen Neubau mit gleichem Raumprogramm beliefen sich dagegen auf DM 2,0 Mio. Selbst wenn man den Kostenschätzungen nunmehr eine Nutzfläche von 800 qm (statt bislang 520 qm) zugrunde lege, betrage der Kostenunterschied zwischen Ausbau und Neubau immerhin noch ca. DM 1,0 Mio.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klagabweisungsantrags ausgeführt, die alte Turnhalle stelle ein Baudenkmal dar, an dessen Erhaltung ein hohes öffentliches Interesse bestehe. Die Bundespost sei dem Gemeinwohlbelang Denkmalschutz verpflichtet. Im übrigen könne die Bundespost aufgrund ihres großen Raumbedarfs in R die Halle auch anders sinnvoll nutzen.

Durch Urteil vom 17.8.1990 hat das Verwaltungsgericht nach Anhörung des Hauptkonservators als Sachverständigen und nach Augenscheineinnahme der alten Turnhalle dem Antrag der Beklagten entsprechend die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es:

Die alte Turnhalle sei ein Kulturdenkmal von hohem Rang, an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse bestehe. Ihrer Erhaltung komme aus wissenschaftlichen und künstlerischen Gründen große Bedeutung zu. Auch heimatgeschichtliche Gründe sprächen für die Denkmalfähigkeit der Turnhalle. Originalität und Integrität der alten Turnhalle, ihre handwerkliche und künstlerische Qualität und ihr Bezug zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts sprächen in hohem Maße für ihre Erhaltung. Auch sei der Seltenheitswert der Halle hoch zu veranschlagen. Das Bewußtsein von der Erhaltungswürdigkeit sei in weiten Kreisen der Bevölkerung und bei Sachverständigen vorhanden, so daß ein öffentliches Interesse für die Erhaltung der alten Turnhalle anzunehmen sei.

Die Erhaltung und denkmalgerechte Sanierung des Kulturdenkmals "alte Turnhalle" sei der Klägerin auch zumutbar. Für die alte Turnhalle gäbe es objektiv gesehen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Wenn die Klägerin behaupte, eine andere Nutzung als zu Parkzwecken sei ihr derzeit nicht möglich, sei dies eine Folge der unternehmerischen Entscheidung hinsichtlich der Bebauung des Gesamtgrundstückes und nicht der unzulänglichen baulichen Möglichkeiten des Denkmals. Auch habe es die Klägerin versäumt, detaillierte Angaben für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorzulegen. Daher sei eine konkrete Berechnung der Mehraufwendungen für Ausbau und Unterhalt der Halle im Vergleich zu einem Neubau nicht möglich. Dies gehe zu Lasten der Klägerin.

Gegen das ihr am 24.8.1990 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.9.1990 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ausführt:

Die Erhaltung des Denkmals führe zu unverhältnismäßigen Belastungen, die das Maß des Zumutbaren erheblich überstiegen. Zur Erhaltung der Turnhalle seien Aufwendungen erforderlich, die in einem auffälligen Mißverhältnis zum öffentlichen Erhaltungsinteresse und zur Bedeutung des Denkmals stünden. Für die Sanierung der alten Turnhalle als Lagerhalle mit 480 qm Nutzfläche wären DM 2,683 Mio. aufzuwenden. Hierfür habe sie allerdings keinen Raumbedarf. Eine Fremdvermietung würde keine Kostenmiete erzielen können. Eine Nutzung des Denkmals für Kfz-Stellplätze wäre unwirtschaftlich, da lediglich 20 Stellplätze zu einem Stückpreis von über DM 150.000,00 zu erzielen seien. Normalerweise würden beim Bau von Tiefgaragen pro Stellplatz Baukosten von DM 20.000,00 bis DM 25.000,00 kalkuliert werden. Das Herrichten des Grundstücks für Parkzwecke würde dagegen einschließlich Abriß der Turnhalle etwa DM 230.000,00 kosten. Eine höherwertige Nutzung der Turnhalle z.B. als Büro- bzw. Verkaufsfläche oder zu Wohnzwecken würde einen Gesamtaufwand von DM 4,8 Mio (+ 600.000 DM für Nebenkosten und Außenanlagen) erfordern. Abgesehen davon, daß die Deutsche Bundespost keinen Bedarf an solchen Räumlichkeiten in habe, würde eine solche aufwendige "Haus-in-Haus-Lösung" die Denkmalqualität stark beeinträchtigen. Eine Veräußerungsmöglichkeit gebe es nicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17.8.1990 - 7 K 268/88 - abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 19.9.1986 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 15.11.1988 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über die beantragte Zustimmung zum Abbruch der ehemaligen Turnhalle auf dem Grundstück unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor:

An der Erhaltung der alten Turnhalle als Kulturdenkmal bestehe ein hohes öffentliches Interesse. Angesichts der gesteigerten denkmalschutzrechtlichen Erhaltungspflicht des Staates und seiner Rechtseinheit im Hinblick auf die ihnen obliegende kulturstaatliche Verantwortung ergebe sich eine solche auch für die Klägerin.

Die Klägerin habe großen Raumbedarf im Raum R, den sie auch durch die Sanierung der alten Turnhalle decken könne. Im übrigen sei eine solche Sanierung nicht unzumutbar. Die von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen widersprächen in weiten Bereichen ihren früheren Angaben und seien nicht nachprüfbar. Insbesondere sei der Sanierungsaufwand zu Lagerzwecken von DM 2,4 Mio. nicht nachvollziehbar.

Der Senat hat das Grundstück und die alte Turnhalle in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags und des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums sowie die Prozeßakten des Verwaltungsgerichts vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit der Klage, insbesondere der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) der Klägerin ausgegangen. Zwar kann die Klägerin sich nicht auf den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG berufen. Dies ändert indes nichts daran, daß das vom Denkmalschutz betroffene Eigentum als einfachrechtliche Position in die Ermessensausübung nach § 7 Abs. 1, 3 und § 6 DSchG einzubeziehen ist und damit sowohl nach allgemeinen Grundsätzen die Klagebefugnis vermittelt als auch das Recht auf eine fehlerfreie Ausübung des Ermessens einräumt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 10.12.1984 - 5 S 2203/84 -, NVwZ 85, 432).

Die danach zulässige Klage ist aber unbegründet, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Zustimmung zum Abbruch (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Nach § 69 Abs. 1 und 2, §§ 51, 52 Abs. 4 Nr. 2 LBO bedarf der Abbruch der alten Turnhalle als eines Gebäudes mit ca. 7.400 ccm umbauten Raumes der Zustimmung der Baurechtsbehörde. Gemäß §§ 69 Abs. 3, 59 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Zustimmung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden Vorschriften entgegenstehen. Als solche kommen im vorliegenden Fall allein die Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes in Betracht. Der Abbruch der alten Turnhalle bedarf der Zustimmung der unteren Denkmalschutzbehörde (§ 7 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 DSchG), denn die alte Turnhalle ist ein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG (1.). Die erforderliche Zustimmung hat die Denkmalschutzbehörde ermessensfehlerfrei versagt, weil der Klägerin die Erhaltung des Gebäudes nach Lage der Dinge zuzumuten ist (2.).

1. Ebenso wie das Verwaltungsgericht geht der Senat in Übereinstimmung mit der Auffassung der Behörden und der gutachtlichen Stellungnahme des Sachverständigen davon aus, daß es sich bei der alten Turnhalle um ein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG handelt. Hierfür sprechen nicht nur wissenschaftliche und künstlerische Gründe, sondern auch in nicht wesentlich geringerem Maße heimatgeschichtliche Gründe. Wie das Verwaltungsgericht bewertet der Senat nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins das öffentliche Erhaltungsinteresse als hoch.

Kulturdenkmal sind nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 DSchG Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Die Eigenschaft einer Sache als Kulturdenkmal setzt mithin ihre Denkmalfähigkeit und ihre Denkmalwürdigkeit voraus. Denkmalfähig ist eine Sache, wenn einer der in § 2 Abs. 1 DSchG genannten Schutzgründe für ihre Erhaltung spricht. Denkmalwürdig ist sie, wenn ein öffentliches Interesse besteht, das die auf einem gesetzlichen Schutzgrund beruhende Erhaltung der Sache rechtfertigt (vgl. Senatsurteil vom 10.5.1988 - 1 S 1949/87 -, VBlBW 89, 18).

Der Begriff des Kulturdenkmals ist nach allgemeiner Auffassung ein unbestimmter Rechtsbegriff wertenden Inhalts, dessen Anwendung uneingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, aaO., m.w.N.). Angesichts der Schwierigkeit, die Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit sachgerecht zu beurteilen, ist es zur Auslegung des Rechtsbegriffs in der Regel angebracht, daß sich das Gericht sachverständiger Beratung bedient. Dabei kann das Gericht grundsätzlich auch auf solche Gutachten zurückgreifen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Da nach dem Gesetz (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 DSchG) in erster Linie das Landesdenkmalamt als Landesoberbehörde für den Denkmalschutz berufen ist, sachkundige Stellungnahmen zur Schutzwürdigkeit eines Kulturdenkmals abzugeben (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.7.1985, NVwZ 1986, 240), bestehen deshalb keine Bedenken, die gutachtlichen Äußerungen des Hauptkonservators zu verwenden.

Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat aufgrund der Beweisaufnahme der Überzeugung, daß wissenschaftliche Gründe vorliegen, aus denen sich die Eigenschaft der alten Turnhalle als Kulturdenkmal ergibt. Wissenschaftliche Gründe erlauben die Annahme eines Kulturdenkmals, wenn eine Sache für die Wissenschaft oder einen Wissenschaftszweig von Bedeutung ist, wie z.B. für die Theologie die Kirchengestaltung als Dokument einer bestimmten theologischen Auffassung oder für die Bau- und Architekturwissenschaft besondere Konstruktionsmerkmale als Zeichen modellhafter oder erstmaliger Bewältigung bestimmter Probleme. Im Vordergrund dieses Schutzmerkmals steht die dokumentarische Bedeutung für die Wissenschaft, weil sie den bestimmten Wissensstand einer geschichtlichen Epoche bezeugt (Senatsurteil vom 10.5.1988 - 1 S 524/87 -, VBlBW 89, 19). Nach der Stellungnahme des Landesdenkmalamts B war die Errichtung von Turnhallen eine jener im 19. Jahrhundert neu entstandenen Bauaufgaben. Bei der Konzeption des Backsteinbaues habe der Architekt einerseits die Formensprache des Deutschen Historismus übernommen, andererseits auch formale Bezüge zur Industrie- und Bahnhofs-Architektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts hergestellt. Der an der Halle sichtbare hohe architektonische Aufwand mache deutlich, welche Wichtigkeit der Turnbewegung im 19. Jahrhundert beigemessen worden sei. Wie andere Bauaufgaben, etwa Bahnhöfe, seien auch Turnhallen in ideologischer Überhöhung ausgeführt worden. Die Halle sei deshalb vom architektonischen Aufwand her wie ein quasi - sakraler Bau ausgestaltet; die beiden Doppelfenster an der Vorderseite über dem Eingang seien als Hoheitsmotiv anzusehen, das mit dem Fahnenmast fortgeführt werde, an dem damals die Fahne der patriotischen oder der turnerischen Bewegung gehißt worden sei. Das flach gebogene Runddach belege, wie das im 19. Jahrhundert aufgetauchte technische Problem, große Räume ohne Einfügung von Stützen zu überbrücken, gemeistert worden sei. Die Einbindung dieses Runddachs in herkömmliche Formen zeige, daß der Historismus nicht nur eine Kopie von Altem gewesen sei, sondern neue Möglichkeiten gesucht habe. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat daher davon aus, daß die Halle ein bedeutender Beleg dafür ist, wie gesellschaftliche Bewegungen bzw. die ihnen beigemessene Bedeutung sich in der Bewältigung von Bauaufgaben niederschlugen und wie neu auftauchende technische Probleme gelöst worden sind; ihrer Erhaltung kommt deshalb aus wissenschaftlichen Gründen große Bedeutung zu.

Das Verwaltungsgericht hat die Turnhalle zutreffend auch aus künstlerischen Gründen als Denkmal eingestuft. Das Merkmal der künstlerischen Bedeutung verlangt eine gesteigerte ästhetische oder gestalterische Qualität. Sie ist beispielsweise gegeben, wenn Sachen das ästhetische Empfinden in besonderem Maße ansprechen oder zumindest den Eindruck vermitteln, daß etwas nicht Alltägliches oder eine Anlage mit Symbolgehalt geschaffen worden ist, wenn ihnen exemplarischer Charakter für eine bestimmte Stilrichtung beizumessen ist oder wenn sich Form und Funktion eines Bauwerks in besonders gelungener Weise entsprechen (vgl. Senatsurteil vom 10.5.1988 - 1 S 1949/87 - aaO.). Der Sachverständige hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, die künstlerische Bedeutung ergebe sich aus dem hohen Aufwand, der ähnlich wie bei einer Kirche betrieben worden sei. Zu nennen seien die breiten, großen Rundbogenfenster zwischen diese aufnehmenden Backsteinpilastern, das - im Materialgegensatz zum gelb-weißlichen Klinkermauerwerk - um den Bau herumgeführte Sandsteinkämpfergesims, die die Öffnungen akzentuierenden Kalksteine, sowie der breite als Schmuckelement des Hauptgesimses dienende Würfelfries. Hinzu komme der den Eingang an der Schmalseite hervorhebende Mittelrisalit sowie die schmiedeeiserne Bekrönung des giebelförmigen Abschlusses. Der Bau enthalte zahlreiche Gliederungs- und Kunstelemente, die aus dem Backstein entwickelt worden seien. Dies alles führt auch nach Auffassung des Senats dazu, daß die künstlerische Bedeutung der Halle hoch einzuschätzen ist. Die anspruchsvolle Gestaltung der Halle spricht das ästhetische Empfinden im besonderen Maße an und macht deutlich, daß hier im Hinblick auf die vorgesehene Funktion des Bauwerks eine Anlage mit Symbolgehalt geschaffen wurde.

Auch heimatgeschichtliche Gründe sprechen für die Denkmalfähigkeit der Turnhalle. Der Schutzgrund der heimatgeschichtlichen Bedeutung ist im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß durch das Schutzobjekt (heimat-)geschichtliche Entwicklungen anschaulich gemacht werden ("Aussagewert"), daß ihm als Wirkungsstätte namhafter Personen oder Schauplatz historischer Ereignisse ein bestimmter "Erinnerungswert" beizumessen ist oder daß es einen im Bewußtsein der Bevölkerung vorhandenen Bezug zu bestimmten politischen, kulturellen oder sozialen Verhältnissen seiner Zeit herstellt ("Assoziationswert"; vgl. Senatsurteil vom 10.5.1988 - 1 S 1949/87 - aaO.). Zusätzlich zu dem vom Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend bejahten "Aussagewert" der alten Turnhalle für (heimat-)geschichtliche Entwicklungen und einem "Assoziationswert" für die Bevölkerung besitzt die alte Turnhalle nach Auffassung des Senats auch dokumentarischen und exemplarischen Charakter als Zeugnis der Vergangenheit (vgl. Senatsurteil vom 10.5.1988 - 1 S 1949/87 -, aaO.). Denn wie sich aus den Stellungnahmen des Landesdenkmalamtes und des Sachverständigen ergibt, ist die alte Turnhalle in eines der letzten im deutschen Südwesten erhaltenen Exemplare einer im Geiste der Turnerbewegung errichteten wilhelminischen Turnhalle im Stile des deutschen Historismus.

Neben der Denkmalfähigkeit einer Sache verlangt § 2 Abs. 1 DSchG ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung. Dieses (selbständige) Tatbestandsmerkmal des Denkmalbegriffs setzt nach allgemeiner Ansicht voraus, daß die Denkmaleigenschaft einer Sache und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung in das Bewußtsein der Bevölkerung oder mindestens eines breiten Kreises von Sachverständigen eingegangen sind (vgl. Urteil des Senats vom 10.5.1988 - 1 S 1949/87 -, aaO., m.w.N.). Aufgrund der Korrektivfunktion des Merkmales des öffentlichen Interesses bedarf es im Blick auf das konkrete Schutzobjekt einer Bewertung des Ranges seiner denkmalpflegerischen Bedeutung. Dabei ist naturgemäß in erster Linie der "Seltenheitswert" zu berücksichtigen,der es rechtfertigen kann, aus einer Vielzahl vergleichbarer Objekte bestimmte Schutzobjekte als erhaltungswürdig herauszuheben. Daneben sind in die insoweit gebotenen Abwägung der (ausschließlich) denkmalpflegerischen Interessen untereinander und gegeneinander, vor allem der dokumentarische und exemplarische Wert des Schutzobjekts, sein Alter, das Maß seiner Originalität und Integrität sowie ganz allgemein das konkrete Gewicht der einschlägigen Schutzgründe einzustellen. Der Erhaltungszustand ist für die Abwägung nur insoweit von Belang, als das öffentliche Erhaltungsinteresse regelmäßig entfallen wird, wenn das Gebäude nicht unter Wahrung seiner Identität erhalten, sondern - sozusagen als Kopie des Originals - nur noch rekonstruiert werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 10.5.1988 aaO.).

Der Seltenheitswert der Halle ist in Übereinstimmung mit der Denkmalschutzbehörde hoch zu veranschlagen, denn es gibt nur noch wenige erhaltene Beispiele dieser baukünstlerischen Entwicklungsphase in Baden-Württemberg. Lediglich in S befindet sich noch eine ähnliche Halle, die jedoch nicht dieselbe Bedeutung für die Architektur- und Bauwissenschaft besitzt und außerdem weniger reich mit künstlerischen Bauelementen ausgestattet ist. Die Originalität und Integrität der alten Turnhalle in R, ihre handwerkliche und künstlerische Qualität und ihr Bezug zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts sprechen in hohem Maße für ihre Erhaltung. Da die bislang ins Auge gefaßten Nutzungsmöglichkeiten lediglich das Innere der Halle verändern würden, würde der Denkmalwert und die Identität der Halle nicht beeinträchtigt werden. Daß das Bewußtsein von der Erhaltungswürdigkeit nicht nur in Sachverständigenkreisen vorhanden ist, belegen beim Landesdenkmalamt eingegangene Stellungnahmen von Gruppierungen Bürger. Daraus folgt, daß ein hohes öffentliches Interesse für die Erhaltung der Turnhalle spricht.

2. Die Erhaltung und denkmalgerechte Sanierung des Kulturdenkmals "alte Turnhalle" ist der Klägerin auch zumutbar.

Bei der von der unteren Denkmalschutzbehörde zu treffenden Ermessensentscheidung (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. § 8 DSchG) ist nach allgemeiner Auffassung die in § 6 Abs. 1 DSchG enthaltene Begrenzung der Erhaltungspflicht des Eigentümers auf das Zumutbare zu beachten. Das findet seinen rechtlichen Grund darin, daß die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) Beschränkungen der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis und Nutzungsberechtigung des privaten Eigentümers eines Kulturdenkmals, sofern nicht die Voraussetzungen einer zulässigen Enteignung gegeben sind (Art. 14 Abs. 3 GG, § 25 ff. DSchG), als Inhaltsbestimmung (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) nur im Rahmen der Sozialbindung (Art. 14 Abs. 2 GG) und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erlaubt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.1985, VBlBW 1987, 66 m.w.N.). Die klagende Bundespost ist allerdings als öffentliches Unternehmen nicht Träger des Grundrechtes aus Art. 14 GG, da sie sich nicht in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befindet. Grundsätzlich steht juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Grundrechtsschutz des Eigentums aus diesem Grunde nicht zur Seite (vgl. BVerfG, Beschluß vom 8.7.1982, BVerfGE 61, 82/100 f; BVerwG, Urteil vom 1.7.1988, NVwZ 1988, 247/249; Senatsurteil vom 10.10.1989 - 1 S 736/88 -, VBlBW 1990, 182 f.). Dies gilt auch bei fiskalischer Betätigung des Staates. Für die Deutsche Bundespost, die in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt wird (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG), ergibt sich nichts anderes. Gemäß Art. 73 Nr. 7 GG erfüllt sie öffentliche Aufgaben, die dem Bund zugewiesen sind. Trotz der Neuorganisation der Deutschen Bundespost und der damit beabsichtigten größeren unternehmerischen Gestaltungsfreiheit der als öffentliche Unternehmen geführten Teil- Sondervermögen Postdienst, Postbank und Telekom nimmt die Deutsche Bundespost ihre Monopolaufgaben und Pflichtleistungen im Rahmen klassischer öffentlicher Leistungsverwaltung insbesondere als Daseinsvorsorge nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland wahr (vgl. § 4 Abs. 1 PostVerfG). Als Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung befindet sich die Bundespost deshalb nicht in der grundrechtstypischen Gefahrensituation, der die Abwehrfunktion der Grundrechte Rechnung tragen soll. Jedoch hat die Denkmalschutzbehörde im vorliegenden Fall bei der Ausübung ihres Ermessens zu berücksichtigen, daß die Klägerin bei Wahrnehmung ihrer durch Art. 73 Nr. 7 GG dem Bund zugewiesenen Aufgabe die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 39 PostVerfG, § 7 PosthaushO) zu beachten hat. Die Pflicht zur Erhaltung eines Kulturdenkmals ist daher auch der Klägerin nur insoweit zuzumuten, als ihre Verpflichtung zur wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt wird.

Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, daß der Deutschen Bundespost als öffentlichem Unternehmen keine besondere, über die privaten Eigentümerpflichten hinausgehende Pflicht zur Erhaltung geschützter Denkmäler obliegt. Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich weder unmittelbar aus dem Denkmalschutzgesetz noch aus dem Grundgesetz eine im Vergleich zu den privaten Eigentümern eines Kulturdenkmals gesteigerte denkmalschutzrechtliche Erhaltungspflicht der Bundesverwaltung ableiten. Lediglich für die Gemeinden und das Land besteht eine besondere gesetzliche Pflicht, für die Erhaltung der in ihrem Eigentum stehenden Kulturdenkmale beispielhaft zu sorgen (Art. 86 Landesverfassung - LV - Bad.-Württ., § 1 Abs. 2 DSchG); selbst da ist die Erhaltungspflicht von Land und Gemeinden nach der Rechtsprechung des Senats jedoch auf das Zumutbare begrenzt (vgl. Urt. v. 10.10.1989 - 1 S 736/88 -, VBlBW 1990, 182/185). Eine vergleichbare gesetzlich oder verfassungsrechtlich normierte Pflicht gibt es für die Bundesverwaltung nicht. Insbesondere enthält das Grundgesetz keine Regelung für den Bereich des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege. Die Herleitung einer besonderen Pflicht des Bundes zur Erhaltung von Kulturdenkmalen aus Art. 5 Abs. 3 GG findet dort keine Stütze (vgl. Strobl/Majocco/Birn, RdNr. 4 zu § 1). Zwar ist anerkannt, daß der Bund - auch ohne ausdrückliche Kulturstaatsklausel im Grundgesetz - einen Kulturauftrag zu erfüllen hat, wobei hierunter auch Aufgaben der Pflege der Kultur im engeren Sinne (Kultursicherung, Kulturschutz, Kulturförderung einschließlich Kulturvermittlung) fallen (vgl. Strobl u.a. RdNr. 13 zu § 6; Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, DÖV 1983, 882 ff.). Daß der Staat einen Kulturauftrag hat, sagt aber noch nicht, wie er ihn zu erfüllen hat (Roellecke, DÖV 1983, 653/658). Aus dem Kulturauftrag des Staates folgt daher keine besondere denkmalschutzrechtliche Erhaltungspflicht.

Ergibt sich danach keine gesteigerte denkmalschutzrechtliche Erhaltungspflicht der Klägerin, so hat die Denkmalschutzbehörde bei der Frage der Zumutbarkeit die widerstreitenden Belange des Denkmalschutzes einerseits und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, denen die Klägerin verpflichtet ist, andererseits verhältnismäßig zuzuordnen. Dabei kommt zwar dem Interesse des Denkmalschutzes gegenüber dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kein prinzipieller Vorrang zu (vgl. Senatsurteil vom 10.10.1989 - 1 S 736/88 -, aaO.); jedoch ist im Rahmen einer einzelfallorientierten Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, daß den Belangen des Denkmalschutzes im vorliegenden Fall nicht ein besonders bedeutsames Grundrecht, nämlich das durch Art. 14 GG geschützte Privateigentum, widerstreitet, sondern allein das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, dem gegebenenfalls eine vergleichsweise geringere Bedeutung zukommen kann.

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Frage, ob die Versagung der Zustimmung verhältnismäßig ist, nach der Rechtsprechung des Senats zunächst anhand einer objektiv-objektbezogenen Vergleichsberechnung sowie unter Berücksichtigung des Ranges des Kulturdenkmals zu beurteilen. In aller Regel ist danach eine wirtschaftliche Belastung für den Eigentümer unzumutbar und deshalb unverhältnismäßig, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können (vgl. Senatsurteil v. 10.5.1988 - 1 S 1949/87 - aaO.). Bezugspunkt der Zumutbarkeit einer Versagung der Zustimmung zum Abbruch ist zunächst der Gebrauchswert des konkreten Kulturdenkmals. In diesem Zusammenhang ist in erster Linie von Bedeutung, ob dem Eigentümer - ungeachtet finanzieller Folgelasten - überhaupt angesonnen werden darf, das Kulturdenkmal in seiner Substanz zu erhalten. Dies ist zu verneinen, wenn eine wirtschaftlich sinnvolle und angemessene Nutzung, die sich an den Verhältnissen des Betroffenen für jeden Dritten nachvollziehbar orientiert, nicht mehr gegeben ist.

Für eine noch nicht durch einen Innenausbau vorstrukturierte Halle der vorliegenden Größenordnung sind - zumal bei einem so großen Unternehmen wie der Bundespost - vielfältige Nutzungsmöglichkeiten denkbar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen des Denkmalschutzamtes wie auch der Beteiligten ist davon auszugehen, daß zum einen die Verwendung (und Vermietung) des Gebäudes als Lagerhalle als vernünftigerweise in Betracht zu ziehende Nutzungsmöglichkeit anzusehen ist. Des weiteren hat die Klägerin selbst einen Aus- und Umbau zu einer Ausbildungsstätte in Betracht gezogen. Auch ist durch die Möglichkeit der Errichtung eines von der eigentlichen Halle abgesetzten Innenbaus ("Hausin-Haus-Losung") die Nutzung als Büro-, Verkaufs- und Ausstellungsräume einschließlich Stellplätzen denkbar. Durch einen derartigen Innenbau gingen, wie der Sachverständige dargelegt hat, die Denkmaleigenschaften der Halle nicht verloren. Schließlich wäre auch denkbar, das Gebäude nur zu Parkzwecken bzw. verbunden mit Büroräumen herzurichten. In Ansehung der Vielzahl der vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Nutzungsmöglichkeiten spricht daher eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Klägerin aufgrund ihrer Betriebsstruktur bei objektiver Betrachtungsweise die Halle nutzen kann. Nach Sachlage wäre es somit Aufgabe der Klägerin gewesen, eingehend darzulegen, aus welchen Gründen naheliegende und konkret erörterte Nutzungsmöglichkeiten gleichwohl nicht in Betracht kommen. Dies hat die Klägerin jedoch nicht getan. Ihr Hinweis darauf, daß sie nach ihrer betrieblichen Planung derzeit keine Verwendung habe, reicht hierfür nicht aus. Die Klägerin muß sich daher nach Lage der Dinge einen möglichen Gebrauchswert der Halle auch für ihr Unternehmen entgegen halten lassen. Zumindest eine der denkbaren und nach den vorstehenden Erwägungen für die Klägerin in Betracht zu ziehenden Nutzungsmöglichkeiten wäre ihr auch unter Berücksichtigung ihrer Pflicht zur wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung zuzumuten. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Zumutbarkeit anhand eines Vergleiches der voraussichtlichen Investitions- und Bewirtschaftungskosten sowie der möglichen Nutzungserträge zu beurteilen (vgl. Urteil v. 10.5.1988 - 1 S 1949/87 - aaO., m.w.N.); d.h. es sind die Erhaltungskosten mit den Neubaukosten eines in Kubatur und Konstruktion mit dem Altbau vergleichbaren Neubaus zu vergleichen (vgl. Strobl u.a. RdNr. 10 zu § 6). Dabei kommt es insoweit nicht auf die subjektiven Verhältnisse des betroffenen Eigentümers, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf das Schutzobjekt an. Daraus folgt, daß die Kosten-Nutzen-Rechnung isoliert auf das Teil-Grundstück mit dem Kulturdenkmal "Turnhalle" abzustellen hat und nicht auf den Gesamtkomplex unter Einschluß des daneben errichteten Postneubaus.

Unter Beachtung dieser Grundsätze scheidet eine Nutzung als Fahrzeugabstellhalle von vornherein als unwirtschaftlich aus, da sich aus den unwidersprochen gebliebenen Berechnungen der Klägerin ein Stellplatzpreis von DM 150.000,-- ergeben würde, der zu den üblichen Kosten für einen Stellplatz in Höhe von DM 20.000,-- bis DM 25.000,-- in keiner vernünftigen Relation stünde.

Die Kosten für die Sanierung und Herrichtung der Turnhalle als Lagerhalle stehen hingegen in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu den Kosten eines vergleichbaren Neubaus. Allerdings ist nach wie vor in Ermangelung der hierfür benötigten Berechnungsgrößen eine konkrete Berechnung der in diesem Fall entstehenden Mehraufwendungen für Ausbau und Erhalt der Halle im Vergleich zu den Neubaukosten eines in Kubatur und Konstruktion vergleichbaren Neubaus nicht möglich. Ausgehend von den Kostenaufstellungen der Klägerin ist der Senat nach dem gegenwärtigen Stand der Kostenschätzungen jedoch der Auffassung, daß durch die im Falle eines Umbaus sich ergebenden Mehrbelastungen der Grundsatz der Verpflichtung der öffentlichen Hand zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt wird. Die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung zunächst aufgelistet, daß eine Nutzung als Lagerhalle mit 480 qm Nutzfläche Investitionen von ca. 2,7 Mio. DM (2,4 Mio DM für die umfassende Sanierung sowie zusätzlich 300.000 DM für die Nutzung als Lagerhalle einschließlich elektrischer Beleuchtung, Heizung und Wasser sowie Abwasser) erforderlich machen würde. In einem weiteren Schreiben der Klägerin wird dargelegt, daß diese Kostenzusammenstellungen im wesentlichen auf einem - schon im Vorverfahren vorgelegten - Gutachten des von ihr beauftragten Architekturbüros vom 5.12.1986 beruhen und die dortigen Angaben entsprechend den inzwischen eingetretenen Preissteigerungen hochgerechnet worden seien. Die Beklagte wiederum verweist auf eine Kostenschätzung der Ingenieurgruppe, vom 17.9.1984. Diese beiden Kostenschätzungen liegen laut einer internen Stellungnahme des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.11.1987 lediglich um etwa DM 30.000 auseinander, wenn man die Mehrwertsteuer, die Gerüste und die Sanierungsmaßnahmen für das Dach dem Kostenvoranschlag der Ingenieurgruppe hinzuschlagen würde. Danach sind die von dem Architekturbüro errechneten Beträge realistisch, wenn eine Totalsanierung insbesondere auch der Fassade angestrebt würde. Danach kann ausgehend von den Angaben der Klägerin ein Sanierungsaufwand für die Nutzung der Turnhalle als Lagerhalle mit 480 qm Nutzfläche in Höhe von DM 1.923.450,00 einschließlich Mehrwertsteuer ohne Nebenkosten zu Preisen des Jahres 1986 zugrundegelegt werden. Diesem Betrag entspricht in etwa die Summe von 2,4 Mio. DM aus den von der Klägerin in der Berufungsbegründung vorgelegten Zahlen für das Jahr 1990. Die Beteiligten haben jedoch keine Berechnungen vorgelegt, aus denen sich die voraussichtlichen Kosten für den Neubau einer entsprechenden Lagerhalle ergeben. Eine Kostenschätzung des Architekturbüros vom 15.12.1986 in Höhe von 2,2 Mio. DM betraf den 2-geschossigen Neubau einer Berufsbildungsstätte. In der Stellungnahme des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.11.1987, die von der Klägerin nicht angegriffen wurde, wurden die Neubaukosten für eine Halle, die der von Grund auf sanierten alten Turnhalle entspräche, zu Preisen des Jahres 1987 auf rund 2,6 Mio. DM geschätzt. Selbst wenn diese Summe etwas zu hoch angesetzt sein sollte, so muß doch unter Berücksichtigung einer Hochrechnung dieses Betrages auf die Preise des Jahres 1990 davon ausgegangen werden, daß die umfassende Sanierung der alten Turnhalle zur funktionsfähigen Lagerhalle in einer Größenordnung von 2,7 Mio DM im Vergleich zu den Neubaukosten einer gleichartigen Halle in Höhe von 2,6 Mio. DM (= Mehraufwand von ca. 3,8 Prozent) keineswegs eine unwirtschaftliche Maßnahme für die Klägerin darstellen würde. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch dann, wenn man aufgrund der weiteren Kostensteigerung seit 1990 von einem höheren Sanierungsaufwand ausgehen muß, denn bei der erforderlichen Vergleichsberechnung wäre dann auch die durch die Kostensteigerung bedingte Erhöhung der Neubaukosten gegenüberzustellen. Es kann somit im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit sich in dieser Hinsicht die Frage der Zumutbarkeit für öffentliche Unternehmen anders beurteilt als für private Eigentümer. Ferner kann dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin als erhaltungspflichtige Eigentümerin aufgrund der langjährigen mangelhaften Erhaltungsmaßnahmen einen Teil der jetzt entstehenden hohen Sanierungskosten (2,4 Mio. DM) anrechnen lassen muß, weil ihr seit 1985 bewußt war, daß die alte Turnhalle möglicherweise ein geschütztes Baudenkmal ist (vgl. dazu auch § 7 Abs. 1 Satz 3 niedersächsisches DSchG; OVG Lüneburg, Urteil vom 4.10.1984, NJW 1986, 1892; Strobl u.a., aaO., RdNr. 11 zu § 6). Im Ergebnis zutreffend hat die Beklagte daher die Erhaltung der alten Turnhalle für die Klägerin als zumutbar erachtet. Da auch weitere Ermessensfehler im Rahmen der Ermessensentscheidung (gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 in Verb. mit § 8 DSchG) weder geltend gemacht noch ersichtlich sind, war die Versagung der Zustimmung zum Abbruch rechtmäßig.