ArbG Dortmund, Beschluss vom 22.09.2011 - 3 BV 36/11
Fundstelle
openJur 2013, 6672
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

Gründe  

I.

Die Arbeitgeberin und der Betriebsrat streiten um die tarifliche Eingruppierung des Mitarbeiters P1 H1, der als Private Banking Berater in der Filiale der antragstellenden Arbeitgeberin in R1 tätig ist.

Die Eingruppierung der tariflichen Arbeitnehmer der Arbeitgeberin richtet sich nach dem Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung von Juni 2010 (MTV).

Mit Schreiben vom 28.12.2010, welches am 04.01.2011 bei dem Betriebsrat einging, unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte Versetzung und Umgruppierung des Mitarbeiters H1. Dieser war zuvor als Privatkundenberater in die Tarifgruppe (TG) 7, 5. Berufsjahr des MTV eingruppiert. Zum 01.01.2011 sollte er auf die Position des Private Banking Beraters versetzt werden und in dieser Funktion in die TG 8, 7. Berufsjahr MTV eingruppiert werden.

Der Betriebsrat stimmte mit Schreiben vom 05.01.2011 der beabsichtigten Versetzung zu, verweigerte jedoch seine Zustimmung zur vorgesehenen Eingruppierung unter Bezugnahme auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.  Er verwies darauf, dass die TG 9 MTV zutreffend sei.

In § 7 Ziffer 1 S. 1 MTV ist bestimmt, dass Arbeitnehmer nach der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Tarifgruppen eingruppiert werden.

§ 7 Ziffer 2 MTV lautet wie folgt:

"Arbeitnehmer, deren Tätigkeit als Beispiel in einer Tarifgruppe aufgeführt ist, sind in diese Tarifgruppe einzugruppieren."

§ 6 MTV nimmt eine Aufteilung in neun Tarifgruppen vor. Der Begriff "Kundenberaters" wird ab der TG 7 MTV verwendet:

"Tarifgruppe 7

Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse voraussetzen und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung erfordern, z.B.:

-          Kundenberater

...

Tarifgruppe 8

Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und/oder mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, z.B.:

-          Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft)

...

Tarifgruppe 9

Tätigkeiten, die sich durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über Gruppe 8 hinausheben z.B.:

-          Kundenberater mit besonderen Anforderungen

-          Geschäfts-/Zweigstellenleiter

..."

Mit bei Gericht am 21.03.2011 eingegangenem Schriftsatz vom 15.03.2011 hat die Arbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet, um die Zustimmung des Betriebsrates gerichtlich ersetzen zu lassen.

Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters H1 ohne Rechtsgrund verweigert habe. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 BetrVG liege nicht vor. Die beabsichtigte Eingruppierung des Mitarbeiters H1 in die TG 8, 7. Berufsjahr MTV entspreche den Regelungen des MTV. Die streitgegenständliche Stelle entspreche dem Tätigkeitsmerkmal/Regelbeispiel "Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z.B. incl. Spezialberatung im Individualgeschäft)" der TG 8 MTV. Eine Eingruppierung in die TG 9 MTV sei nicht zutreffend. Denn es liege keine Tätigkeit vor, die sich durch Schwierigkeit und/oder Verantwortung offenbar über die TG 8 hinaushebe. Es müsse ohne weiteres erkennbar sein, dass die Tätigkeit über den Anforderungen des TG 8 MTV liege. Derartige Tätigkeiten würde der Mitarbeiter H1 vorliegend nicht ausüben.

Die Arbeitgeberin meint, dass auch bei Wahrnehmung von Aufgaben aus verschiedenen Bereichen, eine Eingruppierung in TG 8 MTV möglich sei. Die Tätigkeit eines Private Banking Beraters im Wertpapiergeschäft gehe in Verantwortung und Schwierigkeit nicht weit über die Tätigkeit eines Wertpapierspezialisten hinaus, der in die TG 8 MTV eingruppiert werde. Der Ansatz, den Private Banking Berater in die TG 9 MTV einzugruppieren, weil er sowohl im Wertpapier- als auch im Baufinanzierungsgeschäft berate, sei unzutreffend.

Aus der Eingruppierung eines Senior-Privatkundenberaters in die TG 8 MTV ergebe sich nicht, dass der Private Banking Berater in die TG 9 MTV eingruppiert werden müsse. Der Private Banking Berater nehme zwar umfangreichere Aufgaben als ein Senior-Privatkundenberater wahr. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass der Private Banking Berater deshalb in die TG 9 MTV eingruppiert werden müsse.

Ein Vergleich des Private Banking Beraters mit einem Filialdirektor, der allein schon wegen des Regelbeispiels "Geschäfts-/Zweigstellenleiter" in die TG 9 MTV einzugruppieren sei, sei nicht möglich.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters P1 H1 in die Vergütungsgruppe 8, 7. Berufsjahr des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der Fassung von Juni 2010 zu ersetzen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Betriebsrat meint, dass der Mitarbeiter H1 in die TG 9 MTV einzugruppieren sei. Deshalb habe er zu Recht die Zustimmung zur Eingruppierung in die TG 8 MTV verweigert. Der Mitarbeiter H1 erfülle als Private Banking Berater das Tätigkeitsmerkmal "Kundenberater mit besonderen Anforderungen" der TG 9 MTV.

Nach der Tarifgruppensystematik sei der Kundeberater der TG 7 MTV im Unterschied zum Schalterangestellten nicht mehr mit Servicefunktionen der Schaltertätigkeit befasst. Seine Aufgabe bestehe lediglich in der Beratung der Bankkunden bezogen auf standardisierte Produkte im täglichen Massengeschäft. Er sei im untersten Segment der Tätigkeit eines Kundenberaters tätig. Soweit der Kundenberater seinen Schwerpunkt entweder im Kredit- oder im Wertpapier- oder im Auslandgeschäft besitze, erfülle er erhöhte Anforderungen und damit das erste Tätigkeitsbeispiel der TG 8 MTV. Diese Funktion habe bisher der Seniorkundenberater erfüllt.

Demgegenüber würden in der TG 9 MTV Kundenberater beschrieben, die eine qualifizierte, umfassende Beratung in mehreren klassischen Geschäftsbereichen des Bankgeschäftes wahrnehmen oder in einem Spezialbereich besonders schwierige Beratungstätigkeit erledigen.

Der Mitarbeiter H1 sei zum einen im Kreditgeschäft tätig zum anderen auch im Anlagebereich. Seine Tätigkeit gehe hinsichtlich Schwierigkeit und Verantwortung weit über die Tätigkeit eines Wertpapierspezialisten in TG 8 MTV hinaus. Daraus ergebe sich die Eingruppierung in die TG 9 MTV.

Die Arbeitgeberin verlange von dem Mitarbeiter H1 Erfüllung hoher Ertragsvorgaben, weswegen eine Zielvereinbarung abgeschlossen worden sei.

Ausweislich der Stellenbeschreibung habe der Mitarbeiter H1 eine umfassende individualisierte Kundenberatung vorzunehmen z.B. durch Anlageberatung und Beratung im klassischen Kreditgeschäft. Hierzu gehören insbesondere die Bereiche Anlagegeschäft, Wertpapiergeschäft, Allfinanzgeschäft und Kreditgeschäft.

Auch im Vergleich zum Senior-Kundenberater sei der Private Banking Berater ausweislich der Stellenbeschreibungen weiter spezialisiert. Hieraus ergeb sich, dass der Private Banking Berater nicht nur erhöhte sondern besondere Anforderungen im Sinne der TG 9 MTV erfülle. Im Bereich "Zahlungsverkehr" müsse der Privatkundenberater sechs Anforderungen umfassend erfüllen, der Private Banking Berater sieben sowie darüber hinaus grundlegende im Auslandszahlungsverkehr. Im Bereich "Wertpapier" erfülle der Senior- Privatkundenberater sechs Anforderungen umfassend, der Private Banking Berater elf. Im Bereich "Kredit" erfülle der Senior-Privatkundenberater drei Anforderungen umfassend. Demgegenüber müsse der Private Banking Berater fünf Anforderungen in diesem Bereich umfassend erfüllen. Im Bereich "Allfinanz" sei der Private Banking Berater im Gegensatz zum Senior-Privatkundenberater für den gesamten Bereich der betrieblichen Altersversorgung zuständig, wo er umfassende Kenntnisse besitzen müsse.

Die Ausbildungs- und Erfahrungsvoraussetzungen des Private Banking Beraters würden ebenfalls deutlich über die des Senior-Privatkundenberaters hinaus gehen.

Der Betriebsrat ist weiter der Ansicht, dass der Private Banking Berater mit der Position des Geschäfts-/Zweigstellenleiters vergleichbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Vorbringen der Beteiligten aus den Schriftsätzen nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters H1 in die TG 8 MTV zu Recht verweigert.

1. Der Antrag ist zulässig. Die Arbeitgeberin verfolgt ihr Begehren zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 99 BetrVG streitig. Es geht um die zutreffende Eingruppierung des Mitarbeiters H1.

Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberin und die Beteiligung des Betriebsrates ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Der von der personellen Maßnahme betroffene Mitarbeiter H1 war im vorliegenden Verfahren nicht zu beteiligen. Er hat keine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition, die durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren berührt sein könnte. Er kann erforderlichenfalls die Richtigkeit der Eingruppierung im Urteilsverfahren überprüfen lassen.

2. Der Antrag auf Zustimmungsersetzung ist jedoch unbegründet. Die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung war nicht nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen.

a) Die Arbeitgeberin bedurfte der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters H1.

Nach § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrats vor jeder Ein- und Umgruppierung einzuholen.

Die Voraussetzungen, unter denen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, liegen vor. Im Betrieb der Arbeitgeberin sind mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.

Bei der geplanten Maßnahme handelt es sich um eine Ein- bzw. Umgruppierung i. S. d. § 99 Abs. 1 BetrVG.

Eingruppierung ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien (BAG v. 11.11.2008 - 1 ABR 68/07, BAGE 128, 265; v. 12.01.2011 - 7 ABR 34/09, juris). Eine Vergütungsordnung i. S. v. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives und - jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht (BAG v. 8.12.2009 - 1 ABR 66/08, AP BGB § 613a Nr. 380).

Sie ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung (BAG v. 11.11.2008 - 1 ABR 68/07, BAGE 128, 265).

Unter Umgruppierung ist dagegen jede Änderung der Einreihung in eine Vergütungsordnung zu verstehen, also eine Neueinreihung des Beschäftigten in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie kann auf der Feststellung beruhen, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Merkmalen der Vergütungsgruppe entspricht, nach der er bisher eingruppiert ist, sondern denen einer anderen (BAG v. 10.12.2002 - 1 ABR 27/01, BAGE 104, 187). Sie hat z.B. zu erfolgen, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Merkmalen einer anderen Vergütungsgruppe unterfällt, oder wenn sich bei gleich bleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert.

Hiernach war der Mitarbeiter H1 auf Grund der Versetzung als Privatkundenberater in der Filiale R1 zum Private Banking Berater in der Filiale R1 umzugruppieren. Dies ist zwischen den Beteiligten außer Streit.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG besteht in den Fällen der Ein- und Umgruppierung in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Eine Ein- oder Umgruppierung stellt keine Rechtsgestaltung dar, sondern einen gedanklichen Vorgang. Sie ist ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses (BAG v. 12.01.1993 - 1 ABR 42/92 - BAGE 72, 123, 137 f.). Hieran ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen. Bei seinem Mitbestimmungsrecht handelt es sich um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (BAG v. 27.06.2000 - 1 ABR 36/99, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23). Aufgabe und Recht des Betriebsrats ist es, u.a. zu überwachen, ob die vom Arbeitgeber bekundete Rechtsansicht - die Eingruppierung in die Entgeltordnung - richtig ist (BAG v. 12.01.1993 - 1 ABR 42/92, juris). Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass dabei möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden (BAG v. 9.03.1993 - 1 ABR 48/92, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 104; v. 21.03.1995 - 1 ABR 46/94, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Das Mitbeurteilungsrecht dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der Vergütungspraxis (BAG v. 3.05.2006 - 1 ABR 2/05, BAGE 118, 141, 147; v. 28.04.1998 - 1 ABR 50/97, BAGE 88, 309, 312). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Beurteilungsakt eine Eingruppierung zum Gegenstand hat oder eine Umgruppierung (BAG v. 2.04.1996 - 1 ABR 50/95, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 7).

b)  Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats ist auch innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG erfolgt, sodass die Zustimmung nicht nach § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt gilt.

Die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme kann durch das Arbeitsgericht nur ersetzt werden, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nach    § 99 Abs. 1 BetrVG zuvor ausreichend unterrichtet hatte. Die ordnungsgemäße Unterrichtung ist Voraussetzung dafür, dass die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG zu laufen beginnt.

Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsverfahren beim Betriebsrat ordnungsgemäß mit Schreiben vom 28.12.2010 eingeleitet und den Betriebsrat über die beabsichtigte Umgruppierung hinreichend informiert. Das Schreiben der Arbeitgeberin enthält die für den Betriebsrat erforderlichen Informationen bezogen auf die Tätigkeit des betroffenen Mitarbeiters H1 sowie die Auffassung der Arbeitgeberin, welche Tarifgruppe aus der Tätigkeit folgt.

Das Schreiben ist dem Betriebsrat am 04.01.2011 zugegangen.

Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats ist am 05.01.2011 form- und fristgerecht erfolgt, § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG. Das Schreiben des Betriebsrats genügt dem Schriftformerfordernis des § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG. Es ist vom Betriebsrat unterschrieben.

Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung auch hinreichend begründet, indem er u.a. geltend gemacht hat, dass der Mitarbeiter H1 nach seiner Auffassung in die TG 9 MTV einzugruppieren sei. Der Betriebsrat hat auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG Bezug genommen. Er hat ausdrücklich deutlich gemacht, dass die beabsichtigte Eingruppierung des Mitarbeiters H1 in die TG 8 MTV nach seiner Ansicht unzutreffend sei. Dies ist für eine beachtliche Zustimmungsverweigerung i. S. d. § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG ausreichend.

c) Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist jedoch nicht begründet.

Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zu der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters H1 in die Entgeltgruppe TG 8 MTV zu Recht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert. Die Arbeitgeberin hat nicht dargelegt, dass die beabsichtigte Eingruppierung in diese Entgeltgruppe tarifgemäß ist.

Der Arbeitgeber trägt im Zustimmungsersetzungsverfahren die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund besteht. Er hat die Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrats auszuräumen.

Dies ist der Arbeitgeberin vorliegend nicht gelungen. Sie hat keine überzeugenden Argumente geliefert, warum der Mitarbeiter H1 als Private Banking Berater nicht in die TG 9 MTV einzugruppieren ist, bzw. warum die TG 8 MTV die richtige Tarifgruppe für den Mitarbeiter H1 ist.

Insbesondere hat sie keine überzeugenden Argumente vorgebracht, warum der Private Banking Berater im Vergleich zum Senior-Privatkundenberater trotz Erfüllung umfassenderer Anforderungen ebenfalls in die TG 8 MTV einzugruppieren ist.

Aus dem Vergleich der Stellenbeschreibung des Senior-Privatkundenberaters mit dem Private Banking Berater ergibt sich, dass der Private Banking Berater eine Tätigkeit ausübt, die sich durch Schwierigkeit und Verantwortung offenbar über die TG 8 MTV hinaus hebt.

Dass die Funktion des Senior-Privatkundenberaters in der Geschäftsstruktur der Arbeitgeberin seit Juli 2010 nicht mehr vorgesehen ist, ist dabei unerheblich.

aa) Die Auslegung des MTV ergibt, dass an die Tätigkeit des Private Banking Beraters nach der Stellenbeschreibung besondere Anforderungen gestellt werden, die sich offenbar über die der TG 8 MTV hinausheben.

Die Auslegung eines normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rspr. des BAG den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Daher ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden hat (BAG v. 21.03.2001 - 10 AZR 41/00 - AP TVG § 1 Tarifverträge Einzelhandel Nr. 75). Abzustellen ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG v. 29.09.2004 - 1 ABR 29/03 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 112; BAG v. 26.01.2005 - 4 AZR 6/04 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 302; BAG v. 23.09.2009 - 4 AZR 382/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 3).

Kundenberater können nach dem MTV in die Gruppen 7 bis 9 eingruppiert werden.

Nach der Rspr. des BAG bauen die einzelnen Tarifgruppen aufeinander auf.

Der MTV selbst definiert den Begriff des Kundenberaters jedoch nicht.

Bei dem Begriff des Kundenberaters im Sinne des Eingruppierungsmerkmals der Tarifgruppe 7 und 8 handelt es sich um eine im Geschäftsbereich der Banken und Sparkassen gebräuchliche Tätigkeits- und Funktionsbeschreibung, die aus sich selbst heraus ausgelegt werden kann. Dem haben die Tarifvertragsparteien schon durch seine Nennung als Tätigkeitsbeispiel Rechnung getragen. Diese Tarifgestaltung wäre nicht sinnvoll, wenn der Begriff des Kundenberaters keinen aus sich heraus verständlichen Bedeutungsgehalt in der Arbeit einer Sparkasse hätte (BAG v. 17.01.1996 - 4 AZR 662/94 - AP BAT §§ 22, 23 Sparkassenangestellte Nr. 4). Nach dem allgemeinen Wortsinn ist ein Berater jemand, der einen Rat erteilt, der Begriff wird auch als Synonym zu "Ratgeber" verwendet. Beraten ist auch ein Synonym für anempfehlen, anleiten. Eine Beratung ist mehr als eine Servicetätigkeit, da sie den Ratsuchenden befähigen soll, eigene sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Der Begriff des Kundenberaters umfasst damit einen Ratgeber der Kunden. Da es sich um einen Kundenberater im Geltungsbereich eines Manteltarifvertrages im Bankenbereich handelt, muss sich die Beratung auf Bankengeschäfte erstrecken, typische Bereiche sind die Kredit- und Anlageberatung (BAG v. 05.02.2004 - 8 AZR 600/02, juris).

Über den Wortsinn hinaus ergibt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang weiter, dass nicht jeder, der eine beratende Funktion innehat, als "Kundenberater" anzusehen ist. Beratende Tätigkeiten gibt es auch nach den Beispielsfällen der Tarifgruppe 5, nämlich Kontoführer/Disponent mit beratender Tätigkeit, Schalterangestellter mit beratender Tätigkeit und in Tarifgruppe 6: Schalterangestellter, Kontoführer, Disponent mit abschließender Beratung für bestimmte Sparten wie programmierte Kredite bzw. Dienstleistungen. Der Begriff des "Kundenberaters" wird erst ab der Tarifgruppe 7 verwendet. Der Unterschied zwischen den beratenden Tätigkeiten der Tarifgruppe 5/6 und 7 besteht somit darin, dass die Arbeitnehmer der Tarifgruppe 5 und 6 "Schalterangestellte" sind, die auch beraten. Im Vordergrund steht aber die Servicefunktion der Schaltertätigkeit. Der Kundenberater hat demgegenüber keine Servicefunktion inne, seine Aufgabe besteht lediglich in der Beratung der von ihm betreuten Bankkunden. Die Tarifvertragsparteien haben durch die Aufnahme des Tätigkeitsbeispiels Kundenberatung in die Tarifgruppe 7 gezeigt, dass sie eine rein beratende Tätigkeit für höherwertiger als die Schaltertätigkeit halten, selbst wenn mit der letzteren auch eine Beratung verbunden sein kann (BAG v. 05.02.2004 - 8 AZR 600/02, juris).

Danach ist der Mitarbeiter H1 als Kundenberater im Sinne des MTV tätig. Denn er berät vermögende Bankkunden und nimmt keinerlei Servicetätigkeit wahr. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Unstreitig ist ebenfalls, dass der Mitarbeiter H1 als Private Banking Berater jedenfalls in die TG 8 MTV einzugruppieren ist.

Streitig zwischen den Beteiligten ist jedoch, ob der Mitarbeiter H1 als Private Banking Berater Kundenberater mit "erhöhten Anforderungen" oder mit "besonderen Anforderungen" ist.

Der Betriebsrat vertritt die Ansicht, dass der Private Banking Berater ausweislich der Stellenbeschreibung besondere Aufgaben wahrnimmt.

Der Betriebsrat hat überzeugende Argumente hierfür geliefert, die die Arbeitgeberin nicht ausgeräumt hat.

Zwar vermochte die Argumentation des Betriebsrats im Hinblick auf den Filialdirektor die Kammer nicht zu überzeugen. Der Filialdirektor mit Privatkundenberater-Funktion wird bei der Arbeitgeberin zwischen TG 9 und M4 (außertariflich) eingruppiert.

Der Betriebsrat ist deshalb der Ansicht, das Private Banking Berater mit dem Filialdirektor mit Privatkundeberater-Funktion vergleichbar sei, weil der Filialdirektor einerseits Führungsaufgaben in seiner Filiale erledige, die hochwertig seien, während er im Bereich der Kundenbetreuung nur das Level eines Privatkundenberaters mit TG 7 MTV besitze. Demgegenüber habe der Private Banking Berater ausschließlich die hochwertige Private Banking Berater- Funktion zu erfüllen, die bei einem Filialdirektor sogar zur Eingruppierung in die außertariflichen Karrierestufen M2 bis M4 führen würde.

Unter TG 9 MTV ist jedoch der "Geschäfts-/Zweigstellenleiter" als Regelbeispiel erfasst. Der Private Banking Berater ist schon vom Wortlaut kein "Geschäfts-/Zweigstellenleiter".

Der Betriebsrat hat jedoch einen überzeugenden Vergleich der Stellenbeschreibung des Senior-Privatkundenberaters, der in die TG 8 MTV eingruppiert wird, mit der des Private Banking Beraters vorgenommen. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass im Bereich Zahlungsverkehr, Wertpapier, Kredit und Allfinanz die Anforderungen, die an den Privat Banking Berater gestellt werden, deutlich höher sind als die, die an den Senior-Privatkundenberater gestellt werden. Hieraus schlussfolgert der Betriebsrat, dass der Private Banking Berater "besondere Anforderungen" im Sinne der TG 9 MTV erfüllt.

Dem ist die Arbeitgeberin nicht substantiiert entgegen getreten. Im Gegenteil sie hat es als zutreffend bezeichnet, dass der Private Banking Berater umfangreichere Aufgaben wahrnimmt als der Senior-Privatkundenberater.

Sie hat jedoch sodann ohne weitere Argumentation angenommen, dass sich gleichwohl daraus nicht ergebe, dass der Private Banking Berater deshalb in die TG 9 MTV eingruppiert werden müsse.

Einen Grund nennt sie hierfür nicht.

Der Vergleich der Stellenbeschreibung des Private Banking Beraters mit der des Senior-Privatkundenberaters überzeugt. Aus ihr ergibt sich, dass der Private Banking Berater in vier Bereichen deutlich umfassendere Anforderungen erfüllen muss als der Senior-Privatkundenberater. Im Bereich "Zahlungsverkehr" sieben statt sechs, im Bereich "Wertpapier" 11 statt sechs, im Bereich "Kredit" fünf statt drei und im Bereich "Allfinanz" die gesamte betriebliche Altersversorgung.

Diese deutlich umfassenderen Anforderungen, die im Bereich "Zahlungsverkehr", "Wertpapier", "Kredit" und "Allfinanz" an den Private Banking Berater gestellt werden sind nach Ansicht der Kammer gravierend und heben sich "offenbar" im Sinne des Obersatzes der TG 9 MTV über die TG 8 MTV hinaus. Die "besonderen Anforderungen" sind im Sinne dieses Obersatzes zu interpretieren. Besonders bedeutet damit, "deutlich" oder "offensichtlich" über den "erhöhten" Anforderungen.

Von dem Private Banking Berater wird in vier Bereichen des "Fachwissens" insgesamt neun Mal die Erfüllung umfassenderer Anforderungen erwartet als von dem Senior-Privatkundenberater. Ausweislich der Stellenbeschreibung wird damit von dem Private Banking Berater ein vertiefteres Fachwissen verlangt als von dem Senior-Privatkundenberater.

Diese umfassenden Anforderungen, deren Erfüllung von dem Private Banking Berater erwartet werden, gehen über die an den Senior-Privatkundenberater gestellten Anforderungen deutlich hinaus. Keinesfalls sind so unbedeutsam, wie die Arbeitgeberin meint.

Nach alledem ist es für die Kammer nicht ausgeschlossen, dass der Mitarbeiter H1 als Private Banking Berater in die TG 9 MTV einzugruppieren ist. Der Arbeitgeberin ist es insoweit nicht gelungen die Argumente des Betriebsrates auszuräumen.