OLG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2012 - 8 U 607/12
Fundstelle
openJur 2013, 5825
  • Rkr:

Ein Vertrag, mit dem eine Lebensversicherung verkauft und die Ansprüche und Rechte aus dem Versicherungsvertrag abgetreten werden, ist nichtig, wenn der Kaufpreis sich danach richtet, was tatsächlich durch die Versicherung zur Auszahlung kommt, und es sich um ein eigenständiges Geschäft des Ankäufers handelt.anhängig BGH IV ZR 46/13

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24.02.2011, Az.: 11 O 8489/11, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.853,24 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung.

Die Klägerin - eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft - macht aus abgetretenem Recht Ansprüche von Z. geltend, der bei der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung unterhalten hat. Am 07.03.2011 erwarb die Klägerin von Z. die Lebensversicherung und ließ sich die Ansprüche und Rechte aus dem Vertrag abtreten. Nach dem Vertrag, genannt "Geld zurück! - Auftrag" (K 15), hat sich der Versicherungsnehmer einer "betreuten Anspruchsgemeinschaft" angeschlossen und deshalb seine Ansprüche aus dem näher bezeichneten Versicherungsvertrag verkauft. Er hat danach die Klägerin beauftragt, ihn in die von ihr "betreute Anspruchsgemeinschaft" aufzunehmen und "meine Ansprüche für mich" gemäß den "Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag" (Bedingungen) vom 7.3.2011 durchzusetzen. Er erteilte gleichzeitig den Auftrag, den Vertrag sofort zu kündigen und den Kaufpreis abzüglich der Kündigungsgebühr von 87,50 € zu überweisen. Ferner war vereinbart, dass der Versicherungsnehmer den Rückkaufswert und 50 % aller künftigen Erstattungen von der Klägerin erhalten sollte, wofür er sich einmalig mit 300,- € an den Kosten der Klägerin beteiligte. Gemäß § 3 Abs. 1 der Bedingungen richtet sich der Kaufpreis für den in § 1 definierten Kaufgegenstand im Falle eines - wie hier - noch laufenden Vertrags nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Nettoauszahlungsbetrages nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren; über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Außerdem erhöht sich nach dieser Klausel i.V.m. § 3 Abs. 2 der Bedingungen der Kaufpreis noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen. Nach § 3 Abs. 4 der Bedingungen ist der Kaufpreis gemäß § 3 Abs. 1 auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm benanntes Konto eines Dritten zu überweisen.

Mit Schreiben vom 9.3.2011 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den Rückkaufswert der Versicherung mitzuteilen und übersandte die Kopie einer an die Beklagte gerichteten "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige" des Versicherungsnehmers ebenfalls vom 7.3.2011 (K 3), womit dieser "den Widerspruch, den Widerruf bzw. die Anfechtung" des betreffenden Versicherungsvertrags erklärte und anzeigte, dass er sämtliche Rechte und Ansprüche aus diesem Vertrag an die Klägerin entgeltlich abgetreten bzw. vorausabgetreten habe. Mit Schreiben vom 10.3.2011 verwies die Klägerin die Beklagte auf den vom Versicherungsnehmer am 7.3.2011 erklärten Widerruf und Widerspruch und sprach selbst hilfsweise die Kündigung des Vertragsverhältnisses aus. Mit Schreiben vom 1.4.2011 erklärte die Beklagte, dass sie Abtretung und Kündigung nicht anerkenne.

Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage den Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes aus dem zwischen der Beklagten und Z. geschlossenen Lebensversicherungsvertrag geltend.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 24.2.2012, auf dessen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Übrigen Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, da die von ihr vorgelegte "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige" vom 7.3.2011 bzw. der zugrunde liegende Kauf- und Abtretungsvertrag vom selben Tag wegen eines Verstoßes gegen § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig sei. Aus der Unwirksamkeit der Kauf- und Abtretungsvereinbarung bzw. der "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige" und der darin erfolgten Bevollmächtigung ergebe sich auf materiell-rechtlicher Ebene, dass der Klägerin sowohl der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft als auch der auf letzter Stufe geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes nicht zustehe.

Das Landgericht hat daher die Klage abgewiesen. Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.2.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.3.2012 beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangene Berufung der Klägerin, die fristgerecht begründet wurde.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren weiter. Sie bezweifelt bereits die Anwendbarkeit des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), da sie selbst im Geltungsbereich des Gesetzes gar nicht tätig geworden sei. Sie ist weiter der Ansicht, § 2 Abs. 2 S. 1 RDG sei nicht einschlägig, da die Forderung nicht fremd sei oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetreten wurde. Es läge ein echter Forderungsverkauf mit der Abtretung als Erfüllungshandlung vor. Es werde eine eigene Forderung eingezogen. Es läge ein echtes Factoring vor. Kaufgegenstand sei der vorbehaltlose Erwerb gemäß § 1 der Bedingungen, wobei der Erwerb durch Abtretung erfolge. Wirtschaftlich solle der Klägerin der Rückkaufswert und 50 % der noch zu erzielenden Erstattungen zustehen, also der weit überwiegende Anteil der abgetretenen Forderungen. Ferner trage gemäß § 2 Abs. 5 S. 2 der Bedingungen das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung ausschließlich die Klägerin. Nur die Klägerin sei über die Forderung verfügungsbefugt, wobei insoweit auch schuldrechtlich im Innenverhältnis keine Einschränkungen gemacht würden. Auch eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG sei nicht gegeben. Hilfsweise bestehe jedenfalls Erlaubnisfreiheit nach § 5 RDG.

Die Klägerin beantragt daher:

1. Das am 24.02.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az.: 11 O 8489/11, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den aufgrund der Beendigung des Lebensversicherungsvertrages Nummer ... zum 1.4.2011 entstandenen Rückkaufswert.

3. Die Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. ..., die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Rückkaufswert aus dem Lebensversicherungsvertrag Nummer ... in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.4.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hiergegen,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise sie als unbegründet zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil als zutreffend. Die Berufung sei unzulässig, weil keine schlüssige Berufungsbegründung eingereicht sei. Im Übrigen wird das Ersturteil als zutreffend verteidigt. Die Abtretung sei rechtsfehlerfrei als nichtig gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 2, 3 RDG bewertet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird ergänzend auf die von den Parteien eingereichten Anlagen zu ihren Schriftsätzen verwiesen.

Beweis hat der Senat nicht erhoben.

B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511 ff ZPO). Insbesondere genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Sie lässt hinreichend erkennen, auf welche nach § 513 ZPO zulässigen Gründe die Klägerin ihr Änderungsbegehren stützt.

Jedoch hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen keine Ansprüche aus der streitgegenständlichen Lebensversicherung zu.

Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert, weil ihre streitgegenständliche Tätigkeit gegen das RDG verstößt.

1.

Der räumliche Anwendungsbereich des RDG ist eröffnet. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 05.10.2006 (Az.: I ZR 7/04) entschieden, dass auch die Rechtsbesorgung aus dem Ausland dem deutschen Rechtsberatungsgesetz dann unterfällt, wenn die Tätigkeit im Inland nicht nur mittelbare Wirkungen entfaltet. Der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers kann danach kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes sein. Diese Grundsätze sind auch auf das RDG anzuwenden. Das RDG ist dann anwendbar, wenn ein Rechtsdienstleister dauerhaft und zielgerichtet auf dem deutschen Beratungsmarkt tätig wird (Dreyer/Lamm/Müller, RDG,1.A.,§ 1 Rn 2 ff, 7). Das ist für die hiesige Klägerin zu bejahen. Ihre Aktivitäten, wie sie sich aus diesem Rechtsstreit und den vorgelegten anderweitigen Urteilen ergeben, sind auf Deutschland ausgerichtet und wirken sich hier unmittelbar aus. Darüber hinaus haben die Klägerin und Z. in § 5 der Bedingungen für den Streit über Wirksamkeit und Inhalt des Vertrages die Anwendung deutschen Rechts vereinbart. Diese Vereinbarung ist gemäß Art 3 ROM I zulässig. Sie muss sich die Klägerin auch in diesem Verfahren entgegenhalten lassen. Auf die Richtlinie 89/552/EWG über Telekommunikationsdienste kommt es daher nicht an. Auch der sachlichen Anwendungsbereich des RDG ist vorliegend eröffnet, weil es um eine außergerichtliche Dienstleistung geht (§ 1 Abs. 1 RDG).

2.

Die Klägerin ist nicht Inhaberin der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag von Z., da der zwischen Z. und der Klägerin geschlossene Vertrag vom 7.3.2011, genannt "Geld zurück! - Auftrag" (Anlage K 15), und damit auch die nach § 2 Abs. 2 der Bedingungen vereinbarte Anspruchsabtretung gemäß § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG nichtig ist; denn dieser Vertrag hat eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG zum Gegenstand, ohne dass die Klägerin, wie unstreitig ist, die für diese Tätigkeit erforderliche Erlaubnis besitzt, und ohne dass die Dienstleistung der Klägerin als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild einer anderen Tätigkeit gehört (§ 5 RDG).

a.

Nach § 2 Abs. 2 S. 1 RDG ist Rechtsdienstleistung, unabhängig vom Vorliegen sonstiger Voraussetzungen, u.a. die Einziehung zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Die Kauf- und Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer Z. vom 7.3.2011 ist auf eine solche Forderungseinziehung gerichtet.

aa.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Einziehung von an die Klägerin nach § 2 Abs. 2 der Bedingungen abgetretenen Ansprüchen aus dem Lebensversicherungsvertrag zwischen dem Versicherungsnehmer Z. und der Beklagten, nämlich der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes nach Vertragskündigung und von Nebenansprüchen hierzu.

bb.

Diese Abtretung an die Klägerin ist zum Zwecke der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung erfolgt, nämlich auf Rechnung des Versicherungsnehmers Z., des Vertragspartners der Klägerin.

Zwar bleibt, wie sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/3655 S. 36) ergibt, der echte Forderungskauf aus dem Anwendungsbereich des RDG ausgenommen. Es liegt im vorliegenden Fall aber gerade kein echter Forderungskauf vor. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in seiner Entscheidung vom 23.1.1980 (Az.: VIII ZR 91/79) grundlegend Folgendes entschieden: "Auch beim echten Factoring werden die - angekauften - Forderungen des Anschlusskunden bevorschusst. Er erhält den Gegenwert (Kaufpreis) für die Forderung - nach Abzug der Gebühren und Zinsen des Faktors - sofort, obwohl die abgetretene Forderung meist wesentlich später fällig wird. Die darin liegende Vorfinanzierung mag zwar rechtlich betrachtet nur ein kreditorisches Nebengeschäft darstellen, das einen Kaufvertrag als Hauptgeschäft voraussetzt, wirtschaftlich liegt in der Vorfinanzierung indessen der für den Anschlusskunden entscheidende Vorteil des Factoringgeschäfts. Beim echten Factoring kommt hinzu, dass der Faktor das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Debitors) übernimmt (Delkredererisiko). Das echte Factoring hat damit außerdem eine Versicherungsfunktion. Kreditgewährung, Übernahme des Risikos für einen Forderungsausfall infolge Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners des Anschlusskunden und die mit dem Factoring verbundenen Dienstleistungen sind Geschäfte, die als solche nicht notwendigerweise dem Rechtsberatungsgesetz unterliegen. Aufgrund des Zusammentreffens der drei genannten Funktionen unterscheidet sich das echte Factoring vom reinen Inkassogeschäft, ..."

Es fehlt im vorliegenden Fall bereits an der Vorfinanzierung. Der Kaufpreis in Höhe des Rückkaufswertes und 50 % aller künftigen Erstattungen richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 der Bedingungen nach dem von der Gesellschaft im Zuge der Kauf- und Abtretungsvereinbarung vom 7.3.2011 übermittelten und zur Auszahlung kommenden Nettoauszahlungsbetrages nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Gemäß § 3 Abs. 4 der Bedingungen ist der Kaufpreis gemäß Abs. 1 auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. Es erfolgt somit gerade keine Vorfinanzierung, vielmehr erhält der Verkäufer sein Geld (unabhängig davon, ob es sich um den Rückkaufwert oder die weiteren Erstattungen handelt) erst dann und auch nur dann, wenn und soweit es von der Versicherung auf das sogenannte Fremdgeldkonto einbezahlt wird und dort eingegangen ist. Es geht also vorliegend nicht darum, dass der Versicherungsnehmer durch die Kauf- und Abtretungsvereinbarung mit der Klägerin vom 7.3.2011 eine noch nicht fällige Forderung (Rückkaufswert, künftige Erstattungen) schon vor der Fälligkeit einer wirtschaftlichen Verwertung zuführen kann, das Gegenteil ist der Fall. Er kann seinen Anspruch gegen die Klägerin erst und nur in dem Umfang durchsetzen, sobald und soweit die Klägerin gegen die Beklagte erfolgreich aus abgetretenem Recht vorgegangen ist; nur insoweit besteht der Kaufpreisanspruch, nur insoweit ist seine Fälligkeit eingetreten (s. Überschrift des § 3 der Bedingungen "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit"). Anders sind die Regelungen in § 3 der Bedingungen nicht zu verstehen. Deshalb trägt auch nicht die Klägerin das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Versicherungsunternehmens), sondern der Versicherungsnehmer.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie gemäß § 2 Abs. 5 S. 2 der Bedingungen im Innenverhältnis den Versicherungsnehmer von allen Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung freizuhalten hat; denn der Versicherungsnehmer ist unabhängig vom Erfolg der Tätigkeit der Klägerin mit 300 € an den Kosten beteiligt. Es steht demnach bei der Einziehung der abgetretenen Ansprüche gegen die Beklagte wesentlich das Interesse des Versicherungsnehmers auf dem Spiel, seine wirtschaftlichen Belange, ihm stehen - anders als die Berufung vorbringt - wirtschaftlich der Rückkaufswert und 50 % der noch zu erzielenden Erstattungen zu. Nicht umsonst ist auf dem sogenannten "Geld zurück! - Auftrag" - Formular einleitend aufgenommen, dass der Verkäufer die Klägerin beauftragt, ihn "in die von Ihnen betreute Anspruchsgemeinschaft aufzunehmen und meine Ansprüche für mich ... durchzusetzen." Dass darüber hinaus eine erfolgreiche Einziehung dieser Ansprüche auch dem Interesse der Klägerin dient (die hierdurch unmittelbar ihre Gebühren und Kosten und unter Umständen 50 % der "künftigen Erstattungen" realisieren kann), lässt die Forderungseinziehung ganz wesentlich auf Rechnung des Versicherungsnehmers, also auf fremde Rechnung, unberührt.

cc.

Die Dienstleistung der Klägerin stellt auch ein eigenständiges Geschäft i.S.v. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG dar. Auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist ihr Geschäftsmodell gerade der Aufkauf von Forderungen gegen Versicherungen aus Versicherungsverträgen wie demjenigen zwischen Z. und der Beklagten.

b.

Es handelt sich bei der Dienstleistung der Klägerin gemäß der Kauf- und Abtretungsvereinbarung vom 7.3.2011 auch nicht um eine erlaubte Nebenleistung gemäß § 5 RDG, sondern um den Kern ihres Geschäfts als "LVDoktor" (K 15).

c.

Rechtsfolge der von der Beklagten mit dem "Geld zurück! - Auftrag" erbrachten Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG ist, dass die Kauf- und Abtretungsvereinbarung vom 7.3.2011 sowohl in ihrem schuldrechtlichen Teil als auch in ihrem Abtretungsteil gemäß § 3 RDG i.V.m. § 134 BGB nichtig und damit unwirksam ist (Dreyer/Lamm/Müller, aaO, § 3 Rn 25; Palandt, BGB, 72. A., § 134 Rn 13, 21); die Ausführungen des Erstgerichts hierzu auf S. 11 seines Urteils treffen zu.

d.

Daran ändert auch nichts die Berufung der Klägerin auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG. Zwar beschränkt das RDG die Berufsfreiheit und greift somit in den Schutzbereich des Art. 12 GG ein, jedoch deshalb, wie sich aus § 1 Abs. 1 S. 2 RDG ergibt, um den Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen. Die Regierungsbegründung führt hierzu aus, dass der Schutz der Rechtsordnung als hochrangiges Rechtsgut es rechtfertige, Rechtsdienstleistungsbefugnisse insgesamt stärker einzuschränken als allgemeine Dienstleistungsbefugnisse. Das Recht dürfe als höchstrangiges Gemeinschaftsgut grundsätzlich nicht in die Hände unqualifizierter Personen gelangen, da es als "gelebtes Recht" maßgeblich durch die Personen beeinflusst und fortentwickelt werde, die Recht beruflich anwenden (vgl. BT-Drucksache 16/3655, S. 45). Eine unverhältnismäßige Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit aus Art. 12 GG kann hier nicht gesehen werden. Dadurch, dass der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer als nichtig angesehen wird, wird die Klägerin nicht in ihrer beruflichen Tätigkeit endgültig eingeschränkt. Ein "Berufsverbot" wird nicht dadurch geschaffen, dass die Tätigkeit der Klägerin als Inkassodienstleistung gewürdigt wird; es besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Registrierung gemäß §§ 12 ff RDG, soweit die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des RDG bestehen nicht (Palandt, aaO, § 134 Rn 21).

3.

Ob in der Tätigkeit der Klägerin gemäß der Kauf- und Abtretungsvereinbarung vom 7.3.2011 auch eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG zu sehen ist, kann dahinstehen.

Die vom Landgericht erkannte Klageabweisung erfolgte zu Recht. Die Klägerin ist nicht aus abgetretenem Recht Inhaberin der geltend gemachten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag des Versicherungsnehmers Z. mit der Beklagten, weshalb sie weder Auskunft noch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung noch Zahlung an sich verlangen kann.

Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, da diese Entscheidung in der Frage der Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 2 S.1 RDG vom Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8.3.2012 (Az. 7 U 175/11) abweicht und ihr auch grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zukommt, da eine Vielzahl von weiteren Verfahren der Klägerin anhängig bzw. zu erwarten ist.