OLG Hamm, Urteil vom 21.01.2013 - I-8 U 126/10
Fundstelle
openJur 2013, 5627
  • Rkr:

Zur Berechnung des Abfindungsanspruchs des aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschiedenen Gesellschafters, wenn der Gesellschaftsvertrag auf eine nach den Richtlinien des Berwertungsgesetzes aufzustellende Vermögensbilanz verweist.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.07.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Münster wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen auf die titulierten Beträge erst seit dem 31.12.2009 zu zahlen sind.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Der Inzidentantrag der Beklagten zu 1) und 2) wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten der früheren Beklagten zu 2). Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund beider Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten

Gründe

I.

Die Kläger waren gemeinsam mit den Beklagten bis zum 30.06.2009 Gesellschafter der L GbR (im Folgenden: L GbR). Zweck der Gesellschaft ist die bestmögliche Verwertung der von den Gesellschaftern erzeugten Kartoffeln und anderer zugelassener Rohstoffe zu Alkohol in einer Brennerei. L GbR hält ein Brennrecht im Sinne des Branntweinmonopolgesetzes (im Folgenden: BranntwMonG) in Höhe von derzeit 4.057,58 hl pro Jahr.

Zum Zwecke des Betriebs der Kartoffelbrennerei pachtete L GbR ein Grundstück von der L GmbH (im Folgenden: L GmbH) an. Seit dem 09.03.2009 sind die Beklagten Eigentümer dieses Grundstücks.

Der Gesellschaftsvertrag der L GbR in der seit dem 01.10.1998 geltenden Fassung sieht in § 8 eine Regelung zur Abfindung ausscheidender Mitglieder vor. Sie lautet wie folgt:

§ 8 Abfindung ausscheidender Gesellschafter

Das Abfindungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters ist unter Zugrundelegung einer auf den Stichtag nach den Richtlinien des Bewertungsgesetzes aufzustellenden Vermögensbilanz festzustellen, jedoch nur, wenn erkennbar ist, daß die Vermögenswerte deutlich von den Werten der Steuerbilanz abweichen, dabei bleibt ein sogenannter Firmenwert außer Ansatz. ...

Nachträglich festgestellte Gewinne/Verluste, Steuernachzahlungen oder Steuererstattungen werden nicht berücksichtigt. Von den Verbindlichkeiten der Gesellschaft wird der Ausscheidende im Innenverhältnis freigestellt.

Das Abfindungsguthaben wird ein halbes Jahr nach dem Ausscheiden ausbezahlt. Ein evtl. vorhandenes Kapital-Minus hat der ausscheidende Gesellschafter innerhalb eines halben Jahres an die Gesellschaft zurückzuzahlen.

Wegen des sonstigen Inhalts des Gesellschaftsvertrages wird auf die zur Akte gereichte Vertragsurkunde (Bl. 23 ff. d.A.) Bezug genommen.

Zwischen den Parteien, die entsprechend der Größe ihrer jeweiligen Anbauflächen mit unterschiedlich hohen Anteilen an der L GbR beteiligt waren, herrschte seit geraumer Zeit Streit darüber, ob von der Möglichkeit des § 58a Abs. 4 BranntwMonG Gebrauch gemacht werden soll, wonach landwirtschaftliche Brennereien gegen Rückgabe des Brennrechts und Befreiung von der Ablieferungspflicht einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 257,50 EUR je hl Alkohol erhalten. Die Kläger befürworteten ein solches Vorgehen, während die Beklagten den Brennereibetrieb fortführen wollten.

Mit Beginn des Geschäftsjahres 2006/2007 stellte L GbR - veranlasst durch die Kläger - den Betrieb der Brennerei ein.

Am 15.09.2009 vereinbarten die Parteien, dass die Kläger rückwirkend zum 30.06.2009 aus der L GbR ausscheiden. Über die Höhe einer etwaigen Abfindung wurde keine Regelung getroffen. In § 3 der Vereinbarung heißt es wie folgt:

§ 3

Bilanz

Die Geschäftsführer der Gesellschaft haben zum 30.06.2009 eine Bilanz der Gesellschaft aufgestellt, die im Rahmen einer Gesellschafterversammlung am 15.09.2009 erörtert worden ist. Im Übrigen erklären die Geschäftsführer ... sowie die Mehrheitsgesellschafter, dass außergewöhnliche Geschäftsvorfälle nach dem 30.06.2009 nicht bekannt geworden sind ...

Die Parteien sind sich im Übrigen nicht darüber einig, ob die zum 30.06.2009 von den Mehrheitsgesellschaftern aufgestellte Bilanz gleichzeitig Basis einer aufzustellenden Schlussbilanz sein kann. Insoweit werden die wechselseitigen unterschiedlichen Rechtsauffassungen ausdrücklich aufrechterhalten. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass etwaige Kosten aus der Führung von Rechtsstreitigkeiten, an der die Gesellschaft beteiligt war und die vor dem 30.06.2009 begonnen haben, als Verbindlichkeit der Gesellschaft zum 30.06.2009 anzusehen und auch in der Schlussbilanz ggf. zu berücksichtigen sind.

Wegen des Inhalts der Vereinbarung im Übrigen wird auf das zur Akte gereichte Vertragsexemplar (Bl. 15 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein teilte mit Schreiben vom 12.11.2009 mit, dass sich die Höhe des Ausgleichsbetrages, den L GbR im Falle einer Rückgabe des Brennrechts und Befreiung von der Ablieferungspflicht gemäß § 58a Abs. 4 BranntwMonG erhalte, auf 1.044.826,85 EUR belaufe, zahlbar in fünf jährlichen Beträgen zu je 208.965,37 EUR.

Die Beklagten zahlten als Abschlag auf die den Klägern zustehende Abfindung vorprozessual einen Betrag von 17.000,00 EUR an die Kläger.

Die Kläger begehren mit ihrer Klage Zahlung einer weitergehenden Abfindung in Höhe von insgesamt 832.461,70 EUR. Zur Ermittlung der Abfindungsbeträge haben sie vorprozessual ein Privatgutachten der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei N & Partner eingeholt. Dieses geht von einem Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von 990.886,94 EUR aus, wobei hierin als maßgeblicher Posten der "Abfindungserlös Brennrecht" in Höhe von 997.825,73 EUR enthalten ist. Dieser Betrag ergibt sich daraus, dass wegen der ratierlichen Zahlung des Ausgleichsbetrages durch die Monopolbehörde eine Abzinsung in Höhe von 2,3558 % jährlich berücksichtigt worden ist. Die in dem Gutachten ausgewiesenen individuellen Abfindungsbeträge für die Kläger errechnen sich in der Weise, dass neben den Anteilen der Kläger am Auseinandersetzungsguthaben, die sich nach den jeweiligen Gesellschaftsanteilen richten, die Anteile der Kläger am Festkapital der L GbR, die Kapitalkonten der Kläger und die vorprozessuale Abschlagszahlung der Beklagten anteilig berücksichtigt worden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Privatgutachtens N & Partner Bezug genommen.

Streitig zwischen den Parteien ist allein die Höhe des berücksichtigungsfähigen Auseinandersetzungsguthabens. Die übrigen Positionen sind zwischen den Parteien unstreitig. 

Die Kläger haben vorgetragen: Der Wert des Brennrechts sei bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens zu berücksichtigen, da die einzelnen Gesellschafter ihre individuellen Brennrechte in die Gesellschaft eingebracht hätten. Die "Buchwertklausel" in § 8 des Gesellschaftsvertrages sei unwirksam. Dies ergebe sich daraus, dass das Brennrecht der L GbR bilanziell nicht aktivierungsfähig sei, da für den Erwerb des Brennrechts keine Anschaffungskosten aufgewendet worden seien. Die Beklagten könnten deshalb nach dem Ausscheiden der Kläger das Brennrecht zurückgeben und den Ausgleichsbetrag in vollem Umfang für sich vereinnahmen, ohne dass die Kläger hieran partizipierten. Hierin läge eine unangemessene Benachteiligung der Kläger. Daher sei die vertragliche Regelung dahin anzupassen, dass der Wert des Brennrechts in die Berechnung des Abfindungsguthabens einzubeziehen sei. Der Wert des Brennrechts entspreche dem Ausgleichsbetrag nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG.

Die Kläger haben ursprünglich neben den Beklagten zu 1) und 3) die O GbR als Beklagte zu 2) in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 07.07.2010 haben die Kläger erklärt, dass im Wege der Rubrumsberichtigung anstelle der O GbR Herr O als Beklagter zu 2) geführt werden soll.  

Die Kläger haben beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1.     an den Kläger zu 1) 15.811,78 EUR,

2.     an den Kläger zu 2) 42.726,72 EUR,

3.     an den Kläger zu 3) 64.166,54 EUR,

4.     an den Kläger zu 4) 29.007,39 EUR,

5.     an den Kläger zu 5) 22.052,57 EUR,

6.     an den Kläger zu 6) 19.836,71 EUR,

7.     an den Kläger zu 7) 34.691,67 EUR,

8.     an die Klägerin zu 8) 41.274,56 EUR,

9.     an den Kläger zu 9) 50.697,87 EUR,

10. an den Kläger zu 10) 28.964,55 EUR,

11. an den Kläger zu 11) 23.020,50 EUR,

12. an den Kläger zu 12) 31.913,27 EUR,

13. an den Kläger zu 13) 30.851,66 EUR,

14. an den Kläger zu 14) 47.719,06 EUR,

15. an den Kläger zu 15) 8.578,84 EUR,

16. an den Kläger zu 16) 53.181,96 EUR,

17. an den Kläger zu 17) 47.756,11 EUR,

18. an den Kläger zu 18) 24.302,77 EUR,

19. an den Kläger zu 19) 31.266,43 EUR,

20. an den Kläger zu 20) 103.886,29 EUR,

21. an den Kläger zu 21) 22.483,50 EUR,

22. an den Kläger zu 22) 31.612,22 EUR und

23. an den Kläger zu 23) 26.658,75 EUR,

jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.07.2009, zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen: Den Klägern stehe über die gezahlten 17.000,00 EUR hinaus keine Abfindung zu. Gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages sei das Abfindungsguthaben auf Grundlage der Steuerbilanz zu berechnen, so dass sich die Abfindung nach dem Buchwert der Beteiligung richte. Da dem Brennrecht kein Buchwert zukomme, falle dieses bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens nicht ins Gewicht. Selbst wenn es entgegen der Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages nicht auf den Buchwert, sondern auf den Verkehrswert ankomme, sei das der L GbR zustehende Brennrecht bei der Berechnung der Abfindung außer Betracht zu lassen, weil es keinen Vermögenswert, sondern eine staatliche Subvention darstelle. Außerdem seien deutlich höhere Verbindlichkeiten der L GbR zu berücksichtigen als im Privatgutachten N & Partner veranschlagt. Im Übrigen seien etwaige Abfindungsansprüche der Kläger nicht fällig. Denn gemäß § 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 sei eine Auseinandersetzungsbilanz durch die Geschäftsführer der L GbR zu erstellen, was bislang nicht erfolgt sei.

Ergänzend haben sich die Beklagten auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs gegen die Kläger auf Herausgabe von Gesellschaftsunterlagen berufen. Hierzu haben sie vorgetragen, die Kläger hätten entgegen ihrer Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 15.09.2009 bislang nicht sämtliche Unterlagen an sie herausgegeben. Die Kläger haben hierzu erwidert, der Kläger zu 3) habe sämtliche Unterlagen an die Beklagten herausgegeben.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen. 

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend tragen sie vor:

Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich der Wert des Brennrechts nach der Höhe der fiktiven Ausgleichszahlung gemäß § 58a Abs. 4 BranntwMonG richte. Zum einen stelle das Brennrecht keinen Vermögenswert dar, zum anderen würde eine solche Sichtweise die Beklagten unangemessen benachteiligen, da ihnen die Ausgleichszahlung bislang nicht zugeflossen sei und sie deshalb gezwungen wären, erhebliche Finanzierungskosten zur Zahlung der Abfindungen aufzuwenden. Zudem habe das Privatgutachten N & Partner im Hinblick auf die ratierliche Zahlung des Ausgleichsbetrages nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG eine zu geringe Abzinsung veranschlagt. Soweit die Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages bezüglich der Höhe der Abfindung auf das Bewertungsgesetz (im Folgenden: BewG) abstelle, seien die Vorschriften zur Einheitsbewertung (§§ 19 ff. BewG) maßgeblich. Danach sei das Brennrecht allenfalls mit einem Betrag von 144,00 DM (= 73,63 EUR) je hl zu bewerten. Falls auf die Vorschriften des BewG zur Erbschaftssteuer abzustellen sei, müsse berücksichtigt werden, dass sich nach Maßgabe dieser Vorschriften zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 1998 ein deutlich geringerer Wert des Brennrechts ergeben hätte als nach den heute geltenden Vorschriften. Da somit eine von den Parteien nicht vorhergesehene Änderung der Rechtslage eingetreten sei, könnten die Beklagten gemäß § 313 BGB verlangen, dass die Klausel entsprechend angepasst werde und die Bewertung auf Grundlage der seinerzeit geltenden Rechtslage erfolge.

Außerdem seien diverse Verbindlichkeiten der L GbR zu berücksichtigen, die sich abfindungsmindernd auswirkten. So bestünden rückständige Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR gegenüber der L GmbH bzw. den nachfolgenden Verpächtern (Beklagte zu 1) und 2): Pachtzins in Höhe von 44.820,00 EUR zuzüglich Instandhaltungskosten von 54.717,97 EUR für das Geschäftsjahr 2008/2009; Beklagter zu 3): Pachtzins in einer Gesamthöhe von 88.230,22 EUR für die Geschäftsjahre 2005/2006, 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009). Zudem seien die nach dem Ausscheiden der Kläger bis zum 01.10.2011 fällig gewordenen Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR zu berücksichtigen (Beklagte zu 1) und 2): 44.820,00 EUR jährlich; Beklagter zu 3): 52.294,13 EUR jährlich). Außerdem sei L GbR Inhaberin eines Kontos bei der Volksbank C2, welches eine Sollstellung in Höhe von 89.900,18 EUR aufweise. Weiterhin seien Zahlungsansprüche des ehemaligen Geschäftsführers der L GbR, Herrn O2, gegen die Gesellschaft in Höhe von 3.579,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.04.2007 und 3.525,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2009 gegeben. L GbR schulde zudem aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts C2 vom 25.01.2011 (Az. 13 C 163/07) Kostenerstattung gegenüber O2 in Höhe von 1.091,68 EUR. Ferner bestünden Schadensersatzforderungen der Beklagten gegen L GbR in Höhe von insgesamt 50.500,00 EUR, die darauf beruhten, dass L GbR wegen der Einstellung des Brennereibetriebes im Geschäftsjahr 2006/2007 die Annahme gelieferter Kartoffeln verweigert und in den Geschäftsjahren 2006/2007 und 2007/2008 keine Schlempe an die Gesellschafter geliefert habe. Schließlich seien gemäß § 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 Kosten von Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, die sich nach Darstellung des Beklagten zu 3) auf 154.023,87 EUR belaufen.

Bezüglich des Zurückbehaltungsrechts machen die Beklagten in der Berufungsinstanz geltend, dass die Kläger die geschuldeten Unterlagen nicht in vollem Umfang an die Beklagten, sondern teilweise an Dritte herausgegeben hätten. Sie seien daher verpflichtet mitzuteilen, an wen sie die betreffenden Unterlagen herausgegeben hätten, damit die Beklagten in der Lage seien, sich die Unterlagen zu beschaffen.

Die Beklagten zu 1) und 2) machen darüber hinaus im Wege des Inzidentantrages Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Vollstreckung durch die Kläger aus § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO geltend. Hintergrund ist, dass die Kläger nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im Wege der Vollstreckung gegen die Beklagten zu 1) und 2) einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts C2 vom 02.09.2010 erwirkt haben, aufgrund dessen die Sparkasse C2 einen Betrag von 653.974,50 EUR an die Kläger gezahlt hat. Mit ihrem Inzidentantrag begehren die Beklagten zu 1) und 2), beschränkt auf einen Vollstreckungsbetrag von jeweils 300.000,00 EUR, Rückzahlung der vollstreckten Beträge und Ersatz der ihnen durch die Vollstreckung entstandenen Kosten.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Münster vom 07.07.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen darüber hinaus,

die Kläger nach näherer Maßgabe der Anträge im Schriftsatz vom 01.02.2011 zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen. 

Die Kläger beantragen,

                 die Berufung und den Inzidentantrag zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend tragen sie vor:

Auch auf Grundlage des BewG richte sich der Wert des Brennrechts nach der Höhe der Ausgleichszahlung gemäß § 58a Abs. 4 BranntwMonG. Zusätzlich sei insoweit zu berücksichtigen, dass die Bundesmonopolverwaltung den Ausgleichsbetrag brutto auszahle, so dass L GbR eine Umsatzsteuer von 19 % erhalte. Dies führe zu einer entsprechenden Erhöhung des Wertes des Brennrechts. Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR seien nicht gegeben. Gemäß § 5 des Pachtvertrages sei ein Pachtzins nur geschuldet, wenn und soweit in der Brennerei Alkohol hergestellt werde. L GbR habe die Brennerei in der Zeit vom 01.10.2006 bis 30.06.2009 nicht betrieben. Entsprechend seien in der Vergangenheit auch keine Pachtzinsforderungen gegen L GbR geltend gemacht worden. Etwaige Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR aus der Zeit nach dem 30.06.2009 seien nicht berücksichtigungsfähig. Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen L GbR wegen der Nichtannahme von Kartoffeln bzw. der Nichtlieferung von Schlempe bestünden ebenfalls nicht. Weder liege eine Pflichtverletzung der L GbR vor noch hätten die Beklagten die Schadenshöhe schlüssig dargetan. Verbindlichkeiten der L GbR im Zusammenhang mit dem bei der Volksbank C2 geführten Konto seien nicht gegeben, weil O2 Kontoinhaber sei. Kosten von Rechtsstreitigkeiten seien nicht berücksichtigungsfähig, weil die Beklagten nicht dargelegt hätten, dass der L GbR entsprechende Kosten entstanden seien.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat im Wege der Amtshilfe eine Auskunft der Oberfinanzdirektion Münster zu der Frage eingeholt, welchen Wert das Brennrecht der L GbR nach den Vorschriften des BewG verkörpert. Wegen des Inhalts der Auskunft wird auf die schriftlichen Stellungnahmen der Oberfinanzdirektion vom 02.02.2012 (Bl. 622 ff. d.A.), 01.06.2012 (Bl. 665 ff. d.A.) und 19.11.2012 (Bl. 753 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber überwiegend unbegründet.

1. Die Klage ist bezüglich sämtlicher Beklagter zulässig. Der Beklagte zu 2) ist durch entsprechende Erklärung der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 07.07.2010 anstelle der früheren Beklagten zu 2), der O GbR, auf Beklagtenseite in den Rechtsstreit eingetreten.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die Klage allerdings ursprünglich nicht gegen den Beklagten zu 2) gerichtet und konnte deshalb nicht im Wege der Rubrumsberichtigung auf diesen umgestellt werden. Eine Rubrumsberichtigung ist nur möglich, wenn der Kläger eine ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnung gewählt hat, aber gleichwohl erkennbar ist, wer als Partei gemeint ist (BGH NJW-RR 2008, 582 ff.). Wird hingegen eine Klage bewusst gegen den "falschen" Beklagten gerichtet, weil der Kläger - etwa wegen einer Fehlvorstellung tatsächlicher oder rechtlicher Art - dessen Passivlegitimation für gegeben hält, wird der "falsche Beklagte" Partei des Rechtsstreits; für eine Rubrumsberichtigung ist dann kein Raum (BGH aaO.). Letzteres war hier der Fall. Denn die Kläger haben die Klage ursprünglich bewusst gegen die O GbR gerichtet, weil sie zunächst irrtümlich davon ausgegangen sind, dass diese noch Gesellschafterin der L GbR ist.

Der Beklagte zu 2) ist allerdings im Wege des Parteiwechsels anstelle der O GbR auf Beklagtenseite in den Rechtsstreit eingetreten. In dem Antrag der Kläger auf Rubrumsberichtigung in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2010 lag die erforderliche Parteiwechselerklärung der Kläger. Denn es kam den Klägern erkennbar darauf an, dass der Beklagte zu 2) Partei des Rechtsstreits wird, notfalls auch im Wege des Parteiwechsels. Ein gewillkürter Parteiwechsel auf Beklagtenseite ist gegenüber dem alten Beklagten unter den Voraussetzungen der Klagerücknahme wirksam. Diesen ist hier Genüge getan. Eine Einwilligung der O GbR war gemäß § 269 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich, weil zum Zeitpunkt der Parteiwechselerklärung der Kläger mangels Antragstellung noch nicht mündlich verhandelt worden war (§ 137 Abs. 1 ZPO). Der Beklagte zu 2) ist auch Partei des Rechtsstreits geworden. Da die im Verhandlungstermin anwesende Rechtsanwältin X auch die Vertretung des Beklagten zu 2) übernommen hat, genügte gemäß § 261 Abs. 2 1. Alt. ZPO die mündliche Parteiwechselerklärung des Klägers, um die Klage auf den Beklagten zu 2) umzustellen. Die Zustellung eines Schriftsatzes war hierfür nicht erforderlich, da § 261 Abs. 2 1. Alt. ZPO eine Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung ausreichen lässt (OLG Jena, OLGR 2001, 390). Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer - in dem gewillkürten Parteiwechsel liegenden - Klageänderung gemäß § 263 ZPO lagen ebenfalls vor, da sowohl Sachdienlichkeit gegeben ist als auch eine Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung erfolgt ist (§ 267 ZPO).

2. Die Klage ist mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsansprüche begründet.

a) Den Klägern stehen die mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen die Beklagten gemäß § 738 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 8 des Gesellschaftsvertrages zu.

aa) Infolge der Vereinbarung der Parteien vom 15.09.2009 sind die Kläger rückwirkend zum 30.06.2009 aus der L GbR ausgeschieden. Daher können sie gemäß § 738 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 8 des Gesellschaftsvertrages Zahlung einer Abfindung verlangen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ihre Passivlegitimation für diesen Anspruch gegeben. Zwar richtet sich der Abfindungsanspruch des aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschiedenen Gesellschafters in erster Linie gegen die Gesellschaft. Die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter haften für den Abfindungsanspruch jedoch in entsprechender Anwendung des § 128 HGB persönlich (BGH NJW 2011, 2355 ff.).

bb) Dem Erfolg des Klagebegehrens steht nicht entgegen, dass keine Auseinandersetzungsrechnung erstellt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann ein ausgeschiedener Gesellschafter nach dem Verstreichen des für die Zahlung der Abfindung vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunktes unmittelbar auf Leistung klagen, sofern er die Höhe seines Anspruchs schlüssig begründen kann; der Streit um die Berechtigung bestimmter Aktiv- und Passivpositionen ist dann im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens auszutragen (BGH NJW 2011, 2355 ff.; NJW-RR 1987, 1386 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Abfindungsansprüche der Kläger wurden am 30.12.2009 fällig, weil die Abfindung gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages ein halbes Jahr nach dem Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters aus der Gesellschaft zu zahlen ist. Eine fälligkeitsmodifizierende Absprache haben die Parteien im Rahmen ihrer Vereinbarung vom 15.09.2009 nicht getroffen. Die Kläger können die Höhe ihrer Abfindung auch schlüssig begründen, da sie ihr Abfindungsbegehren praktisch ausschließlich auf den Wert des der L GbR zustehenden Brennrechts stützen, welcher nach Auffassung der Kläger dem in § 58a Abs. 4 BranntwMonG für den Fall der Befreiung von der Ablieferungspflicht vorgesehenen und gesetzlich bezifferten Ausgleichsbetrag entspricht. Ob diese Auffassung rechtlich zutreffend ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

cc) Den Klägern stehen Abfindungsbeträge zu, die ausgehend von einem Vermögenswert der Gesellschaft von insgesamt zumindest 990.886,04 EUR zu ermitteln ist.

(1) Gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages ist das Abfindungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters "unter Zugrundelegung einer auf den Stichtag nach den Richtlinien des BewG aufzustellenden Vermögensbilanz festzustellen, sofern die Vermögenswerte deutlich von den Werten der Steuerbilanz abweichen". Hieraus folgt, dass in einem ersten Schritt das Abfindungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters sowohl nach dem Buchwert als auch auf Grundlage einer nach dem BewG zu erstellenden Vermögensbilanz zu ermitteln ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob sich eine deutliche Abweichung zwischen den auf diese Weise ermittelten Abfindungsguthaben ergibt; ist dies der Fall, ist für die Höhe der zu zahlenden Abfindung das nach dem BewG ermittelte Abfindungsguthaben maßgeblich. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vertragsklausel bestehen nicht. Soweit das Landgericht von der Unwirksamkeit der Klausel ausgegangen ist, beruhte dies auf der fehlerhaften Annahme, dass es sich bei der Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages um eine "Buchwertklausel" handelt. Hierbei hat das Landgericht verkannt, dass nach der Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages nur dann auf den Buchwert abzustellen ist, wenn keine deutliche Abweichung zu dem nach den Vorgaben des BewG zu ermittelnden Abfindungsguthaben besteht; andernfalls ist letzteres maßgeblich. Danach ist für ein anfängliches Missverhältnis zwischen der gesetzlich und der vertraglich vorgesehenen Abfindung, aus der sich eine Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 138 BGB oder § 723 Abs. 3 BGB ergeben könnte, nichts ersichtlich.

(2) Für die Berechnung der Abfindung ergibt sich auf Grundlage der Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages Folgendes:

(a) Stellt man auf den Buchwert ab, beläuft sich das Abfindungsguthaben auf 0. Das Brennrecht der L GbR ist unstreitig bilanziell nicht aktivierungsfähig, da für dessen Erwerb keine Anschaffungskosten aufgewendet worden sind. Die sonstigen Aktiva der L GbR zum Stichtag 30.06.2009 sind nach der eigenen Darstellung der Kläger derart geringwertig, dass sie hinter den Passiva zurückstehen.

(b) Stellt man auf die Vorschriften des BewG ab, ergibt sich ein Auseinandersetzungsguthaben, welches den von den Klägern zugrunde gelegten Betrag von 990.886,04 EUR übersteigt.

(aa) Der Wert des Brennrechts ist mit einem Betrag von 1.170.117,20 EUR zu veranschlagen.

Bei der Verweisung der Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages auf die Vorschriften des BewG handelt es sich um eine dynamische Verweisung, so dass jeweils die im Zeitpunkt des Ausscheidens geltenden Vorschriften des BewG maßgeblich sind. Dies ergibt sich daraus, dass nach der Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages eine Vermögensbilanz "auf den Stichtag" zu erstellen ist, womit erkennbar der Tag des Ausscheidens des betreffenden Gesellschafters gemeint ist. Soll mithin nach dem Willen der Gesellschafter die Vermögensbilanz nach den Vorgaben des BewG auf den Tag des Ausscheidens erstellt werden, kann dies nur dahin gewertet werden, dass hierfür die zu diesem Zeitpunkt geltende Gesetzeslage maßgeblich sein soll. Falls die Gesellschafter gewollt hätten, dass unabhängig vom Zeitpunkt des Ausscheidens die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages geltenden Vorschriften des BewG maßgeblich sein sollen, wäre zu erwarten gewesen, dass sie dies ausdrücklich vereinbart hätten.

Die Bewertung der L GbR richtet sich nach der Vorschrift des § 166 BewG. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Einnahmen der L GbR als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S.v. § 13 EStG zu qualifizieren sind und es sich bei der von der L GbR betriebenen Kartoffelbrennerei nicht um einen Gewerbebetrieb, sondern um einen land- und forstwirtschaftlichen (Neben)Betrieb handelt. In Übereinstimmung mit der Oberfinanzdirektion Münster geht der Senat davon aus, dass für die Bewertung nicht auf die Vorschriften zur Einheitsbewertung (§§ 19 ff. BewG), sondern auf die Regelungen zur Erbschaftssteuer (§§ 158 ff. BewG) abzustellen ist. Welche Vorschriften des BewG maßgeblich sein sollen, haben die Gesellschafter in § 8 des Gesellschaftsvertrages nicht ausdrücklich bestimmt und ist deshalb im Wege der Auslegung zu ermitteln. Für ein Abstellen auf die Vorschriften zur Erbschaftssteuer spricht, dass diese an einen Erwerbsvorgang als steuerauslösenden Umstand anknüpfen, während die Einheitsbewertung zum Zwecke der Substanzbesteuerung (Grundsteuer) erfolgt. Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft ist wegen der Anwachsung gemäß § 738 Abs. 1 S. 1 BGB bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Erwerbsvorgang vergleichbar: Zwar überträgt der ausscheidende Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil nicht durch Rechtsgeschäft auf die übrigen Gesellschafter, doch verliert er seinen Anteil infolge seines Ausscheidens, während sich die Anteile der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaft im Wege der Anwachsung anteilig erhöhen. Hinzu kommt, dass sich die Einheitsbewertung nach dem BewG bis heute nach den Wertverhältnissen zum Stichtag 01.01.1964 richtet. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des hier maßgeblichen Gesellschaftsvertrages im Jahre 1998 war daher absehbar, dass auf Grundlage der Vorschriften zur Einheitsbewertung eine auch nur annähernd realitätsgerechte Berechnung des Abfindungsguthabens nicht erfolgen kann. Demgegenüber ermöglichte die Anwendung der Vorschriften zur Bemessung der Erbschaftssteuer schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine wesentlich realistischere Bewertung landwirtschaftlicher Nebenbetriebe. Ausweislich der Auskunft der Oberfinanzdirektion erfolgte die Bewertung nach der seinerzeit geltenden Rechtslage nach Einheitswerten mit Zuschlägen, wobei der Verkehrswert des jeweiligen Betriebes maßgeblich war, sofern er den Einheitswert einschließlich Zuschlag überstieg. Soweit sich die Beklagten demgegenüber darauf berufen, dass die Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages auf formularmäßigen Vertragsentwürfen durch den Brennereiverband beruht, hat dies keine Bedeutung für die hier maßgebliche Frage, ob die Gesellschafter auf die Vorschriften zur Einheitsbewertung oder die Vorschriften zur Erbschaftssteuer abstellen wollten. Weder ist erkennbar, dass - wie die Beklagten zu 1) und 2) pauschal behaupten - in vergleichbaren Klauseln seinerzeit üblicherweise auf die Vorschriften zur Einheitsbewertung abgestellt wurde, noch würde sich hieraus ein hinreichender Rückschluss auf einen entsprechenden Willen der Gesellschafter der L GbR im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben.

Gemäß §§ 162 Abs. 1, 163 Abs. 1 und 8 BewG richtet sich der für die Bewertung maßgebliche "gemeine Wert" eines land- und forstswirtschaftlichen Nebenbetriebs grundsätzlich nach der Ertragsfähigkeit des Betriebs, welche sich nach dem bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erzielbaren und im Wege des Einzelertragswertverfahrens zu ermittelnden Reingewinn bemisst. Etwas anderes gilt gemäß §§ 162 Abs. 3 und 4 BewG dann, wenn der Betrieb innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert wird oder wesentliche Wirtschaftsgüter dem Betrieb nicht mehr auf Dauer zu dienen bestimmt sind. In diesem Fall hat die Bewertung mit dem Liquidationswert nach § 166 BewG zu erfolgen. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass L GbR ihr Brennrecht wegen des Auslaufens des Branntweinmonopols für landwirtschaftliche Brennereien nur noch bis zum 30.09.2013 nutzen kann und daher der weitere Betrieb der Kartoffelbrennerei entsprechend zeitlich begrenzt ist. Dies rechtfertigt es, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 3 BewG auf den Liquidationswert nach § 166 BewG abzustellen. Der Liquidationswert berechnet sich gemäß § 166 Abs. 1 und 2 BewG in der Weise, dass von dem gemeinen Wert der Wirtschaftsgüter des Betriebs Liquidationskosten in Höhe von 10 % in Abzug zu bringen sind. In Übereinstimmung mit der Oberfinanzdirektion geht der Senat davon aus, dass für den Liquidationsfall der gemeine Wert des Brennrechts dem gemäß § 58a Abs. 4 BranntwMonG durch die Monopolbehörde an L GbR zu zahlenden Ausgleichsbetrag entspricht. Denn der Liquidationsfall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Betrieb der Kartoffelbrennerei eingestellt wird und eine Rückgabe des Brennrechts erfolgt, wodurch die Ausgleichzahlung nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG ausgelöst wird. Diese beträgt 257,50 EUR / hl und beläuft sich demnach im vorliegenden Fall, da der L GbR ein Brennrecht von 4.057,58 hl zusteht, auf 1.044.826,85 EUR.

Zusätzlich ist in diesem Zusammenhang die von der Monopolbehörde zu zahlende Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Nach Angaben der Oberfinanzdirektion hat die Bewertung nach dem BewG brutto zu erfolgen, d.h. unter Einbeziehung einer zu zahlenden Umsatzsteuer. Dass die Monopolbehörde den Ausgleichsbetrag nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG zuzüglich Umsatzsteuer auszahlt, ergibt sich aus dem von den Klägern mit der Klageschrift vorgelegten Schreiben der Monopolbehörde vom 12.11.2009 (Bl. 13 d.A.). Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob L GbR die Umsatzsteuer an die Finanzbehörden abzuführen hat, kann dahinstehen, da die Umsatzsteuer nach den Angaben der Oberfinanzdirektion, die auch in dieser Hinsicht den Senat überzeugen, unabhängig hiervon bei der Bewertung zu berücksichtigen ist. Die Umsatzsteuer beläuft sich auf 198.517,10 EUR (19 % von 1.044.826,85 EUR).

Wertmindernd ist im Hinblick auf die ratierliche Zahlung des Ausgleichsbetrages nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG eine Abzinsung in Höhe von 73.226,74 EUR zu berücksichtigen. Gemäß § 58a Abs. 4 BranntwMonG wird der Ausgleichsbetrag in fünf jährlichen Raten gezahlt, wobei die Zahlung der Jahresraten jeweils in den ersten vier Monaten eines Geschäftsjahres erfolgt. Da die Kläger gemäß § 7 der Vereinbarung vom 15.09.2009 so zu stellen sind, als wären sie zum 30.06.2009 aus der Gesellschaft ausgeschieden, erscheint es angemessen, für die Bemessung der Abzinsung zu unterstellen, dass die Befreiung von der Ablieferungspflicht zum Ende des Geschäftsjahres 2008/2009, also zum 30.09.2009, realisiert worden ist und somit die erste Rate während der ersten vier Monate des Geschäftsjahres 2009/2010 (welches am 01.10.2009 begann) gezahlt wurde und die letzte Rate während der ersten vier Monate des Geschäftsjahres 2013/2014 gezahlt wird. In diesem Zusammenhang ist es nicht zu beanstanden, dass das Privatgutachten N & Partner als Zahlungszeitpunkt jeweils den 01.01. eines jeden Jahres zugrunde gelegt hat, weil dieses Datum jeweils drei Monate nach Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres liegt. Auch der zugrunde gelegte Zinssatz von 2,3558 % begegnet keinen Bedenken. Dieser beruht ausweislich des vorgenannten Gutachtens auf den Zinssätzen für eine fünfjährige Anlage in Bundesschatzbriefe zum Stichtag 30.06.2009. Soweit die Beklagten eine höhere Abzinsung in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz oder der fiktiven Finanzierungskosten für die Zahlung der Abfindungen geltend machen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Durch die Abzinsung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass L GbR nicht sofort über den vollen Ausgleichsbetrag nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG verfügen kann, sondern diesen in fünf Jahresraten ausgezahlt erhält. Dem entspricht es, für die Höhe der Abzinsung auf die Verzinsung festverzinslicher Geldanlagen abzustellen. Der gesetzliche Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist hingegen in diesem Zusammenhang eine ebenso ungeeignete Größe wie der Finanzierungsaufwand zur Erbringung der Abfindungszahlungen. Denn die Abzinsung soll keine Kompensation für die wirtschaftlichen Nachteile darstellen, die den Beklagten durch die Zahlung der Abfindungen entstehen.

Die jährliche Zahlungsrate gemäß § 58a Abs. 4 BranntwMonG beläuft sich auf 248.668,79 EUR brutto (208.965,37 EUR + 39.703,42 EUR Umsatzsteuer). Bei Anwendung des Zinssatzes von 2,3558 % ergibt sich somit eine Abzinsung in einer Gesamthöhe von 73.226,74 EUR:

1.     Rate (01.01.2010, Abzinsungszeitraum 6 Monate)                2.929,07 EUR             

2.     Rate (01.01.2011, Abzinsungszeitraum 18 Monate)                8.787,21 EUR

3.     Rate (01.01.2012, Abzinsungszeitraum 30 Monate)              14.645,35 EUR

4.     Rate (01.01.2013, Abzinsungszeitraum 42 Monate)              20.503,49 EUR

5.     Rate  (01.01.2014, Abzinsungszeitraum 54 Monate)              26.361,62 EUR

Gesamtbetrag                                                                      73.226,74 EUR

Insgesamt beläuft sich der Wert des Brennrechts damit auf 1.170.117,21 EUR (1.044.826,85 EUR + 198.517,10 EUR - 73.226,74 EUR).

Hiervon sind gemäß § 166 Abs. 2 BewG Liquidationskosten in Höhe von 10 % in Abzug zu bringen. Es verbleibt daher ein Betrag von 1.053.105,49 EUR (1.170.117,21 EUR abzgl. 117.011,72 EUR).

(bb) Der Liquidationswert reduziert sich wegen der im Zeitpunkt des Ausscheidens der Kläger bestehenden Verbindlichkeiten der L GbR um einen Betrag von 19.720,41 EUR.

Der ergänzende Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz zu den einzelnen Verbindlichkeiten der L GbR ist gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO berücksichtigen. Die Beklagten haben bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass bei der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens weit höhere Verbindlichkeiten der L GbR zu berücksichtigen seien als im Privatgutachten N & Partner erfolgt. Es hätte dem Landgericht gemäß § 139 ZPO oblegen, die Beklagten darauf hinzuweisen, dass sie die einzelnen Verbindlichkeiten nach Grund und Höhe näher darzulegen haben. Da ein entsprechender Hinweis des Landgerichts nicht erfolgt ist, sind die Beklagten mit ihrem ergänzenden Vorbringen hierzu nicht präkludiert.

(aaa) Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR sind in Höhe von 10.907,04 EUR berücksichtigungsfähig.

Nach der Regelung in § 5 a) und b) des Pachtvertrages zwischen der L GbR und der L GmbH vom 14.02.1996, die wegen §§ 581 Abs. 2, 566 BGB auch für die Pachtverhältnisse der L GbR mit den späteren Erwerbern des Brennereigrundstücks gilt, richtet sich die Höhe des Pachtzinses nach der Menge des in der Brennerei erzeugten Weingeistes und beträgt 36,00 DM (= 18,41 EUR) je hl. Hinzu kommt gemäß § 8 des Pachtvertrages eine Instandsetzungspauschale von 6,00 DM (= 3,07 EUR) je hl.

Im Geschäftsjahr 2005/2006 hat L GbR die Kartoffelbrennerei unstreitig noch in vollem Umfang betrieben; der Brennbetrieb wurde erst zum 30.09.2006 eingestellt. Folglich ergibt sich für dieses Geschäftsjahr nach dem Vorbringen des Beklagten zu 3), dem die anderen Parteien nicht entgegengetreten sind, eine rückständige Pachtzinsforderung der L GmbH in Höhe von 10.907,04 EUR. Verjährung ist bis zum Ausscheiden der Kläger aus der L GbR nicht eingetreten: Denn die jährliche Pachtzinsforderung wird gemäß § 5 b) des Pachtvertrages am 10. Tag nach Eingang des Übernahmegeldes der Monopolbehörde bei der L GbR fällig. Die Zahlung des Übernahmebetrages für das Geschäftsjahr 2005/2006 kann frühestens nach Beendigung des Geschäftsjahres am 30.09.2006 bei der L GbR eingegangen sein, so dass die Verjährungsfrist für die Pachtzinsforderung der L GmbH bezüglich des Geschäftsjahres 2005/2006 gemäß § 199 Abs. 1 BGB frühestens am 31.12.2006 zu laufen begonnen hat und die dreijährige Verjährungsfrist nach § 196 BGB frühestens am 31.12.2009 abgelaufen sein kann.

Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR für die nachfolgenden Geschäftsjahre 2006/2007 und 2007/2008 bestehen nicht, da L GbR die Kartoffelbrennerei in diesen Geschäftsjahren nicht betrieben hat. Nach den vorgenannten Vertragsklauseln sind Pachtzinsen und Instandhaltungspauschalen gegenüber dem Verpächter nur geschuldet, wenn in dem betreffenden Geschäftsjahr tatsächlich gebrannt wurde, ohne dass es im Falle des Nichtbetriebes der Brennerei darauf ankommt, aus welchem Grund L GbR ganz oder teilweise von einem Betrieb der Brennerei abgesehen hat. Eine abweichende Auslegung der Vertragsklausel dergestalt, dass nicht die tatsächlich hergestellte Menge Alkohol, sondern der Umfang des der L GbR zustehenden Brennrechts maßgeblich ist, kommt nicht in Betracht. Den Vertragsschließenden war bei Abschluss des Pachtvertrages bewusst, dass die Aufrechterhaltung des Brennbetriebes aus verschiedenen Gründen (technischer oder wirtschaftlicher Art) vorübergehend beeinträchtigt oder ausgeschlossen sein kann. Wenn die Vertragsparteien gleichwohl eine Formulierung wie in § 5 a) und b) sowie in § 8 des Pachtvertrages wählen, kann dies nur dahin gewertet werden, dass nach ihrem Willen für die Höhe des geschuldeten Pachtzinses die tatsächlich erzeugte Menge Branntwein maßgeblich sein sollte. Hierfür spricht auch, dass der Gesellschafterbestand der L GmbH weitgehend identisch war mit dem Gesellschafterbestand der L GbR und beide Gesellschaften somit gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen verfolgt haben. Dass die Vertragsparteien die vertraglichen Regelungen in diesem Sinne verstanden haben, ergibt sich auch daraus, dass bis zum Ausscheiden der Kläger aus der L GbR weder L GmbH Forderungen auf Zahlung offenen Pachtzinses geltend gemacht hat noch rückständige Pachtzinsforderungen in den Bilanzen der L GmbH ausgewiesen waren.

Die Beklagten können sich auch nicht auf die Vorschrift des § 162 Abs. 1 BGB berufen. Danach gilt eine Bedingung dann, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, treuwidrig verhindert wird, als eingetreten. Zwar kommt eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 162 Abs. 1 BGB auf die hier vorliegende Fallkonstellation grundsätzlich in Betracht. Ein Unterlassen genügt im Rahmen des § 162 Abs. 1 BGB jedoch nur, wenn - etwa aus § 242 BGB - eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden hat (Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Auflage 2012, § 162 Rn. 2). Eine Pflicht der L GbR zum Betrieb der Brennerei war gegenüber der L GmbH nicht gegeben. Grundlage einer entsprechenden Rechtspflicht kann allein § 242 BGB sein. Gegen eine Pflicht der L GbR zum Betrieb der Brennerei spricht wiederum, dass L GmbH und L GbR gleichgerichtete wirtschaftliche Verhältnisse verfolgt haben und es aus Sicht der L GbR vernünftige wirtschaftliche Erwägungen dafür geben konnte, von der Aufrechterhaltung des Brennereibetriebes abzusehen, etwa weil die Gesellschafter die ihnen zustehenden Anbauflächen anderweitig lukrativer nutzen konnten. Diese Erwägungen gelten wegen §§ 581 Abs. 2, 566 BGB gleichermaßen im Verhältnis der L GbR zu den jeweiligen Erwerbern des Grundstücks, der L3 GmbH und den Beklagten persönlich. Daher könnten sich die Verpächter allenfalls dann auf § 162 Abs. 1 BGB berufen, wenn L GbR allein deshalb von einem Betrieb der Brennerei abgesehen hat, weil sie der Verpflichtung zur Pachtzinszahlung entgehen wollte. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.

Auch für das Geschäftsjahr 2008/2009 ist eine Pachtzinsverbindlichkeit der L GbR nicht zu berücksichtigen. Zwar haben die Beklagten den Brennbetrieb im Dezember 2008 wieder aufgenommen. Die Parteien haben jedoch in § 2 Abs. 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 bestimmt, dass die Aufnahme des Brennbetriebes durch die Beklagten bei der Berechnung der Abfindung außer Betracht zu bleiben hat. Im Übrigen fehlt es an jeglichem Vorbringen der Beklagten dazu, in welchem Umfang L GbR bis zum Ausscheiden der Kläger am 30.06.2009 Alkohol hergestellt hat. Daher kann die Höhe einer etwaigen Pachtzinsverbindlichkeit der L GbR für das Geschäftsjahr 2008/2009 nicht festgestellt werden.

Etwaige Pachtzinsverbindlichkeiten der L GbR für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 sind nicht berücksichtigungsfähig. Denn die entsprechenden Pachtzinsansprüche wurden erst nach dem Ausscheiden der Kläger aus der Gesellschaft fällig. Zudem steht einer Berücksichtigung dieser Verbindlichkeiten entgegen, dass L GbR im Gegenzug zur Nutzung des Mietobjekts berechtigt war und die Früchte hieraus ziehen konnte, an denen die Kläger infolge ihres Ausscheidens nicht mehr beteiligt waren.

(bbb) Soweit die Beklagten eine Verbindlichkeit der L GbR in Höhe von 89.900,18 EUR im Zusammenhang mit einem bei der Volksbank C2 geführten Konto geltend machen, ist diese nicht in die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens einzustellen. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass L GbR Inhaberin des Kontos und damit Schuldnerin des entsprechenden Zahlungsanspruchs der Volksbank C2 ist. Die Beklagten behaupten zwar, dass L GbR Kontoinhaberin sei, die Kläger haben dies jedoch in Abrede gestellt und vorgetragen, dass O2 persönlich Kontoinhaber sei. Ein Beweisantritt der Beklagten bezüglich der Kontoinhaberstellung der L GbR ist nicht erfolgt. Hierauf hat der Senat im Verhandlungstermin vom 26.11.2012 hingewiesen. Es fehlen auch hinreichende objektive Anhaltspunkte für eine Kontoinhaberschaft der L GbR. Die Beklagten haben in diesem Verfahren keine Umstände vorgetragen, auf Grund derer davon auszugehen ist, dass L GbR das Konto eröffnet oder später als Inhaberin übernommen hat. Gegen eine Inhaberschaft der L GbR spricht zudem, dass die Volksbank C2 als kontoführendes Institut bis heute davon ausgeht, dass O2 Kontoinhaber ist. Das mittlerweile rechtskräftige Urteil des Landgerichts Münster in dem zwischen O2 und der Volksbank C2 geführten Rechtsstreit 14 O 465/08 vom 12.08.2009, mit dem das Landgericht Münster festgestellt hat, dass O2 nicht Inhaber des fraglichen Kontos ist, entfaltet gegenüber den Parteien des hiesigen Rechtsstreits keine Rechtskraftwirkung. Im Übrigen haben die Beklagten auch den Stand des Kontos zum 30.06.2009 nicht dargetan, so dass selbst im Falle einer Kontoinhaberschaft der L GbR nicht festgestellt werden könnte, in welcher Höhe die betreffende Verbindlichkeit der L GbR in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist.

Soweit sich die Beklagten hilfsweise auf einen Aufwendungsersatzanspruch des O2 gegen L GbR in Höhe des Kontosaldos berufen, ergibt sich auch hieraus keine berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit der L GbR (etwa aus §§ 713, 670 BGB). Zwar haben die Beklagten vorgetragen, dass über das Konto in der Vergangenheit ausschließlich Zahlungen für Zwecke der L GbR erfolgt seien. Die Kläger haben diese Darstellung jedoch bestritten und vorgetragen, dass O2 über das fragliche Konto Zahlungen sowohl für sich persönlich als auch für L2 GmbH und L GbR abgewickelt habe. Daher hätte es den Beklagten oblegen, Beweis dafür anzutreten, dass über das Konto ausschließlich L GbR betreffende Zahlungsvorgänge abgewickelt wurden. Ein entsprechender Beweisantritt ist jedoch nicht erfolgt. Die Beklagten können sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf Erklärungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2007 in dem Verfahren 8 O 338/06 LG Münster berufen. Denn die Kläger haben ausweislich des betreffenden Sitzungsprotokolls nicht erklärt, dass sie die Kontoverbindlichkeit in vollem Umfang als Verbindlichkeit der L GbR ansehen. Im Übrigen stellt sich auch bezüglich eines etwaigen Aufwendungsersatzanspruchs des O2 wiederum das Problem, dass der Kontostand zum 30.06.2009 und damit die Höhe des berücksichtigungsfähigen Ersatzanspruchs unbekannt sind.

(ccc) Zum Stichtag 30.06.2009 bestanden allerdings andere Verbindlichkeiten der L GbR gegenüber O2 in einer Gesamthöhe von 7.721,69 EUR, die in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen sind. Den von den Beklagten geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch des O2 gegen L GbR in Höhe von 3.525,38 EUR akzeptieren die Kläger ausdrücklich. Zinsen bleiben insoweit unberücksichtigt, da nach der eigenen Darstellung der Beklagten Zinsen erst seit dem 16.09.2009 und damit nach dem Ausscheiden der Kläger zu zahlen sind. Außerdem steht O2 nach unbestrittenem Vorbringen der Beklagten ein Zahlungsanspruch gegen L GbR in Höhe von 3.579,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.04.2007 zu. Nach der unwidersprochenen Berechnung des Beklagten zu 3) (vgl. Anlage 13 zum Schriftsatz vom 21.10.2010) belief sich diese Forderung zum Stichtag 30.06.2009 einschließlich Zinsen auf 4.196,31 EUR.

(ddd) Soweit die Beklagten Schadensersatzansprüche L GbR wegen verrotteter Kartoffeln im Geschäftsjahr 2006/2007 in Höhe von 20.500,00 EUR und wegen unterlassener Schlempelieferungen in den Geschäftsjahren 2006/2007 und 2007/2008 in Höhe von 30.000,00 EUR geltend machen, ergeben sich hieraus keine berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen L2 GbR aus § 280 Abs. 1 BGB wegen der Nichtannahme von Kartoffeln ist nicht gegeben. Zwar hat L GbR den Brennbetrieb während der vorgenannten Geschäftsjahre eingestellt und deshalb keine Kartoffeln von den Gesellschaftern angekauft. Es kann jedoch dahinstehen, ob hierin eine Pflichtverletzung der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern lag, die Ersatzpflichten der Gesellschaft begründen könnte. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten in dem fraglichen Geschäftsjahr Kartoffeln angebaut haben. Die Beklagten haben eine bestimmte Menge angebauter Kartoffeln behauptet, die Kläger haben bestritten, dass Kartoffeln angebaut worden sind. Es hätte daher den Beklagten oblegen, einen Beweis dafür anzutreten, dass Kartoffeln angebaut worden sind und in welcher Menge dies erfolgt ist. Ein Beweisantrag der Beklagten ist jedoch nicht erfolgt. Allein der Umstand, dass die Beklagten der L GbR mit Schreiben vom 14.11.2006 eine bestimmte Menge angebauter Kartoffeln zum Ankauf angeboten haben, reicht als Nachweis nicht aus. Auf die Beweisfälligkeit der Beklagten hat der Senat im Verhandlungstermin vom 26.11.2012 hingewiesen.

Eine Schadensersatzpflicht der L GbR ergibt sich auch nicht daraus, dass sie ihren Gesellschaftern in den vorgenannten Geschäftsjahren infolge des Nichtbetriebs der Brennerei keine Schlempe hat zukommen lassen. Denn es bestand keine Verpflichtung der Gesellschaft, ihren Gesellschaftern Schlempe zu liefern. Nach der Regelung in § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages bestand insoweit lediglich eine Abnahmepflicht der Gesellschafter, aber keine Lieferpflicht der Gesellschaft. Im Übrigen haben die Beklagten die durch die unterbliebene Lieferung der Schlempe entstandenen Schäden nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Beklagten stellen insoweit pauschale Kosten in den Raum, die dadurch entstanden sein sollen, dass wegen der fehlenden Schlempe zusätzliche Futterkosten hätten aufgewendet werden müssen. Die betreffenden Beträge sind aus sich heraus nicht nachvollziehbar und von den Beklagten nicht erläutert worden.

Der Umstand, dass die Beklagten namens der L GbR die Schadensersatzansprüche mit Erklärung vom 29.12.2010 anerkannt haben, führt nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit der Ansprüche. Zum einen ist das Anerkenntnis erst nach dem Ausscheiden der Kläger aus der Gesellschaft erfolgt. Zum anderen können sich die Beklagten auf die Wirkung des (deklaratorischen) Anerkenntnisses nach Treu und Glauben nicht berufen, da dieses offensichtlich allein zu dem Zweck erfolgt ist, dass sich die Beklagten in diesem Rechtsstreit auf das Bestehen der Ansprüche berufen können.

(eee) Schließlich ist gemäß § 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 ein weiterer Betrag von 1.091,68 EUR als Verbindlichkeit der L GbR in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen.

In § 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 haben die Parteien vereinbart, dass Kosten, die der L GbR aus Rechtsstreitigkeiten, die vor dem 30.06.2009 begonnen haben, entstanden sind, als Verbindlichkeit zu berücksichtigen sind. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgericht C2 vom 25.01.2011 (Az. 13 C 163/07) wurde L2 GbR verpflichtet, an O2 1.091,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2010 zu zahlen. Da der Rechtsstreit im Jahre 2007 begonnen hat, ist der Betrag von 1.091,68 EUR als Verbindlichkeit berücksichtigungsfähig. Die Zinsen bleiben insoweit außer Betracht, da der Beginn der Verzinsung nach dem Ausscheiden der Kläger aus der L GbR lag und es den Klägern zudem nicht zum Nachteil gereichen kann, dass die Beklagten nicht unmittelbar nach Verkündung des Urteils des Amtsgerichts C2 in dem vorbezeichneten Verfahren am 04.11.2010 den Ausgleich der Kosten gegenüber O2 veranlasst haben.

Soweit der Beklagte zu 3) darüber hinaus Gerichts- und Anwaltskosten in einer Gesamthöhe von 154.023,87 EUR geltend macht, sind diese Kosten auf Grundlage der Regelung in § 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 nicht berücksichtigungsfähig. Der Beklagte zu 3) macht ausweislich seines Schriftsatzes vom 21.10.2010 nämlich solche Kosten geltend, die den Beklagten aufgrund ihrer persönlichen Beteiligung an Gerichtsverfahren entstanden sind. Gemäß § 3 der Vereinbarung vom 15.09.2009 sind jedoch nur solche Kosten als Verbindlichkeit der L GbR anzusehen, die der Gesellschaft selbst entstanden sind. Es ist auch nicht erkennbar, dass den Beklagten wegen der ihnen entstanden Gerichts- und Anwaltskosten ein gesetzlicher Aufwendungsersatzanspruch gegen L GbR zusteht, der als Verbindlichkeit der Gesellschaft in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen wäre.

(cc) Ausgehend von einem Wert des Brennrechts in Höhe von 1.053.105,49 EUR und Verbindlichkeiten der L GbR in Höhe von 19.720,41 EUR ergibt sich demnach ein Gesamtwert der L GbR von 1.033.385,08 EUR. Ob darüber hinaus die in der Bilanz der I KG zum 30.06.2009 ausgewiesenen Passiva wertmindernd zu berücksichtigen sind, kann dahinstehen. Die Passiva beschränken sich auf Rückstellungen und Verbindlichkeiten in einer Gesamthöhe von 13.126,00 EUR. Selbst wenn diese in vollem Umfang wertmindernd veranschlagt würden, verbliebe ein Gesamtvermögenswert in Höhe von 1.020.259,08 EUR, welcher den von den Klägern zugrunde gelegten Betrag von 990.886,04 EUR übersteigt. Sonstige Positionen, die bei der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens wertmindend in Rechnung zu stellen sind, sind nicht ersichtlich.

(c) Damit ergibt sich eine deutliche Abweichung zwischen dem Vermögenswert nach Maßgabe der Buchwerte und demjenigen auf Grundlage der Vorschriften des BewG. Da sich die Abfindung in diesem Fall gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages nach Letzterem richten soll, haben die Kläger der Berechnung ihrer Abfindungsbeträge berechtigterweise ein Guthaben in Höhe von 990.886,04 EUR zugrunde gelegt.

dd) Soweit die Beklagten die Ansicht vertreten, die Klausel in § 8 des Gesellschaftsvertrages sei wegen der veränderten Rechtslage nach dem BewG gemäß § 313 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage dahin anzupassen, dass die Wertermittlung auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages geltenden Vorschriften des BewG zu erfolgen habe, kann dem nicht gefolgt werden. Einer Anwendung des § 313 BGB steht bereits entgegen, dass es nicht zur Geschäftsgrundlage geworden ist, dass die Wertermittlung nach den seinerzeit geltenden Vorschriften erfolgt. Denn die Gesellschafter haben in § 8 des Gesellschaftsvertrages bewusst eine dynamische Verweisung gewählt, so dass es ihrem vertragsgemäßen Willen entsprach, dass die Wertberechnung auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Ausscheidens geltenden Vorschriften des BewG erfolgt. Die Vertragsauslegung hat stets Vorrang vor § 313 BGB (BGH NJW-RR 2008, 562 ff.).

ee) Den Abfindungsansprüchen der Kläger steht nicht entgegen, dass ihre Durchsetzung die Fortführung der Gesellschaft gefährden kann, weil den Beklagten eine zumutbare Finanzierung der Abfindungsbeträge möglicherweise nur dadurch möglich ist, dass sie die Befreiung der L GbR von der Ablieferungspflicht beantragen und auf diese Weise die Zahlung des Ausgleichsbetrages nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG erwirken. Zwar kann die Geltendmachung einer zwar vertragsgemäßen, aber den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Abfindung als "gesellschaftswidriger Akt" im Einzelfall unberechtigt sein. Dies setzt jedoch voraus, dass das Interesse der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter an der Fortführung der Gesellschaft das Interesse des ausgeschiedenen Gesellschafters an der Geltendmachung seines Abfindungsanspruchs überwiegt. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung ergibt hier ein Überwiegen der Interessen der Kläger am Erhalt der ihnen vertraglich zustehenden Abfindungen. Denn gewichtige Interessen der Beklagten an der Fortführung der Gesellschaft sind nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten auf eine Fortführung der Gesellschaft wirtschaftlich angewiesen sind. Dem Fortführungsinteresse der Beklagten kommt insbesondere deshalb nur ein geringes Gewicht zu, weil L GbR das ihr zustehende Brennrecht wegen des Auslaufens des Branntweinmonopols für landwirtschaftliche Brennereien nur noch bis zum 30.09.2013 nutzen kann und daher der weitere Betrieb der Kartoffelbrennerei entsprechend zeitlich begrenzt ist. Hinzu kommt, dass spätestens nach Auslaufen des Branntweinmonopols die Zahlung des Ausgleichsbetrages nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG erfolgen wird. Es wäre grob unbillig, wenn die Beklagten nur wenige Jahre nach dem Ausscheiden der Kläger den vollen Ausgleichsbetrag nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG erhielten, ohne dass die Kläger hieran entsprechend ihrer Gesellschaftsanteile partizipierten.

ff) Ausgehend von einem  Gesamtvermögenswert von 990.886,04 EUR ergeben sich die in der nachfolgenden Übersicht aufgeführten Abfindungsansprüche der einzelnen Kläger. Der Berechnung der den Klägern zustehenden Auseinandersetzungsguthaben liegen die zwischen den Parteien unstreitigen Gesellschaftsanteile der Kläger zugrunde, wie sie in der Tabelle "Kapitalkontenentwicklung zum 30. Juni 2009" der Anlage 2 zum Privatgutachten N & Partner aufgeführt sind. Bei der Ermittlung der einzelnen Abfindungsansprüche der Kläger sind die ebenfalls unstreitigen Anteile der Kläger am Festkapital der L GBR und die Kapitalkonten der Kläger entsprechend der Darstellung in der vorgenannten Tabelle N & Partner berücksichtigt. Ferner ist der vorprozessual von den Beklagten gezahlte Betrag von 17.000,00 EUR entsprechend der jeweiligen Gesellschaftsanteile der Kläger in die Berechnung einbezogen.

             

Danach ergeben sich die folgenden Abfindungsbeträge:

Gesellschafter

Auseinander-

setzungsgut-

haben in EUR

Berücksich-

tigung der Anteile am Festkapital und der Kapital-

konten in EUR

Abzug

wegen

Voraus-

zahlung in EUR

Abfindungs-

anspruch in EUR

Kläger zu 1)

16.013,34

122,07

- 323,62

15.811,79

Kläger zu 2)

44.885,88

-1,252,04

- 907,12

42.726,72

Kläger zu 3)

65.023,86

456,78

- 1.314,10

64.166,54

Kläger zu 4)

28.872,54

718,36

- 583,50

29.007,40

Kläger zu 5)

21.593,75

895,22

- 436,40

22.052,57

Kläger zu 6)

20.137,99

105,71

- 406,98

19.836,72

Kläger zu 7)

34.695,57

697,28

- 701,19

34.691,67

Klägerin zu 8)

40.761,23

1.337,10

- 823,77

41.274,56

Kläger zu 9)

52.407,29

- 650,29

- 1.059,13

50.697,87

Kläger zu 10)

29.357,79

200,07

- 593,31

28.964,55

Kläger zu 11)

23.049,50

436,82

- 465,82

23.020,50

Kläger zu 12)

32.269,31

296,11

- 652,15

31.913,27

Kläger zu 13)

32.269,31

- 765,50

- 652,15

30.851,66

Kläger zu 14)

48.525,27

174,46

- 980,67

47.719,06

Kläger zu 15)

8.491,92

258,54

- 171,62

8.578,84

Kläger zu 16)

54.348,30

- 67,98

- 1.098,36

53.181,96

Kläger zu 17)

48.040,02

686,96

- 970,87

47.756,11

Kläger zu 18)

23.292,13

1.481,36

- 470,72

24.302,77

Kläger zu 19)

31.298,80

600,17

- 632,54

31.266,43

Kläger zu 20)

104.571,96

1.427,68

- 2.113,35

103.886,29

Kläger zu 21)

21.593,75

1.326,15

- 436,40

22.483,50

Kläger zu 22)

32.511,93

- 242,66

- 657,05

31.612,22

Kläger zu 23)

27.174,15

33,78

- 549,18

26.658,75

Beklagter zu 1)

42.944,87

    -

        -

          -

Beklagter zu 2)

78.853,57

    -

        -

          -

Beklagter zu 3)

27.902,03

    -

        -

          -

                     990.886,04                     - 17.000,00   

gg) Den Beklagten steht kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu.

Ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs auf Herausgabe der Gesellschaftsunterlagen machen die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend. Denn die Beklagten stützen ihr Zurückbehaltungsrecht nunmehr darauf, dass die Kläger nicht sämtliche Unterlagen an sie, sondern einen Teil der Unterlagen an Dritte herausgegeben hätten, ohne mitzuteilen, welche Personen in den Besitz welcher Unterlagen gelangt seien; zu einer entsprechenden Mitteilung seien die Kläger verpflichtet. Dies kann nur dahin gewertet werden, dass die Beklagten nunmehr einen Auskunftsanspruch im Wege des Zurückbehaltungsrechts geltend machen wollen. Dahinstehen kann, ob die Beklagten mit diesem, auf einen neuen materiellen Anspruch gestützten Zurückbehaltungsrecht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert sind. Denn ein Auskunftsanspruch der Beklagten gegen die Kläger ist nicht gegeben.

Ein möglicher Auskunftsanspruch der Beklagten aus § 242 BGB kann sich nur gegen den Kläger zu 3) richten. Denn die Verpflichtung zur Herausgabe der Unterlagen traf gemäß § 5 der Vereinbarung vom 15.09.2009 "die Mehrheitsgesellschafter bzw. die jetzigen Geschäftsführer der Gesellschaft". Da unstreitig lediglich die früheren Geschäftsführer noch im Besitz von Gesellschaftsunterlagen waren und die ehemaligen Geschäftsführer L und  F nicht zu den Klägern gehören, war allein der Kläger zu 3) hinsichtlich eines Herausgabeanspruchs passivlegitimiert. Gleiches gilt für einen etwaigen Auskunftsanspruch der Beklagten, denn allein der Kläger zu 3) kann Auskunft darüber erteilen, an wen er die Unterlagen herausgegeben hat. Der Kläger zu 3) hat seine Auskunftsverpflichtung erfüllt, indem er in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt hat, sämtliche der bei ihm vorhandenen Gesellschaftsunterlagen an seinen Prozessbevollmächtigten übergeben zu haben, der diese wiederum - was zwischen den Parteien unstreitig ist - der Beklagtenseite ausgehändigt hat. Weitergehende Auskünfte kann der Kläger zu 3) hinsichtlich der Unterlagen, die von der Herausgabepflicht umfasst waren, nicht geben. Soweit die Beklagten die inhaltliche Richtigkeit der Auskunft in Zweifel ziehen, berührt dies die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung nicht. Die Beklagten könnten allenfalls entsprechend § 260 Abs. 2 BGB vom Kläger zu 3) verlangen, die Richtigkeit seiner Auskunft an Eides statt zu versichern. Auf diesen Anspruch stützen die Beklagten ihr Zurückbehaltungsrecht aber nicht.

b) Die Kläger können von den Beklagten ferner Zahlung von Zinsen auf die vorstehenden Abfindungsbeträge in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB, 288 Abs. 1 BGB seit dem 31.12.2009 verlangen. Soweit das Landgericht den Klägern darüber hinaus Zinsen seit dem 30.07.2009 zugesprochen hat, hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Denn die Beklagten sind erst am 31.12.2009 mit der Zahlung der Abfindungsbeträge in Verzug geraten. Die Abfindungsansprüche der Kläger waren gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB erst mit Ablauf des 30.12.2009 fällig, da gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages das Abfindungsguthaben ein halbes Jahr nach Ausscheiden des jeweiligen Gesellschafters auszuzahlen ist. Mit Eintritt der Fälligkeit ist gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB zugleich Verzug eingetreten, ohne dass es hierfür einer Mahnung der Kläger bedurfte. Der Verzug der Beklagten ist nicht gemäß § 286 Abs. 4 BGB mangels Verschulden deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht zur exakten Berechnung der Abfindungsbeträge in der Lage waren. Gemäß § 286 Abs. 4 BGB tritt Verzug nicht ein, wenn die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den der Schuldner nicht zu vertreten hat. Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil die Beklagten auch dann keine Zahlung geleistet hätten, wenn sie bereits zum 31.12.2009 über das Privatgutachten N & Partner sowie sämtliche Geschäftsunterlagen der L GbR verfügt hätten und ihnen deshalb die Berechnung der einzelnen Abfindungsbeträge möglich gewesen wäre. Denn die Beklagten haben eine Abfindungszahlung für das der L GbR zustehende Brennrecht von vorneherein verweigert.

III.

Der Inzidentantrag der Beklagten zu 1) und 2), mit dem diese einen Schadensersatzanspruch gegen die Kläger gemäß § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO verfolgen, ist mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Die Beklagten zu 1) und 2) machen mit ihrem Inzidentantrag eine Teilforderung geltend: Die Sparkasse C2 hat als Drittschuldnerin auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts C2 vom 02.09.2010 einen Gesamtbetrag von 653.974,50 EUR an die Kläger gezahlt. Die Beklagten zu 1) und 2) beschränken ihren Schadensersatzanspruch jedoch ausdrücklich auf einen Vollstreckungsbetrag von jeweils 300.000,00 EUR. Nach den allgemeinen Grundsätzen oblag es den Beklagten zu 1) und 2) daher darzulegen, aus welchen Positionen sich ihr Rückforderungsanspruch in Höhe von jeweils 300.000,00 EUR im Einzelnen zusammensetzt. Die Beklagten zu 1) und 2) haben hierzu lediglich angegeben, dass sich der Betrag jeweils auf "die Hauptforderung nebst Zinsen" bezieht. Hieraus lässt sich die Zusammensetzung des Betrages nicht hinreichend entnehmen, da unklar ist, in welcher Höhe er sich auf die Hauptforderung und in welcher Höhe er sich auf Zinsen bezieht. Dies ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Denn die Beklagten sind durch das angefochtene Urteil des Landgerichts gesamtschuldnerisch zur Zahlung von insgesamt 832.461,70 EUR nebst Zinsen an die Kläger verurteilt worden. Es ist daher denkbar, dass der von der Sparkasse C2 als Drittschuldnerin gezahlte Gesamtbetrag von 653.974,50 EUR allein auf die Hauptforderung gezahlt wurde. Ebenso denkbar ist, dass hierin Zinsen, Verfahrenskosten und Vollstreckungskosten enthalten waren.

Im Übrigen ist der Inzidentantrag auch unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1) und 2) aus § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO besteht nur insoweit, als die Kläger aus ihren titulierten Zinsansprüchen für den Zeitraum 30.07.2009 bis 29.12.2009 vollstreckt haben. Denn nur in diesem Umfang führt die Berufung der Beklagten zur Abänderung des angefochtenen Urteils und Teilabweisung der Klage. Es ist nicht erkennbar, dass in dem von den Beklagten zu 1) und 2) geltend gemachten Teilbetrag von jeweils 300.000,00 EUR eben diese Zinsen enthalten waren, weil unklar ist, welche Positionen Gegenstand der Zahlung der Sparkasse C2 in Höhe von 653.974,50 EUR war. Hierzu ist kein Sachvortrag der Beklagten zu 1) und 2) erfolgt. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Vollstreckung der Kläger gegen die Beklagten zu 1) und 2) in vollem Umfang auf solche Beträge bezogen hat, deren Berechtigung durch die teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils nicht entfallen ist.

IV.

Die Kostenentscheidung bezüglich des Berufungsverfahrens folgt aus § 97 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der früheren Beklagten zu 2), der O GbR, waren in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO den Klägern aufzuerlegen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.