OLG Hamm, Urteil vom 10.04.2012 - I-25 U 46/11
Fundstelle
openJur 2013, 5579
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22.07.2011 verkündete Urteil des Einzelrich­ters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstrecken­den Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit der Senat die Berufung im Hinblick auf die gel­tend gemachten Aussetzungszinsen zurückgewiesen hat.

Gründe

(gemäß § 540 ZPO)

A.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen mehrerer Beratungspflicht­verletzungen im Zusammenhang mit der steuerlichen Beurteilung des An- und Verkaufs zu bebauender Grundstücke in Anspruch.

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer den An- und Verkauf unbebauter Grund­stücke und war zudem als Bauherr-, Baubetreuer und Vermittler unternehmerisch tätig. Er war weiterhin Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer einer im August 1992 auf Anraten des Beklagten gegründeten O GmbH. Deren Unternehmens­gegenstand bestand in dem An- und Verkauf von bebauten Grund­stücken sowie der Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherrin und Baubetreuerin.

Im Mai 1992 erwarb der Kläger ein Grundstücksareal. Dies bebaute die GmbH mit 29 Reihenhäusern. Der Kläger teilte die Grundstücke in Sonder- und Miteigentum auf. Die noch zu bebauenden Grundstücke verkaufte er an verschiedene Erwerber. Eine Wohnung vermietete er an die GmbH, die darin eine Musterwohnung einrichtete.

Die notariell beurkundeten Kaufverträge sahen vor, dass der Kläger die Woh­nungseigentumsrechte bestehend aus Miteigentumsanteilen an dem  Grundstück sowie Sondereigentums- und Sondernutzungsrechten verkaufte. Zugleich verkaufte die GmbH, vertreten durch den Kläger, alle Erschließungsmaßnahmen sowie Planungs­kosten und verpflichtete sich, das Wohnungseigentum schlüsselfertig mit Außenanlagen zu errichten. Nach den jeweiligen Kaufverträgen waren zum einen für die Baumaßnahme ohne Grundstücksanteile ein Gesamterstellungspreis zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer und zum anderen ein Kaufpreis für Grund und Boden ohne Umsatzsteuer zu entrichten. Das Entgelt für die Baumaßnahme und der Preis für den Grund und Boden wurden zu einem Gesamtkaufpreis zusammenge­fasst.

Der Kläger behandelte den Verkauf der Miteigentumsanteile an dem Grund und Boden als umsatzsteuerfrei. Von der Möglichkeit, nach § 9 UStG auf die Steuerfrei­heit zu verzichten, machte er auf Anraten des Beklagten keinen Gebrauch. Die GmbH unterwarf die Entgelte für die Baumaßnahmen der Umsatzsteuer und zog im Gegenzug Vorsteuer ab.

Im Rahmen einer Außenprüfung ging der Prüfer davon aus, dass zwischen dem Einze­lunternehmen des Klägers als Organträger und der GmbH als Organge­sellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft bestehe. Dies führte zu der An­nahme, dass die Veräußerung der Miteigentumsanteile an dem Grund und Boden und die Erstellung der Gebäude nur einheitlich als umsatzsteuerpflichtig behandelt werden könnten.

Der Kläger erhielt daraufhin am 13.02.2001 einen Umsatzsteueränderungsbescheid, der ihn zu einer Nachzahlung von 88.863,43 € verpflichtete.

Der von dem Beklagten für den Kläger eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen, die daraufhin auf Anraten des Beklagten erhobene finanzgerichtliche Klage abgewiesen. Dabei ging das Finanzgericht davon aus, dass entgegen der Auffas­sung des Finanzamtes von einer Umsatzsteuerfreiheit des Verkaufs des Grund und Bodens wie der Herstellung des Wohnungseigentums auszugehen sei. Gleichwohl hielt es die Klage für unbegründet, weil angesichts der Umsatzsteuerfreiheit auch der Entgelte für die Herstellung der Gebäude in noch größerer Höhe zu Unrecht Vor­steuer abgezogen worden und der Kläger als Organträger Schuldner des hieraus resultierenden Rückzahlungsanspruchs sei.. Die von dem Kläger eingelegte Revision blieb erfolglos.

Der Beklagte hatte für den Kläger eine Aussetzung der Vollziehung beantragt, die durch Bescheide vom 13.02.2001, 12.10.2004 und 23.08.2007 auch gewährt wurde. Mit Bescheid vom 19.12.2009 forderte das Finanzamt den Kläger zur Zahlung von Aussetzungszinsen auf.

Darüber hinaus wurde der Kläger mit Gerichtskosten für die finanzgerichtlichen Verfah­ren und den Aufwendungen für die Vertretung durch den Beklagten belastet.

Nachdem der Kläger gegenüber dem Beklagten bereits Schadensersatzansprüche geltend gemacht hatte, forderte seine erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte den Beklagten mit Schreiben vom 23.08.2010 vergeblich zur Zahlung auf.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Erstattung der festgesetzten Umsatz­steuern, Zinsen und Aufwendungen für die finanzgerichtlichen Verfahren. Darü­ber hinaus beansprucht er den Ersatz der Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, der Beklagte habe ihn fehlerhaft beraten, weil er ihm nicht zu einem Verzicht auf die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze geraten habe. Eine weitere Pflichtverletzung liege darin, dass der Beklagte ihm zu den erfolglosen Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln geraten habe. Der Beklagte habe ihn auch zu der Frage der Aussetzung der Vollziehung fehlerhaft beraten. Hierzu hat der Kläger behaup­tet, der Beklagte habe ihm die Vor- und Nachteile einer Aussetzung der Vollzie­hung nicht dargelegt. Für ihn wäre es vorteilhafter gewesen, die Steuerschuld sofort zu bezahlen.

Der Beklagte hat die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen mit näheren Ausführun­gen in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Kläger hat hierzu mit näheren Ausführungen die Ansicht vertreten, der Ablauf der Verjährungsfrist sei aufgrund einer umfangreichen Korrespondenz mit dem Beklagten und dessen Haftpflichtversicherung gehemmt gewesen. Außerdem hat er gemeint, die Erhebung der Einrede der Verjährung sei treuwidrig. Hierzu hat der Kläger behaup­tet, der Beklagte habe in einem Gespräch mit ihm und seiner Ehefrau darauf hingewiesen, dass Schadensersatzansprüche nicht Betracht kämen, weil durch die entsprechenden Entscheidungen des Finanzgerichts bzw. des BFH die Angelegen­heit zu einem glücklichen Ende geführt würde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt.

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und der rechtlichen Begründung im Einzelnen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen die Klageabweisung richtet sich die form- und fristgerechte Berufung des Klägers, mit der er sich unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbrin­gens mit näheren Ausführungen gegen die Annahme einer Verjährung der geltend gemachten Ansprüche wendet.

Darüber hinaus ergänzt er seine Rechtsausführungen zu den dem Beklagten vorgeworfe­nen Pflichtverletzungen.

Der Kläger beantragt,

       unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an

ihn 160.292,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.090,30 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

       die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens mit näheren Ausfüh­rungen das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivortrages wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Der Kläger kann von dem Beklagten keinen Schadensersatz  in Höhe von 160.292,52 € verlangen. Entweder fehlt es bereits an einer schuldhaften Pflichtverlet­zung des Beklagten oder er hält dem Kläger zu Recht nach § 214 BGB die Einrede der Verjährung entgegen.

1.

Soweit der Kläger dem Beklagten vorwirft, ihm nicht zu dem Verzicht auf die Umsatzsteu­erfreiheit nach § 9 UStG geraten zu haben, hat der Senat bereits erhebli­che Zweifel, ob dies auf der Grundlage der zu dem Beratungszeitpunkt veröffentlich­ten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes eine Pflichtverletzung darstellt.

Dies kann aber dahinstehen, weil ein etwaiger hierauf beruhender Schadensersatzan­spruch verjährt ist.

a)

Nach Art. 229, §§ 12, 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB richtet sich der Beginn der Verjährungsfrist nach § 68 StBerG.

aa)

Danach bestimmt sich der Beginn der Verjährungsfrist - soweit er vor dem Stichtag des 15.12.2004 liegt - nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht, d. h. § 68 StBerG. Das berücksichtigt der Kläger, der in der Berufungsbegründung ausschließ­lich auf § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB rekurriert, nicht.

bb)

Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers ist vor dem Stichtag des 15.12.2004 entstanden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH entsteht der in einer steuerlichen Belastung liegende Schaden mit der Bekanntgabe des die erstma­lige Mehrbelastung beinhaltenden Steuerbescheides. Dieses Ereignis lag ange­sichts des Datums der Bescheide, nämlich 13.02.2001, lange vor dem Stichtag 15.12.2004, wobei die genaue Festlegung des Datums an dieser Stelle entbehrlich ist.

b)

Gemäß § 68 StBerG beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, d.h. der Entstehung des Schadens eine dreijährige Verjährungsfrist zu laufen. Wenn - wie hier - der Gesamt­schaden durch eine steuerliche Mehrbelastung ausgelöst wird, ist für die Scha­densentstehung auf die Bekanntgabe des Steuerbescheides abzustellen, durch den erstmals die belastende Veranlagung durchgeführt wird.  Da der Schaden aus einem bestimmten Verhalten des Schädigers als ein einheitliches Ganzes aufzufassen ist (Grundsatz der Schadenseinheit), läuft eine einheitliche Verjährungs­frist für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, zurechen- und voraussehbaren Nachteile, sobald irgendein Teilschaden entstanden ist (vgl. dazu BGH Urteil vom 12.02.1998, AZ: IX ZR 190/97, Tz. 17 = NJW-RR 1998, 742-744).

Mit der Entstehung des ersten Teilschadens wird eine einheitliche - auch alle späte­ren Schadensfolgen umfassende - Verjährungsfrist in Gang gesetzt, soweit diese nicht auf eine selbständig zu beurteilende Pflichtverletzung zurückzuführen sind.

Der erste Teilschaden wurde hier durch die Bekanntgabe der aufgrund der Außenprü­fung ergangenen belastenden Steuerbescheide ausgelöst.

In Bezug auf die Bekanntgabe ist nach der Rechtsprechung des Bundesge­richtshofes der  tatsächliche Zugang des Steuerbescheides und nicht die Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO maßgebend (vgl. dazu BGH, Urteil vom 07.02.2008, AZ: IX ZR 198/06, Tz. 21). Andererseits hält der BGH aber auch ausdrücklich an der Entscheidung fest, in der für den Fall, dass der Tag des Zugangs nicht bekannt ist, die Parteien aber von einer zeitnahen Zustellung ausgegangen waren, auf § 122 AO abgestellt werden kann (vgl. Tz. 26). Da dies hier der Fall ist, kann von einem Zugang am 16.02.2001 ausgegangen werden.

Dann lief die Verjährungsfrist mit Ablauf des 16.02.2004 ab.

c)

Der Ablauf der Verjährungsfrist wurde nicht durch die Führung des Ein­spruchsverfahrens und des sich anschließenden Klageverfahrens bis hin zur Einle­gung der Revision gehemmt.

d)

Die Erhebung der Einrede der durch den Beklagten verstößt nicht gegen § 242 BGB.

aa)

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte dem Kläger fehlerhaft einen erfolgreichen Ab­schluss des Klageverfahrens versprochen und ihn hierdurch von der rechtzeitigen Erhebung einer Regressklage abgehalten hat.

Spätestens mit Erhalt des Urteils des Bundesfinanzhofes war dem Kläger bewusst, dass sich ein solches Versprechen des Beklagten nicht erfüllt hatte. Das hätte den Kläger veranlassen müssen, alsbald eine Schadensersatzklage zu erheben, wobei eine Frist von drei Monaten schon zu lang sein kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26.02.1985, AZ: VI ZR 144/83, Tz. 38 = NJW 1985, 1151-1152). Es kann dahinste­hen, welche genaue Frist hier anzusetzen ist. Das Revisionsurteil des BGH ist am 29.10.2008 ergangen. Der Kläger hat seine Klage hingegen erst am 28.01.2011 einge­reicht. Das Zuwarten über mehr als zwei Jahre stellte ersichtlich keine rechtzei­tige Reaktion dar.

bb)

Dass der Beklagte vorprozessual die Einrede der Verjährung nicht erhoben, sondern auf Bitten des Klägers seine Haftpflichtversicherung einschaltete, war kein Verhalten, das bei dem Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend hervorrufen konnte, der Beklagte werde sich nur mit sachlichen Argumenten gegen den Schadenser­satzanspruch verteidigen. Zu einer Meldung des Schadens an die Haftpflichtversiche­rung ist der Steuerberater bei jeder Geltendmachung von Schadenser­satzansprüchen verpflichtet, unabhängig davon, ob er sie für berechtigt oder unberechtigt hält und aus welchen Gründen er sie für unberechtigt hält. Die Mel­dung an den Haftpflichtversicherer beinhaltet weder ein Anerkenntnis noch eine Festle­gung hinsichtlich der Verteidigungsmöglichkeiten.

Auch der Umstand, dass der Beklagte mit Schreiben vom 02.07.2010 auf Veranlassung seines Haftpflichtversicherers zunächst um Darlegung eines Bera­tungsfehlers bat, bedeutetet nicht, dass sich der Haftpflichtversicherer nur mit Einwendungen gegen das Bestehen des Anspruches verteidigen würde. Die Prü­fung des Bestehens des Anspruches und etwaiger Einreden des Beklagten war zu diesem Zeitpunkt auf Seiten des Haftpflichtversicherers ersichtlich nicht abgeschlos­sen. Es ist Aufgabe des anwaltlich beratenen Gläubigers zu prüfen, ob dem An­spruch Einreden entgegengehalten werden können und welche Maßnahmen ange­zeigt sind, um dem entgegenzuwirken.

e)

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen der Sekundärhaftung vorliegen, woran der Senat erhebliche Zweifel hat. Die dreijährige Verjährungsfrist des Sekundäran­spruches begann mit Ablauf der Primärverjährung, d.h. im Februar 2004 und lief im Februar 2007 ab.

Ihr Ablauf konnte durch die am 28.01.2011 eingereichte und am 03.02.2011 zuge­stellte Klage nicht mehr nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO gehemmt werden.

2.

Soweit der Kläger dem Beklagten vorwirft, ihm zur Einlegung eines Einspruchs und zur Erhebung der finanzgerichtlichen Klage geraten zu haben, ist ein Schadensersatzan­spruch schon mangels Pflichtverletzung des Beklagten zu vernei­nen. Jedenfalls aber hält der Beklagte dem Schadensersatzanspruch des Klägers zu Recht nach § 214 BGB die Einrede der Verjährung entgegen.

a)

Da im Beratungszeitpunkt die Erfolgsaussichten eines finanzgerichtlichen Verfahrens nicht verneint werden mussten, war der Rat zur Einlegung von Rechtsmitteln sachge­recht.

Dass die Auffassung des Finanzamtes zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Grund­stücksgeschäfte einerseits und der Bauträgergeschäfte andererseits zwar falsch, jedoch nicht zum Nachteil des Klägers falsch war, ist letztlich das Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung auf der Grundlage der später ergangenen Entschei­dungen des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts und des BGH. Für die Frage, ob der Rat zu der Einleitung eines Rechtsbehelfsverfahrens fehlerhaft war oder nicht, ist aber der damalige Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung maßge­bend. Im Jahr 2004 bestand noch keine gefestigte höchstrichterliche Recht­sprechung, die es nahe legte, hier die Grundstücksgeschäfte und die Bauträgerge­schäfte als einheitliche - umsatzsteuerfreie - Leistung anzusehen.

Im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage des Vorliegens einer einheitlichen Leistung zitiert der BGH zwei Urteile des EuGH vom 25.02.1999 und aus dem Jahr 2000 für die Einordnung der Bauträgertätigkeit und der Grundstücksveräußerungen als einheitliche Leistung. Die weitergehend zitierte BFH-Rechtsprechung datiert aus späteren Jahren. Entscheidend ist aber, dass man hier nur dann zu einer ein­heitlichen Leistung gelangte, wenn man über die Konstruktion der Organschaft dazu kam, dass die Leistungen im Zusammenhang mit den Grundstücksgeschäften und im Zusammenhang mit den Bauträgergeschäften von einem Unternehmer erbracht worden sind. Dazu zitiert der BFH keine vorangegangene ständige höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Frage war - wie sich aus den Zitaten in dem Urteil des BFH vom 29.10.2008 ergibt - in der Kommentierung streitig.

Hinzu kommt, dass es eine Entscheidung des Finanzgerichts München vom 30.01.2003 gab (AZ: 14 K 3659/02), in der in einem vergleichbaren Fall gerade keine einheitliche Leistung angenommen wurde.

Vor diesem Hintergrund war es sachgerecht, die hier relevante Frage, ob die Leistun­gen einheitlich oder getrennt zu beurteilen waren, dem Schleswig-Holsteinischen Finanz­gericht zur Entscheidung vorzulegen. Es handelte sich hierbei um ein in der Rechtsprechung zum damaligen Zeitpunkt nicht hinreichend geklärtes Problem.

b)

Unabhängig davon ist ein auf einen fehlerhaften Rat zur Einspruchseinlegung und Erhebung der finanzgerichtlichen Klage gestützter Schadensersatzanspruch verjährt.

aa)

Die Belastung des Klägers mit Gerichtkosten aufgrund der erfolglosen Erhebung der finanzgerichtlichen Klage unterliegt einer selbständig zu beurteilenden Verjäh­rungsfrist, denn in dem Rat zur Einlegung eines Einspruchs und zur Erhebung der finanzgerichtlichen Klage ist gegenüber dem Vorwurf, nicht zu einem Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 9 UStG geraten zu haben, eine selbständige Pflichtverlet­zung zu sehen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18.12.1997 (NJW 1998, 1488 (1491)). Das zur Anwaltshaftung ergangene Urteil des BGH vom 03.02.2011 (NJW 2011, 1594 (1594)) steht nicht entgegen, denn es betrifft eine andere Fallkonstellation.  In der Entscheidung vom 03.02.2011 ging es darum, ob die Einschät­zung der Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln gegenüber der Beurteilung der Erfolgsaussichten des vorangegangenen Klageverfahrens eine selbständige Pflichtverletzung darstellt, was bedeutet, dass letztlich die eigene Arbeitsleistung nur erneut überprüft wurde. Eine vergleichbare Deckungsgleichheit besteht im Verhältnis zwischen einer fehlerhaften Gestaltungsberatung und dem Rat, gegen die aufgrund einer fehlerhaften Gestaltung ergangene Entscheidung ergangene Steuerbescheide vorzugehen, nicht.

bb)

Mit Entstehung des ersten durch den - hier unterstellt fehlerhaften - Rat zur Einspruchs­einlegung und Erhebung der finanzgerichtlichen Klage entstandenen Teilscha­dens wurde ebenfalls eine einheitliche, alle adäquat kausal entstandenen Folgeschäden umfassende, Verjährungsfrist in Gang gesetzt.

(1)

Ein mit der Einlegung des Einspruchs verbundener erster Teilschaden ist mit der Fällig­keit des von dem Beklagten für die Führung des Einspruchsverfahrens verdien­ten Honorars entstanden, denn spätestens in diesem Zusammenhang wurde der Kläger mit einer entsprechenden Verbindlichkeit belastet.

Die Fälligkeit des Honorars richtet sich nicht nach dem Zeitpunkt der Rech­nungserteilung, sondern nach § 7 StBGebVO. Eine Beendigung des Auftrages oder eine Erledigung der Angelegenheit ist spätestens mit der Beendigung des Ein­spruchsverfahrens eingetreten. Ausweislich des Tatbestandes des finanzgerichtli­chen Urteils datierte die Einspruchsentscheidung vom 29.07.2004. Dann endete die Primärverjährung mit Ablauf des 29.07.2007.

Die Verjährung eines etwaigen Sekundäranspruches wäre mit Ablauf des 29.07.2010 abgelaufen gewesen.

(2)

Ein mit der Erhebung der finanzgerichtlichen Klage verbundener erster Teilschaden ist entstanden, als der Anspruch gegenüber dem Kläger bezüglich der Zahlung der Gerichtskosten begründet wurde. Das geschah mit der Einreichung der Klage, denn mit diesem Zeitpunkt haftete der Kläger für die Gerichtskosten zumindest als Zweitschuld­ner. Nach dem bisher unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklag­ten wurde die finanzgerichtliche Klage am 30.08.2004 bei dem Finanzgericht einge­reicht. Damit begann die dreijährige Primärverjährungsfrist, die mit Ablauf des 30.08.2007 ablief.

Die Verjährung eines etwaigen Sekundäranspruches wäre mit Ablauf des 30.08.2010 abgelaufen gewesen

Die am 28.01.2011 eingereichte und am 03.02.2011 zugestellte Klage konnte den Ablauf selbst der Verjährungsfrist eines Sekundäranspruches nicht mehr nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO hemmen.

3.

Soweit der Kläger dem Beklagten vorwirft, ihm zur Einlegung der Revision geraten zu haben, ist bereits eine Pflichtverletzung zu verneinen.

Angesichts dessen, dass das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht wegen der Abwei­chung von der gegenteiligen Entscheidung des Finanzgerichts München die Revision zugelassen hat, war es sachgerecht, eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage herbeizuführen.

4.

Ein auf den Vorwurf der unzureichenden Beratung über die Vor- und Nachteile einer Aussetzung der Vollziehung gestützter Schadensersatzanspruch ist ebenfalls ver­jährt.

a)

Die Verjährung bestimmt sich hier gemäß Art. 229, § 12 EGBGB nach § 68 StBerG, denn der auf die unzureichende Beratung über die Vor- und Nachteile einer Ausset­zung der Vollziehung entstandene Anspruch ist vor dem Stichtag 15.12.2004 entstan­den. Maßgebend für den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung ist der Eintritt des ersten Teilschadens. Dieser entstand hier mit der Bekanntgabe des die erste Aussetzung der Vollziehung beinhaltenden Bescheides vom 05.07.2001 und nicht erst mit der Bekanntgabe des Bescheides über die Aussetzungszinsen vom 19.12.2008.

aa)

Der Senat verkennt nicht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Verjährung eines Ersatzanspruches gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nach­teile seines Mandanten verursacht hat, frühestens mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides beginnt (vgl. dazu nur BGH NJW 1992, 2766 (2767), BGH, Urteil vom 11.05.1995, AZ: IX ZR 140/94 = NJW 1995, 2108-2111, BGH, Urteil vom 03.11.2005, AZ: IX ZR 208/04, Tz. 8 = DStRE 2006, 444-446, BGH, Urteil vom 10.01.2008, AZ: IX ZR 53/06, Tz. 7= MDR 2008, 476).

Diese Rechtsprechung ist indessen nach Auffassung des Senats nicht auf die hier vorliegende Fallkonstellation anzuwenden.

Das Anknüpfen an die Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides für die Frage der Schadensentstehung beruht auf der Argumentation, dass sich die Vermögens­lage des Mandanten infolge der Fehlberatung des Steuerberaters dann verschlechtert, wenn die Finanzbehörde ihren hauptsächlichen Entscheidungs­prozess zu Ungunsten des Steuerpflichtigen abschließt, den öffentlichrechtlichen Steueranspruch konkretisiert und die Grundlage für die Verwirklichung schafft (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 11.05.1995, AZ: IX ZR 140/94 = NJW 1995, 2108-2111).

In Bezug auf den Anfall der Aussetzungszinsen ist aber bis zur Festsetzung nicht offen, ob die Finanzbehörde den Sachverhalt aufgreift und hieraus steuerliche Folgerun­gen zieht. Die Zinsen sind zwingende Folge einer Aussetzung der Vollzie­hung, soweit das Rechtsbehelfsverfahren vor der Finanzbehörde oder das anschlie­ßende Klageverfahren keinen Erfolg haben. Mit der Aussetzung der Vollziehung wird der Steuerpflichtige bereits mit der latenten Zinspflicht belastet. Insoweit ergeben sich nach Auffassung des Senats einerseits Parallelen zu der Situation bei der Bekannt­gabe von Grundlagen- und Folgebescheid. Durch einen Grundlagenbe­scheid werden Besteuerungsgrundlagen bereits bindend festgestellt und können die hiermit verbundenen steuerlichen Fragen im Verfahren betreffend den späteren Folgebe­scheid nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Im Falle der Aussetzung steht bereits aufgrund der Aussetzungsentscheidung fest, dass Zinsen im Falle eines erfolglo­sen Rechtsbehelfsverfahrens anfallen und ist diese Frage nicht mehr in Zwei­fel zu ziehen. Die Verzinsungspflicht ist zwingende gesetzliche Folge der Ausset­zung.

Andererseits zeigen sich Parallelen zu der Belastung mit Gerichtskosten aufgrund der Erhebung eines finanzgerichtlichen Verfahrens. Die Verpflichtung zur Zahlung der Gerichtskosten entsteht bereits mit der Einreichung der Klage. Die Frage, ob

der Kläger endgültig mit den Gerichtskosten belastet wird, ist für die  Schadensentstehung unerheblich. Nichts anderes kann für die Aussetzungszinsen gelten.

Der Kläger hält dem zu Unrecht entgegen, dass die Maßgeblichkeit der Be­kanntgabe des belastenden Steuerbescheides für den Zeitpunkt der Schadensentste­hung durch den BGH auch damit begründet wird, dass der belas­tende Steuerbescheid dem Steuerpflichtigen in der Regel Anlass zu Prüfung gibt, ob der Steuernachteil auf einem Beratungsfehler seines Steuerberaters beruht, ein begünsti­gender Steuerbescheid wie die Aussetzung der Vollziehung einen Steuerpflichti­gen hingegen nicht zu der Überlegung veranlasst, dass die Beratung des Steuerberaters fehlerhaft sein könnte. Mit der Argumentation zur Zumutbarkeit eines Vorgehens des Mandanten gegen den Steuerberater verneint der BGH die Notwen­digkeit eines endgültig bei dem Steuerpflichtigen eingetretenen Vermögensnach­teils als Voraussetzung für eine Schadensentstehung. Daraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass eine Schadensentstehung nur dann anzuneh­men ist, wenn der Steuerpflichtige Veranlassung hat, einen Regressanspruch gegen seinen Steuerberater in Betracht zu ziehen. Nach § 68 StBerG setzt eine Kenntnis des Gläubigers von dem Bestehen eines Regressanspruches gegen den Steuerbera­ter oder zumindest eine fahrlässige Unkenntnis gerade nicht voraus. Korrektiv für etwaige mit dem kenntnisunabhängigen Verjährungsbeginn verbundene Unzuträglichkei­ten ist die Verpflichtung des Steuerberaters über das Bestehen eines Regressanspruches und die hierfür geltende Verjährungsfrist zu belehren, deren Verlet­zung einen Sekundäranspruch auslösen kann.

b)

Mit der Bekanntgabe des ersten Bescheides über die Aussetzung der Vollziehung wurde eine einheitliche, alle späteren Aussetzungsfolgen umfassende Verjäh­rungsfrist in Gang gesetzt. Dementsprechend verjährte ein Primäranspruch im Jahre 2004.

c)

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als sei keine Primärverjährung eingetreten.

Ein etwaiger mit dem Ablauf der Primärverjährungsfrist entstehender Sekundäran­spruch unterliegt ebenfalls einer dreijährigen Verjährungsfrist. Ihr Ablauf konnte nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO bei Einreichung der Klage nicht mehr gehemmt werden.

II.

Der Kläger kann von dem Beklagten auch nicht die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsan­waltskosten in Höhe von 1.090,30 € aus § 280 Abs. 1 BGB verlangen. Mangels eines durchsetzbaren Schadensersatzanspruches kann der Kläger auch keine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen bean­spruchen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Der Senat hat teilweise die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbil­dung des Rechts erforderlich ist.

Der Einzelfall gibt hier Veranlassung Leitsätze für die Auslegung des materiellen Rechts aufzustellen, denn es ist aus Sicht des Senats klärungsbedürftig, ob die Recht­sprechung des BGH zur der Maßgeblichkeit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides für die Schadensentstehung auch für die Festsetzung von Ausset­zungszinsen anzuwenden ist.

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