LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 17.01.2013 - L 11 VS 35/10
Fundstelle
openJur 2013, 4415
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist ein Ausgleich nach § 85 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG).

Der 1969 geborene Kläger war bis Juni 1990 Soldat bei der Nationalen Volksarmee, von Januar bis Juni 1991 vorübergehend als Schlosser beschäftigt und trat zum 1. Juli 1991 als Offiziersanwärter in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit bei der Bundeswehr ein. Seine Ausbildung zum Offizier absolvierte er vom 1. Juli 1991 bis zum 2. Dezember 1993 im Feldjägerbataillon. Vom 3. Dezember 1993 bis zum 1. Oktober 1994 sowie vom 22. Mai 1996 bis zum 30. Juni 1997 gehörte er dem 2./Feldjägerbataillon an. Vom 2. Oktober 1994 bis zum 14. Januar 1996 studierte er an der Universität der Bundeswehr in H, vom 15. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1996 gehörte er dem 6./Feldjägerbataillon an. Vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 1997 war der Kläger als Leutnant als Feldjägeroffizier und Zugführeroffizier in der 2. Kompanie des Feldjägerbataillons in L eingesetzt.

Am 3. Juli 1991 stellte der Truppenarzt des Feldjägerbataillons bei der Einstellungsuntersuchung bei dem Kläger einen Visus links wie rechts von 1,0 fest. Er wurde dem Tauglichkeitsgrad T 2 zugeordnet. Im Vorfeld einer Ausbildung zum Einzelkämpfer in A vom 15. Juni bis zum 23. Juli 1993 wurde der Kläger am 3. Juni 1993 für einzelkämpfertauglich befunden.

Am 20. Juni 1994 stellte sich der Kläger beim Truppenarzt wegen einer plötzlichen Sehverschlechterung beidseits vor. Der Visus betrug rechts 0,1 und links 0,3. Laut Vermerk des Truppenarztes bestanden bei sonst unauffälligem Befund von Gesichtsfeld und Netzhaut ein unregelmäßiger Astigmatismus und eine leichte Hornhautunregelmäßigkeit. Der Truppenarzt erbat eine internistische Durchuntersuchung insbesondere auch im Hinblick auf eine Stoffwechsel- oder Glucosestörung oder einen juvenilen Diabetes. In der Abteilung Innere Medizin des Bundeswehrkrankenhauses L wurde am 21. Juni 1994 ein Befund erhoben, der „gerade eben einer gestörten Glukosetoleranz“ entspreche. Am 23. Juni 1994 wurde bei dem Kläger in der Klinik für Augenheilkunde der Universität L ein Visus von rechts 0,3 und links 0,5 festgestellt. Bestätigt wurde die Diagnose eines beidseitigen Keratokonus; der beidseits schlechte Visus sei durch die Hornhautveränderungen ausreichend erklärt. Ein Anhalt für das Bestehen einer Optikus- oder Netzhauterkrankung sei derzeitig nicht gefunden worden. Im Juni oder Juli 1994 wurde der Kläger erstmals mit Kontaktlinsen versorgt. Am 9. September 1994 wurde in der Klinik für Augenheilkunde der Universität L ein ausreichend guter Sitz der Kontaktlinsen bei einem Visus rechts von 1,0 und links von 0,8 – jeweils mit Kontaktlinsen – festgestellt. Am 12. September 1994 wurde im Bundeswehrkrankenhaus L ein Visus rechts von 0,8 und links von 0,7 – je mit Kontaktlinsen – festgestellt. Rechts bestehe ein ausreichender Sitz der Kontaktlinsen, links fänden sich zahlreiche feinste Luftblasen zwischen Kontaktlinsen und Hornhaut, dies besonders im nasal oberen Bereich. Im Bundeswehrkrankenhaus H wurde am 17. März 1995 ein Visus von 0,5 rechts und von 0,6 links – je mit Kontaktlinsen – festgestellt. Soweit der entsprechende Befund lesbar ist, wurde mitgeteilt, dass die Kontaktlinsen gut säßen. In der Folgezeit wurde der Kläger augenärztlich kontrolliert. Im Mai 1995 wurde dabei festgestellt, dass die Kontaktlinse rechts nicht mehr korrekt angepasst war, woraufhin der Kläger rechts mit einer neuen Kontaktlinse versorgt wurde.

Im Rahmen einer Kontrolluntersuchung im Bundeswehrkrankenhaus L am 7. Februar 1997 wurde ein Fernvisus rechts von 0,9 bis 1,0 und links von 0,7 – je mit Kontaktlinsen – festgestellt. Rechts und links wurde ein relativ guter Kontaktlinsensitz festgestellt; der Kläger sei auch nahezu beschwerdefrei. Ein neuer Satz Kontaktlinsen wurde dringend befürwortet. Der Kläger wurde mit neuen Kontaktlinsen versorgt. Am 24. März 1997 stellte er sich mit einer leichten Rötung des linken Auges im Bundeswehrkrankenhaus L vor. Der Befund der Augen wurde wie folgt beschrieben:

„links mehr als rechts konjunktival gereizt; rechts geringe, links verstärkte zentrale HH-Narben; links großer Plaque bei 5 Uhr parazentral anfärbbar; links zur Zeit keine Kontaktlinse tragen“.

Der Kläger wurde als dienstunfähig erachtet; zur Zeit bestünden Anpassungsschwierigkeiten der neuen Kontaktlinsen. Seit dem 24. März 1997 war der Kläger arbeitsunfähig.

In einem Vermerk des Bundeswehrkrankenhauses L vom 26. März 1997 wurde mitgeteilt, dass bis heute eine Behandlung mit der Polyspectran-Salbe fortgesetzt worden sei; auf Anraten der Uni-Augenklinik werde ab heute Corneregel fluid zur Vorbereitung der Anpassung der neuen Kontaktlinsen verabreicht. Das beschriebene zarte Ulcus bei 5 Uhr sei weitgehend abgeheilt.

In einem Befund des Bundeswehrkrankenhauses L vom 18. Juni 1997 über eine Kontrolluntersuchung des Klägers wurde ein Fernvisus rechts von 0,1 und links von 0,7 mitgeteilt. Rechts seien Kontaktlinsen seit gestern Abend weggelassen worden, eine Visussteigerung mit Gläsern sei nicht möglich. Der Spaltlampenbefund lautete:

„rechts konjunktivale Injektion, parazentral bei 6 Uhr HH-Narbe, jetzt mit oberflächlichem epitheliarem Defekt; auch die oberen Stromaanteile erscheinen im Spalt mitbeteiligt; intraokular reizfrei; letztgenannte Veränderungen können mit Flourescein angefärbt werden.“

Als weiteres Vorgehen wurde eine Behandlung mit Polyspectran-AT drei Mal täglich rechts mitgeteilt. Die Kontaktlinse rechts solle nicht getragen werden.

Der Truppenarzt stufte den Kläger unter dem 25. Juni 1997 als nicht verwendungsfähig ein; eine ärztliche Behandlung sei erforderlich und werde empfohlen. Zum 30. Juni 1997 endete das Dienstverhältnis des Klägers bei der Bundeswehr regulär. Im Anschluss an seine Dienstzeit bewilligte ihm der Beigeladene Heilbehandlung und Versorgungskrankengeld ab dem 1. Juli 1997. Beide Leistungen erhielt der Kläger bis zum 31. Dezember 2004. Ihre Weitergewährung ab dem 1. Januar 2005 ist Gegenstand gerichtlicher – noch zu benennender – Verfahren.

Auch im Anschluss an seine Dienstzeit wurde der Kläger mit Kontaktlinsen versorgt, ließ sich aber am 21. Juli 1997 auf die Warteliste für Hornhauttransplantationen im Universitätsklinikum B setzen. Einem Antrag des Augenoptikermeisters W vom 7. August 1997 auf Versorgung mit Sonderlinsen, dem eine ärztliche Verordnung der Augenklinik und Poliklinik des V-Klinikums vom 3. Juli 1997 beigefügt war, gab die Beklagte mit Schreiben vom 2. September 1997 im Rahmen der Weitergewährung unentgeltlicher truppenärztlicher Versorgung nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses statt. In dem Antragsschreiben hieß es, wegen der Anisometropie und Unregelmäßigkeit der Hornhäute durch den Konus könne eine Visusverbesserung nur mit Kontaktlinsen erreicht werden; die Sehleistung betrage rechts 0,3 und links 0,05. Der Kläger sei seit 1994 mit Kontaktlinsen versorgt worden, die letzten Kontaktlinsen vom Februar 1997 hätten wegen Unverträglichkeit nicht getragen werden können. Bei der Vorstellung zur Anpassung von Kontaktlinsen sei festgestellt worden, dass ein Konus 4. Grades bestehe. Die Hornhäute wiesen beidseitig im Zentrum mehrere Narben auf, die höchstwahrscheinlich auf verheilte Erosionen zurückzuführen seien. Im 6- und 12-Uhr-Bereich seien auch erhebliche Vaskularisationen (ca. 3 bis 4 mm) zu sehen, was auf einen Sauerstoffmangel bei den bisherigen Versorgungen zurückzuführen sei. Des Weiteren begründete der Augenoptikermeister W seine Einschätzung, dass eine Versorgung mit Standardlinsen nicht mehr möglich, sondern die Versorgung mit Sonderlinsen notwendig sei. Der Augenoptikermeister W beantragte mit Schreiben vom 2. Februar 1998, dem eine ärztliche Verordnung des Facharztes für Augenheilkunde Priv. Doz. Dr. K vom 15. Januar 1998 beigefügt war, bei der gesetzlichen Krankenkasse des Klägers erneut die Versorgung mit Sonderlinsen. In dem Antragsschreiben hieß es nun, der Kläger habe sich mit erheblichen Problemen vorgestellt. Beide Hornhäute seien stark belastet durch den ungenügenden Gleichlauf der Linsen, Irritationen durch Druck auf die Api und stark vernarbte Hornhäute. Die früheren Versorgungen seien mit PMMA-Linsen durchgeführt worden. Dieses Linsenmaterial habe zwar eine gute Haltbarkeit und Stabilität, werde aber den Erfordernissen des Hornhautstoffwechsels keinesfalls gerecht. Da beide Augen bisher nur durch extreme Flachanpassung korrigiert worden seien, sei diese Neuanpassung besonders schwierig. Die Flachanpassung bewirke zwar eine Verbesserung der Sehleistung gegenüber der bestmöglichen Brillenkorrektion, stelle aber eine Gefahr für das ohnehin schon belastete Hornhautgewebe dar und provoziere das Konuswachstum. Aus diesem Grund könne die Anpassung erst als abgeschlossen gelten, wenn beide Api gut überspannt seien und eine gute Beweglichkeit und Druckverteilung unter den Linsen gewährleistet sei. Im Anpassprozess seien bereits zwei Paar Kontaktlinsen abgegeben worden, um den gegenwärtigen Stand zu erreichen. Die Linsen müssten nochmals gewechselt werden. Auch wenn die Gesamtversorgung um einiges teurer sei als bei einfacheren Konusversorgungen, sei zu beachten, dass diese Versorgung die einzige Alternative zur Transplantation bleibe. Man sei sehr froh, diesen besonders schwierigen Anpassfall gelöst zu haben. Die Versorgung mit Sonderlinsen wurde genehmigt.

In einem sozialmedizinischen Gutachten des Augenarztes Dr. D vom 11. Dezember 1997 für den MDK B, das zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers erstellt wurde, heißt es, aufgrund des vorhandenen Keratokonus sei der Kläger auf das Tragen von Kontaktlinsen angewiesen (täglich etwa vier Stunden möglich), jedoch werde auch hiermit eine nur sehr reduzierte Sehschärfe erreicht, mit der die Tätigkeit eines Schlossers nicht ausübbar sei. Es bestehe weiter Arbeitsunfähigkeit. Eine Besserung sei gegebenenfalls erst nach durchgeführter Hornhautübertragung beidseits zu erwarten, weshalb von einer längerfristigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei.

Am 19. Februar 2001 wurde bei dem Kläger in der Augenklinik und Poliklinik im Universitätsklinikum B eine erste perforierende Keratoplastik links vorgenommen. Ausweislich eines entsprechenden Arztbriefes vom 12. März 2001 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 19. Februar bis zum 1. März 2001 verlief die Operation komplikationslos. Mit dem Kläger sei besprochen worden, dass eine Kontaktlinsenanpassung am operierten linken Auge erst frühestens eineinhalb Jahre nach der Operation erfolgen sollte, rechts werde jedoch ein erneuter Versuch für sinnvoll gehalten, um eine langfristige Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden. Der Augenarzt Dr. V erstellte am 2. Oktober 2001 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers am 27. September 2001, in dem er für den MDK B Stellung zur Arbeitsfähigkeit des Klägers nahm. In seiner Beurteilung führte er aus, es handele sich um einen postoperativen Verlauf mit gut angenommenem Hornhauttransplantat. Der mittelgradige Hornhautastigmatismus liege für das operierte Auge in einem günstigen Bereich und sei durch die Brillenkorrektur jetzt gut ausgleichbar. Eine Irregularität sei nur am rechten unversorgten Keratokonus-Auge messbar. Die zentralen Hornhautradien des linken operierten Auges wiesen im Bereich der optischen Achse nun reguläre Verkrümmungswerte in zwei zueinander senkrechten Achslagen auf. Die Sehschärfe des linken Auges werde mit bester Brillenkorrektur mit 0,32 angegeben, wobei in Anbetracht der klaren und reizfreien vorderen Augenabschnitte und der unauffälligen Netzhaut auch deutlich bessere Sehschärfenangaben zu erwarten gewesen wären. Die Diskrepanz im Rahmen einer Begutachtung sei dabei oft richtungsweisend für ein latentes Versorgungsbegehren. Auch bei einer Sehschärfe von 0,32 bestehe aber ein gutes Sehvermögen für Tätigkeiten mit nicht allzu hoher Anforderung an das Sehvermögen. Der jetzige Zustand sei als Heilung anzusehen und es bestehe Arbeitsfähigkeit nach erfolgter Brillenglasanpassung am linken Auge. Diese sei innerhalb von zwei Wochen möglich.

Am 5. Juli 2003 erfolgte bei dem Kläger in der Augenklinik und Poliklinik im Universitätsklinikum B eine perforierende Keratoplastik rechts.

Bereits am 9. Juni 1997 ging bei der Beklagten eine erste ärztliche Mitteilung über eine mögliche Wehrdienstbeschädigung (WDB) vom Standortssanitätszentrum L ein. Vorläufige Krankheitsbezeichnung war ein Keratokonus beidseits. Am 20. Juni 1997 beantragte der Kläger bei dem Beigeladenen eine Beschädigtenversorgung nach dem Dritten Teil des SVG. In letztgenanntem Antrag führte der Kläger seine WDB auf die Ausbildung zum Einzelkämpfer in A vom 15. Juni bis zum 23. Juli 1993 zurück. Während des Einzelkämpferlehrgangs sei er mit leichtem Fieber, Schnupfen und geröteten Augen in den Sanitätsbereich gebracht worden, wo er eine fiebersenkende Tablette erhalten habe. Die Nacht habe er im Sanitätsbereich verbracht. Am Morgen sei er vom Arzt untersucht worden und habe wieder am Einzelkämpferlehrgang teilnehmen können.

Die Beklagte zog zahlreiche Unterlagen bei und holte ein truppenärztliches Gutachten beim Oberfeldarzt Dr. K vom 15. April 1998 ein, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstellte. Dr. K nahm einen Befund des Oberfeldarztes Dr. D vom Bundeswehrkrankenhaus B vom 8. April 1998 in Bezug, in dem eine Sehleistung rechts wie links ohne Kontaktlinsen von weniger als 0,05 mitgeteilt wurde. Zur Zeit trage der Kläger keine Kontaktlinsen, es laufe ein Anpassungsversuch beim Optometristen in B. Diagnostiziert wurde ein Keratokonus beidseits. Im Befund hieß es:

„R subzentrale HH-Narbe, StromaverdünnungL ausgedehnte zentrale HH-Trübung, Vogt´sche Linien, ausgeprägterer Keratokonus

tiefere Abschnitte/Fundus zentral regelrecht“.

Der Erfolg der Keratokonuskontaktlinsenanpassung müsse abgewartet werden, eine Aussage zum Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei daher zur Zeit nicht möglich.

Die Beklagte holte eine gutachtliche versorgungsmedizinische Stellungnahme bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin und Sozialmediziner Dr. B vom 8. Juni 1998 ein. Dieser kam zu dem Schluss, der beim Kläger bestehende Keratokonus sei anlagebedingt anzusehen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit wehrdienstlichen Verrichtungen müsse verneint werden. Als Leidensbezeichnung der nichtwehrdienstbedingten Gesundheitsstörung werde vorgeschlagen: „Keratokonus beidseits mit Visusminderung, Glucosetoleranzstörungen“. Mit Bescheid vom 18. Juni 1998 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Ausgleichs ab, da die bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen nicht Folgen einer WDB seien.

Gegen den Bescheid vom 18. Juni 1998 legte der Kläger Widerspruch ein. Erst im Juni 1994 sei bei Untersuchungen im Bundeswehrkrankenhaus L in Verbindung mit der Universitätsaugenklinik L der Keratokonus festgestellt worden. Diese Untersuchungen hätten auf seine Initiative stattgefunden. Da die Erkrankung bereits im II. Stadium gewesen sei, seien ihm Kontaktlinsen angepasst worden, dies aber so fehlerhaft, dass sich der Keratokonus bis 1997 verschlechtert habe. Erst nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr sei durch die Augenärzte Dr. K und Prof. H festgestellt worden, dass nur noch eine Keratoplastik in Frage komme. Seit dieser Zeit sei er auf der Transplantationsliste. Durch alle Ärzte, die er seit der Bundeswehrzeit konsultiert habe, sei bestätigt worden, dass ein so schneller Verlauf für diese Krankheit untypisch sei.

Die Beklagte ließ das Widerspruchsverfahren jedenfalls der Sache nach ruhen, um den Ausgang des Antrags des Klägers auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung bei dem Beigeladenen abzuwarten. Das Verfahren bei dem Beigeladenen lief dabei wie folgt ab:

Am 14. Juli 1997 ging bei dem Beigeladenen das ausgefüllte Antragsformular zum Antrag auf Beschädigtenversorgung ein. Der Beigeladene zog unter anderem die Akte der Beklagten bei und lehnte den Antrag auf Beschädigtenversorgung nach Erstellung mehrerer handschriftlicher Vermerke vom 4., 5. und 12. Mai 1999 mit Bescheid vom 25. Mai 1999 ab, weil es sich bei der vom Kläger geltend gemachten Schädigung der Augen um eine anlagebedingte Gesundheitsstörung handele. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und im Widerspruchsverfahren insbesondere ein „augenärztliches Gutachten auf Wunsch des Patienten“ von Priv. Doz. Dr. K vom 27. August 1997 vor. Dieser teilte mit, der Kläger habe sich bei ihm am 2. Juli 1997 vorgestellt. Folgender Befund sei erhoben worden:

„V  R 0,05  -6.5  -3.0  60°  0,2        Nieden 10 mühsam  V  L 0,05  Gläser bessern nicht        Kein Nieden  Tension beiderseits 18 mm Hg  Gesichtsfeld:            rechts: umschriebene parazentrale Ausfälle von 40 Grad            links: zentraler Ausfall von 60 Grad  Die Ausfälle sind keratokonusbedingt.  R/L Hornhaut: ausgeprägt zentrale  Kegel- und Narbenbildung  tiefer vordere Abschnitte reizfrei  Linse: leicht vermehrter Rindenreflex  Augenhintergrund:            Papille vital, temporal abgeblaßt            schräger Sehnerveneintritt            hinterer Pol zart aufgelockert            Gefäße regelrechtDie ausgeprägten zentralen Hornhauttrübungen sind auch auf zu flach gewählte Kontaktlinsenanpassungen zurückzuführen.

Die derzeitigen Hornhautveränderungen lassen eine Kontaktlinsenanpassung nicht mehr zu. Eine visuelle Orientierung in unbekannter Umgebung ist nicht mehr möglich.

Damit beträgt der Grad des Körperschadens derzeit 50 %.

Die einzige therapeutische Möglichkeit bietet die Durchführung einer Keratoplastik.

Deshalb wurde der Patient in die Sprechstunde von Herrn Professor H im Klinikum B überwiesen. Nach Eingang entsprechenden Spendermaterials ist dort die operative Korrektur des Keratokonus durch eine Keratoplastik vorgesehen.“

Der Kläger legte außerdem ein Attest des Facharztes für Innere Krankheiten Dr. J vom 12. Juli 1999 vor, der eine Glucosetoleranzstörung bei dem Kläger verneinte. Schließlich legte er einen Kurzbrief des Augenoptikermeisters W an Priv. Doz. Dr. K vom 7. Juli 1997 vor, in dem es unter anderem hieß, die „alten“ Kontaktlinsen seien viel zu flach und aus PMMA. Durch die extreme Flachanpassung könnte auch die sehr starke Vernarbung kommen. Mit den besten Kontaktlinsen könne der Kläger auf einen Visus von 0,5 rechts und 0,25 links kommen, allerdings seien die Kontaktlinsen nicht mehr herstellbar. Wären sie herstellbar, hätte der Kläger bei -18 Dioptrin rechts und -25,0 Dioptrin links große Schwierigkeiten beim Tragen. Rechts könnte man es aber probieren.

Der Beigeladene holte ein augenärztliches Fachgutachten bei Prof. Dr. A vom 4. Mai 2000 ein, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 18. April 2000 erstellte. Prof. Dr. A diagnostizierte einen Keratokonus beidseits, rechts im Stadium 3 bis 4 nach Amsler, links im Stadium 4 nach Amsler. Nach G.O.H. Naumann „Pathologie des Auges“ sei die Ursache des Keratokonus unklar. Meistens sei eine Vererbung nicht nachweisbar, wenngleich autosomal dominante sowie rezessive Erbgänge bekannt seien. Insbesondere hätten bis zum heutigen Tag keine äußeren Ereignisse als Ursache für den Keratokonus nachgewiesen werden können. Somit sei ein Zusammenhang bei dem Kläger zwischen seiner Wehrdiensttätigkeit und der Manifestation eines Keratokonus nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht gegeben. Soweit Priv. Doz. Dr. K erklärt habe, die ausgeprägten zentralen Hornhauttrübungen seien auch auf die zu flach gewählte Kontaktlinsenanpassung zurückzuführen, könne diese Formulierung im vorliegenden Fall so nicht bestätigt werden. Nach Gilbert Molin und Richard E. Thoft „The Cornea“, 3. Edition“, S. 523, werde zwar in Klammern erwähnt, dass einige Ophthalmologen glaubten, dass Kontaktlinsen zu einer Verschlimmerung des Keratokonus beitragen könnten. Dies sei aber letztendlich ebenfalls nicht wissenschaftlich erwiesen. Die bei dem Kläger vorliegenden Vernarbungen, welche links ausgeprägter seien als rechts, lägen im Bereich der Kegelspitze und seien auch bei Patienten mit einem Keratokonus anzutreffen, welche keine Kontaktlinsen getragen hätten. Man führe diese Vernarbungen einerseits auf Risse in der so genannten Baumannschen Membran oder aber als Folgezustände nach Einrissen in der so genannten Descemetschen Membran mit nachfolgendem Wassereinstrom in die Hornhaut zurück. Darüber hinaus seien nicht die Vernarbungen im Kegelspitzenbereich ursächlich für die erhebliche Sehschärfenminderung, sondern der irreguläre Astigmatismus. Im Nachhinein könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese Kontaktlinsenanpassung nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Kontaktlinsenanpassung sicherlich problematisch und es sei dem Kläger zu empfehlen, zunächst am linken Auge eine Hornhautverpflanzung vornehmen zu lassen.

Nach Einholung einer augenärztlichen Stellungnahme der Augenärztin W vom 11. Mai 2000 wies der Beigeladene den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Mai 1999 durch Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2000 zurück. Im sich anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Berlin (Az. S 33 VS 73/00) ein Gutachten bei dem Chefarzt der Abteilung Augenheilkunde der S-Klinik Prof. Dr. B vom 1. Juli 2002 ein, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 15. März 2002 erstellte und in dem er zu folgender Einschätzung gelangte:

Bei dem Kläger bestünden auf augenärztlichem Fachgebiet folgende Erkrankungen:

1.Keratokonus Stadium 4 nach Amsler (Hornhautkegel mit Vorwölbung und Verdünnung einzelner Hornhautschichten) am rechten Auge,2.dadurch bedingte hochgradige Sehverschlechterung rechts.3.Zustand nach durchgeführter Hornhauttransplantation bei Keratokonus am linken Auge.4.Hohe Hornhautverkrümmung links (objektiv 7,35 dpt ermittelt durch die Hornhauttopographie, subjektive Annahme des Klägers von 3,75 dpt Korrektur).5.Mittelgradige Sehleistung am linken Auge.Bei einem bestehenden Keratokonus handele es sich um eine nichtentzündliche, ektatische Hornhautdystrophie mit Verdünnung des zentralen Hornhautstromas, die zur Vorwölbung des Hornhautapex mit resultierendem irregulären Astigmatismus und Myopie führe. Man nehme derzeit an, dass diese Stromaverdünnung der Hornhaut durch den Einfluss proteolytischer Enzyme entstehe, die einen Kollagenabbau innerhalb der betroffenen Hornhaut verursachten. Die normalerweise bestehende Hemmung dieser Enzyme durch ihre Inhibitoren sei gestört. Eine zweite Theorie gehe von einer Apoptose (einem Zelltod) durch eine Vermehrung der lnterleukin-1-Rezeptoren in den Keratozyten aus. Charakteristisch sei, dass ein Keratokonus eine Erkrankung beider Augen mit Inzidenz von 1:2000 sei. Meist sei diese Erkrankung eigenständig, wobei ein gehäuftes Auftreten bei den nachfolgend aufgeführten Erkrankungen bekannt sei: Down-Syndrom, Morbus Leber, Mitralklappenprolaps und atopischer Keratokonjunktivitis. Die Erkrankung trete in den meisten Fällen erstmalig in der Pubertät auf und schreite bis zum 3. oder 4. Lebensjahrzehnt fort, um dann nicht selten einen Stillstand zu erfahren (Augustin, Augenheilkunde 2001, Seite 235 ff.). Eine mögliche, jedoch seltene, autosomal-dominante sowie autosomal-rezessive Vererbung der Erkrankung sei wissenschaftlich bekannt und belegt (vgl. hierzu Fachliteratur A. Burk, Augenheilkunde, Seite 188). Das Einwirken anderer äußerer Ursachen für das Entstehen dieser Erkrankung wie Entzündungen oder ein stattgehabtes Trauma seien bis heute nicht bekannt. Aufgrund der aufgeführten Beschreibungen der Erkrankung erscheine es nicht wahrscheinlich, dass die Ausübung des Dienstes bei der Bundeswehr zu einer Verschlimmerung der Veränderungen an der Hornhaut beider Augen geführt habe. Das Problem dieser Erkrankung liege im stetigen Fortschreiten der Hornhautvorwölbung und der daraus resultierenden Zunahme der Sehverschlechterung für die betroffenen Patienten. Es bestünden zwei Möglichkeiten, wieder eine adäquate Sehschärfe zu erlangen: Zum einen könne die Anpassung einer harten Kontaktlinse erfolgen, welche die bestehende Verkrümmung so gut wie möglich ausgleichen soll, zum anderen könne eine Hornhauttransplantation durchgeführt werden, wenn eine Kontaktlinsenanpassung nicht mehr möglich sei. Die von den Bundeswehrärzten in der Vergangenheit gewählten Behandlungen entsprächen daher in vollem Umfang der heutigen allgemein gültigen Lehrmeinung in der Augenheilkunde. Da es sich bei der hier bestehenden Erkrankung jedoch um einen fortschreitenden Prozess handele, sei die oben beschriebene Anpassung von harten Kontaktlinsen unter Umständen sehr schwierig und könne dann gegebenenfalls nur eingeschränkt erfolgen. Die bei dem Kläger bestehenden Veränderungen der Hornhaut des noch nicht operierten rechten Auges entsprächen den typischen Veränderungen im Rahmen der Grunderkrankung Keratokonus und seien auch bei Patienten, welche nie mit einer harten Kontaktlinse versorgt worden seien, festzustellen. Charakteristisch für diese typischen Veränderungen der Hornhaut sei die krankhafte Verdünnung des Hornhautstromas (der mittleren Hornhautschicht) verbunden mit Rissen in der Bowmann- und/oder der Descemetschen-Membran (Grenzschichten zwischen der obersten und der untersten Hornhautschicht). Es werde den Ausführungen des Herrn Prof. Dr. A hinsichtlich der Möglichkeit einer Verschlimmerung der Grunderkrankung durch zu flach angepasste Kontaktlinsen in vollem Umfang zugestimmt. Zu diesem Thema seien jedoch bisher keine eindeutigen wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse erzielt worden, die diesen Umkehrschluss zuließen. Aus diesen Gründen werde auch von der ursächlichen Einschätzung des Priv. Doz. Dr. K abgewichen, dass die Verschlimmerung des Keratokonus aus dem Tragen falsch angepasster Kontaktlinsen resultiere. Zum heutigen Zeitpunkt sei weder die ursächliche Entstehung dieser Erkrankung noch der zeitliche Verlauf der Erkrankung zu klären. Es lägen derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse vor, ob eine allgemein mögliche körperliche (Über-)Belastung oder eine ungenaue Anpassung von harten Kontaktlinsen zu einer Verschlimmerung der Grunderkrankung führen könne. Aus diesem Grund könne derzeit nicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit des Klägers bei der Bundeswehr und den zu flach angepassten Kontaktlinsen angenommen werden.

Den Grad der MdE bestimmte Prof. Dr. B wie folgt:

-Sehschärfe im Jahr 1994 rechts 0,1 und links 0,3; Grad der MdE 40 v. H.,-Sehschärfe 1997 rechts 0,2 und links 0,05; Grad der MdE 60 v. H.,-Eintrag vom 27. Juli 2000 Sehschärfe links und rechts je 0,1; Grad der MdE ab diesem Zeitpunkt 70 v. H.,-im Rahmen der jetzigen Untersuchung Sehschärfe rechts 0,05 und links 0,4; Grad der MdE 40 v. H.Zu dem Gutachten von Prof. Dr. B nahm der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 2. September 2002 umfassend Stellung. Seinem Schriftsatz war die Kopie eines Ausdrucks der Internetseite (http:///www.opt.indiana.edu/lowther/html/keratoconus_etiology.htm) beigefügt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin vom 10. März 2003 vernahm das Sozialgericht den Sachverständigen Prof. Dr. B als sachverständigen Zeugen. Dieser erklärte, dass der Keratokonus grundsätzlich genetische und metabolische Ursachen der Hornhaut habe. Er könne aber auch sporadisch und im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen (Down-Syndrom) auftreten. Anhaltspunkte dafür, dass körperliche Belastung, eine Mangel- oder Fehlernährung oder eine Kontaktlinsenanpassung die Entstehung oder die Verschlimmerung des Leidens verursachten, seien in der Wissenschaft nicht belegt. Prof. Dr. B blieb bei seiner bisherigen Einschätzung, dass die Anpassung von Kontaktlinsen nicht nachweislich zu einer Verschlimmerung des Leidens führe, dies ungeachtet der abweichenden Auffassung von Priv. Doz. Dr. K und der eingereichten im Internet veröffentlichten Meinung. Ihm seien keine wissenschaftlichen Abhandlungen bekannt, in denen eine solche These belegt werde. Grundsätzlich sei auch zu berücksichtigen, dass das Leiden progressiv sei. Dazu befragt, wie er sich erkläre, dass es zu der Bundeswehrzeit Probleme beim Tragen der Kontaktlinsen gegeben habe, jedoch nach Ausscheiden aus der Bundeswehr bei der Behandlung bei Priv. Doz. Dr. K nicht mehr, so müsse er sagen, dass heute Spezial-Keratokonuskontaktlinsen existierten, die die Kurvatur der Hornhaut berücksichtigten. Diese Kontaktlinsen hätten ein verbessertes Trageverhalten zur Folge. Die Art der Kontaktlinsen beeinflusse aber nicht die Entwicklung der Hornhauterkrankung. Auch unter Berücksichtigung, dass die Erkrankung bei dem Kläger weder in der Pubertät noch im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt aufgetreten und dass es sehr schnell zu einer starken Herabsetzung der Sehfähigkeit gekommen sei, verbleibe er bei seiner bisher vorgetragenen Auffassung. Der Sachverständige reichte Kopien von Auszügen der Werke

-Goldberg´s Genetic and Metabolic Eye Disease (Second Edition, Seiten 338-341 und 522-524),-System of Ophthalmology – Vol. VIII – Diseases of the Outer Eye Part 2 (1965, Seiten 964-967) und-Pathology of the Eye (Autoren: G. O. H. Naumann u. D. J. Apple, Seiten 341-342)zu den Gerichtsakten.

Das Sozialgericht Berlin wies die auf Verurteilung des Beigeladenen zur Anerkennung der Schädigungsfolge „Keratokonus beidseits mit Visusminderung, Glucosetoleranzstörung“ und zur Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Grad einer MdE von mindestens 25 v. H. gerichtete Klage durch Urteil vom 10. März 2003 ab, wobei es im Wesentlichen auf die Ausführungen und Aussagen von Prof. Dr. A sowie von Prof. Dr. B Bezug nahm. Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin (L 13 VS 24/03) reichte der Beigeladene insbesondere eine augenärztliche Stellungnahme des Augenarztes Dr. D vom 26. Juli 2003 zu den Gerichtsakten. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die nur noch auf Anerkennung der Schädigungsfolge „Keratokonus beidseits mit Visusminderung“ und auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung hieraus nach dem Grad einer MdE von mindestens 25 v. H. gerichtete Berufung durch Urteil vom 15. November 2005 zurück. Auf die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ließ das Bundessozialgericht (BSG) durch Beschluss vom 6. Juli 2006 (B 9a VS 15/05 B) die Revision zu und lud im anschließenden Revisionsverfahren (B 9/9a VS 4/06 R) die hiesige Beklagte bei. Das Revisionsverfahren endete durch übereinstimmende Erledigungserklärung. Dem lag ein Schreiben des Vorsitzenden des 9. Senats des BSG vom 2. Juli 2008 zugrunde, in dem er folgenden „Vergleich“ vorschlug:

1.Der Beklagte erklärt sich bereit, den Bescheid vom 25. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 nach Maßgabe des § 88 Abs. 3 Soldatenversorgungsgesetz zu ändern, soweit das gegen den Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 18. Juni 1998 gerichtete Verfahren zu einem für den Kläger in der Sache günstigen Ergebnis führt.2.Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für diesen Rechtsstreit.3.Der Kläger und der Beklagte erklären damit den vorliegenden Rechtsstreit für erledigt.“Kläger und Beklagter des genannten Revisionsverfahrens stimmten dem zu. Auch die Beigeladene des Revisionsverfahrens, die hiesige Beklagte, erklärte ungeachtet des Umstandes, dass sie in dem „Vergleichsvorschlag“ keine Erwähnung gefunden hatte, mit an das BSG gerichtetem Schriftsatz vom 11. Juli 2008 vorsorglich ihre Zustimmung zu dem vorgeschlagenen „Vergleich“.

Die Beklagte setzte nunmehr das Widerspruchsverfahren gegen ihren Bescheid vom 18. Juni 1998 fort und holte eine versorgungsmedizinische gutachtliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. J vom 9. März 2009 ein. Durch Widerspruchsbescheid vom 27. März 2009 half die Beklagte dem Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 18. Juni 1998 insoweit ab, als sie die bei dem Kläger festgestellte, aber nichtwehrdienstbedingte Gesundheitsstörung wie folgt bezeichnete:„Keratokonus beidseits mit Visusminderung“.

Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 23. April 2009 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat das Land Berlin, vertreten durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales, zum Rechtsstreit beigeladen. Im Übrigen hat es den Ausdruck einer Internetseite des St.-Johannis-Hospitals Dortmund zum Thema „Keratokonus“ zu den Gerichtsakten genommen und nach entsprechender Anhörung der Beteiligten die sinngemäß auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der Gesundheitsstörung „Keratokonus beidseits mit Visusminderung“ als WDB, hieraus folgend zur Feststellung eines Grades der Schädigungsfolgen von mindestens 25 „v. H.“ und zur Leistung eines Ausgleichs nach § 85 SVG für die Zeit vom 24. Juni 1994 bis zum 30. Juni 1997 gerichtete Klage durch Gerichtsbescheid vom 30. August 2010 abgewiesen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörung „Keratokonus“ und der Wehrdienstverrichtung „bzw.“ den dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnissen liege nicht vor. Die Kammer berufe sich dabei nach eigener kritischer Prüfung vollumfänglich auf das im Verfahren S 33 VS 73/00 eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B. Auch eine so genannte Kann-Versorgung scheide aus. Insoweit verweise die Kammer auf die Ausführungen in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. November 2005 (L 13 VS 24/03, Seiten 7 f.).

Gegen den ihm am 6. September 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. September 2010 Berufung eingelegt. Eine WDB liege auch dann vor, wenn die Gesundheitsschädigung durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt werde. Dies sei hier der Fall gewesen, denn der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich beim erstmaligen Auftreten seiner Visusverschlechterung in truppenärztliche Behandlung zu begeben; anders als ein Zivilist habe er keine freie Arztwahl gehabt. Im Rahmen der truppenärztlichen Versorgung seien ihm zu flach dimensionierte Kontaktlinsen verordnet worden. Infolgedessen habe sich sein Augenleiden rapide verschlechtert. Bei freier Arztwahl wäre ein besseres Ergebnis erzielt worden, was bereits daraus folge, dass er als nicht mehr verwendungsfähig entlassen worden sei, sich durch die anschließende Behandlung in der C sein Gesundheitszustand aber rasch gebessert habe. Das Gutachten von Prof. Dr. B sei mittlerweile veraltet. Namentlich hätte das Sozialgericht ein neues Gutachten einholen müssen, um zu klären, ob auf dem Gebiet der Keratokonus-Forschung neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Wehrdienstleistende seien nach der Rechtsprechung des BSG besonders schutzbedürftig. So bestehe die Verantwortung des Dienstherrn bereits dann, wenn ein anderer Arzt gegebenenfalls mit einer anderen Behandlungsmethode einen besseren Heilerfolg erzielt hätte. Dies sei hier der Fall gewesen, denn durch die Durchführung der Hornhauttransplantation habe sich der Gesundheitszustand des Klägers gebessert. Dies habe der hiesige Beigeladene auch bestätigt, in dem er den Grad der Behinderung bei dem Kläger infolge des durch die Hornhauttransplantation gebesserten Gesundheitszustandes herabgesetzt habe. Hieran sei die Beklagte nach § 88 Abs. 3 SVG gebunden.

Der Senat hat ein augenfachärztliches Gutachten nach Aktenlage bei dem Augenarzt Dr. V vom 12. September 2012 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, bei dem Kläger habe sich in der Wehrdienstzeit vom 24. Juni 1994 bis zum 30. Juni 1997 eine Hornhautdegeneration mit Verdünnung und Aufsteilung der Hornhaut sowie Ausbildung einer Hornhautverkrümmung (medizinisch: Keratokonus) an beiden Augen entwickelt. Die Erkrankung sei genetisch, also anlagebedingt, folge aber keinem festen Erbmodus nach den Mendelschen Gesetzen. Möglicherweise handele es sich auch um genetische Spontanmutationen. Der Erkrankungsbeginn sei das juvenile Erwachsenenalter (etwa 18.-30. Lebensjahr). Der Keratokonus sei ein- oder beidseitig und bei frühem Beginn chronisch progredient. Bei späterem Erkrankungsbeginn über dem 30. Lebensjahr sei die Erkrankung oft selbstlimitierend mit geringerem Ausprägungsgrad. Der Keratokonus sei ein reines Zivilleiden. Ursache des Keratokonus sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die allgemeine Mangelerscheinung, auch nicht die während des Wehrdienstes. Ursache sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht die erhebliche körperliche Belastung, auch nicht die im Rahmen einer Einzelkämpferausbildung. Ursache sei auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die Anpassung von formstabilen (auch fehlerhaft angepassten) Kontaktlinsen nach einer beidseitigen Sehschärfenverschlechterung im Juni 1994. Die Anpassung von formstabilen Kontaktlinsen beinhalte das Ziel einer Sehverbesserung zum Ausgleich einer Hornhautverkrümmung, welche meist auch irregulär sei und daher durch eine Brille nicht ausgeglichen werden könne, da diese nur in geraden Achslagen korrigiere. Der Ausgleich mit formstabilen Kontaktlinsen verhindere aber nicht die Progredienz. Vor Jahrzehnten sei durch Kontaktlinsen erfolglos versucht worden, durch einen mechanischen Druck auf das Zentrum eine Progression zu verhindern. In neuerer Zeit werde versucht, das kegelförmige Zentrum (Apex) durch die Kontaktlinsen eher zu überbrücken, um die Verträglichkeit der Kontaktlinsen zu verbessern. Dabei sei vom Beginn der Erkrankung an mit einer stetigen Neuanpassung der Kontaktlinsen zu rechnen, da die Aufsteilung der Hornhautmitte und die Verdünnung der Hornhaut stets voranschreite. Eine fehlerhafte Anpassung sei aus den Unterlagen nicht zu entnehmen. Es sei davon auszugehen, dass die Aufsteilung der Hornhaut im Verlaufe der Erkrankung lediglich eine Neuanpassung erforderlich gemacht habe. Einer Progression der Erkrankung durch eine Belastung des Hornhaut–Apex durch die formstabilen Kontaktlinsen werde gutachterlich nicht gefolgt. Ebenso sei die vermeintlich notwendige Anpassung von hochgasdurchlässigen formstabilen Kontaktlinsen irrelevant, da der erforderliche Sauerstoffaustausch in über 90 Prozent über den Tränenfilm erfolge und nicht durch das Kontaktlinsenmaterial. Durch die Beweglichkeit der formstabilen Kontaktlinse sei im Gegensatz zu weichen Kontaktlinsen eine ausreichende Sauerstoff- und Nährstoffversorgung durch den Tränenfilm gewährleistet. Einfache nicht-gasdurchlässige harte Kontaktlinsen seien bereits in den 60er Jahren zum Ausgleich einer Linsenlosigkeit angepasst und dauerhaft ohne Kontaktlinsenwechsel getragen worden, ohne Veränderungen der Hornhautmorphologie zu verursachen, während weiche moderne, gasdurchlässige Kontaktlinsen bei Langzeitanwendung zu einer Gefäßeinsprossung der Bindehautgefäße aufgrund des Sauerstoffmangels führten. Einfache gasdurchlässige formstabile Kontaktlinsen seien daher als ausreichend zu betrachten. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch truppenärztliche Maßnahmen sei weder zu erkennen noch wahrscheinlich, da das Krankheitsbild eine eigenständige Entwicklung zur Folge habe und einer kurativen Therapie nicht zugänglich sei. Die Durchführung einer Hornhauttransplantation sei eine Ultima ratio und keine Frühtherapie. Diese Behandlung komme dann zum Tragen, wenn durch einen Kontaktlinsenausgleich keine Sehverbesserung mehr zu erzielen sei (z. B. durch Narbenbildung der Hornhaut) oder eine Stabilisierung der Kontaktlinse oder eine Verträglichkeit der Kontaktlinse nicht mehr gewährleistet sei. Nach Aktenlage betrage der Grad der MdE nach beidseitiger Hornhauttransplantation aufgrund einer unkorrigierten Sehschärfe rechts auf ca. 0,05 und korrigierter Sehschärfe links auf 0,8 30 v. H. Es sei jedoch davon auszugehen, dass bei einer Kontaktlinsenversorgung am rechten Auge auch eine deutlich bessere Sehschärfe zwischen 0,4 und 0,8 zu erzielen sei. Das augenärztliche Gutachten von Priv. Doz. Dr. K vom 27. August 1997 bezüglich der Aussage über ausgeprägte Hornhauttrübungen auch aufgrund einer fehlerhaften Anpassung (zu flach angepasst) der Kontaktlinsen sei nicht nachvollziehbar. Es handele sich weder um fundierte wissenschaftliche Kenntnisse der pathophysiologischen Wirkungen von Kontaktlinsen auf die Hornhaut, noch sei eine Wahrscheinlichkeit hieraus abzuleiten. Die zentralen Hornhautvernarbungen seien typische Erkrankungserscheinungen der progressiven Hornhauterkrankung und nicht vermeidbar. Das Gutachten des Prof. Dr. B vom l. Juli 2002 sei konform mit den ärztlich anerkannten Lehrmeinungen über den progressiven Verlauf der Erkrankung unabhängig von der Kontaktlinsenversorgung.

Der Senat hat dem Prozessbevollmächtigten des Klägers das Gutachten des Dr. V zusammen mit einem Schreiben vom 18. September 2012 übermittelt. Gutachten und Schreiben wurden dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. September 2012 zugestellt. In dem Schreiben vom 18. September 2012 wurde mitgeteilt, dass die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nicht beabsichtigt sei. Es werde Gelegenheit zur Stellung eines Antrags auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) innerhalb eines Monats nach Erhalt des Schreibens gegeben; ein nach Ablauf der obigen Frist eingehender Antrag könne wegen Verspätung zurückgewiesen werden.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 hat sich der Kläger persönlich an die Vorsitzende Richterin des Senats gewandt. In dem Schreiben hat er Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. V erhoben, bei dem es sich um „ein parteiisches Gefälligkeitsgutachten“ handele. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass eine Versorgung mit Kontaktlinsen die Verschlimmerung der Sehleistungsminderung durch Keratokonus nicht verhindern könne, jedoch der Zustand nach Hornhauttransplantation als Heilung anzusehen sei, was Dr. V in einem Gutachten vom 2. Oktober 2001 auch festgestellt habe. Demnach habe ein anderer Arzt – ein Zivilarzt – nach der Bundeswehrzeit mit einer anderen Behandlungsmethode – einer perforierenden Keratoplastik – ein besseres Ergebnis erzielt. Auch in dem Verfahren L 13 SB 80/03 sei vom Landessozialgericht Berlin festgestellt worden, dass durch die Behandlung nach der Bundeswehrzeit eine Verbesserung des Gesundheitszustandes erzielt worden sei. Die Zeit zwischen Ende der Bundeswehrzeit und der ersten Keratoplastik könne ihm nicht vorgeworfen werden, denn er habe keinen Einfluss auf die Vergabepraxis der Transplantate gehabt. Er habe vielmehr alles getan, um die Keratoplastik so schnell wie möglich durchführen lassen zu können. Er habe auch einen Anspruch auf eine Kann-Versorgung. Vorsorglich hat der Kläger eine Verlängerung der Frist zur Benennung eines Gutachters nach § 109 SGG beantragt, „um dem LSG Berlin-Brandenburg Gelegenheit zur sach- und rechtlichen Beurteilung des Streitgegenstandes zu geben“. Der Kläger hat schließlich die überlange Verfahrensdauer gerügt. Auf schriftliche Nachfrage der Vorsitzenden Richterin des Senats hat der Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 erklärt, die Verzögerungsrüge ausdrücklich aufrechtzuerhalten. Der Berichterstatter hat daraufhin mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 darauf hingewiesen, dass die Frist zur Benennung eines Gutachters nach § 109 SGG am 29. Oktober 2012 ablaufe und eine Fristverlängerung auch mit Blick auf die Verzögerungsrüge nicht in Betracht kommen dürfte. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, die Frist zur Benennung eines Gutachters nach § 109 SGG zu verlängern. Das Schreiben des Gerichts vom 19. Oktober 2012 habe ihn erst am 25. Oktober 2012 erreicht. In der Kürze der Zeit seien eine Rücksprache mit dem Kläger und die Benennung eines geeigneten Arztes nicht möglich gewesen. Der Prozessbevollmächtigte hat des Weiteren angeregt, die Einwände des Klägers gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. V diesem zur Stellungnahme zu übersenden. Mit Schreiben vom 1. November 2012 hat der Berichterstatter auf den Ablauf der Frist zu Benennung eines Gutachters nach § 109 SGG hingewiesen und weiter mitgeteilt, nach derzeitigem Sachstand keinen Spielraum für eine Fristverlängerung zu sehen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. August 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 zu verurteilen, bei dem Kläger die Gesundheitsstörung „Keratokonus beidseits mit Visusminderung“ als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen, hieraus folgend einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v. H. festzustellen und dem Kläger für die Zeit vom 24. Juni 1994 bis zum 30. Juni 1997 einen Ausgleich nach § 85 des Soldatenversorgungsgesetzes in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu leisten,

hilfsweise,

den Beweisanträgen erster und zweiter Instanz zu folgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend. Auch bei freier Arztwahl hätte sich der Kläger nicht früher operieren lassen, so dass ein Heilungserfolg nicht früher eingetreten wäre. Die Beklagte hat dem Senat eine versorgungsmedizinische gutachtliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. J vom 17. Juli 2012 übermittelt.

Der Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin für zutreffend.

Der Senat hat die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin S 33 VS 73/00 (Az. beim Landessozialgericht Berlin L 13 VS 24/03; Az. beim BSG zunächst B 9a VS 15/05 B, Az. nach Zulassung der Revision B 9a/9 VS 4/06 R), S 45 VS 101/11 WA (Az. zuvor S 45 VS 268/08) und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg L 13 VS 3/10 ZVW (Az. des Sozialgerichts Berlin S 40 VS 95/02 <Az. zuvor S 33 VS 95/02>; Az. beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zunächst L 13 VS 21/06; Az. beim BSG zunächst B 9 VS 5/08 B, Az. nach Zulassung der Revision B 9 VS 3/09 R) beigezogen. Beiakte der Verfahrensakte S 45 VS 101/11 WA sind ein Band Versorgungs- und drei Bände Heilbehandlungsakten des Beigeladenen.

Gegenstand des Verfahrens L 13 VS 3/10 ZVW ist noch der Anspruch des Klägers gegen den Beigeladenen auf Versorgungskrankengeld über den 31. Dezember 2004 hinaus. Gegenstand des Verfahrens S 45 VS 101/11 WA ist der Anspruch des Klägers gegen den Beigeladenen auf Heilbehandlung über den 31. Dezember 2004 hinaus. Das BSG hat durch Urteil vom 30. September 2009 (B 9 VS 3/09 R) den Rechtsstreit an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen, soweit es um den Anspruch des Klägers gegen den Beigeladenen auf Versorgungskrankengeld ab dem 1. Januar 2005 geht. Grund für die Zurückverweisung war die Einschätzung des BSG, die Gewährung von Versorgungskrankengeld und die Weitergewährung von Heilbehandlung – wie gesagt Gegenstand des Verfahrens S 45 VS 101/11 WA – seien aneinander gekoppelt. Demgemäß hat der 13. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im Verfahren L 13 VS 3/10 ZVW mit Beschluss vom 18. Juni 2010 das Verfahren bis zur Rechtskraft einer Entscheidung oder einer anderweitigen Erledigung im Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin S 45 VS 268/08 (jetzt S 45 VS 101/11 WA) ausgesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, den Inhalt der übrigen beigezogenen Gerichtsakten nebst Beiakten sowie den Inhalt der bei der Beklagten geführten WDB-Akte und der Widerspruchsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist zutreffend. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Gesundheitsstörung „Keratokonus beidseits mit Visusminderung“ als WDB, Feststellung eines hieraus folgenden Grades der MdE von mindestens 25 v. H. und Leistung eines Ausgleichs für die Zeit vom 24. Juni 1994 bis zum 30. Juni 1997 nach § 85 SVG in Verbindung mit dem BVG.

Nach § 85 Abs. 1 SVG in der hier anzuwendenden Fassung erhält ein Soldat während seines Wehrdienstes wegen der Folgen einer WDB einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 30 Abs. 1 und § 31 BVG. WDB ist nach § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Entsprechend diesen gesetzlichen Bestimmungen ist für die vorliegend streitige Anerkennung von Schädigungsfolgen sowie die Gewährung eines Ausgleichs eine dreigliedrige Kausalkette zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 2004 - B 9 VS 1/02 R - juris): Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung geführt haben, die wiederum die geltend gemachten Schädigungsfolgen bedingt hat. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang grundsätzlich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG).

Der Kläger litt im streitigen Zeitraum vom 24. Juni 1994 bis zum 30. Juni 1997 an einem Keratokonus beidseits mit Visusminderung. Dies ist unstreitig und wird etwa bestätigt durch die Feststellung in der Klinik für Augenheilkunde der Universität L vom 23. Juni 1994, die bei einem Visus von rechts 0,3 und links 0,5 die Diagnose eines beidseitigen Keratokonus bestätigt hat. Die Erkrankung des Klägers beruht indes nicht auf einem mit dem Wehrdienst zusammenhängenden schädigenden Vorgang. Zu diskutieren sind dabei folgende Ursachen:

-körperliche Belastung, allgemeiner Mangelzustand, eine Mangel- oder Fehlernährung während einer Einzelkämpferausbildung in A vom 15. Juni bis zum 23. Juli 1993,-fehlerhafte Anpassung mit Kontaktlinsen durch die Truppenärzte seit Juni/Juli 1994,-Unterlassen einer Hornhauttransplantation.Die erstgenannten Umstände im Zusammenhang mit der Einzelkämpferausbildung – unterstellt, sie haben sich so wie vom Kläger beschrieben dargestellt – haben den Keratokonus bei dem Kläger nicht wahrscheinlich verursacht. Die mit der Angelegenheit des Klägers betrauten Gutachter - Prof. Dr. A im Gutachten vom 4. Mai 2000, Prof. Dr. B im Gutachten vom 1. Juli 2002, Dr. V im Gutachten vom 12. September 2012 -, aber auch der behandelnde Augenarzt Priv. Doz. Dr. K haben den ursächlichen Zusammenhang der Umstände der Einzelkämpferausbildung und der Augenerkrankung des Klägers durchweg nicht bejaht oder – wie insbesondere Dr. V - sogar ausdrücklich verneint.

Die Erkrankung Keratokonus beidseits mit Visusminderung ist auch nicht durch eine truppenärztliche Behandlung – hier in Form der Anpassung nicht sachgerechter Kontaktlinsen und damit durch aktives Tun - verschlimmert worden. Auch durch das Unterlassen anderer ärztlicher Maßnahmen – hier in Form einer Hornhauttransplantation – ist es nicht zu einer Schädigung gekommen, die wesentlich auf wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückgeführt werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehören allerdings die Besonderheiten der truppenärztlichen Behandlung, in der sich der Kläger während seines Wehrdienstes wegen des Keratokonus befand, zu den wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 25. März 2004 - B 9 VS 1/02 R – juris – m. w. N.). Ein deutlicher Unterschied zum Zivilleben besteht insbesondere insoweit, als der Soldat dabei keine freie Arztwahl hat. Auch eine truppenärztliche Handlung oder Unterlassung kann als schädigender Vorgang zu werten sein. Dies leuchtet insbesondere dann ein, wenn ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt; auf ein Verschulden kommt es insoweit nicht an. Besteht die Behandlung in einem (operativen) Eingriff, kann darin nach der Rechtsprechung unabhängig von der Feststellung eines Kunstfehlers ein schädigender Vorgang gesehen werden. Entsprechendes hat auch für eine konservative Behandlung zu gelten, die an sich sachgerecht ist. Sie kann ebenfalls zu einer gesundheitlichen Schädigung führen. Die entscheidende Abgrenzung hat nicht bei der Frage eines schädigenden Vorganges, sondern bei der Beurteilung anzusetzen, ob eine Schädigung eingetreten ist, die wesentlich auf wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückgeführt werden kann. Eine gesundheitliche Schädigung setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch grundsätzlich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes voraus. Bei einer ärztlichen Behandlung kann eine Schädigung danach sowohl in einer Verstärkung der dem zu behandelnden Leiden eigentümlichen Beschwerden als auch im Auftreten von anderen Gesundheitsstörungen (im Sinne von Nebenwirkungen oder Komplikationen) liegen. Entsprechendes gilt beim Unterlassen von ärztlichen Maßnahmen. Beim Unterlassen gelangt man zur Annahme einer Schädigung, indem man den tatsächlichen Zustand mit demjenigen vergleicht, der bei einer erfolgreichen Behandlung eingetreten wäre; hier ist es sachgerecht, eine Schädigung bereits in dem Fortbestehen eines behebbaren Leidens zu sehen. Immerhin muss der Betroffene dabei die mit der Gesundheitsstörung verbundenen Beschwerden und Beschränkungen länger als nötig erdulden. Ein derart erweitertes Verständnis des Schädigungsbegriffs entspricht dem Sinn und Zweck des Versorgungsschutzes bei truppenärztlicher Behandlung. Es sollen damit grundsätzlich alle Risiken abgedeckt werden, die sich bei freier Arztwahl hätten vermeiden lassen. Fehlt es an einer auf truppenärztliche Maßnahmen zurückzuführenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes, so reicht es allerdings nicht aus, wenn lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei freier Arztwahl ein günstigerer Zustand eingetreten wäre, das Krankheitsgeschehen mithin keinen unabänderlichen, schicksalhaften Verlauf genommen hat. Vielmehr ist zu fordern, dass ein anderer Arzt (mit anderer Behandlungsmethode) wahrscheinlich einen besseren Heilerfolg erzielt hätte. Denn erst aus dem Vergleich des tatsächlichen und des hypothetischen Behandlungsergebnisses lässt sich die Bejahung einer gesundheitlichen Schädigung herleiten.

Ungeachtet des danach erweiterten Verständnisses des Schädigungsbegriffs scheidet in Bezug auf eine etwaige fehlerhafte Kontaktlinsenanpassung im Rahmen der truppenärztlichen Versorgung ein Anspruch des Klägers bereits deshalb aus, weil die Kontaktlinsenanpassung den Keratokonus nicht wahrscheinlich verschlimmert hat (eine Verursachung des Keratokonus im Sinne seiner Entstehung scheidet schon logisch aus, weil die Erkrankung schon vor der ersten Kontaktlinsenversorgung diagnostiziert worden war). Alle Gutachter haben die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs der Kontaktlinsenversorgung und der Keratokonuserkrankung des Klägers verneint. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. A ist die Ursache des Keratokonus unklar. Meistens sei eine Vererbung nicht nachweisbar, wenngleich autosomal dominante sowie rezessive Erbgänge bekannt seien. Insbesondere hätten bis zum heutigen Tag keine äußeren Ereignisse als Ursache für den Keratokonus nachgewiesen werden können. Auch Prof. Dr. B hat dargelegt, dass eine mögliche, jedoch seltene, autosomal-dominante sowie autosomal-rezessive Vererbung der Erkrankung wissenschaftlich bekannt und belegt sei. Das Einwirken anderer äußerer Ursachen für das Entstehen dieser Erkrankung sei hingegen bis heute nicht bekannt. Im Rahmen seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge durch das Sozialgericht Berlin am 10. März 2003 hat Prof. Dr. B erklärt, dass der Keratokonus grundsätzlich genetische und metabolische Ursachen der Hornhaut habe. Er könne auch sporadisch und im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen (Down-Syndrom) auftreten. Anhaltspunkte dafür, dass etwa auch eine Kontaktlinsenanpassung die Entstehung oder die Verschlimmerung des Leidens verursachen, seien in der Wissenschaft nicht belegt. Auch der vom Senat bestellte Sachverständige Dr. V hat ausgeführt, die Keratokonuserkrankung sei genetisch, also anlagebedingt, folge aber keinem festen Erbmodus nach den Mendelschen Gesetzen. Möglicherweise handele es sich auch um genetische Spontanmutationen. Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzung, wonach die Ursachen für den Keratokonus letztlich unklar sind, nicht (mehr) dem neuesten wissenschaftlichen Stand entsprechen würde, hat der Senat nicht.

Soweit Priv. Doz. Dr. K in seinem Gutachten vom 27. August 1997 ausgeführt hat, die ausgeprägten zentralen Hornhauttrübungen bei dem Kläger seien auch auf die zu flach gewählte Kontaktlinsenanpassung zurückzuführen, spiegelt diese nicht begründete Behauptung demnach nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft wider. Die fehlende Wahrscheinlichkeit einer Kausalität von – gegebenenfalls auch fehlerhafter – Kontaktlinsenversorgung und einer Verschlimmerung des Keratokonus bei dem Kläger wird schließlich auch dadurch bestätigt, dass bereits nach dem Gutachten von Prof. Dr. A die bei dem Kläger vorliegenden Vernarbungen auch bei Patienten mit einem Keratokonus anzutreffen sind, welche keine Kontaktlinsen getragen haben. Auch Prof. Dr. B hat ausgeführt, dass die bei dem Kläger bestehenden Veränderungen der Hornhaut des noch nicht operierten rechten Auges den typischen Veränderungen im Rahmen der Grunderkrankung Keratokonus entsprechen und auch bei Patienten festzustellen sind, welche nie mit einer harten Kontaktlinse versorgt worden sind.

Schließlich ist auch bei Zugrundelegung des erweiterten Schädigungsbegriffs eine WDB durch Unterlassen einer früheren Hornhauttransplantation zu verneinen. Auch unter diesem Blickwinkel liegt hier keine Schädigung vor, die wesentlich auf wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückgeführt werden kann.

Zwar gelangt man nach der bereits wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG beim Unterlassen zur Annahme einer Schädigung, indem man den tatsächlichen Zustand mit demjenigen vergleicht, der bei einer erfolgreichen Behandlung eingetreten wäre. Die Keratoplastiken links wie rechts haben, wovon auch der Senat ausgeht, ohne Frage eine wesentliche Verbesserung des Visus zur Folge gehabt. Fehl geht der Kläger aber, wenn er allein aus diesem Umstand den Schluss zieht, das Unterlassen einer Hornhauttransplantation bereits während der Bundeswehrzeit stelle eine zu entschädigende Schädigung dar. Maßgeblich ist vielmehr, dass durch den erweiterten Schädigungsbegriff (nur) grundsätzlich alle Risiken abgedeckt werden sollen, die sich bei freier Arztwahl hätten vermeiden lassen. Es ist demnach zu fordern, dass ein anderer Arzt (mit anderer Behandlungsmethode) wahrscheinlich einen besseren Heilerfolg erzielt hätte. Erst aus dem Vergleich des tatsächlichen und des hypothetischen Behandlungsergebnisses lässt sich die Bejahung einer gesundheitlichen Schädigung herleiten. Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so ergibt sich, dass der Kläger auch bei freier Arztwahl nicht früher mittels der Keratoplastiken therapiert worden wäre. Denn – wie insbesondere der Sachverständige Dr. V überzeugend ausgeführt hat - ist die Durchführung einer Hornhauttransplantation eine Ultima ratio und keine Frühtherapie. Diese Behandlung kommt erst dann zum Tragen, wenn durch einen Kontaktlinsenausgleich keine Sehverbesserung mehr zu erzielen oder eine Stabilisierung der Kontaktlinse oder eine Verträglichkeit der Kontaktlinse nicht mehr gewährleistet ist. Auch diese Einschätzung entspricht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft.

Nach Aktenlage konnte der Kläger aber während annähernd der gesamten Bundeswehrzeit hinreichend mit Kontaktlinsen versorgt werden. Am 12. September 1994 wurde im Bundeswehrkrankenhaus L ein Visus rechts von 0,8 und links von 0,7 – je mit Kontaktlinsen – festgestellt. Im Bundeswehrkrankenhaus H wurde am 17. März 1995 ein Visus von 0,5 rechts und von 0,6 links – je mit Kontaktlinsen – festgestellt. Noch im Rahmen einer Kontrolluntersuchung im Bundeswehrkrankenhaus L am 7. Februar 1997 wurde ein Fernvisus rechts von 0,9 bis 1,0 und links von 0,7 – je mit Kontaktlinsen – festgestellt. Rechts und links wurde ein relativ guter Kontaktlinsensitz festgestellt; der Kläger sei auch nahezu beschwerdefrei. Erst im Anschluss an eine nun erfolgte Anpassung neuer Kontaktlinsen stellten sich zunehmend Probleme bei der Versorgung des Klägers mit Kontaktlinsen ein. Der Augenoptikermeister W führte in einem Antrag vom 7. August 1997 auf Versorgung mit Sonderlinsen aus, der Kläger sei seit 1994 mit Kontaktlinsen versorgt worden, (erst) die letzten Kontaktlinsen vom Februar 1997 hätten wegen Unverträglichkeit nicht getragen werden können. Weiter heißt es, die Sonderlinsen stellten die einzige Alternative zur Hornhauttransplantation dar. Diese Umstände erhellen, dass an eine Hornhauttransplantation allerfrühestens bei Einsetzen der Probleme mit der Kontaktlinsenversorgung im Februar/März 1997 zu denken war. Ungeachtet dessen wurden noch im August 1997 Alternativen zur Hornhauttransplantation gesucht und wohl auch gefunden. Legt man dies aber zugrunde, wird deutlich, dass der Kläger auch bei freier Arztwahl nicht früher mittels Keratoplastiken therapiert worden wäre. Der vorliegende Fall unterscheidet sich demnach deutlich von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG vom 25. März 2004 (B 9 VS 1/02 R) zugrunde lag. Der dortige Kläger hatte nach truppenärztlicher Erstbehandlung und Feststellung einer rezidivierenden Außenbandläsion links ausdrücklich den Wunsch nach einer – wie sich später herausstellen sollte, vorzugswürdigen - operativen Versorgung geäußert, worauf das BSG in seinen Entscheidungsgründen auch abgestellt hat. Hier ist aber einerseits nicht erkennbar, dass der Kläger einen solchen Wunsch nach einer frühzeitigen Hornhauttransplantation bereits während der Bundeswehrzeit vorgetragen hätte. Selbst wenn er dies aber getan hätte, hätte ein frei gewählter „Zivilarzt“ eine Hornhauttransplantation nicht befürwortet, solange eine Kontaktlinsenversorgung noch möglich war.

Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch nach den Grundsätzen der so genannten Kann-Versorgung. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann nach § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG in der hier maßgeblichen Fassung mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) die Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden. In diesen Fällen reicht es aus, wenn der Zusammenhang einer Krankheit mit einem entschädigungsrechtlich erheblichen Vorgang nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 5/06 R – m. w. N. - juris). Im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Erkrankung fehlt eine Zustimmung des BMA; es fehlt auch eine erforderliche Zustimmung des Bundesverteidigungsministers, die im Einvernehmen mit dem BMA nach § 85 Abs. 3 SVG erteilt werden müsste.

Die Zustimmungen müssten hier auch nicht erteilt werden. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG die Ermächtigung nach § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG eng auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 1993 - 9/9a RV 41/92 –; Urteil vom 12. Dezember 1995 - 9 RV 17/94 – jeweils bei juris). Die Ermächtigung bezieht sich auf Fälle, bei denen die erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht. Schon an diesem Wortlaut wird deutlich, dass nicht die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs ausreicht. Es müssen nach einer nachvollziehbaren wissenschaftlichen Lehrmeinung Erkenntnisse vorliegen, die für einen generellen, in der Regel durch statistische Erhebungen untermauerten Zusammenhang sprechen. Es darf nicht nur eine theoretische Möglichkeit des Zusammenhangs bestehen, sondern vielmehr eine „gute Möglichkeit“, die sich in der wissenschaftlichen Medizin nur noch nicht so zur allgemeinen Lehrmeinung verdichtet hat, dass von gesicherten Erkenntnissen gesprochen werden kann. Es muss also wenigstens eine wissenschaftliche Lehrmeinung geben, die die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs nachvollziehbar vertritt (Lilienfeld in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 81 SVG, Rn. 144). Die Verwaltung ist nicht ermächtigt, bei allen Krankheiten ungewisser Genese immer die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs - die so gut wie nie widerlegt werden kann - ausreichen zu lassen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist keine wissenschaftliche Lehrmeinung erkennbar, die die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs von körperlicher Belastung, allgemeinem Mangelzustand oder einer Mangel- oder Fehlernährung mit der Keratokonuserkrankung nachvollziehbar vertritt. Entsprechendes gilt in Bezug auf die - gegebenenfalls fehlerhafte -Anpassung mit Kontaktlinsen durch die Truppenärzte seit Juni/Juli 1994. Wie bereits dargelegt, sind die Ursachen für einen Keratokonus letztlich unklar. Soweit der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin S 33 VS 73/00 den Beitrag „Causes of Keratoconus“ zu den Gerichtsakten gereicht hatte und in diesem Beitrag unter „Rigid Contact Lenses“ das Tragen von Kontaktlinsen als Ursache für den Keratokonus diskutiert wird, kann bereits aus den nur wenigen mitgeteilten Studienergebnissen die „gute Möglichkeit“ eines Ursachenzusammenhangs nicht gefolgert werden. Insbesondere ist aber anzumerken, dass es in dem genannten Beitrag um die Frage geht, inwieweit ein Keratokonus im Sinne der Entstehung durch das Tragen bestimmter Kontaktlinsen verursacht werden kann. Darum geht es im hier zu entscheidenden Fall aber nicht. Bei dem Kläger war bereits ein Keratokonus diagnostiziert worden und erst dann (und deswegen) ist er mit Kontaktlinsen versorgt worden. In Bezug auf eine denkbare frühere Hornhauttransplantation scheidet schließlich ein Anspruch nach Maßgabe der Kann-Versorgung schon denklogisch aus.

Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag war hier nicht nachzukommen. Der anwaltlich vertretene Kläger hat ihn bereits nicht ordnungsgemäß gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann ein anwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 i. V. m. § 103 SGG gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrecht erhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (vgl. hierzu und zum Folgenden nur BSG, Beschluss vom 29. März 2007 - B 9a VJ 5/06 B – juris – m. w. N.). Der Sinn dieser Anforderungen ist es, dass - ohne gesonderte Ermittlungen - auch für das Rechtsmittelgericht klar ist, welche Anträge nach dem Ergebnis des Sach- und Streitstandes und der Auffassung eines Beteiligten beim Schluss der mündlichen Verhandlung vom Gericht noch zu behandeln (gewesen) sind. Die Warnfunktion des Beweisantrags entfällt jedoch, wenn Beweisantritte lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind. Erforderlich ist mithin insoweit, dass ein anwaltlich oder ähnlich rechtskundig vertretener Beteiligter, um der Warnfunktion gerecht zu werden, in der mündlichen Verhandlung für bestimmte Tatsachen bestimmte Beweismittel benennt. Es muss das Beweisthema zumindest umrissen und angegeben werden, was die Beweisaufnahme ergeben soll. Der Beweisantrag ist so exakt zu formulieren, dass er als solcher erkennbar ist. Ausreichend ist auch der Hinweis auf die schriftsätzlich gestellten Anträge, sofern diese genau bezeichnet und damit für das Gericht ohne weiteres auffindbar sind. Dass der gestellte Antrag, „den Beweisanträgen erster und zweiter Instanz zu folgen“, dem nicht genügt, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Sollte sich dem Hilfsantrag sinngemäß entnehmen lassen, der Senat solle ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einholen, so ist dem hier nicht nachzukommen. Der Senat muss sich zur Einholung weiterer Sachverständigengutachten nicht gedrängt fühlen, weil die vorliegenden Gutachten von Prof. Dr. A, Prof. Dr. B und Dr. V die hier entscheidenden medizinischen Fragen umfassend beantworten, keine Mängel aufweisen, in sich widerspruchsfrei sind und Zweifel an der Sachkunde der Gutachter/Sachverständigen nicht begründen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 103, Rn. 11c). Namentlich ist ein Widerspruch in dem Gutachten von Prof. Dr. B vom 1. Juli 2002 auch nicht in der Formulierung zu erblicken, es werde den Ausführungen von Prof. Dr. A hinsichtlich der Möglichkeit einer Verschlimmerung der Grunderkrankung durch zu flach angepasste Kontaktlinsen in vollem Umfang zugestimmt (vgl. Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 9. Januar 2013). Denn Prof. Dr. A hat lediglich erwähnt, dass einige Ophthalmologen glaubten, Kontaktlinsen könnten zu einer Verschlimmerung des Keratokonus beitragen, was aber letztendlich nicht wissenschaftlich erwiesen sei. Demgemäß hat Prof. Dr. B – auch im Zuge seiner Zeugenvernehmung vor dem Sozialgericht am 10. März 2003 – eindeutig erklärt, dass die Theorie, wonach die Kontaktlinsenanpassung die Entstehung oder die Verschlimmerung des Keratokonus verursachen könne, in der Wissenschaft nicht belegt sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.