LG Aachen, Urteil vom 13.12.2012 - 10 O 271/12
Fundstelle
openJur 2013, 4302
  • Rkr:
Tenor

Das Versäumnisurteil vom 04.10.2012 bleibt aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages fortgesetzt werden

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Maklerlohn.

Die Klägerin betreibt ein Immobilien-Unternehmen, das unter anderem Maklerleistungen zum Gegenstand hat. Der Beklagte ist Inhaber der Firma T.

Auf dem Internetportal Immobilienscout24 inserierte die Klägerin im Jahr 2011 das Objekt C-straße 19 in I-C1. Dabei handelt es sich um ein mit einer Gewerbehalle bebautes Grundstück. In der Anzeige hieß es, das Objekt stehe zum Verkauf. Die Anzeige sah einen Kaufpreis von 275.000,- € sowie eine Provision in Höhe von 3,57 % einschließlich Mehrwertsteuer vor. Wegen der Einzelheiten der Anzeige wird auf den Ausdruck der Internetseite, in Kopie als Anlage 1 der Klageschrift zur Akte gereicht (Bl. 5 f d. A.), Bezug genommen. Am 30.11.2011 nahm der Beklagte im Hinblick auf die Anzeige Kontakt zur Klägerin auf und bat um Vereinbarung eines Besichtigungstermins. Die Klägerin teilte ihm daraufhin die aus der Anzeige nicht hervorgehende Adresse des Objekts mit. In der Folge fand mit dem Beklagten ein Besichtigungstermin statt. Die Klägerin wies zudem darauf hin, dass bezüglich des Grundstücks ein Zwangsversteigerungsverfahren lief. Ob sie auch mitteilte, dass ein freihändiger Erwerb nicht möglich sei, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 22.12.2012 teilte die Klägerin dem Beklagten in einer Email mit, nach Rücksprache "mit der betreibenden Bank" sei es erforderlich, dass er, "auch im Hinblick auf die Ausbietungsgarantie", ein formloses verbindliches Angebot abgebe. Sie schlug ihm eine Formulierung vor. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf den durch den Beklagten zur Akte gereichten Ausdruck der Email (Bl. 82 d. A.) Bezug genommen. Am selben Tag schlossen die Parteien einen schriftlichen Maklervertrag. Dieser bezeichnete in § 1 als Gegenstand des Auftrags den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages. § 4 regelte die Provision und lautete wie folgt:

"1. Der Kunde verpflichtet sich [...] eine Provision in Höhe von 3,57 % [...] des Gesamtkaufpreises zu bezahlen. [...]

2. Der Provisionsanspruch des Maklers ist fällig mit Abschluss des voll wirksamen Kaufvertrages mit dem vom Makler nachgewiesenen oder vermittelten Vertragspartner."

Wegen des weitere Inhalts wird auf die vom Beklagten zur Akte gereichte Kopie des Maklervertrages (Bl. 84 f d. A.) Bezug genommen. Über den Inhalt des vom Beklagten für die Bank aufzusetzenden Schreibens, in dem er seine Erwerbsabsicht bekunden sollte, kam es auch telefonisch zu Gesprächen zwischen den Parteien.

Unter dem 03.01.2012 verfasste der Beklagte ein an die Klägerin adressiertes Schreiben, in dem es hieß, er unterbreite zum Erwerb des Grundstücks "ein verbindliches Angebot in Höhe von 195.000,00 EUR zzgl. 3,57 % Maklercourtage". Wegen des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf Anlage 3 zur Klageschrift (Bl. 8 d. A.) Bezug genommen. Der Geschäftsführer der Klägerin schickte am 29.01.2012 eine Email an den Beklagten, in der er ihm mitteilte, das Objekt könne, da es sich in der Zwangsversteigerung befindet, nach Mitteilung der Bank nur im (genau bezeichneten) Versteigerungstermin am 15.03.2012 erworben werden. Die Bank sei sehr interessiert am Angebot des Beklagten und habe der Klägerin daher für den Beklagten Kundenschutz eingeräumt. Er teilte dem Beklagten den Ablauf des Verfahrens mit und legte ihm eine Strategie nahe. Insbesondere wies er darauf hin, dass der Bieter eine Sicherheit in Höhe von 10 % des Verkehrswerts, hier 30.000,- €, hinterlegen müsse. Er riet dem Beklagten, mit dem Angebot von 195.000,- € in die Bietstunde hineinzugehen und sich zu überlegen, in welchem Umfang er erforderlichenfalls bereit wäre, einen Preisaufschlag vorzunehmen. Dieser könne erforderlich werden, wenn wider Erwarten weitere Interessenten Gebote abgäben, die man seitens der Klägerin jedoch nicht forcieren werde, da man beim Beklagten im Wort stehe. Wegen des weiteren Inhalts der Email wird auf den als Anlage 4 der Klageschrift zur Akte gereichten Ausdruck derselben (Bl. 9 f d. A.) Bezug genommen.

Im Versteigerungstermin am 15.03.2012, in dem jedenfalls zeitweise ein Mitarbeiter der Klägerin anwesend war, erhielt der Beklagte, der die erforderliche Sicherheit nicht leisten konnte, den vorläufigen Zuschlag für ein Gebot in Höhe von 210.000,- €. Der bindende Zuschlagstermin wurde auf den 28.03.2012 verschoben. In diesem erhielt der Beklagte den endgültigen Zuschlag für ein Gebot in Höhe von 210.000,- €.

Unter dem 01.04.2012 stellte die Klägerin dem Beklagten Maklercourtage in Höhe von 6.300,- € netto = 7.497,- € brutto in Rechnung. Darin hieß es unter anderem:

              "Der Betrag ist bis zum 15.04.2012 ohne Abzug fällig".

Mit Schreiben vom 02.05.2012 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 11.05.2012 erneut zur Zahlung auf.

Die Klägerin behauptet, sie habe dem Beklagten mit Email vom 21.12.2011 mitgeteilt, der Erwerb könne nicht freihändig erfolgen, sondern müsse sich im Wege der Zwangsversteigerung vollziehen. Sie habe nach dem Besichtigungstermin mit dem Beklagten Verhandlungen mit der die Zwangsversteigerung betreibenden Bank geführt, um zu erreichen, dass diese eine Ausbietungsgarantie zugunsten des Beklagten abgibt. Das sei gelungen. Sie habe dem Beklagten in der Email vom 21.12.2011 mitgeteilt, er werde eine Ausbietungsgarantie für sein Gebot erhalten. Ihr Mitarbeiter, Herr T1, habe den Beklagten beim Versteigerungstermin am 15.03.2012 begleitet. Noch am Morgen dieses Tages habe ihr Geschäftsführer erst mit dem Beklagten und dann mit der Bank telefoniert. Er habe dabei erreichen können, dass diese zumindest zu einem vorläufigen Zuschlag an den Beklagten bereit war, obwohl dieser keine Sicherheit hinterlegen konnte. Der Beklagte habe, als er über die Klägerin Verhandlungen mit der Bank geführt habe, gewusst, dass er das Grundstück allenfalls im Wege der Zwangsversteigerung erwerben könne. Es sei übereinstimmend gewollt gewesen, dass die Provisionsabrede diesen Fall umfasst.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.497,- € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.04.2012 zu zahlen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.10.2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten keinen Antrag gestellt. Auf Antrag des Klägers hat das Gericht daraufhin ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil erlassen (Bl. 69 d. A.), auf dessen Tenor Bezug genommen wird. Der Einspruch des Beklagten ist am 05.10.2012 und erneut am 19.10.2012 bei Gericht eingegangen.

Die Klägerin beantragt,

              das Versäumnisurteil vom 04.10.2012 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 04.10.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die Klägerin habe stets den Eindruck erweckt, auch im laufenden Zwangsversteigerungsverfahren sei ein freihändiger Erwerb möglich. Die Email vom 21.12.2011 habe er nicht erhalten. Nur für den freihändigen Erwerb habe die Provisionsabrede gelten sollen. Er habe selbst mit der Bank und dem Grundstückseigentümer verhandelt. Zum Versteigerungstermin habe er eigene Leute mitgenommen. Er sei durch seinen Architekten unterstützt worden. Der Mitarbeiter der Klägerin habe lediglich etwa für die Dauer der letzten 10-15 Minuten dem Versteigerungstermin beigewohnt und dabei keinen Kontakt zum Beklagten aufgenommen. Er ist der Ansicht, eine wirksame Provisionsabrede für den Fall des Eigentumserwerbs im Wege der Zwangsversteigerung habe auch durch das Schreiben vom 03.01.2012 nicht begründet werden können, weil ihm dessen Inhalt durch die Klägerin vorformuliert worden sei. Er behauptet, er sei geschäftlich unerfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Auf den zulässigen, insbesondere rechtzeitigen Einspruch des Beklagten war in der Sache zu entscheiden, § 342 ZPO.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung des Maklerlohns in der geltend gemachten Höhe aus § 652 Abs. 1 BGB. Die Parteien haben einen Maklervertrag geschlossen. Das geschah jedenfalls bei der Besichtigung des Objekts, denn zu diesem Zeitpunkt nahm der Beklagte in Kenntnis des Provisionsverlangens einer Maklerleistung der Klägerin in Anspruch. Das ist im Kern zwischen den Parteien unstreitig. Zu einem kausalen und kongruenten Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und dem Eigentümer der Immobilie ist es nicht gekommen. Denn der Beklagte hat das Eigentum an der Immobilie nicht rechtsgeschäftlich, sondern im Wege der Zwangsversteigerung durch Hoheitsakt erworben. Der zwischen den Parteien geschlossene Maklervertrag enthielt aber eine Provisionsabrede auch für diesen Fall.

Das ist zwischen den Parteien zwar streitig. Das Gericht hat aber keinen Zweifel daran, dass sich die Parteien darüber einig waren, die Provisionsabrede auf den Eigentumserwerb im Wege der Zwangsversteigerung zu erstrecken. Der Beklagte hat selbst Korrespondenz vorgelegt, aus der sich ergibt, dass er sich nach dem 21.12.2011 der Klägerin bediente, um den Erwerb erreichen zu können. So legt er die Email vom 22.12.2011 vor, in der ihm die Klägerin die Abgabe eines verbindlichen Angebots mit der Begründung nahe legt, die "betreibende Bank" benötige "auch im Hinblick auf die Ausbietungsgarantie" ein formloses Angebot. Die mit selber Email vorgeschlagene Formulierung hat er in seinem Angebot vom 03.01.2012, das er der Klägerin übermittelt hat, nahezu wortwörtlich aufgegriffen. Dieses Angebot war insofern ersichtlich eine Reaktion auf die Email vom 22.12.2011. Wenn in dieser von der "betreibenden Bank" die Rede ist, dann kann damit nur die Bank gemeint sein, die die Zwangsversteigerung betrieb. Auch spricht die Klägerin von der Ausbietungsgarantie. Die Reaktion des Beklagten darauf war nicht etwa die Nachfrage, was es damit auf sich habe, sondern das Angebot vom 03.01.2012. Das alles erklärt sich ohne Weiteres aus der Email vom 21.12.2011. In dieser teilt die Klägerin mit, dass der Erwerb nur im Wege der Zwangsversteigerung erfolgen kann, und erläutert den Begriff der Ausbietungsgarantie. Soweit der Beklagte den Erhalt dieser Email bestreitet, ist das unsubstantiiert. Er selbst hat ausweislich des von der Klägerin zur Akte gereichten Ausdrucks (Bl. 67 d. A.) am 18.01.2012 auf diese Email geantwortet, die er daher erhalten haben muss. Die Echtheit dieses Ausdrucks hat der Beklagte nicht bestritten. Es bestehen deshalb keine Zweifel daran, dass der Beklagte wusste, dass sich der Erwerb nur im Wege der Zwangsversteigerung vollziehen kann. Indem der Beklagte sein Angebot an die Klägerin richtete, brachte er auch zum Ausdruck, in Kenntnis der Provisionspflicht weiterhin ihre Hilfe zum Erwerb in Anspruch nehmen zu wollen. Das zeigte sich auch darin, dass die Parteien unter dem 22.12.2011 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem beide wussten, dass ein Kauf nicht mehr würde stattfinden können, den schriftlichen Maklervertrag schlossen. Auch diesen hat der Beklagte selbst vorgelegt.

Zwar ist in dem schriftlichen Vertrag nur von einem "Kauf" die Rede. Die Vertragsurkunde, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat, spricht insofern gegen eine den Erwerb durch Hoheitsakt umfassende Provisionsabrede. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit ist aber hier aufgrund der aufgezeigten Umstände widerlegt. Als die Parteien am 22.12.2011 den schriftlichen Vertrag schlossen, wussten beide, dass es zu einem "Kauf" nicht mehr kommen konnte. Gleichwohl hielten sie die Provisionspflicht noch einmal schriftlich fest. Das konnte nur von dem Willen getragen sein, einen Vertrag des Inhalts abzuschließen, dass auch der einzige noch in Betracht kommende Erwerb die Provisionspflicht auslösen sollte. Anderenfalls wäre der Vertrag jeden Inhalts beraubt. Das Rechtsgeschäft hatte, mit anderen Worten, mit dem beurkundeten Inhalt weder Sinn noch Anwendungsbereich. Das kann offensichtlich nicht dem Willen der Parteien entsprochen haben. Die Parteien haben daher den bereits bestehenden Vertrag dahingehend abgeändert, dass auch der Nachweis zum Erwerb in der Zwangsversteigerung den Lohnanspruch auslösen sollte. Eine dahingehende Parteiabrede ist individualvertraglich - auch stillschweigend - möglich (Hanseatisches OLG, Urt. v. 12.09.1990, 14 U 130/89, zit. nach juris). Eine solche - jedenfalls stillschweigende - Individualabrede haben die Parteien hier getroffen.

Soweit der Beklagte auf die Vorformulierung seines Angebots vom 03.01.2012 durch die Email vom 22.12.2011 abhebt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Sollte er hier eine unzulässigerweise in AGB enthaltene Gleichstellungsabrede von Kauf und Erwerb durch Zwangsversteigerung annehmen, ginge dies fehl: Sein Angebot vom 03.01.2012 stellt ohnehin nicht die Vertragsbedingungen für den Maklervertrag dar. Im Übrigen ist es auch nicht von der Klägerin gestellt, denn sie hat ihm insoweit lediglich einen Formulierungsvorschlag unterbreitet, von dem er überdies in Einzelheiten abgewichen ist.

Ohne Bedeutung ist ferner, dass der schriftliche Maklervertrag von der Klägerin gestellt und formuliert war. Denn dieser enthält die Gleichstellungsabrede gerade nicht, die daher keinesfalls im Wege von AGB Vertragsbestandteil wurde.

Ob einer der Mitarbeiter der Klägerin den Beklagten zum Versteigerungstermin begleitete, ist unerheblich. Jedenfalls hat die Klägerin Maklerleistungen für den Beklagten dergestalt erbracht, dass sie ihm die Gelegenheit zum Erwerb nachgewiesen hat. Jedenfalls einen Teil der Maklerleistungen der Klägerin nahm der Beklagte in Kenntnis der auf die Zwangsversteigerung ausgedehnten Provisionsabrede in Anspruch: Dass die Ausbietungsgarantie der Bank auf die Bemühungen der Klägerin zurückging, hat der Beklagte nicht konkret bestritten. Er hat nur ganz allgemein "Verhandlungen" mit der Bank behauptet. Überdies war es jedenfalls die Klägerin, die dem Beklagten den Versteigerungstermin und -ort mitteilte und ihm darüber hinaus eine Strategie nahe legte. Der Beklagte hat noch mit Email vom 18.01.2012 (Bl. 67 d. A.) bei der Klägerin nachgefragt, ob es im Hinblick auf das von ihm unterbreitete Angebot etwas Neues gebe.

Der Beklagte hat das Objekt schlussendlich auch erworben. Dafür ist die Tätigkeit der Klägerin jedenfalls mit ursächlich geworden. Denn der Beklagte wurde unstreitig durch sie auf das Objekt aufmerksam und erschien im Versteigerungstermin. Eine Vorkenntnis der Erwerbsgelegenheit behauptet der Beklagte nicht.

Der Zinsanspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzugs aus den §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte