LG Landshut, Urteil vom 02.11.2012 - 23 O 1513/12
Fundstelle
openJur 2013, 3285
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 2.200,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.04.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von sämtlichen weiteren Verpflichtungen aus der Beteiligung der Klagepartei an der D. GbR (Nr.) insbesondere von der Verpflichtung zur Leistung weiterer Ratenzahlungen, freizustellen.

3. Die Erfüllung der Verpflichtung aus den Anträgen 1. und 2. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung der Klagepartei an der D. GbR (Nr.).

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Gegenleistung gemäß vorstehendem Antrag 3. in Annahmeverzug befindet.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von der Rechnung der Prozessbevollmächtigten für deren außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.150,49 Euro freizustellen.

6. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

8. Der Streitwert wird auf 12.000,-- Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus Prospekthaftung.

Der Kläger beteiligte sich am 15.02.2010 als Gesellschafter an der "D. GbR" (in Zukunft: D.).

Bei der D. handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sitz der Gesellschaft ist Landshut. Die Gesellschaft wurde am 15.02.2006 gegründet. Zweck der Gesellschaft ist nach den Angaben im Emissionsprospekt vom 20.03.2006 (dort S. 19) "...der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Unternehmen, die selbst oder über Tochtergesellschaften verbundene Unternehmen oder Beteiligungsgesellschaften verbundene Unternehmen im Geschäftsbereich des Factorings von Forderungen tätig sind". Im Prospekt heißt es eingangs unter der Überschrift "Unternehmerische Beteiligung": … "Schwerpunkt des von diesen Unternehmen oder Beteiligungsunternehmen betriebenen Factoringgeschäftes soll der Ankauf von Forderungen aus kapitalbildenden Lebensversicherungen sein".

Prospektverantwortliche war die "F. GmbH" mit ihrem damaligen Geschäftsführer G. Diese war auch Gründungsgesellschafterin zusammen mit der "V-Gesellschaft", deren Geschäftsführer ebenfalls G war ( Emissionsprospekt S. 32). Die Anwerbung der Mitglieder war der "I. GmbH" übertragen, deren Geschäftsführer ebenfalls G war (Emissionsprospekt, S. 24)

Zum Emissionsprospekt vom 20.03.2006 wurden diverse Nachträge erstellt.

Der Nachtrag Nr. 1 vom 20.06.2006 betraf die Beteiligung der D. als Kommanditistin an deren Tochterunternehmen B. GmbH & Co KG in R. (in Zukunft: B.). Diese Gesellschaft ihrerseits beauftragte die Firma I. GmbH mit der Beschaffung anzukaufender Forderungen, insbesondere Lebensversicherungen und der Vermittlung von Beteiligungsmöglichkeiten (S. 5 des Nachtrags Nr.1).

Unter der Überschrift "Finanzanlagen" (S. 7 des Nachtrags Nr. 1) enthält der Nachtrag folgenden Satz: "Der Ankauf von Forderungen oder die Investition in Beteiligungsunternehmen wurde mit 8,5 % an Erwerbsnebenkosten für die Vermittlung der Anlagen und öffentlich-rechtliche Gebühren kalkuliert."

Der textlich sehr umfangreiche Nachtrag Nr. 2 vom 09.10.2006 betraf eine Vielzahl von Einzelpunkten aus dem Ursprungsprospekt. Unter anderem wurden auch die Warnhinweise auf S. 3 des Ursprungsprospekts ergänzt und erweitert und besondere Risikohinweise das Factoring betreffend.

Ausweislich des Nachtrags Nr. 3 vom 13.05.2008 zum Verkaufsprospekt wurde die Beklagte "D. Verwaltungs-GmbH" mit dem Geschäftsführer Z. als geschäftsführende Gesellschafterin bestellt. Die bisherigen geschäftsführenden Gesellschafterinnen "F. Verwaltungs GmbH" und "V-Gesellschaft mbH" waren gemäß Beschluss vom 07.03.2008 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Gleichzeitig wurde der Gesellschaftsvertrag in diversen Punkten geändert.

So wurde unter Punkt 2.3 ( S. 3 des Nachtrags Nr. 3) unter der Überschrift "Erstreckung der Geschäftstätigkeit auf weitere Anlageobjekte" geregelt:

"… Bisher war die Geschäftstätigkeit der Beteiligungsunternehmen auf den Ankauf von Forderungen aus kapitalbildenden Lebensversicherungen beschränkt. Die Fondsgesellschaft beabsichtigt darüber hinaus auch, sich an Beteiligungsunternehmen zu beteiligen, deren Geschäftstätigkeit - gegebenenfalls auch über Tochtergesellschaften - in den Ankauf von mit Sicherheiten versehenen Wertpapierkreditverträgen besteht.".

Unter Punkt 4 waren die Fondsnebenkosten jetzt mit 7,23 % angegeben (S. 8 des Nachtrags).

Im Nachtrag Nr. 4 vom 11.08.2008 wurde der Jahresabschluss für das Jahr 2007 dokumentiert sowie die Vergütung des damaligen Geschäftsführers der Beklagten (Z.) und eine Erklärung, dass er nicht für Vertriebsunternehmen tätig sei.

An der Publikumsgesellschaft D. konnten sich Anleger in der Art beteiligen, dass sie eine in der Beitritterklärung genannte Gesamteinlage in monatlichen Raten erbringen konnten.

Der Kläger erklärte anlässlich seines Beitritts zu D. ausweislich seiner "Beitrittserklärung" vom 15.03.2010 einen Gesamtbeitrag von 12.000,-- EUR, diesen in monatlichen Raten von 200,-- EUR leisten zu wollen. Tatsächlich bezahlte der Kläger an die D. in der Folgezeit 11 Raten à 200,-- EUR.

Mit dem Zeichnungsschein unterschrieb der Anleger auch ein "Informations- und Gesprächsprotokoll", hier K 4. In diesem waren weitere Informationen zu den Provisionen und Vergütungen enthalten.

Es heißt dort "… Das mit dem Eigenkapitalvertrieb vertraute Vertriebsunternehmen (I. GmbH) erhält von der Fondsgesellschaft eine Vertriebsprovision in Höhe von 2,7 % des vom Zeichner tatsächlich eingezahlten Kapitals, sowie die Emissionskosten in Höhe von 5 % des Kapitalanteils des Zeichners. … Die I. GmbH erhält von der Fondsgesellschaft zusätzlich eine Vermittlungsprovision in Höhe von 8,5 % des von der Fondsgesellschaft in deren Tochterunternehmen (B. GmbH & Co. KG) zu investierenden Kapitals. Einzelheiten hierzu sind auf S. 7 des Nachtrags Nr. 1 zum Verkaufsprospekt dargestellt. Weitere 3 % erhält die I. GmbH von dem wiederum zu investierenden Kapital des Tochterunternehmens in die Enkelgesellschaft".

Die Beklagte wurde durch Anwaltsschreiben außergerichtlich aufgefordert Schadensersatz zu leisten gegen Übertragung der Beteiligung.

Der Kläger rügt, dass sich aus dem Prospekt nicht ergebe, dass keine der beteiligten natürlichen Personen Erfahrungen auf dem Gebiet des Factoring habe. Der Überblick über die Vermögensanlage sei falsch, denn es sei nicht ausreichend deutlich gemacht, dass bei einer Kündigung zum Ende des Geschäftsjahres der Anleger nicht den einbezahlten Betrag erhalte, sondern nur Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben habe. Auch die Angabe über die genaue Berechnung der Kündigungsfristen seien unverständlich und widersprüchlich. Im Hinblick auf die relativ kurzen Fristen, in denen ein Anleger kündigen könne, habe es auch eines Hinweises bedurft, dass im Fall einer Vielzahl von denkbaren ordentlichen Kündigungen die Auszahlung der Guthaben von Haus aus gefährdet sei. Es sei ja geplant gewesen, das Geld länger anzulegen. Den Anlegern sei auch nicht ausreichend deutlich vor Augen geführt, dass sie mit der Beteiligung an der BGB-Gesellschaft Haftungsrisiken eingehen. Es gebe auch einen Widerspruch zwischen dem angeblichen Gesellschaftszweck Ankauf von Lebensversicherungen laut Prospekt in der Urfassung und dem Zweck, der im dortigen Gesellschaftsvertrag genannt sei. Tatsächlich habe man das Geld ja auch wirklich anderweitig angelegt. Die Klägerin rügt außerdem, dass sich aus dem Prospekt die Weichkosten nicht ergeben würden. Auf S. 9 sei davon die Rede, dass die Emissionskosten 5 % betragen würden, außerdem sonstige Kosten 2,12 %. Diese Zahlen seien mit den Angaben im Nachtrag und im Informationsprotokoll, aus denen sich höhere Zahlungen ergeben würden, nicht in Deckung zu bringen. Es sei auch nicht richtig, wenn es hieße, 92,79 % würden in die Investition fließen, wie es auf S. 26 des Emissionsprospekts behauptet werde.

Des Weiteren rügt die Klagepartei, dass der Prospekt auch insoweit eklatant falsch sei, in dem es heiße, die Mitglieder der Geschäftsführung des Fonds seien nicht für Vertriebsunternehmen tätig (S. 32 des Emissionsprospekts). Tatsächlich sei G ja auch Geschäftsführer der I. gewesen.

Der Kläger beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von2.200,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.04.2012 zu bezahlen;

II. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von sämtlichen weiteren Verpflichtungen aus der Beteiligung der Klagepartei an der D. GbR (Nr.), insbesondere von der Verpflichtung zur Leistung weiterer Ratenzahlungen freizustellen;

III. die Erfüllung der Verpflichtung aus den Anträgen 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung der Klagepartei an der D. GbR (Nr.);

IV. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Gegenleistung gemäß vorstehenden Antrag III in Annahmeverzug befindet;

V. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von der Rechnung der Prozessbevollmächtigten für deren außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.150,49 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie verweist darauf, dass es zum ursprünglichen Prospekt diverse Nachträge und einen veränderten Gesellschaftsvertrag gegeben habe. Gegen das Argument "fehlende Erfahrung" wendet sie ein, dass sich das Gründungsdatum der Gesellschaft aus dem Prospekt ergebe, das ja von der B. geprüft worden sei. Das Factoring habe ja ohnehin durch andere Gesellschaften vorgenommen werden sollen. Auf den Blind-Pool-Charakter sei hingewiesen worden. Über die Folgen der BGB-Gesellschaften werde ausreichend hingewiesen. Es seien auch ausreichend Hinweise enthalten, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handle, man also nicht von einer Art Festgeld ausgehen könne. Die Gefahr einer Vielzahl von Kündigungen gebe es nicht, da die von der Klagepartei behaupteten Kündigungsmöglichkeiten binnen Jahresfrist ohnehin nicht gegeben seien. Dass man jetzt anders investiert sei als ursprünglich gedacht, begründe keinen Prospektfehler, sondern sei dem Geschäftsgang geschuldet. Die Provisionen seien nicht falsch dargestellt. Man habe aus den geplanten Investitionszahlen darauf schließen können, dass es weiteren Abfluss an Provisionen geben solle. Auch seien im Gesprächsprotokoll weitere Informationen dazu enthalten.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze mit den Anlagen Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme fand nicht statt.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich als im zuletzt gestellten Antrag begründet. Während in der Klage noch davon ausgegangen worden ist, dass der Kläger 4.600,-- EUR in Raten geleistet hat, hat die Klagepartei dies im Termin vom 20.09.2012 korrigiert und den Klageantrag in Ziff. I entsprechend angepasst.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klagepartei bildet § 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB in der Form der sogenannten "uneigentlichen Prospekthaftung". Es entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, dass derjenige, der bei Vertragsverhandlungen als künftiger Vertragspartner Vertrauen in Anspruch nimmt, auch für die Mängel des bei den Verhandlungen benutzten Prospektes haftet. Bei Beitritt des Klägers im März 2010 war die Beklagte ausweislich des Nachtrags Nr. 3 vom 13.05.2008 geschäftsführende Gesellschafterin. Sie hat den Beitritt des Klägers zur GbR mit abgewickelt. Damit gehört sie zum Personenkreis der "uneigentlichen Prospekthaftung", vgl. Palandt, Rdnr. 71 zu § 311 BGB, BGH XI ZR 70/92, NJW-RR 1992, 879.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beitritt des Klägers anhand schriftlichen Materials erfolgte. Der Kläger stützt sich in seiner Argumentation überwiegend auf die Darstellungen im Emissionsprospekt, er hat allerdings in der Anlage K 4 quittiert, auch die entsprechenden Nachträge erhalten zu haben. Zum Zeitpunkt seines Beitritts existierten bereits die im Tatbestand genannten 4 Nachträge. Die Prüfung, ob das Prospekt zum Zeitpunkt seines Beitritts unrichtig war oder den grundsätzlichen Anforderungen an einen Prospekt genügte, war also anhand des Ursprungsprospekts sowie anhand der vorgelegten Nachträge zu beurteilen.

Nach den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen hat der Prospekt - inklusive der Nachträge -, der für den Interessenten im Allgemeinen und bei dem hier zu entscheidenden Sachverhalt auch im Besonderen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit über eine Beteiligungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten, vgl. BGH, II ZR 329/04, NJW 2006, 2042.

Entspricht ein Prospekt diesen Anforderungen nicht, so hat der auf seiner Grundlage geworbene Anleger, wenn er bei richtiger und vollständiger Information von einer Beteiligung Abstand genommen hätte, gegen die schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen Anspruch auf Rückzahlung seiner Aufwendungen für den Erwerb Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung (ständige Rechtsprechung, BGH NJW 2004, 2228).

Bei der Prüfung, ob ein Prospekt korrekt ist, ist nicht die jeweils wiedergegebene Einzeltatsache, sondern es ist das Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt, vgl. BGH II ZR 175/81, NJW 82, 2823, 2824.

Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH, 14.06.2007, III ZR 300/05, NJW-RR 2007, 1329.)

Der Prospektverantwortliche muss sich aber auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Anlegers einstellen, bei dem er nicht das Verständnis zu in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Begriffe voraussetzen darf. Der maßgebliche Empfängerhorizont für das Angebot in einem Prospekt, der sich an das Publikum mittelt, ist damit nach den Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Kleinanlegers zu beurteilen, der sich alleine anhand der Prospektangabe über die Kapitalanlage informiert und über keine Spezialkenntnisse verfügt (BGH, 18.09.2012, XI ZR 344/11).

Zu den zentralen Punkten, über die ein solcher Prospekt informieren muss, ist die Tatsache, welcher Anteil des von den Anlegern einbezahlten Geldes nicht in das wirtschaftliche Zielobjekt fließt, sondern als "Weichkosten" nicht für die eigentliche Investition zur Verfügung steht, vgl. BGH, 01.03.04, II ZR 88/02, NJW 2004, 2228.

Das operative Geschäft der D. sollte die Beteiligung an anderen Gesellschaften sein, diese wiederum sollten dadurch Gewinn erzielen, dass sie entweder Lebensversicherungen aufkaufen (ursprüngliches Konzept gemäß Emissionsprospekt) oder dass sie Forderungen aufkaufen, die mit Wertpapieren besichert sind (Änderung der Geschäftspolitik mit dem 2. Nachtrag). Der Gewinn sollte ausweislich des Emissionsprospektes (S. 25) durch das "Factoring" erzielt werden. Das Factoringunternehmen kauft hierbei von den Factoringkunden Geldforderungen an und schreibt den Forderungskaufpreis sofort dem Konto des Factoringkunden gut. 10-15 % des Kaufpreises behält der Factor als Sicherheit für Skontoabzüge oder Mängelrügen ein. Dieser Sicherheitseinbehalt soll dem Kunden bei Zahlung durch den Schuldner (Debitor) gutgeschrieben werden.

Der Emissionsprospekt geht dabei in seinen Planzahlen ("Erläuterung der wesentlichen Annahmen und Wirkungszusammenhänge", S. 37, Ziff 1) "Erträge aus Beteiligungen") davon aus, dass aus den Beteiligungen "Gewinnanteile in Größenordnungen von 7 % ansteigend bis zu rund 15 % erzielt werden können. Bedingt durch thesaurierte Gewinne können die Beteiligungen auch aufgestockt werden und führen damit zu steigenden Gewinnanteilen. Bei den angesetzten Gewinnanteilen handelt es sich um Planzahlen, die tatsächlich höher oder niedriger ausfallen können. Dadurch verändert sich auch der Gewinnanteil eines Gesellschafters entsprechend nach oben oder unten."

Nähere Angaben dazu, wie die Beteiligungsgesellschaft diesen Gewinn erzielen wird und warum der Gewinn in Folgejahren steigen soll, sind im Emissionsprospekt und auch in den Nachträgen nicht enthalten.

Aus den von der Beklagten damals erstellten und zu verantwortenden Prospektmaterial ergibt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit und Klarheit, welcher Anteil an den vom Anleger einbezahlten Geldern den Beteiligungsgesellschaften zur Investition, also zum Ankauf von Forderungen, tatsächlich zur Verfügung stehen wird. Dabei hat die Kammer sowohl den Emissionsprospekt als auch das Informationsprotokoll und die Nachträge ausgewertet. Es ist an keiner einzigen Stelle dieses Zahlenmaterial in einer Art und Weise zusammengefasst, dass hier ohne Zusammensuchen von einzelnen Zahlen und Abgleich mit weiteren Zahlen im Prospekt sich ein Aufschluss ergeben würde. Die Angaben dazu sind vielmehr mehrdeutig und verwirrend.

Im Emissionsprospekt ist auf S. 9 unter der Überschrift: "Gesamthöhe von Provisionen und vergleichbaren Vergütungen" ein Aufstellung enthalten, wonach für "Emissionskosten" 5 % anfallen sollen, für weitere Positionen 2.23 %, jeweils auf einzelne Bereiche aufgeschlüsselt.

Auch ausweislich des Nachtrags Nr. 3 - dort S. 8 - sollen Fondsnebenkosten von 7,23 % anfallen. Damit könnte für den unbefangenen und sorgfältigen Leser der Eindruck erweckt werden, im Umkehrschluss würden über 90 % in das operative Geschäft fließen.

Diese Zahl gibt die tatsächlichen "Weichkosten" und Provisionen jedoch nicht ansatzweise richtig wieder.

Gemäß den Darstellungen im Nachtrag 1 (S. 7) waren für den Ankauf der Forderungen durch die B. nämlich weitere 8,5 % an Erwerbsnebenkosten für Vermittlung der Anlagen und öffentlich-rechtlichen Gebühren kalkuliert. Diese Passage im Nachtrag 1 versteht die Kammer so, dass die B. an demjenigen, der ihr eine solche Forderung zum Kauf vermittelt, weitere - bis zu - 8,5 % bezahlt. Vertragspartner für diese Vermittlung eines Geschäftsabschlusses im operativen Bereich sollte die I. GmbH sein (S.5).

Diese bekam aber ausweislich der Informationen im Protokoll Anl. K 4 auch schon 8,5 % dafür, dass die Fondsgesellschaft D. ihrerseits die Anlegergelder an die B. weiterleitete. Zusätzlich sollte die I. weitere 3 % erhalten - nach dem Text von der B. -, wenn die B. in eine "Enkelgesellschaft" investierte. Damit gestaltete sich der Abfluss des Anlegerkapitals bei einer Gesamtschau ausweislich des Prospekts und der Nachträge sowie des Protokolls K 4 wie folgt:

Die I. erhielt 2.7 % plus 5 % als Emissionskosten aus dem Anlagebetrag für das Einsammeln der Kundengelder von der D. ( S. 9 des Emissionsprospekts, S. 8 des Nachtrags Nr. 3), 8,5 % für die Weiterleitung an die B. und weitere (bis zu ) 8,5 % für die Vermittlung einer anzukaufenden Forderung an die B..

Bis also mit dem investierten Geld der Anleger eine Forderung angekauft wurde, sollten nach den Darstellungen im Prospekt, wie die Kammer sie versteht, an die I. in drei Zwischenschritten Provisionen fließen, die bis zu 24.7 % betragen konnten. Das galt für den Fall, dass keine Enkelgesellschaft eingeschaltet wurde. Kam die Provision der B. für die Weiterleitung an die Enkelgesellschaft dazu, waren es möglicherweise sogar bis zu 27.7 %, die in diversen Zwischenschritten an das Vertriebsunternehmen fließen sollten.

Die Beklagte verweist hier darauf, dass sich aus dem Informationsprotokoll, das der Anleger unterzeichnet habe, diese zusätzlichen Provisionen ergeben würden. Das mag im Ansatz richtig sein, allerdings ist dieser Verweis insbesondere auf S. 7 des Nachtrags missverständlich und unklar. Ausweislich S. 7 des Nachtrags Nr. 2 ist nämlich nicht nur eine Provision verwirkt, wenn die D. das Geld an die B. bezahlt, sondern es ist eine weitere Provision verdient, wenn die I. der B. eine Investitionsmöglichkeit aufzeigt. Der Hinweis ist also nicht aufklärend, sondern er ist verwirrend, da zwei verschiedene Provisionen vermischt werden. Zudem ergibt sich aus dem Zahlenwerk nicht, ob es sich um Prozente des eingesammelten Kapitals handelt oder ob sich die Prozentangaben auf die schon um vorherige Provisionen reduzierte Beträge beziehen.

Es entspricht aber ständiger und gefestigter Rechtsprechung, dass der Anleger derartige Kosten und auch deren Berechnung ohne weiteres vollständig aus dem Prospekt entnehmen können muss. Es handelt sich um einen rechtlich relevanten Prospektmangel, wenn Anleger aus dem Prospekt über die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft nicht ersehen können, dass das von ihnen aufgebrachte Kapital zu wesentlichen Teilen an den Initiator zurückfließt und für die beworbene Investition nicht zur Verfügung steht (BGH II ZR 280/98, Urteil vom 29.5.2000).

Zwar dürfen die Prospektverantwortlichen eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH III ZR 159/07). Es ist jedoch keine ausreichende Aufklärung wenn sich entscheidende Informationen über den Weichkostenanteil und damit über die mögliche Rentabilität der Anlage an verschiedenen Stellen, noch dazu - wie hier - in verschiedenen Dokumenten befinden und zur Ermittlung des Weichkostenanteils nicht nur mehrere Rechenvorgänge, sondern auch noch eine scharfsinnige Analyse des gestaffelten Beteiligungsmodells erforderlich ist ( BGH II ZR 329/ 04, NJW 2006, 2042). Ein Aufklärungs- und Informationsprotokoll, in dem der Anleger eine solch wichtige Angabe nicht erwartet, kann zudem kein Ersatz für die in einem Emissionsprospekt geschuldete und erwartete grundlegende Information darüber sein, welcher Anteil an dem eingesammelten Geld tatsächlich ins operative Geschäft fließen soll. Dies gilt umso mehr, als die Information sich im "Kleingedruckten" befindet, verwirrend formuliert ist und dem Anleger bei generalisierender Betrachtung erst in einem Moment zugänglich wird, in dem er sich schon zur Anlage entschlossen hat und die Papiere unterzeichnet. Immerhin sollten ja mit einem Anteil von nur noch ca. 75 % des eingesammelten Geldes, sonstige Nebenkosten außen vor gelassen, eine Rendite von 7 bis steigend 15 % erzielt werden. Um dem Anleger ein zutreffendes Bild vom Risiko der Anlage zu vermitteln, hätte dies zusammengefasst, verständlich und wahrheitsgemäß dargestellt werden müssen.

Die Beklagte haftet also schon deshalb, weil das Prospektmaterial, auch in der Gesamtschau mit Emissionsprospekt, Nachträgen und Informationsprotokoll, über die Weichkosten keine eindeutige und verständliche Auskunft gab.

Auf die übrigen vom Kläger beanstandeten Formulierungen und Gestaltungen des Prospekts braucht daher im vorliegenden Sachverhalt nicht eingegangen zu werden.

Die Klagepartei hat die Beteiligung der Beklagten außergerichtlich angeboten. Die Beklagte war daher in Verzug. Somit rechtfertigt sich der auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Antrag der Klage. Es rechtfertigt sich auch aus Schadensersatzgesichtspunkten die Feststellung, dass 1,8 % Rechtsanwaltsgebühren aus dem Streitwert von 12.000,-- EUR zu bezahlen sind. Der Kläger hat zwar den Zahlungsantrag korrigiert, der Freistellungsantrag ist aber unverändert geblieben. Nachdem der Kläger anders als ursprünglich angenommen und eingeklagt nicht 4.600,-- EUR, sondern nur 2.200,-- EUR einbezahlt hat, ist der Anteil des Feststellungsantrags entsprechend höher und wirkt sich in der Kostenentscheidung nicht aus.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

Streitwert: § 3 ZPO.

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