LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2012 - 9 Sa 187/11
Fundstelle
openJur 2013, 15775
  • Rkr:

1. Die (vertragliche) Ausschlussfrist für Differenzlohnansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG wegen Tarifunfähigkeit der CGZP beginnt erst am 14.12.2010 mit der Entscheidung des BAG im Verfahren 1 ARB 19/10.

2. Für die Berechnung der Differenzlohnansprüche bleiben Aufwandsentschädigungen und Fahrtkostenerstattungen an den Leiharbeitnehmer außer Betracht.

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgericht Freiburg vom 22.11.2011 - 4 Ca 263/11 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgericht Freiburg vom 22.11.2011 - 4 Ca 263/11 in Ziff. 1. und 3 abgeändert:1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 7001,08 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.6.2011 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 48%, die Beklagte 52 %.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

IV. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Differenzlohnansprüche, die sich daraus ergeben, dass dem Kläger als Leiharbeitnehmer von der Beklagten eine geringere Vergütung gezahlt wurde als in dem Entleiherbetrieb für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt wurde. (equal pay)

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Zeitarbeitsunternehmen, seit dem 26.04.2010 als Handwerker tätig. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Arbeitsvertrag vom 23.04.2010. Dessen Inhalt lautet, soweit hier von Interesse, wie folgt:

§ 1 Vertragsgegenstand:

3. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Es gilt der Tarifvertrag zwischen der CGCP und AMP. Bestehende Betriebs- und Hausordnungen sowohl des Arbeitgebers als auch des Kundenbetriebes finden ausdrücklich Anwendung.

§ 4 Vergütung:

1. Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage des geltenden Tarifvertrages. Der Arbeitnehmer wird entsprechend seiner Tätigkeit in die Entgeltgruppe E3 des Entgeltrahmentarifvertrages eingruppiert.

Der Stundenlohn beträgt danach8,62 EUR bruttozzgl. Übertarifliche freiwillige Zulage2,38 EUR brutto= Stundenlohn11,00 EUR brutto

...4. Die Vergütung wird monatlich nachträglich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein von dem Arbeitnehmer anzugebendes Konto überwiesen.

§ 12 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

Die vom Kläger verfolgten Vergütungsansprüche betreffen den Zeitraum von April 2010 bis März 2011. Konkret war der Kläger bei folgenden Firmen tätig:

- 26.04.-21.05.2010 (155 Stunden) Fa. W.- 24.05.-31.05.2010 (47,5 Stunden) Fa. M1 GmbH- 01.06.-25.06.2010 (156 Stunden) Fa. R.- 28.06.-30.06.2010 (20,5 Stunden) Fa. M2.- 01.07.-13.08.2010 (208 Stunden) Fa. G1- 06.09.10 -04.03.2011 (905 Stunden) Fa. G2

Mit Schreiben vom 11.03.2011 (siehe Blatt 23 der Gerichtsakten) machte der Kläger die hier streitgegenständlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend.

Während der Tätigkeit in diesen Firmen erhielt der Kläger den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohn in Höhe von 11,00 EUR brutto, bestehend aus dem Stundenlohn von 8,62 EUR brutto und einer übertariflichen freiwilligen Zulage von 2,38 EUR brutto. Desweiteren wurden ihm Fahrgeld und Verpflegungsmehraufwand bezahlt (siehe die vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Bl. 12 ff. der Gerichtsakten), für den streitigen Zeitraum insgesamt 824,00 EUR. Für Zeiten der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bei Feiertagen sowie im Rahmen des Urlaubsentgeltes wurde die übertarifliche Zulage nicht gewährt, mithin ein Stundenlohn von insgesamt 8,62 EUR bezahlt.

Am 15.03.2010 schlossen der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und

1. Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP)2. Christliche Gewerkschaft Metall (CGM)3. DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV)4. Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD)5. Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALE B)6. medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet)

mehrgliedrigen Tarifverträge ab, u. a. einen Entgeltrahmentarifvertrag und den Entgelttarifvertrag West.

In dessen Präambel heißt es:

AMP bzw. deren Rechtsvorgänger und CGZP schließen seit Einführung der Tariföffnungsklausel in §§ 9 Nr. 2, 3 I Nr. 3 AÜG Tarifverträge auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung ab und haben eine erfolgreiche Tarifpartnerschaft entwickelt. Tarifvertragspartei auf Arbeitnehmerseite war bislang alleine die CGZP, welche die Tarifverträge im eigenen Namen als Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 3 TVG vereinbarte. Die zwischen AMP und CGZP abgeschlossenen Tarifverträge, und zwar Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West ... werden nunmehr auf Arbeitnehmerseite neben der CGZP auch von CGM, DHV, BIGD, ALEB und medsonet jeweils als selbständige Tarifvertragspartei abgeschlossen. Die Tarifverträge sind also jeweils ein mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinne und nicht ein Einheitstarifvertrag im Sinne der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung.

Nr. 25 des Manteltarifvertrages regelt das Inkrafttreten und Kündigung:

Dieser Tarifvertrag tritt vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 am 01.01.2010 in Kraft. Er ersetzt den Manteltarifvertrag zwischen der CGZP und dem AMP vom 29.11.2004...

Der Kläger ist erstinstanzlich der Auffassung, dass ihm aufgrund des Grundsatzes des Equal-Pay für die o. g. Einsätze noch Differenzvergütung zusteht, weil das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 14.12.2010 festgestellt habe, dass die CGZP nicht tariffähig sei. Dies habe zur Rechtsfolge, dass ihm die gleiche Vergütung zustünde wie sie in den Entleihfirmen üblich sei.

Wegen der Höhe und Berechnung der vom Kläger geltend gemachten Differenzvergütung wird auf Seite 3 und 4 des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Eine den Equal-Pay-Anspruch hindernde Inbezugnahme eines Tarifvertrages läge nicht vor. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Vertragspartner wissentlich einen unwirksamen Tarifvertrag zur Anwendung haben bringen wollen. Die CGZP sei jedenfalls seit dem 05.12.2005 weder als Gewerkschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 TVG noch als Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 TVG tariffähig gewesen. Die von ihr allein oder als sogenannte Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Tarifverträge seien unwirksam und hinderten die Geltendmachung des Equal-Pay-Anspruches nicht.

Die vertragliche Ausschlussfristen habe er eingehalten, indem durch Schreiben der IG-Metall F. vom 11.03.2011 der nunmehr streitgegenständliche Anspruch außergerichtlich geltend gemacht worden sei. Beginn der Ausschlussfrist könne frühestens am 14.12.2010 mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes gewesen sein. Erst ab diesem Zeitpunkt sei eine Verfolgung von Equal-Pay-Ansprüchen zumutbar und damit im Sinne der Ausschlussfrist fällig gewesen.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.317,84 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Kläger habe keinerlei Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mehr. Insbesondere habe der Kläger keine Ansprüche aus § 10 Abs. 4 AÜG.

Die Parteien hätten vorliegend unstreitig den mehrgliedrigen Tarifvertrag der Zeitarbeit, abgeschlossen zwischen der CGZP, der CGM, dem DHV, dem Beschäftigtenverband Industriegewerbe Dienstleistung, dem Arbeitnehmerverband Land- und Ernährungswirtschaftlicher Berufe sowie der Medsonet einerseits und dem AMP andererseits, wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen. Im Hinblick auf die Geltung des mehrgliedrigen Tarifvertrages werde ausdrücklich ein Aussetzungsantrag gestellt, soweit die Ansprüche des Klägers nicht bereits aus anderen Gründen abzulehnen seien.

Unabhängig davon würde ein großer Teil der geltend gemachten Ansprüche des Klägers an der wirksam vereinbarten arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist scheitern. Der Kläger mache Ansprüche für die Zeit ab April 2010 bis März 2011 geltend. Damit seien Ansprüche des Klägers bis einschließlich November 2010 von den Ausschlussfristen erfasst und könnten nicht mehr geltend gemacht werden. Entgegen der Auffassung der Klägerseite beginne die Ausschlussfrist nicht erst ab dem 14.12.2010, also dem Tag der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes im Verfahren 1 ABR 19/10. Die Ausschlussfrist beginne vielmehr ab Fälligkeit der jeweils eingeklagten Forderung. Aus dogmatischer Sicht könne insbesondere nicht vom Lauf einer Frist erst ab Verkündung eines Gerichtsurteiles ausgegangen werden.

Hinzu komme, dass der Kläger vorliegend Fahrgeld und Verpflegungsmehraufwand erhalten habe. Diese Zahlungen seien gegenzurechnen. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass die Berechnungen des Klägers in weitem Umfang falsch seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 22.11.2011 im Umfang von EUR 7.001,08 brutto abzüglich EUR 824,00 netto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch des Klägers ergibt sich dem Grunde nach aus § 10 Abs. 4 AÜG, weil der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien auf keine wirksame abweichende tarifliche Vereinbarung im Sinne des § 9 Nr. 2 AÜG verweise. Den Ansprüchen stehe auch die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist nicht entgegen, weil der Kläger durch das Schreiben vom 11.03.2011 seine Ansprüche innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht habe. Die konkreten Zahlungsansprüche des Klägers sind im Wesentlichen schlüssig dargelegt, allerdings seinen Fahrgeld und Verpflegungsmehraufwand seinen Ansprüchen entgegen zu halten. Die Abweisung im Übrigen mit Blick auf den gestellten Klageantrag beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Summe der dargestellten Einzelpositionen nicht sehr viel mehr als die Hälfte des mit dem gestellten Antrag geforderten Betrages ausmache, worauf vor Antragstellung gerichtlicherseits hingewiesen wurde.

Entgegen der Auffassung der Beklagten fänden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis nicht die mehrgliedrigen Tarifverträge der Zeitarbeit vom 15.03.2010, abgeschlossen zwischen der CGZP, der CGM, dem DHV, dem beschäftigten Verband Industrie Gewerbe Dienstleistung, dem Arbeitnehmerverband Land- und Ernährungswirtschaftliche Berufe sowie der Medsonet einerseits und dem AMP andererseits Anwendung. Diese sind nicht wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts beinhalte die Verweisung lediglich eine Bezugnahme auf den durch die CGZP im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifvertrag. Deshalb sei es nicht möglich, hierin zugleich eine Bezugnahme auf die mehrgliedrigen Tarifverträge vom 15.03.2010 zu sehen, zumal zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 23.04.2010 die mehrgliedrigen Tarifverträge bereits abgeschlossen waren. Hätten die Vertragsparteien diese Tarifverträge in Bezug nehmen wollen, hätten sie diese schon zu diesem Zeitpunkt konkret aufnehmen können und müssen. Die hiernach dem Kläger grundsätzlich zustehenden Ansprüche aus § 10 Abs. 4 AÜG seien entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verfallen. Der Fristbeginn laufe erst mit der Verkündung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.12.2010, so dass die dreimonatige arbeitsvertragliche Ausschlussfrist gewahrt sei durch die Geltendmachung vom 11.03.2011.

Wegen der Berechnung der Ansprüche des Klägers wird auf die Seiten 11-14 des Urteils Bezug genommen.

Jedoch seien die durch die vorgelegten Lohnabrechnungen ersichtlichen Zahlungen an Fahrgeld und Verpflegungsmehraufwand abzuziehen, denn das Equal-Pay-Gebot des § 10 Abs. 4 AÜG erfordere nicht, Leiharbeitnehmer besser zu stellen als die Stammbelegschaft. Aus diesem Grund seien nicht die einzelnen Komponenten miteinander zu vergleichen, sondern der Gesamtlohn. Während Arbeitnehmer, die an einem bestimmten Betriebssitz arbeiteten, in der Regel keine Fahrtkosten und Spesen erhalten, können Leiharbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung an wechselnden Arbeitsorten erbringen, die Erstattung ihrer Fahrtkosten gemäß § 670 BGB verlangen.

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, der Kläger beschränkt auf den Betrag von 824,00 EUR netto.

Die Beklagte legte gegen das ihr am 02.12.2011 zugestellte Urteil fristgerecht am 21.12.2011 Berufung beim Landesarbeitsgericht ein begründete diese innerhalb der aufgrund fristgerechten Verlängerungsantrages vom 23.01.2012 bis zum 02.03.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist fristgerecht am 22.02.2012.

Sie trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, die Klage sei insgesamt abzuweisen, weil dem Kläger keine Ansprüche aus dem Equal-Pay-Grundsatz zustehen. Equal-Pay-Ansprüche seien bereits deswegen ausgeschlossen, weil die Arbeitsvertragsparteien wirksam die Anwendung tarifvertraglicher, abweichender Regelungen im Sinne des § 9 Nr. 2 Satz 3, 4 AÜG vereinbart hätten. Darüber hinaus seien die Ansprüche des Klägers überwiegend bereits wegen der in § 12 des Arbeitsvertrages enthaltenen Ausschlussklausel verfallen.

Vielmehr sei richtig ist, dass die sogenannten mehrgliedrigen Tarifverträge der Zeitarbeit, abgeschlossen zwischen dem AMP und den CGB Mitgliedsgewerkschaften, wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden seien. Es wäre bereits unrealistisch anzunehmen, die Beklagte hätte im April 2010 trotz dem bekannten Inkrafttreten der neuen mehrgliedrigen Tarifverträge der Zeitarbeit zum 01.01.2010 den alten CGZP Tarifvertrag vom 09.07.2008 im Arbeitsvertrag in Bezug nehmen wollen. Ein solches Verständnis der Regelung kann nicht angenommen werden. Dies könnte nach Treu und Glauben nicht einmal der Kläger so verstanden haben wollen. Darüber hinaus verweise der Arbeitsvertrag auf die Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung. Bereits dies zeigt, dass die Beklagte gerade nicht einen alten Tarifvertrag in Bezug nehmen wollte, sondern den jeweils aktuell geltenden Tarifvertrag. Nach Ziffer 8 des (hier insbesondere bedeutsamen) Entgelttarifvertrages vom 15.03.2010 ersetzt dieser Tarifvertrag den Entgelttarifvertrag vom 09.07.2008, welcher zwischen dem AMP und der CGZP abgeschlossen worden war. Hieraus ergibt sich, dass selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag der alte CGZP Entgelttarifvertrag (West) vom 09.07.2008 in Bezug genommen worden wäre, durch die Ersetzungsregelung des neuen Entgelttarifvertrages dieser neue Entgelttarifvertrag arbeitsvertraglich in Bezug genommen worden sei. Daraus ergebe sich, dass dem Kläger bereits keine Equal-Pay-Ansprüche zustehen können, weil eine wirksame abweichende tarifliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffen worden sei. Soweit seitens des Arbeitsgerichts Zweifel an der Wirksamkeit der neuen mehrgliedrigen Tarifverträge bestehen, müsste ein Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG eingeleitet werden oder das vorliegende Verfahren bis zum Abschluss eines solchen Feststellungsverfahrens ausgesetzt werden.

Hinsichtlich der Wirksamkeit der neuen mehrgliedrigen Tarifverträge zwischen dem AMP und den CGB Mitgliedsgewerkschaften werde auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.06.2011 (AZ: 4 Ca 8180/10) sowie auf die bestätigende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.12.2011 (AZ: 11 Sa 852/11) verwiesen. Nach diesen beiden Entscheidungen bestehen Zweifel an der Wirksamkeit der neuen mehrgliedrigen Tarifverträge zwischen dem AMP und den CGB Mitgliedsgewerkschaften nicht. Die Klage kann daher in vollem Umfang abgewiesen werden. Eine Aussetzung des Rechtsstreits ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.

Im übrigen seien eventuell bestehende Equal-Pay-Ansprüche des Klägers aufgrund der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist von 3 Monaten zum überwiegenden Teil verfallen.

Nach richtiger Auffassung beginne die Ausschlussfrist bereits mit der jeweiligen Fälligkeit der Vergütungsansprüche zu laufen. Grundsätzlich seien die Ansprüche - auch soweit sie aus dem Equal-Pay-Grundsatz stammen sollen - jeweils zum 20. des Folgemonats (siehe Ziffer 4 des Arbeitsvertrages) fällig. Schließlich handele es sich bei den Equal-Pay-Ansprüchen ebenfalls um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Zu berücksichtigen sei vorliegend allerdings auch, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers erst im April 2010 begonnen hat. Der Kläger habe daher bereits im Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg über die bereits dort festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP gewusst. Es wäre daher dem Kläger auch möglich gewesen, die vermeintlichen Ansprüche bereits innerhalb der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist und zwar gerechnet ab Fälligkeit der jeweiligen monatlichen Vergütung geltend zu machen.

Die Beklagte beantragt daher:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 22.11.2011 4 Ca 263/11 wir abgeändert: die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er trägt zur Begründung vor, die hier einschlägige, arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags vom 23.04.2010: - auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Es gilt der Tarifvertrag zwischen der CGZP und dem AMP stelle nach richtiger Auffassung angesichts ihres eindeutigen Wortlauts lediglich eine Verweisung auf den durch den CGZP im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifvertrag dar. Angesichts dieses eindeutigen Wortlauts sei es nicht möglich, hierin zugleich eine Bezugnahme auf die mehrgliedrigen Tarifverträge vom 15.03.2010 zu sehen.

Richtigerweise habe das Arbeitsgericht auch entschieden, dass die Ansprüche des Klägers rechtzeitig im Rahmen der dreimonatigen Ausschlussfristen geltend gemacht worden seien, da diese frühestens ab dem 14.12.2010, d.h. mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Verfahren 1 ABR 19/10, zu laufen begonnen hätten. Ein früherer Beginn der Ausschlussfrist scheitere insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Geltendmachung. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass durch § 97 Abs. 5 ArbGG ein spezielles Verfahren vorgesehen sei, über die Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit einer Einigung eine abschließende und richtigere Entscheidung mit Wirkung für und gegen alle herbeizuführen.

Gegen das der Klägervertreterin am 01.12.2011 zugestellte legte diese fristgerecht Berufung am 30.12.2011 beim Landesarbeitsgericht ein und begründete dies fristgereicht innerhalb der aufgrund fristgerechten Verlängerungsantrages vom 26.01.2012 bis zum 01.03.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist fristgerecht am 29.02.2012.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, dass Arbeitsgericht habe fälschlicherweise einen Nettobetrag von 824,00 EUR für von der Beklagten gezahlte Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwand in Abzug gebracht. Wie bereits das LAG Hamm in seiner Entscheidung vom 30. 06. 2011 (AZ: 8 Sa 387/11) feststellt habe, ist es sachlich gerechtfertigt, dass Leiharbeitnehmer bei wechselnden Einsatzorten einen Anspruch auf Fahrtkostenersatz gegen den Arbeitgeber hätten. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts führt die Nichtanrechnung der erhaltenen Fahrtkosten und Spesen gerade nicht zu einer Besserstellung des Arbeitnehmers, sondern dazu, dass er als Leiharbeitnehmer einen Ausgleich für die durch die wechselnden Einsatzstunden verbundenen Mehrkosten erhält.

Der Kläger beantragt daher:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 30. 12. 2011, AZ: 4 Ca 263111, wird insoweit abgeändert, als das Arbeitsgericht den Klagantrag in Höhe von 824,00 EUR netto abgewiesen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Recht 824,00 Euro netto von der (fehlerhaft zugesprochenen) Equal-Pay-Forderung in Abzug gebracht. Wenn der Zeitarbeitnehmer tatsächlich zur Stammbelegschaft eines Unternehmens zählen würde, hätte er in diesem Augenblick auch keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten und auf Zahlung eines Verpflegungsmehraufwandes.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers hingegen begründet und führt zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

I.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, insbesondere nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO entsprechend begründet worden.

II.

Die Berufung der Beklagte ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen entschieden, dass dem Kläger die zugesprochenen Differenzlohnansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG a.F (bis zum 29.4.2011 geltende Fassung). zustehen. Da der Kläger Ansprüche aus dem Zeitraum April 2012 bis März 2011 geltend macht, ist das AÜG in der bis zum 29.4.2011 geltenden Fassung anzuwenden.

1. Nach § 9 Nr. 2, Hs . AÜG iVm. § 10 Abs. 4 AÜG steht dem Kläger für die Einsätze in den Entleiherbetrieben in der Zeit von April 2010 bis März 2011 die Vergütung zu, die die dort beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer erhält.

2. Eine abweichende Regelung gilt zwischen den Parteien nicht. Zulässig sind nachteilige Abweichungen nach § 9 Nr. 2 Hs 3 und 4 AÜG nur durch einen zwischen den Parteien nach § 4 AGs. 1 TVG aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden oder durch im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags durch Bezugnahme vereinbarten Tarifvertrages. Der Kläger ist nicht an die von der Beklagten angewendeten Tarifverträge mit dem CGB/AMP mangels Mitgliedschaft in einer der CGB - Gewerkschaften gebunden (§ 3 Abs. 1 TVG).

Auch eine vertragliche Inbezugnahme eines wirksamen Tarifvertrages nach § 9 Nr. 2 Hs 4 AÜG liegt nicht vor. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Es gilt der Tarifvertrag zwischen der CGZP und AMP. ergibt sich nicht, dass auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag anzuwenden ist, der eine von § 9 Nr. 2 Hs1 AÜG abweichende geringere Vergütung zu vereinbaren.

(a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass angesichts des eindeutigen Wortlauts die Verweisung lediglich eine Bezugnahme auf die durch die CGZP im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifverträge beinhaltet und es deswegen nicht möglich ist, hierin zugleich eine Bezugnahme auf die mehrgliedrigen Tarifverträge vom 15.03.2010 zu sehen, welche die oben genannten weiteren Gewerkschaften auch in eigenem Namen abgeschlossen haben. Das Merkmal des mehrgliedrigen Tarifvertrages besteht gerade darin, dass es sich nicht um einen Tarifvertrag handelt, sondern mehrere eigenständige und lediglich gleichlautende Tarifverträge zwischen den einzelnen tarifvertragsschließenden Gewerkschaften und einem Arbeitgeberverband - hier AMP - darstellt. Eine dieser tarifvertragsschließenden Gewerkschaften ist weiterhin die CGZP, wie sich aus der Aufzählung der Vertragspartner des jeweiligen Tarifvertrages ergibt. Wenn die Parteien nunmehr in dem von der Beklagten gestellten Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag der CGZP Bezug nehmen (welcher?), so vereinbaren sie damit den oder die tatsächlich existierenden eigenständigen Tarifverträge zwischen der CGZP und AMD vom 15.03.2010, aber nicht darüber hinaus auch die weiteren Tarifverträge, die in dem mehrgliedrigen Tarifvertrag vom 15.03.2012 im Ergebnis nur gleichlautend und redaktionell zusammengefasst sind.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt: Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht durch Auslegung, weil insoweit der Wortlaut von Satz 2 - CGZP - eindeutig ist. Die wörtlich aufgenommene Tarifgemeinschaft CGZP hat eigenständig und weiterhin - auf bei der Vereinbarung des mehrgliederigen Tarifvertrages vom 15.3.2010 im eigenen Namen Tarifverträge abgeschlossen. Hinzu gekommen sind durch die mehrgliedrigen Tarifverträge noch die Tarifverträge der einzelnen Mitgliedsgewerkschaften, die unabhängig und neben denjenigen der CGZP bestehen, auch wenn sie in einer Urkunde zusammengefasst sind. Anders als in den Fällen, in denen Tarifverträge ersetzt werden durch nachfolgende Tarifwerke, ist im vorliegenden Fall keine Ersetzung erfolgt, sondern vielmehr sind zusätzliche Tarifabschlüsse vorgenommen worden. Existiert weiterhin ein Tarifvertrag zwischen den ursprünglichen Tarifvertragsparteien, die wie hier namentlich in der Verweisungsklausel genannt sind, kann das Hinzukommen weiterer Tarifverträge mit anderen Tarifvertragsparteien nicht dazu führen, dass auch diese von der Bezugnahmeklausel erfasst werden.

Dies gilt umso mehr, als dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 23.04.2010 die mehrgliedrigen Tarifverträge bereits abgeschlossen waren. Hätten die Vertragsparteien diese Tarifverträge in Bezug nehmen wollen, hätten sie diese schon zu diesem Zeitpunkt konkret aufnehmen können und müssen. Daraus weist das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend hin wie auch darauf, dass sich hieran auch nichts dadurch ändert, dass in Satz 1 der Bezugnahmeklausel festgehalten ist, dass die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Die Formulierung in ihrer jeweils geltenden Fassung besagt lediglich, dass zeitlich spätere Tarifverträge, die die Tarifgemeinschaft CGZP als solche geschlossen hat, ebenfalls von der Verweisung erfasst werden. Sie führt jedoch gerade nicht dazu, dass neben diesem Tarifvertrag auch weitere in Bezug genommen werden.

(b) In jedem Fall wäre die Verweisungsklausel aber unklar im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB. Bei dem von der Beklagten verwendeten Arbeitsvertrag handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB. Selbst wenn man es für möglich hielte, den Vertrag auch dahin auszulegen, dass die mehrgliedrigen Tarifverträge vom 15.3.2010 mit allen dort genannten Gewerkschaften auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, wäre das zumindest kein eindeutiges, sondern der Auslegung, dass nur die CGZP - Tarifverträge vereinbart sind, allenfalls gleichwertig mit der Folge, dass die für den Kläger günstiger Auslegung gilt - und dass ist letztere, weil sie - wie sogleich zu zeigen ist - dazu führt, dass dem Kläger eine höhere Vergütung zusteht.

c) Die Verweisung auf den Entgelt - Tarifvertrag CGZP - AMP wie auch die anderen zwischen diesen abgeschlossenen Tarifverträge für nicht dazu, dass die Vergütung des Klägers unter den Lohn vergleichbarer Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb abgesenkt wird und die Vergütung des Entgelttarifvertrags West vom 15.3.2010 zwischen der CGZP und dem AMP maßgeblich ist.

Dieser Tarifvertrag ist unwirksam, da der CGZP die Tariffähigkeit fehlte. Die vom Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 14.12.2010 -1 ABR19/10 festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP gilt auch für den Zeitpunkt des Tarifabschlusses am 15.03.2010, da die Satzung der CGZP nicht geändert hat.

Der Streitgegenstand eines nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG eingeleiteten Verfahrens über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung erfasst neben dem im Beschlusstenor bezeichneten Zeitpunkt weitere Zeiträume, wenn die in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften in diesen nur einheitlich beurteilt werden können.

Der Aussetzungsbeschluss nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG eröffnet zwar nur eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der jeweiligen Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition, deren Tariffähigkeit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens im Streit steht. Diese betrifft den Zeitpunkt, in dem der Tarifvertrag abgeschlossen worden ist, der für den prozessualen Anspruch der klagenden Partei entscheidungserheblich ist. Dennoch geht die Rechtskraftwirkung über das im Beschlusstenor genannte Datum hinaus. Der Klagegrund wird durch die vom Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Gründe, aus denen sich das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG bezeichneten Eigenschaften ergeben soll, mit bestimmt.

Ist die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung vom Antragsteller aus Rechtsgründen in Frage gestellt worden, richtet sich der Streitgegenstand danach, ob die geltend gemachten Rechtsmängel zu dem im Antrag genannten Zeitpunkt diesen Eigenschaften entgegenstehen. Wird in einem Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG rechtkräftig entschieden, dass eine Vereinigung aufgrund von Satzungsmängeln zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht tariffähig oder tarifzuständig war, steht deshalb diese Feststellung weiteren Verfahren entgegen, in denen sich diese Eigenschaften der Vereinigung zu einem anderen Zeitpunkt ebenso nach dieser Satzung bestimmen. In diesem Fall kann die Beurteilung der in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften nur einheitlich auf der Grundlage der maßgeblichen Satzung erfolgen. Die gerichtliche Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung entfaltet dann eine Bindungswirkung für nachfolgende Verfahren, in denen im Geltungsbereich der nämlichen Satzung diese Eigenschaften entweder streitgegenständlich oder nur als Vorfrage für den erhobenen prozessualen Anspruch zu beurteilen sind. Die materielle Rechtskraft der im Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG getroffenen Entscheidung wirkt bis zu einer wesentlichen Änderung der entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (BAG Beschluss v. 6. 6. 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 a der Gründe, Beschluss vom 23.5.2012, 1 AZB 58/11, Rn 6f.)

Die fehlende Tariffähigkeit der CGZP steht durch die Entscheidung des BAG vom 14.12.2012 auch für den 15.3.2010 rechtskräftig fest (so ausdrücklich BAG, Beschl. v. 23.5.2012, 1 AZB 67/11).

Einer Aussetzung des Verfahrens bedarf es daher nicht. Auf die Tariffähigkeit anderer an dem mehrgliederigen Tarifvertrag beteiligter Gewerkschaften kommt es mangels Vereinbarung derer Tarifverträge nicht an.

Die Unwirksamkeit der Tarifverträge AMP - CGZP vom 15.3.2010 hat daher zur Folge, dass es zwischen den Parteien keine wirksame Vergütungsabrede gibt und der Kläger daher nach § 10 Abs. 4 AÜG die Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer im jeweiligen Entleiherbetrieb verlangen kann.

3. Diese Differenzlohnansprüche sind auch nicht nach § 12 des Arbeitsvertrages teilweise verfallen.

In Betracht kommt ein Verfall von vorne herein nur für Ansprüche vor November 2010, denn die Ansprüche ab November 2010 sind durch die Geltendmachung vom 11.03.2011 noch erfasst, da die Vergütung erst am 20. des Folgemonats fällig war. Aber auch die Ansprüche vor November 2010 sind nicht verfallen.

a) Zunächst ist fraglich, ob die Ausschlussklausel in § 12 des Arbeitsvertrages überhaupt zu einem Verfall der Ansprüche führt, da sie die Rechtsfolge der unterbliebenen Geltendmachung nicht eindeutig benennt. Grundsätzlich ist zu verlangen, dass die Rechtsfolge einer unterbliebenen Geltendmachung im Hinblick auf § 305 c Abs. 2 BGB und § 307 Abs. 1 BGB klar zu benennen ist (BAG, Urt. v. 31.8.2005, 5 AZR 545/05; Däubler/Bonin/Deinert, AGB Kontrolle im Arbeitsverhältnis, § 305c Rn 37; Reinecke, Sonderbeilage NZA Heft 18/2004, S. 29). Ob dem die vorliegende Gestaltung der Ausschlussfrist genügt, ist fraglich, denn die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche wird im Klauseltext selbst nicht klargestellt und ist nur durch Auslegung aus der Überschrift Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen und der Verwendung des Ausdrucks Ausschlussfrist zu ermitteln, zumal hier (anders als bei BAG Urt. v. 25.5.2005 - 5 AZR 572/05) nicht einmal einen nachlagerte Klagefrist zu beachten war.

b) Die Fragestellung kann offen bleiben, da die Ansprüche nicht verfallen sind, weil auch sie durch das Schreiben vom 11.03.2011 rechtzeitig geltend gemacht worden sind, denn die Ausschlussfrist für die Anspruch vor November 2010 begann erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10. Das hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt und ausgeführt:

Die Frage, wann bei Equal-Pay-Ansprüchen arbeitsvertragliche Ausschlussfristen zu laufen beginnen, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und wird in der Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert und unterschiedlich beantwortet. Eine Auffassung geht dahin, dass der Beginn von Ausschluss- bzw. Verjährungsfristen mit der Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände beginnt. Der Beginn könne wegen Rechtsunkenntnis verschoben werden, wenn die Rechtslage unübersichtlich sei, so dass selbst ein rechtskundiger Dritter sie nicht einzuschätzen vermöge. Deshalb sei frühestens mit der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 der Beginn der Fälligkeit anzunehmen (Arbeitsgericht Dortmund vom 15.07.2011 Az. 1 Ca 2297/11, LAG Berlin-Brandenburg vom 20.09.2011 Az. 7 Sa 1318/11 explizit für einzelvertragliche Ausschlussfristen). Nach anderer Auffassung beginnt der Lauf einer Ausschlussfrist, wenn dem Gläubiger alle seinen Anspruch begründenden Tatsachen bekannt sind. Eine etwaige fehlerhafte Bewertung, ob der in Bezug genommene Tarifvertrag wirksam sei, stelle keinen Irrtum über die anspruchsbegründenden Tatsachen, sondern allenfalls einen unbeachtlichen Rechtsirrtum dar. Vor diesem Hintergrund könne nicht auf die Verkündung der Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht abgestellt werden. Vielmehr sei die nach den vertraglichen Vereinbarungen zu bestimmende Fälligkeit in den Blick zu nehmen (in diesem Sinne beispielsweise Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2011 Az. 1 Sa 322/11, Bayreuther, Der Betrieb 2011, Seite 267 ff.; Lembke, NZA 2011, Seite 1062 ff. mit Blick auf die Verjährungsfristen).

Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Lauf der Ausschlussfrist für equal pay-Ansprüche in der vorliegenden Fallgestaltung erst ab Verkündung der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 beginnt. Das Arbeitsgericht hat dies zutreffend aus einer verfassungsrechtlichen Wertung, nämlich dem Grundrecht auf einen effektiven Rechtsschutz abgeleitet. Er hat das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, dass er mit diesen Grundsätzen nicht in Widerspruch gerät. Diese Grundsätze kommen auch dann zur Anwendung, wenn sich aus der Auslegung und Anwendung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist Rückwirkungen auf die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen ergeben (so ausdrücklich Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.12.2010 Az. 1 BVR 1682/07). Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet den Parteien im Zivilprozess effektiven Rechtsschutz. Danach darf den Prozessparteien der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Auch die Festsetzung der Verfahrenskosten darf daher nicht in einer Weise erfolgen, die dem Betroffenen die Anrufung des Gerichts praktisch unmöglich macht . Eine derartige rechtsschutzhemmende Wirkung durch die im arbeitsgerichtlichen Verfahren in erster Instanz immer vom Arbeitnehmer zu tragenden eigenen Kosten liegt aber nicht nur vor, wenn das Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen übersteigt. Vielmehr wird die Beschreitung des Rechtswegs oder die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten auch dann faktisch vereitelt, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht, so dass die Inanspruchnahme der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (vgl. BVerfGE 85, 337 347; BVerfG, Beschluss vom 01.12.2010 Az. 1 BVR 1682/07 Rn 22).

Zutreffend hat das Arbeitsgericht daher ausgeführt, dass daher ist eine Geltendmachung von Equal-Pay-Ansprüchen in der hier vorliegenden Fallgestaltung vor dem 14.12.2010 nicht zumutbar, weil durch eine vorherige Geltendmachung der Arbeitnehmer mit einem zum Teil hohen Kostenlast durch die Regelung des § 12 a ArbGG belastet war, obwohl die allein maßgebliche Frage, nämlich die Tariffähigkeit der CGZP schon Gegenstand von Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG war. Durch § 97 Abs. 5 ArbGG ist gerade vom Gesetzgeber ein spezielles Verfahren vorgesehen, um über die Tariffähigkeit bzw. Tarifzuständigkeit einer Vereinigung eine abschließende und rechtssichere Entscheidung mit Wirkung für und gegen Alle herbeizuführen. Wenn es nun aber gerade ein solch spezielles Verfahren zur Herbeiführung eines rechtssicheren Zustandes gibt, muss auch der rechtskräftige Abschluss dieses Verfahrens der maßgebliche sein, ab dem es zumutbar und sinnvoll ist, seine Ansprüche zu verfolgen. Eine derartige Sichtweise trägt im Übrigen zur Prozessökonomie bei, weil die gegenteilige Sichtweise den Arbeitnehmer zwingt, je nach Ausgestaltung der Ausschlussklauseln, bei völlig unsicherer Rechtslage Verfahren einzuleiten, deren Erfolgsaussichten nach Durchführung eines Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG deutlich zuverlässiger beurteilt werden können. Gerade vor diesem Hintergrund spricht für die Unzumutbarkeit der Geltendmachung, dass selbst ein rechtskundiger Dritter die für den Bestand des Anspruchs maßgebliche Rechtslage vor Verkündung der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 nicht zuverlässig einzuschätzen vermochte. Erst ab diesem Zeitpunkt begann damit der Lauf der arbeitsvertraglichen dreimonatigen Ausschlussfrist (so auch Schüren, AÜG, § 10 Rn 257).

4. Die Höhe der Differenzlohnansprüche ergibt sich aus der von den Parteien in der Berufung nicht angegriffenen und auch nicht zu beanstandenden Berechnung das Arbeitsgericht auf Seite 11 ff unter 3. a) - e) des Urteils, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird.

III.

Jedoch hat das Arbeitsgericht zu Unrecht von diesen Beträgen die Zahlungen von Verpflegungsmehraufwand und Fahrtkosten in Höhe von EUR 824,00 netto in Abzug gebracht. Daher ist die Berufung des Klägers begründet und führt in so fern zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Mit dem LAG Hamm (30.06.2011, 8 Sa 387/11) und dem LAG Berlin - Brandenburg (20.09.2011, 7 Sa 1318/11) geht das Gericht davon aus, dass die gegenüber Leiharbeitnehmern gezahlte Fahrtkostenerstattung nicht bei der Berechnung der Differenzlohnvergütung nach § 10 Abs. 4 AÜG in Abzug zu bringen ist, weil es sich dabei nicht um Entgelt handelt, dass vergleichbare Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb erhalten. Für sie ist davon auszugehen, dass sie keine derartigen Zahlungen erhalten. Der darlegungsbelastete Kläger hat hierzu nichts vorgetragen. Zutreffend geht aber das Arbeitsgericht davon aus, dass die Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Differenzlohnansprüche wie auch bei dem Vergleich der sonstigen Arbeitsbedingungen nach § 10 Abs. 4 AÜG nicht besser gestellt werden sollen, als die vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb, so dass die Vergütungszahlungen insgesamt zu betrachten sind. Entsprechendes gilt für die sonstigen Arbeitsbedingungen.

Bei den Fahrtkostenerstattungen und dem Verpflegungsmehraufwand handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 10 Abs. 4, § 9 Nr. 2 AÜG. Arbeitsentgelt sind alle geldwerten Bestandteile, die darauf zielen, die erbrachte Arbeitsleistung - ggf. pauschaliert - zu vergüten. Fahrtkostenerstattung und Verpflegungsmehraufwand gehören dazu nicht, denn sie dienen dem Ausgleich der vom Arbeitnehmer im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis gemachten Aufwendungen und werden unabhängig von der konkreten Arbeitsleistung gezahlt.

Allerdings handelt es sich hierbei um sonstige Arbeitsbedingungen, auf deren Gewährung der Kläger ebenfalls einen Anspruch hätte, wenn sie im Entleiherbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern gewährt würden. Dies ist nicht der Fall.

Ob sonstige Arbeitsbedingungen - hier die Fahrkostenerstattung und der Verpflegungsmehraufwand - die der Leih-Arbeitnehmer im Gesetz zu vergleichbaren Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb enthält, mit der Differenzvergütung verrechnet werden können, erscheint bedenklich, kann aber offen bleiben. Die Zahlung von Verpflegungsmehraufwand und Fahrkosten kann bereits deswegen nicht mit der Differenzvergütung verrechnet werden, weil sie dazu dient, besondere Aufwendungen, die nur dem Kläger, aber nicht den vergleichbaren Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb entstehen, auszugleichen und bereits aus diesem Grund keine ungerechtfertigte Besserstellung des Klägers erfolgt. Im Gegensatz zu den vergleichbaren Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb kann der Kläger seine Fahrtkosten für die Fahrt in den Entleiherbetrieb nicht minimieren, in dem er sich am Betriebssitz eine Wohnung sucht, denn sein Einsatz ist - jedenfalls beim Kläger - dort immer nur zeitlich begrenzt gewesen. Zudem ist der Kläger ggf. auch verpflichtet, deutlich weitere Entfernung für die Fahrt in den Entleiherbetrieb auf sich zu nehmen. Das alles sind Belastungen, die nur typischerweise ihn als Leiharbeitnehmer treffen.

Entsprechendes gilt für die Verpflegungsmehraufwendungen (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG). Diese werden bei wechselnden Einsatzorten im Hinblick auf die Schwierigkeiten des Arbeitnehmer, sich hierauf einzustellen und sich kostengünstig zu verpflegen, vom Arbeitgeber übernommen. Dass auch sie dem Ausgleich besonderer Belastungen dienen, ergibt sich daraus, dass sie nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG maximal für drei Monate bei Einsatz am selben Ort gezahlt werden dürfen, weil sich der Arbeitnehmer danach auf die Situation einstellen kann, um sich ohne Mehrkosten zu verpflegen. Auch hier besteht daher keine Vergleichbarkeit der Leiharbeitnehmer mit den Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb, so dass eine Saldierung der Verpflegungsmehraufwendungen mit der Differenzvergütung ausscheidet.

IV.

Die Kostenentscheidung richtet sich hinsichtlich der Berufung der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO. Sie hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, ebenso die Kosten der erfolgreichen Berufung des Klägers. Die Kostenentscheidung erster Instanz war entsprechend dem geänderten Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen nach § 92 Abs. 2 ZPO zu korrigieren.

Die Revision war für die Beklagte wegen der grundsätzlichen Bedeutung und teilweisen abweichender Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte zuzulassen.