OLG Hamm, Beschluss vom 18.12.2012 - II-6 WF 43/12
Fundstelle
openJur 2013, 3181
  • Rkr:

Einwendungen, mit denen eine Niederschlagung oder Herabsetzung der Kosten für ein familienpsychologisches Gutachten nicht begründet werden könnte.

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Minden vom 30.01.2012 wird zurückgewiesen.

 

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

In der diesem Kostenverfahren zugrunde liegenden Familiensache hat der Beteiligte zu 1) u.a. die Übertragung des alleinigen Sorgerechts für seinen Sohn K, geboren am ...06 hervorgegangen aus der Ehe mit T  beantragt. Aus dieser Ehe sind zwei weitere Kinder, L , geboren am ...94 und N , geboren am ...95, hervorgegangen. Die Ehe ist mittlerweile rechtskräftig geschieden.

Die beiden Töchter wohnen seit der Trennung der Eltern im Einvernehmen mit der Kindesmutter beim Beteiligten zu 1). K lebte zunächst bei der Kindesmutter. Der Beteiligte zu 1) hat sich dann mit der Kindesmutter darauf verständigt, dass K jeweils eine Woche lang im Wechsel bei dem Beteiligten zu 1) und der Kindesmutter wohnen soll.

Das Amtsgericht- Familiengericht- hat mit Beschluss vom 03.08.2010 für die Kinder einen Verfahrensbeistand bestellt. Mit Beschluss vom 26.08.2010 hat das Amtsgericht -Familiengericht- sodann ein schriftliches Sachverständigengutachten zu folgenden Fragen eingeholt:

Welcher Lebensmittelpunkt entspricht dem Wohl K am besten, im Haushalt des Kindesvaters oder der Kindesmutter ?

Ist es aus psychologischer Sicht zu empfehlen, das derzeit praktizierte Wechselmodell fortzuführen ?

Ist aus psychologischer Sicht die Alleinsorge eines Elternteils erforderlich ? Wenn ja: welcher Elternteil ist dies ?  

Mit der Erstellung des Gutachtens ist Dipl. -Psych. M aus N beauftragt worden. Die Wohnorte beider Elternteile befinden sich in Q. Mit Schreiben vom 08.09.2010 hat der Sachverständige den Beteiligten zu 1) sowie die Kindesmutter darauf hingewiesen, dass die zur Begutachtung erforderlichen Termine entweder in der Praxis des Sachverständigen oder in der jeweiligen Wohnung des Beteiligten zu 1) bzw. der Kindesmutter stattfinden können. Der Sachverständige hat den Beteiligten zu 1), die Kindesmutter sowie K an insgesamt 8 Terminen aufgesucht.

Der Sachverständige hat das Gutachten unter dem 21.05.2011 erstellt und mit Schreiben vom 21.06.2011 Kosten für die Erstellung des Gutachtens in Höhe von insgesamt 10.394,57 € in Rechnung gestellt, wobei auf insgesamt 94 aufgewandte Stunden ein Betrag von 9.508,10 € und auf Fahrtkosten ein Betrag von 886,47 € entfällt. Von den abgerechneten 94 Stunden entfallen 41,50 Stunden auf die Diagnostik, 16,50 Stunden auf die Auswertung des Datenmaterials und 28 Stunden auf Anfahrzeiten.  

Unter dem 30.07.2011 hat der Sachverständige nach entsprechender Beauftragung durch das Amtsgericht -Familiengericht- eine ergänzende schriftliche Stellungnahme abgegeben und hierfür Kosten in Höhe von insgesamt 277,07 € in Rechnung gestellt.

Nach mündlicher Verhandlung, im Rahmen derer sich die Kindeseltern auf die Beibehaltung des praktizierten „Wechselmodells“ hinsichtlich K verständigt haben, hat sich das Amtsgericht -Familiengericht- mit Beschluss vom 12.08.2011 die Entscheidungsbefugnis über die Auswahl des Kindergartens für K im Kindergartenjahr 2011/2012 auf den Beteiligten zu 1) übertragen. Ferner hat es den Kindeseltern das Sorgerecht für K unter gleichzeitiger Einrichtung einer Pflegschaft durch das Jugendamt entzogen, soweit es die Bereiche Kindergartenangelegenheiten im Übrigen und Schulangelegenheiten betrifft. Den Antrag des Beteiligten zu 1) auf alleinige Sorgerechtsübertragung für K hat es zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat es gegeneinander aufgehoben.

Mit Kostenansatz vom 12.09.2011 sind die hälftigen Kosten des Verfahrens in Höhe von insgesamt 6.425,83 € gegen den Beteiligten zu 1) festgesetzt worden. Auf die Gerichtsgebühr entfallen dabei 265,00 €, auf die Sachverständigenentschädigung hinsichtlich des Hauptgutachtens 5.197,29 €, auf die Sachverständigenentschädigung hinsichtlich des Ergänzungsgutachtens 138,54 € und auf den Verfahrensbeistand 825,00 €.

Mit Schreiben vom 15.11.2011 hat der Beteiligte zu 1) Erinnerung gegen den Kostenansatz eingelegt, soweit damit Kosten des Sachverständigen für die Erstellung des Hauptgutachtens festgesetzt worden sind. Der zur Entscheidung über diese Erinnerung berufene Familienrichter hat eine Stellungnahme der Beteiligten zu 2) eingeholt. Mit Beschluss vom 30.01.2012 hat das Amtsgericht -Familiengericht- die Erinnerung des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 13.02.2012 hat das Amtsgericht -Familiengericht- mit Beschluss vom 16.02.2012 nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat mit Verfügung vom 27.02.2012 eine erneute Stellungnahme der Beteiligten zu 2) eingeholt. Des Weiteren hat es mit Verfügung vom 12.11.2012 den Sachverständigen zur Erläuterung seiner Kostenrechnung aufgefordert.

II.

Die nach § 14 III KostO zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist nicht begründet.

Der Beteiligte zu 1) wendet sich mit seiner Beschwerde ausschließlich gegen die in der Kostenrechnung enthaltene Vergütung des Sachverständigen für die Erstellung des Hauptgutachtens. Seine Einwendungen sind aber nicht geeignet, eine Niederschlagung der im Rahmen der Bestellung des Sachverständigen entstandenen Kosten nach § 16 KostO zu begründen oder den Entschädigungsanspruch des Sachverständigen nach den §§ 8 ff. JVEG herabzusetzen.

Soweit der Beteiligte zu 1) in seinen Schriftsätzen darauf hinweist, dass das Gutachten unbrauchbar ist bzw. fehlerhafte Feststellungen enthalte, kann er damit im Kostenverfahren nicht gehört werden. Das Gutachten des Sachverständigen Dipl.- Psych. M vom 21.05.2011 ist Grundlage des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 12.08.2011. Dieser Beschluss ist auch bestandskräftig geworden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung des zuständigen Fachsenats mit dem amtsgerichtlichen Beschluss und dementsprechend auch mit dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Gutachten scheidet demnach aus.

Die Einwendungen des Beteiligten zu 1) gegen die Höhe der Sachverständigenkosten bleiben ebenfalls ohne Erfolg, da die Kosten für den Sachverständigen angesichts des aus der betreffenden Abrechnung ersichtlichen Zeitaufwands angemessen und erforderlich sind.

Die Entschädigung des Sachverständigen ist nach der erforderlichen Zeit zu bemessen. Welche Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab. Sie ist vielmehr nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen, für den weder die Angaben des Sachverständigen noch die tatsächlich aufgewendete Zeit schlechthin maßgebend sind. Grundsätzlich ist davon auszugehen sein, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Ein Anlass zur Nachprüfung, ob die von dem Sachverständigen angegebene Zeit auch erforderlich war, besteht nur dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint (BGH MDR 2004, 776; OLG Düsseldorf OLGR 2008, 746; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Auflage, § 8 Rdnr.8.49).

Die von dem Sachverständigen angesetzten Zeiteinheiten, insbesondere für die Diagnostik, die Auswertung des Datenmaterials sowie die Anfahrzeiten liegen angesichts des Umfangs der Exploration und des Umfangs des Gutachtens noch in dem zu erwartenden Rahmen.

Die von dem Sachverständigen angesetzten Zeiteinheiten für die absolvierten Fahrten erscheinen anfangs zwar ungewöhnlich hoch. Angesichts der räumlichen Entfernung zwischen den Wohnorten der Kindeseltern und der Praxis des Sachverständigen wird der Ansatz aber nachvollziehbar. Der Sachverständige hat zudem die Fahrten in seiner Stellungnahme vom 27.11.2012 erläutert und transparent gemacht. Die von ihm angegebenen Entfernungskilometer liegen in dem Bereich, der über Google-Maps ermittelbaren Entfernungskilometern. Dass der Sachverständige es im Rahmen einer Sorgerechtsentscheidung für erforderlich hält, das wohnliche Umfeld und die Interaktion des Kindes mit dem jeweiligen Elternteil in diesem Umfeld zum Gegenstand seiner Begutachtung zu machen, ist nicht zu beanstanden. Der lediglich pauschale Einwand, diese Arbeitszeiten seien übersetzt, ist vor diesem Hintergrund nicht ausreichend. Im Übrigen hat der Sachverständige bereits vor Aufnahme seiner Gutachtertätigkeit den Beteiligten zu 1) mit Schreiben vom 08.09.2010 anheim gestellt, den Termin zur Diagnostik in der Praxis des Gutachters oder am Wohnort des Beteiligten zu 1) stattfinden zu lassen.  

Dass der Sachverständige das für ihn angemessene Honorar auch für Zeiten verlangen kann, in denen er notwendige mit seinem Gutachtenauftrag verbundene Reisen unternimmt, ergibt sich aus dem Gesetz, § 8 Abs.2 JVEG.

Soweit der Sachverständige für die Diagnostik insgesamt 41,5 Stunden angesetzt hat, ist zu berücksichtigen, dass bei der Bemessung der erforderlichen Zeit für Gutachten, bei denen es um psychologische Fragestellungen geht, wegen des nur schwer fassbaren und nicht objektivierbaren Begutachtungsgegenstandes dem Sachverständigen ein weites Ermessen hinsichtlich des notwendigen Umfangs der Exploration einzuräumen ist. Diesen Ermessensspielraum hat der Sachverständige vorliegend nicht überschritten, indem er die Kindeseltern sowie das Kind an insgesamt 8 Terminen begutachtet hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das von den Kindeseltern praktizierte „Wechselmodell“ zwingend mehrere Termine zur Exploration erforderlich machten, um das Kind sowohl an verschiedenen Tagen bei dem jeweiligen Elternteil zu erleben.

Auch der vom Sachverständigen angesetzte Zeitaufwand mit insgesamt 16,5 Stunden für die Auswertung des Datenmaterials ist vor dem Hintergrund, dass es sich um Datenmaterial aus insgesamt  8 verschiedenen Terminen handelt, nicht zu beanstanden.

Im Übrigen kann eine konkrete Darlegung, welcher Zeitaufwand für die von dem Sachverständigen dargelegten Arbeitszeiten für Diagnostik und Auswertung alternativ anzusetzen wär, den Ausführungen des Beteiligten zu 1) nicht entnommen werden. Eine Herabsetzung des vom Sachverständigen angegebenen Zeitaufwandes kann jedoch nur dann erfolgen, wenn der Beschwerdeführer zugleich angibt, welche konkreten von dem Sachverständigen angegebenen Arbeitszeiten zu lang bemessen sind und in welcher Zeit und aus welchen Gründen die Einzelarbeit hätte schneller verrichtet werden können (vgl. BVerfG JurBüro 2008, 44; Meyer/Höver/Bach, a.a.O.; § 8 Rn.8.49).

Soweit der Beteiligte zu 1) rügt, der Sachverständige habe nicht angezeigt, dass die zu erwartenden Kosten erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen, ist auch diese Kritik -wie bereits das Amtsgericht -Familiengericht- in dem angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat- nicht berechtigt. Insoweit ist festzustellen, dass es im vorliegenden Fall nicht um einen bestimmten Geldanspruch, sondern um die Regelung des Sorgerechts geht. Im Vordergrund stehen dabei menschliche Beziehungen. Für die beteiligten Personen kommt der zu treffenden gerichtlichen Entscheidung daher erhebliche Bedeutung zu, die in einem aus sozialen Gründen niedrig vorgegebenen Streitwert nicht zum Ausdruck kommt. Überdies ist ein Vorschuss, der dem Sachverständigen einen einzuhaltenden Betragsrahmen vorgegeben hätte, nicht eingefordert worden.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 14 Abs. 9 KostO).

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