Bayerischer VGH, Urteil vom 28.11.2012 - 16a D 11.958
Fundstelle
openJur 2013, 2924
  • Rkr:
Tenor

I. In Abänderung der Ziffer I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Februar 2011 wird der Beklagte in das Amt eines Polizeiobermeisters (Besoldungsgruppe A 8) versetzt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am ... geborene Beklagte trat am 01. September 1987 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Polizeianwärter in den Dienst des Klägers. Am 01. September 1988 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeiwachtmeister, am 1. Mai 1990 zum Polizeihauptwachtmeister, am 30. Oktober 1991 zum Polizeimeister und am 01. Dezember 1994 zum Polizeiobermeister ernannt. Am 05. Mai 1995 erfolgte seine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Am 01. Oktober 2004 wurde er zum Polizeihauptmeister ernannt. Seit 01. August 2003 war er an der Verkehrspolizeiinspektion D. tätig. In der letzten periodischen Beurteilung im Jahr 2005 erreichte der Beamte ein Gesamturteil von 10 Punkten.

Der Beamte ist seit ... 2003 geschieden und hat ein Kind (geboren ... 1995).

II.

Der Beamte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts D. vom 18. Dezember 2007, rechtskräftig seit 10. Januar 2008, wurde gegen den Beklagten wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, Abs. 2, § 248a StGB eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 50 Euro (insgesamt 4.500 Euro) verhängt (Az. Cs 5 Js 6932/07).

Dem Strafbefehl liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

„Sie sind als Polizeibeamter bei der Verkehrspolizeiinspektion D. beschäftigt. Zu Ihren dienstlichen Aufgaben gehört u.a. die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten und das Einkassieren von Verwarnungsgeldern. Sie haben Wechselgelder herauszugeben, über die Einnahme eine Quittung auszustellen, die Gelder zunächst zu verwahren und anschließend bei der Dienststelle die Quittung und die Verwarnungsgelder abzuliefern.

In Kenntnis dieser Umstände unterzogen Sie am 13.09.2007 gegen 16.00 Uhr den Fahrzeugführer B. als Führer eines Busses einer Verkehrskontrolle und verwarnten ihn wegen Überladung des Fahrzeugs um 10% mit einem Verwarnungsgeld von 30 Euro. Den Erhalt des Verwarnungsgeldes quittierten Sie auf der Kopie einer von Ihnen selbst an Ihren PC Marke Targa erstellten Verwarnungsbescheinigung.

Zu diesem Zweck scannten Sie eine originale Verwarnungsbescheinigung in Ihren PC ein und druckten eine Kopie davon aus. Diese Kopie wurde von Ihnen mit einem Perforiergerät bearbeitet, damit sie dem Original entsprach. Ihrer Absicht entsprechend führten Sie das Verwarnungsgeld von 30 Euro nicht an den Dienstherrn ab, sondern behielten es für sich.

Wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ist ein Einschreiten von Amts wegen geboten.“

III.

Unter dem 17. September 2007 verbot das Polizeipräsidium N. dem Beamten wegen des o.g. Sachverhalts die Führung der Dienstgeschäfte (zugestellt am 28.September 2007). Am 25. Oktober 2007 leitete das Polizeipräsidium N. das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und setzte es gemäß Art. 24 BayDG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens aus. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 übernahm das Polizeipräsidium M. das Disziplinarverfahren gemäß Art. 35 Abs. 2 BayDG.

Mit Verfügung vom 28. Dezember 2007 enthob das Polizeipräsidium M. den Beklagten vorläufig des Dienstes und kürzte seine Dienstbezüge. Das Verwaltungsgericht Regensburg lehnte mit Beschluss vom 27. März 2008 einen Antrag des Beklagten auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung ab (Az. RN 10 A DS 08.236).

Am 21. April 2008 führte das Polizeipräsidium M. das Disziplinarverfahren fort und teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen mit. Der Beamte äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 15. Mai 2009 und beantragte die Beteiligung des Personalrats. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 sprach sich der Personalrat des Polizeipräsidiums N. gegen die beabsichtigte Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis aus und legte die Angelegenheit dem Hauptpersonalrat beim Bayerischen Staatsministerium des Innern vor. Unter dem 9. September 2010 stimmte der Hauptpersonalrat der Erhebung der Disziplinarklage zu, bat aber um Überprüfung, ob nicht eine Degradierung ausreichend sei.

Am 2. November 2010 erhob der Kläger Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht Regensburg. Dem Beamten wird darin der Sachverhalt des Strafbefehls vorgeworfen.

Mit Urteil vom 21. Februar 2011 erkannte das Verwaltungsgericht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das Gericht sei aufgrund der vorliegenden Akten, der Indizwirkung des rechtskräftigen Strafbefehls und aufgrund der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der der Klageschrift zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffe. Der Beklagte sei der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern schuldig. Die erst im Mai 2008 vorgebrachte Rechtfertigung für das Erstellen der Fälschung, nämlich dass diese Fälschung nur im Fall eines Verreißens im Verwarnungsblock als Ersatz für eine unbrauchbar gemachte Bescheinigung dienen sollte und die Verwendung dieser Reservebescheinigung am 13. September 2007 nur versehentlich erfolgt sei, werde vom Gericht als Schutzbehauptung angesehen. Bereits der späte Zeitpunkt, in dem der Beamte mit dieser Art von Rechtfertigung an die Disziplinarbehörde herangetreten sei, spreche gegen die Richtigkeit dieser Behauptung. Auch weitere belastende Umstände sprächen dafür, dass es sich nur um eine später zurecht gelegte Schutzbehauptung handle. Während der kriminalpolizeilichen Ermittlungen gegen den Beamten sei am 19. September 2007 sein Personalcomputer sichergestellt und am 26. September 2007 ausgewertet worden. Dabei sei festgestellt worden, dass auf der Festplatte des PC das Betriebssystem am 18. September 2007, also vor der Sicherstellung, neu installiert worden sei. Durch eine Neuinstallation des Betriebssystems könne ein Datenverlust herbeigeführt werden. Letztlich sei es nicht aufklärbar geblieben, auf welchem Gerät die Fälschungshandlung vorgenommen worden sei. Jedenfalls sei das Original, dessen sich der Beklagte bei der Fälschung bedient habe, nach dem Einscannen bearbeitet worden. Während auf der Originalvorlage des Verwarnungsblocks die Blocknummer 08 in senkrechten Ziffern gedruckt sei, finde sie sich auf der vom Beamten verwendeten Fälschung als Kursivzahl wieder. Die Bearbeitung der eingescannten Datei lege den - freilich nicht beweisbaren - Verdacht nahe, dass ein mehrfacher mit unterschiedlichen Ziffern versehener Ausdruck erfolgt sein könne. Der Beklagte habe zur Überzeugung des Gerichts vorsätzlich gehandelt. Sein Vorbringen sei in wesentlichen Punkten unglaubwürdig. Die Tatsache, dass er den Außendienst zusammen mit einem Kollegen durchgeführt habe, stelle kein Moment dar, das gegen einen Tatvorsatz spreche. Die Anwesenheit des Kollegen habe die vom Beklagten begangene Straftat nicht behindert. Weder die Ausstellung der Verwarnungsbescheinigung noch die Übergabe der verhängten Gebühr sei im Beisein des Zeugen W. erfolgt. Der Zeuge W. habe auch nicht die Angaben bestätigt, die der Beklagte über das Verhalten des Rumänen nach Durchführung der Verwarnung gemacht habe. Der Zeuge W. habe sich an einen derartigen Vorfall, der zweifellos als Abweichung von einem sonst in normalen Bahnen verlaufenden Außendienst in seinem Gedächtnis geblieben wäre, nicht erinnern können. Das Vorbringen des Beklagten sei auch nicht durch den Umstand bestätigt, dass er auf der Fälschung, die er dem rumänischen Lastwagenfahrer ausgehändigt habe, die VPI D. als ausstellende Stelle aufgestempelt und die Quittung mit seiner Unterschrift versehen habe. Die Verwendung einer Totalfälschung als Verwarnungsquittung sei für die Durchführung dieser strafbaren Handlung nicht erforderlich. Sie hätte vielmehr das Risiko für den Täter erhöht. Es hätte nämlich die Möglichkeit bestanden, dass das überladene Fahrzeug in eine erneute Kontrolle einer VPI-Streife geraten wäre. Wäre in dieser Situation eine Totalfälschung vorgezeigt worden, so wäre diese Fälschung den erneut kontrollierenden Beamten mit hoher Sicherheit aufgefallen. Hingegen habe bei dem vom Beklagten hergestellten Falsifikat immerhin die Möglichkeit bestanden, dass andere Beamte bei einer erneuten Kontrolle die Fälschungsmerkmale nicht erkennen würden. Ebenso wenig könne die Angabe des Beklagten durchgreifen, er hätte, falls er sich der Begehung einer Straftat bewusst gewesen wäre, noch während des Außendienstes alles daran gesetzt, die im Polizei-Pkw vergessenen Papiere des Rumänen diesem wieder auszuhändigen und wäre ihm zu diesem Zweck umgehend nachgefahren. Dass dies im vorliegenden Fall nicht geschehen sei, liege nach Überzeugung des Gerichts nicht daran, dass sich der Beklagte keiner Schuld bewusst gewesen sei, sondern dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen derartigen, die Strafbarkeit verdeckenden Schritt bereits zu spät gewesen sei. Im Übrigen vermöge auch der Umstand, dass der Beklagte nach Beendigung der Schicht die Papiere sichtbar in seinem Fach habe liegen lassen und auch die Kollegen darüber informiert habe, dass jemand zum Abholen dieser Papiere wohl noch kommen werde, ihn nicht entlasten. Auch dieses Verhalten deute nicht darauf hin, dass der Beklagte an eine Veruntreuung des eingenommenen Verwarnungsgeldes nicht gedacht habe. Vielmehr sei die sichtbare Aufbewahrung der Papiere in der VPI unter den gegebenen Umständen die einzige Chance des Beklagten gewesen, die Angelegenheit unentdeckt zu überstehen in der Hoffnung, dass bei Rückkehr des rumänischen Lkw-Fahrers die dann diensttuenden Kollegen sich an den Hinweis ihres Kollegen, des Beklagten, erinnern und dem Betroffenen umstandslos seine Papiere wieder aushändigen würden. Diese Rechnung sei jedoch deshalb nicht aufgegangen, weil der Rumäne bei seiner Vorsprache den dort anwesenden Beamten sein Anliegen offenbar nur durch Vorzeigen der gefälschten Verwarnungsquittung habe deutlich machen können und diese das Papier genauer in Augenschein genommen hätten. Dass sich der Beamte an diesem Tag in einem Zustand befunden hätte, der ihn außer Stand gesetzt habe, bei der Verwarnung des Rumänen eine ordnungsgemäße Verwarnungsquittung auszustellen und er stattdessen versehentlich die - für andere Situationen gedachte -Fälschung zur Verwendung gebracht habe, habe das Gericht dem Beklagten nicht glauben können. Der Einvernahme des Zeugen W. habe auch keine Hinweise darauf ergeben, dass sich der Beamte am Tattag in dem gemeinsam durchgeführten Außendienst auffällig verhalten habe oder über Gesundheitsbeschwerden geklagt habe. Der Beklagte habe daher nach Begehung der Straftat und nach der Erkenntnis, dass der rumänische Lastwagenfahrer wieder Kontakt mit deutschen Polizeibeamten aufnehmen würde, um seine Papiere zurückzubekommen, sich gezwungen gesehen, sich so zu verhalten, wie er es getan habe. Weder habe er die Papiere des Rumänen verschwinden lassen können, noch dessen Wiedererscheinen bei der VPI persönlich, nach seiner regulären Dienstzeit, abwarten können. Beides hätte erhöhte Verdachtsmomente erzeugt. Ihm sei nur die Wahl geblieben, den ganzen Vorfall normal aussehen zu lassen und ansonsten zu hoffen, dass die Fälschungsmerkmale an der Verwarnungsquittung übersehen würden. Der Beklagte habe durch sein Verhalten ein innerdienstliches Dienstvergehen von hohem Gewicht begangen. Er habe den Straftatbestand der Untreue schuldhaft verwirklicht und im Kernbereich seiner Pflichten gefehlt. Das Gericht halte es nach Abwägung aller Umstände für erforderlich, den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Beamte habe ein Zugriffsdelikt begangen. Dies führe nach ständiger Rechtsprechung im Regelfall zur Entfernung eines Beamten aus dem Dienst. Entlastungsgründe, die ausnahmsweise einen Verzicht auf die schärfste Sanktion nahelegen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Beklagte habe weder aus einer ausweglosen Notlage heraus noch in Form einer „kurzschlussartigen Spontanität“ gehandelt. Letzteres sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte bereits mehrere Monate zuvor mit erheblicher krimineller Energie die zur Begehung der Untreuehandlung verwendete Verwarnungsbescheinigung gefälscht habe. Auch sei nicht erkennbar, dass die Annahme des Geldes gegen Ausstellung einer gefälschten Verwarnungsbescheinigung durch den Gesundheitszustand des Beklagten bedingt gewesen sei. Auf die Geringwertigkeit des veruntreuten Betrages in Höhe von 30 Euro könne sich der Beamte nicht berufen. Zwar sei in diesem Fall ein Absehen von der Höchstmaßnahme möglich. Der Milderungsgrund komme jedoch dann nicht zum Tragen, wenn der Beamte durch die konkrete Tatausführung noch zusätzlich belastet werde. Das sei hier der Fall. Er habe die Veruntreuung durch Herstellung einer falschen Verwarnungsbescheinigung ermöglicht und dadurch ein gesteigertes Maß an krimineller Energie gezeigt.

Am 15. April 2011 hat der Beamte Berufung eingelegt und beantragt:

1. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2011 die Disziplinarklage abzuweisen.

2. Hilfsweise: Unter Aufhebung des Urteils vom 21. Februar 2011 wird gegen den Beklagten auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

Das Verwaltungsgericht halte seinen Vortrag für unglaubwürdig. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Vorbringens beziehe sich die Wertung des Gerichts in unzulässiger Weise auf das Strafverfahren. Eine Nichtäußerung könne nie zu Lasten des Betroffenen berücksichtigt werden. Die Äußerung, er habe Mist gebaut, beziehe sich darauf, dass er erkannt hatte, eine falsche Quittung verwendet zu haben. Eine eingescannte Verwarnungsbescheinigung sei auf seinem PC nicht festgestellt worden. Dass dies möglicherweise darauf zurückzuführen sei, dass er auf seinem PC ein neues Betriebssystem am 18. September 2007, also vor der Sicherstellung, aufgespielt habe, könne ihm ebenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden. Er habe doch keine Kenntnis davon gehabt, dass am 19. September 2007 eine Sicherstellung erfolgen würde. Er sei am 15. September 2009 mit dem Vorwurf konfrontiert worden, es wäre doch naheliegend gewesen, dass er dann am selben Tag für einen entsprechenden Datenverlust gesorgt hätte, etwa dadurch, dass er den PC vollständig entsorgt hätte. Er habe nur ein Betriebssystem auf den PC gespielt, wonach es auch nach Darlegung des Verwaltungsgericht zu einem Datenverlust kommen könne, nicht aber müsse. Damit habe nur die Möglichkeit der Verschleierung bestanden. Er sei Polizist. Hätte er tatsächlich Spuren auf seinem PC verschleiern wollen, hätte er den kompletten PC oder zumindest nur die Festplatte entsprechend entsorgen können. Mit dem Aufspielen eines neuen Betriebssystems habe er es gar nicht in der Hand gehabt, für den entsprechenden Datenverlust zu sorgen. Hinsichtlich der Aussagen des Kollegen W. übersehe das Verwaltungsgericht, dass er gar keine Kenntnis von den Beobachtungen des Kollegen haben konnte. Er habe davon ausgehen müssen, dass die entsprechende Kontrolle nicht unbeobachtet geblieben sei, was ja auch der Fall sei. Dass der Zeuge tatsächlich die Verhängung der Gebühr und die Aushändigung der 30 Euro nicht mitbekommen habe, habe sich bisher seiner Kenntnis entzogen. Die Bewertung der Zeugenaussage des Zeugen W. sei mehr als überraschend. Der Zeuge habe im Wesentlichen damit geglänzt, dass er sich an nichts habe erinnern können. Das Verwaltungsgericht meine jedenfalls aufgrund der Aussage des „sich nicht erinnernden“ Zeugen, dass der Fahrer sich nicht aufgeregt habe. Ein ungewöhnlicher Vorgang, der gerade drei Tage nach diesem Vorgang zu seiner Suspendierung geführt habe, müsste im Gedächtnis des Zeugen verhaftet geblieben sein. Vor diesem Hintergrund sei die Aussage des Zeugen unbrauchbar. Mit Hingabe einer Totalfälschung wäre die zuständige Polizeibehörde und die Identität der kontrollierenden Polizeibeamten nicht bekannt gewesen. Unter Zugrundelegung der Wertung des Verwaltungsgerichts, dass ihm bekannt gewesen sei, dass der Zeuge W. von dem Abkassieren nichts mitbekommen habe, hätte er das Abkassieren des rumänischen Fahrers jederzeit abstreiten können. Gerade die Angabe seines Namens, die Unterzeichnung mit seinem richtigen Namenszug und die Benennung seiner dienstlichen Anschrift zeige deutlich, dass er keine Verschleierung habe betreiben wollen. Die gesamten Umstände der Kontrolle sprächen gegen seinen entsprechenden Vorsatz. Ferner habe er die Unterlagen des rumänischen Fahrers in seinem dienstlichen Fach hingelegt. Das Verwarnungsgeld habe sich auch noch in diesem dienstlichen Geldbeutel befunden. Wenn er einen Vorsatz zur Tat gehabt hätte, wäre es aufgrund der technischen Möglichkeiten doch ein Leichtes gewesen, eine Fälschung vorzunehmen, die nicht erkennbar gewesen wäre und die Belegnummer den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst. Die Bewertung seiner Einlassung, er wäre dem rumänischen Fahrer nachgefahren, wenn er den Tatvorsatz gehabt hätte, als unglaubwürdig, erfolge unter Heranziehung der Aussage des Zeugen W., dass der Verbleib der Papiere nicht Thema eines Gesprächs zwischen beiden Beamten gewesen sei. Der Zeuge habe sich auch nicht erinnern können, dass der kontrollierte Fahrer seine Papiere im Pkw vergessen habe. Damit sei die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Dass der kontrollierte Fahrer seine Papiere im Pkw vergessen habe, sei unstreitig. Er habe nach Rückkehr bei der VPI D. die Papiere in seinem dienstlichen Fach deponiert. Nach der Logik des Verwaltungsgerichts hätte dem Zeugen W. auffallen müssen, dass der rumänische Fahrer die Papiere vergessen gehabt habe, nachdem dieser die Papiere kontrolliert habe. Hiermit setze sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander. Die Beweiswürdigung hinsichtlich seiner Einlassung, er habe die Papiere des Rumänen sichtbar in seinem Fach liegen lassen und die Kollegen darüber informiert, überzeuge nicht, weil das Verwaltungsgericht übersehe, dass der rumänische Lkw-Fahrer keine Papiere mehr gehabt habe. Dem rumänischen Lkw-Fahrer sei eine andere Legitimation als die Vorlage der Verwarnungsquittung nicht möglich gewesen. Es sei auch völlig abwegig anzunehmen, dass die Polizeibeamten der PI Deggendorf die Papiere ohne eine ausreichende Legitimation herausgegeben hätten. Es handle sich um die einzig mögliche Legitimation des rumänischen Lkw-Fahrers und es liege nahe, dass der rumänische Fahrer die Quittung zu seiner Legimitation von Anfang an vorgelegt hätte. Auch die Ausführungen zu seinem Gesundheitszustand würden nicht überzeugen. Der Zeuge habe doch dargelegt, er habe keine Erinnerung. Er hätte durch eine Nachfahrt eine Rückkehr des Lkw-Fahrers verhindern können. Es wäre die einzige Möglichkeit gewesen, die Tat zu verschleiern, wenn er diesbezügliches Bewusstsein gehabt hätte. Eine Nachfahrt sei nach Aussage des Zeugen W. nicht unüblich.

Er habe tatsächlich nur eine nicht dienstliche Quittung verwendet und den festgestellten Straftatbestand nicht verwirklicht. Es sei fraglich, ob dies überhaupt disziplinarisch geahndet werden könne. Auch entfalte Art. 15 BayDG eine entsprechende Sperrwirkung. Die Disziplinarklage sei daher abzuweisen. Schließlich habe der veruntreute Betrag die Geringwertigkeitsgrenze in Höhe von 50 Euro nicht erreicht. Er könne durch die konkrete Tatausführung nicht noch zusätzlich belastet werden. Vor diesem Hintergrund könnte bei Beamten, denen Gelder anvertraut würden, in aller Regel nie ein Milderungsgrund in Betracht kommen. Eine Degradierung wäre in jedem Fall ausreichend.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung könne auch der Zeitpunkt eines Vorbringens Einfluss auf die Glaubwürdigkeit haben. Die Tatsache, dass er am 18. September 2007, also einen Tag nach seiner Suspendierung und einen Tag vor der Durchsuchung sein Betriebssystem neu installiert habe, lasse die Vermutung zu, dass er versucht habe, Beweise zu vernichten. Im Internet gebe es eine Vielzahl von kostenlosen und einfach zu bedienenden Programmen, die eine Wiederherstellung der Daten oder auch nur einzelner Dateien unmöglich machen könnten. Dass er diese Programme genutzt habe, lasse sich zwar nicht nachweisen. Auffällig sei jedoch, dass keine Spuren der Quittung gefunden worden seien. Diese habe er aber nach seinen eigenen Angaben an seinem eigenen PC erstellt. Gegenüber der Nutzung solcher Programme stelle die Vernichtung des PC oder der Festplatte kein effektiveres Mittel dar. Dadurch hätte er sich Fragen nach deren Verbleib ausgesetzt. Er habe auch Kenntnis davon haben können, welche Beobachtungen der Zeuge W. habe machen können. Er habe sich frei entscheiden können, ob er lediglich eine mündliche Verwarnung oder eine ordnungsgemäße kostenpflichtige Verwarnung aussprechen würde oder ob er die gefälschte Quittung benutzen würde. Die Benutzung der gefälschten Quittung hätte sich nach der Aussage des Zeugen W. auch nicht aufgrund der an der Dienststelle geführten Liste ergeben. Das Entdeckungsrisiko seitens des Zeugen W. oder der Dienststelle sei äußerst gering gewesen. Bei der Herstellung einer Totalfälschung hätte der Beklagte ebenfalls einen Stempel einer anderen Dienststelle beschaffen bzw. selbst einen Stempel herstellen müssen. Diese Beschaffung hätte das Entdeckungsrisiko deutlich erhöht. Für den Fall einer erneuten Kontrolle des Zeugen W. wäre ein Stempel einer nicht existenten oder nicht zuständigen Dienststelle mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aufgefallen. Eine Totalfälschung hätte daher die Möglichkeit der Entdeckung sogar deutlich erhöht. Wäre auf der Quittung eine falsche Dienststelle gestanden, so wäre der Zeuge zu dieser gefahren, wo aufgrund der fehlenden Zuständigkeit die Untreue und die Verfälschung der Verwarnung unweigerlich aufgefallen wäre. Für den Fall, dass der Beklagte mit einem Phantasienamen unterschrieben hätte, wäre dem Beamten auf seiner Dienststelle dies sofort aufgefallen. Darüber hinaus sei eine Totalfälschung nicht erforderlich gewesen. Der Beklagte habe als Verkehrspolizist das Risiko einer erneuten Kontrolle sehr gut einschätzen können. Sie hätte lediglich durch eine Streife der VPI P. erfolgen können, die den übrigen Autobahnabschnitt bis zur Grenze überwache. Dieser Abschnitt werde lediglich von einer einzelnen Streife überwacht. Bei einem Verkehrsaufkommen von 11.000 Lkw täglich sei das Risiko einer zweiten Kontrolle desselben Fahrzeugs äußerst gering. Die Entdeckung der Tat sei allein dem Umstand geschuldet, dass der Zeuge B. seine Papiere im Polizeifahrzeug vergessen habe. Der Vortrag des Beklagten sei auch deswegen unglaubwürdig, weil er sich nicht auf ein Vorbringen festlege. Einerseits solle die gefälschte Quittung so täuschend echt gewesen sein, dass er sie selbst nicht erkannt und aus Versehen benutzt habe. Andererseits sei sie so offensichtlich gefälscht gewesen, dass jeder Beamte dieses sofort erkannt hätte und deswegen eine Totalfälschung zwingend erforderlich gewesen wäre, hätte die Tat unentdeckt bleiben sollen. Auch das Vorbringen, der Beklagte wäre dem Zeugen B. nach der Entdeckung der Papiere nachgefahren, wenn er Tatvorsatz gehabt hätte, verfange nicht. Ein Nachfahren erfolge nur dann, wenn der zeitliche Abstand nicht zu groß sei und Chancen bestünden, die Person noch zu erreichen. Demzufolge könne allein die Tatsache, dass der Beklagte dem Zeugen B. nicht nachgefahren sei, nicht zu dem Schluss führen, er habe keinen Vorsatz gehabt. Sollte er bzw. der Zeuge W. die Papiere nicht rechtzeitig entdeckt haben, hätte er sich durch ein Drängen auf das Nachfahren verdächtig gemacht. Dem Beklagten sei es also nicht mehr möglich gewesen, ein Erscheinen des Zeugen B. auf der Dienststelle zu verhindern. Hätte er auf der Dienststelle auf diesen gewartet, nur um ihm seine Papiere auszuhändigen, hätten die Kollegen Verdacht geschöpft, insbesondere, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits angegeben gehabt habe, es gehe ihm nicht gut. Die Tatsache, dass er die Papiere in sein Fach gelegt habe, könne ihn deshalb nicht entlasten. Es habe keine andere Möglichkeit bestanden, dem Zeugen B. die Papiere wieder zukommen zu lassen. Dem Beklagten sei keine andere Alternative geblieben, als zu versuchen, den Vorgang so alltäglich wie möglich aussehen zu lassen und zu hoffen, dass die Quittung nicht vorgezeigt oder nicht als Fälschung erkannt werden würde. Der Einwand, der Zeuge B. habe die gefälschte Quittung zwingend vorzeigen müssen, um seine Papiere wieder zu erlangen, könne nicht überzeugen. Auf der Verwarnungsquittung sei weder der Name noch das Nummernschild oder sonst eine Information bezüglich des Betroffenen vermerkt. Durch diese könne keine Legitimation erfolgen. Weiterhin habe der Zeuge B. ein Personaldokument vorgelegt, als er um die Herausgabe seiner Papiere gebeten habe. Es sei deswegen keineswegs abwegig, dass der Beklagte gehofft habe, dass die Beamten auf der Dienststelle aufgrund seines Hinweises die Papiere ohne Weiteres aushändigen würden und es nicht zur Vorlage der Verwarnung kommen würde. Der Milderungsgrund der Geringwertigkeit sei ausgeschlossen, wenn der Täter bei der Tatausführung ein gesteigertes Maß an krimineller Energie gezeigt habe. Dies sei bei Untreue durch Beamte nicht notwendigerweise der Fall. Sollte eine Dokumentation der Annahme von Geldbeträgen schlichtweg unterlassen werden, so sei hierin z.B. keine erhöhte kriminelle Energie zu sehen. Eine Untreue sei nicht zwingend mit einer planmäßigen Vorbereitung verbunden, die im vorliegenden Fall eine Berufung auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit verhindere.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Gericht haben die Akten des Verfahrens wegen Untreue (Az. Cs 5 Js 6932/07), die Disziplinarakten und die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Der Beklagte ist in Abänderung der Ziffer I des angefochtenen Urteils gemäß Art. 10 BayDG in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8) zurückzustufen.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf, solche sind im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.

Die vom Beklagten beantragte Mitwirkung des Personalrats liegt vor (Art. 76 Abs. 1 Nr. 3 Bayerisches Personalvertretungsgesetz - BayPVG -). Nach Wortlaut des Gesetzes und Entstehungsgeschichte des Art. 76 Abs. 1 Nr. 3 BayPVG bezieht sich die Mitwirkung des Personalrats nur auf die Entscheidung, ob Disziplinarklage zu erheben ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 20.10.2005 - 2 C 12/04 <juris> zum BPersVG). Mit Schreiben vom 9. September 2010 stimmte der Hauptpersonalrat beim Bayerischen Staatsministerium des Innern nach Vorlage durch den Personalrat des Polizeipräsidiums N. gemäß Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayPVG der Erhebung der Disziplinarklage zu, hielt aber eine Entfernung des Beklagten aus dem Dienst für unverhältnismäßig.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist auch zur Überzeugung des Senats erwiesen. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte am 13. September 2007 vorsätzlich und schuldhaft eine Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB begangen hat.

Den Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl kommt keine Bindungswirkung gemäß Art. 25 Abs. 1, Art. 55, Art. 63 Satz 1 BayDG zu. Ebenso können gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG die im Strafbefehlsverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden, da der Beklagte die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls im gerichtlichen Disziplinarverfahren substantiiert bestreitet (BVerwG, Urt. vom 29.03.2012 -2 A 11/10; BayVGH, Urt. vom 11.08.2010 -16a D 10.189, jeweils <juris>). Er trägt vor, es sei ihm bereits früher ein- bis zweimal passiert, dass er versehentlich Fehlbestände bei der Abrechnung von Verwarnungsbescheinigungen privat ausgeglichen habe. Während der Dienstunfähigkeit nach seinem Dienstunfall im April 2007 sei er auf die, auch für ihn nachträglich nicht mehr nachvollziehbare, Idee verfallen, künftige Fehlbestände durch Verwendung einer selbst hergestellten Verwarnungsbescheinigung „auszugleichen“. Er habe deshalb die Fälschung hergestellt und ca. zwei Wochen später mit seinen Polizeiunterlagen auf der Dienststelle in seinen Spind gebracht. Im Zeitpunkt der Verhängung des Verwarnungsgeldes am 13. September 2007 habe er aufgrund des Zeitablaufs seit Einlegung in den Verwarnungsblock nicht mehr an die von ihm hergestellte, gefälschte Verwarnungsbescheinigung gedacht und sie aus diesem Grund auch aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse an der Wiegestelle nicht vorsätzlich verwendet. Erst am nächsten Tag, bei der Vorsprache in der Dienststelle, habe er sich wieder an die gefälschte Verwarnungsbescheinigung erinnert. Den Strafbefehl habe er gleichwohl akzeptiert, weil er den Unrechtsgehalt seiner Handlung eingesehen habe.

Der Senat hält diesen Vortrag des Beklagten, der seinen Vorsatz entfallen ließe, aus folgenden Gründen für eine Schutzbehauptung: Die vom Beklagten hergestellte Fälschung unterscheidet sich vom Original so deutlich, dass eine versehentliche Verwendung nicht glaubhaft ist. Das für die Fälschung verwendete Papier ist dicker, es besteht ein deutlicher Farbunterschied zum Original. Die Fälschung hat die Blattnummer 08, nach dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat benutzte er diesen Block zum ersten Mal, d.h. er hätte das Blatt Nr. 01 verwenden müssen. Dass er die Nummerierung „08“ nicht bemerkt hat, ist aufgrund der vielen Eintragungen auf der Bescheinigung durch den Beklagten nicht plausibel. Die Fälschung ist ferner schmäler als das Original. Hinzu kommt, dass die Fälschung nur lose in den Verwarnungsblock eingelegt war, nach Angaben des Beklagten vor den Blättern Nr. 01 oder Nr. 02, so dass der Beklagte sowohl beim Öffnen des Blocks als auch beim Abreißen des Blattes die Verwendung der Fälschung bemerken musste. Der Senat ist aufgrund dieser Umstände davon überzeugt, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Ausstellung der Verwarnungsbescheinigung wusste, dass er die Fälschung, die er im Übrigen selbst hergestellt und in den Verwarnungsblock eingebracht hatte, verwendete.

Die weiteren Tatumstände, insbesondere das Nachtatverhalten des Beklagten, führen nicht zu einer anderen Würdigung.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Absicht des Beklagten nach seinem eigenen, in der mündlichen Verhandlung bestätigten Vorbringen, von Anfang an auf eine Untreue gemäß § 266 StGB gerichtet war. Er wollte mit Hilfe dieser Fälschung etwaige Kassenfehlbestände ausgleichen. Eine solche „Reserve“ stellt eine vollendete Untreue - spätestens - mit Einbringen des Geldes in die Verwahrtasche dar (sog. Bildung einer „schwarzen Kasse“), da der Vermögensnachteil hier nicht erst mit der Verwendung der treuwidrig entzogenen Mittel, sondern schon mit der Entziehung selbst, also mit dem Einrichten der verdeckten Kasse, entsteht (vgl. Fischer, Kommentar zum StGB, 59. Aufl., § 266 StGB RdNr. 136 unter Hinweis auf Rechtsprechung des BGH und des BVerfG).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen bedarf die Einlassung des Beklagten, gegen seinen Tatvorsatz spreche, dass er keine Totalfälschung verwendet habe, keiner Erörterung, da er nach seinem Vorbringen mit dieser Fälschung die Untreue begehen wollte. Gleiches gilt für das angeführte Entdeckungsrisiko aufgrund der Anwesenheit eines Kollegen und das Verbleiben des Geldes in der Verwahrtasche.

Auch die weiteren Einlassungen des Beklagten sprechen nicht gegen die Überzeugung des Senats. Die Angabe von korrektem Namen und Dienststelle des Beklagten auf der Fälschung ist plausibel, weil im Fall von Nachfragen oder gar Ermittlungen nach dem Aussteller, diese durch Ort und Zeitpunkt der Beanstandung unweigerlich zum Beklagten geführt hätten und die Angabe einer unzuständigen Dienststelle vom Empfänger der Beanstandung sofort hätte bemerkt werden können. Das Entdeckungsrisiko durch eine erneute polizeiliche Überprüfung des Lkw Fahrers auf einem späteren Streckenabschnitt war minimal, wie der Kläger ausführlich und nachvollziehbar aufgrund der Kontrolldichte der Autobahn dargelegt hat und spricht nicht entscheidend gegen einen entsprechenden Vorsatz des Beklagten.

Nach der Feststellung des Beklagten, dass die Papiere des Lkw-Fahrers im Streifenwagen liegen geblieben waren, kann aus dem weiteren Verhalten des Beklagtgen nicht der Schluss gezogen werden, dass er die Reservequittung lediglich versehentlich benutzt hätte. Aufgrund der sicher zu erwartenden Nachfrage des Lkw-Fahrers bei einer Polizeidienststelle nach seinen Papieren war es wahrscheinlich, dass der Lkw-Fahrer die gefälschte Verwarnung vorlegen würde und sie von einem Kollegen bemerkt werden könnte. Eine Nachfahrt zu dem nach Angaben des Beklagten etwa bereits 5 km entfernten Lkw wäre auffällig und mit unbestimmtem Erfolg gewesen. Ein Abwarten auf der Dienststelle über sein Dienstende hinaus wäre ebenfalls auffällig gewesen, schließlich handelte es sich um ein nicht unübliches Versehen. Er hat daher nach Überzeugung des Senats durch den Hinweis an seine Kollegen, dass in seinem Fach die Unterlagen des Lkw-Fahrers lägen, versucht, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass eine Vorlage oder Überprüfung der gefälschten Verwarnungsbescheinigung nicht erfolgen würde.

Mit der Herstellung der Verwarnungsquittung hat der Beklagte ferner vorsätzlich und schuldhaft eine unechte Urkunde, die über die Identität des Ausstellers, hier des Freistaats Bayern, täuscht, hergestellt und am 13. September 2007 in den Rechtsverkehr gebraucht, § 267 StGB.

III.

Die Untreue und die Urkundenfälschung durch den Beklagten stellen disziplinarisch eine Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG in der bis zum 31.03.2009 geltenden Fassung; nunmehr § 34 Satz 3 BeamtStG) dar.

IV.

Das festgestellte Dienstvergehen wiegt sehr schwer und führt bei einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Umstände zu einer Zurückstufung des Beklagten gemäß Art. 10 BayDG in das Amt eines Polizeiobermeisters (A 8).

1. Den Bedeutungsgehalt der in § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG für die disziplinarrechtliche Maßnahmenbemessung aufgestellten Kriterien hat das Bundesverwaltungsgericht u.a. in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 (Az. 2 C 12/04 <juris>), vom 3. Mai 2007 (Az. 2 C 9/06 <juris), vom 25. Oktober 2007 (Az. 2 C 43/07 <juris>), vom 29. Mai 2008 (Az. 2 C 59/07 <juris>) und 23. Februar 2012 (Az. 2 C 38/10 <juris>) näher bestimmt. Obwohl Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG mit § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG nicht uneingeschränkt übereinstimmt, können die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts auch zur Konkretisierung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG herangezogen werden (BayVGH, Urt. vom 23.09.2009 - Az. 16a D 07.2355 <juris>).

Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 a.a.O., RdNr. 16; Urt. vom 03.05.2007 - Az. 2 C 9/09 <juris>; BayVGH, Urt. vom 23.09.2009 a.a.O.).

Bei dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessensrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 a.a.O., RdNr. 17).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 a.a.O., RdNr. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum andern nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 a.a.O. RdNr. 13 <juris>; BayVGH, Urt. vom 23.09.2009 a.a.O). Dabei ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen; hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 a.a.O. RdNr. 20). Wiegt das Dienstvergehen schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen (BVerwG, Beschl. vom 15.04.2009 - Az. 2 B 1/09 <juris>).

Das Kriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 - a.a.O. RdNr. 15.; BayVGH, Urt. vom 23.09.2009 a.a.O.).

Die Bemessungskriterien „Persönlichkeitsbild des Beamten“ und „bisheriges dienstliches Verhalten“ gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfassen dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung (BVerwG, Urt. vom 29.05.2008 a.a.O. RdNr. 14; BayVGH, Urt. vom 23.09.2009 a.a.O.). Sie erfordern eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.

2. Für den hier zu entscheidenden Fall ergibt sich danach folgendes:

Es handelt sich um ein Zugriffsdelikt im Sinne der Rechtsprechung der Disziplinargerichte (vgl. BVerwG, Urt. vom 23.02.2012 - 2 C 38/10; Beschl. vom 20.12.2011 -2 B 64/11, jeweils <juris>). Ein Zugriffsdelikt im disziplinarischen Sinne liegt - unabhängig von der strafrechtlichen Einordnung als Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung - dann vor, wenn der Beamte dienstlich anvertraute Gelder oder Güter veruntreut hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind. Das ist hier der Fall. Mit der Übergabe des Verwarnungsgeldes an den Beklagten gelangte dieses in dienstlichen Gewahrsam, weil sowohl der beanstandete Verkehrsteilnehmer als auch der Polizeibeamte die Übernahme in dienstlichen Gewahrsam übereinstimmend erklären und der dieser Erklärung entgegenstehende innere Vorbehalt des Beklagten nach der auch im öffentlichen Recht geltenden Regelung des § 116 S. 1 BGB unbeachtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. Vom 21.07.1998 - 1 D 51/97 <juris> beim Fall der Gebührenüberhebung). Erst im Anschluss daran - eine logische Sekunde später - tritt aufgrund des Untreuevorsatzes des Beklagten der Vermögensnachteil beim Kläger ein, dem das Verwarnungsgeld zusteht (Konsumption der Unterschlagung gem. § 246 Abs. 2 StGB durch die Untreue gem. § 266 StGB).

Ein Zugriffsdelikt rechtfertigt regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich überschreiten, die bei 50 Euro liegt (BVerwG, Urt. vom 23.02.2012 - 2 C 38/10; Urt. vom 08.04.2003 - 1 D 27/02 jeweils <juris>). Denn die Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Geldern und Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist unmöglich und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss grundsätzlich mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, Beschl. vom 20.12.2011 - 2 B 64/11 <juris> RdNr. 11).

Der Beklagte hat hier 30 Euro veruntreut, was die Geringwertigkeitschwelle nicht überschreitet. Voraussetzung für die Anwendung des Milderungsgrundes der Geringwertigkeit ist jedoch, dass der Beamte nicht durch sein Verhalten oder die konkrete Tatausführung zusätzlich belastet ist und dass durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Schutzgüter verletzt werden (BVerwG, Urt. vom 08.04.2003 - 1 D 27/02; Urt. vom 24.11.1992 - 1 D 66/91, jeweils <juris>). Nicht ausgeschlossen wird der Milderungsgrund allerdings durch bloße Begleitdelikte wie z.B. das Zurückhalten der Abrechnungsunterlagen oder deren falsches Ausfüllen oder Verfälschen, denen selbst kein erhebliches Eigengewicht zukommt (BVerwG, Urt. vom 24.11.1992 - 1 D 66/91 <juris>) oder die keine besonders hohe kriminelle Energie erkennen lassen (BVerwG, Urt. vom 28.10.1998 -1 D 99/97; Urt. vom 04.09.2008 - 2 B 61/07, jeweils <juris>).

Der Beklagte hat vorliegend zwar mit beachtlicher krimineller Energie gehandelt, weil er bereits Monate vor der Tat die „Reservequittung“ aufwändig in mehreren Schritten vorbereitet und trotzdem danach nicht von seinem Vorhaben Abstand genommen hat. Zugunsten des Beklagten ist jedoch davon auszugehen, dass er nur einmalig eine solche „Reservequittung“ hergestellt hat. Zudem handelt es sich bei der Urkundenfälschung um ein notwendiges Begleitdelikt, ohne das das Zugriffsdelikt nicht möglich gewesen wäre. Darüber hinaus befand sich der Beklagte nach seinem schweren Dienstunfall im April 2007 in einer physischen und psychischen Ausnahmesituation.

Bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens kann deshalb wegen des Milderungsgrundes der Geringwertigkeit noch von einer Zurückstufung ausgegangen werden.

b) Die übrigen Bemessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG verändern in der Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände die aufgrund der Schwere des Dienstvergehens angezeigte Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung nicht.

Der Beklagte ist zwar Polizeibeamter im Einsatz, auf dessen Ehrlichkeit und Gesetzestreue sich Dienstherr und Öffentlichkeit unbedingt verlassen können müssen. Dies führt aber im vorliegenden Fall nicht zu einer Verschärfung der Disziplinarmaßnahme, weil der Beklagte keine herausgehobene Stellung innerhalb der Polizei innehat.

Der Beklagte ist disziplinarisch und strafrechtlich nicht vorbelastet. Seine dienstlichen Leistungen waren nicht zu beanstanden. Er erklärt, seine Tat zu bereuen und ist teilweise geständig. Weitere entlastende Umstände sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht. Der Beklagte handelte weder in einer unverschuldeten existentiellen wirtschaftlichen Notlage, noch in einer Augenblickssituation, noch offenbarte er seine Tat ohne Furcht vor Entdeckung (BVerwG, Beschl. vom 23.02.2012 - 2 B 143/11 <juris> RdNr. 13). Die Tatsache, dass beim Kläger letztlich kein Schaden eingetreten ist, beruht nicht auf einem entlastend zu bewertenden Verhalten des Beklagten, sondern auf der Tatentdeckung.

c) In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats eine Zurückstufung erforderlich und angemessen.

Die Zurückstufung ist im vorliegenden Einzelfall neben der im Strafverfahren ausgesprochenen Geldstrafe gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 24. Dezember 2005 erforderlich, um das Ansehen des Berufsbeamtentums angesichts der dienstlichen Stellung des Beklagten als Polizeivollzugsbeamter zu wahren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).