BGH, Urteil vom 06.12.2012 - VII ZR 189/10
Fundstelle
openJur 2013, 2381
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 4 U 433/08

Wird über das Vermögen des Steuerschuldners das Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren eröffnet, werden - vorbehaltlich spezieller steuergesetzlicher Fälligkeitsbestimmungen - die in diesem Zeitpunkt entstandenen Steuerforderungen gemäß § 220 Abs. 2 Satz 1 AO fällig, ohne dass es deren vorheriger Festsetzung durch Verwaltungsakt, Feststellung oder Anmeldung zur Konkurs- bzw. Insolvenztabelle bedarf (Anschluss an BFH, BFHE 205, 409, juris Rn. 17; BFH, Urteil vom 31. Mai 2005 - VII R 71/04, juris Rn. 8 f.).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Vorbehaltsurteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 26. Oktober 2010 aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 18. August 2008 abgeändert und neu gefasst.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Restwerklohn-, Schadensersatz- und Verzugszinsansprüche gegen den Beklagten geltend, der hiergegen - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Aufrechnung mit rückständigen Umsatzsteuerforderungen erklärt hat. 1 Die Klägerin leitet ihre Ansprüche von der M.-Straßenbau GmbH aus St. (im Folgenden: M.-GmbH) her, deren Geschäftsführer der Ehemann der Klägerin war und über deren Vermögen 1994 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte erteilte der M.-GmbH unter Einbeziehung der VOB/B (1988) mit Schreiben vom 2. Oktober 1989 den Auftrag zum Ausbau einer Kreuzung innerhalb der Ortsdurchfahrt in S. Am 31. März 1992 fand ein förmlicher Abnahmetermin und am 15. Mai 1992 ein Nachabnahmetermin statt. Mit Datum vom 13. Mai 1993 erteilte die M.-GmbH dem Beklagten eine Schlussrechnung über das Bauvorhaben, die sie am 15. September 1993 korrigiert einreichte. Der Klage liegt die überarbeitete Schlussrechnung vom 31. Ok- tober 1995, mit der die M.-GmbH gegenüber dem Beklagten einen Restbetrag in Höhe von 1.620.107,96 € (= 3.168.655,75 DM) brutto abrechnete, zugrunde. Durch Vereinbarung vom 25. Oktober 1995/6. November 1995 verkaufte der Konkursverwalter der M.-GmbH diese Forderung an die Klägerin, die gemäß § 432 BGB Zahlung an sich und den Konkursverwalter begehrt.

Das Konkursverfahren über das Vermögen der M.-GmbH wurde am 5. Dezember 1994 eröffnet. Während des laufenden Konkursverfahrens erließ das Finanzamt St. gegen die M.-GmbH am 17. Januar 1995 und am 18. September 1995 Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1993 und 1994. Am 27. Februar 1995 ging die Anmeldung des Finanzamts St. mit einer Gesamtsteuerforderung in Höhe von 1.463.932,34 DM zur Konkurstabelle beim Konkursgericht ein. In der der Anmeldung beigefügten Forderungsaufstellung sind jeweils die Art der Forderung (unter anderem "Lohnsteuer 10/94" und Umsatzsteuerforderungen für die Jahre 1992 und 1993 sowie für einzelne Monate des Jahres 1994), der Betrag und die Fälligkeit im Einzelnen bezeichnet. Der Konkursverwalter bestritt hiervon 40.137,55 DM, nämlich die angemeldete "Lohnsteuer 10/94" (18.437,81 DM) vollständig sowie einen Teil der "Umsatzsteuer 11/94" (21.699,74 DM). Die restlichen angemeldeten 2 Umsatzsteuerforderungen erkannte er an, weshalb am 8. August 1996 eine Forderung in Höhe von 727.974,72 € (= 1.423.794,79 DM) "für den nachzuweisenden Ausfall" zur Konkurstabelle festgestellt wurde.

Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2005 hat der Beklagte (hilfsweise) die Aufrechnung mit Steuerforderungen in Höhe von 1.045.680,91 € erklärt und zur Begründung unter anderem auf die außerprozessuale Aufrechnung des Finanzamts St. gegenüber der M.-GmbH vom 6. August 1993 mit Lohn-, Umsatz- und Körperschaftssteuern in Höhe von 516.388,06 DM verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2005 hat der Beklagte die Höhe der zur Aufrechnung gestellten Steuerforderungen auf 777.097,37 € berichtigt, wobei er zur Individualisierung dieser Forderungen auf das Schreiben des Finanzamts St. vom 10. Januar 2005 Bezug nahm. Darin sind neben der Forderungshöhe folgende Angaben zur Art der Steuerforderungen enthalten: "Umsatzsteuer 1992", "Umsatzsteuer 1993", "Umsatzsteuer 1994" sowie Säumniszuschläge für die Umsatzsteuern der Jahre 1991 bis 1994.

Mit Schriftsatz vom 23. März 2005 hat der Beklagte unter Vorlage eines Auszuges aus der Konkurstabelle auf die dort festgestellte Steuerforderung in Höhe von 727.974,72 € hingewiesen und hierzu erklärt: "... weisen wir die zur Aufrechnung gestellte Steuerforderung durch beglaubigten Auszug aus der Konkurstabelle nach."

Mit Urteil vom 18. August 2008 hat das Landgericht der Klage in Höhe von 202.014,04 € stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Vorbehaltsurteil vom 26. Oktober 2010 den Beklagten zur Zahlung von 696.364,66 € nebst Zinsen "unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten vom 11.1./17.1.2005 mit einer Gegenforderung in Höhe von 777.097,37 EUR aus Umsatzsteuer" gegenüber der M.-GmbH verurteilt und die Klage im Übrigen 4 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, mit der er unter Bezugnahme auf die zur Konkurstabelle festgestellte Forderung in Höhe von 727.974,72 € die Abweisung der Klage begehrt. Mit ihrer Anschlussrevision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Vorbehalts in dem angefochtenen Urteil.

Gründe

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Die Anschlussrevision der Klägerin ist hingegen unbegründet.

Gemäß Art. 103 Satz 1 EGInsO findet die Konkursordnung (KO) in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung.

I.

Das Berufungsgericht führt zur Aufrechnung des Beklagten im Schriftsatz vom 11. Januar 2005, mit der er auf die außerprozessuale Aufrechnung des Finanzamts St. vom 6. August 1993 (516.388,06 DM) Bezug genommen hat, aus, diese könne bereits deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden sei. Die im Schreiben des Finanzamts in Bezug genommene Anlage sei nicht vorgelegt worden. Es erschließe sich nicht, welche Steuerforderungen Gegenstand der Aufrechnung seien. 8 Die im Schriftsatz vom 17. Januar 2005 erklärte Aufrechnung mit Steuerforderungen in Höhe von 777.097,37 € kann nach Ansicht des Berufungsgerichts keine über den Erlass eines Vorbehaltsurteils hinausgehende Wirkung entfalten, weil es sich um eine rechtswegfremde Forderung handele, über die das Berufungsgericht grundsätzlich keine Entscheidung treffen könne. Die Prüfung dieser hinreichend individualisierten Forderung sei den Finanzgerichten vorbehalten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei nur dann zu machen, wenn - was hier nicht der Fall sei - die rechtswegfremde Forderung rechtskräftig festgestellt oder unstreitig sei.

Die im Schriftsatz vom 23. März 2005 vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit den zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € hat nach Ansicht des Berufungsgerichts bereits deshalb keinen Erfolg, weil beide Alternativen des Aufrechnungsausschlusses gemäß § 406 Halbsatz 2 BGB einschlägig seien. Die Eintragung der Feststellung zur Konkurstabelle sei erst am 8. August 1996 erfolgt. Demgegenüber sei die Werk- lohnforderung der M.-GmbH spätestens mit der Vorlage der Schlussrechnung am 31. Oktober 1995 fällig geworden. Auch habe der Beklagte Kenntnis von der am 25. Oktober/6. November 2005 (richtig: 1995) erfolgten Abtretung gehabt. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass der zur Konkurstabelle festgestellten Forderung betragsgleiche Steuerforderungen zugrunde gelegen haben mögen, die zu einem früheren Zeitpunkt fällig gewesen seien. Das Berufungsgericht dürfe den Aufrechnungseinwand nur hinsichtlich rechtskräftig festgestellter oder unbestrittener Gegenforderungen beachten. In welchem Umfang den zur Konkurstabelle festgestellten Forderungen fällige Steuerschulden zugrunde gelegen hätten, sei nicht Gegenstand der Tabelleneintragung. Soweit der Beklagte die Berücksichtigung des Aufrechnungseinwandes hinsichtlich der rechtswegfremden Steuerforderungen aus den "bestandskräftigen" Steuerbescheiden vom 17. Januar 1995 und vom 18. September 1995 herleiten wolle, 11 widerspreche dies der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach nach der Eröffnung des Konkursverfahrens erlassene Steuerbescheide grundsätzlich unwirksam seien.

Nach alledem könne es zwar dahinstehen, ob die Aufrechnung bereits an der hinreichenden Bestimmtheit des Tabelleneintrags scheitere. Die Eintragung zur Konkurstabelle könne keine Rechtskraftwirkung erzeugen, wenn der Rechtsgrund der festgestellten Forderungen nicht hinreichend bestimmt sei. An dieser Bestimmtheit beständen jedoch Zweifel. Der Konkursverwalter habe nicht die gesamten zur Konkurstabelle angemeldeten Forderungen festgestellt, sondern die Forderungen in Höhe eines Teilbetrages von 40.137,55 DM bestritten. Es erschließe sich nicht, wie sich dieser Teilbetrag zusammensetze. Insbesondere könne der festgestellte Betrag nicht dem Gegenstand der Anmeldung zugeordnet werden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

A. Revision des Beklagten Zu Unrecht hat das Berufungsgericht ein Vorbehaltsurteil gemäß § 302 ZPO erlassen. Die Aufrechnung des Beklagten mit den zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen (727.974,72 €) hat gemäß § 389 BGB zum Erlöschen der für das Revisionsverfahren feststehenden Klageforderung in Höhe von 696.364,66 € geführt. Die Klage ist deswegen abzuweisen. 13 1. Mit den gemäß § 145 Abs. 2 KO rechtskräftig festgestellten Steuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € hat der Beklagte wirksam die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt.

a) Das Berufungsgericht geht unzutreffend bereits davon aus, dass der Beklagte in seinen Schriftsätzen vom 11. Januar 2005, 17. Januar 2005 und 23. März 2005 drei voneinander unabhängige Aufrechnungen erklärt hat. Es handelt sich vielmehr um eine Aufrechnung mit Steuerforderungen in Höhe von insgesamt 777.097,37 €, wovon der Beklagte die zur Konkurstabelle festgestellten Umsatzsteuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € vorrangig geltend gemacht hat.

aa) Die in den Schriftsätzen vom 11. Januar 2005 (516.388,06 DM) und 23. März 2005 (727.974,72 €) genannten Beträge sind Bestandteil der zur Aufrechnung gestellten Gesamtsumme von 777.097,37 €.

Im Schriftsatz vom 11. Januar 2005 hat der Beklagte die Aufrechnung mit einem Betrag in Höhe von 1.045.680,91 € erklärt. Dieser Betrag setzte sich nach seiner Berechnung aus folgenden Lohn-, Umsatz- und Körperschaftssteuerrückständen der M.-GmbH zusammen: 480.085,67 DM (516.388,06 DM abzüglich Zahlung der M.-GmbH in Höhe von 36.302,39 DM) zuzüglich 800.217 €. Die im Schriftsatz des Beklagten vom 11. Januar 2005 erwähnte außerprozessuale Aufrechnung des Finanzamts St. gegenüber der M.-GmbH vom 6. August 1993 in Höhe von 516.388,06 DM war folglich Bestandteil der zunächst zur Aufrechnung gestellten Gesamtsumme in Höhe von 1.045.680,91 €. Im Schriftsatz vom 17. Januar 2005 hat der Beklagte diesen Betrag auf 777.097,37 € berichtigt.

Mit Schriftsatz vom 23. März 2005 hat der Beklagte keine darüber hinausgehende Aufrechnung mit weiteren Steuerrückständen der M.-GmbH erklärt. Dies lässt sich seinem Vortrag ohne weiteres entnehmen. Eingangs sei-16 nes Schriftsatzes vom 23. März 2005 hat der Beklagte ausdrücklich erklärt: "... weisen wir die zur Aufrechnung gestellte Steuerforderung durch beglaubigten Auszug aus der Konkurstabelle nach." In seiner Berufungsbegründung vom 22. September 2008 hat der Beklagte unter anderem ausgeführt: "Das Landgericht hätte ... für die Aufrechnung von einer Steuerforderung von 777.097,37 € ausgehen müssen." Weiter hat er im Schriftsatz vom 26. Januar 2009 vorgetragen: "Diese Aufrechnung wurde mit Schriftsatz vom 17.01.2005 auf einen Betrag von 777.097,37 € reduziert. ... Allenfalls hätte man noch darüber streiten können, ob der zur Aufrechnung gestellte Betrag nachgewiesen war, ... . Der Nachweis der Steuerforderung wurde mit der Vorlage des Tabellenauszuges geführt, nach dem der Konkursverwalter eine Steuerforderung i.H.v. 727.974,72 € zur Tabelle anerkannt hat." Danach unterliegt es keinem Zweifel, dass der Beklagte den zur Aufrechnung gestellten Gesamtbetrag (777.097,37 €) mit der Vorlage des Auszuges aus der Konkurstabelle in der dort festgestellten Höhe (727.974,72 €) nachweisen wollte.

Soweit die Revisionserwiderung meint, aus dem Tenor des angefochtenen Vorbehaltsurteils ergebe sich eine Bindung des Senats an die Beurteilung der Aufrechnungslage durch das Berufungsgericht, verkennt es die Bindungswirkung gemäß §§ 318, 302 ZPO. Ein Vorbehaltsurteil ist danach allein für das Nachverfahren bindend, wenn es rechtskräftig geworden ist (vgl. Kayser in Hk-ZPO, 4. Aufl., § 557 Rn. 10 m.w.N.). Eine solche Bindungswirkung scheidet hier wegen der Anfechtung des Vorbehaltsurteils durch den Beklagten von vornherein aus.

bb) Von den zur Aufrechnung gestellten Steuerforderungen hat der Beklagte die zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € vorrangig zur Tilgung der Klageforderung geltend gemacht, § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB. 21 Werden von einem Beklagten mehrere Gegenforderungen zur Aufrechnung gestellt, so bestimmt sich die Reihenfolge, in der diese Gegenforderungen zur Tilgung der Klageforderung heranzuziehen sind, nach § 396 BGB. Gemäß § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB ist grundsätzlich die Tilgungsreihenfolge maßgeblich, die der Aufrechnende bestimmt. Bei dieser Beurteilung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - XII ZR 123/07, BGHZ 179, 1 Rn. 20). Der Beklagte war dazu berechtigt, den Inhalt seiner Aufrechnungserklärungen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung klarzustellen (BGH, aaO Rn. 12).

Hier lässt sich insbesondere den Schriftsätzen des Beklagten vom 23. März 2005 und 26. Januar 2009 mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die Klageforderung in erster Linie mit den zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen getilgt werden sollte. Dort hat der Beklagte jeweils auf die Rechtskraftwirkung der Feststellung einer Forderung zur Konkurstabelle gemäß § 145 Abs. 2 KO und darauf hingewiesen, dass Einwände der Klägerin gegen die Höhe der Steuerforderung deswegen ausgeschlossen seien und die Klage letztlich abzuweisen sei. Dies reicht für die Annahme einer vorrangigen Tilgungsbestimmung nach § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB aus.

b) Die Eintragung der Steuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € in die Konkurstabelle wirkt gemäß § 145 Abs. 2 KO gegenüber der M.-GmbH wie ein rechtskräftiges Urteil.

aa) Der Rechtskraftwirkung steht nicht eine mangelnde Bestimmtheit der festgestellten Forderungen entgegen.

Die Eintragung in die Konkurstabelle gilt gemäß § 145 Abs. 2 KO rücksichtlich der festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Vorrecht nach 23 wie ein rechtskräftiges Urteil. Voraussetzung ist, dass die Identität bzw. der Rechtsgrund der angemeldeten und zur Konkurstabelle festgestellten Forderungen bestimmt bzw. bestimmbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1993 - VIII ZR 119/92, NJW 1994, 576, 577 f.; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 178 Rn. 25).

Zweifel am Rechtsgrund der zur Konkurstabelle festgestellten Forderungen in Höhe von 727.974,72 € bestehen hier nicht. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Rechtsgrund der Tabelleneintragung sei wegen des Bestreitens des Konkursverwalters unklar, geht fehl. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der Identifizierung einer angemeldeten und zur Konkurstabelle festgestellten Forderung nicht nur der Tabellenauszug, sondern auch außerhalb des Auszuges liegende Gesichtspunkte zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1993 - VIII ZR 119/92, NJW 1994, 576, 578). Ausweislich des Tabellenauszuges enthält die Feststellung zur Konkurstabelle den Tag der Forderungsanmeldung, den Inhalt der Forderung, den Umfang des Bestreitens durch den Konkursverwalter (40.137,55 DM) und daran anschließend die verbleibende (unbestrittene) Forderung in Höhe von 1.423.794,79 DM (= 727.974,72 €). Vergleicht man die Forderungsanmeldung des Beklagten und das Schreiben des Konkursverwalters vom 17. Dezember 2009, in dem dieser sein Bestreiten der angemeldeten Steuerforderungen detailliert dargestellt hat - er bestritt die angemeldete "Lohnsteuer 10/94" (18.437,81 DM) vollständig und einen Teil der "Umsatzsteuer 11/94" (21.699,74 DM) -, verbleiben keine Zweifel am Rechtsgrund der zur Konkurstabelle festgestellten Forderungen. Bei diesen handelt es sich um Umsatzsteuern, nämlich die Jahresumsatzsteuern der Jahre 1992 und 1993 sowie die Umsatzsteuern für folgende Monate des Jahres 1994: 1/94, 2/94, 4/94, 5/94, 6/94, 7/94, 8/94, 9/94, 10/94 und 11/94 (nicht bestrittener 28 Teil). Bei der "Umsatzsteuer 11/94" soll es sich nach dem Vortrag der Klägerin um eine Vorsteuerberichtigung für das Jahr 1994 handeln.

bb) Der Rechtskraftwirkung steht auch nicht entgegen, dass nur ein Teil der zur Konkurstabelle angemeldeten Steuerforderungen festgestellt worden ist. Wird ein Teil der angemeldeten Steuerforderungen bestritten, kann der (unbestrittene) andere Teil in die Konkurstabelle eingetragen werden, was hinsichtlich der eingetragenen Forderungen ohne Einschränkungen die Wirkungen des § 145 Abs. 2 KO begründet (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 145 Rn. 3b).

cc) Des Weiteren scheitert die Rechtskraftwirkung entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht daran, dass die Forderungen in der Konkurstabelle mit dem Zusatz "festgestellt für den nachzuweisenden Ausfall" eingetragen worden sind.

Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass die Eintragung einer Forderung in die Konkurstabelle unter Beschränkung auf den Ausfall nur für das Absonderungsrecht Bedeutung hat und die rechtskräftige Feststellung der ganzen Forderung nicht in Frage stellt (BGH, Urteile vom 4. Oktober 1984 - IX ZR 159/83, NJW 1985, 271, 272 und vom 30. Januar 1961 - II ZR 98/59, WM 1961, 427, 429; siehe auch RG, RGZ 139, 83, 85 f.; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 13. Aufl., § 178 Rn. 36).

dd) Anders als die Revisionserwiderung meint, erstreckt sich die Rechtskraftwirkung der Eintragung zur Konkurstabelle gemäß § 145 Abs. 2 KO auch auf die M.-GmbH als Gemeinschuldnerin.

Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass die Eintragung in die Konkurstabelle rücksichtlich der festgestellten Forderung ihrem Betrag und ihrem Vorrecht nach über den Wortlaut von § 145 Abs. 2 KO hinaus nicht nur 29 gegenüber allen Konkursgläubigern, sondern auch gegenüber dem Konkursverwalter (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1984 - IX ZR 159/83, aaO m.w.N.) und - wegen § 164 Abs. 2 KO sogar außerhalb des Konkursverfahrens - gegenüber dem Gemeinschuldner wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt, wenn und soweit dieser der angemeldeten Forderung nicht widersprochen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1961 - II ZR 98/59, WM 1961, 427, 429; siehe auch RG, RGZ 116, 368, 372; OLG Köln, WM 1995, 597, 599; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 164 Rn. 2; Kilger/K. Schmidt, KO, 17. Aufl., § 145 Rn. 3).

Da die M.-GmbH hier den angemeldeten Steuerforderungen nicht widersprochen hat, wirkt die Eintragung dieser Forderungen in die Konkurstabelle ihr gegenüber auch außerhalb des Konkursverfahrens gemäß § 145 Abs. 2 KO wie ein rechtskräftiges Urteil.

c) Mit den gegenüber der M.-GmbH rechtskräftig festgestellten Steuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € konnte der Beklagte unbeschadet der Vorschrift des § 406 Halbsatz 2 BGB die Aufrechnung gegen die an die Klägerin abgetretene Werklohnforderung erklären. Darüber dürfen die Zivilgerichte im vorliegenden Fall entscheiden, obwohl der Aufrechnung eine eigentlich den Finanzgerichten zugewiesene Steuerforderung zugrunde liegt.

aa) Der von der Revision aufgezeigte Meinungsstreit, ob nach der Neufassung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG durch das Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I, S. 2809) das Gericht des zulässigen Rechtsweges nur dann über eine Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung entscheiden darf, wenn diese unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist und anderenfalls ein Vorbehaltsurteil erlassen werden muss (so u.a. BAG, NJW 2002, 317; BAG, MDR 2008, 464; BFH, BFHE 198, 55; BVerwG, NJW 1999, 160; ebenso zu 34 § 17 GVG a.F. BGH, Urteil vom 11. Januar 1955 - I ZR 106/53, BGHZ 16, 124; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 145 Rn. 19a i.V.m. Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 17 GVG Rn. 10; für eine umfassende Entscheidungskompetenz hingegen Hessischer VGH, NJW 1995, 1107; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 17 Rn. 52 f.; Musielak/Stadler, ZPO, 9. Aufl., § 145 Rn. 32), bedarf keiner Entscheidung durch den Senat. Da die zur Aufrechnung gestellten Steuerforderungen hier gemäß § 145 Abs. 2 KO als rechtskräftig festgestellt gelten, hat das Gericht des zulässigen Rechtsweges in einem solchen Fall auch nach der engeren Ansicht über die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung zu entscheiden und darf kein Vorbehaltsurteil erlassen.

bb) Gemäß § 406 BGB kann der Schuldner mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehenden Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. § 406 BGB liegt ebenso wie § 404 BGB der Gedanke zugrunde, dass der Schuldner durch die Abtretung nicht benachteiligt werden, er also gegenüber dem neuen Gläubiger nicht ungünstiger gestellt werden soll, als er gegenüber dem alten Gläubiger stand. Die Vorschrift erhält dem Schuldner damit die Vorteile einer bestehenden Aufrechnungslage (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2002 - VIII ZR 327/00, NJW 2002, 2865 f. m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 406 Rn. 1).

cc) Die Wirkungen von § 406 Halbsatz 1 BGB greifen hier zugunsten des Beklagten ein. Danach kann er die Rechtskraftwirkung von § 145 Abs. 2 KO auch der Klägerin als Zessionarin der Werklohnforderung entgegenhalten. Seiner Aufrechnung mit den zur Konkurstabelle festgestellten Umsatzsteuerforderungen gegenüber der Klageforderung steht § 406 Halbsatz 2 BGB nicht entgegen. 37

(1) Die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Umsatzsteuerforderungen sind mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der M.-GmbH am 5. Dezember 1994 fällig geworden. Zu Unrecht geht das Berufungsgericht davon aus, dass für die Fälligkeit der zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Eintragung in die Konkurstabelle - hier also den 8. August 1996 - abzustellen sei.

Wird über das Vermögen des Steuerschuldners das Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren eröffnet, so werden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - vorbehaltlich spezieller steuergesetzlicher Fälligkeitsbestimmungen - die in diesem Zeitpunkt entstandenen Steuerforderungen fällig, ohne dass es deren vorheriger Festsetzung durch Verwaltungsakt, Feststellung oder Anmeldung zur Konkurs- bzw. Insolvenztabelle bedarf (vgl. BFH, BFHE 205, 409, juris Rn. 17; BFH, Urteil vom 31. Mai 2005 - VII R 71/04, juris Rn. 8 f.).

Auch wenn sich die Voraussetzungen der Aufrechnung gemäß § 226 Abs. 1 AO nach den Vorschriften der §§ 387 ff. BGB bestimmen, beurteilt sich die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 38 AO) gemäß § 220 Abs. 1 AO allein nach den Vorschriften der Steuergesetze (vgl. Uhlenbruck/Maus, Kommentar zur InsO, 13. Aufl., § 80 Rn. 26). Im vorliegenden Fall sind - wie bereits oben unter 1. b) aa) dargestellt - ausschließlich Umsatzsteuerforderungen Gegenstand der Feststellung zur Konkurstabelle. Sofern die M.-GmbH noch selbst Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben haben sollte, dürften diese nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig geworden sein. Sofern das Finanzamt wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen diese selbst festgesetzt haben sollte oder eine Festsetzung durch das Finanzamt unterblieben ist, ist streitig, ob sich die Fälligkeit dann ebenfalls nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG richtet (vgl. BFH, BFHE 189, 14, juris Rn. 3, 50; Bunjes/ Geist/Leonard, UStG, 10. Aufl., § 18 Rn. 7). Auf der Grundlage der Feststellun-39 gen des Berufungsgerichts lässt sich die Fälligkeit nach § 18 UStG nicht abschließend beurteilen. Das kann hier letztlich aber dahinstehen, da selbst bei Unanwendbarkeit von § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG die Umsatzsteuerforderungen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedenfalls mit Eröffnung des Konkursverfahrens fällig geworden sind.

Mangels spezieller steuergesetzlicher Bestimmungen richtet sich die Fälligkeit dann nach § 220 Abs. 2 AO. Gemäß § 220 Abs. 2 Satz 1 AO werden Steuerforderungen grundsätzlich mit ihrer Entstehung fällig. Ausnahmsweise tritt die Fälligkeit nach § 220 Abs. 2 Satz 2 AO erst mit der Bekanntgabe der Steuerfestsetzung ein, wenn der Steueranspruch aus der Festsetzung folgt (§ 218 AO). Diese Einschränkung greift nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch dann nicht ein, wenn der Anspruch des Finanzamts keiner Festsetzung durch Steuerbescheid nach § 218 AO zugänglich ist, weil das Finanzamt nach der Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens bis zum Prüfungstermin gehindert ist, seine Steuerforderungen durch Steuerbescheid festzusetzen (vgl. BFH, BFHE 222, 205, juris Rn. 15; BFH, Urteil vom 31. Mai 2005 - VII R 71/04, juris Rn. 9; BFH, BFHE 207, 10, juris Rn. 11, 17 f.; BFH, BFHE 201, 392, juris Rn. 8 f.; BFH, BFHE 183, 365, juris Rn. 10). Ein nach Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens dennoch erlassener Steuerbescheid ist danach grundsätzlich unwirksam (BFH, BFHE 205, 409, juris Rn. 14; BFH, BFHE 201, 392, juris Rn. 6). Bestand wegen der Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit, die Forderung durch Steuerfestsetzungsbescheid geltend zu machen, ist § 220 Abs. 2 Satz 2 AO nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unanwendbar. Die Fälligkeit richtet sich dann nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO mit der Folge, dass die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens entstandenen Steuerforderungen mit der Verfahrenseröffnung fällig werden (vgl. BFH, BFHE 205, 409, juris Rn. 15, 17; BFH, Urteil vom 42 31. Mai 2005 - VII R 71/04, juris Rn. 9). § 220 Abs. 2 Satz 2 AO kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch nicht sinngemäß dahingehend erweiternd ausgelegt werden, dass die Fälligkeit der Steuerforderungen - wie jedoch das Berufungsgericht meint -, generell erst mit der Titulierung, im Fall des eröffneten Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens also mit der Feststellung der Forderung zur Tabelle oder mit dem Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 251 Abs. 3 AO, eintritt (BFH, BFHE 205, 409, juris Rn. 15).

Wendet man die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geltenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ergibt sich folgendes Bild: Die am 17. Januar 1995 und 18. September 1995 vom Finanzamt St. nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der M.-GmbH erlassenen Steuerbescheide können eine Fälligkeit der Steuerforderungen nicht begründen, da sie unwirksam sind. Die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Steuerforderungen sind vielmehr nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO mit der Eröffnung des Konkursverfahrens am 5. Dezember 1994 fällig geworden.

Die von der Revisionserwiderung geäußerte Ansicht, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gelte nur für Umsatzsteuervorauszahlungen, nicht jedoch für Umsatzsteuerjahresabrechnungen mit der Folge, dass die Jahresumsatzsteuerbeträge für die Jahre 1992 und 1993 hier nicht ohne vorherige Festsetzung hätten fällig werden können, trifft nicht zu. Das Finanzamt ist nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nach Eröffnung des Konkursverfahrens gehindert, einen Steuerbescheid wirksam zu erlassen. Kann aus diesen konkursrechtlichen Gründen eine Steuerfestsetzung nicht ergehen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch eine Jahresumsatzsteuer zu berechnen und im Konkursverfahren zur Tabelle anzumelden (vgl. jüngst BFH, Urteil vom 25. Juli 2012 - VII R 44/10, juris Rn. 8). 43

(2) Die zur Aufrechnung gestellten Umsatzsteuerforderungen sind somit am 5. Dezember 1994 fällig geworden. Da dieser Zeitpunkt vor der Abtretung der Klageforderung an die Klägerin (25. Oktober 1995/6. November 1995) liegt, scheiden beide Alternativen des Aufrechnungsausschlusses nach § 406 Halbsatz 2 BGB aus: Einerseits konnte der Beklagte beim Erwerb der Gegenforderungen keine Kenntnis von der Abtretung an die Klägerin haben (§ 406 Halbsatz 2, 1. Alt. BGB) und andererseits sind die vom Beklagten aufgerechneten Forderungen nicht nach der Kenntniserlangung von der Abtretung fällig geworden (§ 406 Halbsatz 2, 2. Alt. BGB).

d) Der Aufrechnung steht - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - nicht entgegen, dass das Land seinen Ertragsanteil an der Umsatzsteuer nicht dargestellt hat.

Der Bundesgerichtshof hat zwar bereits entschieden, dass § 226 Abs. 4 AO die Teilgläubigerstellung (§ 420 BGB) von Bund und Land an der Umsatzsteuer unberührt lässt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - IX ZR 81/06, NJW-RR 2008, 206 Rn. 9 ff.). Dies bedarf im vorliegenden Fall jedoch schon deswegen keiner Vertiefung, weil der Konkursverwalter und die M.-GmbH den zur Eintragung angemeldeten Steuerforderungen in Höhe von 727.974,72 € nicht widersprochen haben. Die Eintragung dieser Steuerforderungen zur Konkurstabelle wirkt damit hinsichtlich des festgestellten Betrages gemäß § 145 Abs. 2 KO wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber der M.-GmbH. Dieser und - wegen der schon oben dargestellten Wirkungen des § 406 BGB - der Klägerin sind folglich Einwendungen gegen die zur Konkurstabelle festgestellte Forderungshöhe verwehrt.

e) Die Aufrechnung durch den Beklagten scheitert entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung weiterhin nicht daran, dass sie von der unzuständigen Behörde erklärt worden wäre. 45 Die streitige Frage, ob das Finanzamt, das Bundesland oder Bund und Land gemeinsam Gläubiger von Umsatzsteueransprüchen sind (dazu: Stadie, UStG [2009], § 13a Rn. 3), kann dahinstehen, da § 226 Abs. 4 AO ausdrücklich bestimmt, dass für die Aufrechnung als Gläubiger aus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft gilt, die die Steuer verwaltet; im Fall der Umsatzsteuer - mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer - ist dies gemäß Art. 108 Abs. 2 GG das Bundesland (vgl. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 85; Stadie, UStG [2009], § 13a Rn. 3). Hier wurden die Aufrechnungen mit den Umsatzsteuerforderungen immer "für das beklagte Land, letztlich vertreten durch den Landesbetrieb für Straßenbau" erklärt. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, das Finanzamt und nicht der Landesbetrieb für Straßenbau hätte die Aufrechnung erklären müssen, geht dies fehl. Die Klägerin hat die Vertretungsmacht des Landesbetriebs für Straßenbau zur Abgabe der Aufrechnungserklärungen namens des Beklagten nicht bestritten, womit die Aktivlegitimation des Beklagten gegeben ist.

f) Der Aufrechnung des Beklagten steht auch nicht - wie die Revisionserwiderung meint - § 55 KO entgegen.

aa) Nach § 55 Nr. 1 KO ist eine Aufrechnung im Konkursverfahren unzulässig, wenn jemand vor oder nach der Eröffnung des Verfahrens eine Forderung an den Gemeinschuldner erworben hat und nach der Eröffnung etwas zur Masse schuldig geworden ist.

Ein Aufrechnungsverbot nach dieser Vorschrift scheidet hier aus, weil der Beklagte die mit der Klage geltend gemachten Forderungen nicht nach, sondern vor Eröffnung des Konkursverfahrens schuldig geworden ist. Das Berufungsgericht lässt die Fälligkeit dieser Forderungen zwar offen und stellt lediglich fest, sie seien "spätestens mit der Vorlage der Schlussrechnung am 31.10.1995 fällig geworden". Bereits aus dem unstreitigen Sachvortrag der Par-49 teien ergibt sich jedoch, dass die von der Klägerin geltend gemachten Restwerklohn- und Schadensersatzansprüche jedenfalls Mitte Juli 1993 - und damit vor Eröffnung des Konkursverfahrens - fällig geworden sind. Unstreitig stellte die M.-GmbH nach der Abnahme der Werkleistungen durch den Beklagten diesem am 13. Mai 1993 eine Schlussrechnung, mit der sie neben dem Restwerklohn auch Schadensersatz forderte. Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (1988) wurden die in der Schlussrechnung enthaltenen Forderungen - da der Beklagte keine Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung erhob - spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zugang fällig. Die spätere Korrektur dieser Schlussrechnung und das Erstellen weiterer Schlussrechnungen am 15. September 1993 und 31. Oktober 1995, die keine über die ursprüngliche Schlussrechnung hinausgehenden Ansprüche beinhalten, ändert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts an der einmal eingetreten Fälligkeit (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - VII ZR 48/07, BauR 2010, 1249 Rn. 18 ff., 22 = NZBau 2010, 443 = ZfBR 2010, 568).

bb) Nach § 55 Nr. 2 KO ist eine Aufrechnung im Konkursverfahren weiterhin unzulässig, wenn jemand dem Gemeinschuldner vor der Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig war und nach derselben eine Forderung an den Gemeinschuldner erworben hat, auch wenn diese Forderung vor der Eröffnung für einen anderen Gläubiger entstanden war.

Dieses Aufrechnungsverbot greift im vorliegenden Fall ebenfalls nicht ein. Zwar war der Beklagte - wie gerade dargestellt - der Gemeinschuldnerin (M.-GmbH) vor Eröffnung des Konkursverfahrens etwas schuldig. Die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Steuerforderungen hat er jedoch nicht nach, sondern vor der Eröffnung des Konkursverfahrens erworben. Die Ansicht der Revisionserwiderung, die Umsatzsteuerforderung 11/1994 sei erst mit dem Ende des Voranmeldezeitraums (nach ihrer Ansicht der 31. Dezember 1994) und damit nach der Konkurseröffnung (steuerrechtlich) entstanden, verkennt die 53 neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach kommt es für die Beurteilung der konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Zulässigkeit einer Aufrechnung nicht darauf an, ob der Umsatzsteueranspruch im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden oder fällig war. Entscheidend ist vielmehr, ob der Umsatzsteueranspruch vor Verfahrenseröffnung in einer Weise begründet war, dass der zugrunde liegende Sachverhalt, der zur Entstehung der Steuerforderung führt, bereits verwirklicht worden ist, auch wenn die Umsatzsteuerforderung steuerrechtlich erst nach Verfahrenseröffnung gemäß § 13 UStG entsteht oder gemäß § 18 UStG fällig wird (vgl. BFH, Urteil vom 25. Juli 2012 - VII R 29/11, juris Rn. 17; BFH, BFHE 236, 274, juris Rn. 27; BFH, BFHE 217, 8, juris Rn. 11, 13; BFH, ZIP 2008, 1780, juris Rn. 17; siehe auch Uhlenbruck/Maus, InsO, 13. Aufl., § 80 Rn. 61). Dies steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Einklang, wonach für das Vorliegen einer Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO entscheidend ist, ob "der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen" ist, d.h. ob das diesen Tatbestand begründende "Schuldverhältnis vor Verfahrenseröffnung bestand" (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. April 2005 - IX ZB 195/03, NJW-RR 2005, 990, 991; vom 22. September 2011 - IX ZB 121/11, juris Rn. 3; vom 13. Oktober 2011 - IX ZB 80/10, NJW 2012, 609 Rn. 7).

Soweit die Revisionserwiderung die Ansicht vertritt, der "Umsatzsteuerforderung 11/1994" liege eine Vorsteuerberichtigung zugrunde und diese Forderung sei nicht mit Eröffnung des Konkursverfahrens, sondern erst mit dem Ende des Voranmeldezeitraums, den sie auf den 31. Dezember 1994 datiert, fällig geworden und entstanden, kann sie sich hierbei nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs berufen. Für die Frage, ob eine steuerliche Forderung aufgrund Berichtigung gemäß § 17 Abs. 2 UStG vor oder nach Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens entstanden ist, ist nach der 55 neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht auf den Ablauf des Voranmelde- oder Besteuerungszeitraums abzustellen. Entscheidend ist vielmehr, wann der materiellrechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird, mithin die in dieser Vorschrift aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen eintreten (vgl. BFH, Urteil vom 25. Juli 2012 - VII R 29/11, juris Rn. 16 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - IX ZR 81/06, NJW-RR 2008, 206). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Berichtigung erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens eingetreten wären. Auch die Klägerin behauptet dies nicht und hat die Entstehung der Forderung vor Konkurseröffnung auch bei deren Anmeldung zur Konkurstabelle nicht bestritten. Folglich ist davon auszugehen, dass die Berichtigungsvoraussetzungen sämtlich schon vor diesem Zeitpunkt vorgelegen haben. Dafür spricht, dass auch der Konkursverwalter Bedenken gegen das Bestehen des ganz überwiegenden Teils der angemeldeten Umsatzsteuerforderung 11/1994 nicht vorgebracht hat.

g) Entgegen der Revisionserwiderung konnte der Beklagte die Aufrechnung auch mit Steuerforderungen gegen die zivilrechtliche Klageforderung erklären. § 226 Abs. 4 AO verlangt nicht die Aufrechnung von gegenseitigen Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs lässt § 226 Abs. 1 AO schlechthin die Aufrechnung sowohl mit Ansprüchen aus einem Steuerschuldverhältnis als auch gegen solche Ansprüche zu. § 226 Abs. 4 AO ist dabei nicht als Einschränkung von § 226 Abs. 1 AO in dem Sinne zu verstehen, dass beide Ansprüche, die sich aufrechenbar gegenüberstehen, aus einem Steuerschuldverhältnis herrühren müssen (vgl. BFH, BFHE 139, 487 m.w.N.). Gegenstand der Aufrechnung können vielmehr Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis und schuldrechtliche Ansprüche aller Art sein. Der Steuergläubiger kann - sofern die Voraussetzungen der Aufrechnung im Übri-56 gen erfüllt sind - ohne weiteres mit seinen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gegen zivilrechtliche Ansprüche des Steuerpflichtigen aufrechnen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - IX ZR 81/06, NJW-RR 2008, 206 Rn. 9 f.; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, 129. Ergänzungslieferung, § 226 AO Rn. 4, 13 f. m.w.N.).

h) Weitere Gründe, die der Aufrechnung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Aufrechnung des Beklagten weder ein vertragliches Aufrechnungsverbot noch der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

2. Gemäß § 389 BGB hat die Aufrechnung des Beklagten zum Erlöschen der gesamten Klageforderung geführt. Der Beklagte konnte gegen die der Klägerin zustehenden Restwerklohn-, Schadensersatz- und Verzugszinsansprüche in Höhe von 696.364,66 € wirksam die Aufrechnung mit den zur Konkurstabelle festgestellten Umsatzsteuerforderungen in Höhe 727.974,72 € erklären, da sich beide Forderungen aufrechenbar gegenüberstanden. Die zur Konkurstabelle festgestellten Umsatzsteuerforderungen sind folglich in Höhe der Klageforderung erloschen.

Wird die Klage - wie hier - rechtskräftig abgewiesen, weil die Aufrechnung durchgreift, steht nach § 322 Abs. 2 ZPO fest, dass die Gegenforderung im Umfang der Klageforderung verbraucht und erloschen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 148/01, NJW 2002, 900, juris Rn. 11). An dieser Stelle bedarf es folglich noch der Klärung, welche der zur Aufrechnung gestellten Umsatzsteuerforderungen erloschen sind. Dies ist durch Auslegung der Aufrechnungserklärung des Beklagten zu ermitteln. Werden mehrere Forderungen in tabellarischer Form, die den Fälligkeitsdaten folgt, zur Konkurstabelle angemeldet und so auch im Prozess zur Aufrechnung gestellt, ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Zweifel davon auszugehen, dass der Aufrechnen-58 de die Forderungen in der Reihenfolge der zur Konkurstabelle angemeldeten Positionen zur Aufrechnung stellen will. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 23. März 2005 vorrangig die Aufrechnung mit den zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen erklärt und hierzu einen Tabellenauszug vorgelegt. Zuvor hatte er mit Schriftsatz vom 17. Januar 2005 bei seiner Aufrechnungserklärung auf die Anmeldung zur Konkurstabelle Bezug genommen. Dies kann nicht anders verstanden werden, als dass der Beklagte die Steuerforderungen in derselben Reihenfolge wie in der Anmeldung zur Konkurstabelle im Prozess zur Aufrechnung stellen wollte.

Im Ergebnis ist die Klage deswegen vollumfänglich abzuweisen.

B. Anschlussrevision der Klägerin Die auf vorbehaltlose Verurteilung des Beklagten gerichtete Anschlussrevision d er Klägerin hat nach den vorstehenden Ausführungen keinen Erfolg und ist deswegen zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Kniffka Eick Halfmeier Kosziol Leupertz Vorinstanzen:

LG Saarbrücken, Entscheidung vom 18.08.2008 - 12 O 71/96 -

OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 26.10.2010 - 4 U 433/08-136- - 64