ArbG Hamburg, Urteil vom 12.10.2011 - 20 Ca 116/11
Fundstelle
openJur 2013, 1800
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der mit Bescheid des Bundesversicherungsamts vom 04. Mai 2011 angeordneten Schließung der City BKK zum 30. Juni 2011 nicht mit Ablauf des 30. Juni 2011 beendet worden ist.

2. Es wird weiterhin festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 19. Mai 2011 weder zum 30. Juni 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt beendet worden ist oder beendet werden wird.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35.574,42 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund der angeordneten Schließung der Beklagten zum 30. Juni 2011 und aufgrund einer vorsorglich ausgesprochenen Kündigung.

Der am ... 1951 geborene Kläger stand seit dem 01. Oktober 1970 als Verwaltungsangestellter in einem Arbeitsverhältnis zur Stadt H. Mit Wirkung zum 01. August 1978 ernannte ihn die Stadt H. unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungsinspektor zur Anstellung. Seit dem 31. Juli 1987 stand er als Regierungsamtmann in den Diensten der Stadt H.. Auf der Grundlage eines dreiseitigen Vertrages zwischen dem Kläger, der Stadt H. und der Betriebskrankenkasse (im Folgenden: BKK) der Stadt H. vom 21. Juni 1995 (Anlage 4 zur Klage, Bl. 11 bis 13 d.A.) vereinbarten die Vertragsparteien die Beurlaubung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis unter Fortfall der Bezüge bei gleichzeitiger Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur BKK Stadt H.. Für den Fall der Auflösung oder Schließung der BKK räumte ihm die Stadt H. ein Rückkehrrecht ein, und zwar mit den Bezügen der Besoldungsgruppe, die er vor der Übernahme durch die BKK Stadt H. erreicht hatte; die Zeit der Beurlaubung wird als Dienstzeit bei der Stadt H. anerkannt (Ziffer 5 des Vertrages). Die Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis und die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur BKK Stadt H. erfolgten mit Wirkung zum 01. Januar 1999. Im Jahr 2004 ging das Arbeitsverhältnis von der BKK Stadt H. auf die aus der Fusion der BKK Stadt H. und der BKK B. entstandene Beklagte über.

Die Beklagte war eine geöffnete Betriebskrankenkasse und beschäftigte rund 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Kläger war zuletzt gegen eine Bruttomonatsvergütung von 5.929,07 € für die Beklagte tätig. Gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Manteltarifvertrages für die Beschäftigten der Betriebskrankenkassen vom 15. März 2010/24. März 2011 kann das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 50. Lebensjahres und einer 10-jährigen Beschäftigungszeit nur fristlos aus einem in der Person oder im Verhalten des Beschäftigten liegenden wichtigen Grund gekündigt werden.

Am 07. April 2011 zeigte der Vorstand der Beklagten dem Bundesversicherungsamt die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Beklagten an. Das Bundesversicherungsamt ordnete mit einem Bescheid vom 04. Mai 2011 (Anlage B 1, Bl. 77 bis 87 d. A.) die Schließung der Beklagten mit Ablauf des 30. Juni 2011 und die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an. Mit Schreiben vom 09. Mai 2011 (Anlage 6 zur Klage, 16, 17 d.A.) unterrichtete die Beklagte den Kläger über diesen Sachverhalt.

Die Stadt H. räumt dem Kläger aufgrund der Schließung der Beklagten ein Rückkehrrecht ein, das er in Anspruch nimmt. Mit Schreiben vom 06. Mai 2011 (Anlage 8 zur Klage, Bl. 23, 24 d.A.) teilte ihm die Beklagte mit, dass er wählen könne, ob er zur Stadt H. zurückkehren oder das Angebot des BKK Landesverbandes B1. zur Beschäftigung beim Landesverband selbst oder bei einer anderen BKK annehmen wolle. Im Fall der Annahme des Angebots des Landesverbandes der BKK B1. bestünde die Option, dass er zur „City BKK K.“ zu Abwicklungszwecken abgeordnet werden könne. Im Falle der Ausübung des Rückkehrrechts zur Stadt H. sei sie, die Beklagte, interessiert daran, ihm ein befristetes Angebot der „City BKK K.“ zu unterbreiten; dieses habe auf den Bestand des Rückkehrrechts keinen Einfluss.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2011 (Seiten 1 und 2 der Anlage 9 zur Klage, Bl. 25, 26 d.A.) bot ihm der Landesverband der Betriebskrankenkassen B. bei der SBK H., am Standort P. eine Beschäftigung als Sachbearbeiter im Geschäftsbereich „Vertrieb“ gegen eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9 des ERA an. Dies ergäbe, je nach den Fähigkeiten und der bisherigen Dienststellung, eine Vergütung zwischen 3.340,00 € und 3.504,00 €. Dieses Angebot hat der Kläger abgelehnt.

Ferner erhielt der Kläger ein Angebot auf Abschluss eines bis zum 30. Juni 2012 befristeten Arbeitsvertrages mit der „City BKK K.“; dieses Angebot hat er angenommen.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 (Anlage 10 zum Schriftsatz des Klägers vom 27. Mai 2011, Bl. 32 d.A.) erklärte die Beklagte vorsorglich die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit sozialer Auslauffrist zum 30. Juni 2011, höchst vorsorglich zum nächst möglichen Termin, dies sei nach ihrer Berechnung der 31. Dezember 2011.

Die Beklagte ist seit dem 01. Juli 2011 geschlossen und firmiert seitdem als „City BKK Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung“ (City BKK K.).

Mit seiner am 24. Mai 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage und seiner am 30. Mai 2011 gegen die Kündigung gerichteten Klageerweiterung, die am 06. Juni 2011 der Beklagten zugestellt wurde, wendet der Kläger sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund der angeordneten Schließung zum 30. Juni 2011 und aufgrund der vorsorglich ausgesprochenen Kündigung.

Der Kläger trägt vor, eine gesetzliche Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V könne wegen eines Verstoßes gegen seine Grundrechte aus Art. 3, 9 und 12 GG nicht erfolgen; § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V sei verfassungswidrig. Die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30. Juni 2011 endet;

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die dem Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 19. Mai 2011 zum 30. Juni 2011 ausgesprochene Kündigung beendet wird;

3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die dem Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 19. Mai 2011 zum nächst möglichen Termin bzw. zum 31. Dezember 2011 höchst vorsorglich ausgesprochene Kündigung beendet wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, ein Eingriff in die Rechte der Arbeitnehmer aus Art. 12 GG aufgrund der gesetzlich angeordneten Beendigung der Arbeitsverhältnisse liege nicht vor, weil die BKK bereits aufgrund der Schließung ihre Rechtspersönlichkeit verloren habe; den Arbeitnehmern komme gewissermaßen ihr Arbeitgeber abhanden. Die Abwicklungskörperschaft, die City BKK K., sei nur teilrechtsfähig und mit der ursprünglichen Arbeitgeberin, der geschlossenen BKK, nicht identisch (§ 155 Abs. 1 S. 2 SGB V).

Selbst wenn durch die Bestimmung des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V in die Rechte des Klägers aus Art. 3, 9, 12 GG eingegriffen würde, würde der Eingriff gerechtfertigt sein. Die gesetzlich angeordnete Beendigung der Arbeitsverhältnisse zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Schließung diene der Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft und der Bewahrung eines diversifizierten Kassensystems als Bestandteil eines funktionierenden Gesundheitssystems. Ein funktionierendes Gesundheitssystem sei ein Gemeinwohlgut höchsten Ranges. Aufgrund der gesetzlich angeordneten Dritthaftung der Betriebskrankenkassen (§ 155 Abs. 4 S. 4 SGB V) bestehe die Notwendigkeit, die Schließungs- einschließlich der Personalkosten für die mithaftenden Betriebskrankenkassen zu beschränken. Ohne eine Beschränkung bestehe die Gefahr, dass es zu einem „Domino-Effekt“ komme: Kassen, die an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit seien, würden mit den Kosten der geschlossenen Kasse belastet und müssten deshalb unter Umständen, je nach dem Stand ihrer Verbindlichkeiten, Zusatzbeiträge bei den Versicherten erheben oder wegen dauerhafter Leistungsunfähigkeit ebenfalls schließen.

§ 164 Abs. 4 S. 1 SGB V sei auf alle Arbeitnehmer anwendbar, unabhängig davon, ob sie tarifvertraglich ordentlich kündbar seien, ob sie ein Angebot von dem Landesverband oder einer anderen BKK oder der Abwicklungsgesellschaft erhalten hätten und ob sie das Angebot angenommen hätten. Auch auf den Inhalt eines Beschäftigungsangebots bei einem Landesverband, einer anderen BKK oder der Abwicklungskörperschaft komme es nicht an. Bei einem Verstoß gegen die in § 164 Abs. 3 S. 3 und S. 4 SGB V enthaltenen Verpflichtungen käme allenfalls ein Schadensersatzanspruch in Betracht. Der § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V zugrunde liegende, gesetzgeberische Zweck gebiete, unabhängig von weiteren Voraussetzungen, insbesondere ohne weitere Darlegungen des Arbeitgebers, ohne Beachtung von Kündigungsfristen und eines etwaigen Sonderkündigungsschutzes, mit Wirksamwerden der Schließung die rechtssichere Beendigung aller Arbeitsverhältnisse.

Sofern das Arbeitsverhältnis nicht bereits aufgrund der Schließung zum 30. Juni 2011 beendet worden sei, sei es jedenfalls aufgrund der zum 30. Juni 2011 ausgesprochenen Kündigung beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sie ihre Rechtspersönlichkeit verloren (vgl. § 155 Abs. 1 S. 2 SGB V). Der Betrieb sei vollständig geschlossen; auf das „Kunstgebilde“ der Abwicklungskörperschaft komme es nicht an, da diese einen völlig anderen Zweck als die BKK habe. Damit sei der Beschäftigungsbedarf für alle Arbeitnehmer entfallen; folglich entfalle auch das Erfordernis einer Sozialauswahl. In jedem Fall müsse eine Beendigung unter Wahrung der tarifvertraglich längsten Kündigungsfrist, d.h. im Fall des Klägers zum 31. Dezember 2011, möglich sein.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf sämtliche zwischen ihnen gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vor der Kammer vom 12. Oktober 2011 sowie auf das im Auftrag der Beklagten erstellte Gutachten des Prof. Dr. G. aus September 2011, das zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, Bezug genommen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2011 nach Anhörung der Parteien die in der Klageschrift vom 23. Mai 2011 aufgeführte Beklagtenbezeichnung „City BKK, Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Vorstand“ im Wege der Rubrumsberichtigung dahin gehend geändert, dass die Beklagtenbezeichnung nunmehr „City BKK, Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung, vertreten durch den Vorstand O. R.“ lautet.

Gründe

Die Klage hat insgesamt Erfolg. Die Klaganträge zu 1. bis 3. sind zulässig und begründet.

I. Antrag zu 1.

1. Der Klagantrag zu Ziffer 1 richtet sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 28. Auflage 2010, Vor. 253 Rn. 11a, § 50 Rn. 5, § 56 Rn. 10) gegen die „City BKK Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung“; diese ist parteifähig (§ 50 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 2 SGB V).

a. Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2011 nach Anhörung der Parteien im Wege der Rubrumsberichtigung verfügt, dass sich die Klage gegen die „City BKK Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung“ richtet.

aa. Die Parteien eines Prozesses werden vom Kläger in der Klageschrift bezeichnet. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität. Bleibt die Partei nicht dieselbe, liegt keine "Berichtigung" vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozess eingeführt. Dagegen ist die ungenaue oder falsche Parteibezeichnung unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden; eines Beschlusses bedarf es hierfür nicht (BAG, Urteil vom 27. November 2003, 2 AZR 692/03, zit. nach Juris, m.w.N.). Eine Änderung der Parteibezeichnung ist auch dann erforderlich, wenn sich im Laufe des Rechtsstreits die richtige Bezeichnung der Partei ändert oder sich ein identitätswahrender Rechtsformwechsel vollzieht (Zöller, Zivilprozessordnung, 28. Auflage 2010, § 319 Rn. 14).

bb. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist festzustellen, dass sich aufgrund der Schließung der Beklagten zum 30. Juni 2011, und somit nach Klageerhebung, die bereits am 24. Mai 2011 erfolgte, die Bezeichnung der Beklagten geändert hat. Die Identität der Beklagten bleibt jedoch gewahrt.

Eine aufgelöste oder geschlossene Betriebskrankenkasse gilt gemäß § 155 Abs. 1 S. 2 SGB V als fortbestehend, bis die Geschäfte abgewickelt sind, soweit es der Zweck der Abwicklung erfordert. Insoweit ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig, dass „sie“, mithin dieselbe Betriebskrankenkasse, als Körperschaft des öffentlichen Rechts fortbesteht. Die Abwicklungskörperschaft ist als Rechtsperson mit der ursprünglichen Körperschaft identisch; es ändert sich lediglich ihre Bezeichnung aufgrund des zwingend zu führenden Rechtsformzusatzes „in Abwicklung“. Dies wird auch dadurch deutlich, dass für eine „neue“ Körperschaft keinerlei Gründungsakte existieren. Der bloße Zusatz „in Abwicklung“ kreiert keine neue Körperschaft (VG Hamburg, Beschluss vom 24. Juni 2011, 23 FBE 9/11, n.v.; Hänlein in LPK-SGB V, 3. Auflage 2009, § 155 Rn. 2; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl. 2011, § 49 Rn. 5 zur Identität von Verein und Liquidationsverein). Dass eine Körperschaft mitgliedschaftlich verfasst ist und dass mit der Schließung die Mitgliedsverhältnisse der Versicherten zur Beklagten enden mögen (vgl. Hänlein in LPK-SGB V, 3. Aufl. 2009, § 155 Rn. 4), steht dem nicht entgegen. Denn der Zweck der Abwicklungskörperschaft ist gerade deren Abwicklung einschließlich der Abwicklung der Mitgliedsverhältnisse. Insoweit ändert sich lediglich der „Geschäftszweck“ der Körperschaft.

b. Die Beklagte ist auch parteifähig gemäß § 50 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 2 SGB V, weil sie rechtsfähig ist. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob sie nur insoweit rechtsfähig ist, als der Zweck der Liquidation es erfordert (teilrechtsfähig) oder ob sie vollrechtsfähig ist und nur die Vertretungsmacht ihres Vorstands eingeschränkt ist (str., vgl. zum Meinungsstand beim Verein: Ermann/Westermann, BGB, 13. Aufl. 2011, § 49 Rn. 5; zum Meinungsstand bei Betriebs- und Innungskassen: G.: „Zur Verfassungsmäßigkeit des Beendigungsautomatismus des § 155 Abs. 4 i. V. m. § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V“, Gutachten im Auftrag der City BKK in Abwicklung von September 2011, Seite 6, 7: „Man mag insofern von einer Teilrechtsfähigkeit der Kasse sprechen, die streng auf den Abwicklungszweck bezogen ist.“). Denn selbst wenn die Beklagte nur teilrechtsfähig wäre, wäre sie als Beklagte in dem vorliegenden Rechtsstreit, in dem es um die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers aufgrund der Schließung der Beklagten und aufgrund der Kündigung geht, rechtsfähig. Denn die Beendigung eines von der BKK begründeten Arbeitsverhältnisses aufgrund der Schließung ist originär Bestandteil ihrer Abwicklung.

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht aufgrund der Schließung der Beklagten zum 30. Juni 2011 kraft Gesetzes gemäß § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V i. V .m. § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V beendet worden.

a. Gemäß § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V, der über die Verweisung in § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V auch auf Betriebskrankenkassen wie die Beklagte anwendbar ist, enden die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, die nicht nach § 164 Abs. 3 SGB V untergebracht werden, mit dem Tag der Auflösung oder Schließung. § 164 Abs. 3 SGB V regelt eine Unterbringungsverpflichtung der Beschäftigten der Innungskassen beim Landesverband der Innungskassen oder bei einer anderen Innungskasse. Diese Unterbringungsverpflichtung gilt über den Verweis in § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V auch für die tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer einer BKK, und zwar nach dem Gesetzeswortlaut nur für diese. Die ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer einer BKK sind nach Maßgabe des § 164 Abs. 3 SGB V beim Landesverband der Betriebskrankenkassen oder bei einer anderen BKK unterzubringen. Der Kläger ist nach dem Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Betriebskrankenkassen nicht mehr ordentlich kündbar, weil er das 50. Lebensjahr vollendet und eine 10-jährige Beschäftigungszeit bei der Beklagten aufweist: Zum Zeitpunkt der Schließung am 30. Juni 2011 war er 59 Jahre und stand seit 12 Jahren in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten und zu deren Rechtsvorgängerin, der BKK Stadt H. (die Frage der Anrechenbarkeit der Vorbeschäftigungszeit bei der Stadt H. kann außer Acht bleiben). Er ist nicht beim Landesverband oder einer anderen BKK untergebracht worden: Er hat zwar vom Landesverband der Betriebskrankenkassen B. mit Schreiben vom 13. Mai 2011 (Seiten 1 und 2 der Anlage 9 zur Klage, Bl. 25, 26 d.A.) ein Angebot erhalten, bei der SBK H. am Standort P. als Sachbearbeiter im Geschäftsbereich „Vertrieb“ gegen eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 9 des ERA tätig zu werden, dieses Angebot hat er jedoch abgelehnt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes könnte man deshalb annehmen, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zum 30. Juni 2011 beendet worden ist, weil er nicht untergebracht worden ist.

b. Ein derartiges Normverständnis würde im Fall des Klägers zu einem nicht gerechtfertigten Eingriff in seine Berufsfreiheit führen und wäre mit dem Grundgesetz (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht vereinbar. Eine gesetzlich angeordnete Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist jedenfalls dann unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiter beschäftigt. Das ist vorliegend der Fall. Die Beklagte beschäftigt den Kläger über den angeordneten Schließungszeitpunkt, den 30. Juni 2011, hinaus weiter. Der sich bei einem unbefangenen Normverständnis hieraus ergebende Verfassungsverstoß lässt sich im Wege der verfassungskonformen Auslegung vermeiden. § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V ist dahingehend auszulegen, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die zwar nicht beim Landesverband oder bei einer anderen BKK, mithin bei einem anderen Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden, die aber von demselben Arbeitgeber zur Abwicklung weiterbeschäftigt werden, erst recht nicht kraft Gesetzes enden. Eine verfassungskonforme Auslegung in diesem Sinne ist erforderlich und möglich:

aa. Eine verfassungskonforme Auslegung ist erforderlich, weil eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers kraft Gesetzes zum 30. Juni 2011 mit seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre.

(1) Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Der Einzelne wird in seinem Entschluss, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in dem gewählten Beruf zu ergreifen oder ein bestehendes Arbeitsverhältnis beizubehalten oder aufzugeben, vor staatlichen Maßnahmen geschützt, die ihn am Erwerb eines zur Verfügung stehenden Arbeitsplatzes hindern oder zur Annahme, Beibehaltung oder Aufgabe eines bestimmten Arbeitsplatzes zwingen. Dagegen ist mit dem Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes weder ein Anspruch auf Bereitstellung eines Arbeitsplatzes eigener Wahl noch eine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz verbunden. Ebenso wenig gewährt Art. 12 Abs. 1 GG einen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust eines Arbeitsplatzes aufgrund privater Disposition. Insofern obliegt dem Staat hinsichtlich des durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesses des Arbeitnehmers auf Achtung der ausgeübten Arbeitsplatzwahl allerdings eine Schutzpflicht, der er insbesondere im Kündigungsrecht nachgekommen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 25. Januar 2011, 1 BvR 1741/09, Rn. 72 und vom 27. Januar 1998, 1 BvL 15/87, Rn. 25, beide zit. nach Juris; Leibholz/Rinck, GG, Art. 12 Rn. 86).

Ein Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit durch ein Gesetz ist nach dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerechtfertigt, wenn der Eingriff, gemessen am Zweck des Gesetzes, geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. BVerfG vom 25. Januar 2011, a. a. O., Rn. 79 bis 85).

(2) Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen liegt im Fall des Klägers ein nicht gerechtfertigter Eingriff in seine Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG vor.

(a) § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V i.V.m. § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V stellen einen unmittelbaren Eingriff des Staates in die freie Wahl des Arbeitsplatzes dar. Denn im Fall der Schließung einer BKK endet zum Zeitpunkt der Schließung das privatautonom begründete Arbeitsverhältnis unmittelbar kraft Gesetzes. Dieser Eingriff wird auch nicht dadurch beseitigt, dass die Parteien im Streitfall nahtlos ein neues Arbeitsverhältnis begründet haben. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass das neu begründete Arbeitsverhältnis, im Gegensatz zum ursprünglichen Arbeitsverhältnis, zeitlich befristet ist. Die Beklagte ist nicht bereit, gemeinsam mit dem Kläger verbindlich auf die Rechtswirkungen des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V, die gesetzliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, zu verzichten. Ebenso wenig wird dieser Eingriff dadurch beseitigt, dass der Kläger ein Rückkehrrecht zur Stadt H., mithin zu einem anderen Arbeitgeber hat, das er auch in Anspruch nimmt.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten endet das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht unabhängig von der gesetzlichen Regelung unmittelbar aufgrund der Schließung und eines Verlusts der Rechtspersönlichkeit der Beklagten; dem Kläger ist auch nicht sein Arbeitgeber abhandengekommen. Insoweit kann auf die unter I. 1. getroffenen Rechtsausführungen Bezug genommen werden: Die Beklagte, mithin die Arbeitgeberin des Klägers, ist durch die Schließung nicht erloschen, sondern besteht zumindest bis zur Beendigung der Abwicklung fort (§ 155 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die Abwicklungskörperschaft ist als Rechtsperson mit der Körperschaft vor der Abwicklung identisch, sie verfolgt lediglich einen anderen „Geschäftszweck“. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers noch vor der Schließung, d.h. vor dem 30. Juni 2011 begründet worden ist, ist die Beklagte, soweit es um den Fortbestand und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht, auch rechtsfähig.

(b) Der Eingriff erweist sich im Fall des Klägers nicht als verhältnismäßig.

(aa) § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V dient, wie die Beklagte zu recht anführt, dem Schutz des Gesundheitssystems und der Versichertengemeinschaft. Aufgrund der gesetzlich angeordneten Dritthaftung der Betriebskrankenkassen für die Verbindlichkeiten der leistungsunfähigen geöffneten Betriebskrankenkasse (§ 155 Abs. 4 S. 4 bis 6 SGBV) sind die Kosten zu begrenzen. Im Falle einer Fortführung der Arbeitsverhältnisse würden immer weiter Kosten entstehen, die die mithaftenden Betriebskrankenkassen je nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dazu zwingen könnten, Zusatzbeiträge bei ihren Versicherten zu erheben, selbst zu schließen (§ 153 S. 1 Ziffer 3 SGB V) oder Insolvenz anzumelden (§ 171 b SGB V). Bei nicht gesicherter Leistungsfähigkeit der Kasse ist das Schließungsverfahren vorrangig vor dem Insolvenzverfahren (§ 171 b Abs. 3 S. 2 SGB V). Somit bestünde die Gefahr, dass es zu dem von der Beklagten bezeichneten „Domino-Effekt“, der Schließung einer Kasse nach der anderen aufgrund einer stetigen Steigerung der Verbindlichkeiten bei einer immer kleiner werdenden Haftungsgemeinschaft, kommt. Der Schutz der Beitragsstabilität und eines bezahlbaren und funktionierenden sozialen Krankenversicherungsschutzes sind berechtigte Gemeinwohlbelange. Der Schutz der Bevölkerung vor dem Risiko der Erkrankung ist in der sozialstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes eine Kernaufgabe des Staates. Die gesetzgeberische Absicht, einen Krankenversicherungsschutz für alle Einwohner zu schaffen, ist von dem Ziel getragen, ein allgemeines Lebensrisiko abzudecken, welches sich bei jedem und jederzeit realisieren und ihn mit unabsehbaren Kosten belasten kann (BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009, 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, Rn. 171, zit. nach Juris).

(bb) Zur Erreichung des Ziels, dem Schutz des Gesundheitssystems und der Versichertengemeinschaft, ist die gesetzliche Beendigung aller Arbeitsverhältnisse der bei der BKK beschäftigten Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Schließung geeignet. Denn nach der Beendigung der Arbeitsverhältnisse können keine neuen Vergütungsansprüche (§ 611 Abs. 1 BGB) mehr entstehen.

(cc) Zur Erreichung des Ziels ist die gesetzliche Regelung auch noch erforderlich, weil mildere, aber gleich wirksame Mittel zur Kostenbegrenzung nicht bestehen. Der Arbeitgeber könnte zwar auch ohne eine gesetzlich angeordnete Beendigung durch Aufhebungsverträge oder Kündigungen die Arbeitsverhältnisse beenden und damit die Kosten begrenzen. Diese Möglichkeit ist aber nicht gleich wirksam, da er für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages auf die Zustimmung des Arbeitnehmers angewiesen ist und im Falle des Ausspruchs einer Kündigung Kündigungsfristen, den allgemeinen und einen etwaigen Sonderkündigungsschutz der Arbeitnehmer beachten und im Streitfall das Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 626 BGB) bzw. die soziale Rechtfertigung der Kündigung (§ 1 KSchG) darlegen und beweisen müsste.

(dd) Die gesetzliche Beendigung aller Arbeitsverhältnisse erweist sich zumindest dann als unangemessen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach der Schließung der Kasse weiterbeschäftigt, weil er ihn, wie im Streitfall den Kläger, weiter benötigt. In diesem Fall gebietet der Zweck des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V nicht die gesetzliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Schließungszeitpunkt. Denn aufgrund der fortlaufenden Beschäftigung fallen ohnehin weiter Kosten für die Beklagte bzw. die mithaftenden Kassen an. Diese Kosten sind letztlich zur Abwicklung der Geschäfte der Kasse erforderlich.

(aaa) Ob vor dem Hintergrund des auch im privatautonomen Bereich stets zu wahrenden Mindestmaßes an sozialer Rücksichtnahme (vgl. BVerfG vom 27. Januar 1998, a. a. O., Rn. 36) die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, zur Abwicklung anstelle der eigenen neue Arbeitnehmer einzustellen zu ggf. geringen Kosten, kann ebenso dahin gestellt bleiben wie die Frage, ob und ggf. welche Maßstäbe bei der Verteilung der Abwicklungsarbeiten an die vorhandenen Arbeitnehmer gelten. Denn die Beklagte hat dem Kläger unstreitig ein Angebot zur Weiterbeschäftigung gemacht, weil sie ihn zur Abwicklung benötigt. Dies stand auch bereits vor dem Beendigungszeitpunkt, dem 30. Juni 2011, fest. Die Beklagte hat den Kläger bereits in ihrem Schreiben vom 06. Mai 2011 (Anlage 8 zur Klage, Bl. 23, 24 d.A.) davon unterrichtet, dass die Option zur Abordnung an die City BKK K. besteht und dass sie im Fall der Ausübung des Rückkehrrechts Interesse an seiner befristeten Weiterbeschäftigung bei der City BKK K. hat. Unabhängig davon, wann genau der Kläger das Weiterbeschäftigungsangebot erhalten und wann er es angenommen hat, war die Beklagte im Hinblick auf die Rechte des Klägers aus Art. 12 GG verpflichtet, vor dem Schließungszeitpunkt zu prüfen und zu entscheiden, ob und für wen ein Weiterbeschäftigungsbedarf besteht. In dem Zeitraum zwischen der Anordnung der Schließung am 04. Mai 2011 (Anlage B 1, Bl. 77 bis 87 d. A.) und dem Wirksamwerden der Schließung zum 30. Juni 2011 hatte die Beklagte genügend Gelegenheit und auch die Pflicht, die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen. Zur Wahrung eines in jedem Fall gebotenen Mindestmaßes an sozialer Rücksichtnahme gegenüber den Beschäftigten und den Mitgliedern der BKK ist auch die Aufsichtsbehörde verpflichtet, eine Vorlaufzeit zwischen der Anordnung und der Schließung zu wahren; die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Schließung wirksam wird, liegt im Ermessen der Aufsichtsbehörde (§ 153 S. 2 SGB V). Eine „ad-hoc-Beendigung“ der Arbeits- und Mitgliedverhältnisse ohne jede Auslauffrist wäre verfassungsrechtlich nicht zulässig (so auch G., a. a. O., Seite 24).

(bbb) Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Arbeitsverhältnisse, die nicht bereits mit der Schließung kraft Gesetzes enden, durch Rechtsgeschäfte, mithin durch Aufhebungsverträge oder Kündigungen, beenden muss. Wenn die Arbeitnehmer sich nicht auf den Abschluss von Aufhebungsverträgen einlassen, ist die Beklagte gezwungen, die Arbeitsverhältnisse zu kündigen und den Kündigungsschutz zu beachten. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass diese „Belastung“ nicht zu einer fortlaufenden Kostenbelastung für die Beklagte bzw. die mithaftenden Betriebskrankenkassen führen muss. Denn auch das Kündigungsrecht verlangt von einem Arbeitgeber nicht die Fortführung eines Arbeitsverhältnisses bis in alle Ewigkeit, obwohl er für den Arbeitnehmer keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat. Eine Betriebsstillegung ist ein anerkannter Kündigungsgrund, der auch die außerordentliche Beendigung ordentlich nicht mehr kündbarer Arbeitsverhältnisse ermöglicht. Auch die in einem Kündigungsschutzverfahren erforderliche Darlegung des Kündigungsgrundes sowie der ordnungsgemäßen Beteiligung der Personalvertretung und ggf. anderer Institutionen ist für einen Arbeitgeber nicht schlechterdings unzumutbar, auch wenn, dies ist der Beklagten zuzugestehen, nicht dasselbe Maß an Rechtssicherheit wie bei einer gesetzlichen Beendigung aller Arbeitsverhältnisse besteht. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass im Fall einer Betriebsstillegung erfahrungsgemäß nicht alle Arbeitnehmer gegen ihre Kündigung klagen werden und dass über die Frage, ob ein Betrieb endgültig stillgelegt wird, weil die Abwicklung beendet ist, es nicht auf Wertungen (wie sie etwa im Rahmen der Würdigung der Schwere einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung vorzunehmen sind) ankommt.

Die Schwere des Eingriffs wird durch die in § 164 Abs. 3 SGB V nur für die ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer geregelte Unterbringungsverpflichtung nicht abgemildert. Denn Art. 12 Abs. 1 GG schützt auch das Recht des Arbeitnehmers auf Wahl seines Vertragspartners (BVerfG vom 25. Januar 2011, a. a. O., Rn. 69). Im Fall der gesetzlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der ordentlich unkündbare Arbeitnehmer in eine Zwangslage gebracht: Entweder er begründet ein Arbeitsverhältnis mit einer anderen BKK oder dem Landesverband oder er verliert jeglichen Bestandsschutz. Wenn man mit der Beklagten die Unterbringungsverpflichtung ohnehin als unabhängig von der Beendigungswirkung ansehen wollte, käme die mangelnde Kompensation noch mehr zum Tragen. Im Übrigen wird die mangelnde Kompensation im Fall des Klägers auch in dem deutlich geringeren Gehalt deutlich, dass er im Falle der Annahme des Angebots des Landesverbandes B. erzielen würde.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sehr schwer wiegt. Dies gilt umso mehr, wenn das Arbeitsverhältnis, wie im Fall des Klägers, schon so lange besteht, dass es nicht mehr ordentlich kündbar ist. Dieser Eingriff wird nicht dadurch abgemildert, dass das Arbeitsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt, spätestens mit der Beendigung der Abwicklung, ohnehin beendet werden muss. Solange es besteht, ist es ein „vollwertiges“ unbefristetes Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis mit einem angemessenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Es steht nicht nur in materieller Hinsicht, zur Erzielung eines Einkommens zur Existenzsicherung, sondern auch in immaterieller Hinsicht im Hinblick auf das ideelle Beschäftigungsinteresse als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) unter dem besonderen Schutz des Staates (vgl. BAG GS, Beschluss vom 27. Februar 1985, GS 1/84, Rn. 30, 31).

Der Schutz eines bezahlbaren und funktionierenden sozialen Krankenversicherungsschutzes hat, ebenso wie der Schutz der Berufsfreiheit, Verfassungsrang. Wenn, wie im Fall des Klägers, zur Abwicklung der Kasse aber noch ein Beschäftigungsbedarf besteht, werden die Beklagte und die mithaftenden Betriebskrankenkassen und damit die Versichertengemeinschaft aber ohnehin belastet. Die „Mehrbelastung“ aufgrund des unter Umständen bestehenden Kündigungserfordernisses der noch zur Abwicklung benötigten Arbeitnehmer nach Beendigung der Abwicklungsarbeiten rechtfertigt nach Auffassung der Kammer die gesetzliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse nicht. Der Arbeitgeber muss „nur“ noch die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer kündigen, die er zur Abwicklung weiterbeschäftigen musste; die Arbeitsverhältnisse der anderen Arbeitnehmer sind ohnehin schon kraft Gesetzes (§ 164 Abs. 4 S. 1 SGB V) oder kraft Aufhebungsvertrages und dem Wechsel zu einer anderen BKK bzw. zum Landesverband beendet worden (§ 164 Abs. 3 SGB V). Dazu sollte der Arbeitgeber, wie jeder andere Arbeitgeber auch, in der Lage sein. Der Verlust der Rechtssicherheit für den Arbeitgeber wiegt den Verlust des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer nicht auf, zumal der Arbeitgeber es selbst in der Hand hat, durch den rechtzeitigen Ausspruch einer Kündigung unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen das Arbeitsverhältnis wirksam zu beenden.

Der von der Beklagten angeführte „Domino-Effekt“ rechtfertigt in diesem Zusammenhang keine andere Bewertung, da, wie bereits ausgeführt, auch das Kündigungsrecht vom Arbeitgeber nicht die Fortführung eines Arbeitsverhältnisses trotz einer Betriebsstillegung verlangt. Im Übrigen ist der Vorstand der Kasse ohnehin verpflichtet, die Abwicklungskosten, und damit auch die zur Abwicklung noch benötigten Personalkosten, in seine Kalkulation einzubeziehen. Die Kammer verkennt nicht, dass es durch die hohen Kosten, mit denen die mithaftenden Betriebskrankenkassen belastet werden (vgl. Seite 6 des Bescheides des Bundesversicherungsamts vom 04. Mai 2011 (Anlage B 1, Bl. 82 d. A.): erwartete Verschuldung von rd. 98,2 Mio. € zum Ende des Jahres 2011) zu weiteren Kassenschließungen kommen kann. Diese Gefahr besteht aber bereits jetzt und ist auf die Höhe der bereits zum Zeitpunkt der Schließung bestehenden und bis zur Beendigung der Abwicklung noch entstehenden Verbindlichkeiten zurückzuführen. Die Personalkosten für die weiter zu beschäftigenden Arbeitnehmer sind Bestandteil der Abwicklungskosten und dem Umstand geschuldet, dass auch eine geschlossene Kasse ordnungsgemäß abgewickelt werden muss. Aus diesem Grund kann von einer „Tabula-Rasa-Lösung“ des Gesetzes (vgl. G., a. a. O., Seite 17) keine Rede sein. Auch die leistungsunfähige Krankenkasse wird mit ihrer Schließung nicht von sämtlichen Verbindlichkeiten befreit. Aus diesem Grund bleibt auch der Vorstand einer geschlossenen BKK weiter im Amt, etwaige Dienstverhältnisse bestehen weiter fort, eben weil der Vorstand noch zur Abwicklung benötigt wird (vgl. § 155 Abs. 1 S. 1 SGB V). Warum dies nicht für die zur Abwicklung noch benötigten Arbeitnehmer und ihre Arbeitsverhältnisse gelten soll, ist nicht einsehbar.

bb. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V dahingehend, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden, erst recht nicht mit der Schließung enden, ist auch möglich.

(1) Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt, das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BVerfG, Beschluss vom 15. September 2011, 1 BvR 2232/10, Rn. 45, zit. nach Juris). Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der Regelung mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (BVerfG, Beschluss vom 08. Februar 1999, 1 BvL 25/97, Rn. 21, zit. nach Juris).

(2) Unter Berücksichtigung aller Auslegungskriterien ist ein Verständnis des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V in dem Sinn möglich und geboten, dass das Arbeitsverhältnis nur dann kraft Gesetzes mit der Schließung endet, wenn der Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt wird, sei es bei einem anderen Arbeitgeber i.S.d. § 164 Abs. 3 SGB V, sei es bei demselben Arbeitgeber.

(a) Der Wortlaut des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V ist in vielerlei Hinsicht nicht eindeutig:

So ist nicht eindeutig, ob § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V nur die Beendigung der Arbeitsverhältnisse ordentlich nicht kündbarer Arbeitnehmer regelt. Dafür spricht der Verweis in § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V auf § 164 Abs. 3 SGB V, der nach § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V nur für ordentlich unkündbare Arbeitnehmer gilt; dagegen spricht, dass § 155 Abs. 4 S. 9 SGB V für alle Arbeitnehmer auf § 164 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB V verweist.

Ebenso ist nicht eindeutig, ob die Arbeitsverhältnisse nur dann enden, wenn die Arbeitnehmer ein ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zumutbares Angebot entsprechend § 164 Abs. 3 SGB V erhalten haben. Dafür spricht, dass § 164 Abs. 4 S. 1 SGB nicht einschränkungslos bestimmt, dass alle Arbeitsverhältnisse mit der Schließung enden, sondern ausdrücklich auf § 164 Abs. 3 SGB V verweist. Dagegen spricht, dass § 164 Abs. 4 S. 1 SGB dem Wortlaut nach lediglich auf eine tatsächlich Unterbringung („die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, die nicht nach Abs. 3 untergebracht werden (...)“) und nicht auf eine Unterbringungsmöglichkeit („untergebracht werden können/könnten“) abstellt.

Nach dem zumindest insoweit eindeutigen Wortlaut des § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V enden jedenfalls nur die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die nicht nach § 164 Abs. 3 SGB V untergebracht werden. Ausgehend vom Wortlaut enden demnach die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer nicht, jedenfalls nicht kraft Gesetzes, die nach § 164 Abs. 3 SGB V untergebracht werden.

(b) Die Gesetzesbegründung wie auch der Zweck des Gesetzes sprechen dafür, dass kraft Gesetzes nur die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer enden, bei denen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist. So heißt es in der Begründung zu der Vorgängerbestimmung § 173 Abs. 3 bis 5 (BT-Drucks. 11/2237, S. 212):

„Im Interesse des von der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse betroffenen Personals wird vorgesehen, daß grundsätzlich sowohl den dienstordnungsmäßigen Angestellten als auch den übrigen Bediensteten der Krankenkasse die Weiterbeschäftigung entweder beim zuständigen Landesverband der Innungskrankenkassen oder bei einer anderen Innungskasse anzubieten ist. Die Übernahme der Beschäftigten soll zu denselben oder mindestens gleichwertigen Bedingungen erfolgen. Nur in den Fällen, in denen eine Weiterbeschäftigung des Bediensteten nicht möglich ist, sollen die Vertragsverhältnisse enden.“ [Unterstreichung durch Unterzeichnerin].

Auch in der Gesetzesbegründung zur Einführung der Insolvenzfähigkeit der Krankenkassen hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Schließung durch die Aufsichtsbehörde gegenüber einem Insolvenzverfahren zum besseren Schutz der Beschäftigten und der Versicherten Vorrang hat (BT-Drucks. 16/9559, S. 16):

„Das Verhältnis beider Abwicklungswege zueinander wird dahingehend geregelt, dass die Aufsichtsbehörde vorrangig vom Schließungsrecht Gebrauch machen soll. Dies ist sachgerecht, da die Abwicklung einer leistungsunfähigen Krankenkasse insbesondere wegen ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigten und die Versicherten der Krankenkasse nur Ultima Ratio sein soll. Da die Aufsichtsbehörde bei einer Schließung nach den Regelungen des SGB V die Verfahrenshoheit behält, hat sie die Möglichkeit, bis zum Wirksamwerden der Schließung zusammen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch die Organisation finanzieller Hilfen oder der Vereinigung mit einer anderen Krankenkasse die Abwicklung der betroffenen Kasse zu verhindern.“

Auch wenn die vom Gesetzgeber angeführte Möglichkeit der Fortführung einer leistungsunfähigen Kasse praktisch kaum umsetzbar sein dürfte, ist festzustellen, dass der Gesetzgeber gerade auch zum Schutz der Beschäftigten den Vorrang des Schließungsverfahrens vor dem Insolvenzverfahren angeordnet hat (§ 171 b Abs. 3 S. 2 SGB V). Dieser Zweck würde missachtet, wenn im Fall der Schließung trotz einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei demselben Arbeitgeber eine gesetzliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig wäre. Nach der Gesetzesbegründung und aus verfassungsrechtlicher Sicht (vgl. oben unter I. 2. b.) muss die gesetzliche Beendigung eines Arbeitsverhältnisses das letzte Mittel (ultima ratio) sein - dies ist es nicht, wenn der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden kann. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 164 Abs. 4 SGB V erreichen wollen, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer enden, die nicht mehr weiterbeschäftigt werden können, und zwar weder von der geschlossenen Kasse noch von einer der in § 164 Abs. 3 SGB genannten Körperschaften. Solange noch eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, erfordert es auch das Interesse des Arbeitgebers nicht, das Arbeitsverhältnis zu beenden. In diesem Sinne hat auch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass nach § 20 Abs. 1a des Manteltarifvertrages Nr. 3 für das Bordpersonal der Deutschen Lufthansa AG und der Condor Flugdienst GmbH das Arbeitsverhältnis eines ordentlich nicht kündbaren Angehörigen des Bordpersonals bei Feststellung seiner Fluguntauglichkeit nicht endet, wenn er auf einem freien Arbeitsplatz im Bodendienst zu zumutbaren Bedingungen weiterbeschäftigt werden kann. (BAG, Urteil vom 14. Mai 1987, 2 AZR 374/86, LS, zit. nach Juris).

Die „Gefahr“ eines Doppelarbeitsverhältnisses im Fall der Weiterbeschäftigung bei dem Landesverband oder einer anderen BKK besteht nicht, weil der Arbeitgeber durch Abschluss eines dreiseitigen Vertrages zwischen ihm, dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein solches vermeiden kann. Wenn der Arbeitnehmer sich hierauf nicht einlassen will, wäre er nicht anderweitig untergebracht mit der Folge, dass sein Arbeitsverhältnis enden würde, unterstellt, eine vorrangige Weiterbeschäftigung bei der geschlossenen Kasse erfolgt nicht.

(c) Mit der Herausnahme der für die Abwicklung noch benötigten Arbeitnehmer aus der gesetzlichen Beendigung kommt das mit § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V verfolgte gesetzgeberische Ziel – die Begrenzung der Kostenlast für die mithaftenden Kassen und damit der Schutz der Versichertengemeinschaft und des Versicherungssystems – immer noch zum Tragen. Wenn ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach der Schließung nicht mehr weiterbeschäftigen kann und auch nicht weiterbeschäftigt, weil er ihn zur Abwicklung nicht mehr benötigt, endet das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes. § 164 Abs. 4 S. 1 SGB V läuft daher nicht leer, da der Arbeitgeber naturgemäß nicht alle Arbeitnehmer zur Abwicklung benötigen wird.

II. Anträge zu 2. und 3.

Die Klaganträge zu 2. und 3. sind ebenfalls zulässig und begründet.

1. Hinsichtlich der Parteistellung und Parteifähigkeit der Beklagten wird auf die unter I. 1. getroffenen Ausführungen, die auch hinsichtlich der Kündigungsanträge gelten, Bezug genommen werden.

2. Die Anträge zu 2. und 3. sind begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 19. Mai 2011 weder zum 30. Juni 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt beendet worden.

a. Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß §§ 13 Abs. 1 S. 2, 7, 4 S. 1 KSchG als wirksam. Die dreiwöchige Klagefrist ist eingehalten (§ 4 Satz 1 KSchG). Die Klage gegen die dem Kläger nicht vor dem 19. Mai 2011 zugegangene Kündigung ging innerhalb der Frist des § 4 KSchG, nämlich am 30. Mai 2011, beim Arbeitsgericht ein und wurde der Beklagten „demnächst“, nämlich am 06. Juni 2011, zugestellt, sodass sie nach § 167, 253 Abs. 1 ZPO, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG als rechtzeitig erhoben gilt.

b. Die Kündigung ist unwirksam, weil ein wichtiger Grund, der die Beendigung des ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnte, nicht erkennbar ist. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht dargelegt, dass eine Beschäftigung des Klägers über den 30. Juni 2011 oder über den 31. Dezember 2011 hinaus nicht möglich ist.

Der Umstand, dass die Beklagte aufgrund ihrer Schließung nur noch als Abwicklungskörperschaft fortbesteht und unter Umständen auch nur noch im Rahmen der Abwicklung rechtsfähig ist, steht dem nicht entgegen. Dem Kläger ist auch nicht der Arbeitgeber abhandengekommen, die Beklagte besteht als Rechtsperson und Arbeitgeberin auch nach ihrer Schließung fort (§ 155 Abs. 1 S. 2 SGB V), sie ist, zumindest begrenzt auf den Abwicklungszweck, um den es hier geht, auch rechtsfähig (vgl. oben unter I. 1.). Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig ein Angebot zur Weiterbeschäftigung bis zum 30. Juni 2012 unterbreitet, weil sie ihn zur Abwicklung der Kasse benötigt. Damit ist der Beschäftigungsbedarf für den Kläger gerade nicht entfallen.

III.

1. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§§ 91 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).

2. Der gemäß § 61 ArbGG festgesetzte Wert des Streitgegenstandes beträgt nach den im maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 42 Abs. 3 S. 1 GKG, § 5 ZPO) gestellten Anträgen 35.574,42 €. Hierbei wurden der Antrag zu 1. mit der für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts, mithin mit 17.787,21 € (= 3 x 5.929,07 €), und die Anträge zu 2./3. mit demselben Betrag bewertet.

3. Eine gesonderte Zulassung der Berufung ist nicht erforderlich, weil diese für die Beklagte bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG).