OLG Hamburg, Urteil vom 27.04.2010 - 7 U 117/09
Fundstelle
openJur 2013, 1217
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. September 2009, Az. 325 O 243/09, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts, mit dem eine einstweilige Verfügung bestätigt worden ist, durch die der Antragsgegnerin verboten worden ist, in Bezug auf den Antragsteller die Äußerung „Arsch von F...“ zu verbreiten. Die Äußerung ist über ein von der Antragsgegnerin betriebenes Internetforum verbreitet worden. In dieses waren zuvor kritische Äußerungen über die Tätigkeit des Antragstellers eingestellt worden, der sich als Börsenexperte an die Öffentlichkeit wendet. Die Antragsgegnerin hatte mehrere solcher Äußerungen beanstandet, woraufhin die Antragsgegnerin sie aus dem Forum entfernt hatte. Die in diesem Verfahren angegriffene Äußerung war in einem Forenbeitrag vom 22. Juni 2009 enthalten. Auch diesen Beitrag löschte die Antragsgegnerin auf die Abmahnung des Antragstellers, gab die begehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung indessen nicht ab. Das Landgericht hat die begehrte einstweilige Verfügung erlassen und sie auf Widerspruch bestätigt. Die Antragsgegnerin sei zur Überwachung ihres Internetangebots verpflichtet gewesen, nachdem sie aufgrund der vorangegangenen Beanstandungen des Antragstellers gewusst habe, dass auf den auf ihrem Internetauftritt betriebenen Foren wiederholt rechtswidrige Äußerungen über den Antragsteller verbreitet worden seien. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung wurden über das Forum der Antragsgegnerin in weiteren Beiträgen über den Antragsteller die Äußerungen „F... ist ein A...loch“ und „Arsch von Fr...“ verbreitet.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, keine Prüfungspflichten verletzt zu haben. Einträge der hier beanstandeten Art in ihre Internetforen könne sie nicht mit ihr wirtschaftlich zumutbaren Mitteln verhindern.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 16. 9. 2009, Az. 325 O 243/09, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 7. 7. 2009 aufzuheben und den Antrag vom 1. 7. 2009 zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist auf die nach Erlass der einstweiligen Verfügung weiter in das Forum eingestellten Äußerungen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 823 Abs. 2 BGB, 185 StGB. Dass es sich bei der angegriffenen Äußerung um eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB handelt, steht außer Frage (s. z.B. BAG, 18. 1. 2007, NZA 2007, S. 1167 ff., 1168). Die Antragsgegnerin ist auch als Störer für die Verbreitung dieser Äußerung verantwortlich, denn sie hat die sie als Betreiber eines Internetforums treffende Prüfpflicht (hierzu s. das von den Parteien erörterte Urteil des Senats vom 22. 6. 2006, Az. 7 U 50/06) verletzt. Es spricht zwar, worauf die Antragsgegnerin verweist, Vieles dafür, dass die vor Einstellung der Äußerung vom 22. Juni 2009 über das Forum verbreiteten Äußerungen keine Verpflichtung der Antragsgegnerin ausgelöst haben, ihr Forum auf gegen den Antragsteller gerichtete Formalbeleidigungen zu überprüfen; denn diese Äußerungen enthielten keine groben Schimpfworte der hier angegriffenen Art. Das bedarf indessen keiner vertieften Erörterung; denn der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch ist die Sach- und Rechtslage am Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen (BGH, Urt. v. 5. 7. 1995, GRUR 1995, S. 700 f., 701 m.w.N.), und danach ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls jetzt gegeben, weil die angegriffene Äußerung auch nach der sie betreffenden Abmahnung des Antragstellers durch weitere Einträge in ihrem Kerngehalt wiederholt worden ist und die Antragsgegnerin nunmehr eine Prüfpflicht traf. Denn jedenfalls die den Foreneintrag vom 22. Juni 2009 betreffende Abmahnung des Antragstellers und die von dem Antragsteller erwirkte einstweilige Verfügung vom 7. 7. 2009 hätten die Antragsgegnerin veranlassen müssen, die Einträge in ihre Internetforen, die den Antragsteller betrafen, wirkungsvoll auf eine Wiederholung der beanstandeten Beleidigung des Antragstellers zu überprüfen. Eine solche Prüfung war und ist der Antragsgegnerin auch in Anbetracht des Umfangs ihrer in manchen Monaten mehr als 150000 Einträge aufweisenden Internetforen nicht unzumutbar. Denn zu überprüfen sind nur die den Antragsteller betreffenden Einträge, und die beanstandete Äußerung besteht aus nur wenigen und kurzen Wörtern, die mittels Suchmaschinen, aber auch durch eine manuelle Kontrolle – bei der nur auf die betreffenden Wörter und nicht auf den weiteren Inhalt der Eintragungen geachtet zu werden braucht – leicht zu erfassen sind. Das Gleiche gilt für Abkürzungen oder Varianten, in denen die betreffende Äußerung dem Leser deutlich erkennbar wiederholt wird (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 11. 3. 2004, NJW 2004, S. 3102 ff., 3105). Im Rahmen der Abwägung, inwieweit der Antragsgegnerin eine Kontrolle zugemutet werden darf, kann zudem nicht unberücksichtigt bleiben, dass die von dem Antragsteller beanstandete Äußerung einen schweren Angriff auf seine persönliche Ehre darstellt. Ob die Antragsgegnerin auch die Verpflichtung trifft, ihr Forum auf die Einstellung kerngleicher Äußerungen zu überprüfen, die im Wege besonders verborgener Wiederholung – zum Beispiel im Wege einer Bilddatei, die von den auf Texterkennung ausgerichteten Suchmaschinen nicht ohne Weiteres aufgefunden werden kann, oder im Wege ungewöhnlicher Abkürzungen – in ihr Forum „geschmuggelt“ werden, kann dahinstehen, weil es sich bei den weiteren rechtsverletzenden Äußerungen nicht um derartige Einträge gehandelt hat. Sollten solche vorkommen, solange die einstweilige Verfügung Bestand hat, wird auf einen etwaigen Ordnungsmittelantrag des Antragstellers im Verfahren nach § 890 ZPO geprüft werden müssen, ob solche Einträge einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung bilden und ob ggf. die Antragsgegnerin daran, dass ihr dieser entgangen ist, ein Verschulden trifft.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte