FG Hamburg, Urteil vom 15.07.2008 - 4 K 41/05
Fundstelle
openJur 2013, 449
  • Rkr:
Tatbestand

Anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Zollprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin in zwei Fällen Stoffe aus Baumwolle bzw. Seide im Rahmen eines ihr bewilligten passiven Veredlungsverkehrs (pVV) nach A ausgeführt hat, das Veredlungserzeugnis (textile Musterbücher) jedoch im Juli bzw. Dezember 2000 bei der Einfuhr außerhalb des Veredlungsverkehrs zum freien Verkehr anmeldete.

Daraufhin setzte das beklagte Hauptzollamt unter Anwendung des Regelzollsatzes in Höhe von 6,3% vom Zollwert mit Einfuhrabgabenbescheid vom 27.05.2003, geändert durch den Einfuhrabgabenbescheid vom 15.08.2003 insgesamt 1.739,64 Euro Zoll fest.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 26.02.2005 zugestellt.

Mit der am 24.03.2005 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:

Sie habe die eingeführten Waren zwar irrtümlich zum freien Verkehr angemeldet, die fehlerhaften Zollanmeldungen hätte jedoch vom Beklagten gem. Art. 66 ZK von Amts wegen für ungültig erklärt werden müssen. Für die Fälle, in denen eine Bewilligung für die aktive oder passive Veredelung rückwirkend erteilt werde, sei nach Art. 251 Nr. 1 ZK-DVO eine Verpflichtung zur Ungültigerklärung der ursprünglichen Zollanmeldung vorgesehen. Diese Verpflichtung bestehe in den Fällen, in denen eine Bewilligung für die aktive oder passive Veredelung rückwirkend erteilt werde. Die Klägerin habe die Bewilligung schon im Vorwege erhalten, so dass die Verpflichtung zur Ungültigerklärung erst recht bestehe.

Da der Klägerin im Vorwege die passive Veredelung bewilligt worden sei, habe der Beklagte bei der Einfuhr gewusst oder hätte wissen müssen, dass die Klägerin das falsche Zollverfahren gewählt habe. In diesem Fall bestünde eine rechtliche Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin auf ihren Irrtum hinzuweisen. Jedenfalls erscheine es rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Beklagte darauf berufe, dass die Frist von drei Monaten für einen Antrag nach Art. 251 ZK-DVO abgelaufen sei. Die Klägerin begehrt die nachträgliche Differenzverzollung für Einfuhren nach passiver Veredelung.

Die Klägerin beantragt,

den Einfuhrabgabenbescheid vom 27.05.2003 in Gestalt des Einfuhrabgabenbescheides vom 15.08.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 24.02.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zunächst darauf, dass die Klägerin in der Zollanmeldung ... vom ...05.2000 des damaligen Hauptzollamts Hamburg-1 - Zollamt-2 den bei Wiedereinfuhr nach passiver Veredelung vorgesehenen Minderungsbetrag in Ansatz gebracht habe mit der Folge, dass ihr diese Vergünstigung antragsgemäß gewährt worden sei. Bezüglich der beiden anderen Zollanmeldungen sei allerdings davon auszugehen, dass bei Eintragung des für die Wiedereinfuhr nach passiver Veredelung zutreffenden Verfahrenscodes (...) durch den Anmelder, eine Differenzverzollung hätte durchgeführt werden müssen. Indes habe es die Klägerin unterlassen, die zutreffende Veranlagungsform zu wählen, in dem sie die Waren nicht im Rahmen der passiven Veredelung sondern zum freien Verkehr angemeldet habe. Eine Ungültigkeitserklärung gem. Art. 66 könne nach dem Wortlaut der Vorschrift nur auf Antrag des Anmelders erfolgen. Die für rückwirkende Bewilligung einer passiven Veredelung geltende Vorschrift des Art. 251 ZK-DVO könne auf den Streitfall nicht übertragen werden, denn in den dort geregelten Fällen sei der Anmelder mangels Bewilligung zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht in der Lage einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Für das weitere Vorgehen der Beteiligten wird ergänzend auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Ein Hefter Verwaltungsakten hat vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ungültigerklärung der Zollanmeldung nach Art. 66 ZK geht ins Leere, soweit es die Anmeldung vom ...05.2000 (Bl. 42 der Akte) angeht. In dieser Zollanmeldung wurde der von der Klägerin angesetzte Minderungsbetrag für passive Veredelung berücksichtigt, so dass nur der verminderte Abgabenbetrag buchmäßig erfasst worden ist.

Die Zollanmeldungen vom ...07.2000 und vom ...12.2000, in denen von der Klägerin kein Minderungsbeitrag in Ansatz gebracht wurde, sind gültig, denn sie können nicht nach Art. 66 ZK für ungültig erklärt werden. Nach dieser Vorschrift erklären die Zollbehörden auf Antrag des Anmelders eine bereits angenommene Anmeldung für ungültig, wenn der Anmelder nachweist, dass die Waren irrtümlich zu dem in dieser Anmeldung bezeichneten Zollverfahren angemeldet worden sind, oder dass infolge besonderer Umstände die Überführung der Waren in das betreffende Zollverfahren nicht mehr gerechtfertigt ist. An sich sind die Voraussetzungen für eine Ungültigkeitserklärung nach dieser Vorschrift im Streitfall gegeben, denn nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Ware irrtümlich zum freien Verkehr angemeldet hat. Der Ungültigkeitserklärung steht jedoch entgegen, dass die Waren bereits überlassen worden sind, denn nach Art. 66 Abs. 2 ZK kann die Anmeldung nach Überlassung der Waren außer in den nach dem Ausschussverfahren festgelegten Fällen nicht mehr für ungültig erklärt werden. Hierzu bestimmt Art. 251 ZK-DVO in Nr. 1, dass bei irrtümlicher Wahl eines Zollverfahrens eine Ungültigkeitserklärung in Betracht kommt, wenn der entsprechende Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Tag der Annahme der Zollanmeldung gestellt wird. An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall, denn die irrtümliche Anmeldung wurde erst anlässlich der im Jahre 2003 stattgefundenen Zollprüfung entdeckt.

Eine Ungültigkeitserklärung von Amts wegen kommt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht. Hierfür fehlt es an der gesetzlichen Grundlage, denn Art. 66 ZK lässt eine Ungültigkeitserklärung nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nur auf Antrag zu.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Zollbehörde bei der Einfuhr der Waren nicht verpflichtet, die Zollanmeldung im Hinblick darauf zu überprüfen, ob ein Fall passiver Veredelung vorlag. Die Zollanmeldungen gaben hierfür zunächst keinen Anlass, denn die Klägerin erklärte durch die Wahl der Code-Nummer, dass sie die Waren zum freien Verkehr abfertigen wollte. Es ist Sache des Zollbeteiligten, das Zollverfahren der passiven Veredelung zu erklären, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Wählt er stattdessen eine Abfertigung zum freien Verkehr, ist die Zollanmeldung deshalb nicht rechtswidrig, denn der Zollbeteiligte unterlässt es nur, ein ihm günstigeres Zollverfahren zu wählen. Den Zollbehörden obliegt insoweit keine nähere Nachprüfungspflicht, unabhängig davon, ob der verborgene Irrtum der Klägerin überhaupt erkennbar ist. Der von der Klägerin weiterhin angeführte Fall der rückwirkenden Bewilligung einer passiven Veredelung führt nicht zu der Annahme, dass im Streitfall von Amts wegen und unabhängig von der in Art. 251 Nr. 1 genannten Frist eine Ungültigkeitserklärung von Amts wegen durchgeführt ist. Art. 251 ZK-DVO enthält Ausnahmevorschriften, die von ihrer Zweckrichtung eng auszulegen und grundsätzlich einer analogen Anwendung nicht zugänglich sind. Zutreffend weist der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Fall der rückwirkenden Bewilligung einer passiven Veredelung sich grundsätzlich vom Streitfall dadurch unterscheidet, dass in jenem Fall der Anmelder zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht in der Lage ist, ein Zollverfahren der passiven Veredelung anzumelden. Davon unterscheidet sich der Streitfall, denn hier war eine Anmeldung in diesem Verfahren für die Klägerin ohne Weiteres möglich. Da nach alledem eine nachträgliche Ungültigerklärung der streitigen Zollanmeldungen nicht möglich ist, erweist sich der angefochtene Abgabenbescheid als rechtmäßig, sodass die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

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