OLG Köln, Beschluss vom 30.04.2012 - 14 UF 272/11
Fundstelle
openJur 2012, 132155
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners vom 21.11.2011 gegen die Regelung zum Versorgungsausgleich im Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kerpen vom 20.10.2011 (51 F 102/09) in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengerichts - Kerpen vom vom 30.11.2011 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Durch den im Tenor näher bezeichneten Beschluss des Amtsgerichts vom 21.11.2011, auf den - wie auf den Berichtigungsbeschluss vom 30.11.2011 - wegen aller Einzelheiten zu Sachverhalt und Entscheidungsgründen Bezug genommen wird und der dem Antragsgegner am 24.10.2011 zugegangen ist, wurde u.a. der Versorgungsausgleich zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner ausgeschlossen. Mit einem am 21.11.2011 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage hat der Antragsgegner gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Er wendet sich gegen den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, da die Voraussetzungen des § 27 VersAusglG seiner Ansicht nach nicht vorliegen; die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei insbesondere nicht deshalb grob unbillig, da er, der Antragsgegner, entgegen der Annahme des Amtsgerichts im Vergleich zu der Antragstellerin nicht über eine unverhältnismäßig hohe Alterssicherung verfüge. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 24.1.2012 Bezug genommen.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 28.2.2012 verwiesen.

Die übrigen Beteiligten haben von der ihnen eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Beschwerde keinen Gebrauch gemacht.

II.

Die nach § 58 Abs. 2 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegten Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zur Begründung kann vollumfänglich auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden. Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen:

Nach § 27 VersAusglG findet der Versorgungsausgleich in Ausnahmefällen nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nach Satz 2 der Vorschrift der Fall, wenn die Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von dem der gesetzlichen Regelung des Versorgungsausgleichs zugrunde liegenden Grundsatz der Halbteilung abzuweichen. Eine grob unbillige Härte liegt vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspräche (vgl. BGH, Beschluss vom 18.1.2012, XII ZB 213/11, bei juris Rz. 10 ff.; auch BGH Beschluss vom 30.3.2011, XII ZB 54/09; BGH, Beschluss vom 25.6.2008, XII ZB 163/06; BGH, Beschluss vom 11.9.2007, XII ZB 107/04). Dabei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters des § 27 VersAusglG im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 2.11.2011, 4 UF 203/11, bei juris insbes. Rz. 4). Zu berücksichtigen ist auch, dass sich der Versorgungsausgleich u.a. aus der Pflicht, die Altersversorgung des anderen Ehegatten sicherzustellen, rechtfertigt. Er bewirkt, dass im Regelfall die während der Ehezeit erworbenen Versorgungspositionen gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt werden, und dient so der Unterhaltssicherung im Alter. In einer intakten Ehe partizipiert der andere Ehegatte an den erworbenen Versorgungspositionen nach Eintritt des Versorgungsfalls im Rahmen der ehelichen Unterhaltsgemeinschaft. In Übereinstimmung mit diesem Zweck ist der erwerbstätige Ehegatten verpflichtet, nicht nur für den gegenwärtigen, sondern entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen auch für die dauernde Sicherung des zukünftigen Unterhalts des anderen Ehegatten zu sorgen; die Grundlage für diese während der gesamten Ehezeit fortlaufend bestehende Verpflichtung liegt in der ehelichen Unterhaltsverantwortung (vgl. BGHZ 74, 38, 46; BGH, Urteile vom 3.12.1951, III ZR 68/51; BGH, Urteil vom 26.5.1954, VI ZR 69/53).

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Amtsgericht zu Recht zur Begründung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs im vorliegenden Fall wesentlich darauf abgestellt, dass die durchgängig versicherungspflichtig beschäftigte Antragstellerin und der ganz überwiegend selbständig tätige Antragsgegner durch den Ehevertrag vom 7.12.1990 die Unternehmungen des Antragsgegners vom Zugewinnausgleich ausgenommen haben. Dadurch haben sie eine Regelung getroffen, die wesentlich von den zuvor dargestellten Grundsätzen abweicht. Denn im Regelfall kommt der der gesetzlichen Rentenversicherung angehörende erwerbstätige Ehegatte seiner ehelichen Unterhaltsverantwortung durch seine Pflichtbeiträge, der Selbständige durch freiwillige Einzahlungen in eine privatrechtliche Altersversorgung nach. Die so ehezeitlich begründeten Versorgungsanwartschaften sind dann aufgrund der wahrgenommenen Unterhaltsverantwortung zur Sicherung beider Ehegatten bestimmt. Im Falle des Scheiterns der Ehe bewirkt der Versorgungsausgleich dann, dass die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt werden. Der Gedanke der einmal auf Lebenszeit angelegt gewesenen ehelichen Lebensgemeinschaft und damit Versorgungsgemeinschaft setzt sich in diesem Fall gegenüber der formalen Zuordnung der Versorgungsanwartschaften auf nur einen Ehegatten durch. Dabei steht auch der Grundsatz, dass die während der Ehezeit von einem oder gegebenenfalls von beiden Ehegatten erworbenen Versorgungsanwartschaften regelmäßig ("schematisch") zur Hälfte aufgeteilt werden, im Einklang mit der Idee der ehelichen Gemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 GG), der ein rechnerisches Abwägen sowohl der beiderseitigen Leistungen und Verdienste für die Gemeinschaft als auch der Teilhabe an gemeinschaftlichen Rechtspositionen im allgemeinen widersprechen würde (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 18.1.2012, XII ZB 213/11, bei juris Rz. 11).

Hier aber haben die vormaligen Ehegatten durch die entsprechende Regelung zum Zugewinn im Ehevertrag zum Ausdruck gebracht, dass die Unternehmungen des Antragsgegners als seine vorrangigen Erwerbsquellen, die schon damals auch einen wesentlichen Teil seiner Alterssicherung ausmachten, der Antragstellerin im Falle einer Ehescheidung nicht zur Generierung eines Zugewinns zur Verfügung stehen sollten. Sie sind bewusst von der dem Halbteilungsgrundsatz zugrunde liegenden Regelung abgewichen, dass das im Rahmen der Ehe Erwirtschaftete beim Scheitern derselben beiden hälftig zustehen soll. Der Umstand, dass die Antragstellerin während der gesamten Ehezeit einer versicherungspflichtigen Angestelltentätigkeit nachging und auf die daraus erwirtschaftete Altersversorgung angewiesen ist, der Antragsgegner hingegen aus freiem Entschluss seine auch der Alterssicherung dienenden Lebensversicherungen nach Abschluss des Ehevertrages in seine Unternehmungen, die der Antragstellerin für den Zugewinnausgleich nicht zur Verfügung stehen, einfließen ließ, lässt es gerechtfertigt erscheinen, den Versorgungsausgleich auszuschließen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Zugewinn des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages ein negatives Ergebnis aufwies. Dass dem so war, beruht nicht zuletzt auf dem Umstand, dass der Antragsgegner unter den passiva eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Dr. O GmbH & Co. KG in Höhe von 136.598,46 € aufführt (vgl. Aufstellung Bl. 18 Sonderheft „GÜ/Ausk.“ Band 1 zum hiesigen Verfahren), an der er jedenfalls als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH selber beteiligt ist. Der 1956 geborene Antragsgegner weist zudem in der Beschwerdebegründung selber darauf hin, dass bis zu seinem gesetzlichen Renteneintrittsalter noch ca. 10 Jahr vergehen werden. Es ist nicht ersichtlich, wieso es ihm nicht gelingen sollte, die Unternehmungen bis dahin in einer Weise zu führen, dass ihm daraus eine seiner Planung entsprechende Altersversorgung erwachsen wird. Auch war es Teil seiner unternehmerischen Entscheidung, neben den allein ihm nach dem Scheitern der Ehe Vorteile verschaffenden Unternehmungen kein weiteres Standbein für eine Altersvorsorge aufgebaut zu haben. Dadurch unterscheidet sich die hier gegenständliche Konstellation von dem der gesetzlichen Ausgestaltung des Versorgungsausgleichs zugrunde liegenden Lebenssachverhalt.

Beschwerdewert: 1.980,00 €

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.