OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.10.2012 - 1 L 289/11
Fundstelle
openJur 2012, 132118
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011 – 3 A 402/10 – wie folgt geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu Anschlussbeiträgen (Trinkwasser).

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../..., Flur ..., Gemarkung ... mit einer Größe von 1.777 m², welches an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserzweckverbandes Strelitz angeschlossen ist.

Mit Bescheid vom 01. Dezember 2008 zog der Beklagte, ausgehend von einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 1.263 m² und einem Vollgeschoss, die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 736,46 EUR heran. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 22. Juli 2009 reduzierte der Beklagte die Beitragsforderung aufgrund einer Änderung des bislang zugrunde gelegten Mehrwertsteuersatzes von 19 % auf 7 % auf 662,19 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2010, zugestellt am 26. März 2010, wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin hat am 26. April 2010 Klage erhoben.

Sie hat vorgetragen, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Wasserabgabensatzung sei unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern unwirksam, da der Tiefenbegrenzungslinie gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) der Satzung nicht die tatsächlichen Verhältnissen zugrunde gelegt worden seien. Fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche. Es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Beitragspflichtig sei damit eine Fläche von 586 m², so dass sich ein Beitrag von 307,24 EUR errechne. Der Beklagte gehe satzungswidrig von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele am Verlauf der Straße orientieren müsse. Die Klägerin hat insoweit zur Erläuterung auf einen von ihr an den Beklagten übermittelten Flurkartenausschnitt verwiesen; für die weiteren Einzelheiten wird dazu auf den bei den Verwaltungsvorgängen (Beiakte B, Bl. 3) befindlichen Flurkartenausschnitt verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 – Az. 1620006 – in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 insoweit aufzuheben, als ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, dass die in der Verbandsversammlung am 10. August 2011 beschlossene Wasserabgabensatzung eine ordnungsgemäß ermittelte Tiefenbegrenzungsregelung aufweise, und dies unter Vorlage der die Ermittlung und Festlegung der Tiefenbegrenzung betreffenden Dokumente erläutert; für die weiteren Einzelheiten wird auf diese Dokumente, die sich bei der Gerichtsakte befinden, verwiesen. Im Übrigen liege das klägerische Grundstück im unbeplanten Innenbereich und die Grundstücksfläche betrage bei Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung 1.263 m².

Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Wasserzweckverband Strelitz am 10. August 2011 seine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) beschlossen, die am 17. August 2011 ausgefertigt worden ist. Die Satzung ist nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getreten.

Mit dem angefochtenem Urteil vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt worden ist. Die zulässige Klage sei begründet. Dem angegriffenen Bescheid fehle die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage. Die am 10. August 2011 beschlossene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) sei unwirksam. Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung verstoße, soweit eine Tiefenbegrenzung von 50 m normiert werde, gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip. Dieser Verstoß führe zur Unwirksamkeit der Verteilungsregelung und damit zur Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung insgesamt. Die Bestimmung normiere eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung. Ihr Anwendungsbereich beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen (sog. „Randlagengrundstücke“). Die Bestimmung finde vielmehr auch auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen (sog. „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung sei im Anschlussbeitragsrecht zulässig. Sie habe sich zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfinde, stelle die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung stehe dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses ordnungsgemäß ausüben zu können, müsse er die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes sowohl für die ortsübliche Bebauungstiefe als auch für die ggf. einzubeziehende bauakzessorische Nutzung ermitteln. Nach diesen Kriterien entspreche die in der Wasserabgabensatzung festgesetzte Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht den örtlichen Verhältnissen. So sei bereits die Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe methodisch fehlerhaft. Der Wasserzweckverband Strelitz habe bei den vorliegenden Messdaten zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt. Dies sei fehlerhaft, denn es widerspreche der Funktion der Tiefenbegrenzung. Auch die „schlichte“ Tiefenbegrenzung diene der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen. Daher könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen. „Zentrale Innenbereichsgrundstücke“ gäben für diese Frage dagegen nichts her, da sie vollständig im unbeplanten Innenbereich lägen. Der Fehler sei nicht „ergebnisneutral“. Vielmehr begründe die Berücksichtigung von „zentralen Innenbereichsgrundstücken“ bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die Gefahr einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen. Im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz lägen drei Kleinstädte. Angesichts der dort vorhandenen eher kleinteiligen Bebauungsstruktur habe die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge, dass die Zahl der eher weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle, als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von „Randlagengrundstücken“. Sinke aber die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung, so steige bei dieser Sachlage die Anzahl der Grundstücke im zentralen Innenbereich bedenklich, die von der Tiefenbegrenzungsregelung profitierten.

Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folge und von einer methodisch fehlerfreien Ermittlung der Bebauungstiefe in den einzelnen Messreihen ausginge. Denn in diesem Fall habe der Beklagte die vorliegenden Messergebnisse nicht ermessensfehlerfrei gewichtet. Bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung habe eine wertende Betrachtung zu erfolgen. Der Beklagte habe vorliegend die ortspezifische Grundstückstiefe anhand von 14 repräsentativen Messreihen ermittelt und – unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Tiefe der bauakzessorischen Nutzung von 15 m – die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt, d.h. er sei grundsätzlich von einer üblichen Bebauungstiefe in seinem Verbandsgebiet von 35 m ausgegangen. Soweit dem die Überlegung zugrunde liege, die durchschnittliche Bebauungstiefe aller untersuchten Grundstücke betrage 31,59 m, sei dies fehlerhaft. Denn eine Durchschnittsbildung sei mit der erforderlichen Gewichtung nicht zu vereinbaren, weil in den Durchschnittswert regelmäßig auch „Ausreißer“, also Grundstücke mit einer außergewöhnlich großen bzw. geringen Bebauungstiefe einfließen würden, die gerade nicht die „übliche“ Bebauungstiefe widerspiegelten. Zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe könne entgegen der Beschlussvorlage vom 11. August 2011 auch nicht darauf abgestellt werden, dass 70,09 % aller Grundstücke im Verbandsgebiet bis zu einer Tiefe von 35 m bebaut worden seien. Denn die reine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen der ermittelten Messreihen gebe regelmäßig keine Auskunft darüber, welche Messreihen eine hinreichend große Gruppe von Grundstücken abbildeten, die eine in etwa gleiche Bebauungstiefe aufwiesen. Die Kammer verkenne nicht, dass die Bewertung der Messreihen im Ermessen des Beklagten stehe, und wolle dieses Ermessen nicht selbst ausüben. Es sei aber kein plausibler Grund für die vom Beklagten vorgenommene Bewertung erkennbar: Entweder man stütze sich auf die Messreihen mit den „zweistelligen“ Vom-Hundert-Sätzen (Messreihen 2 bis 5), dann sei eine Bebauungstiefe von bis zu 30 m ortsüblich, was unter Berücksichtigung der vom Beklagten festgestellten Tiefe der bauakzessorischen Nutzung (15 m) eine Tiefenbegrenzung von 45 m rechtfertigen würde. Oder aber man ziehe den Kreis der berücksichtigungsfähigen Messreihen weiter und berücksichtige zusätzlich die zahlenmäßig etwa gleichstarken Messreihen 6 (31 bis 35 m) und 7 (36 bis 40 m), die 8,93 % bzw. 9,69 % aller Grundstücke beträfen. Dann läge die ortsübliche Bebauungstiefe bei 40 m, was unter Berücksichtigung der Tiefe der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzung von 55 m rechtfertigen würde. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Berufung wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtsache zugelassen.

Das Urteil ist dem Beklagten am 30. September 2011 zugestellt worden. Am 21. Oktober 2011 hat er Berufung eingelegt.

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor,

bei der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung normierten Tiefenbegrenzungsregelung handele es sich um eine sog. „undifferenzierte“ Tiefenbegrenzungsregelung, die sämtliche Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, unabhängig von ihrer Qualität als „Randlagengrundstück“ im Übergangsbereich zwischen Innen- und Außenbereich, betreffe. Das Verwaltungsgericht sei offensichtlich der Auffassung, dass die Tiefenbegrenzungslinie dort zu ziehen sei, wo sich die Bebauung im Sinne einer signifikanten Häufigkeit konzentriere. Diese Erwägung überzeuge nicht. Der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, auch bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung käme es ausschließlich darauf an, festzustellen, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sei unzutreffend. Der Unterschied zwischen der „undifferenzierten“ und der sog. „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung liege gerade darin, dass von der undifferenzierten Tiefenbegrenzung auch die Grundstücke betroffen seien, die sich vollständig im Innenbereich befinden. Würde man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und annehmen, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzung ausschließlich um die typisierte Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gehe, würden alle Grundstücke, die von der Tiefenbegrenzung betroffen seien, „Randlagengrundstücke“ sein, mit der Folge, dass es einen Unterschied zwischen qualifizierter und undifferenzierten Tiefenbegrenzung nicht gebe. Bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung sei daher nicht die Frage zu beantworten, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sondern wie sich die ortstypische bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstelle. Der Beklagte stütze sich dabei auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. September 2004 – 9 C 15.03 –, wonach maßgeblich gerade auf die bauliche Ausnutzbarkeit unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB abgestellt werde. Folgerichtig gehe es bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung auch darum zu erkennen, dass der Erschließungsvorteil, dessen Umfang von der zulässigen baulichen Nutzung (Ausnutzbarkeit) abhänge, bei übergroßen Grundstücken im Innenbereich regelmäßig nicht größer sei, als bei den durchschnittlich tiefen Grundstücken eines Abrechnungsgebietes. Hinsichtlich dieses Kriteriums besäßen aber auch die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen seien, durchaus Aussagepotenzial hinsichtlich der typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken. Aber selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge und mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung sei, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung um eine Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich gehe, erweise sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, man dürfe methodisch nur die „Randlagengrundstücke“ berücksichtigen, als unzutreffend. Die entsprechende Ermittlung der örtlichen Verhältnisse dürfte dann aber gerade auch dazu dienen, festzustellen, ab wann überhaupt von einem „Randlagengrundstück“ gesprochen werden könne. Wenn die Tiefenbegrenzungslinie den Übergang zwischen dem Innen- und Außenbereich markiere, dann stehe vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse noch überhaupt nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage der Innenbereich in den Außenbereich übergehe. Ohne die erforderlichen Ermittlungen sei daher noch nicht bekannt, welche Grundstücke sogenannte „Randlagengrundstücke“ seien. Es sei schlechterdings nicht möglich, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festsetzung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich „Randlagengrundstücke“ zu berücksichtigen, weil die Randlage erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei.

Soweit das Verwaltungsgericht meint, es sei unzulässig, die Tiefenbegrenzungslinie auf Grundlage eines ermittelten Durchschnittwertes der ortsüblichen Bebauung sowie durch eine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefe der ermittelten Messreihen festzusetzen, sei dies ebenfalls nicht überzeugend. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass der beklagte Zweckverband seine Entscheidung, die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m anzunehmen, nicht alleine auf die ermittelte durchschnittliche Bebauungstiefe gestützt habe. Vielmehr habe die durchschnittliche Bebauungstiefe dazu gedient, festzustellen, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Immerhin habe auch das Bundesverwaltungsgericht in der bereits erwähnten Entscheidung hinsichtlich der Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie maßgeblich darauf abgestellt, dass bei Innenbereichsgrundstücken die bauliche Ausnutzbarkeit regelmäßig nicht größer sei als bei den „durchschnittlich“ tiefen Grundstücke eines Abrechnungsgebietes. Um festzustellen, ab wann eine bauliche Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke typischerweise nicht mehr gegeben sei, sei es zudem erforderlich gewesen, gewissermaßen von unten kommend, sämtliche Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen zu summieren, und so festzustellen, ab wann eine Bebauung nur noch ausnahmsweise stattfinde. Zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte es der Beklagte eben gerade nicht für vorteilsgerecht, beispielsweise die Tiefenbegrenzungslinie im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung bei 45 m zu ziehen, weil hier immerhin noch bei 40 % der untersuchten Fälle eine Bebauung jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Ein Verhältnis von 60 zu 40 stelle noch kein Regel-Ausnahme-Verhältnis dar. Demgegenüber erfasse die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Hierin habe der beklagte Zweckverband unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Darin liege auch der sachliche Grund, die Tiefenbegrenzungslinie bei der Messreihe 6 zu ziehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008, Az. 1620006, in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 unter Aufhebung des Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei im Ergebnis richtig. Selbst bei ermessenfehlerfreier Festsetzung der Tiefenbegrenzungsregelung und damit wirksamer Satzungsgrundlage hätte es der Klage stattgeben müssen, da auch dann die streitgegenständlichen Bescheide in dem angefochtenen Umfang rechtswidrig gewesen wären. In Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung habe die Klägerin aufgrund der nur teilweisen Anfechtung des Beitragsbescheides den Beitrag bereits vollständig entrichtet. Darüber hinaus bestehe keine Beitragspflicht der Klägerin. Hätte der Beklagte auch die Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zur Beitragspflicht unterwerfen wollen, hätte es hierzu einer entsprechenden Satzungsregelung bedurft, wie sie in zahlreichen anderen Beitragssatzungen und der Mustersatzung des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V zu finden sei.

Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung mit dem Verfahren Az. 1 L 27/09 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Verfahrensakten samt der zu diesen gereichten Behördenakten und auf die beigezogenen Akten des Verfahrens Az. 1 M 91/09 (VG Greifswald Az. 3 B 249/09) nebst Behördenakten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin ist unbegründet; das verwaltungsgerichtliche Urteil war entsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der angefochtene Anschlussbeitragsbescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin folglich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann auf eine wirksame Rechtsgrundlage gestützt werden (1.); auch die Rechtsanwendung ist nicht zu beanstanden (2.).

1. Der angefochtene Bescheid ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mangels wirksamer, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KG M-V aber erforderlicher Rechtsgrundlage rechtwidrig. Die am 10. August 2011 beschlossene, am 17. August 2011 ausgefertigte und nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getretene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) ist wirksam und damit Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides.

Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung von 50 m verstößt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip.

Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS bestimmt:

Als Grundstücksfläche gilt: bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen (§ 34 BauGB), die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen; bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen oder nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Im Falle eines Eckgrundstückes ist die Tiefenbegrenzungsregelung in jede Richtung der vorhandenen Anbaustraßen aus zu ziehen.

Die in der Vorschrift enthaltene Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m ist nicht zu beanstanden.

Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht grundsätzlich zulässig. Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Danach sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem – wie in Anlage 1 1. A Abs. 1 WAgS geregelten – kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen. Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise – höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Es ist darauf abzustellen, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht. Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden. Das Gericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen.

Bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse ist eine Begrenzung auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt. Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i. S. v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann. Der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB muss nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden, sondern kann je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen (bauakzessorische Nutzung); auch topographische Verhältnisse können dabei eine prägende Rolle spielen (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris; Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –, juris; jeweils m. w. N.).

Nach Maßgabe dieses Maßstabes liegt der streitgegenständlichen Tiefenbegrenzungsregelung weder eine methodisch fehlerhafte Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe bzw. der diesbezüglichen örtlichen Verhältnisse im Gebiet des Zweckverbandes zugrunde (a) noch hat das satzungsgebende Organ des Wasserzweckverbandes die betreffenden Ermittlungsergebnisse bei seiner Festlegung im Übrigen ermessensfehlerhaft bewertet und gewichtet (b).

a) Das Verwaltungsgericht meint, es sei methodisch fehlerhaft gewesen, dass der Wasserzweckverband Strelitz zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt habe. Dies sei zu beanstanden, weil es der Funktion der Tiefenbegrenzung – der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen – widerspreche. Daher könnten auch nur Randlagengrundstücke für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergingen. Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

aa) Das Verwaltungsgericht führt zunächst (S. 5 des Urteils) aus, der Anwendungsbereich der Regelung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“), vielmehr seien „auch“ solche Grundstücke erfasst, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen ( „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Von diesem grundsätzlichen Normverständnis ausgehend entwickelt es dann seinen Rechtsstandpunkt, nur die von ihm so bezeichneten Randlagengrundstücke dürften in die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe einbezogen werden.

Diesem Rechtsstandpunkt scheint damit eine grundlegende Fehldeutung des Regelungsgehalts der Bestimmung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS zugrunde zu liegen: Anlage 1 Ziff. 1.3 B. c) WAgS findet nicht „auch“, sondern nach seinem klaren Wortlaut („Grundstücken, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“) entweder nur oder jedenfalls vor allem auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, „innerhalb“ des unbeplanten Innenbereichs liegen, daneben allenfalls „auch“ auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“). Das Verwaltungsgericht hat demzufolge in seinem grundsätzlichen Normverständnis den Regelungsgehalt der Bestimmung gewissermaßen in sein Gegenteil verkehrt. Seine methodische Kritik, es könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innen- in den Außenbereich übergingen, verliert den Regelungsgehalt von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS aus den Augen. Bei zutreffendem Verständnis der Norm betrachtet der Senat daher die Annahme, obwohl sie sich zumindest in erster Linie auf vollständig im Innenbereich belegene Grundstücke bezieht, dürften gerade diese Grundstücke für die Ermittlung der für sie vorgesehenen Tiefenbegrenzungsregelung nicht berücksichtigt werden, als unschlüssig.

Bleibt man im Übrigen eng am Wortlaut („Grundstücke, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“), folgt daraus ohne Weiteres, dass es definitionsgemäß nach Maßgabe von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS keine „Randlagengrundstücke“ und/oder „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ geben kann, sondern eben ausschließlich nur innerhalb des Innenbereichs liegende Grundstücke, auf die die Tiefenbegrenzungsregelung Anwendung findet. Entsprechende Regelungen waren ohne Beanstandung insoweit bereits Gegenstand von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03 – und Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00 – sowie v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –). Auch dort beschäftigte sich insbesondere der 4. Senat mit den „insgesamt im Innenbereich gelegenen Grundstücken“.

bb) Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts stehen im Widerspruch zur Senatsrechtsprechung und zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 03. Mai 2005 – 1 L 268/03 – darauf hingewiesen, dass eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung, die die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegele, auch auf „zentrale“ Grundstücke des unbeplanten Innenbereichs anwendbar sei. Der Senat hat sich dabei auf die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365 – zitiert nach juris) bezogen, wonach es keinen tragfähigen Grund gebe, die entwickelten Grundsätze für eine Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken oder – im Gegenteil – auf diesen Randbereich für unanwendbar zu halten. Wegen entsprechender örtlicher Verhältnisse könne danach die Anwendbarkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auch auf „zentrale“ Grundstücke mit § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Einklang stehen. Dann ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, die „zentralen“ Grundstücke bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse „außen vor zu lassen“.

cc) Mit der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS geregelten Tiefenbegrenzung soll nach dem zutreffenden Vortrag des Beklagten in erster Linie die Frage beantwortet werden, wie sich die ortsübliche bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstellt bzw. ab welcher Linie typischerweise „übertiefe“ Grundstücke in ihrem hinteren Teil weder bebaut noch bauakzessorisch genutzt werden können; daneben mag es in Innenbereichsrandlagen auch um die Klärung gehen, ab wo der Innenbereich in den Außenbereich übergeht. Bezogen auf die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils können nicht baulich nutzbare – jenseits der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. der hierauf gegründeten Tiefenbegrenzungslinie liegende – Teilflächen „übertiefer“, vollständig im Innenbereich liegender Grundstücke den Außenbereichsteilflächen „übertiefer“ Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen, gleichstehen. Entsprechend hat das Oberverwaltungsgericht in den vorstehend in Bezug genommenen Entscheidungen formuliert, die Tiefenbegrenzung sei eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks „Bauland“ ist und jenseits eine bauliche Nutzung nicht mehr stattfinde, damit also das Kriterium der baulichen Nutzbarkeit unterstrichen. Wenn eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegelt, verstößt es folglich nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und das in § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip, bei vollständig im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken den die Tiefengrenze überschreitenden Grundstücksteilen, soweit sie nicht tatsächlich baulich oder gewerblich genutzt werden (können), keinen beitragsrechtlichen Vorteil beizumessen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, a. a. O.). Insoweit sind die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen sind, bei der Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken heranzuziehen.

dd) Vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse steht zudem überhaupt noch nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage im Gebiet des Wasserzweckverbandes der Innenbereich in den Außenbereich überginge. Die Tiefenbegrenzungslinie soll in der Sichtweise des Verwaltungsgerichts gerade erst „vertypt“ die Grenze bestimmen, ab der dies der Fall wäre. Die „Randlage“ wird jedenfalls bei den betreffenden Grundstücken erst durch Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe konkretisiert. Der Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es schlechterdings nicht möglich sei, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festlegung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich Randlagengrundstücke zu berücksichtigen, weil die Randlage der Grundstücke im konkreten Einzelfall erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei. Wollte das Verwaltungsgericht verlangen, unabhängig von einer Tiefenbegrenzungslinie sei im Vorfeld der eigentlichen Ermittlung derselben zunächst für jedes einzelne Grundstück eine Differenzierung nach zentralen Innenbereichs- und Randlagengrundstücken zu fordern, um dann anschließend nur unter Berücksichtigung der letzteren die tatsächlichen Grundlagen zu ermitteln und die Tiefenbegrenzungslinie festzulegen, ginge im Übrigen jeder Vereinfachungsvorteil derselben verloren.

ee) Wenn das Verwaltungsgericht meint, die Berücksichtigung von zentralen Innenbereichsgrundstücken begründe bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen, verkennt dies den skizzierten Regelungsgehalt der konkret in Rede stehenden Tiefenbegrenzungsregelung und erscheint dies zudem spekulativ. Eine „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen ist noch keine Feststellung einer solchen und vermag daher die gerichtliche Verwerfung einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzungsfestlegung nicht zu tragen. Auch der weitere Hinweis darauf, dass im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz drei Kleinstädte lägen und angesichts der dort vorhandenen „eher“ kleinteiligen Bebauungsstruktur die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge habe, dass die Zahl der „eher“ weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Randlagengrundstücken, liegt zum einen mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen neben der Sache und lässt zum anderen bereits eine hinreichende Tatsachenbasis und eine hinreichend konkrete Betrachtung der Verhältnisse im Verbandsgebiet bzw. der vorliegenden Ermittlungsergebnisse vermissen. Hierzu bestünde für die Gerichte im Übrigen grundsätzlich auch nur dann Anlass, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen oder geltend gemacht werden, die unter diesem Blickwinkel zur Annahme einer fehlerhaft zusammengestellten Tatsachenbasis für die Ermessensentscheidung führen könnten.

b) Der Wasserzweckverband hat – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – die Ergebnisse seiner Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse bei seiner Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m im Übrigen ermessensfehlerfrei bewertet und gewichtet.

Er ist bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m wie folgt vorgegangen: Er hat ein Referenz-/Untersuchungsgebiet mit 964 km² Fläche der ländlich geprägten Gesamtverbandsgröße von 984 km² zugrunde gelegt. Ausgewertet wurden insgesamt 5.038 Grundstücke im unbeplanten Innenbereich in drei von drei Kleinstädten sowie 86 von 103 Dörfern. Komplett erfasst wurden 17 von 18 Gemeinden und sechs Ortslagen der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. Hieraus resultiert die Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“, die die Zahl der Grundstücke mit einer bestimmten Bebauungstiefe, gestaffelt in 5 m-Schritten, darstellt. Die ermittelte Bebauungstiefe stellt dabei auf das Ende der tatsächlichen Bebauung ab. Die durchschnittliche Bebauungstiefe wurde mit 31,58 m ermittelt. Unter Einbeziehung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m wurde die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt; dabei wurden insgesamt 70,09 % der Grundstücke in dem Sinne erfasst, dass ihre bauliche Nutzung bis an diese Grenze endet. In der Begründung der Beschlussvorlage VB/15/11 ist ausgeführt, dass neben der Bebauungstiefe die sogenannte bauakzessorische Nutzung (Garten, Terrasse, etc.) untersucht und im Verbandsgebiet mit 15 m als ortsüblich festgestellt worden sei. Weiter heißt es:

„Unter Berücksichtigung einer der größten Gruppen entsprechenden Bebauungstiefe bis 20 m ergäbe sich unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzungslinie von 35 m. Bei dieser Tiefenbegrenzungslinie würden allerdings lediglich 34,16 % aller Grundstücke erfasst werden. Dies ist eine noch nicht hinreichend große Anzahl von Grundstücken, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie ermöglichen würde.

Die Gruppe der Grundstücke, die unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung des Grundstücks von 15 m eine bauliche Nutzung zwischen 45 und 50 Metern aufweist, beträgt 8,93 %. Zieht man unter Einbeziehung dieser Gruppe die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 Metern, wären 70,09 % aller Grundstücke erfasst. Dies ist eine Zahl, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulässt. Dafür spricht zudem die Tatsache, dass die durchschnittliche bauliche Nutzung der Grundstücke unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung in dieser Gruppe liegt (46,58 %).“

Auf der Basis der Ermittlungen der Bebauungstiefe und der vorstehenden Erwägungen des Wasserzweckverbandes ist ein justitiabler Ermessensfehler bei der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie auf 50 m nicht feststellbar.

Wie bereits ausgeführt geht es bei der Frage der Ortsüblichkeit nicht um die Ermittlung einer exakt berechenbaren Größe. Da es zwangsläufig auch Grundstücke mit nicht üblichen Bebauungstiefen gibt, die also nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen, kann für die Annahme der Ortsüblichkeit eine zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken maßgeblich sein, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen.

Betrachtet man hiervon ausgehend und auf der Grundlage der Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“ einen Korridor der tatsächlichen Bebauungstiefe von 21 bis 50 m bzw. – nach Addition der ortsüblichen bauakzessorischen Nutzung – von 36 bis 65 m, also etwa 15 m unter- und oberhalb der normierten Tiefenbegrenzungslinie, lässt sich feststellen, dass mit diesem Korridor eine Gruppe von knapp 56 % aller Grundstücke erfasst ist. Es erscheint nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Wasserzweckverband in diesem Bereich eine im vorstehenden Sinne zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, verortet hat. Das gilt insbesondere mit Blick auf das ihm für die Festsetzung der Tiefenbegrenzung zustehende normgeberische und weit zu verstehende Ermessen.

Auch die Begründung der Beschlussvorlage benennt Kriterien, die entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geeignet sind, die konkret bei 50 m festgelegte Tiefenbegrenzung ermessensfehlerfrei abzusichern. Insbesondere durfte der Wasserzweckverband auch die durchschnittliche Bebauungstiefe berücksichtigen, die er im Ergebnis seiner Untersuchungen festgestellt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Berechnung einer solchen durchschnittlichen Bebauungstiefe – wie vorliegend mit 5.038 Grundstücken – eine hinreichend große Zahl von Grundstücken zugrunde liegt. Denn damit werden jedenfalls „Ausreißer“ weitgehend nivelliert. Dass die durchschnittliche Bebauungstiefe einen Bezug zur ortsüblichen Bebauungstiefe aufweist, ist aus Sicht des Senats offensichtlich: Je mehr Grundstücke in einem Bereich bebaut sind, der als ortsüblich qualifiziert werden kann, umso eher wird auch die durchschnittliche Bebauungstiefe in diesem Bereich liegen, jedenfalls dann, wenn eine hinreichend große Zahl von Grundstücken in die Betrachtung einbezogen wird. Nicht unplausibel ist auch der diesbezügliche Vortrag des Beklagten, die durchschnittliche Bebauungstiefe erlaube die Kontrolle, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Die durchschnittliche Bebauungstiefe kennzeichne nämlich die Linie, bei der sich die Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, mit der Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, decke. Insoweit sei – zumindest als Kontrollüberlegung – eine Bezugnahme auf die durchschnittliche Bebauungstiefe durchaus zulässig. Schließlich hat auch der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 14. September 2010 – 4 K 12/07 – (juris, vgl. Rn. 83) den Gesichtspunkt der durchschnittlichen Bebauungstiefe im Kontext des Erfordernisses der Üblichkeit der Bebauungstiefe als relevant erwähnt.

Ebenfalls als nicht ermessensfehlerhaft erweist sich die Berücksichtigung des Umstandes, dass mit der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m immerhin 70,09 % aller Grundstücke – in dem Sinne, dass dort ihre Bebauung spätestens endet – erfasst würden und dies eine Zahl sei, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulasse. Auch dieser Aspekt ist im vorerwähnten Urteil des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts angesprochen worden. Er wird dem Umstand gerecht, dass aus einer ortsüblichen Bebauungstiefe als Basis der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie zugleich folgt, dass das Eingreifen der Tiefenbegrenzungsregelung nicht der Regelfall sein kann. Wäre dies anders, läge darin ein Anhaltspunkt dafür, dass die ortsübliche Bebauungstiefe nicht korrekt ermittelt worden ist. In diese Richtung zielt auch das Vorbringen des Beklagten, zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte er es für vorteilsgerecht, wenn die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge erfasse, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, und habe unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Auch diese Erwägungen erscheinen jedenfalls nicht unplausibel.

Das Verwaltungsgericht kann seinerseits nicht überzeugend darlegen, warum die 50 m-Linie ermessensfehlerhaft sein soll. Ihm ist zuzugeben, dass die Tiefenbegrenzungslinie möglicherweise auch anders, z. B. bei 45 m hätte gezogen werden können. Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dies wäre „richtiger“ gewesen, könnte dies nicht ohne weiteres damit gleichgesetzt werden, dass die 50 m-Linie vom Zweckverband ermessensfehlerhaft bzw. handgreiflich „falsch“ festgelegt worden wäre. Mit seinen Überlegungen zur Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Messreihen beachtet das Verwaltungsgericht den diesbezüglich weiten Ermessensspielraum des Wasserzweckverbandes nicht im ausreichenden Maße.

2. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche, liegt auch kein Rechtsanwendungsfehler vor.

Die Klägerin meint, es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Der Beklagte gehe demgegenüber fehlerhaft von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele an dem Verlauf der Straße orientieren müsse, die an der Ecke zum Nachbarflurstück 45/5 abknicke.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung satzungskonform. Der Wortlaut der Bestimmung gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die berücksichtigungsfähige Fläche – auch – durch eine vom Endpunkt der Grundstücksstraßengrenze ausgehenden gedachten Senkrechten zur Straße zu begrenzen wäre. Der Wortlaut – „die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen“ – führt vielmehr zwanglos auf das Normverständnis des Beklagten, die gesamte Grundstücksfläche zwischen diesen Parallelen zu berücksichtigen, auch wenn im rückwärtigen Bereich Flächen erfasst werden, die ihrerseits nicht mehr „auf der Höhe“ der Grundstücksgrenze bzw. zwischen den beiden Endpunkten der Grundstücksstraßengrenze lägen sich also das Grundstück im rückwärtigen Bereich verbreitert. Systematisch wird das Normverständnis des Beklagten auch dadurch gestützt, dass nach der Tiefenbegrenzungsregelung bei Grundstücken, die nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen als Grundstücksfläche gilt. Auch dort ist offensichtlich die berücksichtigungsfähige Fläche nicht auf die Breite des betreffenden Weges beschränkt. Schließlich erschiene es vorteilswidrig, dergleichen rückwärtige Flächen unberücksichtigt zu lassen, wenn ihre bauliche Nutzung gerade ortsüblich ist. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, einen Unterschied zwischen der auf der einen und der auf der anderen Seite der gedachten Senkrechten liegenden Fläche zu machen. Die hilfsweise Argumentation der Klägerin, jedenfalls müsse sich die Parallele auf der gesamten Breite ihres Grundstücks am Verlauf der Straße orientieren, überzeugt ebenfalls nicht. Auch insoweit ist der Wortlaut der Bestimmung eindeutig, wonach die Parallele zur jeweiligen Straßengrenze zu ziehen ist. Die Parallele wird folglich nur zu der konkret vorhandenen Straßengrenze gezogen. Soweit das Grundstück der Klägerin im rückwärtigen Bereich über diese konkrete Grenze hinaus eine der Straße zugewandte Grundstücksseite aufweist, grenzt es gerade nicht an die Straße an. Die weitere Regelungsalternative der Tiefenbegrenzungsbestimmung – „bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen“ – ist jedenfalls im Hinblick auf das Grundstück der Klägerin nicht einschlägig, ebenso wenig die Regelung für Eckgrundstücke. Soweit der Abwasserbeseitigungszweckverband Tollensesee möglicherweise einer gleichlautenden Bestimmung ein anderes Normverständnis zugrunde legt, ist dies vorliegend rechtlich nicht von Bedeutung.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.