VG des Saarlandes, Urteil vom 26.08.2008 - 2 K 756/07
Fundstelle
openJur 2010, 2531
  • Rkr:

Unterlässt es der Beamte, seinen vermeintlichen Anspruch auf Beförderung zunächst zeitnah in einem förmlichen Verwaltungsverfahren zu verfolgen und ggfl. vorrangig zu dessen Durchsetzung gerichtlichen Rechtschutz in Anspruch zu nehmen, steht dies nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB einem später geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Beförderung entgegen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Beigeladene zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit vorliegender Klage Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung.

Der am … 1944 geborene Kläger war Beamter der früheren Deutschen Bundesbahn. Zuletzt bekleidete er das Amt eines Bundesbahndirektors (Besoldungsgruppe A 15). Nach der Gründung der beigeladenen Deutschen Bahn AG wurde der Kläger dieser zugewiesen und bis zu seiner mit Ablauf des Monats Dezember 2000 erfolgten Zurruhesetzung im Geschäftsbereich Fernverkehr als Leiter der Niederlassung Saarbrücken beschäftigt.

Mit an das beklagte Bundeseisenbahnvermögen gerichtetem Schreiben vom 15.10.2006 beantragte der Kläger, ihm im Wege des Schadensersatzes ab dem Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung Versorgungsbezüge nach Besoldungsgruppe A 16 zu gewähren. Hierzu wies er darauf hin, dass ihm ein rechtskräftiges Urteil bekannt geworden sei, nach dem ehemaligen beamteten, der Beigeladenenzugewiesenen oder beurlaubten Führungskräften, deren Arbeitsplätze nach Besoldungsgruppe A 15 bewertet gewesen seien, wegen Nichtausschreibung von nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Arbeitsplätzen inzwischen ein Ruhegehalt nach Besoldungsgruppe A 16 gezahlt werde. Er sei der Auffassung, dass auch er aufgrund seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung während seiner aktiven Dienstzeit bei einer der ohne Ausschreibung erfolgten Vergaben von nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Arbeitsplätzen hätte berücksichtigt werden müssen.

Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Versorgungsbezügen aus Besoldungsgruppe A 16 im Wege des Schadensersatzes lehnte die Hauptverwaltung des Beklagten mit Schreiben vom 07.12.2006 mit der Begründung ab, sie habe die im Zeitraum vom 01.01.1994 bis 31.12.1998 erfolgten Beförderungen nach Besoldungsgruppe A 16 überprüft und unter Zugrundelegung der Vorbildung des Klägers, seines beruflichen Werdeganges, seiner Beurteilungen sowie seines allgemeinen Dienstalters (ADA) als Bundesbahndirektor festgestellt, dass die Bewerberauswahl auch bei den ohne vorherige Ausschreibung übertragenen Beförderungsdienstposten nicht zu beanstanden sei. Bei Absehen vonder Ausschreibung eines Beförderungsdienstpostensobliege es dem Dienstherrn, alle für die Besetzung der Stelle laufbahnrechtlich in Betracht kommenden Beamten in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Die Festlegung dieses fiktiven Bewerberkreises erfolge anhand des Anforderungsprofils der zu besetzenden höherwertigen Stelle. Dabei seien 17 der im fraglichen Zeitraum beförderten Beamten auf nichttechnischen Dienstposten sowie 18 Beamte auf Dienstposten des bautechnischen Dienstes befördert worden. Für diese Dienstposten habe der Kläger nicht die laufbahnmäßigen Voraussetzungen aufgewiesen, so dass er in diesen Fällen nicht zum fiktiven Bewerberkreis gehört habe. In den verbleibenden 13 Fällen, in denen die Erfüllung des jeweiligen Anforderungsprofils der höherbewerteten Funktion durch den Kläger nicht generell zu verneinen gewesen sei, seien die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der in Betracht kommenden Beamten primär auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen verglichen worden. Dabei habe sich in fünf Fällen ergeben, dass die ausgewählten Beamten deutlich besser beurteilt gewesen seien. In weiteren Fällen sei im Vergleich mit annähernd gleich beurteilten Beamten das ADA als Bundesbahndirektor herangezogen worden. Vonden ausgewählten Beamten hätten fünf ein zum Teil wesentlich älteres ADA als Bundesbahndirektor aufgewiesen, wobei die durchschnittliche Verweildauer aller technischen Bundesbahndirektoren im Amt im fraglichen Zeitraum bei 11,5 Jahren und damit deutlich über der eigenen Verweildauer des Klägers gelegen habe. Die noch verbleibenden drei Dienstpostenvergaben seien im Einvernehmen mit der Beigeladenen nochmals im Einzelnen überprüft worden. Diese Prüfung habe ergeben, dass die geringfügig besser beurteilten Beamten auszuwählen gewesen seien, da sie aufgrund ihrer Fach- und Vorkenntnisse das jeweilige Anforderungsprofil in vollem Umfang erfüllt gehabt hätten, während das Eignungsprofil des Klägers dem jeweiligen Anforderungsprofil nur zum Teil entsprochen habe. Eine Benachteiligung des Klägers durch die ohne Ausschreibung erfolgten Dienstpostenvergaben sei daher nicht zu erkennen.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14.12.2006 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er mit ergänzendem Schreiben vom 13.02.2007 geltend machte, der Versuch des Beklagten, die vorgenommenen Dienstpostenvergaben nachträglich zu rechtfertigen, überzeuge in keiner Weise. Zu Unrecht sei er als Mitarbeiter des höheren maschinentechnischen Verwaltungsdienstes aus dem fiktiven Bewerberkreis bei der Vergabe der bautechnischen und nichttechnischen Dienstposten ausgeschlossen worden. Während seiner beruflichen Laufbahn bei der früheren Deutschen Bundesbahn sowie der Beigeladenen sei er sowohl im bautechnischen als auch im nichttechnischen Bereich tätig gewesen. Sofern auf bessere Beurteilungen der ausgewählten Bewerber verwiesen werde, werde verkannt, dass die Beurteilungen von Bewerbern aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Beigeladenen wegen des unterschiedlichen Beurteilungsniveaus nicht miteinander vergleichbar seien. Im Geschäftsbereich Reise & Touristik sei auf wesentlich niedrigerem Niveau beurteilt worden als in anderen Geschäftsbereichen der Beigeladenen. Er sei nach wie vor der Meinung, dass er aufgrund der von ihm als Leiter der Niederlassung Saarbrücken des späteren Geschäftsbereiches Reise & Touristik gezeigten Leistungen bei einer Ausschreibung der nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Arbeitsplätze einen solchen erhalten hätte. Eine Heranziehung des ADA hätte nur erfolgen dürfen, sofern keine weiteren leistungsnahen Kriterien vorhanden gewesen wären. Vorrangig hätte daher etwa auch seine Vorbeurteilung berücksichtigt werden müssen.Dass er über die Besetzung der ohne Ausschreibung vergebenen Arbeitsplätze nicht informiert worden sei, sei rechtswidrig und verstoße gegen den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG. Er habe keine Möglichkeit gehabt, die jeweiligen Dienstpostenvergaben im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes rechtzeitig vor der Ernennung des ausgewählten Beamten auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2007, dem Kläger am 21.04.2007 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde dargelegt, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers bei der Übertragung von höherbewerteten Arbeitsplätzen bei der Beigeladenen rechtmäßig gewesen sei. Obwohl der Arbeitsplatz des Klägers die Voraussetzungen für eine beamtenrechtliche Höherbewertung nicht erfüllt habe, habe er sich auf Stellenausschreibungen entsprechend bewerteter Arbeitsplätze nicht beworben. Ein Bestreben durch Übernahme anderer, höherwertiger Aufgaben eine Beförderung zu erlangen, sei bei dem Kläger nicht erkennbar gewesen. Der Kläger sei auch bei den ohne vorangegangene Ausschreibung in den Jahren 1994 bis 1998 erfolgten Beförderungen nicht rechtswidrig übergangen worden. Im Rahmen des rechtlich zulässigen Verzichts auf eine Ausschreibung seien alle in Betracht kommenden Beamten in die Auswahl einzubeziehen, ohne dass es einer ausdrücklichen Bewerbung bedürfe. Zu dem Kreis der dabei zu berücksichtigenden Beamten hätten nur diejenigen Beamten gehört, die die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Besetzung des Beförderungsamtes sowie das Anforderungsprofil des konkret zu besetzenden Arbeitsplatzes erfüllt hätten. Selbst wenn der Kläger mit seiner Qualifikation als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen zur Besetzung auch von nichttechnischen bzw. bautechnischen Dienstposten erfüllt gehabe hätte, sofern an diese nicht besondere Anforderungen gestellt worden wären, und damit in den fiktiven Bewerberkreis einzubeziehen gewesen wäre, hätte er bei den fraglichen Arbeitsplatzvergaben nicht berücksichtigt werden können. Dies gelte insbesondere unter Würdigung seiner dienstlichen Beurteilung, da das Ergebnis seines Mitarbeitergesprächs insgesamt nicht im Spitzenbereich anzusiedeln gewesen sei und bei der Auswahl von herausgehobenen Führungspositionen dem Kriterium „soziales Verhalten“ besondere Bedeutung zukomme. Während der Kläger den diesbezüglichen Anforderungen nur eingeschränkt gerecht geworden sei, hätten sich die ausgewählten Beamten bereits auf Führungspositionen mit der erforderlichen Mindesteingruppierung bewährt gehabt. Auch führe die Einbeziehung der Vorbeurteilungen des Klägers durch die Deutsche Bundesbahn zu keinem anderen Ergebnis. Eine Bonus-Malus-Regelung hinsichtlich des Beurteilungsniveaus bei der DB Reise & Touristik könne nicht bestätigt werden; jedenfalls habe eine solche ressortinterne Betrachtungsweise zu keinem Zeitpunkt bei der Vergabe von Arbeitsplätzen im DB-Konzern Berücksichtigung gefunden. Dass der Kläger über den Ausgang der jeweiligen Auswahlverfahren ohne vorangegangene Ausschreibung nicht zeitnah informiert worden sei, stehe seiner rechtmäßigen Nichtberücksichtigung bei der Übertragung von beamtenrechtlich höherbewerteten Arbeitsplätzen bei der Beigeladenen unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes nicht entgegen.

Mit seiner am 18.05.2007 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren weiter.

DerKläger hält an seiner Auffassung fest,dass ihm ein Anspruch darauf zustehe, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als sei er versorgungswirksam zum Leitenden Bundesbahndirektor (Besoldungsgruppe A 16) befördert worden. Der Beklagte habe bei der Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 16 durch Zuweisung zu entsprechenden Arbeitsplätzen bei der Beigeladenen sowie den sich daran anschließenden Beförderungen derjenigen Beamten, die diese Arbeitsplätze innegehabt hätten, den ihm aus Art. 33 Abs. 2 GG zustehenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt. Dies habe jedenfalls für die Vergabe derjenigen Beförderungsämter gegolten, die entsprechenden Arbeitsplätzen bei der Beigeladenen ohne vorangegangene Ausschreibung zugewiesen worden seien. Das von dem Beklagten und der Beigeladenen seit der Privatisierung der früheren Deutschen Bundesbahn praktizierte Verfahren der beamtenrechtlichen Zuordnung höherwertiger Dienstposten zu den von der Beigeladenen ausgewählten Arbeitsplätzen und der jeweils nachfolgenden Beförderung von Beamten habe den daran zu stellenden rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Er sei in rechtswidriger Weise nicht in die Auswahlverfahren betreffend dieVergabe von Beförderungsämtern einbezogen worden, die ab dem Jahre 1994 durchgeführt worden seien. In Folge dessen habe der Beklagte ihn entgegen der ihm obliegenden Rechtspflicht auch nicht über die Zuordnung besoldungsrechtlich höherwertiger Planstellen zu anderen Arbeitsplätzen und die Beförderung der jeweiligen Arbeitsplatzinhaber informiert und ihm so die Möglichkeit genommen, effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Damit habe der Beklagte seinen Bewerbungsverfahrensanspruch in schuldhafter Weise verletzt. Angesichts der schon vor dem Jahr 1994 entwickelten und bekannt gewordenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Vergabe von Beförderungs-ämtern hätte es sich den verantwortlichen Amtswaltern des Beklagten aufdrängen müssen, dass sowohl das praktizierte Konzept der Dienstpostenbewertung und Zuordnung von höherwertigen Dienstposten zu Arbeitsplätzen bei der Beigeladenen als auch seine unterbliebene Einbeziehung in die entsprechenden Auswahlverfahren im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG sowie §§ 23, 8 Abs. 1 BBG nicht vertretbar gewesen seien. Der schuldhafte Rechtsverstoß des Beklagten sei für den von ihm geltend gemachten Schaden auch kausal gewesen. Zwar könne nicht sicher festgestellt werden, dass ihm ohne die entsprechenden Rechtsverstöße des Beklagten nach 1994 ein Beförderungsamt hätte übertragen werden müssen. Andererseits könne aber auch nicht sicher festgestellt werden, dass er in diesen Fällen nicht zum Zuge gekommen wäre. Dies gelte umso mehr, als er sowohl für den nichttechnischen als auch den bautechnischen Bereich über die laufbahnmäßigen Voraussetzungen verfügt und damit auch bei der Vergabe von höherwertigen Arbeitsplätzen in diesem Bereich zum fiktiven Bewerberkreis gehört habe. Diese tatsächliche Ungewissheit gehe zu Lasten des Beklagten. Der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass er auch bei Durchführung eines fehlerfreien Auswahlverfahrens nicht befördert worden wäre. Diesen Beweis sei der Beklagte schuldig geblieben. Der Beklagte habe zu den konkreten Auswahlerwägungen, die den jeweiligen Auswahlentscheidungen zugrunde gelegen hätten, keine substantiierte Angaben machen können. Weshalb den jeweils ausgewählten Beamten der Vorrang hätte eingeräumt werden dürfen, sei nicht nachzuvollziehen. Die Zuweisung einer höherwertigen Planstelle zu einem Arbeitsplatz allein aus Gründen der Beförderungswürdigkeit des Arbeitsplatzinhabers sei rechtlich nicht vertretbar. Könne danach aber nicht ausgeschlossen werden, dass er bei der Vergabe eines der Beförderungsämter seit dem Jahre 1994 die Möglichkeit gehabt hätte, nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien befördert zu werden, sei der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2007 zu verpflichten, ihn für den Zeitraum ab dem 01.01.2001 versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er versorgungswirksam zum Leitenden Bundesbahndirektor (Besoldungsgruppe A 16) befördert worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte weist darauf hin, dass die Beigeladene gemäß § 12 Abs. 6 Deutsche Bahn Gründungsgesetz in Verbindung mit Nr. 16 und 26 der DB AG-Zuständigkeitsverordnung legitimiert sei, im Einvernehmen mit dem Beklagten den bei ihr beschäftigten Beamten eine höher zu bewertende Tätigkeit zu übertragen. Diese Entscheidung werde gemäß § 3 ELV auf der Basis des Leistungsgrundsatzes mit der Maßgabe getroffen, dass Eignung, Befähigung und fachliche Leistung an den Anforderungen der Beigeladenen gemessen würden. Dazu seien bestimmte Mindestanforderungen bezüglich der Wertigkeit der bei der Beigeladenen ausgeübten Funktion zu erfüllen. Für die Vergabe einer A 16-Bewertung bestünde nach ständiger Praxis das Erfordernis der Ausübung einer Funktion, die mindestens nach AT 3 des Konzernentgelttarifvertrages der Beigeladenen eingruppiert sei. Dem entsprechend würden in den fiktiven Bewerberkreis anlässlich der Auswahl im Rahmen der Höherstufung nach A 16 nur diejenigen Beamten einbezogen, deren Arbeitsplatz mindestens nach AT 3 eingruppiert sei und die diesen bereits erfolgreich wahrgenommen hätten. Da dieser Führungserfahrung eine besondere Aussagekraft hinsichtlich der Eignung und Befähigung für das nach A 16 zu vergebende Beförderungsamt zukomme, handele es sich um eine im Hinblick auf das angestrebte Amt sachlich hinreichend gerechtfertigte Voraussetzung, die von dem Kläger als Inhaber eines lediglich nach AT 2 eingruppierten Arbeitsplatzes zu dem jeweiligen beamtenrechtlichen Höherstufungszeitpunkt der fraglichen Funktion nicht erfüllt worden sei. Das in Art. 33 Abs. 2 GG garantierte Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt werde durch diese Vorgehensweise nicht verletzt, da für die der Beigeladenen zugewiesenen Beamten, die ein solches Beförderungsamt anstrebten, die Möglichkeit bestehe, unter Wahrung des Leistungsgrundsatzes eine entsprechend hochwertige Funktion zu erlangen. Hinsichtlich des Klägers sei dem Leistungsprinzip dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass er bei der Besetzung der 48 in Rede stehenden höherwertigen Arbeitsplätze als fiktiver Bewerber in die Auswahl einbezogen worden sei. Bei den entsprechenden, unter Absehung der Ausschreibung erfolgten Besetzungen habe der Kläger unter Berücksichtigung der Erfüllung des Anforderungsprofils als Maschinen- und Elektrotechniker sowie insbesondere seiner dienstlichen Beurteilungen, in Einzelfällen auch des ADA als Hilfskriterium allerdings keine Berücksichtigung finden können. Dabei sei davon auszugehen, dass der Kläger angesichts der Tatsache, dass in dem fraglichen Zeitraum mindestens 20nach AT 3 eingestufte Arbeitsplätze ausgeschrieben worden seien, nicht zwingend in alle in Rede stehenden Auswahlentscheidungen einzubeziehen gewesen sei. Durch diese Ausschreibungen sei dem Kläger konkret die Möglichkeit eröffnet worden, einen höherwertigen Arbeitsplatz zu erlangen und sich auf diesem zu bewähren, wodurch er in gleicher Weise wie auf den nicht ausgeschriebenen Arbeitsplätzen eine Beförderungschance erlangt hätte. Da entsprechende Bewerbungen durch den Kläger nicht erfolgt seien, sei die Annahme gerechtfertigt gewesen, dass er als Inhaber eines nur nach AT 2 eingestuften Arbeitsplatzes eine höherwertige Funktion und die damit verbundene Chance auf Beförderung nach Besoldungsgruppe A 16 nicht angestrebt habe. Seien die entsprechenden Auswahl- und Höherbewertungsentscheidungen damit aber nicht als rechtsfehlerhaft anzusehen, stehe dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Vorsorglich werde darüber hinaus die Einrede der Verjährung erhoben. Zumindest über den über die dreijährige Verjährungsfrist hinausgehenden Zeitraum seien die vermeintlichen Ansprüche des Klägers verjährt.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene weist ergänzend darauf hin, dass die beamtenrechtliche Höherstufung eines Arbeitsplatzes in ihrem Bereich auf der Basis der gesetzlichen Vorgaben des Besoldungs- und Haushaltsrechts sowie des zwischen dem Beklagten und ihr abgestimmten Stellenbewertungsverfahrens erfolge. Dabei seien losgelöst von der individuellen Erfüllung laufbahn- und beamtenrechtlicher Anforderungen sog. Mindestanforderungen an die Wertigkeit der bei ihr ausgeübten Funktionen zu erfüllen. Danach sei eine der Anforderungen an eine Beförderung nach Besoldungsgruppe A 16 mindestens die Ausübung einer Funktion, die nach AT 3 des Konzernentgelttarifvertrages eingruppiert sei. Der Arbeitsplatz des Klägers als Leiter der Niederlassung Saarbrücken im Geschäftsbereich Fernverkehr sei demgegenüber gemäß dem Konzernentgelttarifvertrag nach AT 2 eingruppiert gewesen und habe daher eine beamtenrechtliche Höherbewertung nach A 16 zu keinem Zeitpunkt ermöglicht. DieBeförderungsmöglichkeit zum Leitenden Bundesbahndirektor hätte der Kläger für sich nur aufgrund einer Bewerbung um eine ausgeschriebene Funktion im DB-Konzern eröffnen können, die mindestens nach AT 3 eingruppiert gewesen sei. Dies habe der Kläger trotz entsprechend vorhandener Ausschreibungen unterlassen, so dass ein Bestreben, durch die Übernahme höherwertiger Aufgaben bei der Beigeladenen auch eine beamtenrechtliche Beförderung zu erlangen, in seinem Fall nicht erkennbar gewesen sei. Der von dem Kläger innegehaltene Arbeitsplatz selbst sei beamtenrechtlich sachgerecht mit AT 2 bewertet gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten und die Personalakte des Klägers verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Gründe

Die auf Gewährung von Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung zum Leitenden Bundesbahndirektor (Besoldungsgruppe A 16) gerichtete Klage bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz für die ihm seit dem Jahr 2001 entgangenen zusätzlichen Versorgungsbezüge aus dem Amt eines Leitenden Bundesbahndirektors (Besoldungsgruppe A 16). Der einen entsprechenden Schadensersatz ablehnende Bescheid des Beklagten vom 07.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden

vgl. BVerwG, Urteile vom 17.08.2005 – 2 C 36/04 -, NVwZ 2006, 212 und vom 01.04.2004 – 2 C 26/03 -, DÖD 2004, 250 m. w. N.

Diese Anspruchsvoraussetzungen sind hinsichtlich des von dem Kläger geltend gemachten höheren Ruhegehaltes nicht erfüllt.

Zwar hat der Beklagte bei der in dem vorliegend allein streitigen Zeitraum von Januar 1994 bis Dezember 1998 ohne vorausgegangene Ausschreibung erfolgten Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 16 den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl dadurch verletzt, dass hinsichtlich der für die entsprechende Beförderung vorgreiflichen Übertragung eines nach AT 3 des Konzernentgelttarifvertrages eingruppierten, d.h. beamtenrechtlich nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Arbeitsplatzes bei der Beigeladenen ein den Anforderungen von Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragendes Auswahlverfahren nicht durchgeführt worden ist.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Aus diesem von Art. 33 Abs. 2 GG vermittelten Recht auf chancengleichen Zugang zu einem Beförderungsamt folgt nicht nur, sofern der Dienstherr auf die Ausschreibung eines Beförderungsamtes verzichtet, die Verpflichtung, alle Beamte in die Auswahl für die Vergabe eines Beförderungsamtes bzw. die im Vorfeld dazu erfolgte Übertragung eines entsprechend höherbewerteten Dienstpostens einzubeziehen, die die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllen

vgl. HessVGH, Beschluss vom 18.02.1991 – 1 TG 85/91 -, NVwZ-RR 1992, 34; ferner Schnellenbach: Konkurrenzen um Beförderungsämter, ZBR 1997, 169, 175.

Vielmehr ist der Dienstherr auch gehalten, den unterlegenen Beamten zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes rechtzeitig vor der Ernennung des ausgewählten Beamten durch eine Mitteilung Kenntnis vom Ausgang des Auswahlverfahrens zu geben

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 09.07.2007 – 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2000, 1178 und vom 03.10.1989 – 1 BvR 1245/88 -, DVBl. 1989, 1248.

Dieser Verpflichtung ist der Beklagte unstreitig nicht nachgekommen, da der Kläger weder über den Ausgang der die Übertragung von beamtenrechtlich nach Besoldungsgruppe A 16 höherbewerteten Arbeitsplätzen bei der Beigeladenen betreffenden Auswahlverfahren noch über die nachfolgende Vergabe entsprechender Beförderungsämter unterrichtet worden ist.

An dem darin zu sehenden Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG trifft den Beklagten auch ein Verschulden. Nach dem für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz geltenden allgemeinen Verschuldensmaßstab des § 276 Abs. 1 und 2 BGB

vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 17.08.2005 a.a.O. und vom 21.12.2000 – 2 C 39.99 -, BVerwGE 112, 308

haben die verantwortlichen Amtsinhaber des Beklagten durch die unter Absehung von einer Ausschreibung erfolgte Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 16, ohne den Kläger als insoweit ebenfalls in Betracht zu ziehenden Beamten zuvor über den Ausgang der entsprechenden Auswahlverfahren in Kenntnis zu setzen, zumindest fahrlässig gehandelt. Aufgrund der einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung zu den an ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren zu stellenden Anforderungen hätte sich den Amtswaltern des Beklagten ohne Weiteres aufdrängen müssen, dass eine Vergabe von Beförderungsämtern ohne vorherige Unterrichtung der in Betracht zu ziehenden, aber nicht zum Zuge gekommenen Beamten im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG rechtlich nicht vertretbar war.

Die schuldhafte Verletzung des Anspruchs eines Beamten auf leistungsgerechte Berücksichtigung bei der Vergabe eines Beförderungsamtes löst einen Schadensersatzanspruch allerdings nur dann aus, wenn der Rechtsverstoß auch adäquat kausal für die Nichtbeförderung war. Eine Kausalität in diesem Sinne ist nur gegeben, wenn der Beamte bei Vermeidung des Rechtsverstoßes voraussichtlich ausgewählt und befördert worden wäre

vgl. zur Kausalität grundlegend BVerwG, Urteile vom 17.08.2005 a. a. O., vom 21.08.2003 – 2 C 14/02 -, ZBR 2004, 101 und vom 29.08.1996 – 2 C 23/95 -, ZBR 1997, 15.

Dies würde vorliegend zwingend voraussetzen, dass sich der Kläger, wenn er von dem Beklagten über die erfolgte Übertragung höherwertiger Arbeitsplätze im Bereich der Beigeladenen sowie die beabsichtigte Beförderung der ausgewählten Beamten rechtzeitig in Kenntnis gesetzt worden wäre, gegen seine Nichtberücksichtigung bei der jeweiligen Auswahlentscheidung zur Wehr gesetzt hätte, um seine Chance auf eine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 zu wahren. Daran bestehen schon vor dem Hintergrund des Vorbringens des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach er mit seiner – beamtenrechtlich lediglich nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten - Stelle als Leiter der Niederlassung Saarbrücken im Geschäftsbereich Fernverkehr der Beigeladenen sehr zufrieden gewesen sei, diese für sich als Herausforderung angesehen und demzufolge jedenfalls während des hier maßgeblichen Zeitraums von 1994 bis 1998 keine Veranlassung gesehen habe, sich auf einen höherbewerteten Arbeitsplatz zu bewerben, nicht unerhebliche Zweifel. Weiterer Ermittlungen hinsichtlich des hypothetischen Kausalverlaufs – insbesondere des hypothetischen Verhaltens des Klägers – und damit letztlich einer Entscheidung der Frage, ob dem Kläger bei rechtmäßigem Vorgehen des Beklagten voraussichtlich ein Beförderungsamt übertragen worden wäre, bedarf es allerdings nicht. Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch steht jedenfalls durchgreifend entgegen, dass es der Kläger in zurechenbarer Weise unterlassen hat, vor der Beanspruchung von Schadensersatz seinen vermeintlichen Anspruch auf Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 und ein dementsprechendes Ruhegehalt zunächst zeitnah in einem förmlichen Verwaltungsverfahren zu verfolgen und gegebenenfalls vorrangig zu dessen Durchsetzung gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Auch im Beamtenrecht tritt nach dem in § 839 Abs. 3 BGB enthaltenen Rechtsgedanken eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln dann nicht ein, wenn es der Beamte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, wenn also für den Nichtgebrauch eines Rechtsmittels kein hinreichender Grund bestand. Der Beamte hat kein Wahlrecht zwischen alsbaldigem Primärrechtsschutz gegen eine seiner Auffassung nach rechtswidrige Benachteiligung und einem späteren Schadensersatzverlangen. Dieser Vorrang des Primärrechtschutzes verlangt von dem einzelnen Beamten, alles ihm zu Gebote Stehende zu tun, damit es erst gar nicht zum Schadenseintritt kommt. Hierzu gehört auch der Antrag an den Dienstherrn, befördert zu werden

vgl. dazu ausführlich BVerwG, Urteile vom 01.04.2004 – 2 C 26.03 -, NVwZ 2004, 1257, vom 18.04.2002 – 2 C 19.01 -, ZBR 2003, 137 und vom 03.12.1998 – 2 C 22.97 -, ZBR 1999, 199 m. w. N.; ferner OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.11.2007 – 1 A 330/07 – und vom 22.11.2007 – 1 A 328/07 – m. w. N.

Davon ausgehend muss der Kläger sich vorliegend entgegen halten lassen, dass er es unterlassen hat, zur Durchsetzung seines vermeintlichen Anspruchs auf Verleihung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 16 und dementsprechender Besoldung und Versorgung bereits während seiner aktiven Dienstzeit einen entsprechenden Antrag bei seinem Dienstherrn zu stellen und bei dessen Erfolglosigkeit Widerspruch und gegebenenfalls Klage zu erheben.

Für das Absehen von einer entsprechenden Antragstellung bestand auch kein hinreichender Grund. Dem Kläger war es ohne Weiteres möglich, sein Beförderungsbegehren in einem förmlichen Verwaltungsverfahren geltend zu machen.

Dieser Antrag hätte die Verpflichtung des Beklagten zur Entscheidung umfasst. Gegen eine ablehnende Entscheidung hätte der Kläger gerichtlich vorgehen können. Besondere Umstände, die die Zumutbarkeit eines solchen Vorgehens aus Sicht des Klägers ausgeschlossen hätten, sind nicht gegeben. Dem Kläger war, wie er in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, durchaus bekannt, dass der Beklagte zumindest in Einzelfällen Beförderungen ohne vorherige Ausschreibung der entsprechenden Arbeitsplätze und Mitteilung an die nicht zum Zuge gekommenen Beamten ausgesprochen hat. In Kenntnis dieses Umstandes hätte sich dem Kläger als Beamten des höheren Dienstes aber geradezu aufdrängen müssen, zur Wahrung seines vermeintlichen Anspruchs auf Beförderung noch während seiner aktiven Dienstzeit an den Dienstherrn heranzutreten und durch einen entsprechenden Antrag ein Verwaltungsverfahren mit dem Ziel seiner Beförderung einzuleiten. Dass der Kläger dies vorliegend unterlassen hat, ist ihm im Sinne eines Verstoßes gegen seine eigenen Interessen zuzurechnen.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei hat der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu erstatten, da diese einen (erfolgreichen) Antrag gestellt und damit auch ein Kostenrisiko eingegangen ist (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird in Anlehnung an die Bewertung des Streitwertes gemäß § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG auf die Hälfte des sich nach § 52 Abs. 5 Satz 1 GKG ergebenden Betrages und damit auf 35.622,53 Euro festgesetzt.

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