Saarländisches OLG, Beschluss vom 26.03.2008 - 8 W 25/08 - 3
Fundstelle
openJur 2010, 2351
  • Rkr:

a. Die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Verfahrensunterbrechung bezieht sich nicht auf ein laufendes PKH-Verfahren.

b. Miteigentumsanteile an im Ausland gelegenen Grundstücken sind kein Schonvermögen; allerdings ist ihr Einsatz zum Bestreiten der Prozesskosten regelmäßig unzumutbar.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 9. Januar 2008 - 4 O 213/00 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Klägerin, die nach weitgehender rechtskräftiger Erledigung ihrer - ursprünglichen - Klage (vgl. Entscheidung des Senats vom 17.3.2005, Bl. 1151 ff.) noch widerklagend auf Auskunft und Zahlung in Anspruch genommen wird (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 17.8.2005; Bl. 1339 ff.) und mit Klageerweiterung vom 7.6.2006 (vgl. Bl. 1481 ff.) ihrerseits Aufwendungsersatz in Bezug auf das gemeinsame Ferienhaus in Spanien von dem Beklagten verlangt, hat mit Schriftsätzen vom 7.2.2007 (Bl. 1450) und vom 26.4.2007 (Bl. 1479) Prozesskostenhilfe beantragt und diesen Antrag nach Veränderung ihrer Lebensverhältnisse und unter Vorlage neuer Unterlagen mit Schriftsatz vom 22.10.2007 (Bl. 1580) wiederholt.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 22.11.2007 (Bl. 1619 f.) ist über das Vermögen der Klägerin wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Gleichwohl hat die Klägerin um Bescheidung ihres Prozesskostenhilfegesuches gebeten.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 9.1.2008 (Bl. 1608) hat das Landgericht den PKH-Antrag der Klägerin zurückgewiesen, wobei es sich durch die Insolvenzeröffnung an einer Entscheidung nicht gehindert sah, im Ergebnis allerdings eine Bedürftigkeit der Klägerin verneint hat, der es zumutbar sei, ihren Miteigentumsanteil an der spanischen Ferienwohnung einzusetzen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Klägerin, die auf ihre Überschuldung hinweist, sowie darauf, dass eine Verwertung der Ferienwohnung über Jahre nicht möglich gewesen sei.II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin einer Bescheidung des Prozesskostenhilfegesuchs nicht entgegensteht. Denn die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Verfahrensunterbrechung nach § 240 ZPO bezieht sich nicht auf ein laufendes Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1208/1209).

Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie hier - der PKH-Antrag vor Unterbrechung entscheidungsreif vorlag und die Klägerin wegen der sie andernfalls treffenden Belastung mit der Honorarforderung ihres Prozessbevollmächtigten an der Entscheidung ein Interesse hat (vgl. OLG Rostock OLGReport 2004, 151; OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 349 sowie Beschluss vom 15.11.2004 - 4 W 155/04 -;zitiert bei juris). Ansonsten bliebe es dem Zufall überlassen, ob eine Partei ihre aussergerichtlichen Auslagen selbst tragen muss oder ob sie gegen die Staatskasse geltend zu machen sind (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O., S. 349).

2. Soweit danach über den PKH-Antrag der Klägerin in der Sache zu entscheiden ist, steht nicht bereits der Umstand, dass die Partei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 80 Abs. 1 InsO nicht mehr prozessführungsbefugt ist, einem positiven Bescheid entgegen. Denn vor dem Hintergrund, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine zeitliche Zäsur bildet - da die insolvente Partei quasi aus dem Prozess ausscheidet -, ist maßgebend für die Erfolgsaussicht der Sach- und Streitstand bis zur Unterbrechung des Hauptsacheprozesses und bestimmt sich darüber hinaus auch die Bedürftigkeit der Antragstellerin nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen unmittelbar vor Unterbrechung (vgl. OLG Rostock, a.a.O.: OLG Zweibrücken, a.a.O.). Zudem werden Stellung und Befugnisse des Insolvenzverwalters nicht beeinträchtigt, wenn dem Insolvenzschuldner für die Zeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt wird (OLG Zweibrücken, a.a.O.).

3. Zu Unrecht hat das Landgericht die Bedürftigkeit der Klägerin verneint. Soweit es diese hierbei zum Bestreiten ihrer Prozesskosten im Wesentlichen auf den Einsatz ihres Miteigentumsanteils an dem spanischen Ferienhaus verwiesen hat, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar trifft es zu, dass es sich hierbei nicht um Schonvermögen handelt (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 1996, 41; OLG Stuttgart JurBüro 1994, 46). Allerdings steht der Einsatz des (Immobilien-)Vermögens unter dem generellen Grundsatz der Zumutbarkeit (Verhältnismäßigkeit) (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2006, 136 m.w.N.; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1671/1672 m.w.N.), was das Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt hat.

Infolgedessen muss bei der Verwertung von Grundvermögen in jedem Fall festgestellt werden können, dass die Partei das Grundstück zeitnah verkaufen und voraussichtlich einen zur Deckung der Prozesskosten ausreichenden Erlös erzielen könnte (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O., jeweils m.w.N.). Das ist in Bezug auf im Ausland belegen<noindex>Miteigentumsanteile</noindex> an Grundstücken regelmäßig nicht der Fall (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O., S. 1671). Vorliegend gilt dies umso mehr, als Miteigentümer der Prozessgegner ist und deshalb von einer schnellen, einvernehmlichen Veräußerung, Teilungsversteigerung oder Belastung des Ferienhausgrundstücks zum Zwecke der Darlehensverschaffung (vgl. auch § 2040 Abs. 1 BGB) nicht ausgegangen werden kann, wie die langjährigen Versuche um eine diesbezügliche Regelung auch zeigen. Dass die Erträge aus einer Vermietung der Ferienwohnung zur Deckung der erheblichen Prozesskosten ausreichen könnten, ist ebenfalls nicht ersichtlich, so dass der Klägerin im Ergebnis der Einsatz ihrer Auslandsimmobilie nicht zugemutet werden kann.

Anhaltspunkte für das Vorhandensein anderen einsetzbaren Vermögens oder Einkommens der Klägerin sind nicht vorhanden. Im Gegenteil zeigt der Umstand, dass die Klägerin bereits im Oktober 2006 "Schuldner-Insolvenzhilfe" in Anspruch genommen hat (vgl. Anlage 10 zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 16.10.2006), mit hinreichender Deutlichkeit die bereits damals vorliegenden finanziellen Schwierigkeiten der Klägerin auf.

Gegen eine Bedürftigkeit im Sinne von § 114 ZPO bestehen daher keine Bedenken.

Im Hinblick darauf, dass das Landgericht bisher zur Erfolgsaussicht der - ursprünglichen, nicht der künftigen - Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung noch keine Prüfung vorgenommen hat, ist die Sache deshalb zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

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