OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.11.2007 - 2 B 461/07
Fundstelle
openJur 2010, 2200
  • Rkr:

1. Asylbewerber können zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, früher § 53 Abs. 6 AuslG) ebenso wie eine drohende politische Verfolgung im Heimatland (Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AufenthG) im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung gegenüber der Ausländerbehörde mit Blick auf die dem § 42 AsylVfG zu entnehmende Bindungswirkung der diesbezüglich negativen Entscheidung des Bundesamtes generell nicht (mehr) mit Erfolg geltend machen. Diese darf im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung ehemaliger oder aktueller Asylbewerber den Einwand zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) vielmehr nur dann berücksichtigen, wenn das nach § 31 Abs. 3 AsylVfG (1993/2005) zur Entscheidung auch darüber berufene Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift festgestellt hat.

2. Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine Aussetzung der Abschiebung eines „heiratswilligen“ Ausländers unter dem Aspekt der von Art. 6 Abs. 1 GG bereits geschützten Eheschließungsfreiheit über das Bestehen ernsthafter Heiratsabsichten hinaus voraus, dass eine mögliche Bleiberechte vermittelnde Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen „unmittelbar bevorsteht“. Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung ist auszugehen, wenn einerseits die Verlobten alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um eine Eheschließung erreichen zu können, und andererseits keine durchgreifenden Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Eheschließung bestehen.

Gründe

Die Beschwerde der in Abschiebehaft befindlichen Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22.11.2007 – 11 L 1971/07 – muss erfolglos bleiben. Das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihr gegenüber abzusehen, zu Recht zurückgewiesen. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Vorbringen in der Beschwerdebegründung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung dieses Eilrechtsschutzbegehrens. Auch nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens kann nicht vom Bestehen eines entsprechenden Anordnungsanspruchs (§ 123 Abs. 1 VwGO) ausgegangen werden.

Der Antragsgegner als Ausländerbehörde ist weder berechtigt noch gehalten, die für den Fall einer Rückkehr in die Volksrepublik China geltend gemachten zielstaatsbezogenen Umstände, die Gegenstand des durch den Bescheid des Bundesamts vom 20.11.2007 negativ beschiedenen Asylfolgeantrags waren, zu berücksichtigen. Asylbewerber können zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, früher § 53 Abs. 6 AuslG) ebenso wie eine drohende politische Verfolgung im Heimatland (Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AufenthG) mit Blick auf die dem § 42 AsylVfG zu entnehmende Bindungswirkung der diesbezüglich negativen Entscheidung des Bundesamtes generell nicht (mehr) mit Erfolg gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen. (vgl. zu den Bindungswirkungen der negativen Entscheidungen des Bundesamts für die mit der Durchführung der Abschiebung betrauten Ausländerbehörden nach § 42 AsylVfG etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 6.12.2006 – 2 W 31/06 -, vom 26.7.2006 – 2 W 21/06 -, vom 17.5.2006 –2 W 11/06 -, SKZ 2006, 224, Leitsatz Nr. 65, vom 15.3.2005 – 2 W 5/05 –, SKZ 2005, 299, Leitsatz Nr. 53, vom 16.6.2005 – 2 W 9/05 –, vom 18.10.2005 – 2 W 15/05 –, SKZ 2006, 59, Leitsatz Nr. 71, und vom 8.12.2005 – 2 W 35/05 -, SKZ 2006, 61 Leitsatz Nr. 78) Diese darf im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung ehemaliger oder aktueller Asylbewerber den Einwand zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) vielmehr nur dann berücksichtigen, wenn das nach § 31 Abs. 3 AsylVfG (1993/2005) zur Entscheidung auch darüber berufene Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift festgestellt hat. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.3.2005 – 2 W 5/05 -, SKZ 2005, 299, Leitsatz Nr. 53, dazu auch BVerwG, Beschluss vom 3.3.2006 – 1 B 126.05 -, NVwZ 2006, 830) Das ist hier unstreitig nicht geschehen.

Das Bestehen des mit Blick auf die beabsichtigte Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen geltend gemachten Anordnungsanspruchs kann nicht festgestellt werden. Auch nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens ist nicht von einer Verletzung der vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG quasi als „Vorwirkung“ der Ehe bereits umfassten Eheschließungsfreiheit auszugehen. Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine Aussetzung der Abschiebung eines „heiratswilligen“ Ausländers unter diesem Aspekt über das Bestehen ernsthafter Absichten hinaus voraus, dass eine mögliche Bleiberechte vermittelnde Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen „unmittelbar bevorsteht“. (vgl. beispielsweise OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.9.2003 – 2 W 62/03 -, mit zahlreichen Nachweisen auch aus der Rechtsprechung anderer Obergerichte, vom 12.12.2005 – 2 W 27/05 -, SKZ 2006, 63. Leitsatz Nr. 79 und vom 7.12.2006 – 2 W 33/06 -,  SKZ 2007, 48, Leitsatz Nr. 65) Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung ist auszugehen, wenn einerseits die Verlobten alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um eine Eheschließung erreichen zu können, (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24.9.2003 – 2 W 58/03 -, SKZ 2004, 93, Leitsatz Nr. 73) und andererseits keine durchgreifenden Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Eheschließung bestehen. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.8.2000 – 3 W 3/00 -, SKZ 2001, 117, Leitsatz Nr. 73) Letzteres mag sich aus der von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn W. C. vom 20.11.2007 ergeben.Das Verwaltungsgericht hat indes zu Recht entschieden, dass ungeachtet der vorgetragenen Ereignisse bei dem chinesischen Generalkonsulat in B-Stadt/Main im Zusammenhang mit dem Versuch der Antragstellerin, dort die Ausstellung eines Passes zu erreichen, hier nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung gesprochen werden kann. Darauf weist im Übrigen die Beschwerde selbst ausdrücklich hin. Der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung vom 21.11.2007 ausgeführt, dass sich dem Vortrag nicht entnehmen lässt, ob ansonsten erforderliche Dokumente für die Eheschließung bereits beschafft worden sind und dass eine Nachfrage seinerseits bei dem Standesamt in Saarbrücken ergeben habe, dass bisher auch noch keine Anmeldung zur Eheschließung erfolgt ist. Das Vorliegen dieser sonstigen Voraussetzungen für eine Heirat beziehungsweise eine ausdrückliche Ablehnung der Anmeldung lässt sich auch weder der erwähnten eidesstattlichen Versicherung noch dem Beschwerdevorbringen selbst entnehmen.

Vor dem Hintergrund kann vorliegend nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung und auch nicht von einem Anordnungsanspruch auf der Grundlage des § 60a Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG ausgegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG 2004, wobei eine Halbierung des Auffangstreitwerts gerechtfertigt erscheint.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.